VORBLATT

Problem

Die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs sind im Römischen Statut nur unvollständig geregelt, wobei ausdrücklich auf ein (zum damaligen Zeitpunkt noch zu erarbeitendes) Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Gerichtshofs hingewiesen wird (Art. 48 Abs. 3 und 4). In Ergänzung des Statuts wurde daher am 10. September 2002 von der Versammlung der Vertragsstaaten des Römischen Statuts das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs angenommen, das u.a. auch die Rechtsstellung der Prozessteilnehmer (Berater, Sachverständige, Zeugen, Opfer) und der Bediensteten des Gerichtshofs im Detail regelt.

Problemlösung

Durch das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs werden diesem die international üblichen Vorrechte und Befreiungen eingeräumt. Mit der Ratifikation des Übereinkommens durch Österreich wird dieses internationale Regime auch für Österreich in Kraft gesetzt.

Alternative

keine

finanzielle Auswirkungen

Im Hinblick darauf, dass sich der Sitz des Internationalen Strafgerichtshofs nicht in Österreich, sondern in Den Haag befindet, ist nur mit geringen finanziellen Auswirkungen des Übereinkommens auf Österreich zu rechnen.

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich

keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Es besteht kein Widerspruch zu den einschlägigen Vorschriften der Europäischen Union (insb. Art. 133 Zollbefreiungsverordnung und Art. 14 und 15 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs.1 zweiter Satz B-VG.

Abgabe einer Erklärung Österreichs gemäß Ar. 23 des Übereinkommens.

Sonderkundmachung der arabischen, chinesischen, französischen, russischen und spanischen Sprachfassung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.

ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

Das Übereinkommen über die Privilegien und Immunitäten des Internationalen Strafgerichtshofs hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch dieses Übereinkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Österreich ist Vertragspartei des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (BGBl. III Nr. 180/2002), mit dem der Internationale Strafgerichtshof mit Sitz in Den Haag errichtet wurde. Das Statut ist am 1. Juli 2002 in Kraft getreten. Der Gerichtshof, der seine Tätigkeit im ersten Halbjahr 2003 aufnehmen soll, wird (komplementäre) Jurisdiktion über die in Artikel 5 des Statuts bezeichneten schwersten internationalen Verbrechen ausüben. Organe des Gerichtshofs sind das Präsidium, je eine Berufungs-, Hauptverfahrens- und Vorverfahrensabteilung, die Anklagebehörde und die Kanzlei.

Das Römische Statut enthält in seinem Art. 48 bloß allgemeine Regelungen über die Privilegien und Immunitäten des Gerichtshofs, seiner Organe sowie der Prozessteilnehmer. Das vorliegende Übereinkommen, das vom Vorbereitungsausschuss für den Gerichtshof ausgearbeitet und von der Versammlung der Vertragsstaaten des Römischen Statuts am 10. September 2002 in New York angenommen wurde, regelt daher die Vorrechte und Immunitäten des Gerichtshofs, seiner Organe, sowie der sonstigen am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligten Personen (Berater, Zeugen, Opfer, Sachverständige) im Detail. Dies ist erforderlich, um die Funktionsfähigkeit des Gerichtshofs in allen Vertragsstaaten sicherzustellen.

Das vorliegende Übereinkommen wurde am 10. September 2002 durch Österreich unterzeichnet. Es wurde bisher von insgesamt 23 Staaten unterzeichnet und von einem Staat (Norwegen) ratifiziert (Stand: 25. November 2002).

Wesentliche Grundzüge des Übereinkommens sind: Dem Gerichtshof wird Rechtspersönlichkeit eingeräumt, seine Amtsräume und Archive sind unverletzlich. Der Gerichtshof genießt Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit. Weiters werden die Privilegien und Immunitäten der an der Versammlung der Vertragsstaaten und ihren Nebenorganen teilnehmenden Staatenvertreter, der Organe des Gerichtshofs sowie der sonstigen am Verfahren beteiligten Personen und Staaten geregelt. Die am Verfahren vor dem Gerichtshof beteiligten Personen (Berater, Zeugen, Opfer und Sachverständige) sowie das sur-place Personal genießen bloß funktionelle Immunität. Die für die Organe des Gerichtshofs ausgestellten Reisedokumente werden als gültige Reisedokumente anerkannt.

