Vorblatt

Problem:

Mit Beschluss des Rates 2002/772/EG, Euratom vom 25.Juni 2002 und 23.September 2002 wurde der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten zum Europäischen Parlament (im folgenden Direktwahlakt, kurz DWA) geändert (ABl Nr. L 283 vom 21.Oktober 2002). Der Wahlakt und seine Änderung bedürfen gemäß Art.190 Abs. 4 EGV, Art. 108 Abs. 4 Euratom-Vertrag und Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses des Rates 2002/772/EG der Annahme durch die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Lösung:

Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art.50 Abs.1 und Abs.3 B-VG.

Alternativen:

Keine. Der Beschluss über die Änderung des Direktwahlakts bedarf der Annahme in jedem Mitgliedstaat gemäß dessen verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine gegenüber der derzeit geltenden Regelung.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Es handelt sich um einen Ratsbeschluss, der für sein Inkrafttreten der Annahme durch die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften bedarf.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Beschluss bedarf der parlamentarischen Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 1 und Abs. 3 B-VG, Art. 1 Pkt. 7 lit. a) des Beschlusses ist verfassungsergänzend. Hinsichtlich der Kundmachung des Beschlusses soll dem Nationalrat vorgeschlagen werden, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG die authentischen Sprachfassungen mit Ausnahme der deutschen durch Auflage beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten kundzumachen.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

I. ZUR ÄNDERUNG DES DIREKTWAHLAKTS

1.      Das Zustandekommen des Beschlusses zur Änderung des Direktwahlaktes

Die Gründungsverträge hatten zunächst vorgesehen, dass das Europäische Parlament (in der Folge kurz: EP) aus von den nationalen Parlamenten designierten Mitgliedern besteht. Der EGV sieht allerdings schon seit 1957 vor, dass das Europäische Parlament Entwürfe für allgemeine unmittelbare Wahlen nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten ausarbeiten soll.

Die rechtliche Grundlage für die Direktwahlen zum Europäischen Parlament ab 1979 bildet der „Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments vom 20.September 1976“ (76/787/EGKS, EWG, EURATOM – in der Folge Direktwahlakt, kurz DWA), der als  einstimmiger Beschluss des Rates in der Zusammensetzung der Vertreter der Mitgliedstaaten angenommen wurde. Dieser Akt stellt eine Rahmengesetzgebung für die Direktwahl dar, ohne jedoch ein einheitliches Wahlverfahren vorzusehen. Art. 7 des Aktes sieht vor, dass sich das Wahlverfahren bis zum Inkrafttreten eines einheitlichen Wahlverfahrens in jedem Mitgliedstaat nach den innerstaatlichen Vorschriften bestimmt.

Zur Festlegung eines solchen Wahlverfahrens auf der Basis eines Entwurfes des Europäischen Parlaments sieht der EGV in Art. 190 Abs. 4 ein besonderes Normerzeugungsverfahren vor: „Der Rat erlässt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, die mit der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt wird, einstimmig die entsprechenden Bestimmungen und empfiehlt sie den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.“

Die ab 1979 unternommenen Versuche, ein einheitliches Wahlverfahren festzulegen, scheiterten an der Uneinigkeit in und zwischen Rat und Europäischem Parlament.

Durch den Vertrag von Amsterdam wurden Art.190 EGV und Art. 108 Euratom-Vertrag dahingehend geändert, dass das EP im Entwurf für einen Wahlakt nicht mehr unbedingt ein einheitliches Wahlverfahren in allen Mitgliedstaaten vorsehen muss, sondern auch einen „im Einklang mit den allen Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsätzen“ stehenden Wahlakt vorlegen kann.

Das Europäische Parlament hat – noch vor Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam – am 15.Juli 1998 als Annex einer Entschließung (A4-0212/1998 vom 15.7.98 zum Anastassopoulos-Bericht, A4-0212/98 vom 2.6.98) einen „Entwurf für ein Wahlverfahren, das auf gemeinsamen Grundsätzen für die Wahl der Mitglieder des EP beruht“, unterbreitet.

