191 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Antrag 159/A der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird
Die Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 18. Juni 2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Die Bestimmung über den freiwilligen Besuch eines 10. bzw. 11. Schuljahres, die insbesondere Jugendlichen aus Zuwandererfamilien, sogenannten bildungsfernen Schichten und sozial schwachen Familien zu Gute gekommen ist, ist im Herbst 2002 ausgelaufen und wurde trotz des guten Erfolges dieser Maßnahme nicht verlängert. Der Bedarf an einem 10. bzw. 11. freiwilligen Schuljahr ist jedoch ungebrochen, ermöglicht dieser doch vielen Jugendlichen erst den erfolgreichen Abschluss der Pflichtschule. Verfügt ein/e Jugendliche/r über keinen oder nur einen negativen Pflichtschulabschluss hat dies gravierende Folgen für ihre/seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt und auch auf Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten.“
Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 3. Juli 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters im Ausschuss, Abgeordneter Dieter Brosz, die Abgeordneten Mares Rossmann, Dr.Robert Rada, Mag.Dr. Alfred Brader, Gabriele Heinisch-Hosek sowie die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser, einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Durch die Novelle zum Schulunterrichtsgesetz BGBl. I Nr. 133/1998 wurde dem § 32 (Höchstdauer des Schulbesuches) ein neuer Abs. 2a eingefügt. Da Abs. 2a des § 32 des Schulunterrichtsgesetzes - ursprünglich als Maßnahme im Rahmen des NAP (Nationales Aktionsprogramm für Beschäftigung) - gemäß § 82 Abs. 5e Z 4 des Schulunterrichtsgesetzes mit Ablauf des 31. August 2000 außer Kraft getreten ist, wurde diese bewährte Maßnahme mit der Novelle zum Schulunterrichtsgesetz BGBl. I Nr. 53/2000 zeitlich auf zwei weitere Jahre verlängert (151/A XXI. GP). Dies wurde durch die Änderung der Außerkrafttretensbestimmung des § 82 Abs. 5e Z 4 bewirkt.
Da die Bestimmung des § 32 Abs. 2a mit Ablauf des 31. August 2002 außer Kraft getreten ist, aber nach wie vor Bedarf nach dieser Maßnahme besteht, soll die Möglichkeit des Nachholens des Pflichtschulabschlusses nunmehr unbefristet wieder fortgesetzt werden.
Diese außer Kraft getretene Bestimmung hat Schülern, die
1. ihre neunjährige allgemeine Schulpflicht beendet haben,
2. über keinen Abschluss der Hauptschule oder der Polytechnischen Schule verfügen,
3. auf Grund der bisherigen Schullaufbahn einen derartigen Abschluss in einem (einzigen) zusätzlichen Jahr erreichen könnten und
4. das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
bis zum Ende des Schuljahres 2001/2002 ein Nachholen des Pflichtschulabschlusses (Hauptschule oder Polytechnische Schule) ermöglicht. Die Bestimmung hat gelautet:
„(2a) Schüler, die
wahrend der Schulpflicht oder nach Weiterbesuch der Schule in einem freiwilligen
10. Schuljahr (§ 19 Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985) die 4. Klasse der
Hauptschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen
haben, dürfen in einem freiwilligen 10. bzw. 11. Schuljahr die Hauptschule oder
die Polytechnische Schule mit Zustimmung des Schulerhalters und mit Bewilligung
der Schulbehörde erster Instanz besuchen, sofern sie zu Beginn des betreffenden
Schuljahres das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.“
Die Regierungsvorlage 1278 dB. zu den Stenographischen Protokollen NR XX. GP führt dazu wie folgt aus:
„Zu Z 9 und 10
(§ 32 Abs. 1 und 2a):
Im Rahmen des
Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung hat sich die Bundesregierung
(Ministerratsbeschluß vom 15. April 1998) für die Jahre 1998 und 1999 ua. das
Ziel gesetzt, dafür Sorge zu tragen, daß Jugendlichen bis zum 18. Lebensjahr
unentgeltlich die Möglichkeit geboten wird, den allgemeinen
Pflichtschulabschluß in einem zusätzlichen Schuljahr nachzuholen. Dies soll
vorrangig unter Nutzung bestehender schulischer Strukturen erfolgen.