Entsprechend der österreichischen Praxis, im Gebiet der Republik Österreich den Umfang von Privilegien und Immunitäten von österreichischen Staatsbürgern und Personen mit ständigem Aufenthalt in Österreich einzuschränken, ist beabsichtigt, anlässlich der Ratifikation des Übereinkommens eine Erklärung gemäß Art. 23 des Übereinkommens abzugeben.

Besonderer Teil

Zur Präambel

Die Präambel erinnert an den rechtlichen Rahmen des Internationalen Strafgerichtshofs, der auf dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998 (BGBl. III Nr. 180/2002) beruht und somit eine Einrichtung der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens und keine direkte Einrichtung der Vereinten Nationen ist. Die privilegienrechtlichen Regelungen der Vereinten Nationen, wie insbesondere das Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, im folgenden „PIVN“, sind daher - anders als z.B. auf den Internationalen Gerichtshof - auf den Internationalen Strafgerichtshof nicht anwendbar.

Die Präambel erinnert ferner an die bereits bestehenden privilegienrechtlichen Regelungen für den Internationalen Strafgerichtshof, nämlich Art. 4 des Römischen Statuts, der dem Gerichtshof Rechts- und Geschäftsfähigkeit einräumt und Art 48 des Römischen Status, der vorsieht, dass der Gerichtshof die für die Erfüllung seiner Ziele notwendigen Privilegien und Immunitäten genießt.

Zu Artikel 1

Dieser Artikel enthält Begriffsbestimmungen. Zur Fundstelle des unter lit. a angeführten Statuts vgl. die Erläuterungen zur Präambel.

Zu Artikel 2

Die Regelung der Rechtspersönlichkeit entspricht Art. I Abschnitt 1 (im folgenden Art. I/1) PIVN, Art. II Abschnitt 3 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950, im folgenden „Art. II/3 PISO“ sowie Art. 2 des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs, BGBl. III Nr. 51/2002, im folgenden „Art. 2 SGH“.

Art. 2 verleiht dem Gerichtshof Rechtspersönlichkeit sowie ausdrücklich auch die Fähigkeit zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte und -handlungen. Die Fähigkeit, Verträge zu schließen, bezieht sich auf den privatrechtlichen Bereich. Art. 2 ist keine abschließende Regelung, einerseits im Lichte der implied powers-Lehre, andererseits auch deshalb, weil andere Bestimmungen des Übereinkommens über Art. 2 hinausgehende Regelungen vorsehen, die zwischen dem Strafgerichtshof und einzelnen Staaten vereinbart werden können (vgl. Art. 12).

Zu Artikel 3

Diese Bestimmung findet sich gleichlautend bereits im Römischen Statut (vgl. Art. 48 Abs. 1). Sie wurde aus Gründen der Vollständigkeit wiederholt.

Zu Artikel 4

Vergleichbare Bestimmungen über die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten enthalten Art. II/3 erster Satz PIVN, Art. III/5 erster Satz PISO, Art. 22 Abs. 1 erster Satz WDK und Art. 3 SGH.

Zu Artikel 5

Eine vergleichbare Bestimmung über die Berechtigung zur Verwendung von Flagge und Emblem findet sich in Art. 20 WDK sowie Art. 4 SGH.

Zu Artikel 6

Abs. 1 (Immunität von der Gerichtsbarkeit, worunter im immunitätsrechtlichen Zusammenhang auch die Tätigkeit von Verwaltungsbehörden zu verstehen ist) entspricht  Art. II/2 PIVN, Art. III/ 4 PISO und Art. 5 Abs. 1 SGH.

Abs. 2 (Schutz des Eigentums vor behördlichem Zugriff) entspricht weitgehend Art. II/3 zweiter Satz PIVN, Art. III/5 zweiter Satz PISO und Art. 5 Abs. 2 SGH.

Zu Abs. 3 vgl. Art. II/5 PIVN und Art. III/7 PISO, wobei hier die Befreiung des Vermögens des Strafgerichtshofs von Kontrollen und anderen Eingriffen auf das zur Ausübung seiner Aufgaben notwendige Maß beschränkt ist (vgl. auch Art. 5 Abs. 3 SGH). Ein spezifisches Verbot devisenrechtlicher Beschränkungen enthält Art. 10.