Auf Ratsebene wurde dieser Entwurf zwischen Dezember 1998 und Dezember 1999 im Ausschuss Ständiger Vertreter behandelt. Die substantiellen Kernelemente der Reform des DWA waren – abgesehen von der Unvereinbarkeit von europäischem und nationalem Mandat – kaum strittig, da praktisch nur solche Grundsätze aufgenommen wurden, die in allen nationalen Rechtsordnungen bereits gegeben waren. Das betrifft insbesondere das Verhältniswahlrecht, das (seit 1999) in allen 15 Mitgliedstaaten angewandt wird.

Im Rat Allgemeine Angelegenheiten vom 6.Dezember 1999 blieben noch drei Punkte offen, über die erst um die Jahreswende 2001/2002 politische Einigung erzielt wurde (siehe unten):

·       Festlegung des Wahltermins;

·       Bestimmungen über die Unvereinbarkeit von europäischem und nationalem Abgeordnetenmandat.

·       Die Teilnahme der Bevölkerung von Gibraltar an den Wahlen zum Europäischen Parlament.

Der Rat erzielte schließlich am 23.Mai 2002 eine definitive politische Einigung über den Inhalt eines Beschlusses zur Änderung des DWA und die gleichzeitig ins Ratsprotokoll aufzunehmenden Erklärungen. Das Europäische Parlament erteilte am 12.Juni 2002 seine Zustimmung. Somit wurde mit Beschluss des Rates 2002/772/EG, Euratom vom 25. Juni 2002 und 23. September 2002 (in gälischer Sprachfassung) der DWA  geändert (ABl   Nr. L 283 vom 21.Oktober 2002, S. 1), indem einige zusätzliche, den Wahlverfahren aller Mitgliedstaaten gemeinsame Grundsätze festgelegt wurden.

2.      Der Inhalt des Beschlusses zur Änderung des Direktwahlakts und der für das Ratsprotokoll abgegebenen Erklärungen

Folgende allen Mitgliedstaaten gemeinsame Grundsätze werden in den DWA  aufgenommen:

·       Allgemeine, unmittelbare, freie und geheime Wahlen (bisher „allgemeine, unmittelbare“ Wahlen);

·       5jährige Legislaturperiode (schon bisher, nur Formulierungsänderung);

·       Vorrechte und Befreiungen der Abgeordneten bestimmen sich nach dem Protokoll vom 8.April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der EG (schon bisher, nur Formulierungsänderung);

·       Verhältniswahlsystem, auf der Grundlage von Listen oder von übertragbaren Einzelstimmen (neu);

·       Die Mitgliedstaaten können Vorzugsstimmen nach den von ihnen festgelegten Modalitäten zulassen (neu).

·       Die Mitgliedstaaten können entsprechend ihren nationalen Besonderheiten Wahlkreise einrichten, soweit dadurch nicht das Verhältniswahlsystem insgesamt in Frage gestellt wird (neu).

·       Für die Sitzvergabe kann eine Mindestschwelle festgelegt werden, die jedoch landesweit nicht mehr als 5% der abgegebenen Stimmen betragen darf (neu).

·       Jeder Mitgliedstaat kann eine Obergrenze für Wahlkampfkosten festlegen (neu).

·       Unbeschadet befristeter Übergangsregelungen für das Vereinigte Königreich und Irland ist das Mandat eines Mitglieds des Europäischen Parlaments unvereinbar mit der Mitgliedschaft in einem nationalen Parlament (neu, bisher war Doppelmandat ausdrücklich zulässig).

·       Zusätzliche Unvereinbarkeitsregelungen mit der Mitgliedschaft und dem aktiven Dienst in seit dem Vertrag über die Europäische Union von Maastricht hinzugekommenen Gemeinschaftsorganen oder anderen Gemeinschaftsinstitutionen (Gericht 1.Instanz, Europäische Zentralbank, Bürgerbeauftragter der EG und Ausschuss der Regionen).