Der neue Abs. 2a des
§ 32 sieht daher unter Anlehnung auf die Bestimmungen des § 19 des
Schulpflichtgesetzes 1985 vor, daß ein freiwilliges 10. bzw. 11. Schuljahr zum
Erlangen des Abschlusses der 4. Klasse der Hauptschule oder der Polytechnischen
Schule genutzt werden kann. Es wird dabei auf zwei unterschiedliche
Schullaufbahnen abgestellt: Die eine, daß ein Schüler während der Schulpflicht
die Hauptschule oder die Polytechnische Schule nicht erfolgreich abgeschlossen
hat, die andere, daß ein Schüler in einem freiwilligen 10. Schuljahr gemäß § 19
Abs. 1 des Schulpflichtgesetzes 1985 die Hauptschule nicht erfolgreich
abgeschlossen hat. Je nachdem soll im erstgenannten Fall in einem zusätzlichen
10. Schuljahr der Hauptschulabschluß oder der Abschluß der Polytechnischen
Schule bzw. im zweitgenannten Fall in einem zusätzlichen 11. Schuljahr der
Abschluß einer der beiden Schularten nachgeholt werden können. Dies hat für das
Anstreben des Hauptschulabschlusses freilich zur Bedingung, daß die Aufnahmsvoraussetzungen
für den Besuch der 4. Klasse der Hauptschule jedenfalls gegeben sein müssen
(Berechtigung zum Aufsteigen von der 3. in die 4. Klasse gemäß § 25 bzw.
Berechtigung zum Wiederholen der 4. Klasse gemäß § 27 jeweils in Verbindung mit
§ 32 Abs. 1 und 2a); dh., daß der betreffende Schüler im Rahmen des
Schulbesuches - hätte er über ein zusätzliches Jahr verfügt - den Abschluß der
4. Klasse der Hauptschule erlangen hätte können (wären für den Abschluß der 4.
Klasse der Hauptschule im Rahmen der Schullaufbahn zwei Schuljahre nötig
gewesen, so gibt der im Entwurf vorliegende § 32 Abs. 2a keine Grundlage zum
‚Nachholen des Hauptschulabschlusses‘)“. Für den Besuch der Polytechnischen
Schule in einem zusätzlichen (10. bzw. 11.) Schuljahr ist der vorherige
erfolgreiche Abschluß der 4. Klasse der Hauptschule nicht erforderlich, da für
den Besuch der Polytechnischen Schule grundsätzlich der erfolgreiche Abschluß
der 4. Klasse der Hauptschule keine Aufnahmsvoraussetzung darstellt.
Weitere Voraussetzung
ist, daß der Schüler zum Beginn des zusätzlichen 10. bzw. 11. Schuljahres das
18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Der Beginn des Schuljahres richtet
sich nach § 2 des Schulzeitgesetzes 1985.“
Kosten:
Im Schuljahr 1998/99 haben etwa 300 Jugendliche vom Angebot des § 32 Abs. 2a des Schulunterrichtsgesetzes, nämlich den Pflichtschulabschluss nachzuholen, Gebrauch gemacht. Seither besteht in etwa unverändertem Ausmaß Bedarf nach dieser Möglichkeit des Nachholens des Pflichtschulabschlusses. Unter der Annahme, dass ein Schüler pro Schuljahr etwa Euro 3 600 bis Euro 4 400 an Ausgaben (einschließlich präventiver Fördermaßnahmen) verursacht, ist mit einer finanziellen Belastung von bis zu Euro 1,4 Millionen an Personalausgaben pro Jahr zu rechnen. Dies entspricht den bisher aufgewendeten Mitteln für die Vollziehung des § 32 Abs. 2a des Schulunterrichtsgesetzes.
Kompetenzrechtliche Grundlage:
Ein dem Initiativantrag entsprechendes Bundesgesetz gründet sich kompetenzrechtlich auf Art. 14 Abs. 1 B-VG, bezüglich der vom Geltungsbereich des Schulunterrichtsgesetzes umfassten land- und forstwirtschaftlichen Schulen auf Art. 14a Abs. 2 B-VG.
Besondere Beschlusserfordernisse:
Die Beschlussfassung über den vorliegenden Initiativantrag unterliegt nicht den besonderen Beschlusserfordernissen im Nationalrat gemäß Art. 14 Abs. 10 B-VG bzw. gemäß Art. 14a Abs. 8 B-VG.“
Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Werner Amon MBA, Mares Rossmann, Dieter Brosz, DDr. Erwin Niederwieser einstimmig angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2003-07-03
Dr. Andrea Wolfmayr Werner Amon, MBA
Berichterstatterin Obmann