Zu Artikel 7

Die Unverletzlichkeit der Archive ist in Art. II/4 PIVN, Art. III/6 PISO, Art. 24 WDK und Art. 6. SGH vergleichbar geregelt. Hier wurde darüber hinaus im zweiten Satz dieses Artikels noch ausdrücklich festgehalten, dass gemäß dem Statut (vgl. Art. 43 Abs. 6) und der Verfahrens- und Beweisordnung angeordnete Schutzmaßnahmen von der Beendigung oder dem Nichtbestehen einer solchen Immunität nicht berührt werden.

Zu Artikel 8

Mit dieser Bestimmung über die Befreiung von direkten Steuern, Zöllen und Ein- und Ausfuhrbeschränkungen wurden Art. II/7 PIVN und Art. III/9 PISO weiterentwickelt; eine vergleichbare Bestimmung enthält auch Art. 9 SGH.

Zu Artikel 9

Abs. 1 über die Befreiung oder Rückerstattung von indirekten Steuern bei größeren Einkäufen des Gerichtshofs ist eine Weiterentwicklung von Art. II/8 PIVN und Art. III/10 PISO. Anders als bei den Vorgängerbestimmungen bezieht sich Abs. 1 auch auf Dienstleistungen. Die Befreiung oder Rückerstattung bei größeren Einkäufen ist nun als Verpflichtung der Vertragsparteien formuliert. Gleichlautend Art. 10 Abs. 1 SGH.

In Abs. 2 wurde die Wiederveräußerungsbeschränkung, die die älteren Regelungen nur für von Zöllen sowie von Ein- und Ausfuhrverboten und -beschränkungen befreite Waren vorsehen (vgl. Art. II/7 b) zweiter Satz PIVN und Art. III/9 b) zweiter Satz PISO), nun auch auf Waren ausgedehnt, die unter Befreiung von indirekten Steuern erworben wurden (gleichlautend Art. 10 Abs. 2 SGH).

Zu Artikel 10

Abs. 1, der die in Art. 6 Abs. 2 und 3 des Übereinkommens enthaltenen Regelungen über die Immunität des Vermögens des Gerichtshofs u.a. in kapital- und devisenrechtlicher Hinsicht präzisiert und entsprechende Beschränkungen verbietet, enthält über Art. II/5 PIVN und Art. III/7 PISO hinausgehend außerdem noch eine ausdrückliche Ermächtigung zu Besitz und Verfügung über festverzinsliche und andere Wertpapiere (Abs. 1 c) – vgl. auch Art. 12 Abs. 1 SGH und das Recht, für finanzielle Transaktionen die gleichen Wechselkurse in Anspruch zu nehmen, die der betroffene Vertragsstaat internationalen Organisationen oder diplomatischen Missionen gewährt (Abs. 1 d).

Abs. 2 (Berücksichtigung von Vorstellungen der Mitgliedstaaten) beruht auf Art. II/6 PIVN und Art. III/8 PISO, gleichlautend auch Art. 12 Abs. 2 SGH.

Zu Artikel 11

Mit dieser Bestimmung über die Freiheit des Nachrichtenverkehrs wurden Art. III/9 und 10 PIVN, Art. III/11 und 12 PISO und Art. 27 WDK weiterentwickelt, vgl auch Art. 8 SGH.

Art. 11 geht über die genannten vergleichbaren Bestimmungen insofern hinaus, als auch das Recht zum Betrieb von Funk und anderen Telekommunikationsanlagen ausdrücklich normiert wird (Abs. 5).

Zu Artikel 12

Diese Bestimmung betrifft Tagungen des Gerichthofs außerhalb von Den Haag und enthält die dafür notwendige Ermächtigung zum Abschluss von entsprechenden Amtssitz- bzw. Konferenzabkommen (vgl. Art. 7 SGH).

Zu Artikel 13

Abs. 1 zählt die den an der Versammlung der Vertragsstaaten und ihrer Nebenorgane teilnehmenden Vertretern der Vertragsstaaten, Vertretern internationaler Organisationen und als Beobachter teilnehmenden Vertretern anderer Staaten zustehenden Privilegien und Immunitäten auf. Er ist weitgehend Art. IV/11 PIVN und Art. IV/13 PISO nachgebildet.

Die Nichtberücksichtigung des Aufenthalts zum Zweck der Wahrnehmung von dienstlichen Aufgaben für die Berechnung einer steuerlichen Wohnsitzdauer nach Abs. 2 entspricht Art. IV/13 PIVN und Art. IV/15 PISO.