·       Ein Mitgliedstaat darf das ihn betreffende Wahlergebnis erst dann amtlich bekanntgeben, wenn die Wahl in allen anderen Mitgliedstaaten abgeschlossen ist (neu, bisher war mit der „Ermittlung des Wahlergebnisses zuzuwarten, bis die Wahl in allen anderen Mitgliedstaaten abgeschlossen war).

Vorbehaltlich der in den DWA aufgenommenen Vorschriften bestimmt sich das Wahlverfahren weiterhin in jedem Mitgliedstaat nach den innerstaatlichen Vorschriften, wobei jedoch das Verhältniswahlsystem insgesamt nicht in Frage gestellt werden darf.

Vorerst nicht im DWA verankert wurde der Vorschlag des Europäischen Parlaments, „dass mit Blick auf ein europäisches politisches Bewusstsein und die Herausbildung europäischer politischer Parteien ein bestimmter Prozentsatz der Sitze nach dem Verhältniswahlsystem im Rahmen eines einzigen, aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten gebildeten Wahlkreises verteilt werden könnte.“ Gemäß dem Anastassopoulos-Bericht sollten 10% der Gesamtzahl der Mandate ab den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 auf diese Weise vergeben werden.

Der Rat hat sich allerdings auf die ins Ratsprotokoll aufgenommene Erklärung geeinigt, dass er eine Überprüfung der Bestimmungen des geänderten DWA vor den zweiten Wahlen zum Europäischen Parlament nach dem Inkrafttreten des Beschlusses (d.h. voraussichtlich vor den im Jahr 2009 vorgesehenen Wahlen) für geboten hält. .

Über eine Änderung der Referenzperiode für den Wahltermin, der eine Vorverlegung der Wahltermine von Juni auf Mai erlaubt hätte, konnte kein Konsens erzielt werden. Gemäß dem Direktwahlakt von 1976 finden die EP-Wahlen alle fünf Jahre zu dem Zeitpunkt statt, der sich aus der Referenzperiode der ersten EP-Direktwahl (7.-10. Juni 1979) ergibt. Da auch eine Änderung des Wahltermins für eine bestimmte EP-Wahl – zwischen einem Monat vor und einem Monat nach der Referenzperiode – vom Rat nur einstimmig nach Anhörung des EP beschlossen werden könnte, kam eine Vorverlegung der EP-Wahlen im Jahr 2004 bislang ebenso wenig zustande. Sollten sich diese Voraussetzungen nicht mehr ändern, finden die nächsten EP-Wahlen entsprechend den Bestimmungen des Direktwahlaktes von 1976 vom 10.-13.Juni 2004 statt.

Zu der Bestimmung über die Unvereinbarkeit des Mandats eines Mitglieds des EP  mit der Mitgliedschaft in einem nationalen Parlament – gemäß Art.5 des Wahlaktes von 1976 ist ein solches Doppelmandat noch ausdrücklich zulässig  - wurden erst Ende 2001 alle Vorbehalte zurückgezogen und für das Vereinigte Königreich und Irland Übergangsregelungen festgelegt.

·       Die Abgeordneten des nationalen irischen Parlaments, die in einer folgenden Wahl in das Europäische Parlament gewählt werden, können noch bis zur nächsten Wahl zum nationalen irischen Parlament ein Doppelmandat ausüben.

·       Die Abgeordneten des nationalen Parlaments des Vereinigten Königreichs, die während des Fünfjahreszeitraums vor der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments sind, können noch bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 ein Doppelmandat ausüben.

Die Gibraltar-Frage blieb zuletzt der einzige Punkt, der der Annahme des Beschlusses zur Änderung des DWA noch entgegenstand. Gemäß Anhang II  2 des DWA war die Bevölkerung Gibraltars von der Teilnahme an den Wahlen zum Europäischen Parlament ausgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat am 18. 2. 1999 in der Rechtssache „Matthews gegen Vereinigtes Königreich“ (No. 24833/94) den Ausschluss der Bevölkerung von Gibraltar von der Teilnahme an EP-Wahlen als mit Art. 3 des Ersten Zusatzprotokolls zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht vereinbar erkannt. Anfang 2002 konnten sich das Vereinigte Königreich und Spanien darauf einigen, dieses Problem durch zwei Erklärungen für das Ratsprotokoll zu lösen.

