Vorblatt

Probleme und Ziel des Vorhabens:

Das in seinen Grundzügen aus dem Jahr 1854 stammende Außerstreitgesetz entspricht vor allem in seinem mit 19 Paragraphen äußerst knapp und lückenhaft geregelten allgemeinen Teil nicht mehr den Anforderungen an eine moderne, der Rechtsstaatlichkeit verpflichtete Verfahrensordnung. Die bestehenden Regelungsdefizite wurden von der Rechtsprechung durch Analogie zur Zivilprozessordnung zu lösen versucht, was dazu geführt hat, dass große Bereiche der Regelungsaufgaben nicht vom Gesetz, sondern von der Praxis der Gerichte übernommen wurden. Eine Vorgangsweise, die im Licht des Art. 18 B-VG und des Art. 6 EMRK nicht unproblematisch ist.

Dies fällt umso schwerer ins Gewicht, als im außerstreitigen Verfahren, dem eine Vielzahl unterschiedlichster Materien zugewiesen wurde, zum überwiegenden Teil jene Rechtsbeziehungen zu regeln beziehungsweise zu entscheiden sind, die die Kernbereiche des Privat- und Familienlebens betreffen.

Es soll daher eine moderne, den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit, aber auch dem besonders hilfeorientierten und friedensrichterlichen Charakter des Außerstreitverfahrens Rechnung tragende, eigenständige Verfahrensordnung geschaffen werden, die insbesondere auch geeignet ist, die Lebensverhältnisse des Alltagslebens zukunftsorientiert zu regeln.

Grundzüge und Alternativen der Problemlösungen:

Im Zuge einer Gesamtreform des Außerstreitgesetzes werden die bestehenden Regelungsdefizite beseitigt, indem den Anforderungen des Art. 6 EMRK genügende Bestimmungen über die Sicherstellung des rechtlichen Gehörs, das Beweisverfahren, das Rechtsmittelverfahren ebenso vorgesehen werden wie die Umschreibung des Parteibegriffes und die Einführung der Rechtsinstitute der Unterbrechung, des Ruhens und des Innehaltens des Verfahrens sowie des Abänderungsverfahrens.

Erstmals werden generelle Regelungen über die Vertretungspflicht und den Kostenersatz eingeführt.

Unter Beachtung der Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung werden vor allem auch die im Besonderen Teil des Außerstreitgesetzes geregelten Verfahren moderner gefasst und der Rechtsweg für Angelegenheiten, die bisher teils im außerstreitigen, teils im streitigen Verfahren zu erledigen waren, zur Gänze in das Außerstreitverfahren übernommen. Dies betrifft vor allem die Integration des bisherigen Erbrechtsstreits als Verfahren über das Erbrecht in das Verlassenschaftsverfahren, die Abstammungsverfahren und die Verfahren über den gesetzlichen Unterhalt zwischen in gerader Linie verwandter Personen.

Es bestehen keine Alternativen, mit denen die Verwirklichung des angestrebten Reformziels in gleicher Weise erreichbar wäre.

Kosten:

Das vorgeschlagene Außerstreitverfahrensgesetz wird zum Teil wegen des verbesserten Rechtsschutzes einen höheren Verfahrensaufwand erfordern, teilweise sind die neuen Bestimmungen aber auch auf Vereinfachung des Verfahrens und Entlastung der Gerichte angelegt. In welcher Relation sich diese Maßnahmen konkret auswirken, lässt sich im Voraus nicht zuverlässig abschätzen. Es soll daher einige Zeit nach In-Kraft-Treten eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Außerstreitverfahrens im Hinblick auf die Veränderungen in der Auslastung der Gerichte durchgeführt werden. Zugleich wird zu prüfen sein, inwieweit dem erhöhten Rechtsschutzstandard auf dem Gebiet des Gerichtsgebührenrechts Rechnung zu tragen ist.

EU-Konformität:

Vorschriften der Europäischen Union werden von diesem Gesetzentwurf nicht berührt.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Aspekte der Deregulierung:

Keine.

Kompetenz:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Zivil- und Strafrechtswesen).


Erläuterungen

A. Allgemeiner Teil

I. Reformbedarf

Als das Bundesministerium für Justiz als Titel für die Richterwoche 1995 das Schlagwort „Außerstreitverfahren - Die fällige Reform“ wählte, konterte die Lehre, dass die Reform des Außerstreitverfahrens nicht nur fällig, sondern längst überfällig sei (Rechberger, Die Anforderungen an ein neues Außerstreitverfahrensrecht, in Außerstreitreform - Ein neuer Anlauf, Veröffentlichung des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen = LBI XVI [1996], 14; Mayr, Grundlagen einer Reform des Außerstreitverfahrens, in: Außerstreitverfahren - In der Zielgeraden, LBI XX [1999] 24; Klicka, Reform als rechtspolitische Regelungsaufgabe, LBI XX, 28; vgl. Knoll, Veränderbares im Außerstreitverfahren, RZ 1995, 102; Michalek, Die notwendige Außerstreitreform, Anwaltsblatt 1997, 691). Die Ursachen dieses Reformdrucks und die Wege, auf denen ihm entsprochen werden soll, sollen eingangs dargelegt werden.

Dem in den letzten Kronländern der Donaumonarchie am 21.9.1855, also vor nahezu 145 Jahren in Kraft getretenen Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen vom 9.8.1854 blieb der Ruf nach einer Reform nicht lange erspart (Rechberger, LBI XVI, 11). Es war, wie sein Vorläufer, das Gesetz über das Verfahren bei Verlassenschafts-Abhandlungen sowie in Vormundschafts- und Kuratel-Angelegenheiten, RGBl. 1850/255, im Grunde nur eine eilige Kompilation der langjährigen Übung im Bereich des außerstreitigen Verfahrens und keineswegs das Ergebnis eines wohlüberlegten und lange durchdiskutierten Kodifikationsprozesses (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen [1998] 2 f; Mayr, LBI XX, 8 mwN). Es stammt von der grundlegenden rechtspolitischen Richtung her betrachtet aus der Zeit des Neoabsolutismus (König, Beiträge zur Entstehungsgeschichte des AußStrG 1854, RZ 1979, 50 ff; König, Die Grundlagen des österreichischen Außerstreitverfahrens, ZZP 92 [1979] 306 ff; Hagen, Zur Rolle des Richters in einem neuen Außerstreitverfahren, RZ 1995, 214, spürt darin „Josephinischen Geist“) und beschritt regelungstechnisch den Weg, dass einem überaus knappen allgemeinen Teil (19 Paragraphen) reichlich detaillierte Vorschriften über einzelne Verfahrensarten folgten.

Reformvorhaben zum Außerstreitgesetz ließen nicht lange auf sich warten; bereits 1859 wurden „zeitgemäße Verbesserungen in Gesetzgebung und Verwaltung“ angekündigt. Ein erster umfangreicher Referentenentwurf war schon 1867 entstanden, danach wandten sich aber die gesetzgeberischen Kräfte der großen Zivilprozessreform zu, die schließlich 1895 (Gesetzesbeschluss) bzw. 1898 (In-Kraft-Treten des Gesetzes) zum Abschluss kam und auch noch einige Zeit danach die Arbeitskraft der zuständigen Stellen zur „Implementierung“ des Gesetzes band. Dennoch war bereits 1902 ein Referentenentwurf eines Gesetzes über das Verfahren außer Streitsachen fertiggestellt worden (dazu ausführlich Sprung/Mayr, LBI XI, [1992] 1 ff). Dieser Entwurf konnte in der Monarchie nicht mehr verwirklicht werden, weil man ihn einerseits mit der in Vorbereitung befindlichen und sich letztlich länger hinziehenden Reform des materiellen Rechts in Einklang bringen wollte und der damalige Sektionschef Franz Klein, der Schöpfer der Zivilprozessordnung, die politische Situation für Verhandlungen über die Entwürfe nicht geeignet erachtete (Mayr, LBI XX, 14 f). Klein führte sinngemäß aus, dass die Gegensätze zwischen den Interessen der Notare und der Advokaten in diesem Gebiete größer und schärfer seien als im Prozess, und kam zum Schluss, dass er bei dieser Sachlage die Verantwortung dafür nicht übernehmen könne, dass die Einleitung von Beratungen über das Verfahren außer Streitsachen ohne Beunruhigung der Advokaten und Notare und daher ohne unerwünschte Aufregung der Öffentlichkeit und eventuell der parlamentarischen Kreise vor sich gehen werde.

Somit kam es bis heute an Änderungen nur zu einer einzigen größeren Novelle, dem BG vom 21.12.1923, BGBl. 636, betreffend die Vereinfachung des Verfahrens Außerstreitsachen, sonst zu bloßen punktuellen Anpassungen, von denen im Grunde nur die Einfügung der Hauptstücke über das Verfahren in Eheangelegenheiten und über die Bestellung der Sachwalter für behinderte Personen Erwähnung verdienen. Zu größeren Veränderungen der allgemeinen Bestimmungen des Außerstreitgesetzes führte in jüngerer Zeit die Neuregelung der Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs durch die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989 (und deren neuerliche Änderungen durch die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1997).

II. Aktuelle Reformbestrebungen

Die Bestrebungen nach einer grundlegenden Reform des Außerstreitverfahrens haben Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre eine deutliche Wiederaufnahme erfahren. Einerseits kam es zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen (Schima, Gedanken zur Ausgestaltung des Verfahrens außer Streitsachen, Festschrift Demelius [1973] 461 ua.), andererseits zur Aufnahme des Reformvorhabens in Regierungserklärungen und Arbeitsprogramme, wobei etwa bereits 1979 umfassende Reformen der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Verfahrensgesetze angekündigt und 1987 dahin konkretisiert wurden, dass die Reform des Außerstreitverfahrens die gegenwärtige Zersplitterung der Rechtslage auf diesem Gebiet beseitigen und in einem für den Bürger immer wichtiger werdenden Bereich der Rechtspflege zeitgemäße Verfahrensgrundsätze verwirklichen sollte (vgl. Regierungserklärung 1987, StenProtNR 17. GP 48; 1990, StenProtNR 18. GP 328).

Ersten Niederschlag fanden die Reformbemühungen in einem Ministerialentwurf zu einer Außerstreitverfahrensordnung aus 1985 und einem Alternativentwurf des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen im Jahre 1988. Dieser Entwurf war Ergebnis der Beratungen einer Kommission, die unter dem Vorsitz des Univ. Prof. Dr. Winfried Kralik Vertreter der Lehre (neben Kralik noch Univ.-Prof. DDr. Hans W. Fasching und Univ.-Prof. Dr. Walter H. Rechberger), der Richterschaft (Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Heinz Klinger), des Notariats (Präsident Dr. Nikolaus Michalek) und der Rechtsanwaltschaft (RA Dr. Herbert Hochegger) vereinte.

In der Folge kam es zu keiner weiteren intensiven Auseinandersetzung mit diesen Entwürfen, andere legislative Projekte traten in den Vordergrund. Erst 1994 wurden die Arbeiten an der Reform des Außerstreitverfahrens im Bundesministerium für Justiz durch den zuständigen Abteilungsleiter MR Dr. Leo Feitzinger wieder aufgenommen.

Die erwähnte Richterwoche 1995 zum Thema „Außerstreitverfahren - Die fällige Reform“ erlaubte bereits die Präsentation der Grundzüge eines neuen Außerstreitverfahrens durch MR Dr. Leo Feitzinger (Zur Entwurfsarbeit am neuen Außerstreitgesetz, BMJ, Richterwoche 1995, 61).

Nachdem sich Vertreter von Rechtsprechung und Lehre mit diesem Vorhaben auseinandergesetzt hatten, konnten auf der Richterwoche 1997 zum Thema „Das neue Außerstreitverfahren - Texte und Strukturen“ bereits ein Text des Allgemeinen Teils und Punktationen zu einem neuen Pflegschafts- und Familienrechtsverfahren sowie einem neuen Verlassenschaftsverfahren vorgestellt und diskutiert werden.

Um die Bedürfnisse der vollziehenden Rechtsberufe zu erfassen, wurden intensive Gespräche mit Vertretern der Richter, Rechtspfleger, Notare, Jugendwohlfahrtsträger und der Anwaltschaft, aber auch der Lehre geführt, die zahllose Anregungen brachten. Die Hauptlast der Arbeit am Ministerialentwurf lag bei MR Dr. Leo Feitzinger und - nach seinem krankheitsbedingten Ausscheiden - bei der Richterin des OLG Graz Dr. Maria Theresia Neuhold und dem Richter des OLG Wien Dr. Robert Fucik.

Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens wurden umfangreiche Stellungnahmen abgegeben und der Ministerialentwurf unter Bedachtnahme auf diese Äußerungen überarbeitet. Nach weiteren Gesprächen mit Vertretern der Richter, Rechtspfleger, Notare, Jugendwohlfahrtsträger und der Anwaltschaft wurde der Entwurf der Regierungsvorlage vor allem von LStA Dr. Barbara Kloiber und LStA Dr. Michael Stormann und den Mitarbeitern ihrer Abteilungen sowie RidOLG Dr. Robert Fucik fertiggestellt.

Insgesamt ist der vorliegende Entwurf ein Ergebnis vielfältiger Vorarbeiten, von denen folgende größere Veranstaltungen - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - genannt seien:

-       Bezauer Tage, Außerstreitrechtsseminar 1982 (BMJ-Schriftenreihe 9);

-       Dokumentation einer Enquete: Zur Reform des Außerstreitverfahrens 1984 (LBI II);

-       Anwaltstagung zum Außerstreitverfahren 1984 (Anwaltsblatt 1984, Sondernummer Dezember 1984);

-       Tagung der Gesellschaft zum Studium und zur Erneuerung der Struktur der Rechtsordnung 1986, zum Thema: Grundlegende Neuerungen im Außerstreitverfahren (LBI IV);

-       Richterwoche 1987 zum Thema: Das neue Außerstreitverfahren (BMJ-Schriftenreihe 42);

-       Symposium Außerstreitreform 1992 (LBI XI);

-       Richterwoche 1995 zum Thema: Außerstreitverfahren - Die fällige Reform (BMJ-Schriftenreihe 75);

-       Richterwoche 1997 zum Thema: Das neue Außerstreitverfahren - Texte und Strukturen (BMJ-Schriftenreihe 88);

-       Außerstreitreform – ein neuer Anlauf (mit einem Gutachten von Rechberger; 1996 LBl XVI);

-       Außerstreitreform – in der Zielgeraden (1999 LBl XX).

Weitere Literatur zur Reform des Außerstreitverfahrens ist etwa bei Fucik, Außerstreitgesetz2 (1998), XVIII, Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 (2000) 1 oder Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ (2000) vor Rz 1 ersichtlich.

III. Zur inhaltlichen Reformbedürftigkeit

Während zum Zivilprozessrecht, Exekutionsrecht und Insolvenzrecht - insbesondere nach den teils durchgreifenden Novellierungen des letzten Jahrzehnts - der Standpunkt vertreten wird, dass sich diese Rechtsgebiete im Wesentlichen inhaltlich und legistisch auf aktuellem Stand befinden und allenfalls nur partieller Erneuerungen und Feinabstimmungen bedürfen (Klicka, Die Reform des Außerstreitverfahrens als rechtspolitische Regelungsaufgabe, LBI XX, 27), wird das Bild im Außerstreitverfahrensrecht weitaus weniger günstig gezeichnet. So spricht etwa Klicka, LBI XX, 27, von einem „jämmerlichen Bild“ und meinen Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ (2000) Rz 3, dass das Außerstreitgesetz in keiner Weise mehr den Postulaten einer rechtsstaatlichen Verfahrensordnung nach modernem Standard entspricht; zugleich räumen diese Autoren aber doch ein, dass das Außerstreitgesetz in seiner praktischen Anwendung kaum schwerwiegende Probleme aufwerfe, weil das außerstreitige Verfahrensrecht heute weithin in hohem Maße vom Richterrecht bestimmt sei. Auch mit etwas älteren Stellungnahmen lässt sich dieser Zwiespalt charakterisieren. So hat König, ZZP 92, 308, im Anschluss an Kralik, Zur Hundertjahrfeier des Außerstreitpatentes, JBl 1954, 501, die allgemeinen Anordnungen des derzeit geltenden Außerstreitgesetzes als umfangmäßig einer Hausordnung und inhaltlich einem Weistum ähnlicher als einer ernst zu nehmenden zeitgemäßen Verfahrensregelung charakterisiert, andererseits aber die alles zusammenhaltende „dicke Kruste Richterrecht“ betont (weiterführend Mayr, LBI XX, 19 FN 86). Dieser Zwiespalt führt dazu, dass sich das österreichische Verfahren außer Streitsachen durchaus in rechtsstaatlicher Weise vollziehen lässt, weil die Rechtsprechung über die bloßen Anordnungen des Gesetzestextes hinaus rechtsstaatliche Grundsätze anwendet, die Wahrung des Rechts auf ein faires Verfahren im Sinne des Art. 6 EMRK auch im Verfahren außer Streitsachen immer mehr betont und gerade in jüngster Zeit wieder bewiesen hat, dass dieses Verfahren einer Fortentwicklung im Richterrecht gut zugänglich ist, so etwa dort, wo der Oberste Gerichtshof eine Umwürdigung von in erster Instanz unmittelbar gewonnenen Beweisen ohne Rekursverhandlung ablehnt, obwohl im Gesetz gar keine Rekursverhandlung vorgesehen ist (JBl 1996, 799 [Klicka] = ecolex 1996, 674 [Oberhammer]), eine Rekursbeantwortung verlangt (6 Ob 281/01v = ecolex 2002, 883; 7 Ob 295/02m = ZRInfo 2003/117) oder die beim Obersten Gerichtshof errichtete Oberste Rückstellungskommission die bisherige Rechtsprechung zum Fehlen der Wiederaufnahme im Außerstreitverfahren grundlegend in Zweifel zieht (JBl 1998, 731 [Klicka] = ecolex 1998, 833 [Oberhammer]). Wer daher in der rechtspolitischen Diskussion vertritt, das Verfahren außer Streitsachen habe sich bewährt, funktioniere im Wesentlichen befriedigend und werfe daher keinen dringenden Reformdruck auf, hat auf der Ebene der Vollziehung des Gesetzes durchaus die tägliche Erfahrung für sich.

Dennoch ist eine solche Sichtweise aus grundsätzlichen Überlegungen zu kurz. Rechtsstaatliche Prinzipien sind nicht dadurch zu verwirklichen, dass man sich auf die bisher bewährte Vollziehungspraxis verlässt, sondern gebieten im Interesse einer klaren, überschaubaren und allgemein verständlichen Verfahrensordnung in einem für den Rechtsalltag des Bürgers wichtigen Bereich eine grundlegende Neugestaltung.

Bis auf die neuen Vorschriften über den Zugang zum Obersten Gerichtshof betrifft dies alle Vorschriften über das erst- und zweitinstanzliche Verfahren und die Vollstreckung. Diese sind derzeit nicht befriedigend, wird doch fast die gesamte Regelungsaufgabe nicht durch das geltende Gesetz, sondern allein durch die Rechtspraxis wahrgenommen. Klicka, LBI XX, 29, fragt in diesem Sinne, wie weit die bestehende gesetzliche Situation überhaupt mit dem Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG als Ausdruck des rechtsstaatlichen Prinzips vereinbar ist, wonach die gesamte staatliche Vollziehung auf hinreichend bestimmter gesetzlicher Grundlage beruhen muss (ebenso Jelinek, Richterwoche 1995, 188). Auch bei großzügigem Verständnis des Determinierungsgebots des Art. 18 B-VG weist das geltende allgemeine Außerstreitrecht derart große Regelungsdefizite auf, dass eine gesetzliche Neuregelung notwendig ist.

Prüft man in diesem Sinne die Inhalte des gegenwärtigen Gesetzes, so vermisst man in nahezu allen Bereichen Grundsatzaussagen: Zu den Problemen, wer (als Partei) am Verfahren erster Instanz zwingend zu beteiligen ist, wem die Entscheidungen zuzustellen sind, wer sie anfechten kann, wie sich das Ermittlungsverfahren gestaltet, welche Beweismittel zulässig sind, welche Grenzen der amtswegigen Ermittlung - etwa durch Entschlagungsrechte oder Verschwiegenheitspflichten - gesetzt sind, wie die Fairness des Verfahrens in beide Richtungen gewährleistet ist, einerseits, dass niemand ohne Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs Entscheidungen gegen sich ergehen lassen muss, andererseits, dass die Verfahren in angemessener Frist ohne Duldung flagranter Verfahrensverzögerungen mangels beschleunigungstauglicher Gestaltungsbefugnisse beendet werden, wie weit die Bindung der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis an die Anträge der Parteien reicht, wie sich das Rechtsmittelverfahren gestaltet, welche Vollstreckungsmittel und welche Möglichkeiten, sich gegen voreilige Vollzugsmaßnahmen zu wehren, das Gesetz in voraussehbarer und leicht abgrenzbarer Weise gewährt, lässt - auch wenn sich zu vielen dieser Fragen von Lebensweisheit und rechtsstaatlichem Fingerspitzengefühl bestimmte Rechtsgrundsätze in der Praxis durchsetzen konnten - der Gesetzestext allein keine nachvollziehbaren und halbwegs vorhersehbaren Antworten zu.

Die Unausweichlichkeit einer grundsätzlichen Reform ist damit dargetan; der grundsätzlich bewährten Praxis des Verfahrens außer Streitsachen ist ein Gesetzestext zu unterlegen, der den modernen, nicht zuletzt durch die EMRK vorgegebenen Verfahrensstandards entspricht. Es kann im Rechtsstaat nicht angehen, dass die Rechtsunterworfenen die maßgebenden Rechtssätze nicht - wenigstens grundsätzlich - dem Text des verlautbarten Rechts entnehmen können, sondern dazu erst private Entscheidungssammlungen oder Kommentare heranziehen müssen (Schönherr, Private Gesetzesausgaben und Rechtssicherheit, ÖJZ 1982, 225 ff).

IV. Grundlagen eines neuen Außerstreitgesetzes

A. Terminologisches

1.      Zur Bezeichnung der Verfahrensart

Während sich in Deutschland für den hier genannten Bereich die Bezeichnung „freiwillige Gerichtsbarkeit“ etabliert hat, lautet die österreichische Bezeichnung „Verfahren außer Streitsachen“. Die Kurzformel „Außerstreitverfahren“ ist zwar ebenfalls gebräuchlich, verdunkelt aber Herkunft und Sinne der Verfahrensbezeichnung. „Streitsache“ ist ein altes, sonst nicht mehr gebräuchliches Synonym für Zivilprozess. Somit regelt das Gesetz über das Verfahren außer Streitsachen alle (Erkenntnis-)Verfahren des Zivilrechts, die nicht „Streitsache“ (= Zivilprozess) sind, also alle Verfahren „außer“ dem (= mit Ausnahme des) Zivilprozess(es). Keine andere Bezeichnung ist auch in der Lage, das Grundproblem der so genannten Materiediskussion, also die Frage, welche Angelegenheiten im Verfahren außer Streitsachen und welche im Zivilprozess zu vollziehen sind, so deutlich auf den Punkt zu bringen. Das Verfahren außer Streitsachen ist Sammelbecken für alle Verfahren, die aus den unterschiedlichsten Gründen nicht dem Zivilprozess zugewiesen werden.

2.      Zum Gesetzestitel

Während der Ministerialentwurf der 80er Jahre von der Bezeichnung Außerstreitverfahrensordnung ausging, kehrt der vorliegende Gesetzentwurf zur bewährten Bezeichnung Außerstreitgesetz zurück. Dies hat vor allem zwei Gründe: Einerseits soll damit die inhaltliche Kontinuität betont werden, andererseits hat der alte Kurztitel AußStrG seinen unverkennbaren Platz und ist einer Abkürzung „ASVO“ jedenfalls in einer Rechtsordnung vorzuziehen, die bereits mit einem ASVG und einem AVG versehen ist.

B. Das Verhältnis vom Außerstreitgesetz zur Zivilprozessordnung

Ein wesentlicher Wandel in der Funktion des Verfahrens außer Streitsachen liegt darin, dass es in der Zeit seines In-Kraft-Tretens nach der maßgeblichen Meinung der Prozesswissenschaft als eine Art vorgeschaltetes friedensrichterliches Verfahren gedacht war, dessen Anordnungen insoweit provisorisch waren, als sie durch einen nachfolgenden Zivilprozess im Ergebnis rückgängig gemacht werden konnten. In diesem Sinne enthält auch das geltende Gesetzesrecht noch die Bestimmungen über die Verweisung auf den Zivilrechtsweg (§ 2 Abs. 2 Z 7 AußStrG-aF) und über den Vorbehalt des Rechtswegs (§ 18 AußStrG-aF), obwohl sich mittlerweile ein grundsätzlicher Bedeutungswandel ereignet hat. Heutzutage versteht man Verfahren außer Streitsachen und Zivilprozess nicht mehr als einander in derselben Sache nachfolgende Verfahren, deren erstes nur dann Bestand haben soll, wenn sich die Parteien damit zufrieden geben, sondern als zwei voneinander unabhängige, nebeneinander laufende Zweige des zivilgerichtlichen Erkenntnisverfahrens. Ein Anspruch ist entweder im Zivilprozess oder im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen, dessen endgültige Entscheidungen den gleichen Bestand haben wie die Urteile und sonstigen Endentscheidungen des Zivilprozesses (es sei denn, der Verfahrensgegenstand wäre - wie im Grundbuchsverfahren - auf eine bloße Registrierung unbeschadet der tatsächlichen materiellen Rechtslage beschränkt).

Aus diesem grundsätzlichen Verständnis des Verhältnisses vom Verfahren außer Streitsachen zum Zivilprozess lassen sich einige weitere legislative Konsequenzen unmittelbar ableiten: Zum einen die unbedingte Notwendigkeit, das Außerstreitverfahren mit funktionsgleichen Verfahrensgarantien zu versehen wie den Zivilprozess; zum anderen die Aufgabe, die Trennlinien schärfer zu ziehen als bisher, was sich etwa bei der Frage nach der Abgrenzung streitiger und außerstreitiger Verfahren im Miteigentumsverhältnis, im Unterhaltsbereich oder im Erbrechtsstreit auswirken soll. Jedenfalls erklärt diese Betrachtungsweise, die keinesfalls ein rechtspolitisch neu beschrittener Weg ist, sondern nur die Rechtsentwicklung der letzten 50 Jahre nachvollzieht, das Erfordernis eingehenderer gesetzlicher Regelung des Verfahrens außer Streitsachen.

C. Die leitenden Verfahrensgrundsätze

Vor allem Hagen (RZ 1995, 216 ff) hat betont, dass Voraussetzung für eine konkrete Verfahrensgestaltung die Grundentscheidung ist, welche institutionellen Verfahrenszwecke angenommen werden, mit anderen Worten, wozu das jeweilige Verfahren dient und was seine Ergebnisse leisten sollen.

In dieser Hinsicht hat sich in den letzten Jahren ein Rollenbild des Außerstreitrichters und -rechtspflegers entwickelt, wonach es spezifische Aufgaben sind, die das Verfahren außer Streitsachen vom Zivilprozess unterscheiden: Ausgangspunkt ist grundsätzlich nicht die - im Interesse der Allgemeinheit ebenso wie der Parteien möglichst rasche und kostengünstige - Erledigung eines einzelnen Rechtsstreits zwischen zwei Parteien, sondern die Gestaltung von Rechtsbeziehungen mit eher dauerhaftem Charakter, die sich meist zwischen Personen darstellen, die auch weiterhin „miteinander leben müssen“, wobei dieses Aufeinander-angewiesen-Sein nicht etwa aus bloßen Tatsachen, wie einer wirtschaftlichen Marktsituation oder geographischen Nähe, sondern aus den spezifischen Rechtsbeziehungen entspringt, sei es aus dem Ehe- und Familienrecht, sei es aus dem Erbrecht oder aus der Eigentumsgemeinschaft. Naturgemäß deckt eine solche Betrachtungsweise nicht alle Materien ab, die (nicht in den Zivilprozess, sondern) in das Verfahren außer Streitsachen verwiesen sind. Manche dieser Bereiche können aus der Verfahrensstruktur heraus nicht dem Zivilprozess überlassen werden, weil sie in dessen strenges Zweiparteienkonzept nicht passen, wobei die Palette von den Registerverfahren bis in die gestaltenden Mehrparteienverfahren des außerstreitigen Miet- und Wohnungseigentumsverfahrens reicht. Prinzipiell ist es aber die zukunftsweisende, gewissermaßen „friedensrichterliche“ Fürsorgekomponente (oder - um einen modernen Ausdruck zu verwenden - Lebenshilfe), die das Hauptcharakteristikum eines Verfahrens außer Streitsachen ausmacht. Daran lassen sich dann auch weitere Verfahrensgrundsätze, die sich vom Zivilprozess unterscheiden, messen und anknüpfen: größere Flexibilität, geringere Formstrenge, Hilfeorientiertheit, Betonung einer gemeinsamen Verantwortung des Gerichtes und der Parteien für ein möglichst gründliches aber auch möglichst rasches Verfahren, Betonung der selbstverantwortlichen Lösung des Konflikts durch die Parteien, sei es verfahrensintern (insbesondere durch Vergleich), sei es verfahrensextern durch andere Wege selbstverantwortlicher Konfliktlösung, wie etwa Mediation oder rechtliche, soziale, psychologische Beratungsinstrumente (vgl. Böhm, Außergerichtliche Streitschlichtung - Zivilrecht, in Mayr, Öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten [1999] LBI XXIII, 109).

Diese Grundüberlegungen sollen an Hand einzelner Verfahrensgrundsätze im Folgenden kurz abgeklärt werden:

1.       Verfahrenseinleitung von Amts wegen oder auf Antrag

Im weitesten Sinne rechtsfürsorgende Regelungsaufgaben der Zivilgerichtsbarkeit zwingen zu einer grundsätzlichen Möglichkeit, Verfahren bestimmter Art (nur oder auch) von Amts wegen einleiten zu können: Dies betrifft vor allem gewisse Verfahren des Kindschaftsrechts, wie die Betrauung mit der Obsorge wegen Gefährdung des Kindeswohls oder Auflösung der bisherigen Betreuungssituation, Bestellung eines Sachwalters für behinderte Personen, Unterbringung gefährlicher psychisch Kranker, erste Sichtung und Rechtsvorsorge nach dem Tod einer Person (Verlassenschaftsverfahren). Zwingende strukturelle Folge davon ist freilich, dass Bestimmungen über die strikte Antragsbindung, das Verschlechterungsverbot im Rechtsmittelverfahren und die Teilrechtskraft im Verfahren außer Streitsachen anders geregelt werden müssen als im Zivilprozess.

Darüber hinaus sind noch Regeln aufzustellen, die die Bestimmtheit von Anträgen betreffen, wo selbst in reinen Antragsverfahren keine Notwendigkeit besteht, gleich zwingend wie im Zivilprozess von Anfang an vollkommen bestimmte (bei Geldzahlungsbegehren sogar ziffernmäßig bestimmte) Begehren zu fordern (vgl. Rechberger, LBI XVI, 42 f).

2.       Verfahrensgestaltung hinsichtlich der Gewinnung des Prozessstoffs

In jenen Verfahren, die nicht nur auf Antrag eingeleitet werden können, leuchtet von selbst ein, dass eine Verfahrensgestaltung, die die Aufnahme von Beweisen von Anträgen der Parteien abhängig machen würde, schlechthin abwegig ist. Da aber auch in vielen Antragsverfahren das Interesse der Allgemeinheit oder der Schutz einer besonders schutzbedürftigen (§ 21 ABGB) Partei im Vordergrund steht, muss auch im weitestmöglichen Ausmaß Untersuchungsgrundsatz herrschen, das heißt eine grundsätzliche Pflicht des Gerichtes vorgesehen werden, alle für seine Entscheidung erforderlichen Umstände von Amts wegen und unabhängig von einem Beweisantrag zu ermitteln. Freilich hat der Untersuchungsgrundsatz Grenzen, besteht doch ein faires Verfahren nicht darin, bis in alle Ewigkeit mögliche Ermittlungsergebnisse zu sammeln, sondern es muss eine Verfahrensbeendigung in angemessener Frist möglich sein. Dies führt dazu, dass auch - durch deutliche Statuierung einer Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht - die Verantwortung der Parteien für die rasche und gründliche Sachverhaltsermittlung hervorgekehrt wird. Nur ein gezieltes Vorgehen sowohl der Parteien als auch des Gerichtes garantiert - in den allgemeinen Grenzen der menschlichen Erkenntnis und eines ökonomisch vertretbaren Aufwands - die Erforschung der materiellen Wahrheit (vgl. Rechberger, LBI XVI, 40 ff).

Damit geht einher, dass der Entwurf weitestgehend die Einführung von Verfahrensformalitäten vermeidet. Grundsätzlich soll der entscheidende Richter oder Rechtspfleger (aber auch der Gerichtskommissär in seinem Aufgabenbereich) bei der Verfahrensgestaltung möglichst frei sein. Die Vielzahl der Außerstreitmaterien, das Geflecht der dabei zu berücksichtigenden Regelungsaufgaben und Beziehungen gestattet viel weniger als der weitgehend formalisierbare Zivilprozess eine Ausrichtung der Verfahrensgestaltung an einem Regelfall, sondern gebietet möglichst flexible Verfahrensgestaltung, um dem Einzelfall gerecht werden zu können.

Aus den gleichen Erwägungen soll die strikte Einführung eines Unmittelbarkeitsgrundsatzes vermieden werden; seine grundsätzliche große Bedeutung für eine lebensnahe Beweiswürdigung und rasche und gründliche Gesetzesvollziehung soll dabei weder verkannt (s. etwa Rechberger, LBI XVI, 44) noch wegdiskutiert werden, doch handelt es sich beim Unmittelbarkeitsgrundsatz um einen Grundsatz, der zahlreiche Ausnahmen fordert, schon im Zivilprozess keinesfalls uneingeschränkt verwirklicht werden kann und daher im Außerstreitverfahren nicht mehr als eine gewisse Leitlinie bieten kann, die etwa eine Umwürdigung von in erster Instanz unmittelbar gewonnenen Beweisergebnissen ohne neuerliche unmittelbare Beweisaufnahme verbieten muss, vor allem in erster Instanz aber nicht als starres Grundprinzip, sondern nur als Leitlinie für eine möglichst sachnahe und sachrichtige Verfahrensgestaltung Geltung beanspruchen darf.

3.       Hilfeorientiertheit und Beschleunigung

Ein besonderes Spannungsfeld erzeugt die - Rechtsfürsorge herausstreichende - Hilfeorientiertheit des Verfahrens, die verhindern soll, dass reine Formalitäten einen Verfahrensverlust bewirken können, weshalb jedenfalls der Standard des arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahrens betreffend Bestimmtheit des Begehrens und Anleitungspflicht nicht unterschritten werden darf. Doch ist die Kollision einer solchen Hilfeorientiertheit mit der Sorge um ein rasches Verfahren nicht zu leugnen: Je mehr einer Partei entgegengekommen wird, umso eher kann sie es erreichen, dass berechtigte Anliegen der anderen Partei verschleppt oder sogar vereitelt werden. Insoweit sind gerade auch in einem Verfahren außer Streitsachen, wo es etwa um die Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder geht, Beschleunigungsmaßnahmen unerlässlich (vgl. Rechberger, LBI XVI, 45 ff).

4.      Grundsatz des rechtlichen Gehörs

Unverzichtbar ist in jedem Fall die Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs. Gerade hier sind auch in der Vollziehung (und nicht nur in der Textierung) des alten Außerstreitgesetzes manchmal bedenkliche Vorgänge zu erkennen gewesen, etwa in Bereichen, in denen eine Partei nicht mit Beweisergebnissen konfrontiert wurde, deren Bekämpfung nach Entscheidungsfällung naturgemäß größeren rechtlichen und psychologischen Hemmnissen unterliegt als ein Vorbringen in erster Instanz. Eine deutlichere und striktere Verankerung des rechtlichen Gehörs ist daher unabdingbar - so sehr sie auch mit einem Mehraufwand und einem Verlust von Beschleunigungsmöglichkeiten, die aber eben nicht mehr im Sinne eines rechtsstaatlichen Verfahrens tolerierbar sind, einhergehen muss. In diesem Sinne sind etwa zusätzliche Bestimmungen über Verständigungen und selbständige Verfahrensrechte im Pflegschaftsverfahren oder bei der Beendigung eines Verlassenschaftsverfahrens ohne Abhandlung und Einantwortung zu verstehen.

5.      Weitere Unterschiede zum Zivilprozess

Mannigfaltige Materien des Außerstreitverfahrens lassen eine mündliche Verhandlung sinnlos erscheinen; in anderen Verfahrensarten scheint die mündliche Verhandlung prinzipiell vernünftig, eine zwingende Anordnung in jedem Fall dagegen problematisch. Der Entwurf verzichtet daher - wo auch immer das möglich ist - auf die Normierung einer zwingenden mündlichen Verhandlung. Während also die zivilprozessuale Regel ist, dass eine Endentscheidung ohne mündliche Verhandlung - mit wenigen Ausnahmen - undenkbar ist, ist im Bereich der Verfahren außer Streitsachen die zwingende mündliche Verhandlung Ausnahme. Selbstverständlich ist es aber in keiner Verfahrensart verboten, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen; teilweise wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung schon durch Art. 6 EMRK geboten sein. Die Entscheidung hierüber liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Entscheidungsorgans.

Auch bei der (Volks-)Öffentlichkeit sind gegenüber dem Zivilprozess andere Akzente zu setzen; viele Bereiche des Verfahrens außer Streitsachen betreffen höchstpersönliche, sensible und der Berücksichtigung von Geheimhaltungsinteressen besonders bedürftige Rechtsbereiche.

Weiters sind Unterschiede in der Vertretungspflicht und in der Frage des Kostenersatzes zu machen. Zwar wird in manchen Bereichen des Verfahrens außer Streitsachen insoweit eine Unterscheidung vom Zivilprozess nicht immer geboten sein, doch ist gerade bei der Einführung eines Vertretungszwanges oder einer Kostenersatzpflicht im Allgemeinen besondere rechtspolitische Vorsicht geboten und mit Augenmaß vorzugehen.

D. Gesetzestechnik

1.      Ein Allgemeiner Teil für alle Verfahren außer Streitsachen

Obwohl innerhalb der Verfahren außer Streitsachen verschiedenste Differenzierungen anerkannt sind, die den Einzelcharakter der „heterogenen“ Verfahren aus dem „Fundus der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (Rechberger, LBI XVI, 20) jeweils hervorheben können - man denke nur an die Unterscheidungen in Amts- und Antragsverfahren, in Ein-, Zwei- und Mehrparteienverfahren, in „echte Streitsachen“ und Rechtsfürsorgeverfahren -, ist doch keine dieser Differenzierungen geeignet, derart grundlegende Unterschiede zu den anderen Verfahren außer Streitsachen in so vielen Einzelfragen aufzuwerfen, dass nicht dennoch ein einheitlicher Allgemeiner Teil möglich und wünschenswert wäre (Rechberger, LBI XVI, 20). Dennoch erforderliche Differenzierungen schränken sich auf punktuelle Regelungsbereiche ein, etwa Ruhen, Vergleich, Kosten uä.

2.       Globalverweisung auf den Zivilprozess?

Die meisten Entwurfsvorarbeiten haben eine Generalverweisung auf die Zivilprozessordnung vorgesehen, also bestimmt, dass dort, wo nichts anderes angeordnet ist, die Vorschriften der Zivilprozessordnung zu gelten hätten. Auch in diesem Bereich ist die Grundsatzentscheidung, dass das Außerstreitgesetz eigenständig und gleichberechtigt neben der Zivilprozessordnung steht, ein wesentliches Argument dafür, eine solche subsidiäre Anwendung der Zivilprozessordnung nicht vorzusehen. Naturgemäß gibt es mehr technische Bereiche des Zivilverfahrensrechts, die in der jüngeren Lehre oft als Prozessbausteine bezeichnet werden, bei denen eine Doppelnormierung Nachteile brächte. Insoweit, also in diesen Sektoren, ist eine Verweisung auf die Zivilprozessordnung durchaus angebracht.

Im Allgemeinen soll aber der Entwurf deutlich ausdrücken, dass er eine eigenständige Verfahrensordnung ist, die in so vielen grundsätzlichen Wertentscheidungen von der Zivilprozessordnung abweicht, dass ein Generalverweis weder sachlich noch technisch gerechtfertigt ist.

Ausgehend von dieser Grundsatzentscheidung werden daher nur einige Bereiche und Institute der ZPO durch Verweisung dort übernommen, wo ein Auseinanderklaffen der beiden großen Zivilverfahren weder notwendig noch nützlich ist. Dabei wurde folgende Verweisungstechnik gewählt: wird im Allgemeinen Teil des Außerstreitgesetzes auf verfahrensrechtliche Institute der ZPO (zB Wiedereinsetzung) verwiesen, so soll damit grundsätzlich nur auf das Rechtsinstitut und die dort – in Abweichung von den allgemeinen Regeln der ZPO – festgelegten Sondervorschriften (zB hinsichtlich Fristen, Kosten, Anfechtbarkeit, usw.) als lex specialis verwiesen werden, nicht jedoch auch auf die allgemeinen Regeln der ZPO in diesem Bereich. Für das Beispiel der Wiedereinsetzung bedeutet dies, dass zwar die Rechtsmittelbeschränkung des § 153 ZPO gilt, nicht jedoch die allgemeine Regel des § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO, wonach gegen bestätigende Entscheidungen der zweiten Instanz über die Verweigerung der Wiedereinsetzung ein Revisionsrekurs unzulässig ist.

Selbstverständlich und daher nicht ausdrücklich festzuschreiben ist, dass sämtliche Verweise immer im Lichte der Grundsätze des Allgemeinen Teils des Außerstreitgesetzes zu sehen und entsprechend auszulegen sind.

3.       Kodifizierung bewährter Verfahrensgrundsätze

Mehrfach wurde bereits betont, dass die Praxis (die „dicke Kruste Richterrecht“, die sich um das alte Außerstreitgesetz gelegt hat) regelmäßig keinen rechtsstaatlichen Bedenken begegnet und sich gut bewährt hat. Diese gefestigten und allseits praktizierten Maximen sollen keineswegs aufgegeben, sondern im Gesetz festgeschrieben werden. Mit dem neuen Außerstreitgesetz soll also das Rad gewissermaßen nicht neu erfunden werden.

In vielen Bereichen soll daher das, was man als „praktizierte Vernunft“ befinden konnte, zur „kodifizierten Vernunft“ werden. Damit ändert sich zwar das Textmaterial enorm, nicht aber die bisher bewährte Praxis. Was bisher Erfahrung, Vorbildfunktion, Vorgaben durch Rekursentscheidungen oder auch Gewohnheit schien, soll nunmehr in den Gesetzestext einfließen. Dabei die rechte Grenze zwischen rechtsstaatlich notwendiger Festschreibung und Erhaltung der nötigen Flexibilität auch für künftige Entwicklungen zu wahren, scheint eine der wichtigsten, aber auch anspruchsvollsten Aufgaben des Entwurfs zu sein.

V. Wesentliche Neuerungen im Allgemeinen Teil

Die wesentlichsten Neuerungen des Entwurfs gegenüber dem Außerstreitgesetz 1854 sollen im Folgenden kurz dargestellt werden. Im Übrigen darf auf den Besonderen Teil der Erläuterungen verwiesen werden.

1. Neu umschrieben wurde der Parteibegriff. Eine solche Umschreibung fehlt dem derzeitigen Außerstreitgesetz. Anders als im Zivilprozess kann hier der rein formelle Parteibegriff nicht genügen, es müssen auch Komponenten einer materiellen Begriffsbestimmung aufgenommen werden. Mit der Umschreibung des Parteibegriffs wird der Versuch unternommen, dadurch einen Beitrag zur Verfahrensbeschleunigung zu leisten, dass jene Verfahren möglichst vermieden werden sollen, die sich nur mit der Klärung der Parteistellung befassen. Es wird daher sowohl auf die formale Parteistellung (§ 2 Abs. 1 Z 1 und 2) als auch auf die materielle Parteistellung (§ 2 Abs. 1 Z 3) Bedacht genommen. Außerdem findet sich eine Regelung über die so genannten Amtsparteien und die Klarstellung, dass in jenen Fällen, in denen nur eine „Anregung“ in Betracht kommt, eine Parteistellung nicht gegeben ist. Zu denken ist etwa an eine „Anregung“ eines Dritten, einen Sachwalter für eine behinderte Person zu bestellen.

2. Eine Präzisierung des Antrags soll auch in Hinkunft nicht erforderlich sein. Es soll ausreichen, wenn der Antrag hinreichend erkennen lässt, welche Entscheidung der Antragsteller anstrebt und aus welchem Sachverhalt er diese ableitet.

Besonderes soll gelten, wenn ausschließlich eine Geldleistung, etwa eine Unterhaltsleistung, begehrt wird. Es soll zwar zulässig sein, bei der Antragstellung keine ziffernmäßig bestimmte Höhe eines Begehrens anzugeben, sobald aber die Verfahrensergebnisse in der Folge eine ziffernmäßige Präzisierung des Begehrens zulassen, soll die Partei vom Gericht unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern sein, ihr Begehren ziffernmäßig zu präzisieren. Kommt eine Partei einer derartigen Aufforderung nicht nach, so ist ihr Antrag zurückzuweisen.

Damit aber eine solche Aufforderung zur Präzisierung des Begehrens diese Rechtsfolge auch nach sich ziehen kann, hat die Aufforderung den Hinweis zu enthalten, dass der Antrag zurückgewiesen wird, wenn die Präzisierung unterbleibt.

Diese Lösung trägt einem auch von der Richterschaft geäußerten Wunsch Rechnung und bildet für die Partei keine besondere Erschwernis. Es ist nicht zu verkennen, dass besonders in Unterhaltsangelegenheiten bei Antragstellung ein ziffernmäßig bestimmtes Begehren schwierig zu stellen ist, weil die Einkommensverhältnisse des Antragsgegners häufig unbekannt sind. Sind diese aber bekannt geworden, so gibt es keinen gewichtigen Grund mehr, warum von der Partei nicht eine ziffernmäßig präzise Angabe des Begehrens gefordert werden sollte.

3. In Anlehnung an das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz wurde eine besondere richterliche Anleitungs- und Belehrungspflicht festgeschrieben. Eine solche Anleitung und Belehrung der Parteien wird ohnehin heute von Richtern und Rechtspflegern in der Praxis gehandhabt. Die Festschreibung einer solchen allgemeinen Regelung im Gesetz ist aber aus der Sicht der Modernisierung des Außerstreitverfahrens und der damit angestrebten Verbesserung des Zugangs zum Recht eine wesentliche Voraussetzung.

4. Ausdrücklich festgeschrieben wird die Sicherstellung des rechtlichen Gehörs. Zwar werden wie bisher keine starren Verfahrensregeln vorgesehen, insbesondere wird die Abhaltung von Tagsatzungen nicht zwingend angeordnet, dennoch sind geeignete Regelungen zu suchen, die das rechtliche Gehör im Sinne des Art. 6 EMRK sicherstellen. Dabei ist freilich nicht aus dem Auge zu verlieren, dass auch das neue Außerstreitverfahren dem Anliegen nach einer Verfahrenskonzentration und Verfahrensbeschleunigung gerecht werden soll. Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs ist eine Regelung unumgänglich, wonach den Parteien Gelegenheit zu geben ist, über den Anlass und den Inhalt eines amtswegig eingeleiteten Verfahrens sowie die gerichtlichen Erhebungen Kenntnis zu erhalten und dazu Stellung zu nehmen. Gleiches gilt für Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden können, hinsichtlich der Anträge und Vorbringen der anderen Parteien sowie des Inhalts der gerichtlichen Erhebungen.

Die Art und der Zeitpunkt der Einräumung des rechtlichen Gehörs werden nicht strikt vorgeschrieben, sondern dem gebundenen Ermessen der Richter und Rechtspfleger im Rahmen der freien Verfahrensgestaltung überantwortet. Denkbar wäre etwa die Nutzbarmachung der Säumnisregelung nach § 17, die Abhaltung einer Tagsatzung mit allen Parteien oder die Aufforderung an die Parteien, Akteneinsicht zu nehmen und sich zum Inhalt der gerichtlichen Erhebungen zu äußern.

Damit im Zusammenhang steht auch die Einführung der generellen Zweiseitigkeit des Rechtsmittels gegen Entscheidungen über die Sache sowohl in zweiter als auch in dritter Instanz.

5. Nach der derzeitigen Rechtslage besteht im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich keine Vertretungspflicht. Nur punktuell im Verfahren über die Scheidung im Einvernehmen und über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie die Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen besteht relative Anwaltspflicht.

Im Hinblick auf die geringeren Präzisierungsanforderungen eines Antrags und die Erweiterung der richterlichen Anleitungs- und Belehrungspflicht wird für die erst- und zweitinstanzlichen Verfahren auch weiterhin grundsätzlich keine absolute, in zweiter Instanz wohl aber eine relative Vertretungspflicht vorgesehen.

Im Revisionsrekursverfahren, also dem Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof, einschließlich der Zulassungsvorstellung, wird aus Gründen des Rechtsschutzes grundsätzlich eine absolute Vertretungspflicht vorgeschlagen. Die Ausführungen zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses, die eine eingehende Kenntnis der höchstgerichtlichen Rechtsprechung voraussetzen, sind einer unvertretenen Partei kaum zumutbar. Ein Laie wird wohl regelmäßig überfordert sein, wenn er begründen soll, dass eine seinem Anliegen nicht entsprechende Entscheidung der zweiten Instanz von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist oder eine solche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt oder uneinheitlich ist. Die durch die Wertgrenzen-Novelle 1997 eingeführten zusätzlichen Kautelen, insbesondere der Antrag nach § 14a Außerstreitgesetz (Zulassungsvorstellung), haben die Komplexität des Revisionsrekursverfahrens noch weiter verstärkt, sodass die Vertretungspflicht in dritter Instanz gerechtfertigt erscheint.

Notare können nach der derzeitigen Rechtslage nach § 5 Abs. 1 NO im Verfahren außer Streitsachen uneingeschränkt als Parteienvertreter einschreiten. Im Rahmen des § 5 Abs. 2 NO können sie dies in Zivilprozessen vor dem Bezirksgericht dann, wenn am Kanzleisitz des Notars nicht zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben und der Notar vor dem Bezirksgericht vertritt, von dem er als Gerichtskommissär nach § 4 GKoärG herangezogen wird.

Im Hinblick auf diese Rechtslage und die besonders starke Präsenz der Notare als Parteienvertreter in den „nicht streitigen“ Außerstreitverfahren, wie vor allem im Verlassenschaftsverfahren, im Grundbuch- und Firmenbuchverfahren sowie bei pflegschaftsgerichtlichen Genehmigungsverfahren, aber auch bei einer Adoption und im Bereich der Sachwalterschaft kann bei Einführung einer Vertretungspflicht im Allgemeinen Teil für diese Verfahrensarten nicht bloß eine Vertretungspflicht durch Rechtsanwälte allein vorgesehen werden; an der geltenden Rechtslage, die im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich in allen Instanzen die Vertretung durch Rechtsanwälte oder Notare erlaubt, soll sich für diese Verfahrensarten nichts ändern, soweit in besonderen Verfahrensvorschriften nichts anderes angeordnet ist. Damit erfahren die Aufgabenkreise beider Rechtsberufe in der Praxis keine wesentliche Veränderung gegenüber der derzeit geltenden Rechtslage, zumal Notare auch derzeit nach § 5 Abs. 1 NO im Verfahren außer Streitsachen in der Regel nur in diesen Verfahrensarten in allen Verfahrensabschnitten als Parteienvertreter einschreiten.

Da der Entwurf von dem Grundgedanken getragen ist, Bewährtes grundsätzlich beizubehalten, wurden auch die derzeit bestehenden reinen Anwaltspflichten im Entwurf beibehalten. In den Verfahren über die Scheidung im Einvernehmen und die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie über die Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen gilt jeweils relative Anwaltspflicht. Die Rechtslage ist umso mehr in jenen Bereichen beizubehalten, die vom Zivilprozess in das Verfahren außer Streitsachen überstellt werden, also beim Volljährigen-Unterhalt und im Abstammungsverfahren. Verfahrenshandlungen zur Feststellung des Erbrechts sind generell der relativen, bei einem 4 000 Euro übersteigenden Wert (somit der Wertgrenze der ZPO entsprechend) sogar der absoluten Anwaltspflicht unterworfen.

Allerdings hält der Entwurf am Erfordernis, dass am Gerichtsort wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Kanzleisitz haben müssen, nicht mehr fest. Die in der Praxis gewonnene Erfahrung hat gezeigt, dass eine uneingeschränkte relative Anwaltspflicht dem Rechtsschutz eher dienlich ist. Ein zwingender Grund für die Beibehaltung dieser Einschränkung lag nicht vor, sodass sie aufzugeben war.

Notare können nach dem Entwurf in den Fällen der reinen Anwaltspflicht, sei es nun eine relative oder absolute Anwaltspflicht, nur unter den sehr eingeschränkten Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 NO vertreten.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die mit § 6a GkoärG nunmehr verschärften Unvereinbarkeitsbestimmungen für Notare im Zusammenhang mit dem Verlassenschaftsverfahren, die in der Praxis sehr häufig eine Vertretung durch die im § 6a Abs. 1 und 2 leg. cit. genannten Personen ausschließen werden (vgl. die vorgeschlagenen Änderungen im Außerstreit-Begleitgesetz).

6. Am Vorbild des Sachwalterbestellungsverfahrens orientiert sich die Regelung über die Volksöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung. Die Öffentlichkeit ist aber auf Antrag einer Partei aus berücksichtigungswürdigen Gründen auszuschließen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Tatsachen des Familienlebens erörtert werden sollen.

Trotzdem soll aber einer Partei gestattet werden, dass außer ihr und ihrem Vertreter auch einer Person ihres Vertrauens die Anwesenheit bei der Tagsatzung erlaubt wird.

Bei nicht öffentlichen Einvernahmen besteht im Ergebnis Parteienöffentlichkeit (freilich ohne Verpflichtung zur Ladung der Parteien). Eine Partei kann aber in Verfahren, die einen Pflegebefohlenen betreffen, dann von einer nicht öffentlichen Einvernahme ausgeschlossen werden, wenn sonst die Sachverhaltserhebungen erheblich erschwert oder das Wohl des Pflegebefohlenen gefährdet würde.

7. Festgehalten wird zwar am Grundsatz der amtswegigen Sachverhaltserhebung, den Parteien werden aber entsprechende Mitwirkungspflichten auferlegt. Parteien sind daher verpflichtet, alle ihnen bekannten und für die Entscheidung des Gerichtes maßgebenden Tatsachen und Beweise vollständig und wahrheitsgemäß vorzubringen bzw. anzubieten. Das Gericht soll umgekehrt nicht erwiesene Tatsachen unberücksichtigt lassen und von der Aufnahme von Beweisen Abstand nehmen können, wenn eine Partei solche Tatsachen oder Beweise verspätet vorgebracht bzw. angeboten hat, kein Zweifel daran besteht, dass die Partei das Verfahren damit verschleppen will und eine objektive Verzögerung des Verfahrens entstünde.

Unter den Gesichtspunkten der Verfahrensbeschleunigung und der Verfahrenskonzentration wurden die Säumnisfolgen des geltenden § 185 Abs. 3 Außerstreitgesetz zu einer für alle Verfahren außer Streitsachen gültigen Säumnisregel verallgemeinert.

Diese Säumnisregelung ermöglicht es, eine Partei unter Setzung einer angemessenen Frist aufzufordern, sich zum Antrag einer anderen Partei oder zum Inhalt von Erhebungen zu äußern oder die Partei zu diesem Zweck zu einer Vernehmung oder Tagsatzung zu laden. Lässt sie die Frist ungenützt verstreichen bzw. leistet sie der Ladung keine Folge, so soll der Richter oder der Rechtspfleger annehmen können, dass keine Einwendungen gegen eine Entscheidung auf der Grundlage des bekanntgegebenen Inhalts der Erhebungen erhoben werden. Eine solche Aufforderung zur Äußerung oder eine solche Ladung zur Vernehmung oder Tagsatzung muss zu eigenen Handen zugestellt werden und einen Hinweis auf die Säumnisfolgen enthalten. Diese Säumnisregel soll ganz allgemein zu einer wesentlichen Verfahrensbeschleunigung führen.