Abs. 3 bestimmt, dass die Privilegien und Immunitäten nach des Absätzen 1 und 2 dieses Artikels nicht für Staatsangehörige eines Vertragsstaates im Verhältnis zu diesem und im Verhältnis zwischen einem Vertragsstaat oder einer internationalen Organisation und der ihn oder sie vertretenden Person gelten. Der eingeschränkte Schutz für diese Personengruppe entspricht der österreichischen Praxis; vgl. etwa Art. XI Abschnitt 34 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, BGBl. III Nr. 99/1998 (im folgenden Art. XI/34 VN-ASA), der dieser Personengruppe jedoch im Gegensatz zur vorliegenden Bestimmung zumindest funktionelle Immunität einräumt.

Zu Artikel 14

Dieser Artikel sieht hinsichtlich des Umfangs von Privilegien und Immunitäten eine Gleichstellung der an den Verfahren des Gerichtshofs teilnehmenden Staatenvertreter mit der in Artikel 13 genannten Personengruppe vor.

Zu Artikel 15

Abs. 1 und 3 haben ihre Vorläufer in Art. V/19 PIVN und Art. VI/21 PISO, ähnlich auch Art. 13 Abs. 1 und 3 SGH. Abs. 1 gewährt Richtern, Anklägern, Stellvertretenden Anklägern und dem Kanzler Privilegien und Immunitäten des Chefs einer diplomatischen Mission, und dies nur „bei der Wahrnehmung der Geschäfte des Gerichtshofs oder in Bezug auf diese“. Diese Regelung entspricht auch Art. 48 Abs. 2 des Römischen Statuts. Sie wird jedoch durch Abs. 3 ergänzt, der der genannten Personengruppe sowie den zu deren Haushalt gehörenden Familienmitgliedern die diplomatischen Privilegien und Immunitäten auch schon dann gewährt, wenn das Mitglied dem Gericht zur Verfügung steht und sich deshalb in einem anderen als dem Land seiner Staatsangehörigkeit oder seines ständigen Aufenthaltes aufhält.

Abs. 2 (Ein-, Aus- und Durchreise) ist eine Weiterentwicklung von Art. IV/11 d) und Art. V/18 d) PIVN sowie Art. V/13 d) und Art. VI/19 c) PISO; vgl. auch Art. 13 Abs. 2 SGH.

Abs. 4 (Heimschaffungserleichterungen) ist eine Weiterentwicklung von Art. V/18 f) PIVN und Art. VI/19 e) PISO, vgl. Auch Art. 13. Abs. 4 SGH.

Abs. 5 bestimmt den Endzeitpunkt der Privilegien und Immunitäten der Richter durch einen Verweis auf Art. 36 Abs. 10 des Römischen Statuts, wonach ein Richter, „der nach Artikel 39 einer Hauptverfahrens- oder einer Berufungskammer zugeteilt wurde, so lange im Amt bleibt, bis alle Haupt‑ oder Rechtsmittelverfahren abgeschlossen sind, deren Verhandlung vor dieser Kammer bereits begonnen hat“. Damit soll ausscheidenden Richtern die Möglichkeit gegeben werden, alle Fälle, mit denen sie vorher befasst waren, zu Ende zu führen.

Abs. 6 erster Satz (Steuerbefreiung der Einkommen) entspricht Art. V/18 b) PIVN, Art. VI/19 b) PISO und Art. 11 Abs. 1 SGH. Die Nichtberücksichtigung des Aufenthaltes während der Amtszeit für die Berechnung einer steuerrechtlichen Wohnsitzdauer beruht auf Art. IV/13 PIVN und V/15 PISO, wo sie für die Vertreter der Mitgliedstaaten gilt (siehe auch Art. 11 Abs. 2 SGH). Die vom Gerichtshof bezogenen Einkommen sind zwar von der Steuer befreit, können aber in die Steuerbemessung für Einkommen aus anderen Quellen einbezogen werden.

Abs. 7 normiert, dass die Vertragsstaaten nicht verpflichtet sind, die Pensionen oder Renten des dort genannten Personenkreises von der Einkommensteuer zu befreien.

Zu Artikel 16

Abs. 1 regelt die Privilegien und Immunitäten des stellvertretenden Kanzlers des Personals der Anklagebehörde und des Personals der Kanzlei. Er ist eine Weiterentwicklung insbesondere der Art. V/18 PIVN und Art. VI/19 und 20 PISO sowie von Art. 14. Abs. 2 SGH. Diese Regelung entspricht auch Art. 48 Abs. 3 des Römischen Statuts.