·       Erklärung des Vereinigten Königreichs betreffend die Ermöglichung der Ausübung des Wahlrechts durch die Wahlberechtigten in Gibraltar: Das Vereinigte Königreich erklärt, der Bevölkerung Gibraltars die Ausübung des Wahlrechts als Teil von und unter den gleichen Bedingungen wie eines bereits bestehenden Wahlkreises des Vereinigten Königreichs zu ermöglichen, um damit der aus Art.6 (2) EUV erwachsenden Verpflichtung, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte umzusetzen, nachzukommen.

·       Erklärung des Rates und der Kommission, in der der Inhalt der Erklärung des Vereinigten Königreichs betreffend Gibraltar zur Kenntnis genommen wird.

II. GENEHMIGUNG DURCH DEN NATIONALRAT

Die Änderungen des Direktwahlakts (DWA) bedürfen gemäß Art. 190 Abs. 4 EGV, Art. 108 Abs. 4 Euratom-Vertrag und Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses des Rates 2002/772/EG der Annahme durch die Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften. Der Beschluss zur Änderung des DWA bedarf innerstaatlich einer parlamentarischen Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG, da er gesetzesergänzenden Inhalt hat. Darüber hinaus ändert Art. 1 Pkt. 7 lit. a) des Ratsbeschlusses Art. 6 des DWA und beinhaltet Unvereinbarkeitsregelungen, die nach der Systematik des B-VG auf Verfassungsebene einzuordnen sind. Die gegenständliche Bestimmung hat daher verfassungsergänzenden Inhalt und bedarf daher einer parlamentarischen Genehmigung gemäß Art. 50 Abs. 3 B‑VG. Der Beschluss hat keinen politischen Charakter. Er berührt nicht den selbständigen Wirkungsbereich der Länder, weswegen es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz bedarf. Er ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, so dass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.

Der Beschluss sowie die bei seiner Annahme in das Ratsprotokoll aufgenommenen Erklärungen sind in den zwölf authentischen Vertragssprachen der Europäischen Union abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist. Es ist beabsichtigt, den Beschluss inklusive der bei der Beschlussfassung im Rat abgegebenen Erklärungen in allen authentischen Sprachfassungen, außer jener in deutscher Sprache, dadurch kundzumachen, dass er gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten zur öffentlichen Einsichtnahme aufliegt.

Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Zu Ziffer 1:

Damit wird eine sprachliche Präzisierung vorgenommen, die inhaltlich keine inhaltliche Änderung mit sich bringt.

Zu Ziffer 2 (Art. 1 des DWA):

In der Stammfassung dieser Bestimmung war für die Durchführung von Europawahlen lediglich das Prinzip allgemeiner und unmittelbarer Wahl verankert, nunmehr ist auch das Verhältniswahlrecht festgeschrieben, sei es auf der Grundlage von Listen oder von übertragbaren Einzelstimmen.

Festgehalten ist auch die Zulässigkeit der Verankerung eines Vorzugsstimmensystems. Die Europawahl hat in Hinkunft „allgemein, unmittelbar, frei und geheim“ zu erfolgen. Die österreichische Verfassungsrechtslage  entspricht bereits den nunmehr festgelegten Maximen (vgl. Art. 23a Abs. 1 B-VG, Art. 8 StV von Wien).

Zu Ziffer 3 (Art. 2 des DWA):

In der Stammfassung dieses Artikels waren noch die Zahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten zu wählenden Abgeordneten festgelegt; nunmehr ist die Zulässigkeit verankert, dass Mitgliedstaaten bei Europawahlen die Wahlgebiete in Wahlkreise oder auf andere Art unterteilen können; dies darf das Verhältniswahlsystem jedoch insgesamt nicht in Frage stellen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Kann-Bestimmung. Eine Einteilung des österreichischen Bundesgebietes in Wahlkreise (an eine solche war allerdings bislang zu keinem Zeitpunkt gedacht) könnte allerdings insbesondere im Licht der ab 2004 geringeren Zahl an Abgeordneten dazu führen, dass ein Verhältniswahlsystem im Sinn des Ratsakts nicht mehr gewährleistet ist.