8. Hinsichtlich der bisher im Außerstreitgesetz weitgehend fehlenden Regelungen über Protokolle, Akten und die Sitzungspolizei, die Verfahrenshilfe, die Fristen sowie die Zustellung wird auf die Bestimmungen der ZPO verwiesen, weil ein Bedarf nach autonomen Sonderregeln im Verfahren außer Streitsachen nicht besteht und die Bestimmungen der Zivilprozessordnung ohne Probleme angewendet werden können. Ähnliches gilt für die Bestimmungen über die Beweise.

9. Neu im Verfahren außer Streitsachen ist nunmehr auch die Möglichkeit einer Unterbrechung und eines Ruhens des Verfahrens.

Die Gründe für die Unterbrechung des Verfahrens orientieren sich weitgehend an den Unterbrechungsgründen der Zivilprozessordnung, auch die Wirkungen der Unterbrechung wurden vergleichbar mit der Zivilprozessordnung geregelt. Dies bedeutet vor allem, dass Fristen, auch Notfristen nach der Fortsetzung des Verfahrens von neuem zu laufen beginnen. Verfahrenshandlungen sollen während der Unterbrechung nur dann vorgenommen werden, wenn sie dringend geboten sind.

Dem Rechtsinstitut des Ruhens des Verfahrens wird in der Praxis größere Bedeutung als der Unterbrechung zukommen. Nach dieser Bestimmung soll sowohl in Verfahren, die nur auf Antrag eingeleitet werden können, als auch in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, eine Vereinbarung des Ruhens zulässig sein. Eine solche Vereinbarung ist von allen Verfahrensparteien dem Gericht anzuzeigen; mit dem Zeitpunkt des Einlangens der Ruhensanzeige bei Gericht tritt das Ruhen des Verfahrens ein.

In Verfahren, die nur auf Antrag und nicht auch von Amts wegen eingeleitet werden können, ist ein Ruhen des Verfahrens auch dann möglich, wenn keine der beteiligten Parteien zu einer mündlichen Verhandlung oder Tagsatzung erscheint, zu der alle Parteien mit dem Hinweis geladen worden sind, dass bei Ausbleiben aller Parteien ein Ruhen des Verfahrens eintritt, oder die erschienenen Parteien erklären, nicht verhandeln zu wollen.

Die Ruhensfrist beträgt - wie in der Zivilprozessordnung - drei Monate. Das Verfahren ist nach Ablauf der Ruhensfrist auf Antrag einer Partei wieder fortzusetzen. Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, kann das Gericht auch von Amts wegen wieder aufnehmen; wenn dies vor Ablauf der Drei-Monats-Frist wegen Gefährdung der Belange einer Partei oder der Allgemeinheit notwendig ist, auch schon vor Ablauf der dreimonatigen Ruhensfrist.

An eine Fortsetzung von Amts wegen ist vor allem im Verlassenschaftsverfahren gedacht, weil die Klärung der Rechtsnachfolge eines Verstorbenen und damit der Abschluss eines Verlassenschaftsverfahrens insbesondere dann, wenn Liegenschaften in die Verlassenschaft fallen, im öffentlichen Interesse liegt.

Trotz der Bedenken, die gelegentlich gegen ein Ruhen in Verfahren, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können, geäußert wurden, sprechen doch gewichtige Argumente dafür, ein Ruhen auch in derartigen Verfahren zuzulassen. Von der Praxis wurde hier vor allem auf das Verfahren nach § 176 ABGB hingewiesen, das auch amtswegig eingeleitet werden kann. Im Laufe dieses Verfahrens kann das Bedürfnis entstehen, etwa eine Unterbringung des Kindes bei einer Pflegefamilie oder dem anderen Elternteil ohne verfahrensrechtlichen Zeitdruck zu erproben. Ein Ruhen des Verfahrens mit Zustimmung aller Parteien scheint diesen Bedürfnissen der Praxis durchaus gerecht zu werden. Die Möglichkeit, das Verfahren auch von Amts wegen wieder fortsetzen zu können, und das Erfordernis einer gerichtlichen Genehmigung für jede weitere Ruhensvereinbarung dürften ein ausreichender Schutz vor dem Missbrauch dieser Bestimmung zum Nachteil Pflegebefohlener sein.

Die Wirkungen des Ruhens entsprechen im Wesentlichen denen einer Unterbrechung des Verfahrens mit der Ausnahme, dass der Lauf von Notfristen während des Ruhens des Verfahrens nicht aufhört.

10. Das neu vorgesehene Innehalten des Verfahrens trägt nicht nur einem besonders von den Familien- und Außerstreitrichtern geäußerten Wunsch, sondern auch dem hilfeorientierten und friedensrichterlichen Charakter des Verfahrens außer Streitsachen Rechnung.

Aufgrund dieser Bestimmung soll nämlich das Gericht das Verfahren innehalten können, wenn die berechtigte Hoffnung besteht, dass sich die Gesprächsbereitschaft zwischen den Parteien verbessert, wenn sie sich an eine dafür geeignete Stelle wenden. Diese Bestimmung soll nicht nur die Einführung der Mediation im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens, sondern etwa auch die Inanspruchnahme einer Familienberatungsstelle oder ähnlicher Institutionen ermöglichen. Es wurde versucht, eine Formulierung zu finden, die die Möglichkeit eröffnet, möglichst viele bestehende oder in Zukunft noch zur Verfügung stehende Einrichtungen zur außergerichtlichen Konfliktbereinigung nutzbar zu machen.

Ein solches Innehalten des Verfahrens soll nur für eine Frist bis zu insgesamt sechs Monaten möglich sein. Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss, mit dem das Verfahren innegehalten wird, ist nur zulässig, wenn die vorgesehene Höchstdauer überschritten wird.

11. Nicht mehr vorgesehen sind im Verfahren außer Streitsachen das Rechtsmittel der Vorstellung und die Verweisung auf den Zivilrechtsweg.

Ein praktisches Bedürfnis nach dem nicht aufsteigenden Rechtsmittel der Vorstellung besteht nicht, zumal dem Gericht die Möglichkeit eröffnet wird, unter bestimmten Voraussetzungen einem Rekurs selbst stattzugeben. Überdies ist schon jetzt die Vorstellung als Ergebnis früherer Novellierungen des Besonderen Teils in einer Mehrzahl der Verfahren, etwa im Verfahren über die Scheidung im Einvernehmen, ausgeschlossen.

Der Entwurf stattet das Außerstreitverfahren mit der Zivilprozessordnung gleichwertigen Verfahrensgarantien und -regeln aus, sodass für die Verweisung auf den Zivilrechtsweg zur Klärung strittiger Tatumstände kein Raum mehr bleibt. Schon bisher hat die Rechtsprechung dieses Institut nicht ganz einheitlich gehandhabt. Einerseits gibt es eine Judikatur, wonach strittige Tatfragen auf jeden Fall auf den Rechtsweg zu verweisen sind, andererseits sollen einfache Tatfragen auch im Außerstreitverfahren geklärt werden können; überdies soll von einer Verweisung auf den Zivilrechtsweg jedenfalls Abstand genommen werden, wenn alle Beteiligten mit einer Klärung der Tatsachen im Außerstreitverfahren einverstanden sind (SZ 25/112, GlUNF 3434). Die Verweisung auf den Zivilrechtsweg führt zu Verfahrensverzögerungen, weil mit dem anhängigen außerstreitigen Verfahren wohl bis zur rechtskräftigen Entscheidung des streitigen Verfahrens innezuhalten ist. Auch aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung wird die Verweisung auf den Zivilrechtsweg daher nicht mehr vorgesehen.

12. Die - bisher fehlenden - Regelungen über das Rechtsmittelverfahren in zweiter Instanz sehen nun grundsätzlich dieselben Verfahrensregeln wie für das Verfahren in erster Instanz vor. Auch das Rekursgericht soll - ebenso wie das Gericht erster Instanz - in der Verfahrensgestaltung frei sein. Besonderes soll nur gelten, wenn ein vom Erstgericht unmittelbar aufgenommener und für die getroffene Feststellung maßgeblicher Beweis umgewürdigt werden soll. Diese Umwürdigung soll nicht auf Grund der Aktenlage allein, sondern nur auf Grund einer Beweiswiederholung durch das Rekursgericht möglich sein.

Ausdrücklich normiert wird die Wahrung des rechtlichen Gehörs durch eine Äußerungsmöglichkeit zum Rekurs, auch wenn keine Rekursbeantwortung vorgesehen ist. Insoweit, also nicht die Sache erledigende Beschlüsse betreffend, soll keine generelle (vom Erstgericht einzuholende) Rekursbeantwortung vorgesehen, sondern dem Rekursgericht die Entscheidung, wie dem Rekursgegner rechtliches Gehör zu gewähren ist, im Einzelfall überlassen werden.

Unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung wurde die Rechtsmittelfrist von derzeit 14 Tagen beibehalten und die heute bestehende Neuerungserlaubnis eingeschränkt. Derzeit können Neuerungen, die zum Zeitpunkt der Fassung des erstinstanzlichen Beschlusses bereits entstanden waren, uneingeschränkt, solche die nach der Fassung des erstinstanzlichen Beschlusses entstanden sind, nur in Ausnahmefällen geltend gemacht werden. In Zukunft sollen Neuerungen, die zum Zeitpunkt der Fassung des erstinstanzlichen Beschlusses bereits entstanden waren (nova reperta), nur geltend gemacht werden können, wenn es sich bezüglich der Verspätung des Vorbringens der Partei um eine entschuldbare Fehlleistung handelt. Nova producta sollen nur insoweit eingebracht werden können, als sie nicht - abgesehen von einem Abänderungsantrag - ohne wesentlichen Nachteil zum Gegenstand eines neuerlichen Antrags gemacht werden können. Diese Einschränkung der Neuerungszulässigkeit soll zu einer erheblichen Verfahrenskonzentration beitragen.

13. Grundsätzlich soll die Wirksamkeit bzw. Vollstreckbarkeit von Beschlüssen mit deren Rechtskraft eintreten. Zur Vermeidung erheblicher Nachteile für eine Partei oder die Allgemeinheit soll das Gericht aber die Möglichkeit haben, einem Beschluss die sofortige Wirkung zuzuerkennen. In diesem Fall tritt die Wirksamkeit bzw. Vollstreckbarkeit des Beschlusses schon mit der Zustellung oder Verkündung dieser Entscheidung ein. Der Ausspruch über die Zuerkennung der vorläufigen Wirkung ist schon in den Beschluss selbst aufzunehmen, kann aber auch gesondert erfolgen. Ein derartiger Ausspruch ist auch noch im Rechtsmittelverfahren möglich.

14. Erstmals wird im Verfahren außer Streitsachen auch eine generelle Bestimmung über die Kostenersatzpflicht eingeführt. Bisher finden sich nur in Sondergesetzen und im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie über die Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen (§ 234 Außerstreitgesetz) Kostenersatzbestimmungen. Die oben geschilderten Besonderheiten des Verfahrens außer Streitsachen lassen eine Übernahme der Kostenersatzregelungen der Zivilprozessordnung allerdings nicht zu, soweit sich nicht Parteien mit einander zuwider laufenden Interessen gegenüberstehen. Daher wurde die Entscheidung getroffen, grundsätzlich die Ersatzpflicht für alle zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten, also auch tarifmäßige Vertretungskosten, vorzusehen. Grundsätzlich ist der Verfahrenserfolg maßgebend, den eine Partei einer (oder mehreren) anderen gegenüber erzielt. Wo der Erfolg einer Partei allerdings nicht dem Misserfolg einer (oder mehrerer) anderen gegenübersteht, kommt nur der Ersatz von Barauslagen in Frage. Auch ist kein Ersatz von Kosten einer Partei möglich, die dem Verhalten dieser Partei zuzurechnen sind. Aus Gründen der Billigkeit kann schließlich Kostenersatz auch ohne Erfolg gewährt werden, wenn dies wegen der tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Falles geboten ist (mit anderen Worten: eine punktgenauere Rechtsverfolgung unzumutbar war). Die Kostenentscheidung kann bis zur Rechtskraft der Sachentscheidung vorbehalten werden.

Allen Formen des Kostenersatzes können aber stets Ausnahmen im Besonderen Teil oder in anderen gesetzlichen Vorschriften gegenüberstehen.

Auch angesichts der Verschiedenartigkeit der außerstreitigen Materien erscheint ein Kostenersatz unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls als die zweckmäßigste Lösung.

Da sie dem Außerstreitverfahren weitgehend fremd ist, sollen die Auswirkungen der Kostenersatzregelung zunächst in der Praxis beobachtet werden. Die Ausweitung oder Änderung der Regelung, insbesondere auch im Bezug auf die Vertretungskosten, soll im Licht der in der Praxis gewonnenen Erfahrungen überprüft und allenfalls neu überdacht werden.

15. Das Abänderungsverfahren entspricht der Wiederaufnahms- und Nichtigkeitsklage der Zivilprozessordnung. Die Schaffung eines solchen Rechtsinstituts wurde von der Lehre seit langem gefordert, von der Rechtsprechung wurde eine Analogie zur ZPO in diesem Bereich bis in die jüngste Zeit jedoch (von Entscheidungen der Obersten Rückstellungskommission beim OGH zwar postuliert, aber) vom OGH noch nicht gezogen. Vor allem in den „streitigen“ Materien des Außerstreitverfahrens lässt sich das Fehlen einer Möglichkeit der Wiederaufnahme kaum rechtfertigen. Wird der Anwendungsbereich des Außerstreitgesetzes auf bisher streitige Materien ausgedehnt, bewirkt der Entfall der bis dahin gegebenen Möglichkeit, eine Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmsklage einzubringen, ein erhebliches Rechtsschutzdefizit. Es besteht daher grundsätzlich Bedarf an einer solchen Regelung. Der Entwurf greift auf die von der Kommission des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen vorgeschlagene Regelung zurück, die den Besonderheiten des Außerstreitverfahrens und dem Rechtsschutzbedürfnis der Parteien in gleicher Weise Rechnung trägt.

Die Abänderungsgründe orientieren sich an den Wiederaufnahms- und Nichtigkeitsklagegründen der Zivilprozessordnung mit den entsprechenden Adaptionen.

Für einen Abänderungsantrag ist - anders als in der Zivilprozessordnung - immer das Gericht erster Instanz zuständig, um der Partei jeweils drei Instanzen für den Abänderungsantrag zu gewährleisten. Als weitere Besonderheit ist die in der Zivilprozessordnung vorgesehene Teilung in Wiederaufnahmeverfahren (iudicium rescindens) und wiederaufgenommenes Verfahren (iudicium rescissorium) nicht mehr vorgesehen. Das Gericht hat einem Abänderungsantrag nur dann stattzugeben, wenn ein Abänderungsgrund vorliegt und auf Grund der geltend gemachten Abänderungsgründe eine für den Antragsteller günstigere Entscheidung herbeizuführen ist. Ist dies nicht der Fall, ist der Abänderungsantrag abzuweisen.

Der Abänderungsantrag steht außerdem nur dann zur Verfügung, wenn nicht ein neuer Antrag gestellt werden kann oder sonstige Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.

Da mit der Einführung des Abänderungsverfahrens im Außerstreitverfahren Neuland betreten wird, ist auch im Besonderen Teil in zahlreichen Verfahren, wo andere Verfahrensbehelfe zur Verfügung stehen, etwa im Verfahren über die Annahme an Kindes statt, über die Obsorge und das Besuchsrecht sowie im Verlassenschaftsverfahren, die Anwendbarkeit des Abänderungsverfahrens ausgeschlossen. Auch hier wird die Bewährung dieser Regelung in der Praxis genau zu beobachten sein.

16. Schließlich werden die Bestimmungen über die Zwangsmaßnahmen und die Vollstreckung außerstreitiger Entscheidungen neu und den Anforderungen eines modernen Verfahrensgesetzes entsprechend gefasst, zumal der geltende § 19 AußStrG verfassungsrechtlichen Bedenken begegnete (Klicka, Richterwoche 1997, 51).

VI. Wesentliche Änderungen im Besonderen Teil

Neben den im Allgemeinen Teil des Entwurfs enthaltenen Neuerungen sieht der Besondere Teil des Außerstreitgesetzes im zweiten bis fünften Hauptstück im Wesentlichen folgende Neuerungen vor:

1. Im zweiten Hauptstück über das Verfahren in Familienrechts- und Sachwalterschaftssachen betreffen diese Änderungen vor allem das Abstammungsverfahren, das wegen der schon derzeit bestehenden Nähe zum Außerstreitverfahren (etwa Geltung des Untersuchungsgrundsatzes) vom streitigen in das außerstreitige Verfahren übernommen wird (vgl. dazu unten Punkt VII).

Die Regelungsinhalte der Familienrechtsangleichungsverordnung, die aufgehoben wird, werden durch die Bestimmungen über die Mitwirkungspflichten der Parteien und anderer Personen ersetzt.

Die Aufhebung der aus dem Jahre 1938 stammenden Familienrechtsangleichungsverordnung kann auch als Teil der angestrebten Rechtsbereinigung verstanden werden.

2. Im Verfahren über die Annahme an Kindes statt soll die Erklärung des Widerrufs einer Zustimmung zu einer Adoption neu geregelt werden. Im Hinblick auf diese Widerrufsmöglichkeit wird auch auf eine Befristung der Gültigkeit einer Zustimmung zu einer Adoption verzichtet. Im Übrigen werden die Bestimmungen über die Annahme an Kindes statt weitgehend beibehalten.

3. Gleiches gilt für die Bestimmungen über die Scheidung im Einvernehmen, die weitgehend den bisherigen Regelungen in der Fassung des Eherechtsänderungsgesetzes 1999 entsprechen.

4. Der Abschnitt über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen über den Bestand einer Ehe wurde bereits mit dem KindRÄG 2001 in das Außerstreitgesetz eingefügt. Aufgrund von Wünschen aus der Praxis erfolgt hier eine grundlegende Änderung: Die Wirksamkeit ausländischer eheauflösender Entscheidungen soll in Zukunft auch bloß als Vorfrage beurteilt werden können; das gerichtliche Anerkennungsverfahren hat daher – wie schon bisher im Verhältnis zu den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nur noch fakultativen Charakter.

5. Der Abschnitt über die Regelung der Obsorge und des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und minderjährigen Kindern trägt den mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 vorgenommenen Änderungen weitgehend Rechnung. Sie werden unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens in den vorliegenden Entwurf des Außerstreitgesetzes übernommen. Dies betrifft insbesondere die Verfahrensfähigkeit Minderjähriger, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, in Verfahren über Pflege und Erziehung und über das Recht auf persönlichen Verkehr, weiters die besondere Vertraulichkeit und den Einsatz eines Besuchsbegleiters.

6. Der Abschnitt über die Sachwalterschaft für behinderte Personen behält im Wesentlichen die schon derzeit geltenden Regelungen bei.

Vereinfachungen des Verfahrens ergeben sich aus der Möglichkeit Erstanhörungen nicht nur durch den Richter persönlich, sondern bei unverhältnismäßigen Schwierigkeiten und Kosten auch auf andere geeignete Weise, etwa durch Rechtshilfe, vornehmen zu lassen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang immer die Sicherstellung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen, der vom Verfahren Kenntnis erlangen und gehört werden soll. Hier allzu strenge Maßstäbe an die persönliche Anhörung durch den Richter zu stellen, erscheint nicht zweckmäßig. Ähnliches gilt für die Zustellung des Beschlusses über die Bestellung des Sachwalters an Personen, die nicht in der Lage sind, den Zustellvorgang zu begreifen. Auch hier soll die geltende Regelung - einem Wunsch der Praxis entsprechend - weniger streng gefasst werden.

Im Zusammenhang mit der Einstellung des Verfahrens wird eine Vereinfachung dadurch angestrebt, dass ein Beschluss nur noch dann zu fällen ist, wenn der Betroffene von der Anregung Kenntnis erlangt hat oder ein anderes Gericht oder eine andere Behörde die Verfahrenseinleitung angeregt hat.

Die Bestimmungen über den Kostenersatz durch den Betroffenen sollen grundsätzlich der Judikatur zum Verfahrenshilferecht angepasst werden.

7. Die Bestimmungen über die Pflegschaftsrechnung wurden ebenfalls im Rahmen des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 geändert; sie sind unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen im neuen Außerstreitgesetz neuerlich modifiziert worden, womit vor allem der Charakter einer maßvollen, nicht überbehütenden Gebarungskontrolle besser zur Geltung kommt.

8. Die wesentlichsten Änderungen des Verlassenschaftsverfahrens (im dritten Hauptstück) betreffen die Integration der Entscheidung über das Erbrecht in das Verlassenschaftsverfahren, sodass die Verteilung der Klägerrollen und die darauffolgende Erbrechtsklage in Hinkunft nicht mehr vorgesehen sind. Künftig soll das Verlassenschaftsgericht das Erbrecht des oder der Erben feststellen und die übrigen Erbantrittserklärungen, die nicht zur Grundlage der Einantwortung werden, abweisen. Näheres zu dieser vor allem der Verfahrensbeschleunigung dienenden Regelung findet sich unten zu Punkt VII.

Die Regelungen über die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft sollen zu einer erleichterten Verwaltung des ruhenden Nachlasses führen; insbesondere sollen Verwaltungshandlungen nicht mehr in jedem Fall der gerichtlichen Genehmigung bedürfen und die Vertretungsbefugnis nicht erst durch die Einräumung der Besorgung und Verwaltung, sondern bereits ex lege eintreten. Dadurch soll eine erhebliche Verfahrensbeschleunigung und -erleichterung eintreten.

Das Verfahren zur Errichtung des Inventars sowie die Wirkungen des Inventars und der Vermögenserklärung sollen nach ihrem Zweck und ihrer Verfahrensgestaltung den Bedürfnissen des Abhandlungsverfahrens besser angepasst werden, indem klargestellt wird, dass das Inventar zu Gericht nicht mehr anzunehmen ist, sodass ihm nur die allgemeine Wirkung einer öffentlichen Urkunde zukommt.

Außerdem sollen die Bestimmungen über die Bewertung des Verlassenschaftsvermögens vereinfacht werden.

Die Verbücherung der Abhandlungsergebnisse soll in Hinkunft durch die Grundbuchsgerichte erfolgen, entweder auf Antrag der Erben oder des Gerichtskommissärs.

Vereinfachungen ergeben sich auch bei der Kundmachung des Testaments, der Fassung des Einantwortungsbeschlusses und der Freigabe von Verlassenschaftsteilen.

Zu den Aufgaben und Befugnissen des Gerichtskommissärs finden sich einige Neuerungen. Dazu sind auch Anpassungen im Gerichtskommissärsgesetz erforderlich. In diesem Zusammenhang sind zwei Neuerungen von besonderer Bedeutung, nämlich die Zuständigkeit des Gerichtskommissärs ex lege für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung, ohne dass es eines besonderen Gerichtsauftrages im Einzelfall bedarf, und die Unvereinbarkeitsbestimmungen im § 6a Gerichtskommissärsgesetz.

Die Kontrolle der Tätigkeit des Gerichtskommissärs durch das Gericht ist durch einen Abhilfeantrag der Partei, durch Aufträge des Gerichtes und durch Berichtspflichten gegenüber diesem sichergestellt.

Terminologische Anpassungen betreffen die Todesfallaufnahme, die Erbantrittserklärung, die Vermögenserklärung und den erblosen Nachlass anstelle der Begriffe Todfallsaufnahme, Erbserklärung, eidesstättiges Vermögensbekenntnis und Heimfall.

Neu geregelt wird auch die Überlassung an Zahlungs statt, die in Hinkunft nicht mehr auf geringwertige Verlassenschaften beschränkt bleiben soll, sondern durchaus auch Züge einer kridamäßigen Verwertung und Verteilung trägt. Die neue Bestimmung soll auch die Möglichkeit eines außergerichtlichen Ausgleichs eröffnen.

Die inländische Gerichtsbarkeit für die Durchführung von Verlassenschaftsverfahren wurde wesentlich eingeschränkt. So ist zwar über das im Inland befindliche unbewegliche Vermögen jedenfalls abzuhandeln, hinsichtlich des im Ausland gelegenen beweglichen Vermögens österreichischer Staatsangehöriger aber nur noch dann, wenn der Österreicher seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder die Durchsetzung aus dem Erbrecht, dem Pflichtteilsrecht oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich ist. Dies soll gegenüber der derzeitigen Rechtslage, wonach die Abhandlung der Verlassenschaft eines Inländers in Bezug auf das wo immer befindliche bewegliche Vermögen immer gegeben ist, eine Entlastung der Gerichte unter weitgehender Beibehaltung des Rechtsschutzes mit sich bringen. Auch die Verlassenschaftsgerichtsbarkeit über im Inland gelegenes bewegliches Vermögen soll, soweit es nicht Ausländer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich betrifft, nach gleichartigen Kriterien eingeschränkt werden.

9. Das vierte Hauptstück über die Beurkundungen formuliert die derzeit geltenden Bestimmungen neu, fasst sie moderner und verständlicher, bringt aber keine wesentlichen Neuerungen mit sich.

10. Das fünfte Hauptstück über die freiwillige Feilbietung schränkt die Möglichkeit der gerichtlichen Feilbietung auf Liegenschaften und Superädifikate ein. Die nach der derzeitigen Rechtslage zwar mögliche, aber in der Praxis kaum beantragte freiwillige Feilbietung von Fahrnissen wird nicht mehr vorgesehen, ebenso wenig wie die freiwillige gerichtliche Schätzung, der ebenfalls kaum praktische Bedeutung zukommt.

VII. Anwendungsbereich des Außerstreitgesetzes

Dem Verfahren außer Streitsachen wurden vor allem in den letzten Jahrzehnten aus rechtspolitischen Gründen, wohl auch im Hinblick auf die fehlende Kostenersatzpflicht, zahlreiche Materien zugewiesen, ohne dass diese Zuweisung einem bestimmten System folgte oder sich immer zwingend dogmatisch begründen ließe. Um das Vorhaben der Reform des Außerstreitgesetzes nicht zu überfrachten und seine Verwirklichung weiter zu verzögern, setzt sich der Entwurf nicht mit der Frage auseinander, ob Materien, die derzeit dem außerstreitigen Verfahren zugewiesen sind, dem streitigen Verfahren zugeordnet werden sollen. Der Entwurf geht daher von der geltenden Rechtslage im Bezug auf die dem Außerstreitverfahren zugewiesenen Materien aus. Damit soll aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Frage künftig einer Prüfung zugeführt werden könnte.

Allerdings wurde unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensbeschleunigung und der Besonderheiten mancher Verfahren hinterfragt und geprüft, ob Materien, die derzeit im streitigen Verfahren zu erledigen sind, dem außerstreitigen Verfahren zugewiesen werden könnten. Ein Ansatzpunkt für diese Prüfung waren die zum Teil schwer nachvollziehbare Rechtsprechung, wonach im Rahmen derselben Materie einmal im streitigen und ein anderes Mal im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden ist. Dies betrifft vor allem die mit dem Miteigentum verbundenen Streitigkeiten über Benützungsregelungen und Verwalterbestellungen sowie die Unterhaltsangelegenheiten minderjähriger und volljähriger Kinder.

Darüber hinaus gibt es Verfahren, die auf Grund ihrer Besonderheit eher dem außerstreitigen Verfahren zuzurechnen sind als dem streitigen. Dazu zählen die Abstammungsverfahren, nämlich die Verfahren zur Feststellung der Abstammung, zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses und über die Bestreitung der ehelichen Geburt. In all diesen Verfahren gilt der Untersuchungsgrundsatz und sind Mehrparteienverfahren denkbar, sodass das Abstammungsverfahren eher dem außerstreitigen als dem streitigen Verfahren zuzuordnen ist (vgl. Rechberger, LBI XVI, 27). Schließlich wurde als letzter Ansatzpunkt für die Frage der Zuweisung von Materien in das außerstreitige Verfahren die Verfahrensbeschleunigung herangezogen. Dies betrifft vor allem das Verfahren über das Erbrecht.

Um Streitigkeiten darüber, in welchem Verfahren der Anspruch geltend zu machen ist - und damit erhebliche Verfahrensverzögerungen - zu vermeiden, soll für bestimmte Miteigentumsangelegenheiten grundsätzlich nach § 838a ABGB das Verfahren außer Streitsachen vorgesehen werden.

So ist nach der derzeitigen Rechtsprechung die zwischen Miteigentümern strittige Frage, ob für eine im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sache ein Verwalter zu bestellen ist oder die bestehende Verwaltung aufgehoben werden soll, im Zivilprozess zu entscheiden (MietSlg 34.105, Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 [1984] E 68 zu § 1, EvBl 1951/36, MietSlg 21.083, 23.064 u.a.). Hingegen gehört eine Streitigkeit über die Auswahl des Verwalters und über die Frage, ob der Verwalter durch einen anderen ersetzt werden soll, in das außerstreitige Verfahren (SZ 10/127, SZ 19/229 u.a.). Eine Streitigkeit, ob die Verwaltung einem Miteigentümer zu übertragen ist, ist aber wiederum im streitigen Verfahren zu entscheiden (EvBl 1959/17); ebenso muss ein Hälfteeigentümer, der sich mit der Bestellung eines Verwalters einverstanden erklärt hat, - will er die Bestellung widerrufen - gleichfalls in einem streitigen Verfahren dartun, dass die Voraussetzungen für die Verwalterbestellung weggefallen sind (SZ 12/240).

Im Falle von Differenzen über die Benützung einer gemeinschaftlichen Sache gehört nach der Rechtsprechung die rechtsgestaltende Neuregelung der Benützung einer solchen Sache in das außerstreitige Verfahren; liegt aber eine rechtswirksame Vereinbarung über die Benützung vor, so sind daraus entstehende Streitigkeiten in das streitige Verfahren verwiesen (Dittrich/Tades, ABGB35 [1999] § 833 E 48; § 835 E 4 bis 5a; Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 [1984] E 51, 52 zu § 1). Damit von einer solchen Vereinbarung gesprochen werden kann, muss sie aber die Benützung für dauernd oder für bestimmte Zeit regeln, was im Zweifelsfall jedoch nicht anzunehmen ist (EvBl 1955/307); ist demgemäß eine solche Vereinbarung zu verneinen, so ist die Streitigkeit dann doch nicht im streitigen, sondern im außerstreitigen Verfahren zu erledigen. Aber selbst wenn eine für dauernd oder bestimmte Zeit getroffene Vereinbarung vorliegt, aber sich die Sachlage verändert, hat eine neue Benützungsregelung wiederum im außerstreitigen Verfahren zu geschehen (JBl 1958, 444).

Aus diesen Beispielen (Feitzinger, Richterwoche 1995, 106 ff; 1997, 42) lässt sich erkennen, dass die Judikatur zu Benützungs- und Verwalterbestellungsstreitigkeiten über das einzuhaltende Verfahren kaum durchschaubar ist. Es bietet sich daher an, diese Materie in das außerstreitige Verfahren zu verweisen, zumal hier in der überwiegenden Zahl der Fälle Mehrparteienverfahren abzuführen und rechtsgestaltende Regelungen zu treffen sein werden (vgl. Rechberger, LBI XVI, 28).

Aus diesem Grunde wird im § 838a ABGB alles Einschlägige in das außerstreitige Verfahren verwiesen.

Unterhaltsstreitigkeiten minderjähriger Kinder gehören, ohne dass dies ausdrücklich geregelt wäre, in das Verfahren außer Streitsachen (für alle Stabentheiner in Rummel, Kommentar zum ABGB3 I Rz 16 zu § 140). Minderjährige inländische Kinder können also ihren gesetzlichen Unterhaltsanspruch im außerstreitigen Verfahren geltend machen, während im Ausland lebende minderjährige Kinder sowie inländische volljährige Kinder grundsätzlich ihren Anspruch im streitigen Verfahren geltend machen müssen. Nur wenn für ausländische minderjährige Kinder im Inland schon ein Pflegschaftsverfahren eröffnet worden ist, können sie ihren Unterhaltsanspruch im Verfahren außer Streitsachen geltend machen. Weiters ist im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden, wenn inländische Kinder noch vor ihrer Volljährigkeit einen Unterhaltsfestsetzungs- oder erhöhungsantrag bei Gericht gestellt haben und über den Antrag vor Erreichung der Volljährigkeit noch nicht entschieden worden ist. Diese Differenzierungen sind kaum einsichtig und sollen daher nicht mehr beibehalten werden.

Bedenkt man, dass im außerstreitigen Verfahren die Entscheidungsgrundlagen von Amts wegen zu ermitteln sind, während im streitigen Verfahren das Kind die Behauptungs- und Beweislast trifft, so werden schon dadurch die für das Kind im streitigen Verfahren gegebenen Erschwernisse offenkundig. Ebenso wie minderjährige inländische Kinder stehen auch minderjährige ausländische Kinder und volljährige Kinder noch in Ausbildung oder sind aus sonstigen Gründen nicht selbsterhaltungsfähig, weshalb sie auf die Unterhaltsleistungen angewiesen sind. Es ist sachlich kaum zu rechtfertigen, dass sie dennoch ihre Unterhaltsansprüche im streitigen Verfahren geltend machen müssen.

Das Gleiche soll für Unterhaltsansprüche der Eltern gegenüber ihren Kindern gelten. Die vergleichbare wirtschaftliche Situation, in der sich Eltern und minderjährige Kinder, die jeweils auf Unterhaltsleistungen angewiesen sind, befinden sowie systematische Überlegungen sprechen dafür, die Regelung der unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern dem außerstreitigen Verfahren zuzuweisen.

Über alle gesetzlichen Unterhaltsansprüche zwischen in gerader Linie verwandten Personen soll daher nach § 114 JN im außerstreitigen Verfahren entschieden werden (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 26 f).

Für die gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Ehegatten und geschiedenen Ehegatten wird eine solche Zuweisung nicht vorgenommen, weil die Situation der Ehegatten mit der nicht selbsterhaltungsfähiger Kinder oder Eltern nicht unbedingt vergleichbar ist und überdies die häufige Verbindung von Unterhaltsklagen mit Scheidungsklagen bei der Notwendigkeit der Anwendung zweier verschiedener Verfahrensarten zu unnötigen Erschwernissen führen würde.

Die Abstammungsverfahren, die derzeit - mit Ausnahme der außerstreitigen Bekämpfung der Rechtsunwirksamkeit eines Anerkenntnisses auf Grund eines Widerspruchs - im streitigen Verfahren zu erledigen sind, sind schon heute vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht, wobei die Gerichte verpflichtet sind, zur Aufklärung der Tatumstände auch solche Tatsachen zu berücksichtigen, die von den Parteien nicht vorgebracht worden sind. Es ist von Amts wegen dafür zu sorgen, dass alle für die Entscheidung wichtigen Tatumstände vollständig aufgeklärt werden. Auch aus diesem Grund ist die Fällung eines Versäumungs-, Verzichts- oder Anerkenntnisurteiles in Verfahren unzulässig, die die Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind oder die Bestreitung der ehelichen Geburt zum Gegenstand haben. Diese starke Betonung des Untersuchungsgrundsatzes im Gegensatz zu der sonst im Prozess geltenden Dispositionsmaxime spricht dafür, diese Rechtssachen dem außerstreitigen Verfahren zuzuweisen. Dazu kommt, dass sich das außerstreitige Verfahren für ein Verfahren zur Feststellung der Abstammung eines unehelichen Kindes bei einer Mehrzahl von in Frage kommenden Vätern besser eignet als der Zivilprozess. Überdies sind auch alle anderen das Kindeswohl betreffenden Angelegenheiten, wie etwa die Obsorge, das Besuchsrecht und der Unterhalt, schon heute im außerstreitigen Verfahren zu erledigen. Somit spricht alles dafür, die Abstammungsverfahren zur Gänze in das Außerstreitverfahren zu überweisen (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 27; XX, 51; Klicka, LBI XX, 36).

Schließlich soll über das Erbrecht nicht mehr im Erbrechtsstreit (also in einem gesonderten Zivilprozess), sondern im Verlassenschaftsverfahren - somit im Verfahren außer Streitsachen – zu entscheiden sein. Für die Integration dieses Verfahrens in das Verlassenschaftsverfahren sprechen vor allem Gründe der Verfahrenskonzentration und der Verfahrensbeschleunigung. Das im derzeitigen Verlassenschaftsverfahren bestehende Nebeneinander von streitigem und außerstreitigem Verfahren zur Feststellung des wahren Erbrechts bedingt nicht unbeträchtliche Verfahrensverzögerungen, die vermieden werden sollten.

Derzeit ist zunächst im Verlassenschaftsverfahren bei widerstreitenden Erbserklärungen nach §§ 125, 126 AußStrG eine Klägerrollenverteilung vorzunehmen, die in drei Instanzen anfechtbar ist. Mit dieser Klägerrollenverteilung wird eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg vorgenommen, wobei der Außerstreitrichter die Klägerrolle zuzuweisen und eine Frist für die Klagseinbringung festzusetzen hat. Nach Rechtskraft dieses Beschlusses wird die Erbrechtsklage im streitigen Verfahren eingebracht, wobei die in der Zivilprozessordnung bestehenden Rechtsmittelmöglichkeiten offenstehen.

Erbrechtsstreitigkeiten können nicht selten längere Zeit in Anspruch nehmen; mit dem Verlassenschaftsverfahren ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Erbrechtsklage innezuhalten. Noch größer wird die Verfahrensverzögerung im Verlassenschaftsverfahren, wenn mehrere Erbrechtsstreitigkeiten hintereinander zu führen sind (vgl. Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 139). Um diese Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wird in Hinkunft das Verlassenschaftsgericht nicht mehr die Erbantrittserklärungen bloß formal zu Gericht anzunehmen, sondern materiell über das Erbrecht zu entscheiden haben. Dies bedeutet, dass das Erbrecht der Erben, denen die Verlassenschaft einzuantworten ist, festgestellt wird und die übrigen Erbantrittserklärungen abgewiesen werden. Die Entscheidung hierüber ergeht im außerstreitigen Verfahren mit den hier vorgesehenen Rechtsmitteln und nach der im Allgemeinen Teil vorgesehenen Verfahrensgestaltung, sodass das rechtliche Gehör und auch die Rechtsmittelmöglichkeiten entsprechend sichergestellt sind. Die Entscheidung kann mit abgesondertem Beschluss oder (in der überwiegenden Zahl der einfach zu lösenden Fälle) mit dem Einantwortungsbeschluss geschehen.

Mit dieser Bestimmung wird eine bedeutende Verfahrensbeschleunigung einhergehen (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 25; XX, 49 f; Klicka, LBI XX, 36).

Der gelegentlich geäußerten Befürchtung, die Zahl der widerstreitenden Erbantrittserklärungen werde mangels Kostenrisikos erheblich steigen, soll dadurch Rechnung getragen werden, dass für Verfahren über das Erbrecht auch ein Ersatz der Verfahrenskosten für die rechtsfreundliche Vertretung vorgesehen ist und daher durchaus ein Kostenersatzrisiko besteht.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch auf die weiterhin bestehende reine Anwaltspflicht, und zwar eine relative Anwaltspflicht bei einem vermutlichen Wert der Nachlassaktiva bis 4.000 Euro, eine absolute Anwaltspflicht, wenn dieser Betrag überschritten wird.

Verfahren, welche die Einantwortung nicht hindern (wie etwa die Pflichtteilsklage, die Pflichtteilsergänzungsklage sowie die Klage zur Geltendmachung von Legatsansprüchen), sind nicht in das außerstreitige Verfahren verwiesen, sondern nur die Rechtssachen über das Erbrecht.

Die Erbschaftsklage nach § 823 ABGB bleibt von der Neuregelung völlig unberührt und wird durch die Ausschließung des Abänderungsverfahrens im Verlassenschaftsverfahren weiterhin erhebliche praktische Bedeutung haben.

VIII. Gesetzessystematik

Das Gesetz gliedert sich in Hauptstücke, wobei das erste - und umfangreichste - Hauptstück den Allgemeinen Teil betrifft. Ihm folgen die besonderen Vorschriften über das familienrechtliche Verfahren (zweites Hauptstück), das Verlassenschaftsverfahren (drittes Hauptstück), die Beurkundung (viertes Hauptstück) und die freiwillige Feilbietung (fünftes Hauptstück), also jene Bereiche, die auch im geltenden Außerstreitgesetz geregelt sind. Die Hereinnahme weiterer Außerstreitmaterien aus den Sondergesetzen in das Außerstreitgesetz ist zwar systematisch erwägenswert, führt aber weder zu einem Gewinn an Übersichtlichkeit noch zu einer geringeren Regelungsdichte. Die Anpassung der Sondermaterien an das neue Außerstreitverfahren werden daher - wie gleich zu Punkt X. auszuführen sein wird - unter einem in diesen Sondergesetzen vorgenommen werden.

IX. In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen

Hinsichtlich der Schluss- und Übergangsbestimmungen ist vor allem darauf hinzuweisen, dass darauf geachtet wurde, obsolet werdende Bestimmungen möglichst aufzuheben und im Übrigen Übergangsbestimmungen zu schaffen, die ein Nebeneinander beider Verfahrensordnungen weitgehend vermeiden. Dort wo es zweckmäßig ist, sollen allerdings die bisherigen Regelungen weitergelten, um nicht sinnlosen Verfahrensaufwand zu provozieren.

Überdies wird eine ausreichende Legisvakanz vorzusehen sein, um die Vollziehung der neuen Verfahrensvorschriften gut vorzubereiten und entsprechende Schulungen vorzunehmen.

X. Anpassungen von Sondergesetzen an das Außerstreitgesetz

Festzuhalten ist, dass außer den bereits jetzt im Außerstreitgesetz geregelten besonderen Materien keine weiteren besonderen Bestimmungen in dieses Gesetz aufgenommen werden sollen.

Die in Sondergesetzen enthaltenen Bestimmungen über das Verfahren außer Streitsachen bleiben daher weiterhin aufrecht.

Die zur Umsetzung des Entwurfs unbedingt notwendigen Anpassungen der Sondergesetze, wie etwa der Jurisdiktionsnorm, des ABGB, der Notariatsordnung und des Gerichtskommissärsgesetzes, werden in einem eigenen „Anpassungsgesetz“ vorgenommen.

XI. Zuständigkeit

Die Zuständigkeit zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG.

XII. Kosten

Das vorgeschlagene neue Außerstreitverfahrensgesetz erfordert zum Teil einen höheren Verfahrensaufwand (Wahrung des rechtlichen Gehörs, mündliche Rekursverhandlungen u.a.), teilweise sind die neuen Bestimmungen auf Vereinfachung des Verfahrens angelegt (Rechnungslegung, Vertretung der Verlassenschaft, Entfall von Zwischenerledigungen des Gerichtes bei Zuständigkeit des Gerichtskommissärs). In einigen Bereichen tritt eine Entlastung der Bezirksgerichte (zB Wegfall von Aufgaben des Verlassenschaftsverfahrens) ein, in anderen Bereichen wird es zu einer zusätzlichen Belastung kommen (Verfahren über das Erbrecht, Todeserklärung). Im Bereich der Rechtspflegeragenden werden zusätzliche Aufgaben im Unterhaltsrecht durch Vereinfachungen und Entlastungen im Abhandlungsverfahren ausgeglichen. Den neuen Aufgaben der Landesgerichte als Rekursgerichte auf der einen Seite steht als entlastende Maßnahme auf der anderen Seite der Wegfall des Erbrechtsstreits gegenüber. In welcher Relation sich diese Maßnahmen letztlich auswirken werden, inwieweit also insbesondere das neue Außerstreitverfahren mit seinem erhöhten Rechtsschutzstandard in der Praxis zu einem erhöhten Aufwand führen wird, lässt sich im Voraus nicht seriös abschätzen. Gewiss wird der Zeitraum nach der Einführung des neuen Rechts zu einer Umstellungsphase und damit auch zu Mehrarbeit führen. Ob dies längerfristig zur Gänze abflaut oder ob die Belastungsmomente auf Dauer überwiegen, wird wohl nur durch eine sorgfältige Untersuchung der neuen Verfahrenspraxis festgestellt werden können. Auf dieser Grundlage werden sodann verlässliche Aussagen über Personalerfordernisse getroffen werden müssen. Es soll daher einige Zeit nach In-Kraft-Treten eine Evaluierung der Auswirkungen des neuen Außerstreitverfahrens im Hinblick auf die Veränderungen in der Auslastung der Gerichte durchgeführt werden. Zugleich wird zu prüfen sein, inwieweit dem erhöhten Rechtsschutzstandard auf dem Gebiet des Gerichtsgebührenrechts Rechnung zu tragen ist.

 

Ausgehend von den im neuen Außerstreitgesetz vorgesehenen Änderungen des Verfahrensrechts, die wegen eines verbesserten Rechtsschutzes und verdichteten Informationsflusses auch zu einem erhöhten Zustellbedarf führen, wurde auf der Basis der letzten vorliegenden Zahlen des Betrieblichen Informationssystems (BIS 2002) eine Einschätzung des zu erwartenden Mehranfalls an Zustellungen in Außerstreitsachen durchgeführt. Zu einem nennenswerten Mehranfall führen werden die Regeln über die Zweiseitigkeit der Rechtsmittel, die durch die Einführung einer (in zweiter Instanz relativen, in dritter Instanz absoluten) Vertretungspflicht voraussichtlich steigenden Verfahrenshilfeanträge, die generelle Kostenersatzpflicht, die Mitteilung der Erhebungsergebnisse und Mitteilungen unter Setzung einer Äußerungsfrist nach § 17. Der zu erwartende Mehraufwand wird rund 30.000 zusätzliche Zustellungen „blau“ (RSa), 200.000 zusätzliche Zustellungen „weiß“ (RSb) und 20.000 zusätzliche Zustellungen „grün“ (normaler Brief) betragen, die gebührenseitig abgedeckt werden müssen. Im Einzelnen sei dazu auf die im Entwurf eines Außerstreit-Begleitgesetzes vorgesehene Änderung der Tarifpost 12 des Gerichtsgebührengesetzes und die dazu gegebenen Erläuterungen verwiesen.

XIII. EU-Konformität

Vorschriften der Europäischen Union werden von diesem Gesetzentwurf nicht berührt.

XIV. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.


B. Besonderer Teil

Zum I. Hauptstück (Allgemeine Bestimmungen)

Zum 1. Abschnitt (Anwendungsbereich und Parteien)

Zum § 1:

Abs. 1 verdeutlicht - als Gesetzestext, nicht bloß als Überschrift - den Anwendungsbereich des Außerstreitgesetzes. Dies kann deshalb von normativer Bedeutung sein, weil die Bestimmungen in anderen Rechtsvorschriften, die auf „das Außerstreitverfahren“ verweisen, nicht einzeln aufgezählt werden, aber auch deshalb, weil sich auch in Landesgesetzen Verweise auf „das Verfahren außer Streitsachen“ finden könnten, die anlässlich des neuen Bundesgesetzes über ein gerichtliches Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen nicht mitgeändert werden können.

Im Abs. 2 ist eine Art Subsidiaritätsklausel angeordnet; im Zweifel sind zivilrechtliche Ansprüche nicht im Verfahren außer Streitsachen, sondern im Zivilprozess durchzusetzen. Dies soll hier neuerlich ausdrücklich normiert werden.

Mit Abs. 3 wird festgehalten, dass besondere Regelungen, die für einzelne Verfahren außer Streitsachen gelten, den Bestimmungen des Allgemeinen Teiles vorgehen. Dies gilt für die in diesem Gesetz neu geregelten Verfahren schon auf Grund systematischer Überlegungen. Für die schon bisher in anderen Gesetzen geregelten Verfahren soll dies - um Auslegungsdifferenzen, ob im Einzelfall die lex posterior oder die lex specialis vorgeht, vorzubeugen - klargestellt werden.

Zum § 2:

Die Frage des Parteienbegriffs im Verfahren außer Streitsachen ist eine der schwierigsten Entscheidungen einer Neuordnung (grundlegend Kralik, Zum Parteibegriff des Außerstreitverfahrens, LBI IV, 41 ff). Völlig anerkannt ist, dass mit einem formellen Parteienbegriff allein im Verfahren außer Streitsachen nicht das Auslangen gefunden werden kann. Es kann daher nicht genügen, den Antragsteller und den als Gegner oder die sonst als Parteien Bezeichneten als Parteien gelten zu lassen. Andererseits sind diese beiden formellen Parteikomponenten auch im Verfahren außer Streitsachen nicht zu vernachlässigen (Birkner, Parteistellung und rechtliches Gehör im Außerstreitverfahren [1996] 30 ff), weshalb sie als Z 1 und 2 des Abs. 1 vorgesehen sind.

Weiters gibt es so genannte Amtsparteien und Personen, die von Gesetzes wegen (Legalparteien) dem Verfahren beizuziehen sind (vgl. Birkner, Parteistellung 40 ff); hier ist primär an die Staatsanwaltschaft im Todeserklärungsverfahren, den Präsidenten des Oberlandesgerichts im Unterhaltsvorschussverfahren, aber auch an andere besondere Regelungen zu denken, aus denen sich ergibt, dass einer Person oder Stelle rechtliches Gehör zwingend zu gewähren ist. Dem wird mit Abs.  1 Z 4 Rechnung getragen.

Somit bleibt die Frage, wie andere „materielle Parteien“ abzugrenzen sind. Die Wertungsfrage, die sich hier in jedem einzelnen Fall stellt, ist weniger an faktischen Mitwirkungsmöglichkeiten zu messen; schon auf Grund des herrschenden Untersuchungsgrundsatzes steht es jedermann frei, dem Gericht entscheidungserhebliche Tatsachen im Wege der Anregung zur Kenntnis zu bringen. Die entscheidende Problematik liegt vielmehr in der amtswegigen Beiziehung, also in der Zustellung von Anträgen, der Ladung zu allfälligen Erhebungen oder mündlichen Verhandlungen, insbesondere aber der Zustellung der Entscheidung in der Sache und der Frage, ob die Partei das Recht hat, gegen die Entscheidung Rechtsmittel zu erheben (Birkner, Parteistellung 59 ff). Je größer der Personenkreis ist, dem dieses Recht im Verfahren eingeräumt ist, umso größer auch der Verfahrensaufwand, die Möglichkeit, verzögernde Zwischenanträge zu stellen, vor allem aber auch die Gefahr, dass eine Partei übersehen und daher ein ihr gegenüber nichtiges Verfahren abgeführt, vielleicht sogar eine mit Nichtigkeit bedrohte Entscheidung gefällt wird. Keineswegs darf die Parteilehre dazu verleiten, einen allzu weiten Parteienbegriff zuzulassen. Ließe man einen solchen zu, wäre dies weder aus verfassungsrechtlichen Gründen des rechtlichen Gehörs geboten, noch aus verfahrensökonomischen Gründen wünschenswert. Ob eine Lösung zutreffend ist, zeigt sich nicht zuletzt an ihren Folgen: In einer anderen Konstellation - bei einem allzu weiten Parteienbegriff - würden die Übrigen – die primär rechtlich Interessierten – ihres rechtlichen Gehörs nicht mehr in effektiver Weise teilhaftig werden können. Bei einem allzu ausufernden Verfahren würde die Verfahrensdauer zudem auch den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht entsprechen: Es würde sogar ihr widerstreitende Ergebnisse mit sich bringen. Regelmäßig hat doch jede Partei das Recht, dass ihre Sache in angemessener Frist entschieden wird.

Insgesamt ist daher die materielle Parteistellung möglichst eng und scharf zu fassen. Nach Abs. 1 Z 3 sind materielle Partei nur solche Personen, deren rechtlich geschützte Stellung durch die gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst würde (Klicka, Richterwoche 1997, 66 f; ders., LBI XX, 33). Bloße Reflexwirkungen, die etwa dadurch entstehen, dass eine andere Person Rechte erwirbt, die z.B. den eigenen Haftungsfonds schmälern, sind keine solche unmittelbare Beeinflussung. Darüber hinaus wurde die Formulierung der „rechtlich geschützten Stellung“ gewählt und nicht eine weitere, wie „Rechtsstellung“ oder „rechtliches Interesse“, um auch den einzelnen Verfahrenszweck als wichtigen Gesichtspunkt einfließen zu lassen. Ohne Zweifel ist etwa ein Vertragspartner oder die gegnerische Partei im Pflegschaftsverfahren von einer Vertrags- oder Klagegenehmigung unmittelbar beeinflusst. Wenn und weil aber das Pflegschaftsverfahren dazu da ist, die Interessen des Pflegebefohlenen, nicht die dritter Personen zu schützen, zeigt sich, dass Vertragspartner und Prozessgegner durch die genehmigende ebenso wie durch die abweisende Entscheidung nicht in ihrer rechtlich geschützten Stellung unmittelbar beeinflusst wurden, weil der Schutz ihrer rechtlichen Stellung gerade nicht Verfahrenszweck des Pflegschaftsverfahrens ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass mit diesem Parteienbegriff die bisherige Rechtsprechung, insbesondere zu § 9 AußStrG-aF, im Grundsätzlichen nicht geändert, sondern vielmehr fortgeschrieben werden soll. Für eine Einführung des Instituts der Nebenintervention (Rechberger, LBI XVI, 30; Klicka, LBI XX, 33) bestehen dagegen - zumindest im Allgemeinen Teil - keine überzeugenden Bedürfnisse. Derjenige, dessen rechtliches Interesse nicht durch das Verfahren geschützt ist, soll im Allgemeinen keine Verfahrensrechtsstellung haben.

Abs. 2 löst ein Problem des formellen Parteienbegriffs. Wer als Partei auftritt und einen eigenen Rechtsschutzanspruch behauptet, ist dadurch Partei, mag es auch noch so offensichtlich sein, dass ihm der behauptete Rechtsschutzanspruch gar nicht zusteht. Insoweit ist es auch nicht angebracht, auf einen solchen unberechtigten Antrag mit Zurückweisung mangels Parteistellung zu reagieren; hier muss vielmehr meritorisch entschieden werden. Mit Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ (2000) Rz 30 wäre es „ein verkehrtes Beginnen, die Frage, ob jemandem etwa der von ihm geltend gemachte Unterhaltsanspruch auch tatsächlich zusteht, im Hinblick auf das verfahrensrechtliche Problem der Parteistellung zu prüfen, um dann gegebenenfalls den Antrag mangels Parteistellung zurückzuweisen, weil dem Antragsteller kein Anspruch zukomme. Die richtige Vorgangsweise ist auch hier die Abweisung des Antrags der im formellen Sinne Partei gewordenen Person.“

Nun lehrt die Praxis, dass es neben Anträgen, die sich tatsächlich als nicht berechtigt oder sogar unschlüssig erweisen, noch eine weitere Art von Anträgen gibt; nämlich formell als Antrag bezeichnete Begehren an das Gericht, eine Entscheidung vorzunehmen, zu der dem „Antragsteller“ schon abstrakt kein Recht zukommt. Hier ist vor allem an jene Fälle zu denken, in denen die besonderen Verfahrensarten zur Verbreiterung der Entscheidungs- bzw. Einschreitensgrundlagen und zur Sicherstellung, dass das Gericht seine amtswegige Fürsorgepflicht und die Verpflichtung zur amtswegigen Stoffsammlung (Offizialmaxime und Untersuchungsgrundsatz) effektiv wahrnehmen kann, Äußerungen Dritter vorsehen, wie z.B. die „Popularanträge“ des Kindschaftsrechts. Solche Verfahrensanregungen werden aber auch im Allgemeinen nur als „Anregung“ und nicht als „Antrag“ gewertet. Wer also nach dem gesamten Inhalt seiner Eingabe nichts behauptet, aus dem sich bei verständiger Betrachtung sein subjektives Recht auf meritorische Entscheidung - und sei sie auch im konkreten Fall abweisend - ableiten lässt, sondern nur eine Anregung macht, der soll insoweit nicht als Antragsteller im Sinne des Abs. 1 Z  1 behandelt werden. Damit erübrigt sich die Notwendigkeit, solche inhaltlich als Anregungen zu verstehende, formell aber als Anträge bezeichnete Eingaben einem förmlichen Verfahren zu unterziehen und mit Zurück-, oder gar Abweisungsbeschluss reagieren zu müssen. Pflichtgemäß hat das Gericht der Anregung nachzugehen; bietet sie jedoch keinen weiteren Anlass zur beschlussmäßigen Erledigung, so muss eine solche nicht deshalb durchgeführt werden, weil der Anreger seine Anregung formwidrig als „Antrag“ bezeichnet hat (vgl. Klicka, Richterwoche 1997, 65 ff; ders., LBI XX, 34).