Lit. a) - Schutz vor Festnahme, Haft und Beschlagnahme - findet keine Entsprechung in PIVN und PISO hinsichtlich der Beamten, vgl. aber Art. VI/22 a) PIVN hinsichtlich der Beauftragten Sachverständigen und Art. 14 Abs. 2 lit. a SGH;

Lit. b) - Schutz amtlicher Äußerungen und Handlungen - entspricht Art. V/18 a) PIVN, Art. VI/19 a) PISO und Art. 14. Abs. 2 lit. d SGH, wobei auch hier, wie bei Art. 15 Abs. 1, ausdrücklich festgelegt ist, dass die Immunität auch noch nach dem Ausscheiden aus dem Gerichtshof fortbesteht;

Lit. c) - Unverletzlichkeit von Schriftstücken, Dokumenten und Unterlagen findet keine Entsprechung in PIVN und PISO hinsichtlich der Beamten, vgl. aber Art. VI/22 c) PIVN hinsichtlich der Beauftragten Sachverständigen;

Lit. d) - (Steuerbefreiung der Einkommen) entspricht Art. V/18 b) PIVN, Art. VI/19 b) PISO und Art. 11 Abs. 1 SGH Die vom Gerichtshof bezogenen Einkommen sind zwar von der Steuer befreit, können aber in die Steuerbemessung für Einkommen aus anderen Quellen einbezogen werden;

Lit. e) - Immunität von Verpflichtungen zur „nationalen Dienstleistung“ (Wehr- und Zivildienst), vgl. Art. V/18 c) PIVN, Art. VI/20 PISO sowie Art. 14 Abs. 2 lit. e SGH;

Lit. f) - Immunität von Einwanderungsbeschränkungen und Ausländermeldepflicht - vgl. Art. V/18 d) PIVN, Art. VI/19 c) PISO und Art. 14 Abs. 2 lit. f SGH;

Lit. g) - Schutz des persönlichen Gepäcks - findet keine Entsprechung in PIVN und PISO hinsichtlich der Beamten, vgl. aber Art. VI/22 f) PIVN hinsichtlich der Beauftragten Sachverständigen sowie Art. 14 Abs. 2 lit. c SGH;

Lit. h) - Erleichterungen bei Währungs- und Devisenangelegenheiten - vgl. Art. V/18 e) PIVN, Art. VI/19 d) PISO sowie Art. 14 Abs. 2 lit. g SGH;

Lit. i) - Heimschaffungserleichterungen - vgl. Art. V/18 f) PIVN, Art. VI/19 e) PISO und Art. 14 Abs. 2 lit. h SGH;

Lit. j) - Einfuhr von Wohnungseinrichtungen und Gebrauchsgegenständen - entspricht Art. V/18 g) PIVN, Art. VI/19 f) PISO und Art. 14 Abs. 2 lit. b SGH.

Abs. 2 normiert, dass die Vertragsstaaten nicht verpflichtet sind, die Pensionen oder Renten des dort genannten Personenkreises von der Einkommensteuer zu befreien.

Zu Artikel 17

Lokal aufgenommenes Personal genießt funktionelle Immunität für amtliche Äußerungen und Handlungen, dies auch nach Beendigung der Beschäftigung beim Gerichtshof. Zu diesem Personenkreis zählen etwa Personen, die Übersetzungsdienste leisten oder auch Personen, die an Massenexhumierungen mitwirken.

Zu Artikel 18

Art. 48 Abs. 4 des Römischen Statuts sieht vor, dass Beratern jene Stellung eingeräumt wird, die für die ordnungsgemäße Arbeit des Gerichtshofs erforderlich ist.

Gemäß Abs. 1 genießen Berater (das sind Verteidiger und gesetzliche Vertreter der Opfer – vgl. Art. 1 lit. l) die für die unabhängige Ausübung ihrer Aufgaben erforderlichen Privilegien und Immunitäten unter der Voraussetzung, dass sie die in Abs. 2 vorgesehene Bescheinigung vorweisen.

Berater genießen nach dieser Bestimmung die gleichen Privilegien und Immunitäten wie Bevollmächtigte, Rechtsbeistände und Anwälte nach Art. 16 SGH.