Zu Ziffer 3 (Art. 2A des DWA):

Dieser Artikel erlaubt es den Mitgliedstaaten ausdrücklich, prozentuelle Mindestschwellen für den Einzug ins Europäische Parlament festzulegen, die jedoch landesweit nicht mehr als 5 Prozent der abgegebenen Stimmen betragen dürfen. In Österreich war schon bislang eine Vier-Prozent-Klausel vorgesehen, die allerdings bei der Zahl von 21 zur Vergabe gelangenden Mandaten kaum hätte zum Tragen kommen können und in Zukunft erst recht praktisch obsolet scheint.

Zu Ziffer 3 (Art. 2B des DWA):

Diese Bestimmung erlaubt den Mitgliedstaaten, eine Obergrenze der Wahlkampfkosten der Wahlwerber festzulegen. Wahlkampfkostenbegrenzungen hat es in Österreich seit 1990 nicht gegeben; an die Einführung solcher Wahlkampfkostenbegrenzungen ist auch nicht gedacht, da sich die Kontrolle solcher Regelungen als besonders aufwendig erwiesen hat.

Zu Ziffer 4 (Art. 3 des DWA):

Bei der Novellierung dieser Bestimmung wird eine sprachliche Präzisierung vorgenommen, die keine inhaltliche Änderung mit sich bringt.

Zu Ziffer 5 (Art. 4 des DWA):

In Abs. 2 wird lediglich eine sprachliche Adaptierung des Verweises auf das Protokoll

vom 8. April 1965 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften vorgenommen.

Zu Ziffer 6 (Art. 5 des DWA):

Art. 5 des DWA in der Stammfassung, der die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament mit der Mitgliedschaft im Parlament eines Mitgliedstaats für vereinbar bezeichnete, wird aufgehoben, da der neue Abs. 2 des Art. 6 DWA nunmehr die Unvereinbarkeit der Mitgliedschaft im Europäischen Parlament mit der Eigenschaft als Abgeordneter eines nationalen Parlaments bestimmt.

Zu Ziffer 7 (Art. 6 des DWA):

In Abs.1 wird die Liste jener Funktionen, die mit einer Mitgliedschaft im Europäischen Parlament unvereinbar sind, ergänzt. Dies betrifft die Ämter des Richters, Kanzlers oder Generalanwalts des Gerichts erster Instanz, die Mitgliedschaft im Direktorium der Europäischen Zentralbank und das Amt des Bürgerbeauftragten der Europäischen Gemeinschaften. Die Bezugnahmen auf den bereits am 23. Juli 2002 ausgelaufenen EGKS-Vertrag werden gestrichen. Gemäß einer Ergänzung im achten Gedankenstrich umfasst „im aktiven Dienst stehender Beamter oder Bediensteter der Organe der Europäischen Gemeinschaften oder der ihnen angegliederten Einrichtungen“ auch explizit deren Agenturen und die europäische Zentralbank.

Da diese Unvereinbarkeitsregelungen nach der Systematik des B-VG auf Verfassungsebene einzuordnen sind, hat die Änderung von Art.7 Abs.1 DWA für Österreich verfassungsergänzenden Inhalt.

Abs. 2 (neu) bestimmt, dass die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament mit der Eigenschaft als Abgeordneter eines nationalen Parlaments ab der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 unvereinbar ist.

Irland und dem Vereinigten Königreich werden befristete Ausnahmeregelungen gewährt:

·       Die Abgeordneten des nationalen irischen Parlaments, die in einer folgenden Wahl in das Europäische Parlament gewählt werden, können noch bis zur nächsten Wahl zum nationalen irischen Parlament ein Doppelmandat ausüben.

·       Die Abgeordneten des nationalen Parlaments des Vereinigten Königreichs, die während des Fünfjahreszeitraums vor der Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 auch Abgeordnete des Europäischen Parlaments sind, können noch bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 ein Doppelmandat ausüben.