Abs. 3 beschäftigt sich mit der „Prozessfähigkeit“. Diesbezüglich wird auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung (§§ 1 bis 3) verwiesen. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch Sonderregelungen im Besonderen Teil (siehe etwa die Verfahrensfähigkeit mündiger Minderjähriger in bestimmten Fällen, wodurch die Regelung des § 2 ZPO erweitert wird). Auch die Stellung des gesetzlichen Vertreters soll sich nach der Zivilprozessordnung (§§ 4 und 5 ZPO) richten.

Zum § 3:

Abs. 1 entspricht im Ergebnis § 13 ZPO. Grundregel ist, dass jede Partei im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich nur für sich alleine handelt. Sie ist im Verfahren derart selbständig, dass sie grundsätzlich Anbringen jeder Art (auch: Rechtsmittel) erheben kann, ohne dafür die Zustimmung anderer Parteien zu benötigen. Daraus folgt aber auch, dass sie sich das Verhalten anderer Parteien weder zurechnen kann noch zurechnen lassen muss. Bleibt sie untätig, so hat sie allfällige Säumnisfolgen nach § 17 zu tragen. Ihre Handlungen und Unterlassungen wirken daher nur für sie selbst unmittelbar. Das bedeutet nicht, dass sie anderen Parteien gegenüber schlechthin keine Wirkung hätten, sondern nur, dass sie nicht als deren eigene Verfahrenshandlungen verstanden werden können. Gegenparteien (Parteien mit widerstreitenden/entgegengerichteten Anträgen) können aus dem Verhalten der Partei unmittelbar Vor- oder Nachteile erlangen; gleiche Interessen verfolgende Parteien sind idR nur mittelbar betroffen.

Freilich wirkt es sich auch auf das Verfahren außer Streitsachen aus, dass sich nach den Regeln des materiellen Rechts in manchen Konstellationen die Entscheidung zwangsläufig auf alle Parteien erstrecken muss, weil eine unterschiedliche Beurteilung der Sache im Hinblick auf einzelne Parteien nicht möglich ist oder das Gesetz ausdrücklich anordnet, dass sich die Wirkungen einer Entscheidung auch auf eine andere Partei beziehen. Für diese – im streitigen Erkenntnisverfahren als anspruchsgebundene und wirkungsgebundene Streitgenossenschaft bezeichneten Fälle der so genannten einheitlichen Streitpartei gibt es zwar im Verfahren außer Streitsachen keine terminologische Entsprechung. Dennoch stellt sich dasselbe Ordnungsproblem, zum Beispiel bei einer Benützungsregelung unter Miteigentümern oder der Einantwortung im Verlassenschaftsverfahren. Soweit § 14 ZPO anordnet, dass sich dann, wenn einzelne Streitgenossen säumig sind, die Wirkung der Prozesshandlungen der tätigen Streitgenossen auch auf sie erstreckt, ist die Normierung eines solchen „Günstigkeitsprinzips“ für Betreibungshandlungen im Verfahren außer Streitsachen allerdings schon wegen des Amtsbetriebs und des Fehlens strikter Säumnisfolgen nicht erforderlich. Betreibungshandlungen einzelner Parteien wirken ohnehin immer auch mittelbar für die „Nichttätigen“. Dies ist freilich ein allgemeines Phänomen: auch andere Verfahrenshandlungen, wie etwa Tatsachenvorbringen und Beweisanbote wirken angesichts des für die Stoffsammlung geltenden Untersuchungsgrundsatzes und des Fehlens beweisbefreiender Wirkung einer Nichtbestreitung immer auch „für“ andere Parteien. Ein Regelungsbedürfnis für die in der ZPO als „einheitliche Streitpartei“ beschriebenen Fälle materiellrechtlicher Verknüpfung mehrerer Parteien ergibt sich nur zur Frage, wann die Entscheidungswirkungen eintreten. Dieser Themenkreis ist im §  43 Abs. 2 geregelt.

Darüber hinaus sind schon auf Grund des materiellen Rechts die von der Rechtsprechung entwickelten, bei Systematisierung üblicherweise zu § 14 ZPO eingeordneten Grundsätze, wann Verfügungen über den Verfahrensgegenstand und das Rechtsschutzbegehren der Einstimmigkeit aller Mitglieder der in der ZPO als „einheitliche Streitpartei“ beschriebenen Fälle materiellrechtlicher Verknüpfung mehrerer Parteien bedürfen, anzuwenden (siehe dazu Schubert in Fasching/Konecny2 II/1 § 14 ZPO Rz 28ff, Fucik in Rechberger2, § 14 Rz 6). Diese haben ihren Sitz im materiellen Recht. Schon deshalb bedarf es insoweit ebenso wenig einer Norm im Verfahren außer Streitsachen wie im Zivilprozess (dessen § 14 ZPO eben auch keine Regelung dazu trifft, sondern im materiellen Recht voraussetzt).

Mit Abs. 2 wird der Regelungsinhalt der §§ 184 und 289 Abs. 1 ZPO mit den notwendigen Anpassungen sinngemäß ins Verfahren außer Streitsachen übernommen. Er normiert das Fragerecht der Partei.

Zum § 4:

Bisher galt im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich Vertretungsfreiheit. Davon soll nach Abs. 1 in erster Instanz nicht und in zweiter Instanz jedenfalls im Allgemeinen nicht zur Gänze abgegangen werden (zustimmend Ferstl, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Rechtsmittelverfahren, Richterwoche 1995, 274). Besondere Vorschriften, durch die auch in erster Instanz zumindest relative Anwaltspflicht eingeführt wird, bleiben vorbehalten. Ebenso gehen die Winkelschreiberei-Verordnung und § 8 Abs. 2 RAO für die berufs-(gewerbs)mäßige Vertretung als leges speciales vor.

Andererseits zeigt sich, dass gerade in Verfahren außer Streitsachen mitunter wenig zweckmäßige Parteienschriftsätze einlangen, denen kaum entnommen werden kann, was sie anstreben. Wenn auch die Diktion des §  5 AußStrG-aF wenig zeitgemäß und dem hilfeorientierten Charakter eines Rechtsfürsorgeverfahrens nicht angemessen ist („Parteien, von welchen sie zu wiederholten Malen mit fehlerhaften oder unzulässigen Gesuchen behelligt werden,“ können die Gerichte Vertretungsaufträge erteilen), so ist doch eine flexible Nachfolgebestimmung von Nutzen (Abs. 2).

Im Übrigen sprechen die Abs.  2 und 3 das Problem der postulationsunfähigen Parteien an, das im Sinne des Verfahrens außer Streitsachen möglichst formfrei und flexibel in den Griff zu bekommen ist. Im Lichte der mittlerweiligen Novellierung des §  185 ZPO (Einfügung des Abs.  1a) soll eine derartige Bestimmung auch für das Außerstreitverfahren vorgesehen werden. In einem solchen Fall erübrigt sich der Auftrag, einen geeigneten Bevollmächtigten zu bestellen, weil dies eben nicht notwendig ist, um das Verfahren zweckentsprechend durchzuführen. Vielmehr wird hier auch im Verfahren außer Streitsachen in Fällen, in denen Gehörlose oder Stumme als Parteien einschreiten, ein Dolmetsch für die Gebärdensprache beizuziehen sein, dessen Kosten der Bund zu tragen hat.

In allen übrigen Fällen aber sind Parteien, die der Gerichtssprache nicht mächtig sind - von den Fällen der Amtssprachenverordnungen abgesehen - mit den in den Abs. 2 und 3 vorgesehenen Maßnahmen zu unterstützen. Entgegen Bedenken aus der Lehre scheint es auch nicht notwendig, hier eine eigene Vorschrift vorzusehen, dass der Auftrag nicht mündlich zu erteilen ist. Ist eine Partei der Gerichtssprache gar nicht mächtig, so muss es ja unmittelbar einleuchten, dass ein mündlicher Auftrag nicht geeignet ist, die Probleme der Postulationsunfähigkeit aus der Welt zu schaffen. Abgesehen davon ist es in zahlreichen Fällen so, dass die Deutschkenntnisse der Partei zwar nicht ausreichen, ein Verfahren unvertreten abzuführen, sehr wohl aber dazu, zur Kenntnis zu nehmen, dass ein geeigneter Bevollmächtigter zu bestellen (oder der Antrag auf Beiziehung eines Dolmetschs - freilich auf Kosten der Partei - zu stellen) ist.

Zum § 5:

Mängel der Verfahrensfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung und einer allenfalls erforderlichen besonderen Ermächtigung zur Prozessführung sollen ebenso wie im Zivilprozess von Amts wegen wahrgenommen und dem Vorbild der §§ 6, 6a und 7 ZPO folgend deren Behebung - sofern möglich - versucht werden. Zu diesem Zweck hat das Gericht die erforderlichen Schritte zu setzen; bei Fehlen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der Verfahrensführung etwa den Auftrag zu deren Vorlage zu erteilen. Über die Regelungen der Zivilprozessordnung hinausgehend legt Abs. 1 dem Gericht die Verpflichtung auf, Vorsorge zu treffen, dass der Partei hieraus keine Nachteile erwachsen.

Für den wohl häufigsten Fall allfälliger Mängel im Bereich der Prozessfähigkeit trifft Abs. 2 Vorsorge. Er grenzt die Befugnisse des Außerstreitgerichts zur Bestellung eines gesetzlichen Vertreters im Anlassfall von der Pflicht zur Veranlassung der Vertreterbestellung im entsprechenden Pflegschaftsverfahren ab. Zu klären ist die Frage, ob die notwendig werdende Bestellung eines gesetzlichen Vertreters innerhalb des konkreten Außerstreitverfahrens oder in einem gesonderten Verfahren von dem nach §§ 109 oder 112 JN zuständigen Gericht vorzunehmen ist. Die Abgrenzung erfolgt (in Anlehnung an die Befugnisse des Abhandlungsgerichts nach § 27 AußStrG-aF) so, dass nur die Kollisionskuratel sowie der Zustellkurator im konkreten Verfahren, alle übrigen Kuratoren aber ebenso wie Sachwalter in dem dafür vorgesehenen Pflegschaftsverfahren bestellt werden sollen. Das erklärt auch die unterschiedliche Diktion des Abs. 2 Z 1 („zu bestellen“) und des Abs. 2 Z 2 („für die Bestellung zu sorgen“, also dem zuständigen Gericht Anzeige von der Notwendigkeit der Vertreterbestellung zu machen).

Auch die Verfahrensvorschriften und allfällige Entlohnungs- oder Ersatzansprüche des gesetzlichen Vertreters richten sich - unbeschadet allfälliger Kostenersatzansprüche der Partei im Anlassverfahren - nach dieser Zuständigkeitsabgrenzung (Abs. 3). Mangels Übernahme der Regelung des § 10 ZPO, die zu sehr auf das Zwei-Parteien-System des Zivilprozesses zugeschnitten ist, sind sie daher stets unabhängig davon, wer die Veranlassung zur Vertreterbestellung gegeben hat, - zumindest vorläufig - vom Vertretenen zu tragen.

Abs. 4 betrifft ein dringendes Anliegen insbesondere des Sachwalterrechts, ist aber für das gesamte Verfahren außer Streitsachen von Bedeutung. Ein „Unterbrechungsbeschluss“ im Sinne des §  6a ZPO hat keinerlei Einfluss auf den Fristenlauf (LGZ Wien WR 484). Dies soll zumindest für das Verfahren außer Streitsachen in einer Weise geändert werden, die sinngemäß den Fällen entspricht, in denen Verfahrenshilfe unter Beigabe eines Rechtsanwalts beantragt wird (§ 73 Abs. 2 ZPO). Die Interessenlage ist nämlich in beiden Fällen weitestgehend gleich.

Zum § 6:

Im neuen Verfahren außer Streitsachen wird eine relative Vertretungspflicht im Rekursverfahren und eine absolute Vertretungspflicht im Revisionsrekursverfahren eingeführt (zu letzterem vgl. Rechberger, LBI XVI, 34 ff; Fasching, Richterwoche 1987, 38 f). Diese allgemeine Regel lässt selbstverständlich Sondernormierungen in den einzelnen Verfahrensarten unberührt.

Eine absolute Vertretungspflicht im Rekursverfahren ist nicht vorgesehen. Der formlosere und rechtsfürsorgende Charakter des Verfahrens außer Streitsachen lässt es nicht zu, schon im Rekursverfahren absolute Vertretungspflicht einzuführen, weil dies mit einer Verteuerung des Verfahrens für die rechtssuchende Bevölkerung verbunden wäre, der kein annähernd so großer Vereinfachungseffekt gegenüberstünde. Berücksichtigt man nämlich, dass die Mehrzahl der Pflegschaftssachen zwar schwierige Wertungsfragen aufwirft, aber kaum größere juristische Auslegungsprobleme oder subtile Verfahrensdispositionen, weiters, dass gerade viele Verfahren außer Streitsachen (nicht selten von Amts wegen) Verfahrensführungen in minder finanzstarken Bevölkerungskreisen erfordern und eine absolute Vertretungspflicht daher zu einer hohen Zahl von Verfahrenshilfeanträgen und damit verbundenen Verzögerung führen müsste, so soll demjenigen, der ohne Vertretung auszukommen glaubt, eine solche nicht aufgezwungen werden. Der Gesetzgeber würde wenig Verständnis ernten, wenn er im Unterhaltsverfahren oder beim Unterhaltsvorschuss dem Unterhaltspflichtigen zumutete, er müsse sich für jeden Rekurs (und für jede Rekursbeantwortung) einen Vertreter nehmen - noch dazu, wenn die „Gegner“ Jugendwohlfahrtsträger und Präsident des OLG von einer solchen Vertretungspflicht ausgeschlossen sind. Ein unabweisliches Bedürfnis nach absoluter Vertretungspflicht in zweiter Instanz ist daher - auch nach der Erfahrung der Praxis - nicht auszumachen.

Bisher besteht im gesamten Verfahren außer Streitsachen eine Vertretungsbefugnis für Notare ebenso wie für Rechtsanwälte. In das Gefüge standesrechtlicher Abgrenzung sollte so wenig wie möglich eingegriffen werden. Dabei ist einzuräumen, dass eine Parteienvertretung durch Notare faktisch nur in Teilbereichen des Verfahrens außer Streitsachen üblich ist: in Verlassenschaftsverfahren, Registerverfahren (insbesondere im Grundbuch und Firmenbuch) und in pflegschaftsgerichtlichen Genehmigungsverfahren.
Die allgemeine Gleichsetzung anwaltlicher und notarieller Vertretung setzt sich aber - je strukturell ähnlicher das einzelne Verfahren dem Zivilprozess ist (einander Anträge zweier oder mehrerer Parteien gegenüber stehen können), umso mehr - dem Vorwurf sachlich ungerechtfertigter Differenzierung aus, denkt man etwa an Enteignungsentschädigungsverfahren im Vergleich zur Amtshaftung, an Mietrechtsangelegenheiten im Vergleich zu Kündigungs- und Räumungsprozessen und ähnliche Verfahren. Abs. 1 ordnet daher für die so genannten „streitigen Außerstreitverfahren“ eine alleinige Vertretungsbefugnis der Rechtsanwälte in zweiter und dritter Instanz an. Dies entspricht auch dem Berufsverständnis beider Berufsgruppen, mit denen diese Bestimmung akkordiert wurde. Ist bereits in erster Instanz eine alleinige Vertretungsbefugnis für Rechtsanwälte angeordnet, so gilt deren ausschließliches Vertretungsrecht natürlich auch in zweiter und dritter Instanz.

Abs. 2 regelt nun, inwieweit Notare nach wie vor als Parteienvertreter (neben den Rechtsanwälten) einschreiten können. Dies geschieht in Form einer „Negativdefinition“: Notare können in allen Verfahren außer Streitsachen, ausgenommen den in Abs. 1 genannten, einschreiten. Die Aufzählung einzelner Materien ist eine bloß demonstrative.

Abs. 3 zählt die von der Vertretungspflicht ausgenommenen Behörden und Institutionen auf.  Diese sind, unabhängig davon ob sie als Partei oder Parteienvertreter auftreten, den durch einen Rechtsanwalt vertretenen Parteien gleichzuhalten. Sämtliche für diese geltenden Sonderbestimmungen, wie etwa hinsichtlich der Anleitungs- und Belehrungspflicht, sind auch auf sie anzuwenden.

Mangels Bedürfnis nach einer Sonderregelung im Verfahren außer Streitsachen kann auf die Bestimmungen über die Bevollmächtigung der ZPO global verwiesen werden (Abs. 4). Damit wird unter anderem auch auf § 28 ZPO verwiesen, der die persönlich von der Vertretungspflicht ausgenommenen Personen aufzählt. Unter diesen Personenkreis fallen auch bestimmte ordentliche Universitätsprofessoren (siehe Fucik in Rechberger, ZPO2, Rz 2 zu § 28).

Zum § 7:

Grundsätzlich ist - wie schon bisher - über die Verfahrenshilfe keine Sonderregelung gegenüber dem Zivilprozess zu treffen, sodass eine Verweisung auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Verfahrenshilfe durchaus angemessen ist. Damit wäre aber nach der Verweisungstechnik des neuen Außerstreitgesetzes (vgl. die Ausführungen im Allgemeinen Teil) bloß auf den Siebenten Titel des Ersten Abschnitts des Ersten Teiles der ZPO (§§  63 bis 73) verwiesen, und nicht auch auf die anderen Paragraphen der ZPO, die sich mit der Verfahrenshilfe befassen, wie etwa §  521 iVm §  464 Abs. 3 ZPO. Um eine inhaltliche Übernahme dieser Regelungen zu erreichen war daher - die bisherige Judikatur fortschreibend - in Abs. 2 die Unterbrechung des Fristenlaufes von verfahrensrechtlichen Notfristen und der jeweiligen Verbesserungsfristen anzuordnen.

Auszuschließen ist lediglich, weil insoweit der rechtsfürsorgende Charakter der Verfahren außer Streitsachen vorgeht, die Anwendung des §  72 Abs.  2 erster Satz ZPO (kein Rekursrecht des Gegners gegen die Gewährung der Verfahrenshilfe). Wohl aber steht jeder anderen Partei jederzeit die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Entziehung oder Erlöschen der Verfahrenshilfe zu stellen und die hierüber ergehende Entscheidung auch im Instanzenzug überprüfen zu lassen.

Zum 2. Abschnitt (Verfahren)

Zum § 8:

Wer versucht, das Verfahren außer Streitsachen nach den Grundsätzen der amtswegigen oder antragsabhängigen Einleitung zu charakterisieren, wird zu verschiedenen Ergebnissen kommen, je nach dem, auf welches Verfahren er den Schwerpunkt legt. Aber selbst in den Bereichen des Pflegschafts- und Verlassenschaftsverfahrens gibt es ein Gemenge von antragsabhängigen und antragsunabhängigen Verfahrensarten. So ist zwar in jedem Fall eine Todesfallaufnahme angebracht, unter einer bestimmten Wertgrenze aber nicht unbedingt ein Abhandlungsverfahren, wenn keine Partei dieses beantragt. Insoweit ist auch nicht jedes Verlassenschaftsverfahren antragsunabhängig. Ähnliches könnte man für das Pflegschaftsverfahren beobachten, in dem zwar wichtige Bereiche der Zuteilung und der Entziehung der Obsorge auch von Amts wegen zum Gegenstand eines Pflegschaftsverfahrens werden können, nicht aber etwa einzelne Vermögensangelegenheiten oder Besuchsregelungen. Davon ausgehend stellt es sich eher als Konstruktionsfrage dar, ob man als Grundsatz eine Verfahrenseinleitung nur auf Antrag oder eine amtswegige Verfahrenseinleitung vorsehen will. Der Entwurf hat sich dazu entschlossen, als Grundsatz die Einleitung des Verfahrens nur auf Antrag vorzusehen. Wenn in den Materiegesetzen oder den besonderen Verfahrensvorschriften nichts anderes angeordnet ist, verbietet sich ein amtswegiges Vorgehen auch im Verfahren außer Streitsachen.

Mit der in Abs. 2 vorgesehenen Zustellung zu eigenen Handen soll jede aktenkundige Partei darauf hingewiesen werden, dass ein Verfahren eingeleitet wurde, das sie betrifft. Im Interesse einer schlanken und zweckmäßigen Verfahrensführung ist dies freilich immer dann sinnlos, wenn der Antrag sogleich (als unverbesserbar unschlüssig oder unzulässig) ab- oder zurückgewiesen werden muss. Da in einem solchen Fall auch nicht in die subjektive Rechtsstellung der anderen Parteien eingegriffen wird, erübrigt es sich, diesen Parteien den Antrag zuvor noch zur Kenntnis zu bringen.

Durch diese Bestimmung wird freilich §  44 Abs.  2 JN nicht derogiert. Ist der Antrag weder ab-, noch zurückzuweisen, sondern infolge Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes zu überweisen, so liegt eben kein Fall vor, nach dem sich die Zustellung im Sinne des §  8 Abs. 2 erübrigt. Vielmehr ist der Antrag sogleich dem zuständigen Gericht zu überweisen, das nunmehr anstelle des ursprünglich angerufenen Gerichtes unter gleichzeitiger Zustellung des Überweisungsbeschlusses im Sinne des §  8 Abs.  2 vorgehen wird.

Aus dem weiten Parteienbegriff des Verfahrens außer Streitsachen mögen sich mitunter Schwierigkeiten ergeben, die Einleitung des Verfahrens allen materiellen Parteien bereits zeitgleich mit der Einleitung von Erhebungen bekanntzugeben. Oft wird das Gericht zu diesem frühen Zeitpunkt noch keine Kenntnis von der Existenz, Parteistellung oder Identität aller Personen haben, deren rechtlich geschützte Stellung durch die gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst werden könnte. Um nun dem Gericht keine unerfüllbaren Handlungspflichten aufzuerlegen, soll die Pflicht zur Verständigung von der Einleitung des Verfahrens auf die bereits aktenkundigen Parteien begrenzt sein. Das sind jene Personen, deren Parteistellung sich bereits dem Antrag oder dem bisherigen Akteninhalt (zB dem Pflegschaftsakt oder jenem Sachverhaltssubstrat, das zur amtswegigen Einleitung des Verfahrens führt) entnehmen lässt. Eine allseitige Nachforschungspflicht, der ja nur durch Erhebungen (zB Einsicht in andere Akten, Register, Nachfrage bei Behörden, etc.) entsprochen werden könnte, kann schon denklogisch nicht gemeint sein und würde auch im Rechtsfürsorgeverfahren die Möglichkeiten des Gerichtes bei weitem überspannen. Wird eine Partei in einem späteren Verfahrensstadium aktenkundig oder ist sie dem Verfahren -  beispielsweise auf Grund ihrer auf einen bestimmten Teil des Verfahrens beschränkten Parteistellung - erst später beizuziehen, so hat die Verständigung sodann zu erfolgen.

Es sind freilich auch Sachverhaltskonstellationen denkbar, in denen nicht schon anfangs des Verfahrens klar ist, dass eine Person als materielle Partei in Frage kommt, etwa im Obsorgekonflikt, bei dem sich prima facie bloß die Alternative Vater oder Mutter stellt, aber auch die Betrauung anderer Personen (zB Großeltern oder Pflegeeltern) in Betracht kommt. Am Anfang des Verfahrens ist daher, solange keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass andere Personen als die Eltern mit der Obsorge betraut werden sollten, eine Beiziehung der übrigen „abstrakt“ für eine Betrauung in Frage kommenden Personen nicht wünschenswert, weil sie zu einer Überfrachtung des Verfahrens führen würde. Stellt sich sodann im Lauf des Verfahrens heraus, dass eine Betrauung Dritter (insbesondere der Großeltern oder Pflegeeltern) konkret in Frage kommt, aktualisiert sich ihre materielle Parteistellung; (erst) dann gilt auch auf diese Parteien bezogen die Pflicht zur Beiziehung von Amts wegen.

Im Allgemeinen muss sohin die Zustellung des Antrags an die aktenkundige Partei „spätestens gleichzeitig mit der Einleitung von Erhebungen“ erfolgen, was freilich nicht bedeuten soll, dass die Zustellung (etwa bei aufgeschobenen Erhebungen) erst in einem späteren Verfahrensstadium stattfinden kann (vgl. Klicka, LBI XX, 39). Vielmehr soll mit dieser Formulierung sichergestellt sein, dass - insbesondere in dringenden, einer einstweiligen Verfügung gleichkommenden Angelegenheiten - Erhebungen nicht erst begonnen werden dürfen, wenn der verfahrenseinleitende Antrag zugestellt worden (oder gar der Rückschein wieder eingelangt) ist.

Die Verständigung von der Einleitung eines Verfahrens erfüllt nur dann ihren vollen Zweck, wenn der Partei zugleich auch der Gegenstand des Verfahrens bekannt gegeben wird. Orientiert sich dieser in Verfahren, die auf Antrag eingeleitet werden, am Inhalt des Antrags, so ist als Gegenstück in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden, der Gegenstand des Verfahrens vom Gericht in der ersten Verfahrenshandlung deutlich zu bezeichnen (Abs. 3).

Ein Unterbleiben einer zeitgerechten, allen Form- und Inhaltserfordernissen entsprechenden Verständigung von der Verfahrenseinleitung wird jedoch nur dann einen relevanten Verfahrensmangel darstellen können, wenn sie entweder zu einem Gehörverstoß im Sinne des § 58 Abs. 1 Z 1 oder 2 führt oder die erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Sache hindert (§ 57 Z 4).

Zum § 9:

Der weniger formstrenge und oft rechtsfürsorgende Charakter des Verfahrens außer Streitsachen hat manche Rechtslehrer schon lange zu der Forderung geführt, unbestimmte Begehren zuzulassen (zur Diskussion s. Jelinek, Zur Reform des Außerstreitverfahrens - Die Regelungs- und Streitentscheidungsverfahren, LBI II, 84; ders., Richterwoche 1995, 191; Rechberger, LBI XVI, 43; ders., Richterwoche 1995, 170). Freilich ist das Problem komplex und nicht durch eine allgemeine Anordnung zu lösen. Bei so genannten Rechtsgestaltungs- oder Regelungsverfahren ist ein bestimmtes Begehren schon der Natur der Sache nach schwer vorstellbar; wenn es etwa um die billige Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse geht, wird eine Verfahrensgestaltung, in der nur genau das Begehrte zugewiesen werden darf, den Bedürfnissen des spezifischen Verfahrenszwecks nicht gerecht. Auch bei einer Benützungsregelung kann es nicht sinnvoll sein, den Antragsteller - aber auch das Gericht - an ein genaues Begehren zu binden. In diesem Sinne ist - bewährter Rechtsprechung zum Rekursantrag (s. bei Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen [1998] Rz 7 zu § 9) folgend - im Abs. 1 normiert, dass es ausreicht, wenn der Antrag hinreichend erkennen lässt, welche Entscheidung oder sonstige gerichtliche Tätigkeit der Antragsteller anstrebt, und aus welchem Sachverhalt er dies ableitet.

Dies führt allerdings auch zu einem weiten Streitgegenstandsbegriff, weil ein genaues Begehren zur Abgrenzung nicht mehr vorhanden ist - damit sind alle aus dem zu Grunde liegenden Sachverhalt ableitbaren gleichartigen Ansprüche Gegenstand des Verfahrens; einem neuerlichen Begehren steht dann, wenn über die Sache schon entschieden war, die Rechtskraft entgegen, sodass es allenfalls nur im Rahmen eines Abänderungsverfahrens gestellt werden könnte.

Alle diese für Regelungsstreitigkeiten wie Aufteilung, Besuchsregelung oder Benützungsregelung sehr stringenten Überlegungen sind allerdings für Geldleistungsbegehren (Abs. 2) nicht so wünschenswert. Insbesondere im Unterhaltsbereich ist nicht einzusehen, warum der Unterhaltsanspruch als solcher ohne ziffernmäßige Begrenzung Streitgegenstand sein sollte (Schrott, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Erkenntnisverfahren erster Instanz, Richterwoche 1995, 264; Fucik, Zum Pflegschaftsverfahren im neuen Außerstreitverfahren, Richterwoche 1997, 177). Andererseits ist ohne weiteres einzuräumen, dass dem Unterhaltsberechtigten im Antragszeitpunkt oft die Kenntnis von den tatsächlichen, die Unterhaltshöhe maßgeblich beeinflussenden Umständen auf der Gegenseite fehlen wird. In der derzeitigen Praxis geschieht es dann oft, dass „mit gewissem Augenzwinkern und ins Blaue“ ein bestimmtes Begehren eingesetzt wird, das ja nach den Verfahrensergebnissen noch nach oben und unten korrigierbar ist. Hier ist es dem hilfeorientierten Charakter des Verfahrens außer Streitsachen, der grundsätzlich herrschenden Wahrheits-, Vollständigkeits- und Mitwirkungspflicht der Parteien, dem Rechtsfürsorgecharakter, dem Untersuchungsgrundsatz und einem offenen formlosen Verfahren durchaus angemessener, vorerst ein unbestimmtes Begehren zuzulassen. Im Laufe des Verfahrens muss es aber einen Zeitpunkt geben, an dem die Verfahrensergebnisse die ziffernmäßige Konkretisierung zulassen (s. Feitzinger, Richterwoche 1997, 20 f). Am Unterhaltsbeispiel erläutert, wird etwa ein Unterhaltserhöhungsantrag mit der allgemeinen Behauptung gestellt werden können, der Unterhaltspflichtige müsse deutlich mehr verdienen als bei der letzten Unterhaltsfestsetzung. Daraufhin wird, wenn nicht auf andere Weise Einvernehmen erzielt wird, eine Gehaltsauskunft unvermeidlich sein. Nach dem Ergebnis der Gehaltsauskunft ist es aber ohne weiteres zumutbar, das Begehren ziffernmäßig zu konkretisieren. Dies soll daher auch geschehen, um den Entscheidungsgegenstand auf deutliche und befriedigende Weise abgrenzen zu können. Klar ist freilich, dass unbestimmte Begehren keine schnelle Entscheidung im Sinne des § 17 zulassen, weil mangels konkreten Vorbringens die Nichteinwendungsfiktion keine Erhebungserleichterungen verschaffen kann. Wer eine solche Quasisäumnisentscheidung anstrebt, muss von vornherein ein bestimmtes Begehren stellen.

Die Vorgangsweise, die hier Platz greifen soll, lässt sich wie folgt darstellen (s. Feitzinger, Richterwoche 1997, 20 f): Nachdem nach Ansicht des Entscheidungsorgans die Verfahrensergebnisse die Angabe eines ziffernmäßigen Begehrens zulassen, ist der Antragsteller zur Konkretisierung seines Begehrens aufzufordern, wobei auch die Rechtsfolgen nach Abs. 3 vor Augen geführt werden müssen. Die Partei ist nunmehr verpflichtet, ihr Begehren ziffernmäßig zu konkretisieren, damit darüber entschieden werden kann.

Denkbar ist es nun, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen der Partei und dem Entscheidungsorgan darüber bestehen, ob die Verfahrensergebnisse eine derartige Angabe schon zulassen. Im Interesse eines einfachen und nicht allzu sehr verzögerten Verfahrensablaufs soll hier aber kein Rechtsmittel der Partei gegen die Aufforderung zugelassen werden. Ist sie der Meinung, dass die Verfahrensergebnisse die geforderten Angaben noch nicht zulassen, wird sie diese unterlassen müssen. Dies kann das Entscheidungsorgan zum Anlass nehmen, sich der Ansicht der Partei anzuschließen, seine Aufforderung zurückzunehmen und weitere Erhebungen zu pflegen. Geschieht dies aber nicht, so ist der ziffernmäßig nicht bestimmte Antrag nach Abs. 3 zurückzuweisen. Aus allgemeinen Grundsätzen heraus selbstverständlich ist, dass ein Zurückweisungsbeschluss im Rechtsmittelweg - wiederum insbesondere wegen Mangelhaftigkeit (fehlender Konkretisierungsreife) - bekämpft und überprüft werden kann (Klicka, LBI XX, 38).

Mit dieser Konstruktion ist das Interesse einer Partei, nicht unbekümmert Vermutetes behaupten zu müssen, sondern ihr Vorbringen im gesicherten Rahmen zu erstatten, mit dem Interesse des Gerichtes und der Gegenpartei, eindeutige Entscheidungsgrenzen ausmachen zu können, im größtmöglichen Ausmaß vereinigt (s. auch Klicka, Richterwoche 1997, 69).

Die Bestimmung ist freilich nicht dahin misszuverstehen, dass nun in jedem Fall ein - zumindest vorerst - unbestimmtes Begehren gestellt werden könnte. In manchen Fällen ergibt sich schon aus dem materiellen Recht ein besonderes Bestimmtheitserfordernis; hier ist insbesondere an die Erbantrittserklärung im Sinne der §§ 799, 800 ABGB zu denken, die einen bestimmten vorgeschriebenen und ganz konkreten Inhalt aufweisen muss, aber etwa auch an die Vertrags- und Klagegenehmigungsverfahren im Rahmen eines Pflegschaftsverfahrens. Auch hier leistet das Gericht ja keine Formulierungshilfe, sondern hat konkret zu entscheiden, ob ein ganz bestimmter Vertrag oder eine ganz bestimmte Klage pflegschaftsgerichtlich genehmigt werden oder nicht. Auch wo es darum geht, einen ganz bestimmten Adoptionsvertrag gerichtlich genehmigen zu lassen, die Kraftloserklärung einer bestimmten Urkunde oder die Todeserklärung einer ganz bestimmten Person zu erreichen, sind unbestimmte Begehren schon von der Funktion und dem institutionellen Zweck des Verfahrens her nicht denkbar.

Im allgemeinen Zivilprozess sind neben Leistungs- und Rechtsgestaltungsbegehren auch Feststellungsbegehren möglich, wobei auf das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses abgestellt wird (§ 228 ZPO). Im Verfahren außer Streitsachen wird ein solches Feststellungsbegehren immer möglich sein, wenn dies in der materiellen Rechtslage angelegt ist.

Zum § 10:

Abs. 1 gibt vorerst eine Definition des Anbringens, indem er Anträge, Erklärungen und Mitteilungen aufzählt. Dann normiert er die möglichen Formen des Anbringens, nämlich mittels Schriftsatzes oder zu Protokoll. Schließlich erklärt er zur allgemeinen Regel, dass die Anbringen beim Gericht erster Instanz eingebracht werden müssen. Somit bleibt es auch weiterhin bei der Grundregel, dass Rechtsmittel und Rechtsmittelbeantwortungen beim Gericht erster Instanz einzubringen und keinesfalls direkt dem Rechtsmittelgericht zu übermitteln sind.

Im Abs. 2 findet sich ein Kompromiss zwischen der für den Fortgang eines beschleunigten Verfahrens wünschenswerten Formstrenge und der hilfeorientierten Formfreiheit des Verfahrens außer Streitsachen, indem das Verlangen nach Gleichschriften „weicher“ formuliert ist und die Verpflichtung des Gerichtes von Amts wegen Abschriften herzustellen, wenn dies zur Beschleunigung des Verfahrens geboten ist, auf Parteien eingeschränkt wird, die nicht von einem Rechtsanwalt oder Notar vertreten werden. Dem Selbstverständnis der Rechtsberufe ist es wohl völlig zuwiderlaufend, dass ein Anwalt oder Notar solche Gleichschriften nicht selbst herstellt, um Arbeitszeit oder Geld zu sparen und diese Mühsal dem Gericht zu überlassen.

Auch Abs.  3 ist weniger strikt formuliert als die Parallelbestimmung des Zivilprozessrechts. Selbstverständlich ist es zur notwendigen Identifizierung von Anbringen erforderlich, die Bezeichnung der Sache, den Einschreiter und, soweit dieses bereits bekannt ist, naturgemäß auch das Aktenzeichen anzuführen. Dagegen ergibt sich aus dem weitreichenden materiellen Parteienbegriff, dass die Aufzählung aller übrigen Parteien nicht in jedem Fall wünschenswert ist. Zum einen kann es sich um einzelne Begehren in einer Art Zwischenverfahren handeln, das die anderen Parteien gar nicht beschwert, zum anderen ist es oft denkbar, dass der anbringenden Partei Namen und Anschriften der anderen Parteien oder selbst deren Identität nicht bekannt sind.

Dass Tag und Ort der Geburt sowie die Staatsangehörigkeit der Parteien in Personenstandssachen weitere notwendige Angaben sind, entspricht bisheriger Praxis und dem derzeitigen Normenbestand. Auch dies ist selbstverständlich mit der im ersten Halbsatz enthaltenen Einschränkung zu verstehen, sodass auch in Personenstandssachen Tag und Ort der Geburt sowie Staatsangehörigkeit der Parteien nur erforderlichenfalls und nur soweit sie dem Einschreiter bekannt sind, angegeben werden müssen.

Im Abs. 4 findet sich wieder eine grundlegende Vorschrift eines auf Rechtsfürsorge und Formfreiheit bedachten, gewissermaßen hilfeorientierten Verfahrens außer Streitsachen. Sie ist den Normen der §§ 84 f ZPO nachgebildet. Als Grundregel ist herausgestellt, dass Anbringen, die an einem Form- oder Inhaltsmangel leiden, verbesserungsfähig sind und vom Gericht (selbstverständlich von Amts wegen) für die Verbesserung zu sorgen ist. Die weiche Formulierung „für die Verbesserung zu sorgen“ macht deutlich, dass dies nicht unbedingt durch Rückstellung und Einfordern eines Verbesserungsschriftsatzes geschehen muss, sondern auch andere Möglichkeiten bestehen. Diese reichen von der Ladung der Partei bis zu formfreien, unter Umständen sogar fernmündlich eingeholten und in einem Amtsvermerk festgehaltenen Ergänzungen. Wesentlich ist auch die Einschränkung, dass nur ein Mangel, der die weiteren Verfahrensschritte hindert, ein eigenes Verbesserungsverfahren auslöst.

Darüber hinausgehende weitere Regeln werden für so genannte fristgebundene Anbringen vorgesehen. Bei diesen ist, wenn eine Verbesserungsaufforderung ergeht, auch eine - angemessene - Frist für die Verbesserung zu setzen. Dabei sind alle Mängel anzuführen, um nicht mehrere Verbesserungsverfahren zu generieren. Um die Frist auch überwachen zu können, ist die Verbesserungsaufforderung mit Zustellnachweis (Ersatzzustellung reicht aus) zuzustellen. Langt das Anbringen unter Wahrung der Verbesserungsfrist ein, so gilt es als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht. Die Frist ist daher durch verbessertes Einbringen innerhalb der Verbesserungsfrist gewahrt.

Zum § 11:

Ob eine Regel über die Zulässigkeit und die Grenzen der Zurücknahme eines Antrags vorgesehen werden sollte, war bisher kontrovers. Die Zurücknahme des Antrags, mit dem ein Verfahren eingeleitet wurde, war bislang im Allgemeinen Teil des Verfahrens außer Streitsachen nicht ausdrücklich geregelt. Der Ministerialentwurf verneinte die Notwendigkeit einer derartigen Regelung und vermeinte, dass sich eine Parallele zu §  237 ZPO über die Klagezurücknahme im Allgemeinen schon deshalb verbiete, weil die Rechtswirkungen (insbesondere Kostenersatz) nicht dieselben seien. Es empfehle sich daher, allfällige Schranken der Zurücknahme eines Antrags den einzelnen besonderen Verfahrensarten vorzubehalten. Dieser Argumentation ist durch die nunmehr vorgesehene grundsätzliche Kostenersatzpflicht die Grundlage entzogen.

Nach der bisherigen Judikatur ist in Verfahren, in denen das Gericht nur auf Antrag tätig werden darf, die Zurücknahme des Antrags in jeder Lage des Verfahrens zulässig und führt zur Beendigung des Verfahrens (8 Ob 522/94, 2 Ob 505/86 ua.); die Unzulässigkeit der Verfahrensfortführung ist ein notwendiger Reflex der Antragsbedürftigkeit. In den wohnrechtlichen Außerstreitverfahren wurde die Zulässigkeit der Zurücknahme des Sachantrags ebenfalls bejaht (3 Ob 523/94), im Rechtsmittelstadium aber an die Zustimmung des Antragsgegners bzw. einen Verzicht auf den Anspruch geknüpft (5 Ob 144/97f). In Verfahren, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können, ist eine allfällige Zurücknahme des Antrags kein notwendiger Grund zur Beendigung des Verfahrens; es kann vielmehr von Amts wegen fortgesetzt werden.

Die Regelung über die Zurücknahme des Antrags orientiert sich an dieser Judikatur, aber auch an den übertragbaren Gedanken des § 237 und des § 483 Abs. 3 zweiter Satz ZPO. Reine Antragsverfahren sind mit Zurücknahme des Antrags beendet. Geschieht die Zurücknahme während des Verfahrens erster Instanz, so bedarf dies (mangels strengen Zweiparteiensystems anders als in der ZPO) weder einer Zustimmung noch eines Anspruchsverzichts. Dies entspricht auch der geltenden Rechtslage im Außerstreitverfahren. Liegt hingegen schon eine Entscheidung erster Instanz vor, so kann der Antrag (soweit er überhaupt Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist) nur unter Verzicht auf den Anspruch oder mit Zustimmung der Übrigen, zurückgenommen werden. Eine einmal erlassene Gerichtsentscheidung (in der Regel wird dies wohl eine dem Antragsteller nicht genehme sein) soll im Allgemeinen nicht allein durch den Willen des Antragstellers nachträglich aus der Welt geschafft werden können, indem dieser ein (vielleicht sogar aussichtsloses) Rechtsmittel erhebt, um den Antrag zurücknehmen zu können, und den Anspruch - bei Aussicht auf eine günstigere Entscheidung - neuerlich anhängig macht. Eine derartige Taktik zu unterbinden ist auch verfahrensökonomisch zweckmäßig und dient sowohl der Entlastung der Gerichte als auch dem Bedürfnis der anderen Parteien nach Rechtssicherheit.

Im Antragsverfahren wird die Zurücknahme des Antrags in zweiter oder dritter Instanz von jenem Gericht, bei dem sie einlangt, also vom Erstgericht oder vom Rechtsmittelgericht, den anderen Parteien, deren erforderliche Zustimmung noch fehlt, zur Äußerung zuzustellen sein.

Um im Interesse der Rechtsklarheit zu verdeutlichen, dass die angefochtene (und damit nicht rechtskräftige) Entscheidung (bzw. der angefochtene Teil der Entscheidung) durch die Zurücknahme des Antrags wirkungslos bleibt bzw. allenfalls schon zuerkannte Wirkungen verliert, hat dies das Rechtsmittelgericht mit deklarativem Beschluss auszusprechen.

Auch bei Verfahren, die nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen eingeleitet werden können, ist eine Zurücknahme des Antrags – allerdings nur bis zum Vorliegen einer Entscheidung erster Instanz - zulässig. Im Unterschied zu den reinen Antragsverfahren führt die Zurücknahme des Antrags hier jedoch nicht automatisch auch zu einer Verfahrensbeendigung. Das Gericht hat vielmehr dann noch zu prüfen, ob es auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse Anlass zu einer Fortsetzung des Verfahrens sieht.     

Eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit eine Zurücknahme des Antrags auch eine Sperrwirkung für eine neuerliche Antragstellung (ähnlich der Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht als negative Prozessvoraussetzung) mit sich bringt, zeigt, dass im Außerstreitverfahren auch berücksichtigt werden muss, wie weit den Parteien die materiellrechtliche Dispositionsbefugnis über den geltend gemachten Anspruch zukommt. Dazu schreibt Abs. 3 die Einmaligkeitswirkung bei einer Zurücknahme des Antrags mit wirksamem Anspruchsverzicht fest. In den Fällen, in denen eine materiellrechtliche Disposition der Partei über den Anspruch nicht wirksam möglich ist, entfaltet die Zurücknahme des Antrags auch keine Sperrwirkung, bildet also keine negative Verfahrensvoraussetzung.

Zum § 12:

Eine Definition der Verfahrensanhängigkeit kann sich nicht unmittelbar an die Streitanhängigkeit des Zivilprozessrechts anlehnen; schon deshalb, weil nicht allgemein auf den Zugang eines Antrags abgestellt werden kann, gibt es doch auch von Amts wegen einzuleitende Verfahren. Im Verfahren außer Streitsachen ist daher vielmehr an die Gerichtsanhängigkeit anzuknüpfen. Dem trägt die Definition des Abs. 1 Rechnung.

Abs. 2 normiert eine spezifische Art des Umgangs mit der Tatsache, dass über dieselbe Sache mehrere Verfahren anhängig gemacht worden sind. Während im Zivilprozess hier ein Prozesshindernis der Streitanhängigkeit gegeben ist, das die Zurückweisung des zweiten Antrags erfordert, kann im formfreieren Verfahren außer Streitsachen mit einer Vereinigung all dieser Anträge bei einem Gericht vorgegangen werden. Bei welchem Gericht die Verfahren zu vereinigen sind, muss ausgehend von zwei Komponenten beurteilt werden; einerseits wird es in der Regel sinnvoll sein, das Zuvorkommen entscheiden zu lassen, also an jenes Gericht zu überweisen, bei dem der Verfahrensgegenstand als erstem anhängig (nach der Definition des Abs. 1) geworden ist, andererseits kann das für jene Gerichte nicht zutreffen, die für die Erledigung letztlich nicht zuständig sind (also für Fälle, in denen der zuvorgekommene Antrag bei einem unzuständigen Gericht eingelangt ist).

Zum § 13:

Die Zusammenfassung der wichtigsten Grundsätze der Verfahrensführung folgt im Geiste, wenn auch nicht in der Formulierung, dem bewährten Verfahrensprogramm nach § 2 des geltenden Außerstreitgesetzes. Zwar verbietet sich in einem modernen Verfahrensgesetz eine Formulierung wie diejenige, dass das Gericht „zwar keine zu seiner und der Teilnehmenden Sicherheit nötige Vorsicht vernachlässigen, aber den Parteien auch nicht durch Zweifelsucht und Ängstlichkeit ... Schaden verursachen“ solle (§  2 Abs. 3 Z  10 Außerstreitgesetz), doch trifft dies nur auf die veraltete Diktion, nicht auf den dahinterstehenden Auftrag zu.

Es ist die Aufgabe des Gerichtes, ohne an einzelne verfahrensleitende Anträge gebunden zu sein, das Verfahren so zu gestalten, dass die Sache erschöpfend erörtert und gründlich beurteilt und andererseits die Verfahrensdauer so kurz wie möglich gehalten wird. Dieser große Zielkonflikt jedes Verfahrens erlaubt keine starren Regelungen oder eindimensionalen Aufträge; Verfahren sind so schnell wie möglich, aber auch so sorgfältig und gründlich wie nötig zu führen. Wie diese Richtschnur im Einzelfall auszufüllen ist, ist Aufgabe eines engagierten und aktiven Richters, wobei ihn der Gesetzgeber durch eine flexible Verfahrensgestaltung, die Justizverwaltung durch gutes Ausbildungs- und differenziertes Aufsichtsangebot unterstützen kann, die aber letztlich der Initiative und Persönlichkeit des einzelnen Richters überlassen bleiben muss.

Dass bei richtiger Betrachtung die Verantwortung für das Verfahren nicht allein dem Richter überlassen ist, wurde zuletzt mit der Zivilverfahrens-Novelle 2002 betont. Ebenso wie im Zivilprozess wird daher auch im Verfahren außer Streitsachen die „Prozessförderungspflicht“ festgeschrieben, also eine Verpflichtung der Parteien, den Richter in seiner Aufgabe, das Verfahren möglichst rasch, aber doch gründlich zu führen, zu unterstützen.

Abs. 2 transformiert den Grundsatz der Wahrung des Kindeswohls auch in das Verfahren. Dass beim Entscheidungsinhalt das Wohl des Pflegebefohlenen zu wahren ist, ergibt sich schon aus dem materiellen Recht. Daneben ist aber auch dafür zu sorgen, dass die Verfahrensgestaltung das Wohl bestmöglich wahrt. Nicht nur beim Inhalt der Entscheidung, sondern auch bei der Gestaltung des Verfahrens und aller darin gesetzter Maßnahmen soll das Wohl des Pflegebefohlenen Grundfunktion, Maßstab und Richtschnur sein (Fucik, Zum Pflegschaftsverfahren im neuen Außerstreitgesetz, in: BMJ, Richterwoche 1997, 193). Dass dieser Grundsatz nicht nur im zweiten Hauptstück, sondern im Allgemeinen Teil normiert wird, hat mehrere Vorzüge: Damit werden auch im zweiten Hauptstück nicht enthaltene Verfahrensarten (z.B. Unterbringungsrecht) erfasst und es wird einer der wichtigsten Verfahrensgrundsätze an früher Stelle im Gesetzestext angeführt. Auch dadurch erreicht § 13 insgesamt eine programmatische, aber auch für eine teleologische Interpretation nutzbare Bedeutung, wie sie dem § 2 AußStrG-aF zukam.

Als weitere Richtlinie der Verfahrensgestaltung ist Abs. 3 anzusprechen; dass das Gericht in jeder Lage der Sache versuchen muss, die Parteien darin zu unterstützen, eine einvernehmliche Regelung ihres Konflikts zu finden, ist ein äußerst wichtiger Gesichtspunkt einer Verfahrensordnung, deren rechtsfürsorgender Charakter sich auch darin zeigen muss, dass sie die Eigenverantwortlichkeit der Parteien herausstreicht, ihre Konfliktlösungskompetenz nützt und durchaus eingesteht, dass die autoritative Anordnung durch das Gericht nicht in jeder Verfahrensart gleichen Eigenwert besitzt. Gerade diffizile personenrechtliche Verhältnisse, wie sie im Pflegschafts- und Verlassenschaftsverfahren, aber selbst bei Miteigentumsstreitigkeiten vorkommen, zeigen, dass das Verfahren außer Streitsachen ein zukunftsorientiertes, auf die Aufrechterhaltung einer gemeinsamen Friedensordnung gerichtetes Verfahren ist, in dem keine Partei zum Verlierer gestempelt werden soll, der Exekutionen zu erdulden hat, sondern in dem eine möglichst einvernehmliche Lösung des Sachkonflikts schon deshalb geboten ist, weil die Parteien meist auch künftighin miteinander auskommen müssen (vgl. Hagen, Zur Rolle des Richters in einem neuen Außerstreitverfahren, Richterwoche 1995, 304 = RZ 1995, 214).

Eine solche einvernehmliche Regelung muss nicht immer in einem Vergleich bestehen. Zum einen gibt es in diesen Bereichen Sachen, die gar nicht gerichtlich verglichen werden können, zum anderen kann das Einvernehmen auch in einer Ruhensvereinbarung, einer Zurücknahme des Antrags, oder einer akkordierten Entscheidung bestehen. Dass der Gesetzgeber keine solche Konfliktlösung ausschließen möchte, sondern sie alle förderungswürdig sind, ist daher eine ebenso wichtige Grundnorm des zukünftigen Verfahrens außer Streitsachen wie Abs.  1 (vgl. Böhm, Außergerichtliche Streitschlichtung - Zivilrecht, in Mayr, Öffentliche Einrichtungen zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten [1999] LBI XXIII, 109).

Zum § 14:

Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Anleitungs- und Belehrungspflicht sind gleichsam als Standards des Verfahrensrechts auch in das Verfahren außer Streitsachen zu übernehmen. Es besteht kein Anlass, dieses Gebiet in seinen wesentlichen Punkten abweichend zu gestalten. Es entspricht daher bewährter Rechtslage, dass bei der Anleitungs- und Belehrungspflicht zwischen vertretenen und unvertretenen Parteien differenziert wird. In Zivilprozessen, in denen eine Partei qualifiziert vertreten ist, beschränkt sich die Anleitungs- und Belehrungspflicht gemäß § 182 ZPO darauf, durch Fragestellung oder in anderer Weise darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen tatsächlichen Angaben gemacht oder ungenügende Angaben über die zur Begründung oder Bekämpfung des Anspruchs geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweise ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, die zur wahrheitsgemäßen Feststellung des Tatbestands der von den Parteien behaupteten Rechte und Ansprüche notwendig erscheinen. Im Verfahren außer Streitsachen wird dies freilich in aller Regel nicht erforderlich sein, kann doch infolge der Amtswegigkeit keine Situation eintreten, in der das bloße Nichtvorbringen von Tatsachen durch eine Partei im Endergebnis zu einem (nicht durch Geltendmachung eines Verfahrensmangels behebbaren) Verfahrensverlust führt. Die Anleitung zu einem gänzlich neuen Vorbringen ist auch durch § 182 ZPO indes nicht geboten (vgl. zuletzt SZ 70/199). Zudem wird in der Zivilverfahrens-Novelle 2002 das bislang bereits von der Rechtsprechung entwickelte Verbot der Überraschungsentscheidung festgeschrieben (§ 182a ZPO) und findet hier im Wege der Verweisung Eingang in das Verfahren.

Bei nicht oder nicht qualifiziert vertretenen Personen ist freilich eine weitergehende Manuduktionspflicht angebracht. In sozial besonders wichtigen Fällen (§  39 Abs.  2 Z  1 ASGG) geht dieser kompensatorische Rechtsschutz über die bloßen Formfragen hinaus und verpflichtet das Gericht, nicht nur über das „Wie“ sondern auch über das „Was“ des Vorbringens und Beweisanbotes zu belehren. Das ebenso vom Rechtsfürsorgegedanken und vom Schutz der Schwächeren getragene Verfahren außer Streitsachen kann hier gegenüber dem arbeits- und sozialgerichtlichen Verfahren nicht zurückbleiben (Feitzinger, Richterwoche 1995, 73; Rechberger, ebd. 173), auch wenn die Unterlassung von Vorbringen im Verfahren außer Streitsachen nicht die gleichen nachteiligen Rechtsfolgen nach sich zieht wie im Zivilprozess über eine Arbeitsrechtssache.

Zum § 15:

Diese Bestimmung macht den wichtigsten aller Prozessgrundsätze deutlich, die Verankerung des rechtlichen Gehörs. Dabei ist wiederum zwischen Amts- und Antragsverfahren zu differenzieren. In von Amts wegen eingeleiteten Verfahren muss der Partei der Gegenstand dieses Verfahrens deutlich gemacht werden, in Antragsverfahren dagegen geht es im Wesentlichen darum, den anderen Parteien die Anträge und das Vorbringen zur Kenntnis zu bringen. Von besonderer Bedeutung ist weiters, dass den Parteien auch Kenntnis vom Inhalt der Erhebungen zu verschaffen und Gelegenheit zu geben ist, dazu Stellung zu nehmen. Die Verwertung von Verfahrensergebnissen, die den Parteien nicht zur Kenntnis gebracht wurden, ist ein schwer sanktionierter Verfahrensverstoß.

Das rechtliche Gehör ist aber nicht nur im Verfahren erster Instanz zu wahren, sondern auch im Verfahren zweiter und dritter Instanz. Auch vor der Stattgebung eines Rekurses wird es daher oftmals angezeigt sein, dem Rekursgegner die Vorbringen (insbesondere Neuerungen) und Argumente des Rekurswerbers zur Kenntnis zu bringen und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies kann verfahrenspraktisch durch eine Rekursbeantwortung, eine sonst aufgetragene Äußerung oder im Rahmen einer - auch im Verfahren zweiter und dritter Instanz möglichen - mündlichen Verhandlung geschehen.