Abs. 2 sieht vor, dass Berater eine vom Kanzler unterzeichnete Bescheinigung erhalten, die die Dauer der voraussichtlichen Tätigkeit festlegt. Diese Bescheinigung dient als Nachweis vor Behörden für die Inanspruchnahme der unter Abs. 1 aufgezählten Privilegien und Immunitäten.

Die Nichtberücksichtigung des Aufenthaltes während der Amtszeit für die Berechnung einer steuerrechtlichen Wohnsitzdauer nach Abs. 3 beruht auf Art. IV/13 PIVN und V/15 PISO, wo sie für die Vertreter der Mitgliedstaaten gelten (siehe aber auch Art. 16 Abs. 4 SGH).

Abs. 4 sieht hinsichtlich des Privilegienumfangs die Gleichstellung der den Verteidiger unterstützenden Personen mit den Beratern vor. Dies gilt nicht für Personen, die gesetzliche Vertreter der Opfer unterstützen.

Zu Artikel 19

Zeugen wird gemäß Art. 48 Abs. 4 des Römischen Statuts jene Stellung eingeräumt, die für die ordnungsgemäße Arbeit des Gerichtshofs erforderlich ist. Sie genießen vorbehaltlich der Vorlage des in Abs. 2 genannten Dokuments mit Ausnahme von Devisenerleichterungen dieselben Privilegien und Immunitäten wie die Sachverständigen gemäß Art. 21. Ihre privilegienrechtliche Stellung ist auch der der Zeugen gemäß Art. 17 SGH vergleichbar, wobei letztere keinen Schutz für ihre Kommunikation und keine Heimreiseerleichterungen, wohl aber Devisenerleichterungen genießen.

Abs. 2 sieht vor, dass Zeugen vom Gerichtshof ein Dokument erhalten, das ihr Erscheinen vor Gericht und die dafür erforderliche voraussichtliche Dauer bestätigt. Dieses Dokument dient als Nachweis vor Behörden für die Inanspruchnahme der unter Abs. 1 aufgezählten Privilegien und Immunitäten.

Zu Artikel 20

Gemäß Art.68 des Römischen Statuts haben die Opfer unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auf Teilnahme am Verfahren vor dem Gerichtshof und auf Vortragung ihrer Auffassungen und Anliegen im Einklang mit den Regelungen 89 bis 91 der Verfahrens- und Beweisordnung des Gerichtshofs. Weiters können Opfer Entschädigungsansprüche nach Art.75 des Römischen Status in Verbindung mit Regelung 94ff der Verfahrens - und Beweisordnung des Gerichtshofs geltend machen und vor der Entscheidung darüber vom Gerichtshof gehört werden. Die mit diesem Artikel gewährten Privilegien und Immunitäten sind erforderlich, um den Opfern die ungehinderte Zureise zum Sitz des Gerichtshofs, die Mitnahme von das Verfahren betreffenden Unterlagen und die möglichst gefahrlose Abgabe von Erklärungen im Verfahren zu ermöglichen.

Abs. 2 sieht vor, dass Opfer vom Gerichtshof ein Dokument erhalten, das ihre Teilnahme am Verfahren und die dafür erforderliche voraussichtliche Dauer bestätigt. Dieses Dokument dient als Nachweis vor Behörden für die Inanspruchnahme der unter Abs. 1 aufgezählten Privilegien und Immunitäten.

Zu Artikel 21

Die Sachverständigen genießen gemäß Abs. 1 Privilegien und Immunitäten, die eine Weiterentwicklung der Bestimmungen über die Beauftragten Sachverständigen in Artikel VI/22 PIVN darstellen, sie entsprechen weitgehend auch jenen Privilegien und Immunitäten, die den Sachverständigen gemäß Art. 15 SGH gewährt werden:

Lit. a) vgl. Art. VI/22 a) PIVN und Art. 15 lit. a SGH;

Lit. b) vgl. Art. VI/22 b) PIVN und Art. 15 lit. c SGH;

Lit. c) vgl. Art. VI/22 c) PIVN und Art. 15 lit. d SGH ;

Lit. d) vgl. Art. VI/22 d) PIVN ;

Lit. e) vgl. Art. VI/22 f) PIVN und Art. 15 lit. b;

Lit. f) vgl. Art. VI/22 e) PIVN und Art. 15 lit. f SGH;

Lit. g) findet keine Entsprechung in Art. VI/22 PIVN, vgl. aber Art. V/18 f) PIVN und Art. VI/19 e) PISO sowie Art. 15 lit. g SGH;

Lit. h) findet keine Entsprechung in Art. VI/22 PIVN, vgl. aber Art. V/18 d) PIVN und Art. VI/19 c) PISO sowie Art. 15 lit. e SGH.