In Österreich ist die Mitgliedschaft zum Nationalrat und zum Bundesrat mit der Mitgliedschaft im Europäischen Parlament bereits gemäß Artikel 59 B-VG unvereinbar.

Abs. 3 (neu) stellt nunmehr klar, dass die Mitgliedstaaten die Möglichkeit haben weitere innerstaatlich geltende Unvereinbarkeiten festzulegen.

In Abs. 4 (neu) werden lediglich redaktionelle Anpassungen der Verweise vorgenommen.

Zu Ziffer 8 (Art. 7 des DWA):

In der Stammfassung des Ratsaktes ist noch von einem Inkrafttreten eines einheitlichen Wahlverfahrens die Rede. Nunmehr ist klar gestellt, dass sich die Durchführung der Europawahl vorbehaltlich der Vorschriften des Ratsaktes in der neuen Fassung nach den in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden und innerstaatlichen Vorschriften geregelten Wahlverfahren bestimmen; diese Bestimmungen dürfen jedoch das Verhältniswahlrecht insgesamt nicht in Frage stellen.

Zu Ziffer 9 (Art. 9 des DWA):

In dieser Bestimmung wird in Hinkunft präzisiert, dass der Zeitraum jeweils von Donnerstag bis Sonntag für die Durchführung einer Europawahl vorgeschrieben ist und dass die Mitgliedstaaten innerhalb dieses Zeitraumes eine Wahlzeit frei wählen können.

Abs. 2 in der geänderten Fassung ist für Österreich gesetzesergänzend, da er vorsieht,  dass lediglich mit der amtlichen Bekanntgabe des Wahlergebnisses bis zu jenem Zeitpunkt zuzuwarten ist, zu dem die Wahl in dem Mitgliedstaat, dessen Wähler innerhalb des in Abs. 1 angeführten Zeitraumes als letzte wählen, abgeschlossen ist. § 66 Abs.2 Europawahlordnung (EuWO) bestimmt in Übereinstimmung mit der Stammfassung des DWA, dass mit der Stimmauszählung erst nach Abschluss der Wahlen in allen anderen Mitgliedstaaten begonnen werden darf. Diese Bestimmung der EuWO steht mit der geänderten Fassung von Art.10 Abs.2 DWA nicht in Widerspruch. Die geänderte Formulierung erlaubt Österreich allerdings, eine Regelung zu treffen, die es – wie bei anderen Wahlen gewohnt – ermöglicht, dass die Wahlbehörden örtliche Wahlergebnisse unmittelbar nach Schließung des jeweiligen Wahllokales ermitteln und auch an übergeordnete Wahlbehörden weiterleiten dürfen. Lediglich mit einer amtlichen Bekanntgabe – eine solche sieht die österreichische Europawahlordnung für den Wahltag gar nicht vor – ist bis zur Schließung des letzten Wahllokals in Europa zuzuwarten.

Im Licht der Tatsache, dass in allen Mitgliedstaaten das Verhältniswahlrecht hinkünftig festgeschrieben ist, wurde Abs. 3, in dem bislang geregelt war, wann ein Mitgliedstaat einen allfälligen zweiten Wahlgang anzuberaumen hätte, gestrichen.

Zu Ziffer 10 (Art. 10 des DWA):

Die Novellierung dieses Artikels trägt zum Einen dem Umstand Rechnung, dass der Ratsakt in der Stammfassung vor Durchführung der ersten Europawahl in Kraft getreten ist und Abs. 1 in dieser Fassung daher obsolet geworden ist. Zum Anderen wird der Spielraum des Rates, den Wahltermin nach Anhörung des Europäischen Parlaments festzusetzen, dahingehend erweitert, dass der Wahltermin in Hinkunft bereits frühestens zwei Monate vor dem regulären Wahltermin zu liegen kommen kann. Die Änderung des Abs. 3 stellt eine terminologische Berichtigung dar.