Der Formulierung wurde von Seiten der Lehre bereits attestiert, gut gelungen zu sein, dem Stand aktueller allgemeiner Verfahrensdogmatik zu entsprechen, das Grundrechtsverständnis des Art. 6 EMRK zu erfüllen und sogar wesentlich präziser als die Umschreibung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess zu sein (Klicka, Richterwoche 1997, 71; ders., LBI XX, 38).

Zum § 16:

Abs. 1 umschreibt den für das Verfahren außer Streitsachen charakteristischen Untersuchungsgrundsatz.

Abs. 2 sichert diesen Untersuchungsgrundsatz auch durch Parteienpflichten ab, weil er eine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht und eine gewisse Mitwirkungspflicht der Parteien statuiert. Ein vom Untersuchungsgrundsatz beherrschtes Verfahren kann immer nur dann gut funktionieren, wenn nicht nur das Gericht, sondern auch die Parteien redlich um die gesamte Stoffsammlung bemüht sind.

Zum § 17:

Während die Präklusionsvorschrift des §  33 Abs. 2 jene Fälle umfasst, in denen eine Partei ihre Mitwirkungspflicht durch verschleppendes Vorbringen überstrapaziert, bietet §  17 die Grundlage dafür, die Untätigkeit einer Partei für das Verfahren nutzbar zu machen. Eine solche Säumnisvorschrift bestand bereits bisher, allerdings nur auf bestimmte Verfahren beschränkt, in den §§  185 Abs. 3 AußStrG-aF, 175 Abs. 3 KO und 18 FBG. Sie hat sich dort im Interesse eines beschleunigten Verfahrens hervorragend bewährt, ist durch das Richterrecht in einem dem Untersuchungsgrundsatz angemessenen Umfang konturiert worden und erweist sich somit als im Interesse eines schlanken, beschleunigten Verfahrens (und damit im Sinne des Art. 6 EMRK eines in angemessener Frist abgeführten Verfahrens) verallgemeinerungsfähig (Fasching, LBI IV, 85 ff; Klicka,  Richterwoche 1997, 73; ders., LBI XX, 39 f; Knoll, Veränderbares im Außerstreitverfahren, RZ 1995, 106 ff; Schrott, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Erkenntnisverfahren erster Instanz, Richterwoche 1995, 250).

Sie ist selbstverständlich im Gesamtzusammenhang, vor allem also gemeinsam mit dem grundsätzlich bestehenden Untersuchungsgrundsatz zu lesen.

Aus § 17 ergibt sich die Möglichkeit, einer Partei besondere Äußerungslasten aufzuerlegen, etwa durch Ladung oder Setzung einer Äußerungsfrist. Dass diese Äußerungsmöglichkeit auch tatsächlich wahrgenommen werden kann (effektives rechtliches Gehör) sichern die Bestimmungen, dass die Aufforderung bzw. Ladung einen Hinweis auf die Rechtsfolge enthalten muss, und dass sie zu eigenen Handen zuzustellen ist (Klicka, LBI XX, 40).

Die Rechtsfolge der Unterlassung ist, dass das Gericht annehmen kann, dass keine Einwendungen gegen die Angaben der anderen Partei bzw. gegen die Entscheidung auf Grundlage des bekannt gegebenen Inhalts der Erhebungen erhoben werden. Dies bedeutet, wie auch schon in der bisherigen Judikatur (Nachweise bei Fucik, AußStrG2, 165) anerkannt, keine Zustimmung zu der in Aussicht genommenen bzw. beantragten Entscheidung, sodass insbesondere die Beschwer nicht wegfällt.

Da die Bestimmung also keine Anerkenntnisfiktion, sondern nur einen Einwendungsausschluss auf Tatsachenbasis enthält, ergeben sich zwanglos folgende Konsequenzen: Die Unterlassung von Einwendungen kann nicht über die Unschlüssigkeit eines Antrags hinweghelfen; unschlüssige Anträge sind dennoch abzuweisen, auch wenn der Gegner nicht widersprochen hat.

Zum anderen ist das Unterlassen der Einwendungen, selbst wenn man dies als Geständnisfiktion bezeichnen wollte, schon deshalb nicht von beweisbefreiender Wirkung, weil das Geständnis für sich allein genommen weitere Beweisaufnahmen nicht verbietet, sondern nur - mangels konkreter Bedenken  - keinen Anlass zu weiteren Beweisaufnahmen gibt. Tatsachenbehauptungen, seien sie auch zugestanden, die beim Gericht Zweifel erwecken, sind daher keine zwingende Entscheidungsgrundlage, sondern im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes weiter überprüfbar (Feitzinger, Richterwoche 1995, 75). In diesem Sinne hat die Lehre die vorgeschlagene Bestimmung als wohlabgewogenen Kompromiss zwischen den Interessen der Wahrheitsfindung und der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens begrüßt (Klicka, Richterwoche 1997, 73). Rechtliches Gehör und amtswegige Wahrheitsforschung sind dabei insgesamt gewahrt, Verfahrensverzögerungen durch die Passivität einer Partei aber so weit wie möglich ausgeschlossen.

Zum § 18:

Mit dem Mündlichkeitsprinzip ist eine Grundfrage der Verfahrensgestaltung zu regeln. Die Vielfalt der Verfahren außer Streitsachen erfordert hier ebenso wie die spezifischen Verfahrensgegenstände eine differenzierte Normierung. Da diese möglichst nahe an der Sache bleiben muss, scheint die Anordnung einer zwingenden mündlichen Verhandlung allenfalls in besonderen Verfahrensarten erforderlich; der Allgemeine Teil hingegen muss eine möglichst flexible Regel enthalten (Schrott, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Erkenntnisverfahren erster Instanz, Richterwoche 1995, 262 f; Thoma-Twaroch, Arbeitsgruppe Pflegschaftsverfahren, Richterwoche 1997, 285). Dies geschieht dadurch, dass dem Gericht freigestellt wird, eine Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung anzuordnen. Der Gesetzestext gibt dem Gericht auch Leitlinien, wann eine solche mündliche Verhandlung angeordnet werden sollte, nämlich, wenn dies zur Beschleunigung des Verfahrens, zur Erhebung des Sachverhalts oder zur Erörterung von Rechtsfragen zweckmäßig scheint. Die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung kann sich schließlich auch unmittelbar aus Art. 6 Abs. 1 EMRK ergeben, wenn die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst im Kernbereich des Zivilrechts von einer der Parteien beantragt wird.

Der Ermessensspielraum des Gerichtes ist aber auch bei der Frage des „Wie“ und nicht nur bei der Frage des „Ob“ einer Tagsatzung groß. Es steht dem Gericht frei, über die gesamte Sache oder über einzelne Punkte zu verhandeln und, was vielleicht noch stärker zu betonen ist, ob die mündliche Verhandlung mit allen Parteien oder nur einem Teil der Parteien angeordnet wird. Eine solche Teilmündlichkeit kann sich aus der Beschränkung der Sache auf einzelne Punkte ergeben, darf aber nicht den Aspekt der grundsätzlichen Waffengleichheit der Parteien vernachlässigen.

Schließlich wird auch klargestellt, dass kein „Alles-oder-nichts-Prinzip“ besteht, das nach Anberaumung einer mündlichen Verhandlung ein für allemal dazu zwingen würde, auch weiterhin in dieser Sache nur noch mündlich zu verhandeln.

Mit der bisherigen begutachtenden Lehre ist zu betonen, dass die Verweigerung der Anordnung (bzw. Beiziehung zu) einer mündlichen Verhandlung im Rechtsmittelweg überprüfbar ist, wenn und weil Verfahren und Entscheidung mangels Anberaumung (oder Beiziehung zu) einer im einzelnen Fall zweckmäßigen oder sogar nach Art. 6 EMRK gebotenen mündlichen Verhandlung mangelhaft sein können.

Ganz entschieden ist dabei schließlich auch der enge Zusammenhang des §  18 mit der Bestimmung des §  15 über das  rechtliche Gehör zu betonen. Dieser ergibt sich einerseits daraus, dass in einer mündlichen Verhandlung den Parteien am zwanglosesten Gelegenheit gegeben werden kann, von dem Gegenstand, über den das Gericht das Verfahren von Amts wegen eingeleitet hat, den Anträgen und Vorbringen der anderen Parteien und dem Inhalt der Erhebungen Kenntnis zu erhalten und dazu Stellung zu nehmen, andererseits aber auch daraus, dass dann, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder nach einer mündlichen Verhandlung noch weitere nicht öffentliche Erhebungen durchgeführt wurden, weiterhin rechtliches Gehör zu gewähren ist. Die notwendige Gehörgewährung kann dann technisch entweder dadurch geschehen, dass der Partei durch eine Ladung zum Einzelgespräch Gelegenheit gegeben wird, diese Informationen zur Kenntnis zu nehmen und Vorbringen dazu zu erstatten, oder auch dadurch, dass die Partei nunmehr aufgefordert wird, binnen einer instruktionellen Frist Akteneinsicht zu nehmen und allfälliges weiteres Anbringen zu erstatten (vgl. Feitzinger, Richterwoche 1997, 28) oder dass ihr - etwa auch im Rechtsmittelverfahren - die gemäß Art. 6 EMRK notwendige Gelegenheit zur Äußerung eingeräumt wird. Zusammenfassend ist aber jedenfalls zu sagen, dass die Frage der Wahrung des rechtlichen Gehörs und die Frage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zwingend miteinander verknüpft sind; auch ohne mündliche Verhandlung kann und muss das rechtliche Gehör im Sinne des §  15 in allen Instanzen gewahrt werden.

Zum § 19:

Es ließen sich zwar einzelne Verfahren außer Streitsachen finden, die nicht dem Zivilrechtsbegriff des Art. 6 EMRK unterliegen (vgl. Schwaighofer, Gerichtsöffentlichkeit und Außerstreitverfahren, LBI IV, 105), doch ist zumindest im Rahmen des Allgemeinen Teils eindeutig im Abs. 1 als Grundsatz anzuordnen, dass die mündliche Verhandlung öffentlich ist (zustimmend Rechberger, LBI XVI, 45). Mit Öffentlichkeit ist in diesem Zusammenhang die Volksöffentlichkeit, nicht die Parteienöffentlichkeit gemeint.

Abs. 2 enthält die Fälle, in denen die Öffentlichkeit von Amts wegen auszuschließen ist,  Abs. 3 die Fälle, in denen dies auf Antrag einer Partei zu geschehen hat.

Zu den von Amts wegen wahrzunehmenden zwingenden Ausschlussgründen ist zu betonen, dass sie von der ZPO dort abweichen, wo dies dem Verfahren außer Streitsachen angemessen ist, insbesondere durch die Anfügung des Abs. 2 Z 3, wonach die Öffentlichkeit auch dann von Amts wegen auszuschließen ist, wenn und soweit dies das Interesse einer pflegebefohlenen Person erfordert.

Abs. 2 Z 2 wird zumindest in der Praxis insoweit einen größeren Anwendungsbereich haben, als die Erschwerung der Erhebung des Sachverhalts in einem Verfahren, in dem grundsätzlich Untersuchungsmaxime herrscht, gewiss öfter zum Anlass genommen werden wird, die Öffentlichkeit auszuschließen, als dies im Zivilprozess geschieht.

Zur antragsabhängigen Entscheidung über den Ausschluss der Öffentlichkeit ist zu betonen, dass alle berücksichtigungswürdigen Gründe einen solchen Ausschluss rechtfertigen können. Der Hinweis auf die Tatsachen des Familienlebens ist daher (arg.: „insbesondere“) nur eine illustrative Aufzählung, keine abschließende Katalogisierung der berücksichtigungswürdigen Gründe.

Abs. 4 übernimmt zur Klarstellung - mit den für das Außerstreitverfahren notwendigen Anpassungen - im Wesentlichen die Regelung des § 172 Abs. 3 ZPO, wonach der Ausschluss der Öffentlichkeit durch das Gericht gegebenenfalls auch nur einzelne Teile der Verhandlung betreffen kann und dazu führt, dass dann selbstverständlich auch die Verlautbarung des Inhalts der Verhandlung verboten ist. Wie in der Zivilprozessordnung soll mit der ausdrücklichen Normierung dieses Verbots unmissverständlich klargestellt sein, dass die Verletzung der Geheimhaltungspflicht im Rahmen des § 301 Abs. 1 StGB strafbar ist.

An die Bedürfnisse des Verfahrens außer Streitsachen angepasst sind auch die Vorschriften des Abs. 5 über die Beiziehung einer Vertrauensperson neben der Partei und ihrem Vertreter im Falle des Ausschlusses der Öffentlichkeit durch das Gericht. Im Hinblick darauf, dass im Verfahren außer Streitsachen sowohl die Durchführung einer (öffentlichen) mündlichen Verhandlung - zum Schutz der besonderen Vertraulichkeit der oft das Privat- und Familienleben bzw. den Schutz Pflegebefohlener betreffenden Entscheidungsgegenstände - nur soweit zweckmäßig vorgesehen als auch die Beweisaufnahme außerhalb der mündlichen Verhandlung jedenfalls nicht öffentlich ist, scheint bereits die Beiziehung einer weiteren Vertrauensperson (neben dem Vertreter der Partei) ausreichend, den Ausschluss der Öffentlichkeit von der Verhandlung zu kompensieren. Diese Bestimmung führt dazu, dass bei ausgeschlossener Volksöffentlichkeit in einem Zwei-Parteien-Verfahren außer dem Gerichtspersonal in der Regel höchstens sechs Personen anwesend sein können.

Der Verweis auf die §§  171 Abs. 2 und 3, 173, 174 Abs. 2  und 175 Abs. 2 ZPO ist taxativ; die übrigen Bestimmungen über die Öffentlichkeit, die vom Zivilprozess nicht unbesehen auf das Verfahren außer Streitsachen übertragen werden können, werden durch die Regelungen des Außerstreitverfahrens ersetzt.

Zum § 20:

Konsequenz der Zweiteilung der Beweisaufnahmen in solche, die in der mündlichen und daher grundsätzlich öffentlichen Verhandlung und solche, die außerhalb einer mündlichen Verhandlung stattfinden, muss sein, dass Beweisaufnahmen außerhalb einer mündlichen Verhandlung nicht öffentlich sind (so auch die Regelung des § 175 Abs. 2 ZPO, die in § 19 Abs. 5 ausdrücklich für das Außerstreitverfahren übernommen wird).

Im Verfahren außer Streitsachen stand deshalb die Forderung nach Volksöffentlichkeit außerhalb der mündlichen Verhandlung nie zur Diskussion. Damit ist aber noch nichts über die Parteienöffentlichkeit in diesem Verfahrensabschnitt gesagt. Abs. 1 bestimmt, dass den Parteien die Teilnahme an nicht (volks)öffentlichen Erhebungen prinzipiell offen steht. Über Antrag sind sie auch von den jeweiligen Beweisaufnahmeterminen zu verständigen,  sofern die Beweisaufnahme nicht spontan, etwa am Amtstag, erfolgt (Feitzinger, Richterwoche 1997, 30). In einem schwierigen Zielkonflikt zwischen Untersuchungsgrundsatz und Parteienöffentlichkeit befindet sich der Gesetzgeber dann, wenn zu befürchten ist, dass bei Anwesenheit einer Partei vom zu Vernehmenden keine unbefangene Aussage zu erzielen ist oder die Anwesenheit bei der Vernehmung sogar dessen Wohl gefährden würde. In hochstrittigen Besuchsregelungs- oder Obsorgeentziehungsfällen ist die Vernehmung vor allem des Pflegebefohlenen in Anwesenheit der um ihn kämpfenden Eltern kontraproduktiv. Aber auch „Dritte“ wie Verwandte oder Nachbarn werden in Anwesenheit des Obsorgeberechtigten, dessen Gewalttaten oder Erziehungsunfähigkeit sie darlegen sollten, kaum frei sprechen können. Andererseits muss es außer jeder Frage stehen, dass eine derart belastete Partei zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs mit solchen Vorwürfen konfrontiert und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme, aber auch zu ergänzender Befragung eingeräumt werden muss. Dieser Zielkonflikt kann nur durch eine vernünftige Kompromisslösung minimiert werden, wonach ein Ausschluss von der Anwesenheit bei der Vernehmung möglich ist. Anschließend lässt sich das rechtliche Gehör wahren, ohne durch sofortige Beiziehung der Partei die Chancen auf unbefangene Wahrheitserforschung zu vermindern. Damit sind die Bedürfnisse nach wahrheitsfördernden „Vier-Augen-Gesprächen“ einerseits und effektivem rechtlichen Gehör der Parteien andererseits harmonisiert.

Eine wichtige Frage ist, ob der Ausschluss einer Partei von der Teilnahme an einer Beweisaufnahme im Rechtsmittelweg überprüft werden kann oder nicht. Nach Abs. 2 soll eine solche Überprüfung nicht stattfinden. Da man in der Regel davon ausgehen kann, dass der Vernommene in einem besonderen Verhältnis zur Partei steht, oft auch eine unbefangene Aussage desselben in Anwesenheit seiner Angehörigen nicht zu erzielen ist (Loyalitätskonflikte!), spricht die Lebenserfahrung dafür, dass die Erhebungen diesfalls jedenfalls erschwert würden oder das Wohl des Pflegebefohlenen gefährdet wäre. Wäre ein solcher Ausschluss per se als Mangelhaftigkeit des Verfahrens überprüfbar, würde diese der Gerichts- wie der Lebenserfahrung entsprechende Beobachtung aber gerade in ihr Gegenteil verkehrt, weil dies als Mangelhaftigkeit immer schon dann wahrgenommen werden müsste, wenn ihr Vorliegen nur möglich wäre.

Von Stimmen aus der Lehre wurde zu bedenken gegeben, dass der Rechtsmittelausschluss zu einer Verletzung des  rechtlichen Gehörs führen könnte. Dies ist indes bei genauer Beachtung der Grenzen nicht zu befürchten. Selbstverständlich ist die Partei gemäß § 15 mit den Ergebnissen der Einvernahme eines Pflegebefohlenen, von deren Teilnahme sie ausgeschlossen wurde, oder der Einvernahme einer etwa am Amtstag erschienenen und sofort vernommenen Person zu konfrontieren und hat dazu auch freies Vorbringen. Entgegenzutreten ist indes der Vorstellung, dass jede Partei ein verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht auf persönliche Anwesenheit bei jeder Beweisaufnahme hätte und gewissermaßen unmittelbar das Ergebnis dieser Beweisaufnahme beeinflussen können müsste. Solange ihr nämlich nachträglich die Möglichkeit zusteht, plausibel vorzubringen, weshalb die Einvernahme unvollständig geblieben oder von anderen Personen beeinflusst war, ist ihr Vorbringen in keiner bedenklichen Weise beschränkt.

Zum § 21:

Wie schon im geltenden Außerstreitgesetz kann global auf die Vorschriften der ZPO über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verwiesen werden; berücksichtigt man allerdings, dass im Verfahren außer Streitsachen kein so strenges Neuerungsverbot herrscht wie im Zivilprozess, so erübrigt sich in manchen Konstellationen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb, weil das Versäumte im Rechtsmittel oder auch in einem neuen Antrag ohne Rechtsnachteil und (mangels eines über entschuldbare Fehlleistungen hinausgehenden Verschuldens) ohne Befürchtung einer Neuerungsgrenze nachgetragen werden kann.       

Für die Verweisungstechnik des Allgemeinen Teils des Außerstreitgesetzes gilt - wie bereits im Allgemeinen Teil ausgeführt - Folgendes: Wird auf ein Rechtsinstitut der ZPO - wie hier die Wiedereinsetzung - verwiesen, so sollen damit nicht nur die allgemeinen Bestimmungen des Instituts selbst, sondern auch jene Bestimmungen erfasst werden, in denen bei der Regelung des Instituts schon die ZPO Abweichungen von ihren allgemeinen Regeln vorgesehen hat (wie etwa für die Anfechtbarkeit der Bewilligung der Wiedereinsetzung oder im Bereich des Kostenersatzrechts).

Weil nach dieser Regelungstechnik mit der Verweisung auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf die Rechtsmittelbeschränkung des § 153 ZPO verwiesen wird, muss kein expliziter Ausschluss eines Rechtsmittels gegen die Bewilligung der Wiedereinsetzung angeordnet werden, obwohl sich ein solcher sonst dem Rechtsmittelverfahren des Außerstreitgesetzes nicht entnehmen lässt. Nicht erfasst vom Verweis sind die allgemeinen Bestimmungen der ZPO über das Rechtsmittelverfahren (geregelt im Vierten Teil der ZPO), sodass - abgesehen von der Sonderregel des § 153 ZPO - zB § 528 Abs. 2 Z 2 ZPO, wonach gegen bestätigende Entscheidungen der zweiten Instanz über die Verweigerung der Wiedereinsetzung ein Revisionsrekurs unzulässig ist, nicht zur Anwendung kommt.

Gleichzeitig ist daher aber ein expliziter Ausschluss der Anwendung des § 154 ZPO notwendig, weil mit der Verweisung auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch die besonderen Bestimmungen der ZPO über den Kostenersatz im Wiedereinsetzungsfall erfasst wären. Schon aus der allgemeinen Kostenersatzbestimmung wird sich in aller Regel eine Kostenersatzpflicht des Wiedereinsetzungswerbers ergeben, so dass eine aus der ZPO rezipierte Sonderbestimmung entbehrlich ist.

Zum § 22:

Der Verweis umfasst insbesondere die §§ 197 bis 203, 207 bis 220 ZPO, aber auch § 86 ZPO.

Zum § 23:

Die Bestimmungen der ZPO über die Fristen werden für sinngemäß anwendbar erklärt, wodurch insbesondere die §§  123 bis 129 ZPO auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwenden sind. Bisheriger Verfahrenstradition entsprechend werden im Verfahren außer Streitsachen keine Gerichtsferien (nach der Zivilverfahrens-Novelle 2002: verhandlungsfreie Zeit) vorgesehen; die Bestimmungen der ZPO, die sich hierauf beziehen, sollen durch den Verweis auf die Fristen keinesfalls übernommen werden.

In Abs. 2 werden als Notfristen die Rechtsmittel-, Rechtsmittelbeantwortungsfristen und die Frist für den Abänderungsantrag normiert. Die in der ZPO für die Behandlung von Notfristen geltenden Bestimmungen sind anzuwenden. Die Aufzählung der Notfristen ist nicht taxativ; eine weitere Notfrist ist zB die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 148 Abs. 2 ZPO iVm § 21 des Entwurfs).

Zum § 24:

Abs.  1 verweist grundsätzlich auf die Bestimmungen des Zustellgesetzes und der ZPO (insbesondere §§ 87 bis 121) über Zustellungen.

Abs.  2 geht über die in § 88 Abs. 2 ZPO und in den §§  32 f JN allgemein angeordnete striktere Sprengelgebundenheit hinaus und erlaubt dem Gericht eine Zustellung durch eigene Gerichtsbedienstete in fremden Gerichtssprengeln, soweit dies zweckmäßig ist. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn die Sprengel aneinander grenzen oder eine besonders rasche Zustellung erforderlich ist.

Für die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung verlangt Abs. 3 die Glaubhaftmachung (Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit, s. Fasching, Lehrbuch², Rz 809), wie dies auch in §  115 ZPO vorgesehen ist.

Durch den Verweis auf § 117 Abs. 2 ZPO für die Bekanntmachung von Edikten wird deren Veröffentlichung in der Ediktsdatei angeordnet. Darüber hinaus soll es aber auch möglich sein, eine ortsübliche Bekanntmachung, wie etwa Anschlag an der Gemeindetafel, anzuordnen.        

Zum § 25:

Abs. 1 enthält jene Tatbestände, bei deren Vorliegen eine Unterbrechung ex lege eintritt, in Gestalt einer autonomen Regelung, die im Wesentlichen den Regeln der Zivilprozessordnung entspricht.

Zum Abs. 1 Z 4 ist auszuführen, dass in der Frage der Verfahrensunterbrechung durch die Eröffnung eines Konkurses über das Vermögen einer Partei für den Allgemeinen Teil der Weg gewählt wurde, die Regelung der Konkursordnung zu überlassen; Sonderregeln innerhalb der besonderen Verfahrensarten sind freilich möglich.

Abs. 2 enthält jene Fälle, in denen keine Unterbrechung ex lege eintritt, sondern das Gericht eine Unterbrechungsentscheidung trifft. Hier ist neben der für schwerwiegende Ausnahmesituationen geltenden Z 3 vor allem auf die Z 1 und 2 einzugehen, die im Wesentlichen den Bestimmungen der §§ 190 bzw. 191 ZPO nachgebildet sind.

Eine solche Aussetzungsmöglichkeit im Verfahren außer Streitsachen vorzusehen, ist dringend notwendig (Rechberger, Richterwoche 1995, 173; ders., LBI XVI, 47), weil die Frage der analogen Anwendung der §§   190 und 191 ZPO sehr umstritten war und sich insbesondere § 2 Abs. 2 Z 7, eine der dunkelsten Bestimmungen des geltenden Außerstreitgesetzes, zwar als Aussetzungsvorschrift hätte deuten lassen können (vgl. König, Zur Stellung des AußStrG im Zivilverfahrensrecht, JBl 1978, 67; Edlbacher, Die Vorfrage im Außerstreitverfahren, LBI IV, 129), dies aber auch nicht allgemeine Ansicht war.

Dabei entspricht Abs. 2 Z 2 im Wesentlichen dem § 191 ZPO, während im Abs. 2 Z 1 ein dem § 190 ZPO nur nachgebildeter Normenkern eingeführt werden soll; einerseits wird angeordnet, dass auch ein noch nicht anhängiges Verfahren über die Vorfrage Anlass zur Unterbrechung sein kann, wenn dieses Verfahren nämlich von Amts wegen einzuleiten ist; andererseits wird deutlicher gemacht, dass die Unterbrechung nur dann sinnvoll ist, wenn die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren einen erheblichen Verfahrens(mehr)aufwand erfordert und die Verzögerung durch die Unterbrechung im Einzelfall nicht unzumutbar ist.

Zum § 26:

Abs. 1 und 2 beschreiben die Wirkungen der Verfahrensunterbrechung: Jede Tätigkeit in der Sache mit Ausnahme dringend gebotener Verfahrenshandlungen hat zu unterbleiben, jede Frist zur Vornahme einer Prozesshandlung ist unterbrochen, beginnt also mit Fortsetzung des Verfahrens von neuem zu laufen.

Freilich soll, wenn die Sache bereits zur Entscheidung reif ist, die Erlassung der Entscheidung nicht unterbleiben (so nicht ein Fall des § 25 Abs. 1 Z 5 vorliegt). Die Erlassung der Entscheidung könnte freilich auch sonst unter die „dringend gebotene Verfahrenshandlung“ eingereiht werden.

Unter dringend gebotenen Verfahrenshandlungen wird man grundsätzlich solche zu verstehen haben, die im Zivilprozess Gegenstand eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens sein könnten. Hier wird mit Abs. 2 klargestellt, dass auch während einer Unterbrechung das Gericht solche Verfahrenshandlungen nicht nur selbst vornehmen, sondern auch den Parteien auftragen kann und die dafür gesetzten Fristen ungeachtet der Unterbrechung laufen. Solche aufgetragenen Verfahrenshandlungen können entgegen der allgemeinen Regel sehr wohl auch gegenüber anderen Parteien Wirkungen entfalten.

Abs. 3 regelt die Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens. In Antragsverfahren setzt die Fortsetzung einen Antrag einer Partei voraus, in Verfahren, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können, seien sie auch im konkreten Fall auf Grund eines Antrags eingeleitet worden, besteht die Verpflichtung, das Verfahren auch von Amts wegen fortzusetzen, in zwei unterschiedlichen Fällen, einerseits dann,

a) wenn die Unterbrechungsgründe weggefallen sind, andererseits aber auch dann,

b) wenn ohne die Fortsetzung des Verfahrens Belange einer Partei, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist, oder Belange der Allgemeinheit, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist, gefährdet werden könnten. Hier ist nicht nur an Verfahren, welche die Wahrung des Kindeswohls zum institutionellen Verfahrenszweck haben, zu denken, sondern etwa auch an sonstige rechtsvorsorgende Verfahren, die etwa dem Verkehrsschutz dienen. Erwähnt seien das Verfahren zur amtswegigen Herstellung der Grundbuchsordnung oder manche Amtstätigkeiten im Bereich des Firmenbuchs, die im Interesse der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes gelegen sind und daher von Amts wegen fortgesetzt werden können, aber auch das Verlassenschaftsverfahren, das auf Dauer in Schwebe zu lassen dessen institutionellen Verfahrenszweck, nämlich die Herstellung der Gesamtrechtsnachfolge unter Mitwirkung des Gerichtes auch im Interesse der Allgemeinheit und der Gläubiger, gefährden würde.

Es liegt auch im Bereich der Möglichkeit, dass ein Verfahren über die Vorfrage nicht gehörig fortgesetzt wird. Dies lässt sich zwanglos dahin deuten, dass der Grund für die Unterbrechung des Verfahrens damit weggefallen ist und das unterbrochene Verfahren daher fortgesetzt werden muss.

Von der Fortsetzung des Verfahrens werden die Parteien durch die Zustellung jenes Beschlusses verständigt, mit dem das Gericht die Fortsetzung des Verfahrens beschließt.

Abs. 4 sieht vor, dass der Unterbrechungsbeschluss selbständig mit einem Rechtsmittel angefochten werden kann, ebenso der Beschluss, womit die Fortsetzung eines unterbrochenen Verfahrens abgelehnt wird. Diese verfahrensgestaltenden Beschlüsse haben weitreichende Wirkungen, weil sie einen „Verfahrensstillstand“ herbeiführen bzw. weiterführen. Sie sollen daher selbständig anfechtbar sein, während - im Interesse einer zügigen Verfahrensführung und an den entsprechenden Bestimmungen der ZPO orientiert - die Ablehnung der Unterbrechung oder die Fortsetzung des Verfahrens nach Unterbrechung als die zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens betreffende Beschlüsse nicht gesondert überprüfbar sein sollen.

Sondervorschriften, insbesondere § 90a GOG über das Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, bleiben von dieser Neuregelung unberührt.

Zum § 27:

Abs. 1 ergänzt die in § 5 enthaltenen Regeln um Vorschriften konkreter Verfahrensgestaltung. Auch er ist daher Ausfluss des Verständnisses eines Verfahrens außer Streitsachen als Rechtsfürsorgetätigkeit. Einerseits ist durch die Unterbrechungsgründe des § 25 Abs. 1 Z 1 bis 3 sichergestellt, dass eine Partei daraus keine Rechtsnachteile erleidet, dass sie selbst verfahrensunfähig wird, oder ihr gesetzlicher Vertreter oder ihr gewillkürter Vertreter, soweit ein solcher gesetzlich erforderlich ist, seine Verfahrensfähigkeit verliert. Andererseits wird dem Gericht in § 5 iVm der vorliegenden Bestimmung die Aufgabe übertragen, für die Weiterführung des Verfahrens zu sorgen. Dies kann durch eine Anzeige an das Pflegschaftsgericht geschehen, um für die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters zu sorgen, aber auch durch die Aufforderung an die Partei, einen neuen Vertreter namhaft zu machen, schließlich auch durch die Anzeige, dass nunmehr ein neuer Organwalter seine organschaftliche Vertretungstätigkeit entfalten werde.

Das Gericht hat zudem die Aufgabe, dann, wenn es das Verfahren unterbricht, um eine Vorfrage in einem von Amts wegen einzuleitenden Verfahren klären zu lassen, für eine unverzügliche Einleitung eines solchen Verfahrens zu sorgen. Verfahrenshandlungen des Gerichtes und der Parteien können soweit vorgenommen werden, als sie der Vorfragenentscheidung nicht vorgreifen (§ 26 Abs.1).

Zum § 28:

Mögen auch theoretische Bedenken gegen ein Ruhen im Verfahren außer Streitsachen nicht gänzlich unberechtigt sein (vgl. Rechberger, Richterwoche 1995, 168; ders., LBI XVI, 40), so lehrt doch die Praxis (Schrott, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Erkenntnisverfahren erster Instanz, Richterwoche 1995, 252), dass es ein gewisses Bedürfnis danach gibt, einen Ruhenszustand auch in Verfahren außer Streitsachen herbeiführen zu können. In so genannten kontradiktorischen Verfahren außer Streitsachen („echte Streitsachen des Verfahrens außer Streitsachen“) ist überhaupt nicht einzusehen, welche Verschiedenbehandlung zu streitigen Zivilprozessen beim Ruhen gerechtfertigt sein könnte. Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet worden sind, können je nach ihrem spezifischen Verfahrensgegenstand dem Gedanken des Ruhens des Verfahrens unzugänglich sein (was gewiss in allererster Linie auf das Unterbringungsverfahren, aber wohl fast ebenso intensiv auf das Sachwalterbestellungsverfahren zutrifft, in gewissem Ausmaß auch auf die Registerverfahren, wobei vor allem im Grundbuchsverfahren auf die strikte Einhaltung des Rangprinzips und die durch eine so genannte Plombe eintretende Grundbuchssperre zu verweisen ist), doch spricht auch in amtswegig einleitbaren Verfahren nicht in jedem Fall alles gegen eine Ruhensvereinbarung. So sind selbst in komplizierten Obsorgestreitigkeiten, die nach der Scheidung von Amts wegen einzuleiten sind, manche Konstellationen denkbar, in denen das Weiterbetreiben des Verfahrens - für einen zeitlich abgrenzbaren Zeitraum - kontraproduktiv wäre. Zur Beruhigung der wechselseitigen Standpunkte, ja selbst zum vorläufigen Praktizieren einer probeweisen Regelung scheint das Verfahrensinstrument des Ruhens durchaus geeignet (Fucik, Richterwoche 1997, 175 f), zumal dadurch auch nicht - wie im in der Praxis herausgebildeten „Innehalten des Verfahrens“ bisher - der Eindruck eines unberechtigten Verfahrensstillstands entstehen könnte.

Aus diesem Grund sieht der Allgemeine Teil des neuen Verfahrens außer Streitsachen die Möglichkeit eines Ruhens auch in Amtsverfahren vor, rechnet aber mit Einschränkungen in den besonderen Verfahrensarten. Weiters wird zwischen Antrags- und Amtsverfahren noch in folgender Weise unterschieden:

a) Das Ruhen eines Verfahrens, an dem nur eine Partei beteiligt ist, ist nicht vorgesehen. Hier ist die Partei, die das Verfahren nicht weiter betreiben will, auf die Zurücknahme ihres Antrags zu verweisen.

b) Zwei- und Mehrparteienverfahren können in jedem Fall ruhen, wenn dies alle Parteien ausdrücklich vereinbaren und diese Vereinbarung dem Gericht anzeigen (vereinbartes Ruhen, Abs. 1).

Eine solche Ruhensvereinbarung ist sowohl in Antrags-, als auch in Amtsverfahren wirksam, sofern dies nicht in einer besonderen Verfahrensart ausgeschlossen ist.

c) In Zwei- oder Mehrparteien-Antragsverfahren ist darüber hinaus noch die Möglichkeit eingeräumt, dass Ruhen deshalb eintritt, weil alle zu einer mündlichen Verhandlung geladenen Parteien zur mündlichen Verhandlung nicht erscheinen oder dort erklären, nicht verhandeln zu wollen. Voraussetzung ist einerseits, dass alle Parteien geladen wurden, andererseits, dass ein Hinweis auf den sonstigen Eintritt des Ruhens des Verfahrens in der Ladung aufscheint.

Abs. 3 entspricht im Wesentlichen den Ruhensfolgen der ZPO. Für Amtsverfahren sind in den Abs. 3 und 4 zusätzliche Kautelen vorgesehen, damit das Ruhen nicht zu einer Lage führt, die dem Zweck des amtswegig einzuleitenden Verfahrens zuwiderläuft; einerseits dadurch, dass auch vor Ablauf der dreimonatigen Frist eine amtswegige Fortsetzung möglich ist, wenn sonst Belange einer Partei, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist (insbesondere also eines Pflegebefohlenen), oder der Allgemeinheit, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist (insbesondere auf Grund von Verkehrsschutzerwägungen), gefährdet werden könnten (Abs. 3); weiters aber auch dadurch, dass das Verfahren nach Ablauf der dreimonatigen Mindestruhensfrist auch von Amts wegen fortgesetzt werden kann (Abs. 4).

Schließlich wird auch noch der Fall geregelt, dass ein Verfahren von Amts wegen fortgesetzt wurde und die Parteien dennoch alle neuerlich Ruhen des Verfahrens vereinbaren wollen. Wäre dies ohne weiteres möglich, könnte es zu einem infiniten Ruhen kommen. Andererseits ist nicht in jedem Fall eine neuerliche Ruhensvereinbarung auszuschließen. Man denke nur wiederum an die Fälle, in denen sich im Lauf eines langen, von Amts wegen eingeleiteten Pflegschaftsverfahrens die Verhältnisse ändern, neue Regelungsoptionen auftun und ein neuerlicher gewillkürter Verfahrensstillstand Aussicht auf größeren außergerichtlichen Selbstregulierungserfolg hat, als dies im Zeitpunkt des erstmaligen Ruhens oder der amtswegigen Fortsetzung des Verfahrens der Fall war. Daher ist vorgesehen, dass eine neuerliche Ruhensvereinbarung zwar wirksam sein kann, aber der Genehmigung des Gerichtes bedarf. Dieses prüft anlässlich der Genehmigung gleichsam, ob die Umstände und Erwägungen, die seinerzeit zur amtswegigen Fortsetzung des Verfahrens geführt haben, nunmehr weggefallen sind bzw. in einem anderen Licht erscheinen als im Zeitpunkt der amtswegigen Fortsetzung.

Beschlüsse auf Fortsetzung des Verfahrens oder Nichtgenehmigung des Ruhens sollen nicht anfechtbar sein, um die Amtsverfahren für den Fall, dass das Gericht zu der Ansicht gelangt, das Verfahren müsse fortgesetzt werden, nicht mit einem Zwischenstreit über das Ruhen blockieren zu können. Daher soll nur ein Beschluss, der nach Ablauf der gesetzlichen Mindestruhensfrist eine Fortsetzung verweigert, im Sinne der Justizgewährungspflicht der Überprüfung im Instanzug unterworfen sein.

Zum § 29:

Auch diese Bestimmung kann als ein Herzstück eines hilfeorientierten Verfahrens außer Streitsachen betrachtet werden. Gerade Rechtsfürsorgeverfahren, aber auch manche von den dem Außerstreitgericht zugewiesenen Streitbereichen sind dadurch gekennzeichnet, dass Rechtsgestaltung für die Zukunft unter Parteien stattfinden soll, die weiterhin stark überschneidende Lebensbereiche haben, weiterhin miteinander auskommen und daher möglichst nicht in eine Situation geraten sollen, in der sich der eine als Sieger, der andere als Verlierer eines Verfahrens sieht. Es ist daher Aufgabe auch des Verfahrensgesetzes, Möglichkeiten zu fördern, zu einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Parteien zu kommen (Jelinek, Richterwoche 1995, 206; Schrott, ebd. 253; Hagen, Zur Rolle des Richters in einem neuen Außerstreitverfahren, Richterwoche 1995, 303 ff = RZ 1995, 214 ff; Fucik, Richterwoche 1997, 175 ff). Dieses schon im § 13 Abs. 2 angesprochene Prinzip, dessen Bedeutung über vergleichsweise Regelungen hinausgeht, erfährt hier eine spezifische verfahrensrechtliche Ausgestaltung.

Die Voraussetzung dieser „Innehalten“ genannten Vorgangsweise ist, dass die Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung zwischen den Parteien insbesondere unter Zuhilfenahme einer geeigneten Einrichtung zu erwarten ist. Bewusst wird im Entwurf kein spezieller Begriff, insbesondere nicht die Mediation angesprochen, weil zwar einzuräumen ist, dass primär an die Mediation gedacht wurde, aber auch jede andere Möglichkeit der Konfliktregelung außerhalb des Gerichtes keineswegs ausgeschlossen sein soll. Auch bei der Familienberatung, bei Kinderbetreuungsinstitutionen oder in einem Besuchscafé könnte ja eine einvernehmliche Regelung zwischen den Parteien zu erwarten sein. Abgesehen davon muss ein auf Dauer angelegtes Verfahrensgesetz so formuliert sein, dass künftige Entwicklungen wenn schon nicht vorhergesehen, so doch durch Wahl einer möglichst offenen Formulierung nicht behindert werden. Durch das Innehalten dürfen jedoch verfahrensimmanente Schutzzwecke nicht konterkariert werden. Könnten daher Belange einer Partei oder der Allgemeinheit gefährdet werden, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist, darf nicht (oder nicht weiterhin) innegehalten werden.

Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung geschieht durch einen Beschluss, mit dem ein Weiterführen des Verfahrens im derzeitigen Zeitpunkt ausgeschlossen wird, dringend gebotene Verfahrenshandlungen selbstverständlich ausgenommen.

Bei richtiger Handhabung und Betrachtung des Instituts stellt es sich nicht als Verfahrensunterbrechung dar, sondern als „Fortsetzung des Verfahrens mit anderen Mitteln“. So gesehen ist es auch nicht wesentlicher Regelungsinhalt, dass im Verfahren nichts weiter geschieht, sondern dass das Verfahren vom Gericht zu der dafür geeigneten Stelle verlagert wird. Es soll damit nicht der Eindruck entstehen, dass die Gerichte die Arbeit abschieben, sondern dass es dem Gesetzgeber und der Praxis bewusst geworden ist, dass in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen nicht die normative Verfügung durch die Obrigkeit, sondern das Ingangsetzen eines Entwicklungsprozesses bei den Parteien die psychologisch und gesellschaftlich wünschenswerte Lösungsmethode ist.

Selbstverständlich hat eine solche Betrachtungsweise ihre Grenzen, insbesondere unter dem Aspekt der Rechtsschutzgewährung. Es ist daher nicht möglich, solche Vorgangsweisen ohne ein gewisses Maß an rechtsstaatlicher Begrenzung und Kontrolle zuzulassen. Dies geschieht dadurch, dass ein Innehalten dieser Art insgesamt nicht länger als sechs Monate dauern darf. Dabei ist es möglich, dass von Anfang an eine Frist von sechs Monaten gesetzt, oder dass eine kürzere Frist über ihr geplantes Ende, aber eben nicht über sechs Monate hinaus verlängert wird.

Zur Absicherung, dass dadurch keine verfahrensrechtlich nutzbare Zeit verloren geht, dient die Verpflichtung des Gerichtes das Verfahren fortzusetzen, wenn die Voraussetzungen für das Innehalten nicht mehr gegeben sind, also entweder die Aussicht auf Herbeiführung einer einvernehmlichen Regelung, oder die Nichtgefährdung von Parteien oder der Allgemeinheit, deren Schutz Zweck des Verfahrens ist, nicht mehr vorliegen. Liegt einer dieser Fälle vor, dann ist das Verfahren auch schon vor Ablauf der gesetzten Frist fortzusetzen.

Letztlich stellt sich auch die Frage der Anfechtbarkeit derartiger Beschlüsse. So wie die Vorbildbestimmung des § 223 Abs. 3 AußStrG-aF soll jede derartige Anordnung unanfechtbar sein, es sei denn, die zwingenden Grenzen des Abs.  2 würden nicht eingehalten, also ein Innehalten über mehr als sechs Monate verfügt.

Zum § 30:

Auch der Vergleich im Verfahren außer Streitsachen ist ein durchaus anzustrebendes Verfahrensergebnis. Vor dem Außerstreitrichter soll aber nicht nur ausschließlich ein Vergleich über Rechte, die Gegenstand eines Außerstreitverfahrens sein können, möglich sein, sondern in Zukunft auch ein Generalvergleich, der Punkte, die selbständig im streitigen Verfahren abzuhandeln wären, gleichermaßen mitumfasst. Daher ist in Abs. 1 der Umfang eines solchen gerichtlichen Vergleichs, mit dem gleichzeitig das außerstreitige Anlassverfahren bereinigt wird, lediglich dahingehend beschränkt, dass es sich um Rechte handelt, über welche die Parteien verfügungsberechtigt sind; eine weitere Einschränkung der Zulässigkeit des Vergleichs, etwa ausschließlich auf Materien des Verfahrens außer Streitsachen, wird nicht vorgenommen.

Die in Abs. 2 vorgesehene Protokollierung des gerichtlichen Vergleichs sowie die Möglichkeit, eigens Ausfertigungen des Vergleichs zu erhalten, dient der Nachweisbarkeit und Durchsetzbarkeit der verglichenen Ansprüche über die - für den außerstreitigen Anlassfall - streitbereinigende Wirkung hinaus.

Weiters besteht keinerlei Grund, den prätorischen Vergleich auf Zivilprozesssachen zu beschränken. Ähnliches wie für den gerichtlichen Vergleich sieht daher Abs. 3 für den prätorischen Vergleich vor: auch hier soll sich der Umfang des Vergleichs, mit dem ein Gegenstand eines außerstreitigen Antragsverfahrens schon im Vorfeld verglichen wird, nicht nur auf den Gegenstand selbst oder andere Materien des Verfahrens außer Streitsachen beziehen können.

Zum § 31:

Abs. 1 beschränkt die Erkenntnismittel im Verfahren außer Streitsachen nicht, sondern ermöglicht die Heranziehung aller möglichen Erkenntnismethoden zum Zweck der umfassenden materiellen Wahrheitsfindung.

Die übrigen Absätze passen das in weiten Strecken gut anwendbare Beweisrecht der Zivilprozessordnung in einzelnen Punkten an die Bedürfnisse des Verfahrens außer Streitsachen an.

Abs. 2 konstituiert den umfassenden Untersuchungsgrundsatz im Gegensatz zu dem im Zivilprozess geltenden Grundsatz der beschränkten amtswegigen Beweisaufnahme des §  183 Abs. 2 ZPO.

Hinsichtlich des Sachverständigenbeweises wird das Recht der Sachverständigenbestellung deutlich formfreier gestaltet als im Zivilprozess.

Der Besondere Teil des Außerstreitgesetzes oder das eine oder andere Nebengesetz kann für einzelne Angelegenheiten eine mündliche Verhandlung zwingend vorschreiben. Nun liegt es aber im Wesen des Untersuchungsgrundsatzes, dass es keine Beschränkung der Erkenntnismittel gibt. Eine Beweisaufnahme oder Vorbringen außerhalb der zwingenden mündlichen Verhandlung darf daher im Verfahren nicht unberücksichtigt bleiben.

Freilich unterliegt auch das außerhalb der mündlichen Verhandlung Erhobene oder Vorgebrachte der Bestimmung über die Gewährung des rechtlichen Gehörs. Beweise, die außerhalb der Verhandlung aufgenommen wurden, oder Vorbringen, die außerhalb der Verhandlung erstattet wurden, sind gemäß § 15 den anderen Parteien zur Kenntnis zu bringen.

Abs. 5 passt die Regelungen der Zivilprozessordnung an die im Verfahren außer Streitsachen geltende Mitwirkungspflicht der Parteien an. Dem Zivilprozess ist für die Tatsachenlage, dass eine Partei nicht erscheint oder bei ihr befindliche Urkunden oder Augenscheinsgegenstände nicht dem Verfahren öffnet, eine Lösung ohne Zwangsmittel angemessen, weil in der Regel im kontradiktorischen Verfahren davon ausgegangen werden kann, dass die Nichtvorlage im Sinne der freien Beweiswürdigung  berücksichtigt werden kann. Da im Verfahren außer Streitsachen oft nicht bloß zweiseitige Interessen gewahrt werden müssen, sondern auch Dritte geschützt werden, muss die Mitwirkungspflicht der Parteien, deren Verletzung öfter auch die Interessen Dritter beeinträchtigen kann, hier einer schärferen Sanktion unterzogen werden.

Zum § 32:

Diese Definition der freien Beweiswürdigung entspricht § 272 Abs. 1 ZPO und einhelliger Lehre und Judikatur (Klicka, Richterwoche 1997, 72).

Zum § 33:

Abs. 1 ist eine an den Untersuchungsgrundsatz angepasste und flexible Parallelbestimmung zur zivilprozessualen Beweisbefreiung für zugestandene Tatsachen (§§ 266 f ZPO); damit sollen die Wirkungen der offenkundigen Tatsachen und eines Geständnisses auf das der Wahrheitsfindung im Verfahren außer Streitsachen angemessene Maß reduziert werden. Von der Lehre wurde der Bestimmung attestiert, dass sie modernem Beweisrecht entspricht (Klicka,  Richterwoche 1997, 74). Schlagwortartig könnte man formulieren, dass das Geständnis im Verfahren außer Streitsachen nicht vom Beweis befreit, ihn aber herstellen kann.

Auch der Untersuchungsgrundsatz hat aber bei richtigem Verständnis Grenzen und muss mit Beschleunigungsmaßnahmen einhergehen. Es ist in der Lehre für das Verfahren außer Streitsachen durchaus anerkannt, dass es nicht ohne moderate Präklusionsvorschriften auskommen kann (s. schon Fasching, Zur Verfahrenskonzentration und zu möglichen Säumniswirkungen im Außerstreitverfahren,  LBI IV [1986] 81 ff; ders., Die allgemeinen Grundsätze in der neuen Außerstreitverfahrensordnung, in: BMJ, Das neue Außerstreitverfahren, Richterwoche 1987, 46; Rechberger, LBI XVI, 45 f; Klicka, LBI XX, 40).  Die Mitwirkungspflicht der Parteien ist ebenfalls Ansatzpunkt für solche für die Verfahrensbeschleunigung unentbehrlichen Maßnahmen.

Abs. 2 setzt im Außerstreitgesetz daher eine durchaus mit dem Untersuchungsgrundsatz vereinbare Grenze für verspätetes Vorbringen; dieses kann dann zurückgewiesen werden, wenn auch das durch den Untersuchungsgrundsatz zur amtswegigen Wahrheitserforschung verpflichtete Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um ein verfahrensverschleppendes Manöver handelt.

Voraussetzungen für eine Präklusion sind daher, dass

a)     die Tatsachen oder Beweise verspätet vorgebracht bzw. angeboten wurden,

b)     kein Zweifel daran besteht, dass - bei einer objektivierten, nicht die Absichten der Parteien konkret berücksichtigenden Betrachtung - dadurch das Verfahren verschleppt werden soll und

c)     durch die Zulassung des Vorbringens bzw. der Beweise auch tatsächlich eine erhebliche Verfahrensverzögerung entstehen würde (vgl. Klicka, Richterwoche 1997, 73 f).

Zu betonen bleibt, dass die Präklusionsvorschrift nicht „absolut“ und gleichsam als Strafsanktion wirkt, sondern schon auf Grund der amtswegigen Aufklärungspflicht die Möglichkeit besteht, auch Hinweisen nachzugehen, die von Parteienseite her nur als Verschleppung charakterisiert werden können. Sollte im einzelnen Fall das Gericht der Meinung sein, dass diese verschleppenden Tatsachenvorbringen oder Beweisanträge doch einen berechtigten Kern haben, so steht es ihm ungeachtet des Abs. 2 im Sinne der Grundregel des Abs. 1 frei, die Beweisaufnahme durchzuführen.

Zum § 34:

Mit dieser Bestimmung wird §  273 Abs.  1 ZPO - den Bedürfnissen des Verfahrens außer Streitsachen angepasst - in dieses Gesetz integriert; schon bisher war herrschende Meinung, dass er im Außerstreitverfahren analog angewendet werden kann (EFSlg 52.500).

Die Regelung des § 273 Abs. 2 ZPO wird bewußt nicht in das Außerstreitverfahren übernommen. Diese Bestimmung ist so sehr auf die primär verfahrensökonomische Streitschlichtung zugeschnitten, dass ihre Übernahme in das von anderen Grundsätzen mitgeprägte Verfahren außer Streitsachen unpassend wäre, insbesondere auch den Untersuchungsgrundsatz zu stark einschränken würde.

Zum § 35:

Diese Bestimmung ordnet für die Beweisaufnahme durch den ersuchten oder beauftragten Richter und die einzelnen Beweismittel die subsidiäre Geltung der ZPO an.

Die Disposition der Parteien über einzelne Beweismittel wird aber eingeschränkt, indem die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über die Beweismittelpräklusion und über die Gemeinschaftlichkeit der Beweise nicht übernommen werden. Die allgemeinen Bestimmungen über Beweise und die Beweisaufnahme (§§ 266 bis 281a und §§ 288 bis 291 ZPO) werden ebenfalls nicht übernommen, sondern eigenständig in diesem Gesetz geregelt.

Schließlich wird als rechtspolitische Wertentscheidung vorgesehen, auf den Zeugen- und den Parteieneid im Verfahren außer Streitsachen zu verzichten. Er stellt sich heute als Anachronismus, jedenfalls aber als kein effektiver zusätzlicher Beitrag zur Wahrheitsfindung dar.

Der Globalverweis auf die §§ 282 bis 287 und 292 bis 383 ZPO deckt auch die im Zivilprozess normierten Aussageverweigerungsgründe (§  321 ZPO). Dies ist im Rahmen des Allgemeinen Teils jedenfalls die vernünftigste Lösung, weil nicht prinzipiell und für alle Verfahren außer Streitsachen von einer anderen Interessenlage als im Zivilprozess ausgegangen werden kann; dies schließt aber nicht aus, dass in einzelnen Verfahrensarten, z.B. im Obsorgeverfahren, die Aussageverweigerungsgründe nur eingeschränkt gelten (so die bisherige Judikatur, insbesondere SZ 70/223).

Selbstverständlich sind die durch den Globalverweis übernommenen Bestimmungen der ZPO im Lichte der Grundsätze und der sich aus den sonstigen Anordnungen ergebenden Wertungen des AußStrG zu verstehen und in diesem Sinne auszulegen.

Zur Verweisungstechnik wurde schon im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, dass immer dann, wenn auf ein Gebiet der ZPO - wie hier die Beweisaufnahme - verwiesen wird, damit nicht nur die allgemeinen Bestimmungen des Gebiets selbst, sondern auch jene Punkte erfasst werden, für die in der ZPO von ihren allgemeinen Regeln abweichend Besonderes angeordnet ist (wie etwa für Rechtsmittelausschlüsse).

Damit müssen auch die in der ZPO gerade im Gebiet der Beweisaufnahme häufig zu findenden Sonderregeln (zB §§ 313, 319, 326 ZPO) nicht einzeln in das Verfahren außer Streitsachen übernommen werden, sondern diese leges speciales wandern gleichsam mit der Regelung mit. So bleibt es etwa bei den besonderen Rechtsmittelbeschränkungen (zB § 366 Abs. 1 ZPO) und den besonderen, ausnahmsweise Zeugen (zB § 326 Abs. 2 ZPO) oder Sachverständigen (§ 354 ZPO) Kostenersatz auferlegenden Bestimmungen der ZPO, die so die allgemeinen Regeln des Außerstreitverfahrens verdrängen. Dabei führt die angeordnete sinngemäße Anwendung dazu, dass die nach der Terminologie der ZPO „nicht abgesondert anfechtbaren“ Beschlüsse als „nicht selbständig anfechtbare“ Beschlüsse des Verfahrens außer Streitsachen aufzufassen sind und dafür daher die Bestimmung des § 45 des Entwurfs über die Zulässigkeit des Rekurses und nicht die Regelung des § 515 ZPO heranzuziehen ist.

Zum 3. Abschnitt (Beschlüsse)

Zum § 36:

Abs. 1 normiert als erstes die Entscheidungsform; bewusst sieht der Entwurf davon ab, zwischen Sachbeschlüssen und anderen Beschlüssen terminologisch zu differenzieren. Die Entscheidungsform des Verfahrens außer Streitsachen ist der „Beschluss“.

Sodann wird die Art der Entscheidungskundgabe normiert, nämlich durch schriftliche Ausfertigung oder durch mündliche Verkündung, die selbstverständlich nur stattfinden soll, wenn zumindest eine Partei anwesend ist.