Abs. 2 sieht vor, dass Sachverständige vom Gerichtshof ein Dokument erhalten, das ihre Tätigkeit für den Gerichtshof und die dafür erforderliche voraussichtliche Dauer bestätigt. Dieses Dokument dient als Nachweis vor Behörden für die Inanspruchnahme der unter Abs. 1 aufgezählten Privilegien und Immunitäten.

Zu Artikel 22

Andere Personen, deren Anwesenheit am Gerichtshof erforderlich ist genießen dieselben Privilegien und Immunitäten wie Opfer gemäß Art. 20 Abs. 1.

Auch für diese Personengruppe ist nach Abs. 2 die Ausstellung eines Dokuments durch den Gerichtshof vorgesehen, das die Notwendigkeit der Anwesenheit am Gerichtshof und deren voraussichtliche Dauer bestätigt.

Zu Artikel 23

Dieser Artikel räumt den Vertragsstaaten die Möglichkeit ein, durch die Abgabe einer Erklärung die Privilegien und Immunitäten der in ihm bezeichneten Personen, die Staatsbürger des jeweiligen Vertragsstaates sind oder in dessen Gebiet ihren ständigen Aufenthalt haben, einzuschränken. Österreich wird von dieser Möglichkeit dadurch Gebrauch machen, dass es anlässlich der Ratifikation erklärt, dass die in diesem Artikel bezeichneten Personen, die österreichische Staatsbürger sind oder in der Republik Österreich ihren ständigen Aufenthalt haben, im Gebiet der Republik Österreich nur die in diesem Artikel bezeichneten Privilegien und Immunitäten genießen.  Der eingeschränkte Schutz für diese Personengruppe entspricht auch der österreichischen Praxis in anderen Fällen (vgl. Art. XII/39 (a) und XIII/43 (b) VN – ASA).

Es ist beabsichtigt, dass die Republik Österreich anlässlich der Ratifikation gemäß Art. 23 des Übereinkommens erklärt, dass die in diesem Artikel bezeichneten Personen, die österreichische Staatsbürger sind oder in der Republik Österreich ihren ständigen Aufenthalt haben, im Gebiet der Republik Österreich nur die in diesem Artikel bezeichneten Privilegien und Immunitäten genießen

Zu Artikel 24

Abs. 1 normiert eine Verpflichtung des Gerichtshofs zur Zusammenarbeit mit den Behörden der Vertragsstaaten, um jeden Missbrauch von Privilegien und Immunitäten nach diesem Artikel zu unterbinden - vgl. Art. V/21 PIVN und Art. VI/23 PISO.

Abs. 2 normiert eine Verpflichtung zur Beachtung der staatlichen Rechtsvorschriften und zur Nichteinmischung, vgl. Art. 41 Abs. 1 WDK.

Zu Artikel 25

Art. 25 erster Satz legt fest, dass die Privilegien und Immunitäten im Interesse des Gerichtshofs gewährt werden, vgl. Art. IV/14, Art. V/20 und Art. VI/23 PIVN, Art. V/16 und Art. VI/22 PISO sowie Art. 19 Abs. 1 SGH. Art. 25 zweiter Satz betrifft das Recht und die Pflicht zum Immunitätsverzicht, vgl. Art. IV/14, Art. V/20 und Art. VI/23 PIVN, Art. V/16 und Art. VI/22 PISO sowie Art. 20 Abs. 1 SGH. Art. 25 dritter Satz sieht vor, dass die Privilegien und Immunitäten gemäß Art. 13 und 14 des Übereinkommens auch Vertretern von Staaten, die nicht Vertragsstaaten dieses Übereinkommens sind, und Vertretern internationaler Organisationen gewährt werden, sofern diese Staaten und internationalen Organisationen die gleiche Verpflichtung in Bezug auf den Verzicht auf die Privilegien und Immunitäten übernehmen.

Zu Artikel 26

Abs. 1 betrifft das Recht und die Pflicht zum Immunitätsverzicht; vgl. Art. IV/14, Art. V/20 und Art. VI/23 PIVN und Art. V/16 und Art. VI/22 PISO sowie Art. 20 Abs. 1 SGH.