Zu Ziffer 11 (Art. 11 des DWA):

Wie schon bei der Novellierung des Art. 7 Abs. 2 wird auch bei der Neufassung dieses Artikels dem Umstand Rechnung getragen, dass die Schaffung eines einheitlichen Wahlverfahrens derzeit nicht vorgesehen ist, sondern dass die Mitgliedstaaten unter Beachtung der im Ratsakt festgeschriebenen Grundsätze die Wahlen innerstaatlich zu regeln haben.

Zu Ziffer 12 (Art. 12 des DWA):

Zur neuen Fassung des Abs. 1 gilt das zu Art. 11 Gesagte. Die Neufassung des Abs. 2 dieses Artikels trägt der neuen Rechtslage in Art. 5 und 6 Rechnung. Abs. 3 ermöglicht es den Mitgliedstaaten hinkünftig, den Entzug des Mandats eines Mitgliedes innerstaatlich vorzusehen. Neu eingeführt wird eine Regelung über das Prozedere im Fall des Ablebens eines EP-Mitglieds: Der Präsident des Europäischen Parlaments hat in einem solchen Fall die zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaates unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

Zu Ziffer 13 (Aufhebung des Art. 14):

Dieser Artikel ist obsolet geworden. In der Stammfassung des Ratsaktes war festgelegt worden, dass einzelne Bestimmungen des EGKS-Vertrags sowie des EWG-Gründungsvertrags außer Kraft treten.

Zu Ziffer 14 (Art. 15 des DWA):

Mit der Neufassung dieser Bestimmung, die die Sprachen betrifft, in denen der Wortlaut des Ratsaktes verbindlich ist, wird jenen Mitgliedstaaten Rechnung getragen, die seit des Inkrafttretens des Ratsaktes im Jahr 1976 der Europäischen Union beigetreten sind.

Zu Ziffer 15 (Aufhebung von Anhang I):

In der Stammfassung konnten die dänischen Behörden noch separate Zeitpunkte bestimmen, an denen die Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments in Grönland stattfinden. Dies ist mit dem Austritt Grönlands gegenstandslos geworden.

Zu Ziffer 16 (Streichung der in Anhang III enthaltenen Erklärung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland):

Diese Erklärung betraf die Durchführung der Wahlen in Berlin und ist aufgrund der deutschen Wiedervereinigung gegenstandslos geworden.

Zu Artikel 2 des Beschlusses:

Absatz 1 bestimmt, dass die Artikel des DWA und dessen Anhänge in der mit dem gegenständlichen Beschluss geänderten Fassung umnummeriert werden. Es wird diesbezüglich auf die Übereinstimmungstabelle im Anhang des gegenständlichen Beschlusses verwiesen.

Ferner wird in Absatz 2 festgelegt, dass die Querverweisungen auf die Artikel und die Anhänge des DWA sowie die Bezugnahmen auf diese Artikel und ihre Untergliederungen in den Gemeinschaftsverträgen entsprechend angepasst werden. Eine Publikation der solcherart konsolidierten Fassung des DWA unterblieb jedoch. Laut Absatz 3 gelten die in anderen Rechtsinstrumenten enthaltenen Verweisungen auf die Artikel des DWA als Bezugnahmen auf die Artikel des Akts von 1976 in der gemäß Absatz 1 umnummerierten Fassung beziehungsweise auf die mit diesem Beschluss umnummerierten Absätze jener Artikel.

Zu Artikel 3

Absatz 1 enhält die Regelung für das Inkrafttreten der in Artikel 1 und 2 des gegenständlichen Beschlusses vorgesehenen Änderungen und normiert ferner, dass die Mitgliedstaaten die Bestimmungen dieses Beschlusses nach ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften annehmen müssen. Absatz 2 regelt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dem Generalsekretariat des Rates den Abschluss ihrer einzelstaatlichen Verfahren mitzuteilen.

Zu Artikel 4

Dieser Artikel sieht die Veröffentlichung des gegenständlichen Beschlusses im Amtsblatt der Europäischen Union vor. Diese ist im ABl. Nr. L 283 vom 21.Oktober 2002 erfolgt.


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die dänischen, englischen, finnischen, französischen, griechischen, irischen, italienischen, niederländischen, portugiesischen, schwedischen und spanischen Sprachfassungen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

 

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.