Abs. 2 beschreitet gegenüber der bisherigen Judikatur Neuland, indem er die Möglichkeiten, über den Grund des Anspruchs durch Zwischenbeschluss und über einen Teil der Sache durch Teilbeschluss zu entscheiden, ausdrücklich festschreibt. Bisher wurde die Möglichkeit eines Zwischenbeschlusses schlechthin und eines Teilbeschlusses in manchen Bereichen (insbesondere im Verfahren über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sowie in außerstreitigen Miet- und Wohnungseigentumssachen) abgelehnt (EvBl. 1988/114; MietSlg 40.540; 44.541). Da die Fällung eines Zwischen- oder Teilbeschlusses immer eine Frage der Zweckmäßigkeit ist, soll die Verfahrensgestaltung hier nicht unnötig beschränkt werden (Schrott, Richterwoche 1995, 255 f).

Abs.  3 ist – mit Abs. 4 erster Satz – die Parallelbestimmung zu §  405 ZPO. Während dort völlig klar ist, dass das Gericht weder mehr noch etwas anderes zusprechen kann als die Parteien beantragt haben, ist im Verfahren außer Streitsachen auf Situationen Bedacht zu nehmen, in denen der Dispositionsgrundsatz gerade nicht gilt. Maßgebend ist daher die Grenze des Verfahrensgegenstandes (der „Rahmen“).

Die Entscheidungsbefugnis ist dabei nicht schlechthin durch ein bestimmtes Begehren zu beschränken. Dies ergibt sich einerseits daraus, dass nicht immer ein bestimmtes Begehren gefordert ist, anderseits daraus, dass - insbesondere in komplexeren Regelungsstreitigkeiten - ein solches bestimmtes Begehren weder den Parteien zugemutet, noch dem Gericht als absolute Grenze seiner Gestaltungsspielräume auferlegt werden kann.

Daraus darf freilich keine unbeschränkte Gestaltungsfreiheit „nach Gutdünken“ oder Willkür werden. Das Gesetz kann insoweit aber nur sehr abstrakte Anhaltspunkte bieten. Auf das, was alle beteiligten Parteien sich übereinstimmend wünschen, kommt es dann strikt an, wenn es sich um eine wirksame rechtsgeschäftliche Einigung handelt (zB Teilvergleich im Aufteilungsverfahren; Benützungsvereinbarung). Sonst steckt - etwa im Aufteilungsverfahren - der konkret gefasste Aufteilungsantrag den Verfahrensgegenstand zwar quantitativ ab (sodass über die genannten Objekte hinaus nichts aufzuteilen ist), nicht aber qualitativ: Ist nur durch andere Zuweisung ein billiger Ausgleich erreichbar, darf und muss sie das Gericht treffen.

Selbst in diesem Rahmen sind die Interessen der Parteien bestmöglich zu berücksichtigen. Dies verbietet etwa Anordnungen, die einer Partei eine von ihr ausdrücklich abgelehnte Rechtsposition aufnötigen oder Regelungen, die im Licht wohl verstandenen Parteieninteresses nicht tragfähig sind (etwa nicht auf Dauer funktionieren können).

Eine darüber hinausgehende, noch engere Beschränkung der richterlichen Entscheidungsbefugnis ist in den allgemeinen Bestimmungen nicht vorzusehen.

Abs. 4 hält fest, dass die Beschränkung des Gerichtes auf den von den Anträgen abgesteckten Rahmen für jene Verfahren nicht gilt, in denen das Verfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden kann.

Zum § 37:

Grundsätzlich erfordert die Verurteilung zu einer Leistung, dass diese spätestens im Entscheidungszeitpunkt fällig ist; andernfalls wäre der zugrundeliegende Anspruch eben mangels Fälligkeit abzuweisen. In – im Verfahren außer Streitsachen häufigen – Regelungsverfahren kann jedoch ein Rechtsverhältnis auch so gestaltet werden, dass Ansprüche zwischen den Parteien erst geschaffen werden (etwa: Ausgleichszahlung). Um dem Gericht in solchen Fällen die nötige Flexibilität zu wahren, ist in solchen Fällen auch die Schaffung von erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erfüllenden Ansprüchen zu ermöglichen.

Abs. 2 ermächtigt das Gericht - anders als §  409 Abs.  1 ZPO - dem Einzelfall angemessene Leistungsfristen zu bestimmen, um die gerade im Verfahren außer Streitsachen notwendige Flexibilität zu wahren. Für die Berechnung der gesetzten Frist wird auf die Regelung der ZPO verwiesen.

Zum § 38:

Als Grundregel wird festgelegt, dass alle, daher grundsätzlich auch mündlich verkündete Beschlüsse schriftlich auszufertigen und allen aktenkundigen Parteien zuzustellen sind. Als Ausnahme davon ist lediglich der Fall vorgesehen, bei dem bei einem mündlich verkündeten Beschluss ein Verzicht auf die schriftliche Ausfertigung gemeinsam mit einem Rechtsmittelverzicht aller Parteien vorliegt. In Personenstandssachen sind freilich - weil ein Verzicht auf die Ausfertigung unwirksam ist - Beschlüsse in der Sache immer schriftlich auszufertigen und zuzustellen.

Zum § 39:

Abs. 1 ist die Parallelbestimmung zu §  417 Abs.  1 ZPO, wobei folgende Unterschiede zur Urteilsausfertigung hervorzuheben sind (s. Feitzinger, Richterwoche 1997, 31 f):

a)     einer Verfahrenstradition entsprechend soll der Name des Richters nicht zwingend Beschlussinhalt sein;

b)     kann nicht vom Urteilsspruch, sondern nur vom Spruch die Rede sein und

c)     enthalten Urteile nach der Gerichtssprache „Entscheidungsgründe“, Beschlüsse dagegen eine „Begründung“.

Abs. 2 hält neben der Förmlichkeit, dass Spruch und Begründung getrennt anzuführen sind, an dieser Stelle fest, dass Leistungszeitpunkte oder -termine und auch der Ausspruch über die vorläufige Zuerkennung von Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit in den Spruch aufzunehmen sind.

Abs.  3 regelt den wesentlichen Inhalt der Begründung; daraus, dass nicht von „gedrängter Darstellung“ gesprochen wird, wird nicht der Schluss gezogen werden dürfen, dass Außerstreitbeschlüsse breiter zu begründen sind als Urteile.

Abs.  4 muss sich vom Vorbild der Urteilsausfertigung trennen, kann aber auch nicht die Regeln über die Beschlussausfertigung der ZPO übernehmen; hier sind autonome, dem Verfahren außer Streitsachen angemessene Regelungen der Frage angebracht, wann eine Begründung unterbleiben kann. Vom selbstverständlichen Vorbehalt einer besonderen Regelung in den besonderen Verfahrensarten abgesehen, erlaubt das neue Außerstreitgesetz den Entfall einer Begründung immer dann, wenn

a) gleichgerichteten Anträgen der Parteien stattgegeben wird,

b) der Beschluss dem erklärten Willen aller Parteien entspricht oder

c) der Beschluss in Gegenwart aller Parteien mündlich verkündet wurde und alle Parteien auf ein Rechtsmittel verzichtet haben.

Abs.  5 übernimmt aus § 418 Abs.  1 ZPO das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift des Entscheidungsorgans oder des Vorsitzenden für die Urschrift.

Zum § 40:

Die Frage der Bindung des Gerichtes an seine Beschlüsse stellt sich vor allem dann, wenn Interesse daran aufkommt, eine einmal getroffene Entscheidung abzuändern. Im Verfahren außer Streitsachen ist hier folgende Wertung vorzunehmen:

a)        grundsätzlich können  Beschlüsse nicht abgeändert werden,

b)     mit Ausnahme verfahrensleitender Beschlüsse, sofern sie nicht selbständig anfechtbar sind.

Grundsätzlich liegt es nicht in der funktionellen Zuständigkeit des Erstgerichts, eine einmal getroffene Entscheidung abzuändern, dies kann vielmehr nur - und nur auf Grund eines zulässigen Rechtsmittels - von der Rekursinstanz vorgenommen werden. Ausnahmsweise ist das Gericht aber an jene verfahrensleitenden Beschlüsse, die auch nicht selbständig anfechtbar sind, nicht gebunden, sondern kann diese jederzeit aus eigenem abändern. Daneben besteht freilich auch die Verfahrensbesonderheit des § 50, wonach das Gericht erster Instanz unter bestimmten Umständen einem Rekurs selbst stattgeben kann.

Der Zeitpunkt, ab dem die Bindung des Gerichtes (also die Unwiderrufbarkeit rechtskraftfähiger Beschlüsse) eintritt, ist entweder die mündliche Verkündung oder - wie auch in §  416 Abs.  2 ZPO vorgesehen -  die gerichtsinterne Abgabe zur Ausfertigung.

Zum §  41:

Obwohl sich dazu bisher keine Regelung im Außerstreitgesetz fand, wurden die Bestimmungen der ZPO über die Ergänzung und Berichtigung von Entscheidungen, also die §§  419, 423 und 430 ZPO sinngemäß angewendet. Dies hat sich bewährt und wird daher festgeschrieben (Rechberger, Richterwoche 1995, 174).

Zum § 42:

Diese Bestimmung regelt die formelle Rechtskraft eines Beschlusses. Sie tritt mit der Unanfechtbarkeit des Beschlusses ein.

Zum § 43:

Diese Bestimmung regelt die weiteren Beschlusswirkungen, also das, was die Prozesslehre in der Regel mit Vollstreckbarkeit, materieller Rechtskraft und Rechtsgestaltungswirkung bezeichnet (Klicka,  Richterwoche 1997, 75). All dies wird im Abs. 1 an den Eintritt der formellen Rechtskraft gebunden. Diese Grundregel kann aber nicht ohne Ausnahme bleiben.

Im Allgemeinen sind die Anfechtungsfristen jeweils gesondert ab Zustellung der Entscheidung an die einzelne Partei zu berechnen (§ 46 Abs. 1). Die Unanfechtbarkeit der Entscheidung (formelle Rechtskraft) tritt daher für jede Partei einzeln mit Ablauf der ihr offen stehenden Rechtsmittelfrist ein (§ 42). Folgt jedoch aus dem materiellen Recht oder kraft gesetzlicher Anordnung, dass die Beschlusswirkungen gegenüber allen Parteien einheitlich sein müssen (Fall einer „wirkungsgebundenen einheitlichen Streitpartei“), so können diese Wirkungen erst eintreten, wenn alle - für die einzelnen Parteien oft zeitlich unterschiedlichen – Rechtsmittelfristen abgelaufen sind und jeweils formelle Rechtskraft eingetreten ist. Die Beschlusswirkungen können für alle Parteien gemeinsam eben erst zu dem Zeitpunkt eintreten, zu dem keiner einzigen aktenkundigen Partei mehr eine Rechtsmittelmöglichkeit offen steht, sobald also die Entscheidung für alle Parteien unanfechtbar geworden ist (Abs. 2). Für die Fälle, dass ein feststellender oder eine Duldung oder Unterlassung anordnender oder ein rechtsgestaltender Beschluss jeweils kraft des Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschriften für alle aktenkundigen Parteien einheitlich (inhaltsgleich) zu ergehen hat, muss sohin von der Anknüpfung des Eintritts der materiellen Rechtskraft an die partiell eintretende formelle Rechtskraft abgegangen werden. Solche Beschlüsse können nur allen Parteien gegenüber gleichzeitig wirksam werden. Macht auch nur eine der Parteien von ihrem Rechtsmittelrecht Gebrauch, so hat ihre Anfechtung - von der in § 3 festgelegten Grundregel abweichend - Auswirkungen auf alle anderen Parteien, weil sie - bei Bestätigung der Entscheidung im Instanzenzug - den Wirksamkeitsbeginn der Entscheidung für alle hinausschiebt oder zu einer anderen - für alle Parteien in Wirksamkeit erwachsenden - Entscheidung an Stelle der erfolgreich angefochtenen Entscheidung führt.

In Einzelfällen mag sich darüber hinaus aus dem materiellen Recht ergeben, dass einer einzelnen Person gar kein Rechtsmittel zusteht, solange dem die anderen, mit ihr eine einheitliche Streitpartei bildenden Personen nicht zustimmen. Dies ist eine aus dem materiellen Recht zu lösende Frage, zu der das Verfahrensgesetz nichts beitragen kann.

Im Allgemeinen ist diese Wirkung auf aktenkundige Parteien beschränkt. Eine Partei, deren Existenz sich aus den Akten nicht ergibt, wäre von der formellen Rechtskraft nach allgemeiner Regel nicht erfasst; durch die Anordnung einer (absolut befristeten) Rekursmöglichkeit der nicht aktenkundigen Partei im § 46 Abs. 2 (bzw. Revisionsrekursmöglichkeit im § 65 Abs. 1) ergibt sich freilich auch für diese Person nunmehr ein Zeitpunkt formeller Rechtskraft. Sie wird insoweit den aktenkundigen Parteien gleichgestellt. Mangels rechtsmittelfristauslösender Zustellung endet ihre Rechtsmittelfrist mit dem ungenützten Verstreichen der letzten noch offenen Rechtsmittelfrist einer aktenkundigen Partei. Wird sie innerhalb dieser Frist aktenkundig, so ist ihr die Entscheidung zuzustellen, ihre Rechtsmittelfrist schiebt den Wirksamkeitszeitpunkt für alle anderen Parteien hinaus. Der Tatsache, dass die Entscheidung auch der nicht aktenkundigen Partei gegenüber formell rechtskräftig werden kann, wird im §  73 Abs. 1 Z 1 mit der Möglichkeit des Abänderungsantrags für die nicht aktenkundige Partei Rechnung getragen.

Abs.  3 legt fest, dass die Vollstreckbarkeit eines Beschlusses erst nach Ablauf der Leistungsfrist bzw. dem Verstreichen des Fälligkeitszeitpunktes eintritt.

Abs. 4 stellt klar, dass auch im Fall der Verkündung eines Beschlusses dessen Wirkungen erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eintreten, wenn nicht auf die Zustellung einer Ausfertigung verzichtet worden ist. Da auf die Zustellung schriftlicher Ausfertigungen in Personenstandssachen nicht verzichtet werden kann, treten die Wirkungen eines mündlich verkündeten Beschlusses in diesen Angelegenheiten auch bei Rechtsmittelverzicht erst mit Zustellung der schriftlichen Ausfertigung ein.

Abs. 5 schließlich trifft eine Sonderregelung für die Verbindlichkeit verfahrensleitender Beschlüsse gegenüber der Partei; dies ist aus „technischen“ Gründen erforderlich, weil derartige Beschlüsse zum Teil gar nicht der Rechtskraft fähig sind.

Zum § 44:

In einem modernen rechtsstaatlichen Verfahren ist prinzipiell davon auszugehen, dass Rechtsmittel die Entscheidungswirkungen aufschieben. Dieser Grundsatz ist in den §§ 43 und 44 festgelegt, die als allgemeine Regel aussprechen, dass Beschlüssen keine Verbindlichkeit und keine Vollstreckbarkeit vor Rechtskraft (und dem Ablauf einer allfälligen Leistungsfrist) zukommt. Dem Gericht soll aber die Möglichkeit geboten werden, seine Entscheidungen erforderlichenfalls schon während eines Rechtsmittelverfahrens in Kraft zu setzen. Gerade im rechtsgestaltenden und rechtsfürsorgenden Teil des Außerstreitverfahrens kommen einige Beschlüsse vor, die regelnden oder sichernden Charakter haben und ihrem Wesen nach, wäre man nicht in einem flexiblen und formfreien Verfahren, durch eigene einstweilige Verfügungen erledigt werden müssten. Nun wäre es eine rechtstechnisch mögliche Entscheidung, in jedem derartigen Fall neben dem endgültigen Beschluss auch eine vorläufige, von diesem gesonderte und sofort in Vollzug zu setzende Entscheidung vorzusehen. Dem Bedürfnis einer auf einfache, flexible und praktikable Vorschriften angewiesenen Praxis würde das aber nicht gerecht werden. Es wird daher die Möglichkeit vorgesehen, einen Beschluss vorläufig für verbindlich und vollstreckbar zu erklären.

Die vorläufige Zuerkennung von Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit ist jedoch an strenge Voraussetzungen sowie an eine Güterabwägung gebunden und soll entsprechend flexibel auch den jeweiligen Gegebenheiten des Falles angepasst werden können.

Die Entscheidung selbst ist zwar unanfechtbar, aber - um einen möglichst großen Regelungsspielraum zu gewähren - auch während des Rechtsmittelverfahrens abänderbar; um hier Schwierigkeiten insbesondere der Aktenverfolgung zu vermeiden, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung über die vorläufige Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit mit Vorlage des Aktes an das Rekursgericht auf dieses über.

Selbstverständlich verbietet sich die Zuerkennung der vorläufigen Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit dort, wo auf Grund der zu vollziehenden Materie eine vorläufige Wirksamkeit unerträglich wäre; dies trifft jedenfalls auf Statussachen zu.

Die vorläufige Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit wirkt - sofern diese Anordnung nicht geändert wird - bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit dem eine diese Sache erledigende Entscheidung getroffen wird, weiter, unabhängig davon, ob die Entscheidung, der diese Wirkung zuerkannt wurde, aufgehoben oder abgeändert wurde (vgl. § 61 Abs. 2 ASGG).

Zum 4. Abschnitt (Rekurs)

Zum § 45:

Die Grundsatzentscheidung, nicht zwischen Sachbeschlüssen und sonstigen Beschlüssen zu trennen, schlägt in vielerlei Hinsicht auf das Rekursverfahren durch. Grundsätzlich ist daher - anders als im Zivilprozess - nicht ein zwei verschiedene Rechtsmittel und vor allem zwei verschiedene Rechtsmittelverfahren normierendes Anfechtungssystem vorgesehen, sondern ein einheitliches. Dies bedeutet freilich nicht, dass nicht in manchen Bereichen zwischen die Sache (- stattgebend, abweisend, zurückweisend oder aufhebend -) erledigenden und anderen Beschlüssen differenziert wird.

Einleitend ist daher allgemein zu normieren, dass Beschlüsse erster Instanz mit Rekurs angefochten werden können. Mit Beschlüssen „des Gerichtes erster Instanz“ sind zum einen selbstverständlich die Beschlüsse des Erstgerichts gemeint. Daneben ist aber dieselbe Rechtsmittelzulässigkeit auch für jene Beschlüsse des Rekursgerichts vorgesehen, die funktionell in erster Instanz ergehen, also etwa Zurückweisungsbeschlüsse des Rekursgerichts als „Durchlaufgericht“ (EFSlg. 44.125 ua) oder bei Verhängung einer Ordnungsstrafe im Rekursverfahren (SZ 45/56 uva). Auch als Delegierungsgericht entscheidet ein gemeinsam übergeordnetes, sonst nur als Rekursgericht tätiges Gericht funktionell als „Gericht erster Instanz“ (1 Ob 80/02z). Mit dieser Differenzierung ist an die bisherige bewährte und in der Lehre bestätigte Judikatur angeknüpft, die nicht geändert werden soll.

Eine Sonderstellung nehmen die verfahrensleitenden Beschlüsse ein. Diese zu definieren ist weder der Zivilprozessordnung noch der Zivilprozesslehre in den letzten 100 Jahren gelungen; eine befriedigende Abgrenzung ist also offenbar theoretisch und abstrakt kaum möglich. Dennoch hat die Praxis des Zivilprozesses in der Regel genau erkannt, welche Beschlüsse verfahrensleitende sind. Der Entwurf verlässt sich daher hier nicht auf eine originelle Definition, sondern auf den bewährten Instinkt der Praxis.

Darüber hinaus wird aber auch das aus der ZPO bekannte Institut des „nicht abgesondert anfechtbaren Beschlusses“ grundsätzlich übernommen, allerdings umbenannt und einfacher geregelt. Während dort der nicht abgesondert anfechtbare Beschluss mit der nächsten anfechtbaren Entscheidung anzufechten ist, regelt der Entwurf diesen Komplex schlichter: Es geht darum, dass Verfahrensentscheidungen grundsätzlich nicht mit einem selbständigen Rekurs überprüfbar sind, wohl aber die unrichtige Lösung der dem vorerst nicht anfechtbaren Beschluss zugrunde liegenden Rechtsfragen zu einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens führen kann, die auf die Entscheidung über die Sache durchschlägt. Es geht also um die inhaltliche Überprüfbarkeit der Richtigkeit einer nicht eigens anfechtbaren Entscheidung, die nicht zum Thema einer zufällig dazwischentretenden späteren anfechtbaren Entscheidung (man denke nur an einen Gebührenbestimmungsbeschluss) gemacht werden sollte, sondern nur (wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens) Thema des Rekurses gegen die Hauptsache sein kann.

Zum § 46:

Für das Verfahren außer Streitsachen wird eine allgemeine einheitliche Rechtsmittelfrist von 14 Tagen festgesetzt, die sich schon bisher bewährt hat. Eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist des Verfahrens außer Streitsachen auf vier Wochen ist keineswegs zwingend und würde durch die teilweise Einführung der Rekursbeantwortung zu einer Vervierfachung der Rechtsmittelfristen und damit zu Verfahrensverzögerungen führen, die mit dem Gebot des Art. 6 EMRK, in angemessener Frist zu einer Entscheidung zu gelangen, schwer vereinbar sind. Sondervorschriften, wie etwa die Fristen des Grundbuchsverfahrens, bleiben davon unberührt.

Neben der Dauer wird auch der Beginn der Rekursfrist geregelt. Für Personen, denen die Ausfertigung des Beschlusses zugestellt wurde, wird der Fristbeginn mit Zustellung festgelegt (Abs. 1).

Was aktenkundige Parteien betrifft, denen die Ausfertigung des Beschlusses (noch) nicht zugestellt wurde, so treten diesen gegenüber weder die Beschlusswirkungen ein, noch beginnt ihre Rekursfrist zu laufen. Eine solche Partei könnte daher jederzeit einen Antrag auf Zustellung stellen; ihre Rekursfrist beginnt erst mit Zustellung zu laufen.

Anders verhält es sich bei der nicht aktenkundigen (in der Verwaltungsverfahrenslehre, siehe Winkelhofer, Säumnis von Verwaltungsbehörden [1991], 39 ff, 180, so genannten) „übergangenen“ Partei (Abs. 2). Hier war die Entscheidung zu treffen, ob auch diese Parteien jederzeit Rekurs erheben können sollen, oder ob ein Zeitpunkt festgesetzt wird, ab dem auch die übergangene nicht aktenkundige Partei den Beschluss nicht mehr mit Rekurs, sondern nur noch im Rahmen eines Abänderungsverfahrens bekämpfen kann. Der Entwurf bekennt sich dazu, der nicht aktenkundigen Partei nur so lange einen Rekurs zuzubilligen, solange noch eine aktenkundige Partei einen Rekurs erheben oder eine Rekursbeantwortung anbringen kann. Ist sowohl die Rekursfrist als auch die Rekursbeantwortungsfrist abgelaufen, das Verfahren jedoch infolge Rekurserhebung durch eine andere Partei noch im Rechtsmittelstadium anhängig, so fehlt es zwar an der formellen Rechtskraft als Voraussetzung für den Abänderungsantrag, die übergangene Partei kann aber in einem solchen Fall Rechtsmittel im Verfahren an die dritte Instanz erheben. Ihre bisherige Nichtbeiziehung ist aber, jedenfalls sobald sie sich bemerkbar gemacht hat bzw. bekannt geworden ist, aus Anlass eines zulässigen Rekurses schon von Amts wegen im Rekursverfahren wahrzunehmen (§ 55 Abs. 3 iVm § 58 Abs. 1 Z 1 und 2).

Abs. 3 ist eine Nachfolgebestimmung für §  11 Abs.  2 AußStrG-aF, der eine Abänderung oder Aufhebung eines Beschlusses erlaubt, obwohl die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen ist. Aus dieser Bestimmung ist im Zusammenhalt mit dem Fehlen einer Ermächtigung des Erstgerichtes, einen Rekurs als verspätet zurückzuweisen, wie schon nach geltender Rechtslage der Schluss zu ziehen, dass auch verspätete Rekurse dem Rekursgericht vorzulegen sind. Dem verspäteten Rekurs kann freilich - wie bisher - nur dann stattgegeben werden, wenn dadurch kein Nachteil für eine andere Person verbunden ist. Die Judikatur zu §  11 Abs.  2 AußStrG-aF zeigt, dass zwar dadurch in weit mehr Fällen Erwartungen geweckt, als entsprochen werden kann, die Bestimmung jedoch in einigen Konstellationen einen sinnvollen Anwendungsbereich hat. Sie war daher zu übernehmen.

Zum § 47:

Abs. 1 regelt die formelle Vorgangsweise bei der Rekurseinbringung (Überreichung eines Schriftsatzes beim Erstgericht, bei nicht durch Anwalt oder Notar vertretenen Parteien auch Möglichkeit des Protokollarrekurses).

Form und Inhalt des Rekurses ergeben sich aus zwei Komponenten: einerseits aus den allgemeinen Erfordernissen eines Anbringens (Abs. 2), andererseits aus den spezifischen Erfordernissen eines Rechtsmittels. Dazu zählen neben der Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses jene weiteren notwendigen oder zumindest ratsamen Schritte, die von Lehre und Praxis mit den Stichworten Rekurserklärung, Rekursgründe und Rekursantrag umschrieben werden. Von diesen handelt Abs.  3, der - die bisherige Rechtsprechung zum Rekursverfahren festschreibend - kein bestimmtes Begehren, aber eine hinreichend deutliche Erklärung dahin verlangt, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt (Rechtsprechung bei Fucik, AußStrG2, 22). Als Zweifelsregelung ist normiert, dass der Beschluss als zur Gänze angefochten gilt, wenn sich nicht eindeutig eine Beschränkung erkennen lässt. Ziffernmäßig unbestimmte Rekursbegehren sind zulässig.

Zum § 48:

Es ist rechtspolitisches Allgemeingut, dass Rekursbeantwortungen auch im neuen Verfahren außer Streitsachen entsprechend den Fällen der ZPO zulässig sein sollen (für alle Fasching, Streitiges im Rechtsmittelverfahren des österreichischen Außerstreitverfahrens, Festschrift Firsching [1985] 77 = Festgabe Fasching [1993] 434 f; Feitzinger, Richterwoche 1995, 88 f; ders., Richterwoche 1997, 35).  Abs. 1 zählt die Fälle auf, in denen das Rekursverfahren mehrseitig ist.

Dabei wird die Formulierung Beschluss, mit dem über die Sache entschieden worden ist verwendet. Diese Formulierung ist etwas weiter als Entscheidung „in der Sache“, weil sie nicht nur stattgebende und abweisende, sondern auch zurückweisende Entscheidungen über einen Rechtsschutzantrag umfasst. Damit wird die Zweiseitigkeit des Rekursverfahrens über die bislang schon vorhandenen Anwendungsfälle hinaus auf Vorgaben der EMRK für zivilrechtliche Ansprüche dort zum Regelfall, wo es um die Hauptsache oder die Kosten geht. Eine Zweiseitigkeit als allgemeine Regel und damit auch für alle Zwischenstreite anzuordnen wäre überschießend, weil nicht in jedem Zwischenstreit auch die Rechtsposition der anderen Verfahrensparteien berührt ist.

Soweit das rechtliche Gehör aber auch in diesen Fällen eine Äußerungsmöglichkeit der anderen Parteien verlangt (etwa weil zulässige Neuerungen geltend gemacht wurden), so ist im Rekursverfahren dem Rekursgericht die Aufgabe der Gehörgewährung zu überlassen (zB durch Auftrag einer Äußerung oder durch Einräumung einer Gelegenheit zur Stellungnahme in der mündlichen Rekursverhandlung).

Abs. 2 dient dazu, die Regeln über die Einbringung des Rekurses auch auf die Rekursbeantwortung auszudehnen.

Abs. 3 normiert die Verständigung der anderen Parteien von der Einbringung der Rekursbeantwortung.

Zum § 49:

Schon nach geltender, durch die Judikatur konkretisierter Rechtslage bestand im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich Neuerungserlaubnis. Abs. 1 präzisiert diesen Grundsatz um zwei wichtige, sich allerdings schon aus dem Wesen eines Rechtsmittelverfahrens ergebende Aspekte, einerseits nämlich, dass solche Neuerungen sich nicht auf unangefochtene Teile des Beschlusses beziehen dürfen, weil dies ja ein Eingriff in bereits eingetretene Teilrechtskraft wäre, andererseits, dass eine solche Teilrechtskraft überall dort nicht eintritt, wo das Verfahren auch von Amts wegen eingeleitet werden könnte. Kann in einem Amtsverfahren eine Entscheidung auch zu Ungunsten der anfechtenden Partei abgeändert werden, so ist auch keine Beschränkung der Neuerungen auf den angefochtenen Teil am Platz.

Dagegen machen Abs.  2 und Abs. 3 deutliche Einschränkungen der Neuerungserlaubnis. Wenn diese im Vergleich zum derzeitigen Gesetzestext auch weiterreichend scheinen mögen, schreiben sie doch nur eine Rechtsprechung fest, die den Bedürfnissen der Praxis und nicht zuletzt dem Beschleunigungsgedanken und dem Gedanken der Mitwirkungspflicht, der Wahrheits- und der Vollständigkeitspflicht der Parteien - die im vorliegenden Entwurf ja auch besonders akzentuiert sind - Rechnung trägt (Fasching,  Festschrift Firsching 77 = Festgabe Fasching 435; Fucik, Das Neuerungsverbot im Zivilgerichtsverfahrensrecht, ÖJZ 1992, 429).

Zum einen wird zwischen nova reperta, also zwischen solchen Tatsachen und Beweismitteln, die schon zur Zeit der Fassung des Beschlusses erster Instanz vorhanden waren, und solchen, auf die dies nicht zutrifft (nova producta) differenziert. Weil die durchaus sachgerechten folgenden Einschränkungen der Berücksichtigung der nova solche Differenzierungen nicht erfordern, wurden die so genannten Verfahrenstatsachen (Zustellung, Rechtzeitigkeit, rechtliches Gehör, Verfahrensvoraussetzungen) nicht anders behandelt als die entscheidungserheblichen (womit die Bedenken von Klicka, Richterwoche 1997, 76 sich wohl erübrigen).

Für nova reperta besteht eine Einschränkung der Neuerungserlaubnis darin, dass sie dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn sie von der Partei schon vor der Erlassung des Beschlusses vorgebracht hätten werden können, es sei denn, es handle sich bei der Unterlassung des Vorbringens in erster Instanz um eine entschuldbare Fehlleistung der Partei. Dieser letztere Begriff ist dem § 2 Abs. 3 DienstnehmerhaftpflichtG entnommen und dahin zu verstehen, dass die prozessuale Sorgfalts- und Vollständigkeitspflicht nicht überspannt werden darf (Fucik, Richterwoche 1997, 181); keinesfalls darf daraus geschlossen werden, dass jede leichte Fahrlässigkeit volle Neuerungserlaubnis gibt; dies wäre auch mit dem Wiedereinsetzungssystem nicht gut vereinbar. Insbesondere in den Fällen des § 17 geht es daher auch weiterhin nicht an, dass eine Partei, nachdem sie sich in erster Instanz nicht geäußert hat (ohne dass dies wegen eines Wiedereinsetzungsgrunds restituiert wurde), nunmehr ihr Vorbringen im Rekurs nachtragen könnte (vgl. schon SZ 52/155; EFSlg 82.771). Daher hat diesen Umstand auch die Partei darzutun, bei der nicht nur die Nähe zu den Bescheinigungsmitteln besteht, sondern aus deren Sphäre auch die Verspätung stammt und welche die sie begünstigende Regelung (Doch-noch-Berücksichtigung) für sich in Anspruch nehmen möchte.

Abs. 3 geht von der bisherigen Rechtsprechung ab und lässt auch die Berücksichtigung von nova producta in jedem Verfahren grundsätzlich zu; nova producta sollen daher einen Rekurs erlauben und nicht auf den Abänderungsantrag verwiesen werden (Fasching, Zur Zulassung von Neuerungen in Rechtsmitteln des außerstreitigen Verfahrens, ÖJZ 1956, 312 ff; ders., Festschrift Firsching 77 = Festgabe Fasching 436 f; Ferstl, Richterwoche 1995, 274 f; Feitzinger, Richterwoche 1997, 34; Klicka, ebd.  76; Rechberger,  LBI XVI, 59). Dies ist ein deutlich anderer systematischer Aufbau als in der ZPO, wo nova producta keinesfalls im Rechtsmittel, sondern immer in einer Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden müssen.

Andererseits ist nicht zu vergessen, dass diese nova producta von der Rechtskraft gar nicht umfasst sind, es also in der Regel durchaus möglich ist, sie zum Gegenstand eines neuen Antrags zu machen. Man denke etwa an Fälle, in denen der Unterhaltsschuldner zwischen der Entscheidung erster und zweiter Instanz arbeitslos wird.

In einem solchen Fall ist an sich ein neuer Antrag (z.B. Unterhaltsherabsetzungsantrag) angebracht, der gegenüber der Erledigung im Rekurs keine dem Rechtsschutzwerber und den übrigen Parteien drohenden Nachteile aufweist, sondern vielmehr die Verkürzung um eine Tatsacheninstanz vermeidet. Daher besteht hier kein Anlass zur Erledigung durch das Rekursgericht. Da in solchen Fällen entweder ohnedies eine protokollarische Rechtsmittelerhebung stattfindet oder im Rahmen der ergänzenden Erhebungen der Rechtsmittelwerber wohl zu befragen ist, wird es praktisch kaum Schwierigkeiten bereiten, dies mit ihm abzuklären.

Grundsätzlich wird es das Recht auf rechtliches Gehör gebieten, den anderen Parteien im Rahmen des Rekursverfahrens die Gelegenheit zu geben, zu den in Rekurs (und Rekursbeantwortung) zulässigerweise noch vorgebrachten Neuerungen Stellung zu nehmen.

Zum § 50:

Diese Bestimmung ist einerseits Ersatz für die Vorstellung und das Selbststattgebungsrecht nach dem geltenden Außerstreitgesetz, geht andererseits aber - im Zivilverfahren Neuland betretend - über diese hinaus.

Dabei entsprechen Abs. 1 Z 1 bis 3 im Wesentlichen dem §  522 Abs. 1 ZPO, während Abs. 1 Z  4 darüber hinausgeht. Ein Beschluss, mit dem über die Sache entschieden worden ist, kann dann vom Erstgericht im Sinne einer - gänzlichen - Rekursstattgebung erledigt werden, wenn sich schon ohne weitere Erhebungen auf Grund der Aktenlage ergibt, dass der Beschluss entweder aufzuheben und der allenfalls zugrunde liegende verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen ist oder dass der Beschluss im Sinne des Rekursbegehrens zur Gänze abzuändern ist. Beides soll Fälle umfassen, in denen dem Gericht ein offensichtlicher Fehler unterlaufen ist, insbesondere solche, in denen ein Grund übersehen wurde, der das Verfahren unzulässig macht.

Von der Möglichkeit einer teilweisen Stattgebung wurde aus verfahrenspraktischen Gründen abgesehen. Eine Erleichterung des Verfahrens ergibt sich aus dieser funktionalen Doppelzuständigkeit ja nur dann, wenn dadurch die Rekursvorlage überhaupt überflüssig wird; in Fällen, in denen sich nach der Einschätzung des Erstgerichts eine teilweise Richtigkeit des Rekursvorbringens ergibt, soll die Gesamtbeurteilung dem Rekursgericht überlassen bleiben.

Weiters war vorzusehen, dass ein solcher Beschluss während des Verfahrens über eine Sache nur einmal gefällt werden kann, um so auch nicht den bloßen Anschein des Eindrucks zu erwecken, das Erstgericht wolle die Sache beharrlich dem Rekursgericht „entziehen“ (Abs. 2). Ein solcher Einmaligkeitsgrundsatz gilt aber nur für Abs. 1 Z 4. Es ist etwa nicht verboten, verschiedene Zurückweisungsbeschlüsse im Sinne der Z  3 selbst aufzuheben, etwa, weil es sich um die Rekurse verschiedener Rechtsmittelwerber handelt.

Zum § 51:

Abs. 1 regelt das weitere Vorgehen des Erstgerichts; nachdem alle Rekursbeantwortungen eingelangt sind oder die dafür offenstehende Frist verstrichen ist, muss das Erstgericht in allen Fällen, in denen es dem Rekurs nicht selbst stattgibt, das Rechtsmittel mit allen die Sache betreffenden Akten und besonders mit den Zustellnachweisen vorlegen.

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch Abs. 2, der das Erstgericht verpflichtet, vor der Rekursvorlage die allenfalls erforderlichen Erledigungen und Erhebungen durchzuführen.

Ein weiterer, insbesondere zur Gewährung raschen Rechtsschutzes und Verfahrensbeschleunigung überaus wichtiger Punkt ist die Vorschrift des Abs. 3, dass in Fällen, in denen noch Punkte offen bleiben, entweder die für deren Erledigung erforderlichen Aktenstücke oder Abschriften hievon zurückzubehalten.

Eine Zurückweisungsbefugnis des Gerichtes erster Instanz wurde nicht vorgesehen. Dies bedeutet, dass sowohl unzulässige als auch verspätete Rekurse dem Rekursgericht vorzulegen sind. Nur für Revisionsrekurse wird anderes bestimmt.

Zum § 52:

Das Rekursgericht hat in der Regel über die Sache selbst zu entscheiden. Die Erledigung durch einen Aufhebungsbeschluss soll die Ausnahme bleiben. Die konkrete Verfahrensgestaltung steht - im Rahmen der rechtsstaatlichen Grundsätze - im Ermessen des Rekursgerichts. Ob eine Beweiswiederholung oder eine mündliche Verhandlung notwendig ist, hat das Rekursgericht zu entscheiden. Hält das Rekursgericht eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich, so braucht es selbst dann keine durchzuführen, wenn eine mündliche Verhandlung für das Verfahren erster Instanz zwingend vorgeschrieben ist. Bei komplexen Beweiswiederholungen könnte freilich eine mündliche Verhandlung zur Wahrung der Unmittelbarkeit und des rechtlichen Gehörs dermaßen dringend geboten sein, dass ihre Unterlassung das Rekursverfahren mangelhaft macht.

Um das rechtliche Gehör der Parteien zu wahren, kann es erforderlich sein, ihnen Gelegenheit zu geben, sich zum Rekurs oder der Rekursbeantwortung einer anderen Partei zu äußern, zumal wenn darin Neuerungen vorgebracht wurden. Die allgemeine Anordnung einer Rekursbeantwortung wäre jedoch ein starres Korsett, das nicht mehr im Einzelfall beurteilen ließe, ob vom Standpunkt der Gehörgewährung eine Gegenäußerung auf Grund der konkreten Vorbringen angezeigt ist. Das Problem des rechtlichen Gehörs wäre durch Anordnung einer Rekursbeantwortung in jedem Fall zudem bloß verschoben, weil auch noch in der Rekursbeantwortung Neuerungen vorgebracht werden können, die wieder eine - keinesfalls zu institutionalisierende Replik - zur Rekursbeantwortung nach sich zöge.

Abs. 1 stellt klar, dass es dem Rekursgericht möglich ist, auch in jenen Fällen, in denen eine Rekursbeantwortung nicht zwingend vorgeschrieben ist, anderen Parteien die Wahrnehmung ihres rechtlichen Gehörs mittels Schriftsatz freizustellen oder dies in anderer Weise – etwa in der Rekursverhandlung – zu ermöglichen. Die Notwendigkeit, auch in grundsätzlich einseitigen Rechtsmittelverfahren das rechtliche Gehör durch Eröffnung einer Äußerungsmöglichkeit zu wahren, wurde schon bisher in der Literatur (vgl. Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen, Rz 5 zu § 9 mwN) und Judikatur (vgl. etwa 6 Ob 591/83 = EF 44.633, 7 Ob 653/89 = EF 61.333, 6 Ob 38/98a = JBl 1999, 60 = RdW 1998, 464 oder unlängst 8 Ob 282/01 f = RZ 2002/15 zum Insolvenzverfahren) vertreten und soll in diesem Gesetz festgeschrieben werden.

Während mit dieser Vorgangsweise Überlegungen durchschlagen, die bisher, soweit keine Rekursbeantwortung angeordnet ist, keinen ausdrücklichen Anhaltspunkt im  Gesetz hatten, weshalb ihre Normierung im Gesetzestext schon zur Vermeidung eines Umkehrschlusses tunlich war, ergeben sich ähnliche Verfahrensermessensentscheidungen in Bezug auf die Konfrontation mit den Erhebungsergebnissen des Rekursgerichts ohne besonderen zusätzlichen Normierungsbedarf selbstverständlich aus dem allgemein, nicht nur in erster Instanz geltenden Gebot des rechtlichen Gehörs. Auch zu diesen Erhebungsergebnissen müssen sich die Parteien – aus Gründen des rechtlichen Gehörs und bei sonstiger Nichtigkeit - äußern können. In das pflichtgemäße Ermessen des Rekursgerichts ist nur das „Wie“ gestellt; es kann wählen, ob es die Parteien vom Vorliegen von Erhebungsergebnissen einzeln informiert und ihnen eine (schriftliche) Stellungnahme freistellt, oder (zum gleichen Zweck) eine mündliche Rekursverhandlung anberaumt. Eine dieser Alternativen der Gehörwahrung ist den Parteien aber jedenfalls zu eröffnen.

Mit der Geltung und den möglichen Ausnahmen des Unmittelbarkeitsgrundsatzes im Rekursverfahren beschäftigt sich Abs.  2, indem er im Wesentlichen die Bestimmung des §  488 Abs.  4 ZPO übernimmt; zur Wahrung eines nicht ausufernden Unmittelbarkeitsprinzips wird die persönliche Wahrnehmung eines beauftragten Richters aus dem Senat für ausreichend erachtet (vgl. § 29 Abs. 2 UbG).

Nun lassen sich aber Fallkonstellationen denken, in denen Beweisergebnisse neben unmittelbar gewonnenen auch mittelbaren Beweismitteln entnommen werden und letztere einen weit überwiegenden Beweiswert aufweisen, wie etwa bei einer in einem nicht mehr wesentlichen Punkt durch eine Zeugenaussage erläuterten Lohnauskunft. Auch wenn hier nicht gesagt werden kann, die Feststellungen seien ausschließlich auf mittelbare Beweise gestützt, ist von einer Beweiswiederholung wegen „nicht maßgeblicher“ unmittelbarer Beweisaufnahmen erster Instanz kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten, der die damit unweigerlich verbundenen Verzögerungen aufwiegen könnte.

Zum § 53:

Als Entscheidungsgrundlage werden Erhebungsergebnisse und Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts vorgesehen, soweit sie nicht durch das Rekursverfahren ergänzt oder berichtigt wurden.

Damit ist keine Aussage darüber getroffen, ob und inwieweit das Rekursgericht veranlasst ist, von Amts wegen Beweise zu ergänzen.

Zum § 54:

Abs. 1 betrifft die Fälle, in denen der Rekurs vom Rekursgericht mit Beschluss zurückzuweisen ist, nämlich einerseits die Unzulässigkeit oder (außer bei Stattgebung im Sinne des §  46 Abs.  3) Verspätung des Rekurses und andererseits das Fehlen der notwendigen Form oder des notwendigen Inhalts trotz durchgeführten Verbesserungsverfahrens.

Sowohl dass ein Verbesserungsverfahren vorzunehmen ist, als auch dass bei Unzuständigkeit des Rekursgerichts ein Überweisungsbeschluss im Sinne des §  44 Abs.  1 JN zu fassen ist, ergibt sich schon daraus, dass die Bestimmungen des Verfahrens erster Instanz anzuwenden sind (§  52 Abs.  1).

Abs. 2 zählt demonstrativ Fälle der Unzulässigkeit auf, und zwar die fehlende Rechtsmittellegitimation und den Rechtsmittelverzicht. Daneben sind auch andere Fälle denkbar, wie etwa die bereits erklärte Zurücknahme des Rekurses, die verfahrensrechtliche Unanfechtbarkeit der angefochtenen Entscheidung oder die fehlende Beschwer.

Zum § 55:

Abs.  1 gibt den Rekursgerichten einen grundsätzlichen Auftrag, in der Sache selbst zu entscheiden. Verfahrenspraktisches Allgemeingut ist, dass Aufhebungsbeschlüsse möglichst zu vermeiden sind (Feitzinger, Richterwoche 1997, 37).

Abs.  2 nennt die Grenzen der funktionellen Zuständigkeit des Rekursgerichts; im Gegensatz zum immer auf Antrag eingeleiteten Zivilprozess ist das Rekursverfahren des Verfahrens außer Streitsachen nicht so stark von der Dispositionsmaxime abhängig. So ist zwar als Grundsatz anzuführen, dass das Rekursgericht nur im Rahmen des Rekursbegehrens entscheidungsbefugt ist; in Verfahren, die auch von Amts wegen eingeleitet werden können (darauf, ob das konkrete Verfahren von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet wurde, kommt es nicht an) verträgt sich eine derart eingeschränkte Entscheidungskompetenz nicht mit dem Amtswegigkeitsgrundsatz. Kaum nachvollziehbar wäre es, wenn die Amtswegigkeit nur das Verfahren erster Instanz betreffen könnte. Es kann nicht im Sinne einer praktischen Verfahrensgestaltung sein, das Rekursgericht hier an die Rekursanträge zu binden und allfällige amtswegige Verfahrensschritte nur dem Erstgericht vorzubehalten. In diesen Fällen ist daher das Rekursgericht von der Bindung an das Rekursbegehren freizustellen; insoweit ist auch ein Verbot der reformatio in peius fehl am Platz (s. Rechberger, Richterwoche 1995, 176; ders., LBI XVI, 60; Feitzinger, Richterwoche 1997, 37), sodass das Gericht den angefochtenen Beschluss auch zu Ungunsten des Rechtsmittelwerbers abändern können muss.

Abs.  3 betrifft einen anderen Aspekt der Amtswegigkeit, nämlich den, welche Verfahrensfehler aus Anlass eines zulässigen Rekurses auch dann aufgegriffen werden müssen, wenn sie von keiner Partei geltend gemacht wurden. Da die amtswegige Wahrnehmung nicht alle Nichtigkeitsgründe der ZPO umfassen soll (Feitzinger, Richterwoche 1997, 37), sind jene Verfahrensfehler, die von Amts wegen wahrgenommen werden müssen, im Einzelnen aufgezählt.

Abs.  4 berücksichtigt zwei Aufhebungsgründe im Zusammenhang mit der Selbststattgebung, nämlich die Überschreitung der funktionellen Rekurserledigungsbefugnis durch das Erstgericht und die inhaltlich unrichtige Selbststattgebung und legt fest, dass in diesen Fällen nach Aufhebung der zu Unrecht stattgebenden Entscheidung des Erstgerichtes das Rekursgericht selbst über das erste Rechtsmittel zu entscheiden hat.

Zum § 56:

Weitere Aufhebungsgründe sind Verstöße gegen den außerstreitigen Rechtsweg, die inländische Gerichtsbarkeit oder die Rechtskraft; in diesen Fällen ist der Beschluss aufzuheben, das vorangegangene Verfahren für nichtig zu erklären und ein ihm allenfalls vorangegangener Antrag zurückzuweisen (Abs. 1).

Damit ist dem §  40a JN allerdings nicht derogiert. Gehört die fälschlich im außerstreitigen Rechtsweg abgehandelte Sache in ein Zivilverfahren (insbesondere in den Zivilprozess, doch sind Überschneidungen mit Exekutions- oder Insolvenzverfahren zumindest in einigen Fällen denkbar), so kommt eine Umdeutung des Antrags, insbesondere in eine Klage, nach Maßgabe des §  40a JN in Betracht. Wurde über eine gar nicht vor die Zivilgerichte gehörige Angelegenheit im Verfahren außer Streitsachen entschieden, hat es hingegen bei der Zurückweisung zu bleiben.

Abs.  2 sieht eine besondere Sanktion für den Fall der sachlichen Unzuständigkeit vor. Einerseits hat keine Zurückweisung des Antrags, sondern eine Überweisung zu erfolgen (§  44  JN), andererseits wird dies ausdrücklich auf den Fall der sachlichen Unzuständigkeit beschränkt; örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes soll nicht zur Aufhebung führen. Dies entspricht einem dringenden Bedürfnis der Praxis, das schon bisher, freilich weder von der alten Gesetzeslage gestützt noch mit einem „dogmatischen Profil“ ausgestattet (vgl. Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ [2000] Rz 18), zu einer Judikatur (EFSlg 67.261; 82.616 u.a.) geführt hat, die die örtliche Unzuständigkeit jedenfalls nicht als Grund für die Aufhebung des gesamten Verfahrens und Zurückweisung des Antrags herangezogen hat.

Zum § 57:

Entgegen dem Grundsatz des §  55 Abs.  1 ist in manchen Fällen eine Aufhebung nicht leicht vermeidbar. Im vorliegenden Entwurf wird - der Systematik der ZPO folgend - kein Katalog von theoretischen Gründen, sondern eine Leitlinie dafür gegeben, aus welchen Gründen unter welchen Voraussetzungen aufgehoben werden darf.

Im §  57 sind jene Fälle aufgezählt, in denen die Aufhebung statt einer meritorischen Entscheidung des Rekursgerichts stattfinden soll, wenn dadurch der Verfahrensaufwand und die den Parteien erwachsenden Kosten voraussichtlich erheblich verringert werden. Dies wird vor allem dann der Fall sein, wenn infolge der Unmittelbarkeit der bisherigen Beweisaufnahmen vor dem Rekursgericht eine Beweiswiederholung stattfinden müsste, während vor dem Erstgericht eine bloße Beweisergänzung ausreichen würde (vgl. SZ 59/134; Kodek in Rechberger, Rz 6 zu § 496). Es geht hier um folgende Fallgruppen:

a)     qualifiziert mangelhafte Fassung des Beschlusses, die auch durch eine Berichtigung nicht beseitigt werden kann (Z 1),

b)       gesetzwidriger Ausschluss der Öffentlichkeit (Z 2)

c)       unvollständige Erledigung der Sachanträge (Z 3),

d)     wesentliche Verfahrensmängel (Z 4),

e)       Feststellungsmängel (Z 5) und

f)      (als eine Art salvatorische Klausel) Vorliegen vergleichbar schwerwiegender Verfahrensverstöße (Z 6).

Bei nicht erheblicher Kostenverringerung durch die Zurückverweisung hat es beim allgemeinen Grundsatz der Sachentscheidung durch das Rekursgericht zu bleiben (vgl. SZ 58/59).

Zum § 58:

In den hier aufgezählten Fällen wird zwar der Grundsatz der Sacherledigung neuerlich besonders betont, aber diesmal mit einem anderen Regel-Ausnahme-Verhältnis. Nur dann, wenn keine Zweifel darüber in Betracht kommen, dass selbst nach den eigenen Angaben des Rekurswerbers kein anderes Verfahrensergebnis zu erwarten ist, hat das Rekursgericht auch in den gleich zu nennenden Fällen selbst zu entscheiden, nämlich bei

a) Verstoß gegen die Bestimmungen über die Einräumung des rechtlichen  Gehörs (Abs. 1 Z 1),

b) fehlender Vertretung (Abs. 1 Z 2) und

c) Verstoß gegen ein zwingendes Mündlichkeitsgebot (Abs. 1 Z 3).

Während diese Fälle im Zivilprozess dadurch gekennzeichnet sind, dass sie „abstrakte“ Anfechtungsgründe sind, also selbst dann zu einer Aufhebung führen, wenn ungeachtet ihres Vorliegens kein anderes Entscheidungsergebnis zu erwarten ist, soll ein solcher Formalismus im Verfahren außer Streitsachen ausgeschlossen werden. Wer nur den Formfehler, aber keine Unrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung für sich hat, soll nicht zwingend die Aufhebung der inhaltlich nicht zu beanstandenden Entscheidung erreichen. Ist schon das Rekursvorbringen nicht geeignet, die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung darzutun, so sieht Abs.  1 dafür eine einfache Erledigungsmöglichkeit vor.

Während die Formstrenge des Zivilprozesses, vor allem sein Neuerungsverbot, die nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs im Rechtsmittel ausschließt und die Aufhebung einer unter Gehörverletzung ergangenen Entscheidung unausweichlich macht, kann im Verfahren außer Streitsachen ein formfreieres, flexibleres Regime walten. Durch die Neuerungserlaubnis kann derjenige, dem in erster Instanz das rechtliche Gehör nicht ausreichend gewährt wurde, sein Vorbringen im Rekurs nachtragen. Da ein Interesse daran die beschwerende Entscheidung jedenfalls zu kassieren, nicht anzuerkennen ist, muss der Rekurswerber in Wahrung seiner Prozessförderungspflicht das ihm nicht vorher mögliche Vorbringen im Rekurs erstatten. Im Zusammenhalt mit der Eröffnung einer mündlichen Rekursverhandlung gestattet dies die Wahrung des rechtlichen Gehörs im Rekursverfahren, sorgt für eine raschere Entscheidung und vermeidet einen weiteren Rechtsgang. Freilich soll damit nicht das Ermittlungsverfahren von der ersten in die zweite Instanz verlagert werden. In Fällen, wo mit einfacheren Ergänzungen der Feststellungen auf Grund der bisherigen Erhebungen das Auslangen gefunden werden kann, steht damit eine unbürokratische und beschleunigende Enderledigung durch das Rekursgericht frei. Rechtliches Gehör zu bereits erzielten Verfahrensergebnissen kann in diesem Sinne nachgetragen werden. Anders ist zu verfahren, wenn die Gehörverletzung mit der Notwendigkeit weiterer Erhebungen einhergeht.

Kommt nach Anwendung all dieser Regeln weder eine Bestätigung noch eine Abänderung in Frage, dann - und nur dann - ist auch im Verfahren Außerstreitsachen die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Eröffnung eines weiteren Rechtsgangs nicht zu vermeiden (Abs.  3).

Naturgemäß kommen in der Praxis auch Fälle vor, in denen mehrere Rechtsmittelgründe vorliegen. Die Rechtsfolgen der einzelnen Gründe müssen dann auseinander gehalten werden: Kann das rechtliche Gehör zu einem Punkt nachgetragen werden, sind aber wegen eines anderen Punktes, zu dem der Rechtsmittelwerber rechtliches Gehör schon in erster Instanz hatte, weitere Erhebungen erforderlich, entscheidet nicht §  58 Abs.  3, sondern die Ökonomiebetrachtung des §  57 darüber, unter welchen Umständen eine Aufhebung vermieden werden kann.

Abs.  2 gibt demonstrative Beispiele für ein Verhalten des gesetzlichen Vertreters, das als Genehmigung der bisherigen Verfahrensführung verstanden werden muss. Das macht den Vertretungsmangel noch nicht zu einem im technischen Sinne rügepflichtigen Rechtsmittelgrund, weil die Unterlassung eines eigenen Rekurses oder einer eigenen Rekursbeantwortung noch keine Heilungswirkung hat, führt aber zumindest im Ergebnis dazu, dass Vertretungsmängel in aller Regel nur dann wahrgenommen werden müssen, wenn dies auch ausdrücklich im Interesse der Partei liegt.

Im Abs.  4 schließlich sind die gewissermaßen unvermeidlichen Aufhebungsfälle, in denen eindeutig und schlechthin vom Grundsatz der Sachentscheidung abgegangen werden muss, aufgezählt, und zwar

a)     die Entscheidung durch einen ausgeschlossenen oder erfolgreich abgelehnten Richter oder Rechtspfleger,

b)       Entscheidung durch einen Rechtspfleger statt des Richters, und

c)       Besetzungsmängel (in der Regel nur im Kartellverfahren von Interesse).

Zum § 59:

Nach der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 (WGN 1997) erübrigt sich eine neuerliche inhaltliche Umgestaltung des Revisionsrekursrechts.

Die Bestimmung entspricht daher - mit angeglichenen Zitaten - dem § 13 AußStrG-aF in der Fassung der WGN 1997.

Zum § 60:

Zum Inhalt der schriftlichen Ausfertigung der Rekursentscheidung ist prinzipiell auf §  39 zu verweisen; anders als in erster Instanz soll aber in der Rekursentscheidung jedenfalls die Bezeichnung der erkennenden Richter enthalten sein.