Abs. 2 legt das hiefür zuständige Organ fest. Anders als bei Maßnahmen gegen die leitenden BeamtInnen wegen einer schweren Verfehlung oder einer schweren Verletzung der Amtspflichten (vgl. Art. 46 des Römischen Statuts) ist nicht die Versammlung der Vertragsstaaten zuständig, sondern jeweils bestimmte Organe des Gerichtshofs. Auf diese Weise wird eine mögliche Quelle der Einflussnahme der Staaten auf die Tätigkeit des Gerichtshofs ausgeschaltet.

Zu Artikel 27

Dieser Artikel regelt die Befreiung der dort genanten Personen von allen Pflichtbeiträgen zu nationalen Sozialversicherungseinrichtungen ab dem Zeitpunkt der Errichtung eines eigenen Sozialversicherungssystems durch den Gerichtshof, vgl. auch Art. IX/27 VN-ASA.

Zu Artikel 28

Eine ähnliche Verpflichtung zur periodischen Information der Vertragsstaaten enthält Art. V/17 PIVN und Art. VI/18 PISO.

Zu Artikel 29

Dieser Artikel betrifft die Anerkennung der Laissez-passer (Passierscheine) der Vereinten Nationen und der vom Gerichtshof ausgestellten Reisedokumente von Mitgliedern und Bediensteten des Gerichtshofs; siehe auch Art. 21 Abs. 1 SGH; zu den Laissez-passer (Passierscheinen) selbst, vgl. Art. VII PIVN und Art. VIII PISO.

Zu Artikel 30

Diese Bestimmung betrifft die erleichterte Sichtvermerkserteilung, vgl. Art. 21 Abs. 2 SGH, Art. VII/25 und 26 PIVN und Art. VIII/28 und 29 PISO.

Zu Artikel 31

Streitigkeiten privatrechtlichen Charakters, bei denen der Gerichtshof oder eine im Übereinkommen genannte Person, die aufgrund ihrer amtlichen Stellung Immunität genießt, beteiligt ist, werden gemäß diesem Artikel in einem vom Gerichtshof festzulegenden Verfahren beigelegt. Dieses Verfahren kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn der Gerichtshof nicht auf die ihm oder den in lit. b genannten Personen zustehenden Privilegien und Immunitäten für den Einzelfall verzichtet. Vergleichbare Bestimmungen enthalten Art VIII/29 PIVN, Art. IX/31 PISO und Art. 26 Abs. 1 SGH.

Zu Artikel 32

Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Übereinkommens, die nicht auf anderem Wege ausgetragen werden können (vgl. Abs. 1), sind dem in Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten.

Das Schiedsgericht wird sich bei der Beurteilung einer solchen Meinungsverschiedenheit von den üblichen Auslegungsregeln zwischenstaatlicher Verträge und der historischen Entwicklung allfälliger in Frage kommender Bestimmungen des vorliegenden Abkommens  leiten lassen müssen. Eine ähnliche Schiedsgerichtsbarkeitsklausel enthält auch Art. 26. Abs. 2 SGH.

Zu Artikel 33

Diese Bestimmung stellt ausdrücklich klar, dass die einschlägigen Regeln des Völkerrecht sowie des humanitären Völkerrechts von diesem Übereinkommen unberührt bleiben.

Zu Artikel 34 bis 38

Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussklauseln. Eine Unterzeichnung des Übereinkommens ist bis zum 30. Juni 2004 möglich (Art. 34 Abs. 1), es bedarf der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung (Art. 34 Abs. 2) und steht allen Staaten zum Beitritt offen (Art. 34 Abs. 3); In-Kraft-Treten des Übereinkommens (Art. 35 Abs. 1) und für Staaten, die es nach Hinterlegung der zehnten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde ratifizieren, annehmen, genehmigen oder ihm beitreten (Art. 35 Abs. 2);

Regelung des Verfahrens der Einleitung und Annahme von Änderungen (Art. 36 Abs. 1 bis 4), In- Kraft-Treten von Änderungen (Art. 36 Abs. 5 und 6) und Geltung von Änderungen für neu beitretende Staaten (Art. 36 Abs. 7); Kündigung des Übereinkommens (Art. 37); Depositär (Art. 38) und verbindliche Wortlaute (Art. 39).


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die arabischen, chinesischen, französischen, russischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

 

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.