Abs.  2 gibt wie §  500a ZPO Begründungserleichterungen.

Für die Zustellung und Wirksamkeit gelten die allgemeinen Regeln der §§ 38 ff.

Zum § 61:

Diese Bestimmung ist § 499 Abs. 2 ZPO nachgebildet.

Zum 5. Abschnitt (Revisionsrekurs)

Zum § 62:

Dieser Paragraph entspricht - mit angepassten Zitaten - dem §  14 AußStrG-aF in der Fassung der WGN 1997. Neu eingefügt wurde die Wortfolge „im Rahmen des Rekursverfahrens“ um klarzustellen, dass außerhalb eines solchen, also etwa wenn das Rekursgericht funktionell als erste Instanz tätig wird, die Bestimmungen über den Revisionsrekurs nicht zur Anwendung gelangen. In solchen Fällen gilt die allgemeine Regel des § 45, sodass jeder derartige Beschluss mit Rekurs anfechtbar ist.

Abs. 2 Z 3 schreibt die bisherige Judikatur (vgl. Fucik, AußStrG2, 37 f) fest, wonach der Rechtszug zum Obersten Gerichtshof für die Gebühren der Sachverständigen, Dolmetsche, Kuratoren oder des Gerichtskommissärs ausgeschlossen wird (SZ 68/104; EFSlg 64.668; SZ 13/201).

Zum § 63:

Diese Bestimmung entspricht - mit der notwendigen Anpassung in den Zitaten und Ergänzungen - dem § 14a AußStrG-aF in der Fassung der WGN 1997. § 508 Abs. 5 zweiter Satz ZPO bestimmt, dass eine Revisionsrekursbeantwortung, die vor Zustellung der Mitteilung an den Gegner, dass ihm die Beantwortung der Revision freistehe, erstattet wird, im Fall der Zurückweisung des Antrags samt der ordentlichen Revision nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gilt. Die Übernahme dieses Textes in das AußStrG ist entbehrlich. Mit dieser Anordnung wird nur Selbstverständliches ausgedrückt. Wenn eine ordentliche Revision nicht zulässig ist und deshalb auch nicht meritorisch behandelt wird, so können auch Argumente gegen die dortigen Ausführungen keinesfalls für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendig erachtet werden.

Zum § 64:

Diese Bestimmung entspricht - mit Zitatanpassungen - dem § 14b AußStrG-aF in der Fassung der WGN 1997.

Zum § 65:

Auch für den Revisionsrekurs wurde die 14-Tagefrist beibehalten. Eine nicht aktenkundige Partei soll sich auch noch am Rechtsmittelverfahren vor dem Obersten Gerichtshof beteiligen können, solange eine aktenkundige Partei einen Revisionsrekurs oder eine Revisionsrekursbeantwortung anbringen könnte (Abs. 1). Dies erscheint nicht zuletzt deshalb zweckmäßig, weil ein Abänderungsantrag mangels formeller Rechtskraft der Entscheidung nicht angebracht werden kann.

Abs. 2 betrifft die Form des Revisionsrekurses. Er ist nur durch Schriftsatz, nie durch gerichtliches Protokoll zu erheben.

Abs.  3 enthält die spezifischen Inhaltserfordernisse des Revisionsrekurses und entspricht dem §  506 ZPO.

Zum § 66:

Anders als beim Rekurs sind die Revisionsrekursgründe taxativ aufgezählt. Dies geschieht in einer Form, die dem §  15 AußStrG-aF entspricht.

Zum Abs. 1 Z  1 ist freilich zu betonen, dass der Entwurf nicht alle bisher in der ZPO und im AußStrG als Nichtigkeitsgründe angesehenen Gründe auch weiterhin als Revisionsgründe beibehält. Neu ist, dass das bloße Unterbleiben der - in besonderen Vorschriften angeordneten - mündlichen Verhandlung in erster Instanz (der Verweis auf § 58 umfasst auch dessen Abs. 1 Z  3) einen Nichtigkeitsgrund bildet. Beibehalten werden die Nichtigkeitsgründe des § 477 Abs. 1 Z 9 ZPO (schwerste Begründungsmängel; nunmehr als Aufhebungsgrund im § 57 Z 1 geregelt), §  477 Abs. 1 Z 4 und 5 ZPO (Verletzung des rechtlichen Gehörs; schwere Vertretungsmängel; nunmehr im § 58 geregelt; wie bisher ist darunter umso mehr der Mangel der Parteifähigkeit [JBl. 1960, 641] zu zählen), §§ 477 Abs. 1 Z 1, 2, 3,  und 6 sowie 240 Abs. 3 iVm 411 Abs. 2 und 471 Z 6 ZPO (Entscheidungen durch einen ausgeschlossenen oder mit Erfolg abgelehnten Richter oder Rechtspfleger; nicht vorschriftsmäßige Besetzung des Gerichtes, die nach der Judikatur auch dann vorliegt, wenn statt des Richters ein Rechtspfleger entschieden hat [SZ 42/83, EvBl. 1965/241]; sachliche Unzuständigkeit; Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs; Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit; rechtskräftig entschiedene Sache; nunmehr im § 56 geregelt); nicht als Nichtigkeitsgründe beibehalten werden hingegen Mängel der örtlichen Zuständigkeit (§ 477 Abs. 1 Z 3 ZPO), ungerechtfertigter Ausschluss der Öffentlichkeit (§ 477 Abs. 1 Z 7 ZPO), Vorlage von Entwürfen zu Verhandlungsprotokollen durch die Partei oder deren Vertreter (§ 477 Abs. 1 Z 8 ZPO) sowie die nur für den Zivilprozess relevante Streitanhängigkeit, die Klagsrücknahme unter Anspruchsverzicht (§ 237 Abs. 4 ZPO; SZ 44/79) und Parteiidentität von Antragsteller und Antragsgegner im Zweiparteienverfahren. Auch die Überschreitung des Antrags in Antragsverfahren ist - wie auch im Zivilprozess - nicht als Nichtigkeitsgrund genannt. Derartige Fehler werden als wesentliche Verfahrensmängel nach Abs. 1 Z 2 geltend gemacht werden können, wenn sie eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung zu hindern geeignet waren.

Zum § 67:

Damit wird der Regelungsinhalt des § 16 Abs. 1 AußStrG-aF übernommen.

Zum § 68:

Auch im Revisionsrekursverfahren wird die Mehrseitigkeit eingeführt; entsprechend §  507a Abs.  1 ZPO  sind  die  Erfordernisse der  Revisionsrekursbeantwortung zu normieren (Abs. 1).

Mit Abs. 2 wird der Regelungsinhalt des § 507 Abs. 3 ZPO übernommen.

Abs.  3 entspricht §  507a Abs.  2 ZPO, Abs. 4 dem § 507a Abs. 3, Abs. 5 dem § 507 Abs. 5 ZPO, auf den schon § 16 Abs. 4 AußStrG-aF verweist.

Zum § 69:

Mit dieser Bestimmung wird der Regelungsinhalt des § 16 Abs. 2 AußStrG-aF übernommen.

Zum § 70:

Mit Abs. 1 dieser Bestimmung wird der Inhalt des § 55 Abs. 2 auch auf das Revisionsrekursverfahren übertragen.

Abs. 2 übernimmt die Bestimmung des § 519 Abs. 2 letzter Satz ZPO.

Abs. 3 soll sicherstellen, dass es zum einen wegen Mangelhaftigkeiten des Verfahrens zweiter Instanz nicht zu überflüssigen „Durchhebern“ in die erste Instanz kommt, und zum anderen dann kein Instanzverlust eintritt, wenn bereits das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft war.

Zum § 71:

Mit Abs. 1 wird - unter Anpassung der Zitate - der Regelungsinhalt des § 16 Abs. 3 AußStrG-aF übernommen.

Mit Abs. 2 wird der wesentliche Inhalt von § 508a Abs. 2 und 3 ZPO, auf die § 16 Abs. 4 AußStrG-aF verweist, in einer auf das Revisionsrekursverfahren angepassten Formulierung übernommen; die in § 508a Abs. 2 letzter Satz ZPO enthaltene Normierung eines die Kosten betreffenden Notwendigkeitskriteriums erscheint als selbstverständlich und wird daher nicht in den Gesetzestext übernommen.

Mit Abs. 3 wird der Inhalt von § 510 Abs. 3 ZPO, auf den schon § 16 Abs. 4 AußStrG-aF verweist, in einer auf den Revisionsrekurs angepassten Formulierung übernommen.

Der Verzicht auf diese Verweisungen und die Ausformulierung der betreffenden Bestimmungen sollen die Lesbarkeit und Erkennbarkeit der Grundzüge des Revisionsrekursverfahrens erhöhen.

Für die Gestaltung des Revisionsrekursverfahrens kann grundsätzlich auf die Gestaltung des Rekursverfahrens verwiesen werden; um Doppelregelungen zu vermeiden wird in Abs. 4 allgemein auf die Bestimmungen des Rekursverfahrens verwiesen. Dabei versteht sich von selbst, dass dieser Generalverweis nur jene Bestimmungen erfassen kann, denen nicht die Sondervorschriften des Revisionsrekursverfahrens entgegenstehen. Soweit keine eigenständigen Regelungen für das Revisionsrekursverfahren bestehen, sind die Bestimmungen über das Rekursverfahren (ergänzend) heranzuziehen.

Bestimmungen, denen schon auf Grund der Regel „lex specialis derogat legi generali“ kein Anwendungsbereich verbleibt, müssen nicht ausdrücklich vom Generalverweis ausgenommen werden. Dies zeigt folgendes Beispiel: Da der Oberste Gerichtshof gemäß § 62 Abs. 1 im Außerstreitverfahren nach wie vor nur über Rechtsfragen zu entscheiden hat, also keine Tatsacheninstanz ist, bleibt im Revisionsrekursverfahren kein Raum für jene Regeln, die das Rekursverfahren für Beweiswiederholungen und -ergänzungen enthält. Derartige Bestimmungen sind daher selbstredend vom Verweis ausgenommen. Gleiches gilt für die beschränkte Neuerungserlaubnis vor dem Obersten Gerichtshof (§ 66 Abs. 2; zur bisherigen Rechtslage Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen [1998] Rz 1 zu § 15 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung).

Ausdrücklich auszunehmen war jedoch die Möglichkeit der Selbststattgebung durch das Rekursgericht in sinngemäßer Anwendung des §  50 Abs. 1 Z 4. Da mit dieser Neuregelung im Zivilverfahren Neuland betreten wird, soll sie vorerst nur (behutsam) in erster Instanz erprobt werden.

Zum 6. Abschnitt (Abänderungsantrag)

Zum § 72:

Bis zuletzt hat die Rechtsprechung die analoge Anwendung der Bestimmungen über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage im Verfahren Außerstreitsachen mit von der Lehre einhellig bekämpften Argumenten abgelehnt (zum Streitstand siehe zuletzt Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen [1998] Rz 3 zu § 17). Aber auch ein Spruchkörper der Höchstrichter hat eingeräumt, dass hier eine wesentliche Rechtsschutzlücke vorliegt und zuletzt in der Gestalt der Obersten Rückstellungskommission auch angekündigt, dass diese Rechtsprechung nicht fortgeschrieben werden sollte (ecolex 1998, 833 = JBl 1998, 731 = EvBl 1998/210). Für das neue Verfahren außer Streitsachen steht es daher außer Frage, dass ein Rechtsbehelf eingeführt werden muss, der funktionell weitestgehend der Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage des streitigen Verfahrens nachgebildet ist (Rechberger, Richterwoche 1995, 176; Schrott, ebd. 257 ff; Knoll, RZ 1995, 103 ff; Klicka, Richterwoche 1997, 77 f).

Statt der Bezeichnung „Nichtigkeits- oder Wiederaufnahmeantrag“ wird aber die Bezeichnung „Abänderungsantrag“ gewählt, insbesondere wegen der grundlegend anders gearteten Verfahrensgestaltung.

Mit der prinzipiellen Zulassung eines Abänderungsverfahrens ist freilich nicht gesagt, dass alle Verfahren außer Streitsachen solchen abändernden Entscheidungen zugänglich sind (zu wünschenswerten Ausnahmen vgl. Knoll, RZ 1995, 103 ff; Fucik/Oberhammer, Allgemeiner Teil eines neuen Außerstreitgesetzes und außerstreitige Materiegesetze, LBI XX, 106 ff).

Nun gibt es aber, worauf schon eine der ersten literarischen Stellungnahmen zum Wiederaufnahmeproblem (Böhm, Wiederaufnahme und Analogie im Außerstreitverfahren, JBl 1973, 361) hingewiesen hat, Fälle, in denen das Gesetz ohnedies ganz andere Behelfe gegen eine rechtskräftige Entscheidung vorsieht, wobei etwa an die Erbschaftsklage des §  823 ABGB oder die Löschungsklage des § 61 GBG 1955 zu denken ist. In solchen Fällen erübrigt sich ein Abänderungsantrag. Ein solcher soll daher immer nur dann zulässig sein, wenn die Wirkungen des Beschlusses, dessen Abänderung angestrebt wird, nicht durch ein anderes gerichtliches Verfahren beseitigt werden kann.

Zum § 73:

§ 73 listet die Gründe auf, aus denen ein Abänderungsantrag gestellt werden kann. Abs.  1 Z  1 bis 6 nennt als Abänderungsgründe jene Gründe, die auch nach der ZPO eine Nichtigkeits- bzw. Wiederaufnahmsklage rechtfertigen.

Auch die Ausschlüsse der Möglichkeit der Ergreifung dieses Rechtsbehelfs in den Abs.  2 und 3 entsprechen den Rechtsgedanken der Vorbildbestimmungen der ZPO. Zu all dem hat sich auch die Lehre (Klicka, Richterwoche 1997, 78) schon zustimmend geäußert.

Hinzuweisen ist auch darauf, dass - anders als nach § 530 ZPO - nur rechtskräftige Entscheidungen dem Abänderungsverfahren unterliegen können (Feitzinger, Richterwoche 1997, 38).

Zum § 74:

§  74 über die Frist für den Abänderungsantrag ist §  534 ZPO nachgebildet. Darüber hinaus waren aber noch einige Sonderregelungen zu treffen.

Einerseits ist zur Vermeidung unvorhersehbarer nachteiliger Folgen klarzustellen, dass die Frist in Fällen, in denen versucht wurde, die Beschlusswirkungen durch einen anderen Antrag zu beseitigen, erst mit Rechtskraft des Beschlusses, mit dem dieser Antrag zurückgewiesen wurde, zu laufen beginnt.

Ein weiteres Problem stellt sich dann, wenn eine nicht aktenkundige Partei einschreitet. Solange die Rekurs- oder Rekursbeantwortungsfrist anderen Parteien gegenüber noch offen ist, hat sie das nicht mit Abänderungsantrag, sondern mit Rekurs zu tun. Nun kann in Fällen, in denen die übergangene Partei Akteneinsicht nimmt, noch unklar sein, ob eine Rekursfrist offen ist oder nicht (insbesondere, weil die Rückscheine noch nicht eingelangt sind). Die nicht aktenkundige Partei kann hier unter Umständen von einer offenen Rekursfrist ausgehen und wählt daher den Rekurs. Wird dieser nicht innerhalb von vier Wochen ab Kenntnis der übergangenen Partei vom angefochtenen Beschluss mit der Begründung zurückgewiesen, dass keine Rekursfrist mehr offen war und der Rekurs der übergangenen Partei daher verspätet ist, so könnte dies bei einer strengen Auslegung zu einer „Fristenfalle“ werden. Die Kenntnisvoraussetzung für die übergangene Partei, also der Handlungsanstoß für das Einbringen eines Abänderungsantrags, kann daher nicht vor dem Zeitpunkt angesetzt werden, in dem die Partei  von der Zurückweisung ihres Rekurses als verspätet erfährt.

Zum § 75:

Hier sind die Form- und Inhaltserfordernisse des Abänderungsantrags geregelt; neben den allgemeinen Erfordernissen eines Anbringens sind die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses, die Abänderungsgründe und Angaben zur Rechtzeitigkeit notwendiger Antragsinhalt; weiters zumindest Erkennbarkeit des Abänderungsbegehrens, wobei auch auf das Bestimmtheitserfordernis und seine Differenzierung im §  9 zu verweisen ist.

Zum § 76:

Entgegen der Konzeption der ZPO wird die Zuständigkeit für das Abänderungsverfahren beim Gericht erster Instanz angesiedelt. Wollte man grundsätzlich das Konzept der ZPO übernehmen, müsste man im Fall der Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs für den Abänderungsantrag eine Trennung des Verfahrens in iudicium rescindens und iudicium rescissorium vornehmen; nur die Frage des Vorliegens des Abänderungsgrundes könnte vom Obersten Gerichtshof entschieden werden, die Frage der Abänderung selbst müsste vom Gericht erster Instanz entschieden werden, weil der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist.

Die Tendenz des Entwurfs geht aber in die andere Richtung; jede Aufsplitterung des Abänderungsverfahrens in einen Wiederaufnahmeteil und ein wiederaufgenommenes Verfahren soll vermieden werden (Feitzinger, Richterwoche 1997, 39). Ein einheitliches Abänderungsverfahren, bei dem der Partei auch keine Tatsacheninstanz genommen wird, zwingt freilich dazu, die Zuständigkeit des Erstgerichts vorzusehen (und des Sonderfalls zu gedenken, in dem in der Zwischenzeit eine Zuständigkeitsübertragung stattgefunden hat). Damit entfällt auch die im Zivilprozess oft unvermeidliche Situation, Bestimmungen des Verfahrens erster Instanz und des Rechtsmittelverfahrens miteinander kombinieren zu müssen.

Zum § 77:

Würde ein Abänderungsantrag gestellt, der gar nicht zulässig ist, weil etwa nicht einmal Abänderungsgründe vorgebracht werden, ist er nach allgemeinen Verfahrensgrundsätzen (unter Umständen nach erfolglosem Verbesserungsverfahren) zurückzuweisen. Gleiches gilt, wenn der Antrag deshalb unzulässig ist, weil die Wirkungen durch die Einleitung eines anderen gerichtlichen Verfahrens beseitigt werden könnten ( siehe § 72).

Ist der Abänderungantrag zulässig, so prüft das Gericht sowohl, ob ein Abänderungsgrund vorliegt, als auch, ob die Entscheidung von diesem betroffen ist und es zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung führen würde. Der Unterschied in der Behandlung gegenüber der Wiederaufnahmsklage der ZPO zeigt sich hier in voller Schärfe. Liegt nämlich ein Abänderungsgrund vor, so entfällt die im Zivilprozess vorgesehene Trennung in ein Wiederaufnahmeverfahren und das wiederaufgenommene Verfahren. Das Gericht prüft sogleich inhaltlich die Richtigkeit der Entscheidung. Ergibt diese Prüfung, dass keine für den Antragsteller günstigere Entscheidung über die Sache zu fällen wäre, so ist trotz Vorliegens des Abänderungsgrundes der Abänderungsantrag abzuweisen (Feitzinger, Richterwoche 1997, 39). Nur in den übrigen Fällen ist der Beschluss im Rahmen des Abänderungsbegehrens abzuändern. Dieser Rahmen begrenzt die Entscheidungsbefugnis des Gerichtes dann nicht, wenn das Verfahren auch von Amts wegen hätte eingeleitet werden können, weil dann auch im Abänderungsverfahren der Grundsatz der reformatio in peius nicht anzuwenden ist. Von einer allgemeinen Möglichkeit der Abänderung von Amts wegen wurde - zumindest für den Allgemeinen Teil - abgesehen. Sie wäre kaum befriedigend determiniert gewesen, ohne das Spannungsfeld zwischen Rechtskraft und Abänderbarkeit zu Lasten der in ihrem Vertrauen auf die grundsätzliche Bestandkraft gerichtlicher Entscheidungen schützenswerten Parteien zu beeinträchtigen (vgl. Klicka, Richterwoche 1997, 78; Fucik/Oberhammer, Allgemeiner Teil eines neuen Außerstreitgesetzes und außerstreitige Materiegesetze, LBI XX, 113 f).

In den Entwürfen für ein Verfahren außer Streitsachen war verschiedentlich eine Regelung enthalten, mit der die Rückwirkung der Aufhebung einer rechtsgestaltenden Entscheidung im Rahmen des Abänderungsverfahrens ausgeschlossen wurde.

So sah etwa der Entwurf eines Außerstreitgesetzes des Ludwig Boltzmann Institutes für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen aus dem Jahre 1988 („Entwurf eines Außerstreitgesetzes“, LBI VIII) in seinem allgemeinen Teil einen § 76 Abs. 3 letzter Satz vor wie folgt: „Bei rechtsgestaltenden Entscheidungen tritt keine Rückwirkung ein.“. Auch im Begutachtungsentwurf für ein neues Außerstreitverfahren aus dem Jahre 2000 war – anders als zuvor im „Entwurf eines Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren außer Streitsachen (Außerstreitverfahrensordnung, ASVO)“ aus dem Jahre 1995 – ein § 75 Abs. 3 enthalten, der lautete: „Bei rechtsgestaltenden Abänderungsentscheidungen tritt keine Rückwirkung ein.“

Dem lag die Überlegung zu Grunde, in einem Verfahren, in dem es regelmäßig zu personen- und familienrechtlichen Rechtsgestaltungen kommt, eine prozessuale Vorsorge für die problematischen und tiefgreifenden Wirkungen aufhebender Entscheidungen zu treffen. So billigen etwa auch Fucik und Oberhammer („Allgemeiner Teil eines Außerstreitgesetzes und außerstreitige Materiegesetze“, 111 f in „Außerstreitreform – in der Zielgeraden“, LBI XX (1999)) dem Gedanken, dass eine durch gerichtliche Rechtsgestaltung herbeigeführte Rechtslage nachträglich nur noch mit Wirkung ex nunc beseitigt werden könne, durchaus Überzeugungskraft zu, würden dadurch doch „unsägliche Rückabwicklungsprobleme insbesondere vor dem Hintergrund des gebotenen Schutzes des Vertrauens auf frühere Entscheidungen“ vermieden.

Ein solcher Ausschluss der Rückwirkung der Aufhebung einer rechtsgestaltenden Entscheidung als allgemeine Regelung wäre jedoch überschießend: In jenen Bereichen, in denen nicht spezifisch personen- und familienrechtliche Rechtsgestaltungen vorgenommen werden, ist ein solcher jedenfalls nicht geboten. Zwar können die Mühen einer Rückführung der einmal geschaffenen Rechtslage nicht geleugnet werden, die dabei auftretenden Schwierigkeiten unterscheiden sich freilich nicht strukturell von jenen, die sich nach Aufhebung eines bereits vollstreckten Leistungsurteils ergeben, worauf etwa schon Fasching (Lehrbuch2, Rz 2040) hingewiesen hat. In manchen Fällen hat sich – wie Fucik und Oberhammer aaO anführen - bereits bisher die Judikatur ohnehin beholfen (fehlerhafte Gesellschaft, Auflösung eines Dauerrechtsverhältnisses), freilich auf Basis des materiellen Rechts.

Auch was die personen- und familienrechtlichen Rechtsgestaltungen betrifft, ist bei der Rückwirkung zu unterscheiden: Eine Rückwirkung der Aufhebung einer rechtsgestaltenden Entscheidung zwischen den Parteien ist jedenfalls geboten, kann es doch nicht angehen, dass eine Partei etwa für eine bestimmte Zeitspanne in der Vergangenheit zu Unrecht auf Grund eines abzuändernden Beschlusses „Vater“ bleibt und etwa den bereits geleisteten Unterhalt nicht rückfordern kann. Inter partes muss vielmehr der Änderung vollständig Rechnung getragen werden.

Dritten gegenüber ist ein gewisser Regelungsbedarf nicht zu leugnen. So müssen etwa von einer Person für eine andere als deren (scheinbarer, durch eine noch nicht abgeänderte Entscheidung legitimierter) gesetzlicher Vertreter mit einem Dritten geschlossene Rechtsgeschäfte wirksam bleiben. Dieser gebotene Schutz des Vertrauens Dritter in rechtskräftige Rechtsgestaltungsentscheidungen muss seine Basis aber im materiellen Recht haben. Hier ergibt sich dieser Schutzzweck etwa aus dem Vertretungsrecht, aus den angeordneten Rechtsfolgen der Nichtigerklärung einer Ehe in Bezug auf die Ehelichkeit der Kinder oder auf Mehrfachehen. Eine allgemeine verfahrensrechtliche Regelung hingegen kann den jeweils spezifischen Fragestellungen nicht gleichermaßen gerecht werden, weshalb von einem generellen Rückwirkungsausschluss letztlich doch Abstand zu nehmen war.

Zum 7. Abschnitt (Kostenersatz)

Zum § 78:

Im bisherigen Außerstreitverfahren gab es keine generelle Bestimmung über Kostenersatz. Nur in wenigen Außerstreitmaterien war Kostenersatz (zwischen den Parteien; die Kostentragungsvorschrift des Sachwalterbestellungsverfahrens bleibt hier außer Betracht) vorgesehen, insbesondere in § 234 AußStrG-aF (Aufteilungsverfahren; Ersatz nach Billigkeit), § 37 Abs. 3 Z 19 MRG (außerstreitige Mietrechtsangelegenheiten; Ersatz von Vertretungskosten nur bei Mutwillen), § 44 EisbEG (Verfahren zur Festsetzung der Enteignungsentschädigung; Ersatz im Ausmaß der strittigen Differenz). Die bisherige Rechtslage führte also dazu, dass im Verfahren außer Streitsachen grundsätzlich kein Kostenersatz zusteht. Diese Rechtslage wurde seit längerem kritisiert. Die Hauptgedanken waren folgende: a) Kostenersatz könne nicht davon abhängen, ob eine kontradiktorische Streitigkeit im Zivilprozess oder im Verfahren außer Streitsachen ausgetragen werden müsse; das Verfahren außer Streitsachen ist nicht per se einer Kostenersatzpflicht entzogen. Das führte zur Forderung, in „echten Streitsachen des außerstreitigen Verfahrens“ eine Kostenersatzpflicht einzuführen (vgl. Klicka, Gutachten Richterwoche 1997, 76; Rechberger, LBI XVI 36; Deixler-Hübner, ÖJZ 2001, 158). b) Kostenersatz dient der Verwirklichung des „Nettoprinzips der Rechtsverfolgung“ (M. Bydlinski, Kostenersatz im Zivilprozeß [1992] 39 f; Chvosta, Prozesskostenersatz [2001] 13 f), sorgt also dafür, dass der Erfolg in der Hauptsache nicht durch den Kostenaufwand zu seiner Durchsetzung vermindert wird. Letztlich führt dies zur Erkenntnis, dass das Fehlen einer Kostenersatzpflicht nur demjenigen nutzt, der ohne Not ein Verfahren eröffnet oder sich ihm widersetzt. Wer ohne Kostenrisiko verliert, wird also begünstigt. Das fördert weder die Rechtstreue noch die außergerichtliche Einigung. c) Besonders problematisch wird das Fehlen einer Kostenersatzregel dann, wenn (nach diesem Entwurf: im Revisionsrekursstadium) absolute Anwaltspflicht herrscht, weil das Gesetz den Revisionsrekurswerber zwingt, sich eines Anwalts zu bedienen, ohne ihm im Fall des Erfolgs die dazu notwendigen Kosten zu ersetzen.

Ein weiterer Gesichtspunkt sind die Erfahrungen mit Kostenersatzvorschriften der alten Art. Die Mutwillensbestimmung des MRG hatte äußerst selten zu einem Zuspruch geführt, die Billigkeitsvorschrift des Aufteilungsverfahrens zu einer kaum vorhersehbaren, gänzlich uneinheitlichen Praxis. Dem sind klare und eindeutig formulierte Ersatzkriterien, die sich möglichst einfach umsetzen lassen, in jedem Fall vorzuziehen.

Will man freilich in einem Allgemeinen Teil des Außerstreitverfahrens eine Kostenersatzregel vorsehen, so muss man sie jedenfalls als subsidiäre Norm konzipieren. In der Fülle der einzelnen im Verfahren außer Streitsachen zu vollziehenden Materien finden sich verschiedene Bereiche, in denen Kostenersatz aus den unterschiedlichsten Gründen nicht oder nicht nach der allgemeinen Regel in Frage kommt. Abs. 1 enthält daher ein in zweierlei Hinsicht wichtiges Programm: Er setzt einerseits Kostenersatz als allgemeine Regel fest, macht aber andererseits deutlich, dass ausdrückliche Ausnahmevorschriften vorgehen, und zwar nicht nur jene, die in den Besonderen Teilen dieses Gesetzes enthalten sind, sondern auch jene in Nebengesetzen, auch wenn sie älter sind als dieses Gesetz. An den Bestimmungen des MRG ändert sich daher nichts. Auch andere ältere Kostenersatzvorschriften werden dadurch nicht geändert, sondern bleiben aufrecht.

Die Möglichkeit der Kostenentscheidung in dem die Sache erledigenden Beschluss oder nach rechtskräftiger Erledigung der Sache eröffnet einen Ermessensspielraum (und greift einen Vorschlag auf, der zuletzt von Steinhauer u. a., RZ 2002, 126 ff, veröffentlicht wurde). Die Kostenentscheidung der Zeit nach Rechtskraft vorzubehalten hat nämlich in umstritteneren Fällen durchaus gute Gründe für sich. Die mehrfache Befassung mit der Kostenfrage in der Gewissheit, damit die Kosten nicht endgültig erledigen zu können (weil jedenfalls noch Kosten der Rechtsmittelverfahren dazukommen werden), ist aus prozessökonomischer Sicht überflüssig. In einfacheren Fällen trifft diese Beobachtung freilich nicht zu. Es kann daher dem Gericht überlassen werden, ob es die Kostenentscheidung sogleich mit der die Sache erledigenden Entscheidung trifft oder erst deren Rechtskraft abwartet. Das führt zu keiner Verschiebung der funktionellen Zuständigkeit, soweit es um die Kosten erster Instanz geht, die in der Regel den Hauptanteil ausmachen werden. Allerdings wäre der prozessökonomische Effekt ins Gegenteil verkehrt, wenn der Vorbehalt dazu führen würde, dass auch die Rechtsmittelgerichte die Kostenentscheidung dann vorbehalten können, wenn das Erstgericht seine Kostenentscheidung sogleich getroffen hat. Insoweit hängt es also ausschließlich vom Erstgericht ab, welche Art der Kostenentscheidung die Sache in allen Instanzen beherrscht. Hat das Erstgericht seine Kostenentscheidung vorbehalten, so wird es nach Rechtskraft über die gesamten Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben, also einschließlich jenen des Rechtsmittelverfahrens. Das benachteiligt die Parteien schon deshalb nicht, weil es zu einer größeren Überprüfbarkeit der Kostenentscheidung auch hinsichtlich der in zweiter und dritter Instanz aufgelaufenen Kosten führt; sie wären sonst gar keinem Rechtsmittel unterworfen.

Aus der ZPO ist die Formel „ohne weitere Erhebungen und nach sorgfältiger Würdigung aller Umstände“ entnommen; ihre Bedeutung für ein ökonomisches Kostenbestimmungsverfahren ist dort unbestritten und passt ebenso in die Verfahren außer Streitsachen.

Die Rechtswissenschaft hat - soweit sie sich damit überhaupt befasste - bisher üblicherweise verlangt, zwischen „echten Streitsachen“ und „Rechtsfürsorgeverfahren“ zu unterscheiden; für erstere sei ein voller Kostenersatz nach dem Erfolgsprinzip, für zweitere bestenfalls Barauslagenersatz angemessen. Eine genauere Analyse der Interessenlagen zeigt freilich, dass die Unterscheidung danach, ob einander im Verfahren Personen(gruppen) mit verschiedenen Interessen gegenübergestanden sind (oder gegenüberstehen konnten), nicht die zutreffendsten Ergebnisse zeitigt. Es geht hier nicht um abstrakte Positionen, sondern um das tatsächliche Ergebnis. Selbst der Kostenersatz im Zivilprozess ist nicht vollständig von der Kontradiktorik beherrscht, sondern knüpft vielmehr an den Gedanken an, ob das Verhalten einer Partei die andere dazu gezwungen hat, gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen („Veranlassungsgedanke“). Sowohl die Bestimmung des § 45 ZPO als auch die vielfältigen und ausdifferenzierten Judikaturlinien zum „Zwischenstreit“ (vgl. für das Erkenntnisverfahren Fucik in Rechberger, ZPO § 52 Rz 5; für das Exekutionsverfahren Fucik in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 74 Rz 18 ff) lassen sich darauf zurückführen, ob der Kostenersatzwerber mit einem Begehren durchgedrungen ist, dessen Durchsetzung sich der Gegner widersetzt hat. Diesen Grundgedanken überträgt Abs. 2 auf das Verfahren außer Streitsachen: Wer mit einer Rechtsverfolgung durchdringt, der sich ein (oder mehrere) Andere(r) widersetzt hat (haben), soll von diesem (diesen) auch Ersatz seiner Kosten verlangen können. Durch die Formulierung „entgegengesetzte Interessen verfolgt haben“ ist die Regelung aber nicht nur brauchbar, wenn die Gegenseite verfahrensintern entgegengesetzte Anträge gestellt hat, sondern auch dann, wenn sie außergerichtlich den Anspruch gefährdete und sei es auch durch bloße Nichterfüllung. Anders als bei einem Abstellen auf einen einzigen Gegenantrag, also auf ein Zweiparteienverfahren, lässt sich damit auch schwierigeren Mehrparteienverfahren beikommen; warum welche Verfahrensschritte durch die Gegeninteressen Dritter erforderlich wurden, lässt sich auch zwischen verschiedenen Gegnern differenzieren. Hat sich einer von mehreren Erbrechtsprätendenten etwa durchgesetzt, weil ein anderer erbunfähig war und der dritte sich auf ein ungültiges Testament stützte, lässt sich einigermaßen problemlos errechnen, welche Kosten jeweils darauf zurückzuführen waren, dass sich die einzelnen Gegner durch Abgabe einer Erbantrittserklärung jeweils in das Abhandlungsverfahren eingelassen haben. Nur wenn Zweifel bestehen, wird nach Kopfteilen zu entscheiden sein.

Schon im Zivilprozess kommt das Kostenersatzrecht mit diesem Veranlassungs- oder Erfolgsprinzip nicht aus. Ist eine Kostenproduktion ausschließlich dem Verhalten einer Partei zuzurechnen, so hat sie die Kosten zu tragen (Sphärengedanke). „Zurechnen“ ist unter Umständen mehr als „Verursachen“, weil es auf die Kausalität nicht ankommt, sondern ein normatives Element dazutritt. Dies erleichtert es auch, einzelne Verfahrensschritte kostenrechtlich anders zu behandeln, als wenn es auf die strikte Kausalität ankäme. Aber selbst einer erfolgreichen Partei muss nicht voller Ersatz zuerkannt, eine erfolglose nicht zum vollen Ersatz verpflichtet werden, wenn dies nicht der Billigkeit entspricht, weil mangels Tatsachenkenntnis oder wegen der komplizierten Rechtslage - in erster Instanz besteht nun einmal keine Anwaltspflicht - keine punktgenauere Positionierung der Partei im Verfahren (keine „besseren Anträge“) zumutbar war. Auch dies ist ein gegenüber dem Zivilprozessrecht keineswegs fremder und neuer Gedanke, sondern die - im Verfahren außer Streitsachen notwendigerweise großzügigere - Parallele zu § 43 Abs. 2 ZPO.

Zweck dieser Billigkeitsklausel ist es aber nur, ein zu starres Erfolgsprinzip durch Zumutbarkeitsgrenzen abzufedern, nicht aber, vom Erfolgprinzip nach nebulösen Allgemeinplätzen, ja nach Belieben abweichen zu können.

Das bedeutet im Ergebnis, dass Kostenersatz in nahezu allen Verfahren möglich ist, soweit er dort nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt wird. Dies kann rechtspolitische Gründe haben, die kraft des besonderen Charakters der jeweiligen Verfahren die oben entwickelten grundsätzlich Kostenersatz befürwortenden Erwägungen aufwiegen. Wie weit dies im Einzelnen - etwa im Pflegschaftsverfahren (auch betreffend Unterhalt oder Abstammung) - zutrifft, wird bei den einzelnen Bestimmungen des Besonderen Teils näher auszuführen sein.

Welche Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig sind, entscheidet das Gericht ohne weitere Erhebungen. Diese der ZPO entnommene Bestimmung umfasst fraglos auch die Kosten der berufsmäßigen Parteienvertreter. Da sich ihre Höhe aus dem Kostenverzeichnis ergeben muss, reicht der Verweis des Abs. 4 auf die ZPO auch aus, um klarzustellen, dass hier in aller erster Linie der Rechtsanwaltstarif maßgeblich ist. Keinesfalls geben die Billigkeitsgründe des Abs. 2 Argumente dafür her, von der tariflich festgesetzten Höhe der Vertretungskosten abzuweichen, weil sie nur das „Ob“ und die Quote des Ersatzes, nicht aber die Höhe des sich daraus ergebenden tarifmäßigen Anspruchs beeinflussen.

Abs. 3 sieht Kostenersatz in allen Fällen vor, in denen sich aus dem abgeschwächten Erfolgsprinzip des Abs. 2 kein Ersatzanspruch ergibt, also einerseits bei Ausschluss des Ersatzes „nach § 78 Abs. 2“ in allfälligen Spezialbestimmungen und andererseits, wenn sich keine Ersatzsituation im Sinne des Abs. 2 vorfindet (etwa mangels Verfolgung anderer Interessen durch irgendeine andere Partei, was sowohl im Grenzstreit als auch beim Miteigentumsstreit der Fall sein kann, umso mehr in Abhandlungsverfahren mit vereinbaren Erbantrittserklärungen). Auch in diesem Bereich wäre es nicht angemessen, wenn eine Partei die Barauslagen im Sinne des § 43 Abs. 1 letzter Satz ZPO allein zu tragen hätte, also die Gerichtsgebühren und andere bundesgesetzlich geregelte staatliche Gebühren, Kosten der Amtshandlungen außerhalb des Gerichtes, Gebühren der Zeugen, Sachverständigen, Dolmetscher, Übersetzer und Beisitzer sowie die Kosten einer notwendigen Verlautbarung (die weiters in § 43 ZPO genannten Kosten nach § 10 ZPO sind im Verfahren außer Streitsachen nicht vorgesehen). Auch in diesem Fall kommt Barauslagenersatz in Frage. Er soll sich - ist doch das abgeschwächte Erfolgsprinzip hier nicht anwendbar - nach dem Verhältnis der Anteile am Verfahrensgegenstand (stehen einander etwa im Miteigentumsverfahren ein Hälfte- und vier Achteleigentümer gegenüber, so im Verhältnis 4:1:1:1:1) und mangels Bestimmbarkeit der Anteile nach Kopfteilen richten. Da es aber auch hier zu einer Kostenproduktion allein in der Sphäre einer Partei kommen kann, muss auch hier eine Ausnahme dahin vorgesehen werden, dass ein einer Partei allein zuzurechnender Aufwand nur von dieser zu tragen ist.

Gibt auch diese Regel keinen Anlass zu Kostenersatz, so bleibt es letztlich bei der letzten Regel des Abs. 3 letzter Satz: Jede Partei trägt ihre Kosten selbst.

Wie Kosten geltend zu machen und wie weit sie zu verzinsen sind, ist in den §§ 54 und 54a ZPO detailliert geregelt. Die Besonderheiten des Verfahrens außer Streitsachen erfordern insoweit keinerlei Abweichungen, weshalb darauf zu verweisen war. Die Regeln der ZPO über den Inhalt eines Kostenverzeichnisses, seine rechtzeitige Legung und die Verzinsung des Anspruchs sind daher auch im Verfahren außer Streitsachen anzuwenden.

Zum 8. Abschnitt (Durchsetzung von Entscheidungen)

Zum § 79:

Schon innerhalb der Verfahrensgestaltung ist das Verfahren außer Streitsachen, nicht zuletzt wegen der Rechtsfürsorge und des Untersuchungsgrundsatzes in höherem Ausmaß als die Zivilprozessordnung auf prozessuale Zwangsmittel angewiesen. Dass diese von Amts wegen anzuordnen sind, wenn Personen Verfügungen des Gerichtes, die für den Fortgang des Verfahrens notwendig sind, unbefolgt lassen, ist allgemein anzuordnen.

Im Abs. 2 sind die einzelnen Zwangsmittel demonstrativ aufgezählt, wobei insbesondere darauf geachtet wurde, die Aufzählung bestimmter einzugrenzen als dies nach dem § 19 AußStrG-aF geschehen ist. Dabei wurde auf die bisherige Judikatur und die Vorentwürfe besonders Bedacht genommen (zustimmend Klicka, Richterwoche 1997, 79). Bei der Vollziehung steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes, ob es selbst vollzieht oder den Vollzug im Rechtshilfeweg vornehmen lässt.

Zum § 80:

Derzeit kommt für die Vollstreckung außerstreitiger Entscheidungen sowohl die Exekution nach dem AußStrG durch Anwendung angemessener Zwangsmittel als auch die Exekution nach der Exekutionsordnung in Betracht. § 19 Abs. 1 AußStrG-aF spricht davon, dass „ohne weiteres rechtliches Verfahren von Amts wegen angemessene Zwangsmittel in Anwendung zu bringen“ sind. Anders als die Exekutionsordnung kennt das Außerstreitgesetz keinen abgeschlossenen Kreis der Exekutionsmittel, diese müssen nach der Sachlage erfolgversprechend und zur Verwirklichung der dem Leistungsbefehl zu Grunde liegenden rechtlich geschützten Interessen geboten sein. § 19 Abs. 3 AußStrG-aF läßt aber auch die Exekution nach der Exekutionsordnung zu. Auf eine im Verfahren außer Streitsachen ergangene „rechtskräftige Entscheidung kann aber auch die Exekution nach den Vorschriften der Exekutionsordnung geführt werden“. In manchen Materien ist sogar vorgesehen, dass nur eine Exekution nach der EO zulässig ist (§ 233 AußStrG-aF, § 37 Abs 3 Z 21 MRG).

Hingegen ist das Exekutionsverfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen in den Belangen der Obsorge und des Besuchsrechts nicht geeignet. Es muss daher wie schon bisher völlig unbestritten bleiben, dass es im Verfahren außer Streitsachen neben dem Vollzug nach der Exekutionsordnung in besonderen Konstellationen einer spezifisch „außerstreitigen“ Vollstreckung bedarf.

In den bisherigen Entwürfen für ein neues Außerstreitverfahren wurde die Zweispurigkeit des Vollstreckungsverfahrens durchwegs beibehalten. Probleme bereitete dabei jedoch die Abgrenzung zwischen den beiden zur Verfügung stehenden Verfahrensarten, bringen diese doch unterschiedliche Rechts- und Verfahrensfolgen mit sich (Anfechtbarkeit, Instanzenzug, Anwaltspflicht, Kostenersatz usw.). Die Wahl der Verfahrensart kann deshalb im Rechtsstaat nicht in das Belieben des Gerichtes oder der Parteien gestellt werden, sondern ist vom Gesetz genau vorzugeben. Dabei wurde - der Tendenz der Judikatur folgend, welche die nach § 19 Abs. 3 AußStrG-aF noch als Ausnahme vorgesehene Exekution nach der EO schrittweise ausgebaut und zur primären Vollstreckungsschiene gemacht hat - diese Art der Exekution als für die Durchsetzung eines Großteils der im Rahmen eines Außerstreitverfahrens ergehenden Entscheidungen geeignet befunden und eine sachliche Begründung für eine Differenzierung nicht gefunden. So sehr es auch verlockend scheint, weiterhin beide Vollstreckungsarten wahlweise zur Verfügung zu stellen, so sehr wäre dieser Ansatz verwirrend und stieße neben den genannten Bedenken auch auf Probleme in der Abgrenzung der Zuständigkeiten. Eine eindeutige Zuordnung von Entscheidungen zu je einer Vollstreckungsart ist daher das Gebot der Stunde. Da die meisten Entscheidungen im Verfahren außer Streitsachen jedoch nach der EO vollstreckt werden können, war dieser Vollstreckungsweg im Allgemeinen Teil als Regelfall vorzusehen. § 80 ordnet daher die Exekution nach der Exekutionsordnung an. In Zukunft sollen daher nur jene Entscheidungen im Verfahren außer Streitsachen vollstreckt werden, deren Vollzug nach der EO schlicht nicht in Frage kommt. Dies war für die einzelnen Materien jeweils gesondert zu prüfen und eine spezifisch „außerstreitige Exekution“ dort anzuordnen.

Zum II. Hauptstück (Verfahren in Ehe- Kindschafts- und Sachwalterschaftsangelegenheiten)

Zur Bezeichnung der Verfahren

Der altbewährte Begriff der „Pflegschaftssachen“ findet sich nirgends definiert. Aus § 109 JN ergibt sich, in welchen Angelegenheiten das Gericht als Pflegschaftsgericht handelt, nämlich bei der Besorgung der Geschäfte, die nach den Bestimmungen über die Rechte zwischen Eltern und minderjährigen Kindern, die Obsorge einer anderen Person, die Sachwalterschaft und die Kuratel dem Gericht obliegen. Daraus leitet sich ab, dass Pflegschaftsangelegenheiten (die JN trennt sauber zwischen streitigen Rechtssachen und außerstreitigen Angelegenheiten) einerseits alle Angelegenheiten des Kindschaftsrechts (Eltern - Kind- Verhältnisses im Sinne des Dritten Hauptstücks des ABGB) umfassen, soweit sie minderjährige Kinder betreffen, andererseits die Sachwalterschafts- und Kuratelsangelegenheiten. Daher sind Sachwalterschaftsangelegenheiten zwar Pflegschafts-, nicht aber Kindschaftsangelegenheiten. Kindschaftsangelegenheiten umfassen all jene, die das Eltern-Kind-Verhältnis betreffen. Angelegenheiten volljähriger Kinder sind daher nur Kindschaftsangelegenheiten, Angelegenheiten minderjähriger Kinder gleichzeitig Kindschafts- und Pflegschaftsangelegenheiten. Somit umschreibt sich der Bereich jener Verfahren außer Streitsachen, die Ehe-, Kindschafts-, Sachwalterschafts- und (weil doch ein äußerst geringfügiger Anteil, nicht in der Überschrift herauszustellen) Kuratelsangelegenheiten sind, sauber durch die gewählte Überschrift, auch wenn es auf den ersten Blick verwundern mag, dass gerade der Begriff „Pflegschaft“ hier nicht explizit aufscheint.

Zum 1. Abschnitt (Abstammung)

Das materielle Abstammungsrecht des ABGB ist Gegenstand einer vor allem nach dem aktuellen Erkenntnis des VfGH vom 28. 6.2003, G 78/00-13, BGBl I Nr. 85/2003, notwendigen und weitreichenden Novelle, die mit einem gesonderten Legislativprojekt verfolgt wird.

Zum § 81:

§ 81 regelt das gerichtliche Verfahren für die Beurkundung von Erklärungen über die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind. Diese Erklärungen können auch bei jedem Jugendwohlfahrtsträger (§ 41 JWG) und bei jeder Personenstandsbehörde, also dem Standesbeamten (§ 53 PStG), abgegeben werden, aber auch - wie schon bisher - vor Gericht.

Durch die Formulierung „damit zusammenhängende Erklärungen“ soll vorgesorgt werden, dass das Gericht alle im Zuge eines Abstammungsverfahrens in Frage kommenden Erklärungen zu Protokoll nimmt, mögen sie „Zustimmung“, „Bezeichnung“, „Widerspruch“ oder sonst wie heißen.

Abs. 1 und 2 entsprechen weitgehend dem § 261 AußStrG idF Art. VI Z 12 KindRÄG 2001.

Abs. 3 verpflichtet das Gericht, so wie schon jetzt § 54 Abs. 3 zweiter Satz PStG die Personenstandsbehörde bzw. die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland und § 41 JWG den Jugendwohlfahrtsträger, zur Übermittlung der Niederschrift des Anerkenntnisses und der damit zusammenhängenden Erklärungen, etwa der Bezeichnung des Anerkennenden als Vater, an die nach § 54 Abs. 2 Z 1 oder Z 6 PStG zuständige Personenstandsbehörde. Eine Pflicht zur Übermittlung niedergeschriebener Erklärungen an die Personenstandsbehörde besteht nicht für den Notar oder - ganz allgemein - für Stellen, die Erklärungen hinsichtlich der Anerkennung der Vaterschaft bloß beglaubigen. Hat allerdings das Gericht Erklärungen bloß beglaubigt, so muss es diese Erklärungen ebenfalls an die zuständige Personenstandsbehörde übermitteln, wenn ihm die beglaubigten Erklärungen zur Übermittlung an die Personenstandsbehörde übergeben werden. Dies entspricht dem Vorbild der §§ 54 Abs. 3 PStG und 41 JWG.

Abs. 4 sieht die entsprechende Anwendung der Regelungen über das Vaterschaftsanerkenntnis in Fällen vor, in denen die Anerkennung der Mutterschaft – etwa nach ausländischem Recht – gewünscht wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverhalt von den österreichischen Gerichten gemäß österreichischem internationalen Privatrecht nach ausländischem Recht zu beurteilen ist, sondern ob die Anwendung ausländischen Rechts abstrakt in Betracht kommt. Dabei wird etwa an den Fall gedacht, dass eine österreichisch-französische Doppelbürgerin ein Kind zur Welt bringt, das aus österreichischer Sicht zwar österreichischer Staatsbürger ist, für das die französischen Behörden jedoch möglicherweise die Anerkennung der Mutterschaft verlangen könnten.

Zum § 82:

Diese Bestimmung enthält Sonderregelungen für das Abstammungsverfahren. Dazu gehören nach dem – noch – geltenden Recht Verfahren zur Bestreitung der Ehelichkeit, zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses (Feststellung der Nichtabstammung) auf Begehren des Anerkennenden, aber auch von Amts wegen, zur Feststellung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind, sowie zur Feststellung der Ehelichkeit (Feststellung der Abstammung). Auch alle Verfahren über die Vaterschaft und Mutterschaft, die unbeschadet der österreichischen Gerichtsbarkeit gemäß IPR nach ausländischen Rechtsvorschriften zu entscheiden sind, werden nach diesen Bestimmungen durchzuführen sein.

Abs. 1 stellt den Grundsatz der Antragsbedürftigkeit von Abstammungsverfahren auf. Freilich sieht das österreichische materielle Recht auch die Rechtsunwirksamerklärung von Vaterschaftsanerkenntnissen von Amts wegen vor. Die Parteistellung im Abstammungsverfahren ergibt sich zum Einen grundsätzlich aus der im materiellen Recht eingeräumten aktiven und passiven Antragslegitimation. Zum Anderen ist aber auch klarzustellen, dass – unabhängig von der rechtlichen Stellung nach dem anzuwendenden materiellen Recht – jedenfalls dem Kind, um dessen Abstammung es geht, der Person oder den Personen, um deren Elterneigenschaft es geht, aber auch dem anderen Elternteil Parteistellung zukommt (Abs. 2). Die Frage, ob auch noch anderen Personen Parteistellung zukommt, hängt vom anzuwendenden materiellen Recht ab. Zu berücksichtigen ist aber, dass bei Anwendung österreichischen materiellen Abstammungsrechts der Feststellung der Abstammung allgemein verbindliche Wirkung (Statuswirkung) zukommt. Die Feststellung des Status wirkt für und gegen alle Betroffenen, unabhängig davon, ob sie am maßgeblichen Vorgang beteiligt waren. Daraus wird gelegentlich eine große Ausdehnung des Kreises der im materiellen Sinne Parteistellung genießenden Personen abgeleitet (vgl. Simotta, NZ 2001, 81ff, bes. 85).

Im Rahmen der Reform des Verfahrensrechts ist vorzukehren, dass den Personen, die in den Schutzbereich der Art. 6 und 8 EMRK fallen, nämlich dem Kind, dessen Abstammung Verfahrensgegenstand ist, dem Elternteil, um dessen Elternschaft es im Verfahren geht, und dem anderen Elternteil – es wird sich in der Regel um die Mutter handeln –, Parteistellung zukommt. Die Frage, welche andere Person neben ihr Elternteil des Kindes ist, berührt zwar nicht ihre rechtlich geschützte Stellung unmittelbar, gibt aber doch eine dem besonders nahe kommende Betroffenheit. Diese Betroffenheit ist freilich eine höchstpersönliche. Daher soll sie nur dann gegeben sein, wenn der „andere“ Elternteil noch am Leben ist (keine Parteistellung ihrer Rechtsnachfolger) und wenn er einsichts- und urteilsfähig ist. Rechtliches Gehör soll nämlich hier nur der Mutter selbst, nicht aber ihrem gesetzlichen Vertreter (dies betrifft also – unverheiratete – minderjährige Mütter oder solche, denen ein Sachwalter bestellt worden ist) eingeräumt sein, geht es doch nicht um die Wahrung von Rechten, sondern von intimen Betroffenheiten. Daraus folgt aber auch umgekehrt, dass die Mutter selbst – ihre Einsichts- und Urteilsfähigkeit vorausgesetzt -, nicht aber ihr gesetzlicher Vertreter in das Verfahren einzubeziehen ist.

Wer in die Rechte der anderen Parteien im Fall deren Todes eintritt, ist im materiellen Recht zu lösen. Selbstverständlich ist, dass der Antragsteller und der Antragsgegner Parteien sind. Diesbezüglich bedarf es keiner Sonderregelung für das Abstammungsverfahren.

Im Verfahren zur Feststellung der Abstammung eines unehelichen Kindes sind demnach das Kind, die Mutter und die Männer Parteien, gegen die sich die Anträge des Kindes richten. Im Verfahren zur Feststellung der Nichtabstammung sind das Kind und die Mutter sowie deren Ehemann, auf den die Ehelichkeitsvermutung zutrifft, Parteien. Im Verfahren zur Rechtsunwirksamerklärung eines Vaterschaftsanerkenntnisses sind das Kind und die Mutter sowie der Anerkennende Parteien. In den beiden letztgenannten Fällen ist auch der Mann Partei, dessen Vaterschaft durch die erfolgreiche Bestreitung wieder auflebt, etwa ein früherer Ehemann der Mutter, auf den die subsidiäre Ehelichkeitsvermutung zutrifft, oder der Mann, dessen Vaterschaft durch ein im Verfahren angefochtenes Vaterschaftsanerkenntnis seinerzeit „durchbrochen“ wurde.

Parteien sind demnach jedenfalls das betroffene Kind und die Mutter. Bei materieller Kollision zwischen der Mutter und dem Kind ist ein Kollisionskurator nach § 5 zu bestellen; als solcher käme nach § 213 ABGB der Jugendwohlfahrtsträger in Betracht.

Zum § 83:

Abs. 1 ordnet in den Abstammungsverfahren als Ausnahme zu § 18 zwingend eine mündliche Verhandlung an und übernimmt damit für diese Verfahren, die bisher im Wesentlichen im streitigen Verfahren zu erledigen waren, die bisher geltende Rechtslage.

Abs. 2 bis 4 stellen besondere Verfahrensgrundsätze auf. Dabei wurde eine Übernahme der geltenden Regelungen unter Anpassung an das neue Verfahren außer Streitsachen unter Berücksichtigung der im Schrifttum (Simotta, NZ 2001, 81 ff.) aufgezeigten Bedenken und Anregungen angestrebt. Soweit der Entwurf von „Feststellung einer Nichtabstammung“ spricht, ist dies im weiten Sinne zu verstehen. Darunter fallen somit nicht nur die Bestreitung der Ehelichkeit, sondern auch sämtliche Fälle einer Rechtsunwirksamerklärung eines Vaterschaftsanerkenntnisses. Ebenso weit ist der Begriff „Feststellung der Abstammung“ gemeint, sodass Streitigkeiten über die Feststellung der Rechtswirksamkeit eines Anerkenntnisses der Vaterschaft oder der Mutterschaft nach diesem Abschnitt durchzuführen sind.

Abs. 2 erster Satz regelt die verfahrensrechtliche Vorgangsweise im Fall, dass das Ziel eines Antrags auf andere Weise herbeigeführt wurde, etwa einer der auf Feststellung der Abstammung in Anspruch genommenen Männer ein Anerkenntnis abgegeben hat oder - hinsichtlich des Kindes, dessen Ehelichkeit bestritten wurde - ein wirksames Anerkenntnis abgegeben wurde. Dies lehnt sich an die geltenden Regelungen über das Anerkenntnis an (Art. V Z 7 UeKindG). Dabei wird aber auch darauf Bedacht zu nehmen sein, dass das Kind den Antrag auf Feststellung seiner Abstammung gegen mehrere Männer gerichtet haben könnte, um Sicherheit zu erhalten, wer sein wahrer Vater ist. Dieses Anliegen soll nicht durch ein Vaterschaftsanerkenntnis eines der in Anspruch genommenen Männer und die obligatorische Antragszurücknahme behindert werden. Anerkennt einer von mehreren auf Abstammungsfeststellung in Anspruch genommenen Männer die Vaterschaft, so ist das Rechtsschutzziel, ihn als Vater festzustellen, zwar erreicht und es wäre die Abstammungsfeststellung durch gerichtliche Entscheidung sowohl des Anerkennenden wie auch der übrigen Männer ausgeschlossen, doch muss dem Kind in Anwendung des § 84 Abs. 2 Z 2 die Möglichkeit offengehalten werden, zunächst einen – keiner Begründung bedürfenden – Widerspruch gegen das Anerkenntnis zu erheben und danach das gerichtliche Feststellungsverfahren weiter zu betreiben, weil wohl nur so der wahre Vater festgestellt werden könnte. Abs. 2 zweiter Satz übernimmt die bisherige Regelung über die Säumnis (Art. 3 § 6 Z 3 letzter Satz FamRAnglV) und erweitert den „favor legitimationis“ zeitgemäß in einen Vorrang der Aufrechterhaltung der bisher feststehenden „sozialen Abstammung“. Die Säumnisfolge trifft aber auch ein minderjähriges Kind, dessen gesetzlicher Vertreter einen Widerspruch gegen ein Vaterschaftsanerkenntnis erhoben hat. Unter „mündlicher Verhandlung“ ist – wie in den vergleichbaren bisherigen Regelungen - die erste mündliche Verhandlung vor dem Erstgericht zu verstehen.

Abs. 3 erster Satz lässt Vergleiche und Anerkenntnisentscheidungen im Abstammungsverfahren nicht zu (Art. V Z 4 UeKindG). Der zweite Satz füllt eine im Begutachtungsverfahren aufgezeigte Lücke (Simotta, NZ 2001, 81 ff, bes. 92). Demnach sind Säumnisentscheidungen zulässig, jedoch nur, soweit es um die Feststellung einer Abstammung, nicht jedoch um eine Bestreitung geht. Den durch die Säumnis herbeigeführten Erfolg, also die Feststellung der Abstammung, könnte nämlich die säumige Partei auch durch ein Vaterschaftsanerkenntnis herbeiführen. Die Begünstigung ist auch auf minderjährige Kinder beschränkt. Dabei genügt es, wenn die Minderjährigkeit zum Zeitpunkt der Antragstellung bestanden hat, mag das Kind auch im Lauf des Verfahrens volljährig werden. Allfällige Verfahrensverzögerungen durch den Antragsgegner dürfen nicht dem antragstellenden Kind zur Last fallen. Dieses Normverständnis muss im Gesetzestext nicht ausdrücklich verankert werden; das würde den Wortlaut überfrachten.

Abs. 4 trägt – wie im Unterhaltsverfahren - dem Grundsatz Rechnung, dass die Überstellung einer Materie in das außerstreitige Verfahren nicht zur ersatzlosen Selbsttragung der Verfahrenskosten durch die – wenngleich obsiegende – Partei führt. Allerdings müssen bei einer Überstellung einer Materie in eine vom Rechtsfürsorgegedanken getragene Verfahrensart auch der adäquate Schutz Minderjähriger, die in der Regel ihre Involvierung in ein Verfahren nicht beeinflussen können, sowie die wirtschaftliche Realität im Auge behalten werden. In der Vergangenheit wurde wiederholt öffentlich – etwa in der Fernsehsendung „Argumente“ – Kritik am Umstand geübt, dass volljährig gewordene junge Menschen zu Beginn ihres Berufslebens mit Kostenersatzforderungen für „verlorene“ Vaterschaftsprozesse konfrontiert wurden. Diese Verfahren wurden vor vielen Jahren vom Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Kindes gegen Männer initiiert, die zwar der Mutter geschlechtlich beigewohnt hatten, vom Kind aber „verloren“, weil sie doch von einem anderen Mann gezeugt worden waren. Die Kritik der Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang ist umso verständlicher, als es völlig klar ist, dass ein minderjähriges Kind knapp nach seiner Geburt in der Regel weder über ein zum Ersatz von Verfahrenskosten ausreichendes Vermögen noch über ein entsprechendes Einkommen verfügen wird. Ähnliches muss auch für Bestreitungsverfahren gelten. Diesem Gedanken folgend soll ein Kostenersatz ausgeschlossen sein, wenn das Kind (zum Zeitpunkt der Antragstellung) noch minderjährig ist.

Nach Abs. 5 sind in Entscheidungen, mit denen der Status geändert wird, die im § 81 Abs. 2 Z 2 und 3 aufgezählten Angaben aufzunehmen, sofern diese dem Gericht bekannt sind; wegen der Bedeutung ihrer Rechtsfolgen sind Entscheidungen in Abstammungssachen immer zu begründen. § 39 Abs. 4 ist nicht anzuwenden. Der aus Gründen der Rechtssicherheit gebotene Ausschluss der Anordnung der sofortigen Rechtswirkung in allen Personenstandssachen, also auch der hier relevanten Statusverfahren, findet sich im § 44 Abs. 1 erster Satz. Abs. 5 erster Satz erweitert für das Abänderungsverfahren in Abstammungssachen die absolute Frist des § 74 Abs. 4 von 10 Jahren auf 30 Jahre. Damit wird im Grundsatz der neueren Rechtsprechung des OGH gefolgt (SZ 66/10, 2 Ob 605/93), nach der die Frist des § 534 Abs. 3 ZPO für Wiederaufnahmsklagen gegen ein Abstammungsfeststellungsurteil nicht anwendbar sei. Während nämlich nach der derzeitigen Lage im materiellen Recht die Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses keiner Befristung unterliegt, gelten für die Wiederaufnahmsklage gegen ein Abstammungsfeststellungsurteil keine Sonderregeln und daher bei Wortinterpretation auch die 10 Jahresfrist des § 534 Abs. 3 ZPO. Der OGH hat daher in verfassungskonformer Auslegung die vom Gesetzgeber angestrebte Gleichheit beider Instrumente der Abstammungsfeststellung durch teleologische Reduktion der Vorschriften über die Befristung der Wiederaufnahmsklage (§ 534 Abs. 3 ZPO) bei Urteilen, mit denen die Vaterschaft zu einem unehelichen Kind festgestellt wurde, herbeigeführt. Diese Rechtsprechung soll im Hinblick auf geäußerte Bedenken (Simotta, NZ 2001, 81 ff., bes. 93 f) nicht in das neue Abstammungsverfahren übernommen werden. Das neue Abstammungsverfahren betrifft ja nicht nur Feststellungen der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind, sondern auch Ehelichkeitsbestreitungen und Feststellungen der Ehelichkeit, die durch ein Anerkenntnis nicht herbeigeführt werden können und bei denen demnach die Erwägungen des OGH ins Leere gehen. Aus rechtspolitischer Sicht ist es nämlich problematisch, Mängel des materiellen Zivilrechts durch Regelungen des Verfahrensrechts zu kompensieren, weil das Verfahrensrecht ja auch bei der Anwendung ganz anders gestalteten ausländischen Rechts vor einem inländischen Gericht zur Anwendung käme. Die Rechtsprechung des OGH erhellt jedoch das rechtspolitisch überzeugende Anliegen, , die doch recht kurze zehnjährige Frist für Wiederaufnahmsklagen und – nach dem neuen Recht – Abänderungsanträge für das Abstammungsverfahren, das in der Regel Kinder kurz nach ihrer Geburt betrifft, zu verlängern. Im Einklang mit § 1478 ABGB soll daher für sämtliche im Abstammungsverfahren auftretende Fallkonstellationen eine Frist von 30 Jahren festgelegt werden, nach deren Ablauf ein Abänderungsverfahren – ausgenommen bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 73 Abs. 1 Z 1 und 2 – nicht mehr möglich ist.

Zum § 84:

Im Interesse der Zeit- und Kostenersparnis stellt Abs. 1 zunächst den Grundsatz auf, dass mehrere Verfahren, welche die Abstammung desselben Kindes betreffen, gemeinsam durchzuführen und zu entscheiden sind.

Abs. 2 zielt darauf ab, das bisherige System der Dreistufigkeit (Bestreitung der Ehelichkeit bzw. Rechtsunwirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses - vaterloser Zwischenzustand - Abstammungsfeststellung) zu vermeiden. Über Anträge auf Ehelichkeitsbestreitung oder Unwirksamerklärung des Vaterschaftsanerkenntnisses und auf Abstammungsfeststellung ist nach Abs. 1 gemeinsam zu verhandeln und zu entscheiden. Dieses Konzept, das einem Bedürfnis der Praxis entspricht (s. F. Neuhauser, ÖA 1996, 86), wurde in den im Begutachtungsverfahren abgegebenen Stellungnahmen begrüßt. Der von Simotta, NZ 2001, 81 ff., bes. 96 ff. erhobenen Kritik, die Regelung würde den Verfahrensaufwand vermehren und sei unzweckmäßig, kann daher nicht gefolgt werden. Der Hinweis auf die nicht unbeträchtlichen Kosten des Abstammungsbeweises übersieht, dass die Kosten der Einbeziehung eines weiteren Mannes den Aufwand nicht verdoppelt, wenn die Begutachtung in Einem erfolgt (wohl aber, wenn sich ein weiteres Verfahren anschließt, in dem auch wieder Proben des Kindes und der Mutter zu befunden wären). Er wird auch im Hinblick auf die Anwendung kostengünstigerer molekularbiologischer Methoden an Gewicht verlieren. Darüber hinaus werden die zur Anwendung des neuen Rechts Berufenen, in erster Linie die Gerichte und die Jugendwohlfahrtsträger, in der Praxis durch Einbringung ihrer bisherigen Erfahrungen zu einer zielorientierten und ökonomischen sowie den Interessen des betroffenen Kindes Rechnung tragenden Ausgestaltung des neuen Verfahrensrechts nicht unwesentlich beitragen können. So könnten etwa bei einem gegen mehrere Männer geführten Verfahren auf Feststellung der Abstammung zunächst jene Beweise aufgenommen werden, welche die Vaterschaft des am wahrscheinlichsten scheinenden Vaters betreffen, etwa hinsichtlich jenes Mannes, mit dem als einzigem ungeschützter Geschlechtsverkehr stattgefunden hat. Wenn es um einen vom Ehemann der Mutter gegen das Kind gestellten Antrag auf Bestreitung der Ehelichkeit und um einen vom Kind gegen den mutmaßlichen Vater gestellten Antrag auf Feststellung der Abstammung geht, so wird es wohl zweckmäßig sein, zunächst die Beweise über die Nichtabstammung vom Ehemann durchzuführen, und erst wenn diese belegt ist, die Beweise über die Vaterschaft des anderen Mannes aufzunehmen. Die Verbindung ist auch dann möglich, wenn es um die Bestreitung zweier Ehelichkeitsvermutungen und die Feststellung der (unehelichen) Abstammung geht. Im Begutachtungsentwurf wurde vorgesehen, dass die Wirksamkeit einer solchen Entscheidung frühestens mit Rechtskraft des Beschlusses, mit dem der Bestreitung der ehelichen Geburt stattgegeben wird, eintreten kann. Diese Regelung des Verfahrensrechts stellt aber zu eng auf die Anwendung materiellen österreichischen Abstammungsrechts und die damit verbundene allgemeinverbindliche Wirkung der Ergebnisse des Statusverfahrens ab und hat in erster Linie die Rechtskraftwirkung eines Feststellungsbeschlusses bei bestehendem Bestreitungsbeschluss im Auge gehabt. Die Regelung wurde nunmehr auf die Anwendung eines materiellen Rechts eingeschränkt, das die Feststellung der Abstammung von einer Person zwangsläufig an die Feststellung der Nichtabstammung von einer anderen Person knüpft. Darüber hinaus werden gegenüber dem Begutachtungsentwurf Präzisierungen vorgenommen. Klargestellt wird nunmehr, dass eine Verbindung des Verfahrens hinsichtlich eines Antrags auf Feststellung einer Abstammung mit einem (laufenden) Verfahren auf Feststellung der Nichtabstammung nur bis zum Ende der mündlichen Verhandlung in erster Instanz zulässig ist, in der über einen Antrag auf Feststellung der Nichtabstammung verhandelt wird. Ein vaterloser Zwischenzustand läßt sich nicht vermeiden, wenn das Kind den Antrag auf Feststellung der Abstammung erst im Stadium des Rechtsmittelverfahrens des Verfahrens auf Feststellung der Nichtabstammung stellen würde (Z 1). Weiter wird gesagt, was zu geschehen hat, wenn bloß ein Antrag auf Feststellung der Abstammung gestellt wurde, obwohl eine dieser Feststellung entgegenstehende Abstammung bereits mit allgemeinverbindlicher Wirkung festgestellt ist, somit mangels Sonderregelungen der Antrag auf Feststellung der Abstammung sofort abzuweisen wäre. In diesem Fall soll das Gericht eben nicht den Antrag abweisen, sondern den Antragsteller, sofern er auch dazu berechtigt ist, in der Verhandlung zur Stellung eines Antrags auf Feststellung der Nichtabstammung anleiten. Sollte der Antragsteller auf Feststellung der Abstammung zur Antragstellung auf Nichtabstammung nicht legitimiert sein, so soll das Gericht den Antragsteller darüber aufklären, wer die Feststellung der Nichtabstammung beantragen kann, und sinnvoller Weise die Stellung eines solchen Antrags abwarten (Z 2). Mit der Z 3 wird sichergestellt, dass eine Feststellung einer Abstammung nicht vor Rechtskraft der Feststellung der Nichtabstammung von einer anderen Person wirksam wird, um einem Kind die rechtliche Existenz mehrerer Väter zu ersparen.

Abs. 3 übernimmt für das gegen mehrere Männer geführte Verfahren zur Feststellung der Abstammung eines unehelichen Kindes die bisherige Regelung des Art. V Z 1 UeKindG im Hinblick auf geäußerte Bedenken (Simotta, NZ 2001, 81 ff, bes. 99 f.) nicht, sondern sieht die schon im Abs. 2 vorgeschlagene Verknüpfung der Rechtskraftwirkung auch für diese Frage vor. An die Stelle der kritisierten Fiktion einer bedingten Antragszurücknahme tritt die klare Abweisung der gescheiterten Anträge, freilich mit der im Interesse des Kindes erforderlichen Verknüpfung. Es gilt nämlich zu verhindern, dass das die Feststellung seiner Abstammung anstrebende Kind an die rechtskräftige Abweisung des Feststellungsantrags gegen einen Mann gebunden ist, während sich im Verfahren gegen einen anderen Mann herausstellt, dass doch nicht dieser, sondern der andere der Vater ist. Hier soll daher ebenso wie im Bestreitungs-/Feststellungsfall verhindert werden, dass das Kind zwischen zwei Stühlen zu sitzen kommt. Mag eine solche Verknüpfung bei anderen Verfahrensarten nicht gebräuchlich sein, ist doch eine Absicherung im konkreten Fall ein rechts- und gesellschaftspolitisch besonders wünschenswertes Ergebnis.

Schließlich wurde die Bestimmung - etwa für die Bestreitung der Mutterschaft bei Anwendung ausländischen Rechts - geschlechtsneutral gefasst.

Zum § 85:

Diese Bestimmung ersetzt § 7 FamRAnglV.

Abs. 1 und 2 tragen der Tatsache Rechnung, dass die Abstammung im Streitfall oft nur durch medizinische Begutachtung festgestellt werden kann. Sie enthalten daher die in diesem Zusammenhang notwendigen Mitwirkungspflichten und die Weigerungsgründe. Die Weigerung ist demnach nur zulässig, wenn die Mitwirkung – insbesondere durch Duldung einer Abnahme von Blut – mit einer ernsten oder dauernden Gefährdung der Gesundheit verbunden wäre. Diese Gefahr ist mit einer Blutentnahme nicht typischerweise verbunden, kann aber im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten oder Zuständen bestehen. Nicht nötig ist es, dem Grundsatz des Verbotes der Selbstbezichtigung (s. VfGH VfSlg 15600, 13790) Rechnung zu tragen, indem die Mitwirkungspflicht ausgeschlossen wird, wenn die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung für die betreffende Person besteht. Strafrechtlich verpönt ist ja nicht die bloße Elternschaft, sondern – allenfalls – der Geschlechtsverkehr. Über diesen ist in der Regel bereits ein Zeugenbeweis aufgenommen worden. Sollte dies unterblieben sein, müssen sich bereits andere Anhaltspunkte für eine Elternschaft im Verfahren ergeben haben. Der Umstand, dass die Geburt eines Kindes bei manchen Delikten einen Erschwerungsgrund darstellt, rechtfertigt eine Ausnahmeregelung deshalb nicht, weil der auf Art. 8 EMRK fußende Anspruch eines Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung bei einer Abwägung der Grundrechte gegeneinander schwerer wiegt als der Schutz eines Straftäters vor einer (nicht Schaffung, sondern bloßen) Erhöhung der Strafsanktionen seiner Tat. Auf die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung für nahe Angehörige der betreffenden Person wird schon deshalb nicht Bedacht zu nehmen sein, weil derartige Konstellationen nach derzeit geltendem Strafrecht nicht denkbar sind. Für erweiterte Mitwirkungspflichten besteht kein Bedürfnis, weil mit den molekularbiologischen Methoden Abstammungsbeweise ohne Einbeziehung einer weiteren Person möglich sind. Die erweiterte Abstammungsuntersuchung hätte darüber hinaus den Nachteil, dass sie von der Sicherheit der Abstammung der Eltern des betreffenden Kindes von deren Eltern abhängt. Darüber hinaus können für die Befundaufnahme erforderliche Proben möglicherweise auch nach Abs. 4 beschafft werden. Dieser soll die Verwendung aufbewahrter Proben dadurch ermöglichen, dass ein diesbezüglicher Herausgabeanspruch des Gerichtes geschaffen wird. Auf diese Regelung wird sich gegebenenfalls auch die Exhumierung zur Probenentnahme stützen lassen. Von der Regelung sind aber Proben ausgenommen, die nach besonderen Vorschriften nicht herausgegeben oder nicht zweckwidrig verwendet werden dürfen, etwa Proben nach § 67 Sicherheitspolizeigesetz im Hinblick auf dessen Abs. 2.

Abs. 3 und 4 regeln, unter welchen Voraussetzungen Zwangsmittel bei Verletzung dieser Mitwirkungspflichten verhängt werden dürfen. Die Regelung über die Anwendung von Zwangsmitteln im § 7 FamRAnglV ist wohl im Hinblick auf Art. 2, 5 und 8 EMRK unbedenklich (EKMR 13.12.1978, EvBl. 1980/161). Da es aber gilt, den widerstreitenden Willen des Mitwirkungspflichtigen zu überwinden, wurde im Interesse der Einheitlichkeit des Systems für die traditionellen Bluttests die Verhängung von Zwangsmitteln nach § 79 gewählt.

Da die Feststellung der Abstammung ein elementares Grundrecht jedes Menschen ist, darf sie nicht an der ungerechtfertigten Weigerung beteiligter Personen scheitern. Nach § 79 verhängte Zwangsmittel scheinen nicht ausreichend, um die Mitwirkungspflichten rasch und effektiv durchzusetzen. Zur Gewinnung von Proben für DNA-Tests stehen nunmehr nicht-invasive Methoden zur Verfügung. Die Ausübung unmittelbaren körperlichen Zwangs wird daher nur für nicht-invasive Methoden vorgesehen. Zu solchen gehören etwa das Auszupfen einiger Haare, nicht jedoch die Herstellung eines Mundhöhlenabstriches im Hinblick auf das mit der zwangsweisen Öffnung des Mundes verbundene Verletzungsrisiko. Die Kosten der Vorführung und des Zwanges sollen letztlich der betreffenden Person zur Last fallen.

Zum 2. Abschnitt (Annahme an Kindes statt)

Zum § 86:

Die Bestimmung ersetzt § 258 AußStrG-aF.

Die im Abs. 1 festgelegten Förmlichkeiten für die Zustimmungserklärung gelten im Ergebnis nur, wenn sie ein Verfahren ohne Auslandsbezug betreffen oder - im Verfahren mit Auslandsbezug - wenn die Formvorschriften des AußStrG gelinder sind als die des ausländischen Rechts: Nach § 8 IPRG ist die Form der Zustimmungserklärung nach demselben Recht zu beurteilen wie die Zustimmungserklärung selbst; ist danach ausländisches Sachrecht berufen, gelten die österreichischen Formvorschriften nur, wenn die ausländische Rechtsordnung eine im Vergleich dazu strengere Form vorsieht. Die Zustimmungsrechte sind nämlich als Teil des materiellen Rechts aufzufassen, selbst wenn sie - allenfalls in ausländischen Rechtsordnungen - im Verfahrensrecht zu finden sein sollten. Wichtig ist in diesem Zusammenhang § 26 Abs. 1 zweiter Satz IPRG; dieser beruft für den Fall der Adoption eines ausländischen Wahlkindes für die nach dem Personalstatut des Kindes allenfalls vorgesehenen Zustimmungserklärungen (des Kindes selbst oder dritter Personen, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht) das ausländische Sachrecht des Personalstatuts. Demnach muss eine Adoption unterbleiben, wenn die Einholung dieser Zustimmungserklärungen - aus welchen Gründen immer - nicht erfolgen kann und die ausländische Rechtsordnung keine § 181 Abs. 3 ABGB entsprechende Regelung über die Ersetzung einer fehlenden (oder verweigerten) Zustimmungserklärung kennt.

Wegen der im § 87 neu vorgesehenen Widerrufsmöglichkeit ist die bisherige Befristung nach § 258 Abs. 2 AußStrG-aF für Zustimmungserklärungen entbehrlich.

Schriftliche Zustimmungserklärungen können auch vor dem Jugendwohlfahrtsträger (minderjährige Wahlkinder) oder öffentlichen Notar (minderjährige und volljährige Wahlkinder) abgegeben werden. Die Kompetenz des Jugendwohlfahrtsträgers zur Beurkundung wird sich aus einer entsprechenden Regelung im unmittelbar anwendbaren § 41 Abs. 3 JWG ergeben.

Zustimmungserklärungen können auch künftighin bereits vor Existenz eines konkreten Adoptionsvertrags abgegeben werden. Da der Inhalt des Adoptionsvertrags im materiellen Recht zwingend umschrieben ist und ein davon abweichender Inhalt gerichtlich nicht bewilligt werden dürfte, muss sich die Zustimmungserklärung nicht auf einen bereits existierenden Adoptionsvertrag beziehen; es genügt vielmehr lediglich die Beziehung auf ein konkretes Adoptionsverhältnis.

Nach Abs. 2 ist wie nach der geltenden Rechtslage (§ 258 Abs. 2 AußStrG-aF) die Bevollmächtigung zur Abgabe der Zustimmungserklärung zulässig, wobei die Unterschrift auf der Vollmacht öffentlich zu beurkunden oder zu beglaubigen ist. Ist das Wahlkind minderjährig, so kann dies nach § 41 Abs. 3 JWG auch durch den Jugendwohlfahrtsträger erfolgen.

Abs. 3 regelt den Inhalt der Zustimmungserklärung und der Vollmacht. Das Wahlkind und der Annehmende müssen bestimmt bezeichnet werden; im Fall der Zustimmung zu einer Inkognitoadoption entfällt die Bezeichnung des Annehmenden.

Aus Gründen der Rechtssicherheit und wegen der mit einer Inkognitoadoption verbundenen erheblichen Folgen sieht Abs. 4 für die Zustimmung zu einer solchen Adoption sowie für die Bevollmächtigung dazu eine strengere Form vor. Eine solche Zustimmung kann nur vor Gericht oder in Form einer öffentlichen Urkunde erklärt werden. Damit soll auch sichergestellt werden, dass eine Belehrung der verzichtenden Partei erfolgt. Ermächtigt die Vollmacht auch zur Erklärung der Zustimmung zu einer Inkognitoadoption, bedarf sie gleichfalls der Form einer öffentlichen Urkunde. Eine solche öffentliche Urkunde kann, wenn das Wahlkind minderjährig ist, auch von einem Jugendwohlfahrtsträger errichtet werden (§ 41 Abs. 3 JWG).

Zum § 87:

Die Praxis hat gezeigt, dass die bisher im § 258 Abs. 2 AußStrG-aF vorgesehene drei- bis maximal zwölfmonatige (Erklärungsdatum - Antragsdatum) Befristung der Zustimmungserklärung manchmal das Entstehen einer verfestigten Eltern-Kind-Beziehung behinderte: Aus entwicklungpsychologischer Sicht ist eine zumindest einjährige Hausgemeinschaft zwischen Wahlkind und Annehmendem wünschenswert. Bei unbekanntem oder auch entfernterem ausländischen Aufenthalt des leiblichen Elternteils, der zu einem früheren Zeitpunkt eine Zustimmungserklärung abgegeben hatte, die aus technischen Gründen nicht mehr erneuert werden konnte, mussten Adoptionsanträge oft vor Fristablauf und damit vor Ablauf der entwicklungspsychologisch wünschenswerten Beobachtungs- und Konsolidierungsfrist eingebracht werden. Um dies zu vermeiden, führt Abs. 1 anstelle der Befristung des § 258 Abs. 2 AußStrF-aF eine Widerrufsmöglichkeit ein.

Der Widerruf soll in Anlehnung an die bisherige Judikatur bis zur Entscheidung erster Instanz (gemäß § 40 also bis zur mündlichen Verkündung bzw. Abgabe der schriftlichen Abfassung zur Ausfertigung) möglich sein (SZ 39/104). Im Übrigen ist der Zustimmungsberechtigte auf das Rechtsmittel gegen den Bewilligungsbeschluss verwiesen.

Der Widerruf muss schriftlich, ohne weitere Formerfordernisse, oder vor Gericht erfolgen.

Bevor ein Verfahren zur Bewilligung der Annahme an Kindes statt anhängig ist, wird der Widerruf zweckmäßigerweise bei der beurkundenden Stelle abzugeben sein. Ist ein Verfahren aber bereits anhängig, so kann der Widerruf nur noch bei Gericht oder vor einer Adoptionsvermittlungsstelle angebracht werden (Abs. 2). Letztere Möglichkeit steht nur für den Fall offen, dass bereits die Zustimmungserklärung vor dieser Adoptionsvermittlungsstelle abgegeben oder dieser übergeben wurde. Da das Gericht die Zustimmungsberechtigten zu hören hat, werden diese in aller Regel vom Verfahren Kenntnis erlangen. Für all jene Fälle, in denen die Verbindungen zwischen den Zustimmungsberechtigten, vor allem den leiblichen Eltern einerseits und den Adoptiveltern oder der Adoptionsvermittlungsstelle andererseits, abgerissen sind, soll Abs. 2 die Erklärung des Widerrufs erleichtern. Die dem Zustimmungsberechtigten wohl bekannte Adoptionsvermittlungsstelle, die vom Verfahrensstand Kenntnis haben muss, soll bei der Erklärung des Widerrufs und der Weiterleitung an das Gericht, bei welchem das Verfahren anhängig ist, behilflich sein.

Abs. 3 verhindert, dass nach einem Verfahren, das mit Ab- oder Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung der Annahme an Kindes statt endete, für einen weiteren Antrag auf Genehmigung dieser Annahme an Kindes statt alle bisherigen Zustimmungserklärungen wiederholt werden müssen. Dies bedeutete bisher etwa dann einen erheblichen Zeit- und Kostenaufwand, wenn sich die Zustimmungsberechtigten nicht (mehr) in Österreich aufhielten oder sich die Zustimmungserklärungen wegen ausländischen Personalstatuts nach ausländischem Recht richteten. Es erscheint daher nicht zweckmäßig, die Zustimmungs- und Widerrufserklärungen - soweit sie vor Gericht abgegeben wurden - auf das konkrete Verfahren zu beschränken. Da die Zustimmungserklärung zur Annahme an Kindes statt eines bestimmten Wahlkindes durch bestimmte Wahleltern - außer im Fall der Inkognitoadoption - abzugeben ist, gilt dies nur, wenn im weiteren Verfahren Parteienidentität hinsichtlich des Wahlkindes und der Wahleltern besteht.

Zum § 88:

Da ein Schutzbedürfnis bei Volljährigen-Adoptionen kaum zu erkennen ist, beschränkt Abs. 1 die Inkognitoadoption auf die Annahme an Kindes statt Minderjähriger. Die Bestimmung folgt dem Vorbild des § 259 AußStrG-aF.

Abs. 2 behält die bisher bestehenden allgemeinen Informationsrechte des Verzichtenden bei. Dass die den Zustimmungs- und Anhörungsberechtigten zuzustellende Beschlussausfertigung keinen Hinweis auf den Namen oder den Wohnort des Annehmenden enthalten darf (Abs. 3), ist eine Konsequenz ihres Verzichts auf die Bekanntgabe dieser Angaben.

Tritt die Bedingung für die Inkognitoadoption nicht ein, so ist nach Abs. 4 der Antrag abzuweisen, weil eine materielle Voraussetzung für die Inkognitoadoption fehlt. Wird der Bedingungseintritt nach Abweisung möglich, ist ein neuer Antrag auf Bewilligung der Annahme an Kindes statt zu stellen.

Zum § 89:

Die Bestimmung folgt mit Ausnahme der Z 4 § 260 AußStrG-aF.

Der Ausspruch nach Z 2 über das Erlöschen der Rechtsbeziehung des Wahlkindes zu einem leiblichen Elternteil kann nur dann ergehen, wenn der betreffende Elternteil in dieses Erlöschen eingewilligt hat. Wird ein Kind durch eine Einzelperson (Wahlmutter oder Wahlvater) angenommen, so erlöschen nach § 182 Abs. 2 ABGB die Beziehungen nur hinsichtlich der leiblichen Mutter oder des leiblichen Vaters. Die Beziehungen zum jeweils anderen Elternteil werden jedoch nur dann beseitigt, wenn dieser seine Einwilligung in dieses Erlöschen erklärt.

Die in Z 3 vorgesehene Aufnahme des Religionsbekenntnisses in die Inhaltserfordernisse des Bewilligungsbeschlusses soll einen Gleichklang mit § 19 Z 4 Personenstandsgesetz (PStG) herbeiführen und im Interesse der Adoptiveltern dazu beitragen, die Eintragung der Adoption in die Personenstandsbücher zu erleichtern. Teilweise wird diese Information auch bei Auslandsadoptionen benötigt, da einige Staaten bei den Informationen über die Wahleltern auch einen Hinweis auf deren Religionszugehörigkeit verlangen. Die Angabe des Berufs ist hingegen entbehrlich.

Z 4 berücksichtigt, dass die Adoption unter Umständen auch von ausländischen Personenstandsbehörden erfasst werden muss. Weiß eine der Parteien schon im Bewilligungsverfahren, welche Erfordernisse die ausländische Standesbehörde an den Inhalt der Adoptionsbewilligung aufstellt, erlaubt ihr Z 4, beim Gericht die Einschaltung dieser Angaben in die Entscheidung zu beantragen.

Das Gericht ist nach §§ 38 Abs. 2 PStG, 20 Abs. 1 Z 1 lit. f PStVO verpflichtet, die Personenstandsbehörde von der rechtskräftig bewilligten Annahme an Kindes statt bzw. deren Aufhebung zu verständigen. Einer besonderen Regelung im Außerstreitgesetz - wie im Begutachtungsverfahren angeregt - bedarf es daher nicht mehr.

Zum § 90:

Abs. 1 legt fest, dass vor der Bewilligung der Annahme an Kindes statt das minderjährige Kind und der Jugendwohlfahrtsträger zu hören sind. Die Bestimmung des § 105 über die Befragung Minderjähriger ist sinngemäß anwendbar.

Die im Begutachtungsverfahren mehrfach angeregte Beseitigung der Einschränkung des Anhörungsrechts des Jugendwohlfahrtsträgers durch das Wort „tunlichst“ scheint sowohl in sprachlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht sinnvoll. Dort wo österreichisches materielles Recht anwendbar ist, stehen dem Jugendwohlfahrtsträger ohnehin Parteirechte - auch Rechtsmittelrechte - nach § 181a ABGB zu. Die Anhörung des Jugendwohlfahrtsträgers nach dem Außerstreitgesetz kommt somit nur dort zum Tragen, wo nach den Regeln des internationalen Privatrechts ausländisches materielles Recht zur Anwendung kommt; in diesen Fällen soll der Jugendwohlfahrtsträger in jedem Fall gehört werden. Die im Begutachtungsentwurf vorgeschlagene Einschränkung auf eine durch eine Verfahrensverzögerung hervorgerufene Gefährdung des Kindeswohls wurde auf Grund einer Anregung im Begutachtungsverfahren fallen gelassen.

Abs. 2 schließt das Abänderungsverfahren für das Verfahren über die Bewilligung der Annahme an Kindes statt aus. § 185a ABGB wohnt der Grundsatz inne, dass vor allem im Interesse des Schutzes des Wahlkindes die eine Adoption beseitigenden Rechtsbehelfe streng beschränkt werden sollen. Dieser Schutzgedanke darf durch das Verfahrensrecht nicht zum Nachteil des Wahlkindes ausgehöhlt werden. Die Abänderungsgründe des § 73 betreffen zwar nur das gerichtliche Genehmigungsverfahren; sie können aber durch Beseitigung des Gerichtsbeschlusses de facto trotzdem zur Aufhebung von Adoptionen führen, ohne dass die Gründe der §§ 184 und 184a ABGB vorliegen. Die materiell-rechtlichen Behelfe des Widerrufs und der Aufhebung (soweit österreichisches Recht anwendbar: §§ 184, 184a ABGB) genügen jedoch vollauf. Wohl erfassen diese Bestimmungen etwa Erklärungsirrtümer beim Adoptionsvertrag nicht. Unter Bedachtnahme auf den gesamten Komplex des Adoptionsverfahrens mit seinen vielschichtigen Anhörungen vor dem Jugendwohlfahrtsträger bleibt der schlichte Erklärungsirrtum aber ein eher theoretischer Fall. Besonders schwerwiegende Willensmängel wie Furcht und Zwang sind durch § 184a Abs. 1 Z 1 ABGB erfasst. Eine Klage oder ein Abänderungsantrag wird aber, solange der Irrtum oder die Täuschung bei einer Partei bestehen bleibt oder sich die beiden vortäuschenden Parteien einig bleiben, nicht eingebracht werden. Die Einführung eines Abänderungsverfahrens in diesen Fällen würde nur demjenigen Partner, der sich nicht an die Vereinbarung halten und den anderen zusätzlich übervorteilen oder erpressen will, eine neue Handlungsebene eröffnen. Es ist daher sinnvoll, das Abänderungsverfahren generell, also auch für nova reperta (§ 73 Abs. 1 Z 6), auszuschließen. Dadurch entsteht kein Rechtsschutzdefizit, weil Widerruf und Aufhebung - und zwar ohne die enge Befristung des § 74 Abs. 1 (4 Wochen) für Abänderungsanträge - möglich bleiben. Insgesamt genügt daher durchaus die materielle Anfechtungsregelung.

Zum § 91:

§ 91 normiert, welche Bestimmungen des zweiten Abschnitts für das Verfahren zur Aufhebung der Annahme an Kindes statt gelten sollen. Eine uneingeschränkte Anwendung der Bestimmungen des zweiten Abschnitts ist nicht möglich.

Zum 3. Abschnitt (Legitimation durch den Bundespräsidenten)

Zum § 92:

Abs. 1 regelt die Antragslegitimation (Kind, jeder Elternteil). Da die Antragstellung der Eltern auch für das Kind wirkt, bedarf sie ebenfalls der Bewilligung des Pflegschaftsgerichts; eine zusätzliche Erwähnung der Eltern oder eine differenzierte Regelung für diese ist nicht erforderlich.

Abs. 2 betrifft die Beweisaufnahme und die Unterbreitung des Vorschlags an den Bundespräsidenten. Das Verfahren zur Vorbereitung der Legitimation durch den Bundespräsidenten soll kein Verwaltungsverfahren mehr sein und nicht mehr beim Oberlandesgericht, sondern beim zuständigen Pflegschaftsgericht laufen. Deshalb müssen die Befugnisse des Bundesministers für Justiz und des Bundespräsidenten, auf ergänzenden Beweisaufnahmen zu bestehen, ausdrücklich angeführt werden. Außerdem erscheint es sinnvoll, die Umstände, die das Gericht zu erheben hat, im Gesetz wenigstens in den Grundzügen zu umschreiben.

Abs. 3 zweiter Satz umschreibt die Mitteilung der Entschließung an die Parteien. Hervorzuheben ist, dass die „Mitteilung“ der Entschließung des Bundespräsidenten weder die Zustellung einer Rechtsmittelentscheidung noch einen Intimierungsbescheid darstellt. Die Lösungsvariante durch einen deklarativen (nicht anfechtbaren) Beschluss wurde verworfen, um die Besonderheiten dieses Rechtsinstituts nicht zu verwässern, dessen Rechtswirkungen bereits durch die Entschließung des Bundespräsidenten ausgelöst werden.

Zum 4. Abschnitt (Eheangelegenheiten)

Der 4. Abschnitt enthält - unter der Überschrift „Eheangelegenheiten“ - die besonderen Vorschriften für das Verfahren über die Scheidung im Einvernehmen, die Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb sowie über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Dabei werden im Wesentlichen jene Regelungselemente übernommen, die im 4. Hauptstück des geltenden AußStrG (§§ 220 bis 235 AußStrG-aF) enthalten sind, freilich nur, soweit sie sich nunmehr nicht ohnedies aus dem neuen allgemeinen Teil ergeben (s. etwa §§ 222, 223, 227 AußStrG-aF). In einigen Punkten wird das geltende Recht - zum Teil Anregungen aus der Rechtspraxis folgend, zum Teil aus Gründen der Vereinfachung - verändert. Festgehalten sei insbesondere, dass es der im § 223 AußStrG-aF enthaltenen Regelung über die Unterbrechung des Verfahrens auf Scheidung im Einvernehmen, wenn eine Aussicht auf Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht, im Hinblick auf die allgemeine Bestimmung des § 29 über das Innehalten des Verfahrens nicht mehr bedarf.

Zum § 93:

Abs. 1 hält den bisher in den §§ 220 Abs 2 und 229 Abs 2 AußStrG-aF geregelten relativen Anwaltszwang aufrecht. Diese Vertretungspflicht soll allerdings nicht mehr davon abhängig sein, ob am Sitz des Gerichtes wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben, zumal es - gerade auch nach den letzten gerichtsorganisatorischen Maßnahmen - kaum noch ein Bezirksgericht geben dürfte, an dessen Ort nicht wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben.

Zum Schutz der Parteieninteressen und in Anlehnung an ausländische Vorbilder, wie etwa Deutschland, wird ein Verbot der Doppelvertretung vorgesehen.

Eine absolute Anwaltspflicht, wie sie im Begutachtungsverfahren von Seite der Anwaltschaft im Interesse eines verbesserten Rechtsschutzes vorgeschlagen wurde und etwa in Deutschland besteht, sieht der Entwurf nicht vor. Eine solche Regelung wird gegenwärtig in der Öffentlichkeit diskutiert. Das Regierungsprogramm für die 22. Gesetzgebungsperiode sieht in diesem Zusammenhang vor, dass eine Studie zu dem Thema erstellt werden soll, inwieweit Ehegatten in Scheidungsverfahren vor Übervorteilung geschützt werden können; im Anschluss daran soll eine parlamentarische Enquete zu dem Fragenkomplex stattfinden. Im Bundesministerium für Justiz sind die Arbeiten zur Umsetzung dieses Punktes des Regierungsprogramms bereits im Gang. Eine sich daraus allenfalls ergebende Gesetzesinitiative, die im Übrigen wohl auch die Vertretung im streitigen Eheverfahren einschließen müsste, soll Gegenstand eines - von der Reform des Außerstreitverfahrens - gesonderten Legislativprojekts sein.

Für die Vertretung durch Notare in den im § 93 genannten Verfahren gilt § 5 Abs. 2 NO.

Im Hinblick auf die im § 104 normierte selbständige Verfahrensfähigkeit des mündigen Minderjährigen in Verfahren über Pflege und Erziehung oder über das Recht auf persönlichen Verkehr soll einer Auslegung vorgebeugt werden, die dem Kind Parteistellung auch im Scheidungsverfahren verleiht. Eine solche Rolle des Kindes würde vielfach mit nicht unerheblichen psychischen Belastungen des Kindes verbunden sein. Es wird daher klargestellt, dass im Verfahren über die Scheidung im Einvernehmen nur den Ehegatten Parteistellung zukommt (Abs. 2). Wohl aber soll das Kind Parteistellung im Verfahren über die Genehmigung des Scheidungsvergleichs, soweit darin die Eltern-Kindes-Beziehungen geregelt werden, haben.   

Abs. 3 entspricht § 229 Abs. 1 zweiter Satz AußStrG-aF. Wegen der erweiterten Neuerungserlaubnis des § 49 besteht kein Spannungsverhältnis zu Art. 6 EMRK. Im Begutachtungsverfahren ist darauf hingewiesen worden, dass das Gericht erster Instanz unter Umständen durch Einbeziehung des Kreditgebers erst klären muss, ob die Verbindlichkeit der Aufteilung unterliegt. Durch die Verwendung des Wortes „tunlichst“ soll dem Gericht diese Möglichkeit offenbleiben.

Die Übernahme der weiteren Bestimmung des § 229 Abs. 1 AußStrG-aF, wonach im Verfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse außer den Ehegatten auch Dritte, deren Rechte berührt werden, Beteiligte sind, ist im Hinblick auf die Umschreibung des Parteienbegriffs im § 2 entbehrlich.         

Zum § 94:

Abs. 1 übernimmt im ersten Satz die in den §§ 221 Abs. 1 und 230 Abs. 1 AußStrG-aF enthaltene Pflicht des Gerichtes, in Eheangelegenheiten mündlich zu verhandeln.

Abs. 2 entspricht der Säumnisregelung des § 221 Abs. 2 AußStrG-aF, wobei die ausdrückliche Erwähnung, dass der Antrag „als ohne Verzicht auf den Anspruch“ zurückgenommen gilt, entbehrlich ist, da auf einen Antrag auf einvernehmliche Scheidung nicht rechtswirksam verzichtet werden kann.

Abs. 3 entspricht im Wesentlichen § 224 Abs. 2 AußStrG-aF. Anzumerken ist, dass die im Allgemeinen Teil enthaltene Regelung einer Zurücknahme des Antrags, die in erster Instanz ja nur bis zur Entscheidung des Gerichtes möglich ist, zu wenig weitgehend ist, sodass eine Sonderregelung erforderlich ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit soll nunmehr - abweichend von § 224 Abs. 2 AußStrG-aF - ein deklarativer Beschluss über diese Zurücknahme des Antrags vorgesehen sein.

An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich der Oberste Gerichtshof jüngst mit dieser Regelung – auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten – auseinandergesetzt hat. Er hat dabei ausgesprochen, dass die unterschiedliche Regelung, wonach für die Zurücknahme des Scheidungsantrags der frühere Zeitpunkt der formellen Rechtskraft maßgeblich ist, für die Auflösung des Ehebandes aber die Zustellung des Scheidungsbeschlusses (oder des Scheidungsurteils), sachlich durchaus mit der verfassungsrechtlich unbedenklichen gesetzgeberischen Absicht begründet werden kann, Ehen möglichst lange aufrechtzuerhalten, wofür sozialpolitische Erwägungen des historischen Gesetzgebers sprechen. Der „favor matrimonii“ und die zu Grunde liegenden sozialen Erwägungen haben ihre Bedeutung auch nach dem Zurückdrängen der sogenannten „Hausfrauenehe“ noch nicht verloren. Es bestehen keine Bedenken dagegen, die Auflösung des Ehebandes auch nach einem Rechtsmittelverzicht von der Zustellung des Scheidungsbeschlusses abhängig zu machen, wenn dadurch der Bestand der Ehe - wenn auch nur mehr für kurze Zeit - verlängert wird.

Zum § 95:

Abs. 1, der besondere Aufklärungspflichten des Gerichtes über die Scheidungsfolgen im Allgemeinen normiert, entspricht im Wesentlichen § 460 Z 6a erster Satz ZPO.

Abs. 2 erster Satz übernimmt § 225 AußStrG-aF.

Abs. 2 zweiter Satz regelt die Wirksamkeit eines Rechtsmittelverzichts. Nach allgemeinen Regeln wäre ein Rechtsmittelverzicht jedenfalls möglich. Unter bestimmten Umständen ist es aber im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes geboten, eine aus der Ehe strebende Partei vor übereilter und nicht genügend überlegter Abgabe eines Rechtsmittelverzichts zu bewahren. Wird nämlich die Scheidungsfolgenvereinbarung erst in der Verhandlung erarbeitet und bloß auf Schallträger protokolliert, so steht sie der Partei noch nicht „schwarz auf weiß“ zur Verfügung, wenn sie abwägen muss, ob sie unter den ausverhandelten Bedingungen die Scheidung akzeptieren kann. Deshalb wird angeordnet, dass dann, wenn die schriftliche Scheidungsfolgenregelung zum Zeitpunkt des Verzichts noch nicht vorliegt, der Rechtsmittelverzicht überhaupt wirkungslos ist. Damit soll verhindert werden, dass sich die Parteien durch die Scheidungsfolgenregelung und einen sofort erklärten Rechtsmittelverzicht später übervorteilt fühlen. Es kann daher ungeachtet des (unwirksamen) Verzichts noch ein Rechtsmittel erhoben werden, sodass eine der 14-tägigen Rekursfrist entsprechende Überlegungsfrist garantiert ist.

Von diesem Problemkreis ist die Frage zu unterscheiden, wann bei wirksamem Rechtsmittelverzicht die Rechtsgestaltungswirkung des Scheidungsbeschlusses eintritt. Die Antwort hierauf ergibt sich aus § 94 Abs. 3, auf dessen Erläuterungen verwiesen wird.

Schließlich soll nach Abs. 3 auch die Regelung des § 460 Z 11 ZPO für die Scheidung im Einvernehmen gelten. Ausdrücklich wird dabei klargestellt, dass das Gericht zur Mitteilung an den Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger nur verpflichtet ist, wenn die Partei bei der Ermittlung der notwendigen Daten, also der Sozialversicherungsnummer, mitwirkt. Im Sinne eines Wunsches des Hauptverbandes sollen diese Mitteilungen nicht in Papierform, sondern automationsunterstützt ergehen.

Zum § 96:

Diese Bestimmung regelt - im Wesentlichen dem § 226 AußStrG-aF folgend - den Inhalt des auf Scheidung lautenden Beschlusses. Im Abs. 1 Z 1 kann die Anführung des Geschlechtsnamens im Hinblick auf das NamRÄG, BGBl 1995/25, entfallen. Neu ist der Inhalt der Z 3. Da österreichische Ehescheidungsentscheidungen auf Grund der Brüssel II – VO ohne weiteres förmliches Anerkennungsverfahren in den übrigen EU-Mitgliedstaaten anerkannt werden können, kann die an einer Eintragung in die Standesbücher interessierte Partei die Entscheidung unmittelbar beim EU-ausländischen Standesamt vorlegen. Weiß die betreffende Partei schon bei Ehescheidung, welche Erfordernisse die ausländische Standesbehörde an den Inhalt der Scheidungsentscheidung (zB Hinweis auf religiöses Bekenntnis) aufstellt, so soll sie nun bei Gericht die Einschaltung dieser Angaben in die Entscheidung beantragen können.

Abs. 2 entspricht § 226 Abs. 1 AußStrG-aF.

Nach Abs. 3 soll der Scheidungsbeschluss unmittelbar kraft Gesetzes die Wirkung haben, dass die Ehe mit Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses aufgelöst ist. Damit erübrigt es sich in Hinkunft, einen solchen Ausspruch in den Beschluss aufzunehmen (vgl. § 226 Abs. 2 Z 3 AußStrG-aF).

Abs. 4 entspricht im Wesentlichen dem geltenden § 226 Abs. 3 AußStrG-aF.

Abs. 5 übernimmt die Regelung des § 460 Z 8a ZPO für die Scheidung im Einvernehmen. Die Bestimmung nimmt darauf Rücksicht, dass auch in der Begründung einer einvernehmlichen Scheidung Informationen über die Privatsphäre der Ehegatten, insbesondere - nach Abs. 4 - auch eine Regelung über die Haftung für Kredite, enthalten sein kann. Solche Informationen sollen nicht allen Personen zur Kenntnis gelangen, denen ein Scheidungsbeschluss vorgelegt wird.

Zum 5. Abschnitt (Anerkennung ausländischer Entscheidungen über den Bestand der Ehe)

Zum § 97:

Die Bestimmung übernimmt die Anerkennungsvoraussetzungen und Verweigerungsgründe aus dem geltenden § 228a AußStrG. Eine deutliche Änderung gegenüber der bisherigen Regelung liegt allerdings darin, dass für die Anerkennung nun kein obligatorisches Verfahren mehr vorgesehen ist. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der VO (EG) 1347/2000 (Brüssel II – VO) ist daher eine Inzidentanerkennung möglich, und zwar insbesondere durch den Standesbeamten bei der Prüfung der Ehefähigkeit. Eine im Ursprungsstaat rechtskräftige eheauflösende Entscheidung wird von den früheren Gatten in der Regel ohnehin akzeptiert. In solchen Fällen ist das wegen der häufig erforderlichen Auslandszustellungen oft schwerfällige obligatorische Anerkennungsverfahren ein bloßer Formalismus, der alle Beteiligten belastet und durch den Gewinn an Rechtssicherheit und die äußerst seltenen wirklich strittigen Fälle nicht ausreichend gerechtfertigt werden kann.

Zum § 98:

§ 98 folgt im Wesentlichen § 228b AußStrG-aF. Eine ausdrückliche Anordnung der Zweiseitigkeit (Mehrseitigkeit) des Rekurses (bisher § 228b Abs  4 Z 1 AußStrG-aF) war wegen der allgemeinen Regelung des § 48 nicht mehr erforderlich.

Zum § 99:

§ 99 übernimmt § 228c AußStrG-aF.

Zum § 100:

§ 100 entspricht § 228d AußStrG-aF. Vorrang vor den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes hat insbesondere die Brüssel II – VO. Durch die Abschaffung des obligatorischen Anerkennungsverfahrens entspricht das Verfahren für die Anerkennung von Entscheidungen aus Drittstaaten nunmehr jenem für Entscheidungen aus anderen EU-Staaten. Bei den Verweigerungsgründen sind jedoch die der Natur der Sache nach erforderlichen Unterschiede zwischen der Verordnung und dem § 97 weiterhin zu beachten.

Zum 6. Abschnitt (Unterhalt)

Zum § 101:

Diese Regelung sieht für Verfahren über Unterhaltsansprüche zwischen volljährigen Kindern und ihren Eltern, die bisher im streitigen Verfahren geltend zu machen waren und nunmehr ins außerstreitige Verfahren verlagert werden, eine den §§ 27 Abs. 1 und 2, 29 Abs. 1 ZPO iVm § 49 Abs. 1 Z 1a und 2 JN-aF entsprechende relative Anwaltspflicht (bei 4 000 Euro übersteigenden Streitwerten) vor. Diese Vertretungspflicht ist jedoch nicht mehr - wie in der Zivilprozessordnung - davon abhängig, dass am Sitz des Gerichtes wenigstens zwei Rechtsanwälte ihren Sitz haben. Die Vertretung durch Notare ist - wie bisher im streitigen Rechtsweg - nur im Rahmen des § 5 Abs. 2 NO möglich. Damit wird - abgesehen von der Aufgabe des Erfordernisses, dass wenigstens zwei nicht assoziierte Rechtsanwälte ihren Sitz am Ort des Gerichtes haben - die im streitigen Verfahren über den gesetzlichen Unterhalt bestehende Anwaltspflicht in erster Instanz unverändert aufrechterhalten.

In Abs. 3 wurde eine den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Regelung geschaffen, um zu gewährleisten, dass auch in jenen – wenn auch seltenen – Fällen, in denen das Abstammungsverfahren länger als drei Jahre dauert (man denke etwa an Fallkonstellationen, in denen sich ein Elternteil im entfernteren Ausland aufhält und eine Einvernahme oder Befundaufnahme nur im Weg der Rechtshilfe durchführbar ist), der Unterhaltsanspruch des Kindes vor drohender Verjährung gesichert ist. Zwischen dem Unterhaltsverfahren und dem Verfahren auf Begründung oder Wiederbegründung (als Folge einer Bestreitung) der Abstammung muss eine gewisse Verknüpfung hergestellt werden. Über den Unterhaltsanspruch darf nicht vor rechtskräftiger Beendigung des Abstammungsverfahrens entschieden werden, weil eine solche Entscheidung zwangsläufig auf eine Abweisung des Unterhaltsantrags hinausliefe. Der Unterhaltsantrag soll daher - ohne diese Folge - gestellt werden können, wenn spätestens gleichzeitig ein auf Einleitung eines Abstammungsverfahrens zielender Antrag bei Gericht eingebracht wurde. Dabei müssen die Antragsteller nicht ident sein, wie etwa im Fall eines Antrags auf Feststellung der Abstammung eines unehelichen (vaterlosen) Kindes. Es genügt auch, dass etwa ein Vaterschaftsanerkenntnis nach § 163e Abs. 1 ABGB vorliegt, das wegen einer noch wirksamen Ehelichkeitsvermutung bloß latent ist und nunmehr der Ehemann der Mutter die Ehelichkeit bestreitet. In einem solchen Fall würde die positive Erledigung des Antrags auf Bestreitung der Ehelichkeit dazu führen, dass der Anerkennende mit Feststellungswirkung Vater des Kindes wird. Auch gegen ihn soll ein mit dem Abstammungsverfahren verknüpfter Unterhaltsantrag zulässig sein.

Der Abs. 4 übernimmt die bisher im außerstreitigen Verfahren angewandte Regelung des § 406 zweiter Satz ZPO in der Auslegung der herrschenden Rechtsprechung (OGH 1.2.1931 ZBl 1931/147, 17.6.1931 ZBl 1931/335) in das außerstreitige Unterhaltsverfahren.

Zum § 102:

Abs. 1 und 2 sind § 183 Abs. 1 und 2 AußStrG-aF nachempfunden; § 183 Abs. 3 und 4 AußStrG-aF sind in der Neuformulierung der ersten beiden Absätze umfasst. Abs. 1 erweitert die Auskunftspflichten sachlich auch auf die neu ins außerstreitige Verfahren verlagerten Unterhaltsansprüche, zB volljähriger Kinder. Abs. 2 erweitert den Umfang der Auskunftspflicht gegenüber § 183 AußStrG-aF auch auf Beschäftigungs-/Versicherungsverhältnisse sowie Einkommen unterhaltsberechtigter Personen. Die Aufzählung in Abs. 2 ist nicht als taxative zu verstehen, das Gericht soll erforderlichenfalls umfassende Auskünfte einholen können. Dies wird auch durch den ausdrücklichen Hinweis auf „andere Sozialleistungen gewährende Stellen“ verdeutlicht. Damit sind sowohl jene Stellen umfasst, die über das Bestehen eines Anspruchs entscheiden, als auch jene, die die jeweilige Leistung ausbezahlen. Wenn es zur Ermittlung des Einkommens erforderlich ist, soll das Gericht Zugang zu Informationen haben, unabhängig davon, um welche Sozialleistung (Notstandshilfe, Kindergeld, Sonderunterstützung, etc.) und um welche dahinterstehende Stelle es sich handelt. Die Aufnahme des Begriffes „Dienstgeber“ soll klarstellen, dass zu den Beschäftigungsverhältnissen des Abs. 2 selbstverständlich auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse zählen.

Das geltende Recht sieht eine gewisse Subsidiarität der Auskunftserteilung vor. In der Begutachtung wurde vorgeschlagen, es dabei zu belassen. Die in Abs. 2 genannten Stellen sollten erst dann um Auskunft ersucht werden, wenn ein Auskunftspflichtiger seinen Pflichten nicht nachkommt. Dagegen wurde aber seitens der Rechtsprechung, der Jugendwohlfahrt und auch der Rechtsanwaltschaft unter Hinweis auf mögliche Verfahrensverzögerungen gefordert, diese Subsidiarität aufzulassen. Diesen Forderungen wird durch die Neuformulierung des Abs. 2 teilweise Rechnung getragen. Die vor allem den Unterhaltsschuldner belastende Anfrage an seinen Dienstgeber unterliegt jedoch weiterhin der Subsidiarität.

Das Auskunftsrecht des Jugendwohlfahrtsträgers im Abs. 3 folgt nach Maßgabe der Änderungen des Abs. 2 dem § 184 AußStrG-aF.

Abs. 4 soll sicherstellen, dass die Auskunftspflichtigen die Auskünfte auch rasch, vollständig und nachvollziehbar erteilen können und legt eine ausdrückliche Verpflichtung zur Auskunftserteilung fest. Dazu werden entsprechende Formulare aufzulegen sein.

Zum § 103:

Die Praxis hat gezeigt, dass die Sicherstellung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten auch im außerstreitigen Unterhaltsverfahren gewisser Sanktionen bedarf. Es wird daher vorgeschlagen, eine auskunftspflichtige Person, die ihre Pflicht zur Auskunftserteilung grob schuldhaft - also grob fahrlässig oder vorsätzlich - nicht erfüllt, zum Kostenersatz zu verpflichten. Voraussetzung dafür ist, dass durch die Nichterfüllung der Auskunftspflicht überhaupt Verfahrenskosten entstanden sind und ein Antrag einer Partei vorliegt, dem Auskunftspflichtigen Kosten aufzuerlegen. Auskunftspflichtige Personen im Sinne dieser Bestimmung sind Personen nach § 102 Abs. 1 sowie jene Personen, die das Gericht nach Abs. 2 um Auskunft ersuchen kann und die auf Grund eines solchen Ersuchens auskunftspflichtig werden. Der Kostenersatz ist nach billigem Ermessen festzusetzen. Die Auskunftspflichtigen sind auf diese Rechtsfolge hinzuweisen. Dies wird zweckmäßigerweise entweder durch einen entsprechenden Hinweis in den für die Erteilung der Auskünfte aufgelegten Formularen oder sonst durch einen Beisatz im Ersuchen um Auskunft erfolgen. Im übrigen werden auch noch Sanktionen nach § 79 Abs. 2 in Betracht kommen.

Zum 7. Abschnitt (Regelung der Obsorge und des persönlichen Verkehrs zwischen Eltern und minderjährigen Kindern)

Zum § 104:

Die Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung entsprechen dem § 182a AußStrG-aF in der Fassung des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 (KindRÄG 2001). Insoweit wird auf die Erläuterungen zum KindRÄG 2001 verwiesen.

Abs. 3 nimmt darauf Bedacht, dass die Vertretungspflicht des § 6 auch für verfahrensfähige Minderjährige, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, gilt.

Gelingt es nicht, eine Vertretung des Minderjährigen durch einen Rechtsanwalt  durch Begründung eines entgeltlichen Mandatsvertrages zu bewirken, ist dem Minderjährigen im Interesse des umfassenden Rechtsschutzes auf Antrag Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes zu gewähren. Diese Fälle sind in der Form denkbar, dass kein Rechtsanwalt das Mandat unentgeltlich übernehmen möchte oder der gesetzliche Vertreter seine Zustimmung zu einem entgeltlichen Mandat verweigert. Die für diesen Fall im materiellen Recht vorgesehene Möglichkeit der Einschränkung und Übertragung der Obsorge nach § 176 ABGB wäre ein für die Durchsetzung des wichtigen Rechts mündiger Minderjähriger auf eigenständige Wahrnehmung ihrer Parteistellung zu zeitaufwändiger Rechtsbehelf.

Dabei sind vorerst die vermögensrechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe nicht zu prüfen. Als Vorbild für diese Regelung dienten § 5 Abs. 3 aF des Bundesgesetzes zur Durchführung des Europäischen Übereinkommens vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts und § 5 Abs. 3 aF des Bundesgesetzes zur Durchführung des Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte der Kindesentführung.

Verfügt der Minderjährige über ein im Sinne des § 63 ZPO ausreichendes Einkommen oder über leicht verwertbares Vermögen, soll er die Beträge, von deren Berichtigung er einstweilen befreit war, gegebenenfalls nachzahlen. Die Prüfung der Voraussetzungen der Verfahrenshilfe und somit der Einkommens- und Vermögenslage des Minderjährigen hat unmittelbar nach Abschluss des Verfahrens in sinngemäßer Anwendung des § 71 ZPO, jedoch bloß ein einziges Mal („endgültig“), zu erfolgen. Damit ist klargestellt, dass eine nochmalige Überprüfung der Einkommens- und Vermögenssituation des Verfahrenshilfe genießenden Minderjährigen innerhalb der Dreijahresfrist des § 71 ZPO ab Abschluss des Verfahrens, in dem er zur Nachzahlung verpflichtet werden könnte, nicht in Betracht kommt.

Zum § 105:

Diese Bestimmung entspricht dem § 182b AußStrG-aF in der Fassung des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 (KindRÄG 2001) mit Ausnahme der nun vorgenommenen Streichung des Wortes „tunlichst“ in Abs. 1. Diese Einschränkung ist insofern nicht erforderlich, als die Regelung des Abs. 2 ohnehin ausreichend Ausnahmen vorsieht und auch einer Verfahrensverzögerung vorbeugt. Der im Begutachtungsverfahren geforderte Entfall der Wortfolge „wenn er das zehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ ist im Hinblick darauf, dass die in Abs. 1 Satz 2 enthaltene Aufzählung als eine alternative zu verstehen ist, nicht geboten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 182b AußStrG-aF idF KindRÄG 2001 verwiesen. Die Anhörung durch den Jugendwohlfahrtsträger oder in anderer Weise als durch das Gericht für über zehnjährige Minderjährige, die nach geltendem Recht erforderlichenfalls über den Wortlaut hinaus vorzunehmen wäre (s. Schwimann in Schwimann2 , RZ 2 zu § 178b ABGB idF vor KindRÄG 2001, iVm OGH 22.5.2002, 7 Ob 95/02z), ist nunmehr im Wortlaut berücksichtigt.

Zum § 106:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen § 182c Abs. 1 AußStrG-aF in der Fassung des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 (KindRÄG 2001). Die Einschränkung durch das Wort „tunlich“ ist auf Grund der ohnehin enthaltenen „Aufschubklausel“ entbehrlich. Die Aufnahme der Wortfolge „sowie vor der Genehmigung von Vereinbarungen über diese Angelegenheiten“ soll klarstellen, dass auch die Genehmigung einer Vereinbarung zu den Verfügungen zählt, hinsichtlich derer der Jugendwohlfahrtsträger zu hören ist. Im Begutachtungsentwurf wurde vorgeschlagen, den Jugendwohlfahrtsträger nur zu hören, wenn besondere Umstände dies erfordern. Dieser Vorschlag wurde im Hinblick auf eine zutreffende Kritik im Begutachtungsverfahren gestrichen. Ohne Befassung des Jugendwohlfahrtsträgers wird das Gericht in der Regel keine Grundlage für eine Entscheidung der Frage haben, warum im vorliegenden Fall diese Befassung entfallen sollte. In diesem Sinne hat sich auch ein deutscher Experte im Rahmen einer parlamentarischen Behandlung des KindRÄG 2001 ausgesprochen. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 182c Abs. 1 idF KindRÄG 2001 verwiesen.

Zum § 107:

Diese Bestimmung enthält eine Reihe von Sonderregeln für Obsorge- und Besuchsregelungsverfahren:

Abs. 1 Z 1 soll die Vorlage der Entscheidungen ohne kompromittierende Details bei Dritten, zB den Schulbehörden, erleichtern. Schon im KindRÄG 2001 war auch die Ausstellung einer Urkunde über die Obsorgeverhältnisse besonders hervorgehoben worden. Ihre Ausstellung kann einen wichtigen Beitrag zur Rechtsklarheit liefern. Zwar bedarf es einer solchen Urkunde nicht, wenn mit der Ausfertigung des Spruchs der Obsorgeentscheidung auszukommen ist. Immer muss dies jedoch nicht ausreichen: Die gerichtliche Entscheidung kann sich darauf beschränken, die Genehmigung einer datierten Vereinbarung auszusprechen, ohne den Inhalt dessen wiederzugeben, was genehmigt wird. Die begründungslose Ausfertigung eines solchen Beschlusses würde nicht ausreichen, um die Vertretungsverhältnisse klarzulegen. Auch kann ein ex lege mit der Obsorge betrauter Elternteil das Bedürfnis nach einer die Obsorgebetrauung belegenden Urkunde haben. Für solche Fälle ist daher auch weiterhin die Ausstellung einer eigenen Urkunde erforderlich.

Das Verfahren zur Regelung der Pflege und Erziehung kann von Amts wegen oder auf Antrag eingeleitet werden. Das Besuchsregelungsverfahren ist anders als das Obsorgeregelungsverfahren als reines Antragsverfahren einzustufen: Amtswegige Änderungen müssen materiell auf den Tatbestand des § 176 ABGB gestützt werden. Im Interesse des Kindeswohls und der Rechtsfürsorge ist es daher sinnvoll, auch noch im Rechtsmittelverfahren in Obsorge- und Besuchsrechtssachen auch Abänderungen zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers zu erlauben, wenn es das Wohl des betroffenen Minderjährigen geboten erscheinen lässt; diese Maßnahme trägt dem Rechtsfürsorgeprinzip Rechnung, das nicht bloß dem Verfahren zur Regelung der Obsorge, sondern auch dem Besuchsregelungsverfahren innewohnt; letztlich wird eine Annäherung an das Verfahren erster Instanz erzielt, in dem auch keine Antragsbindung besteht. Deshalb lässt Z 2 in Modifikation des § 55 Abs. 2 die reformatio in peius in zweiter und dritter Instanz zu.

Z 3 ist vor folgendem gesetzlichen Hintergrund zu sehen: Der Gesetzgeber trägt dem Grundsatz der Kontinuität der Erziehung Rechnung. Selbst wenn die Obsorgeerstzuteilung auf einer mangelhaften Sachgrundlage ergangen sein sollte, ist der Grundsatz der Kontinuität so hoch zu bewerten, dass ein Wechsel des mit der Obsorge Betrauten nur noch bei Gefahr für das Wohl des betroffenen Kindes erfolgen soll. Bei der Entscheidung über einen Obsorgeentziehungsantrag hat das Gericht im Interesse des Wohles des betroffenen Minderjährigen ohnehin alle maßgeblichen Umstände mit zu berücksichtigen, die auf den gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt einwirken und daher die für diesen Termin zu erstellende Zukunftsprognose beeinflussen; es sind daher auch Umstände mit zu berücksichtigen, die bei einer früheren Entscheidung - auch wenn diese eine solche nach § 177 ABGB war - bewusst oder irrtümlich unberücksichtigt blieben. Somit eröffnet daher § 176 ABGB die Möglichkeit, jederzeit ein gerichtliches Verfahren einzuleiten und unter den dort normierten Voraussetzungen die bisherige Obsorgeregelung, einschließlich einer Erstzuteilung umzustoßen, ohne dass das Gericht dabei auf den Sachverhalt beschränkt wäre, der seit der letzten gerichtlichen Obsorgeregelung verwirklicht wurde. Da diese Möglichkeit weder durch Fristen (wie jene des § 74) noch durch bestimmte Anfechtungsgründe (wie jene des § 73 Abs. 1) beschränkt ist, bietet das materielle Recht hier weiter gehende Abhilfemöglichkeiten als das Verfahrensrecht im Allgemeinen Teil. Die Abhilfemöglichkeiten des Abänderungsverfahrens würden zwar in den Fällen weiter reichen, in denen die Kennntnis der nova reperta zum alten Entscheidungszeitpunkt zu einer anderen Entscheidung iSd § 177 ABGB geführt hätte (wenn nämlich das Kindeswohl beim einen Elternteil, der nicht betraut wurde, besser gewahrt wäre, ohne dass beim anderen Obsorgewerber auch schon das Kindeswohl gefährdet wäre), doch können die zwischenzeitigen faktischen Obsorgeverhältnisse nun einmal nicht ausgeblendet werden, weil dadurch eine Irritation des Kindeswohls durch mehrfache Obsorgewechsel nicht ausgeschlossen wäre. In solchen Fällen können also durch die zwischenzeitigen, durch keine juristischen Eingriffe mehr rückgängig zu machenden Erziehungslagen Beurteilungsgrundlagen vorliegen, die eine Rückbeziehung auf den nach § 177 ABGB maßgeblichen Zeitpunkt des Günstigkeitsvergleichs nicht mehr gestatten. Dies mag im Ergebnis – bei bloß verfahrensrechtlicher Betrachtung - eine Einschränkung des Rechtsschutzes bedeuten, die aber aus Gründen des materiellen Kindschaftsrechts unumgänglich ist.

Auch die Besuchsregelungsentscheidung stellt - gleich der Obsorgeregelung - eine rechtsgestaltende Verfügung dar. Genau diese Wirkung hat aber der - nicht auf bestimmte Abänderungsgründe beschränkte, auf neue Tatsachen oder schlichte Änderung der Verhältnisse wegen geänderter altersbezogener Bedürfnisse des Kindes gestützte - Neuantrag. Der Rechtsklarheit und -sicherheit halber ist daher auch hier das Abänderungsverfahren auszuschließen.

Die Rechtsprechung lässt vorläufige (einstweilige) Zuteilungen der Pflege und Erziehung wenigstens bei besonderen Umständen, die eine umgehende Entscheidung verlangen, zu (OGH 4.6.1996, 1 Ob 2155/96k, EFSlg 81.219; LGZ Wien 23.4.1996, 44 R 268/96d, EFSlg 81.220). Auch im Besuchsregelungsverfahren erachtet die Rechtsprechung Provisorialmaßnahmen zumindest bei Entfremdungsgefahr als zulässig (LGZ Wien 29.1.1996, 43 R 50/96p, EFSlg 81.055; 22.5.1996, 45 R 402/966, EFSlg 81.033). Um klarzustellen, dass solche Regelungsverfügungen weiterhin möglich sein sollen, sieht Abs. 2 Derartiges ausdrücklich vor.

Zum § 108:

Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem § 185b AußStrG idF KindRÄG 2001. Sie trägt dem Gedanken Rechnung, dass der persönliche Verkehr gegen den Willen eines einsichts- und urteilsfähigen Minderjährigen weder geregelt noch durchgesetzt werden soll (G. Kohlegger ÖJZ 1998, 129). Derzeit lehnt die Rechtsprechung in solchen Fällen bloß die Durchsetzung ab (zB OGH 29.6.1994, 7 Ob 1547/94, EFSlg 75.001).

Die dauerhafte Weigerung des einsichts- und urteilsfähigen Minderjährigen sollte aber konsequenterweise bereits im Verfahren über die Regelung des Rechts auf persönlichen Verkehr wahrgenommen werden: Damit können unnötige Verfahrensschritte, zB psychologische Begutachtungen, und die mit einem Verfahren einhergehenden Belastungen aller Betroffenen, insbesondere des Minderjährigen, verhindert werden. Auch hier empfiehlt sich die Anknüpfung an eine leichter administrierbare fixe Altersgrenze, ab der ein durchschnittlich entwickelter Minderjähriger das Wesen der Besuchsregelung einsehen und beurteilen kann, nämlich jene der über 14jährigen Minderjährigen. Die vorgeschlagene Fassung soll die im Begutachtungsverfahren geforderte verfahrensrechtliche Gleichbehandlung des mündigen Minderjährigen und des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils herstellen. Das Vorliegen gerechtfertigter Gründe wird im Sinne dieser Gleichstellung auch beim Minderjährigen nicht mehr vorausgesetzt.

Das Verfahren in Fällen, in denen ein mündiger Minderjähriger die Besuchskontakte verweigert, kann sich daher auf die Klärung beschränken, ob der Minderjährige die Besuche ablehnt. Daraufhin hat eine Belehrung über die Rechtslage und darüber zu erfolgen, dass die Besuchskontakte in der Regel seinem Wohl entsprechen. Unter „Belehrung über die Rechtslage“ wird insbesondere jene Belehrung des Minderjährigen zu verstehen sein, dass der antragstellende Elternteil nach § 148 ABGB grundsätzlich das Recht hat, mit ihm persönlich zu verkehren. Wenn auch die Feststellung der unbeeinflussten Überzeugung des betroffenen Minderjährigen in Einzelfällen wieder zur Vernehmung des Minderjährigen oder sogar zur Beiziehung von Sachverständigen führen könnte, ist im Allgemeinen eine Erleichterung und Vereinfachung des Verfahrens zu erwarten. Steht fest, dass der Minderjährige die Besuchskontakte ablehnt und vermag auch die Belehrung keine Willensänderung zu bewirken, bedarf es keiner weiteren inhaltlichen Prüfung der Anträge mehr. Anhängige Anträge auf Besuchsregelung können dann ohne weitere Erhebungen abgewiesen werden.

Besteht eine vergleichsweise Regelung, genügt es, allfällige künftige Vollzugsanträge abzuweisen; die Aufhebung der einvernehmlichen Regelung ist nicht nötig. Sind Vollzugsanträge bereits anhängig, sind auch diese abzuweisen.

Auf Grund des Ansatzes, dass auch der persönliche Verkehr ein Recht des betroffenen Kindes ist, wird dem Minderjährigen die Möglichkeit eines Antrags auf Besuchsregelung eingeräumt, wenngleich damit kein Anspruch auf Besuchsregelung auch gegen den Willen des nichterziehenden Elternteils verbunden ist. Mit der Antragslegitimation wird zunächst der allgemein anerkannten psychologischen und soziologischen Erkenntnis Rechnung getragen, wonach die Aufrechterhaltung ausreichender persönlicher Kontakte zwischen dem Kind und dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, für die weitere Entwicklung des Kindes von besonderer Bedeutung sind. Auch Art. 9 Abs. 3 iVm Art. 10 Abs. 2 KRK betont das Recht des nicht Volljährigen auf persönlichen Verkehr mit beiden Elternteilen (näher dazu: Mottl, Das Kind: Rechtssubjekt oder nur Spielball familiärer Auseinandersetzungen? in Rauch-Kallat/J. Pichler, Entwicklungen in den Rechten der Kinder im Hinblick auf das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes [1994] 167 [208]; Verschraegen, Kinderrechtekonvention 82). Art. 8 EMRK garantiert „jedermann“, also auch den betroffenen Minderjährigen selbst, einen Anspruch auf Achtung ihres Familienlebens ua. auch im Verhältnis zum nicht erziehenden Elternteil, sofern dafür bereits eine gesicherte, emotionale Grundlage besteht, wie das zumindest nach Aufhebung bestehender Hausgemeinschaften idR der Fall ist (EKMR 15.10.1986, E 11468/85, DR 50, 207 und EGMR 18.12.1986, §§ 72-77 in case of Johnston v Ireland, EuGRZ 1987, 319). Auch die jüngere österreichische Rechtsprechung versteht den persönlichen Verkehr mit dem nicht erziehenden Elternteil zunehmend als Recht des betroffenen Minderjährigen (zB OGH 10.4.1997, 6 Ob 2398/96g, ÖA 1997, 168). Der Antrag auf Besuchsregelung steht grundsätzlich jedem Minderjährigen offen.

Selbständig - also ohne Vertretung durch den gesetzlichen Vertreter - soll der Antrag jedoch aus den schon zum § 104 erwähnten grundrechtsorientierten und verfahrensökonomischen Erwägungen erst ab der fixen Altersgrenze der über 14jährigen zulässig sein: Nur mündigen Minderjährigen soll daher die Möglichkeit eingeräumt werden, bei Gericht selbständig einen Antrag auf Regelung des persönlichen Verkehrs zu stellen.

Auf Grund eines solchen Antrags ist die Regelung des Besuchs mit dem nicht erziehenden, getrennt lebenden Elternteil jedenfalls zu erörtern. Verweigert dieser Elternteil trotz dieser Erörterung weiterhin den persönlichen Kontakt, ist der Antrag ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen.

Zum § 109:

Schon das geltende Recht trägt dem Gedanken Rechnung, dass sich die Eltern in Fragen ihrer Rechtsstellung dem Kind gegenüber möglichst einigen sollen. Eine gerichtliche Entscheidung, sofern sie nicht im Interesse des Kindes nötig ist, ist in vielen Fällen die zweitbeste Lösung. Dementsprechend sehen die §§ 148 Abs. 1 zweiter Satz ABGB, § 182e AußStrG-aF idF KindRÄG 2001 eine gütliche Einigung der Parteien und die §§ 167, 177 ABGB eine Vereinbarung der Eltern, insbesondere in Fragen der Obsorge vor. Da in Fragen der Obsorge und des Rechts auf persönlichen Verkehr die Verfügungsmacht der Eltern im Interesse des Kindes beschränkt ist, sind ihre Vereinbarungen nicht ohne weiteres gerichtlich durchsetzbar, sondern bedürfen einer gerichtlichen Genehmigung (Schwimann in Schwimann, ABGB2, Rz 5 zu § 148, Stabentheiner in Rummel3, Rz 2 zu § 148). Für die Pflicht des Gerichtes, derartige Vereinbarungen niederschriftlich festzuhalten und bei Vorliegen der Voraussetzungen des materiellen Rechts auch gerichtlich zu genehmigen, wurde die Bestimmung des § 109 geschaffen. Zwar haben Gerichte Vergleiche über den strittigen Verfahrensgegenstand zu Protokoll zu nehmen (§ 30), für Vereinbarungen der Parteien, die über den Verfahrensgegenstand nicht im Sinne des § 30 disponieren können, bedarf es einer entsprechenden Regelung. Der letzte Satz stellt klar, dass in einem solchen Fall zur Beendigung des Verfahrens - über eine nach dem zweiten Satz genehmigte Vereinbarung hinaus - kein meritorischer Beschluss erforderlich ist. Durch die vorliegende Regelung wird auch die erforderliche Grundlage für die in § 110 geregelte Vollstreckung derartiger Vereinbarungen geschaffen.

Zum § 110:

Abs. 1 betrifft die Durchsetzung von Obsorge- und Besuchsregelungen. Er stellt zunächst sicher, dass im Bereich der Durchsetzung einer gerichtlichen Obsorge- und Besuchsregelung nicht nach der Exekutionsordnung vorzugehen ist.

Die Formulierung „gerichtlich genehmigten Regelung“ nimmt darauf Bedacht, dass nicht jede einvernehmliche Regelung der Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr nach § 148 ABGB auch in einem Gerichtsverfahren Niederschlag findet. Ist eine Vereinbarung aber gerichtlich genehmigt (etwa auf Grund eines Scheidungs“vergleichs“ oder als einvernehmliches Ergebnis eines Besuchsrechtsverfahrens, vgl. § 55a Abs. 2 EheG und § 148 Abs. 1 ABGB idF KindRÄG 2001), soll sie jedenfalls auch vollstreckbar sein.

In Abs. 2 kommt zum Ausdruck, dass das Gericht bei vollstreckbaren Regelungen der Obsorge und des Rechts auf persönlichen Verkehr zuerst durch die Verhängung von angemessenen Zwangsmitteln nach § 79 Abs. 2 den, der den Vollzug der Regelung vereitelt, zur Einhaltung der Vereinbarung bewegen soll (so etwa Verweise, Geldstrafen und Beugehaft). Der letzte Satz normiert, dass bei der Durchsetzung von Obsorgeentscheidungen – und nur bei diesen – auch (erforderlichenfalls sofort) die Anwendung angemessenen unmittelbaren Zwanges (also die körperliche Abnahme des Kindes) in Betracht kommt, wobei die nähere Ausgestaltung in Abs. 4 zu finden ist. Eine zwangsweise Durchsetzung einer Regelung des Rechts auf persönlichen Verkehr durch die Anwendung unmittelbaren Zwanges ist nicht vorgesehen. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass eine durch unmittelbaren Zwang („Kindesabnahme“) erzwungene Durchsetzung dem Wohl des Kindes abträglich sein wird. Diese Beeinträchtigung ist für die schwerwiegenden Fälle der Übertragung der Obsorge ultima ratio, für die Anwendung bei regelmäßigen Besuchskontakten muss sie als unangemessen verhindert werden.

Abs. 3 sieht vor, unter welchen Voraussetzungen die Durchsetzung oder ihre Fortsetzung unterbleiben kann. Damit wird auch betont, dass in diesem problematischen Bereich ein Antrag auf Änderung einer Regelung nicht schon ohne weiteres eine Unterbrechung des Vollzugs bewirkt, sondern nur bei Kindeswohlgefährdung. Dadurch wird sichergestellt, dass Neuanträge für sich allein - entgegen einem Teil der Rechtsprechung zu § 19 AußStrG-aF - der Durchsetzung nicht entgegenstehen.

Abs. 4 enthält zusätzliche Sonderregeln für die Durchsetzung von Obsorgeregelungen, zB die „Kindesabnahme“. Er soll einerseits klarstellen, dass beim gerichtlichen Vollzug einer Obsorgeentscheidung, insbesondere der Entfernung des Minderjährigen aus seinem bisherigen Lebensbereich, der Jugendwohlfahrtsträger oder die Jugendgerichtshilfe - soweit erforderlich - mit der behutsamen Betreuung des Minderjährigen betraut werden kann; andererseits ist aber sichergestellt, dass Jugendwohlfahrtsträger und Jugendgerichtshilfe nicht als „Exekutivorgane“ eingesetzt werden: Die physische Einwirkung auf eine der gerichtlichen Obsorgeregelung entgegentretende Person muss allein den Gerichtsorganen (Gerichtsvollzieher) und den von diesen beigezogenen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (zB Gendarmerie, Sicherheitswache) überlassen bleiben.

Zum § 111:

Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem § 185c AußStrG-aF idF KindRÄG 2001. Insoweit wird auf die Erläuterungen zum KindRÄG 2001 verwiesen. Neu geschaffen wurde die Möglichkeit, dass die Besuchsbegleitung – sofern eine geeignete und dazu bereite Person vorhanden ist – auch von Amts wegen angeordnet werden kann. Dies entspricht dem bereits bestehenden Grundsatz, dass Besuchsrechtsentscheidungen auch amtswegig durchgesetzt werden können.

Es wäre zwar wünschenswert, wenn – etwa im Rahmen der Jugendwohlfahrt – Einrichtungen für Besuchsbegleitung geschaffen würden. Eine Verpflichtung dazu soll durch das Gesetz freilich nicht geschaffen werden. Dort wo entsprechende Einrichtungen fehlen, wird es an den Parteien liegen, geeignete – und allenfalls gegen Bezahlung bereite – Personen oder Stellen zu finden.

Zum 8. Abschnitt (Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen über die Regelung der Obsorge und das Recht auf persönlichen Verkehr)

Die §§ 112 bis 116 übernehmen im Wesentlichen die §§ 185d bis 185h AußStrG-aF. Diese Bestimmungen waren mit dem KindRÄG 2001 in das Außerstreitgesetz aufgenommen worden, um das österreichische Recht an die Brüssel II – VO anzupassen. Zudem sollte eine weitere Rechtszersplitterung vermieden werden, die gedroht hätte, wenn man es bei nicht von der Verordnung erfassten Entscheidungen bei der bisherigen Rechtslage (Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen als Vorfrage bei der Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen) belassen hätte. Im Einzelnen kann wieder auf die erläuternden Bemerkungen zum KindRÄG 2001 verwiesen werden (296 BlgNR 21.GP).

Zum § 112:

§ 112 übernimmt § 185d AußStrG-aF.

Zum § 113:

§ 113 übernimmt § 185e AußStrG-aF.

Zum § 114:

§ 114 folgt im Wesentlichen § 185f AußStrG-aF. Eine ausdrückliche Anordnung der Zweiseitigkeit (bzw Mehrseitigkeit) des Rekurses (bisher § 185f Abs 3 Z 1 AußStrG-aF) ist wegen der allgemeinen Regelung des § 48 nicht mehr erforderlich.

Zum § 115:

§ 115 übernimmt § 185g AußStrG-aF. Diese Bestimmung hat den Zweck, den Parteien nach dem Vorbild der Brüssel II – VO ein selbständiges Anerkennungsverfahren zur Verfügung zu stellen.

Dieses Verfahren ist allerdings nur fakultativ. Ausländische Entscheidungen entfalten ihre Wirkungen in Österreich grundsätzlich schon dann, wenn die nach §§ 112 und 113 oder nach einem allenfalls anwendbaren internationalen Rechtsakt zu beurteilenden Voraussetzungen für eine Anerkennung vorliegen. Die Frage der Anerkennung kann daher in jedem anderen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren als Vorfrage beurteilt werden. Nur wenn die zwangsweise Durchsetzung (Vollstreckung) erforderlich ist, muss zuerst eine Vollstreckbarerklärung erfolgen.

Das in § 115 vorgesehene selbständige Anerkennungsverfahren ist daher keine zwingende Voraussetzung für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, sondern soll es den Beteiligten nur ermöglichen, insofern eine bindende gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.

Zum § 116:

§ 116 übernimmt § 185h AußStrG-aF.

Zum 9. Abschnitt (Verfahren über die Sachwalterschaft für behinderte Personen)

Allgemeines

Den Bestimmungen über das Sachwalterschaftsverfahren kommt erhebliche Bedeutung zu: In Österreich werden etwa 35.000 Personen durch einen Sachwalter (nach § 273 ABGB) unterstützt. Davon haben rund 1.000 Personen einen Sachwalter zur Besorgung einzelner Angelegenheiten, rund ein Drittel der Personen einen Sachwalter zur Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten und zwei Drittel der Personen einen Sachwalter zur Besorgung aller Angelegenheiten. In rund zwei Drittel der Fälle wurden den Betroffenen nahestehende Personen, in je etwa ein Sechstel der Fälle Angehörige von Rechtsberufen und von einem geeigneten Verein namhaft gemachte Personen zum Sachwalter bestellt.

Die Bestellung eines Sachwalters stellt - neben der Unterbringung iSd UbG sowie der §§ 37 ff KAKuG und des PersFrSchG - wohl die weitestgehende Einschränkung der Persönlichkeitsrechte dar, zu der Zivilgerichte befugt sind. Um Übergriffe im Allgemeinen und Grundrechtseingriffe im Besonderen von vornherein zu vermeiden, bedarf es daher – trotz der modernen Terminologie und modernen Grundsätze des Allgemeinen Teils – wie im geltenden Außerstreitgesetz (§§ 236 bis 252) besonderer verfahrensrechtlicher Garantien und Schutzvorschriften. Diese sind in den §§ 117 bis 127 und 129 enthalten.

Diese Vorschriften bedeuten einen besonderen Verfahrens- und Kostenaufwand. Dieser Aufwand ist jedoch dann nicht mehr in vollem Umfang gerechtfertigt, wenn bereits ein Sachwalter rechtswirksam bestellt ist und nur mehr die Erweiterung seines Wirkungskreises oder dessen Einschränkung bzw. die Beendigung der Sachwalterschaft zur Diskussion stehen. Hier können zur Kostenvermeidung weitergehende Konzessionen an die Verfahrensökonomie gemacht werden. Für die Beendigung, Einschränkung und Erweiterung der Sachwalterschaft enthält daher der § 128 Abs. 2 vereinfachende Regelungen.

Die geringsten Anforderungen an Grundrechtsschutz und Verfahrensgarantien sind zu stellen, wenn die „Sachwalterschaft dem Grunde nach“ (Erstbestellung, Erweiterung, Einschränkung, Beendigung) überhaupt nicht in Rede steht, also insbesondere im Fall eines Wechsels in der Person des Sachwalters, bei der periodischen Überprüfung der Sachwalterschaft (§ 283 Abs. 3 ABGB) und im Verfahren nach der Bestellung eines Sachwalters.

Der bisher verwendete Begriff des „Betroffenen“ wird durch die geschlechtsneutrale Formulierung „betroffene Person“ ersetzt.

Zum § 117:

Abs. 1 erhält die bisher bestehende Kombination von Antrags- und Amtswegigkeitsprinzip aufrecht. Das in der Praxis bewährte Modell, wonach ausschließlich der betroffenen Person eine Antragslegitimation zukommt und Personen, die die Bestellung eines Sachwalters nur anregen, weder Antragslegitimation noch Parteistellung erhalten, war (bei möglicher amtswegiger Verfahrenseinleitung) beizubehalten. Im Gegensatz zu § 236 AußStrG-aF wurde im ersten Halbsatz auf die Anführung des § 273 ABGB verzichtet. Dies dient der Bedachtnahme auf jene Fälle, in denen auf Grund des inländischen Kollisionsrechts ausländisches Recht anzuwenden ist.

Seit dem KindRÄG 2001 ist eine Sachwalterschaft für Minderjährige nach dem materiellen Recht ausgeschlossen. Abs. 2 lässt die Einleitung eines Verfahrens auf Bestellung eines Sachwalters für minderjährige Personen zu, sofern die Volljährigkeit in längstens einem Jahr erreicht ist. Damit sollen Übergangszeiten vermieden werden, in denen die geistig behinderte oder psychisch kranke, mittlerweile volljährig gewordene Person keinen Sachwalter hat.

Zum § 118:

Abs. 1 und 2 entsprechen § 237 AußStrG-aF.

Abs. 3 stellt sicher, dass bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten, etwa, wenn sich die betroffene Person der Erstanhörung durch das Gericht entziehen will, oder bei außergewöhnlichem Kostenaufwand, etwa wenn sich die betroffene Person im Ausland aufhält, die Erstanhörung ausnahmsweise im Wege der Rechtshilfe erfolgen kann.

Zum § 119:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen § 238 Abs. 1 AußStrG-aF. Neu sind gegenüber der genannten Bestimmung die ausdrückliche Erwähnung materieller Kollisionsfälle beim gesetzlichen oder gewählten Vertreter und der vielfach gewünschte (zB. W. Tschugguel, Probleme des Sachwalterschaftsrechtes in Theorie und Praxis, in: Richterwoche 1989 - Rechtsfürsorge und Sachwalterschaft; Schriftenreihe des BMJ Band Nr. 47 [1989] 164) Wechsel der Bezeichnung „Verfahrenssachwalter“ anstatt „einstweiliger Sachwalter für das Verfahren“.

Zum Verfahrenssachwalter ist, unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalls, in der Regel eine von einem geeigneten Verein namhaft gemachte Person oder, falls erforderlich, ein Angehöriger eines Rechtsberufes zu bestellen. In der Praxis wird der Verfahrenssachwalter den Betroffenen über den Zweck, die Möglichkeiten und Grenzen der Sachwalterschaft informieren und die Wünsche und Interessen der betroffenen Person im Verfahren einbringen. Sind ihm Auskunftspersonen oder andere Beweismittel über die Lebensumstände der betroffenen Person bekannt, wird er diese dem Gericht mitteilen.

Klargestellt wird, dass auch der betroffenen Person im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters Verfahrensfähigkeit zukommt (Gitschthaler, Einzelne Probleme des neuen Sachwalterrechtes und der Versuch einer Lösung, ÖJZ 1985, 234; ders, Prozess- und Verfahrensfähigkeit minderjähriger und besachwalteter Personen, RZ 2003, 181).

Der letzte Satz garantiert, dass das Gericht bei voneinander abweichenden Anträgen und Argumenten die für die betroffene Person objektiv geeignetste Lösung finden kann. Besonders in Bestellungsverfahren eines Sachwalters ist damit zu rechnen, dass sowohl die betroffene Person als auch ihr gesetzlicher Vertreter sowie sein Verfahrenssachwalter voneinander abweichende Sachanträge mit unterschiedlicher Begründung stellen werden. Es ist daher sicherzustellen, dass alle Sachanträge und Eingaben materiell behandelt werden und auf ihrer Grundlage jene Entscheidung getroffen wird, die dem Wohl der betroffenen Person am besten entspricht.

Die Textierung „gesetzlicher ... Vertreter“ zielt auch auf Beendigung, Einschränkung oder Erweiterung der Sachwalterschaft ab. Dort ist der Sachwalter der gesetzliche Vertreter der betroffenen Person und gerade in diesem Fall ist ein Interessenwiderstreit, vor allem bei Ausdehnung der Sachwalterschaft, denkbar.

Zum § 120:

In den Grundzügen wird mit dieser Bestimmung der geltende § 238 Abs. 2 AußStrG übernommen. Zur Klarstellung werden die Wirkungen der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters umschrieben (vierter Satz) und festgehalten, dass die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters sofort wirksam wird (erster Satz). Einem Rekurs kommt daher ex lege keine aufschiebende Wirkung zu.

Satz 2 stellt klar, dass der Umfang, in dem die betroffene Person in ihrer Handlungsfähigkeit beschränkt wird, genau zu bezeichnen ist. Eine präzise, detaillierte und auf einzelne Angelegenheiten beschränkte Angabe ist insbesondere deswegen notwendig, weil zu einem Zeitpunkt in die Fähigkeit der betroffenen Person Rechtshandlungen zu setzen eingegriffen wird, in dem noch nicht endgültig geklärt ist, ob sie einen Sachwalter benötigt. Wird ein einstweiliger Sachwalter für die Verfassung eines Einspruchs gegen einen Zahlungsbefehl bestellt, ist davon etwa nicht auch die Vertretung für ein darauf folgendes Verfahren mitumfasst. Für letzteres muss neuerlich geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters vorliegen.

Ist zum Schutz der betroffenen Person dringend zu handeln, so soll es möglich sein, einen einstweiligen Sachwalter auch schon vor der Erstanhörung zu bestellen, wenn der betroffenen Person sonst ein erheblicher und unwiederbringlicher Nachteil entstehen könnte (dritter Satz). Damit soll der Auffassung entgegengetreten werden, die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters zur Besorgung dringender Angelegenheiten ohne Erstanhörung sei unzulässig. Mit der vorgeschlagenen Regelung wird der in der Rechtsprechung teilweise schon bisher vertretenen Ansicht gefolgt, die die Zulässigkeit einstweiliger Maßnahmen, also der Bestellung von Verfahrenssachwalter und einstweiligem Sachwalter in diesen Fällen bejaht, und der überwiegenden Praxis Rechnung getragen. Ziel dieser Bestimmung ist es, die betroffene Person vor Nachteilen zu schützen, die ihm daraus entstehen könnten, dass Rechtshandlungen für sie nicht mehr rechtzeitig vorgenommen werden könnten. Ohne eine solche Vorschrift könnte es etwa geschehen, dass eine der betroffenen Person eingeräumte befristete Option nicht vor Ablauf der Frist abgerufen werden kann oder ihre Prozessunfähigkeit im Versteigerungsverfahren nicht releviert werden kann, bevor der Zuschlag rechtskräftig geworden ist (vgl. 5 Ob 185/01v). Es muss aber betont werden, dass die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters vor Erstanhörung als besonderer Ausnahmefall zu verstehen ist, der vor allem wegen des sich aus Art 6 EMRK ergebenden Anhörungsrechts der betroffenen Person nur unter Einhaltung strenger Kriterien angeordnet werden darf. Dem Gericht müssen ausreichende Anhaltspunkte für einen die Bestellung eines Sachwalters erfordernden Geisteszustand der betroffenen Person und für die mit der Unterlassung der gebotenen Maßnahme verbundenen Risken vorliegen. Dabei rechtfertigen Interessen Dritter, einschließlich öffentlicher Interessen, keine solche einstweilige Maßnahme, liegen sie doch nicht in der Sphäre der betroffenen Person. Was „unwiederbringlich“ ist, hat die Rechtsprechung im Provisorialverfahren ausreichend konkretisiert; an dieser restriktiven Judikatur wird man sich auch hier zu orientieren haben (vgl E. Kodek in Angst, EO, Rz 11 ff zu § 381; Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 12 ff zu § 381; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, Rz 7 zu § 381). Kein Anlass für eine derartige Maßnahme bieten auch dringend durchzuführende Heilbehandlungen, weil sich für diese Fälle bereits ausreichende spezielle Regeln in den §§ 146c Abs. 3 ABGB und § 8 Abs. 3 KAKuG finden.

Der letzte Satz verweist auf jene Bestimmungen für den (endgültigen) Sachwalterbestellungsbeschluss, die sinngemäß anzuwenden sind, insbesondere auf § 123 Z 1 bis 4, nicht aber auf dessen Z 5. Die besondere Formvorschrift für letztwillige Verfügungen soll nämlich im – gesondert zu ändernden – materiellen Testamentsrecht des ABGB nicht mehr an die Bestellung eines Sachwalters schlechthin anknüpfen, sondern nur noch an eine besondere Anordnung im Beschluss, mit dem ein endgültiger (und nicht auch bloß ein einstweiliger) Sachwalter bestellt wird.

Die einstweiligen Maßnahmen einschließlich der Bestellungswirkungen können sich nach § 4 Abs. 2 IPRG auch in Fällen mit Auslandsberührung an inländischem (materiellen und formellen) Recht orientieren.

Zum § 121:

Die schon nach der geltenden Rechtslage (§ 239 AußStrG-aF) vorgesehene obligatorische mündliche Verhandlung entspricht dem Bedürfnis nach Schutzgarantien im Bestellungsverfahren und wurde grundsätzlich als zweckmäßig empfunden. Abs. 1 sieht daher die zwingende mündliche Verhandlung vor. Diese ist zum Schutz der Privatsphäre nur eingeschränkt (siehe § 140) volksöffentlich.

Ebenso soll die im Rahmen der allgemeinen Begutachtung grundsätzlich befürwortete Regelung des § 240 zweiter Satz AußStrG-aF, insoweit sie die Möglichkeit eröffnet, von der Ladung der betroffenen Person wegen ihres Gesundheitszustandes abzusehen, beibehalten werden (Abs. 2). In allen anderen Fällen ist die betroffene Person aber zu laden, um sie in ihren Verfahrensrechten möglichst nicht einzuschränken.

Die Fähigkeit, eine gerichtliche Ladung in Empfang zu nehmen, geht nicht unbedingt mit der Fähigkeit, bei Gericht zu erscheinen, einher. Ist es der betroffenen Person aus den in Abs. 3 genannten Gründen nicht möglich, das Gericht aufzusuchen, so hat das Gericht die Verhandlung an dem Ort durchzuführen, an dem sie sich befindet. Es ist dann etwa in seiner Wohnung oder im Krankenhaus zu verhandeln. Der zweite Satz des Abs. 3 führt aus, wie bei Scheitern auch dieser Vorgangsweise weiter zu verfahren ist.

Abs. 4 bis 6 entsprechen § 241 Abs. 1 sowie 2 und § 242 AußStrG-aF, deren bewährtes System der verpflichtenden Sachverständigenbestellung, Gutachtenserstattung und Gutachtenserörterung in mündlicher Verhandlung – für die Erstbestellung – beizubehalten ist. Dass der Befund auch außerhalb der mündlichen Verhandlung aufgenommen werden kann und die Ergebnisse der Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung zu erörtern sind, wurde beibehalten; der Allgemeine Teil des Außerstreitgesetzes sieht zwar ohnehin allgemein vor, dass Befundungen außerhalb der mündlichen Verhandlung möglich sind, doch wird dies im Zusammenhang mit der Erörterungspflicht zur Verdeutlichung wiederholt.

Zum § 122:

Aus Gründen der Verfahrensökonomie und der Rechtsklarheit soll die Regelung des Einstellungsverfahrens vom Bestellungsbeschluss getrennt werden. Abs. 1 umschreibt die Einstellungsvoraussetzung, nämlich dass kein Sachwalter zu bestellen ist.

Abs. 2 sieht einen förmlichen Einstellungsbeschluss nur dann vor, wenn die betroffene Person Kenntnis vom Verfahren hat oder das Verfahren über Anregung von Gerichten und sonstigen Behörden, die nach österreichischem oder zwischenstaatlichem Recht dazu verpflichtet sind, eingeleitet wurde (vgl. Gitschthaler, Einzelne Probleme des neuen Sachwalterrechts und der Versuch einer Lösung, ÖJZ 1985, 232).

In allen übrigen Fällen erscheint die formlose Einstellung mit Amtsvermerk unbedenklich, ja sogar in manchen Fällen (Anregung Dritter, einer in der Öffentlichkeit stehenden Person einen Sachwalter zu bestellen) geboten.

Abs. 3 umschreibt Zustellungs- und Verständigungspflichten: Der förmliche Einstellungsbeschluss ist jedenfalls der betroffenen Person und ihrem gesetzlichen Vertreter zuzustellen. Gerichte oder Stellen, die die Verfahrenseinleitung angeregt haben, sind über die Verfahrensbeendigung nur zu verständigen; dadurch erscheint im Allgemeinen der Schutz des Privat- und Familienlebens der betroffenenPerson garantiert. Abs. 3 stellt jedoch sicher, dass weder durch die Form noch durch den Umfang oder den Inhalt der Verständigung das Privat- oder Familienleben der betroffenen Person beeinträchtigt wird. Meist wird daher eine kurze Mitteilung ohne Hinweis auf die Gründe genügen. Bedarf es eines Verweises auf die Begründung, wird dieser möglichst neutral gefasst werden können. Eine über § 39 hinausgehende Begründungspflicht ist entbehrlich, weil von dessen Abs. 4 ohnehin nur der Fall der Entscheidung gemäß dem erklärten Willen der Parteien, hier der betroffenen Person und ihres allfälligen gesetzlichen Vertreters, in Betracht kommt, bei dem das Unterbleiben der Begründung unschädlich wäre.

Zum § 123:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen §§ 244 und 245 AußStrG-aF (Abs. 1). Grundsätzlich scheint die Begründungspflicht nach § 39 ausreichend, zumal die Bestellungsbeschlüsse im Kern ohnehin auf die Ausführungen meist der medizinischen Sachverständigen gegründet sein müssen. Da § 39 Abs. 4 von einer Begründungspflicht absieht, soweit der Beschluss antragsgemäß ergeht und Anträge der betroffenen Person auf Bestellung eines Sachwalters zulässig sind, könnte aus den Allgemeinen Bestimmungen geschlossen werden, dass insoweit keine Begründungspflicht besteht. Dies ist aber bei einem so weit reichenden Beschluss wie der Bestellung eines Sachwalters selbst dann nicht angemessen, wenn die Bestellung dem Antrag der betroffenen Person entspricht. Die Entziehung der Geschäftsfähigkeit als einschneidende Maßnahme der Gerichtsbarkeit bedarf vielmehr stets einer Begründung. Daher wird in Abs. 2 eine Begründungspflicht in jedem Bestellungsfall angeordnet. Dadurch soll insbesondere jenen die Ausführung eines Rekurses ermöglicht werden, die dazu neben der betroffenen Person berechtigt sind.

Zum § 124:

Wegen des Gewichts der mit der Sachwalterbestellung verbundenen Einschränkungen für die betroffene Person hält Abs. 1 am Erfordernis der Zustellung zu eigenen Handen - nach dem Muster der Klagszustellung - fest (für viele: W. Tschugguel, Probleme des Sachwalterschaftsrechts in Theorie und Praxis, in: Richterwoche 1989 - Rechtsfürsorge und Sachwalterschaft; Schriftenreihe des BMJ Band Nr. 47 [1989] 165).

Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass die bisherige Regelung über die Zustellung (§ 246 AußStrG-aF) dort versagt, wo die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, einen Zustellvorgang zu begreifen oder wahrzunehmen (für viele: Gitschthaler, Einzelne Probleme des neuen Sachwalterrechtes und der Versuch einer Lösung, ÖJZ 1985, 233 f; W. Tschugguel, aaO 165 ff: Fälle „Ottilie H“ und „Michael F“; Maurer/Tschugguel, Rz 9 f § 246). Zur Abhilfe schreibt Abs. 2 daher vor, dass der Zustellvorgang in diesen Fällen bereits abgeschlossen und die Zustellung daher wirksam ist, wenn das Zustellstück in eine solche körperliche Nähe zur betroffenen Person gebracht wird, dass sie ohne ihre psychische Krankheit oder geistige Behinderung vom Inhalt des zuzustellenden Schriftstückes Kenntnis nehmen könnte. Dies könnte zum Beispiel durch Ablegen des Zustellstücks neben einem apathisch im Krankenbett Liegenden oder einem schwerstbehinderten und desorientierten Rollstuhlpatienten geschehen. Damit erscheinen vor allem die bisher diskutierten Probleme allfälliger Nichtigkeit von Bestellungsbeschlüssen (Maurer/Tschugguel Rz 9 f § 246) bereinigt.

Für jene Fälle, in denen sich die betroffene Person zB nach der Erstanhörung weiteren Zustellungen durch Aufenthaltsverlegung entzieht, ist an der bisherigen Lösung der Bestellung eines einstweiligen Sachwalters - dessen Bestellung sofortige Wirkung entfaltet - festzuhalten und von einer besonderen Regelung Abstand zu nehmen (s. auch die Erläuterungen zu § 120). Neben der betroffenen Person selbst ist der Beschluss auch dem Sachwalter und ihrem Vertreter, somit auch ihrem Verfahrenssachwalter, zuzustellen.

Abs. 3 entspricht dem zweiten Absatz des § 246 AußStrG-aF.

Zum § 125:

Diese Bestimmung entspricht dem Regelungsgehalt des § 247 AußStrG-aF. Die Praxis hat gezeigt, dass für das Wirksamwerden zwischen dem Verfahrenssachwalter bzw. einstweiligen Sachwalter einerseits und dem endgültigen Sachwalter andererseits zu unterscheiden ist: Anzustreben ist vor allem, dass das Gericht die Möglichkeit erhält, für dringende Sofortmaßnahmen vorerst ohne Erstanhörung (§ 120 dritter Satz) und mit sofortiger Wirksamkeit einen einstweiligen Sachwalter zu bestellen. Dadurch werden gewisse Regelungsdefizite der bisherigen Lösung (Maurer/Tschugguel Rz 23 § 238) beseitigt. Die nunmehr klare Trennung des Verfahrenssachwalters (§ 119 Verfahrenssachwalter ), des einstweiligen Sachwalters (§ 120 vorläufige Maßnahmen) und des endgültigen Sachwalters erlaubt es, bei der Regelung über das Wirksamwerden der Sachwalterbestellung bloß auf den endgültigen Sachwalter abzustellen. Beim endgültigen Sachwalter schließt die vorgeschlagene Bestimmung die in § 44 vorgesehene Möglichkeit, einem Beschluss vorläufige Verbindlichkeit oder Vollstreckbarkeit zuzuerkennen, aus; dessen Bestellung wird erst mit Eintritt der Rechtskraft wirksam. Die Bestellung eines einstweiligen Sachwalters erfolgt dagegen immer mit sofortiger Wirkung (s. auch die Erläuterungen zu § 120). Im Fall des Verfahrenssachwalters gilt der Allgemeine Teil. Seine Bestellung kann unter gleichzeitiger Zuerkennung der vorläufigen Verbindlichkeit und Vollstreckbarkeit nach § 44 erfolgen.

Zum § 126:

Diese Bestimmung entspricht dem § 248 AußStrG idF BGBl. Nr. 425/1988; vgl. auch Erl. BMJ 9.9.1988, JMZ 4967/30-I.1/88, JABl. 1988, 79/32. Durch die Möglichkeit der bundesweiten Namensabfrage im Register für Pflegschaftssachen der Gerichte können Auskünfte nach Abs. 3 – etwa an potentielle Vertragspartner einer unter Sachwalterschaft stehenden Person – rasch und unbürokratisch erteilt werden, weil die Auskunft, welches Gericht allenfalls mit der Sachwalterschaft befasst ist, bei jedem Bezirksgericht eingeholt werden kann. Die nähere Auskunft muss allerdings beim zuständigen Gericht eingeholt werden, weil nur dieses die rechtlichen Interessen des Anfragenden beurteilen kann.

Zum § 127:

Der noch nicht rechtswirksam bestellte Sachwalter hat derzeit nur insoweit Rechtsmittelbefugnis, als es sich um seine Rechte und Pflichten handelt und er persönlich durch die Bestellung beschwert sein kann. Der erste Satz soll klarstellen, dass im Namen und Interesse der betroffenen Person auch vom - noch nicht rechtskräftig - bestellten Sachwalter Rekurs eingelegt werden kann. Stimmen Rekurse, die die betroffene Person, ihr gesetzlicher Vertreter und der Verfahrenssachwalter gestellt haben, nicht überein, so sind bei der Entscheidung alle Rechtsmittel inhaltlich zu berücksichtigen (siehe Erläuterungen zu § 119).

Im Sachwalterbestellungsverfahren können Beschlüsse nach dem Ablauf der Rekursfrist nicht mehr angefochten werden (dritter Satz). Diese Regelung schützt die Interessen Dritter, denen gegenüber der Vertreter bereits Rechtshandlungen gesetzt hat.

Zum § 128:

Ist eine Sachwalterbestellung bereits rechtswirksam erfolgt und geht es nicht um deren Beendigung, Einschränkung oder Erweiterung, so besteht keine besondere Gefahr einer Grundrechtsverletzung. Die besonderen Verfahrensgarantien, die einer solchen vorbeugen sollen, aber auch einen besonderen Verfahrens- und Kostenaufwand bedeuten, sind daher verzichtbar. Der bloße Wechsel in der Person des Sachwalters, die periodische Überprüfung der Sachwalterschaft nach § 283 Abs. 3 ABGB (Gitschthaler, Einzelne Probleme des neuen Sachwalterrechtes und der Versuch einer Lösung, ÖJZ 1985, 235) und das Verfahren nach der Bestellung eines Sachwalters (Gitschthaler, aaO, 236) sollen daher grundsätzlich nach den Bestimmungen des Allgemeinen Teils abgewickelt werden.

Im Verfahren zur Beendigung, Einschränkung und Erweiterung der Sachwalterschaft macht Abs. 1 - wie bisher § 251 erster Satz AußStrG-aF - grundsätzlich die Vorschriften des Bestellungsverfahrens (§§ 117 - 127, 129) anwendbar. Um den zahlreichen und gewichtigen Forderungen nach höherer Berücksichtigung der Verfahrensökonomie zu entsprechen (für viele: Maurer, Das Sachwalterrecht in der Praxis [1984] Anm. 4 § 251; W. Tschugguel, Probleme des Sachwalterschaftsrechtes in Theorie und Praxis, in: Richterwoche 1989 - Rechtsfürsorge und Sachwalterschaft; Schriftenreihe des BMJ Band Nr. 47 [1989] 171; Maurer/Tschugguel Rz 2f § 251), wird bestimmt, dass sich das Gericht nach Abs.2 erster Satz grundsätzlich nur dann einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person zu verschaffen, mündlich zu verhandeln und einen Sachverständigen zu bestellen hat, wenn es dies für erforderlich erachtet oder ein ausdrücklicher Antrag der betroffenen Person bzw. ihres gesetzlichen Vertreters vorliegt. Dadurch werden etwa dann Verfahrenserleichterungen zu erwarten sein, wenn bloß eine bestehende Vermögenssachwalterschaft auf eine im Erbweg angefallene zweite Eigentumswohnung erstreckt werden muss. In einem solchen Fall sind die Verschaffung des persönlichen Eindrucks, die mündliche Verhandlung und die Sachverständigenbestellung in der Regel entbehrlich. Dies kann aber nicht in Verfahren gelten, in denen die Rechte der betroffenen Person erhebliche weitere Einschränkungen erfahren können. So etwa wenn der Sachwalter bislang mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten betraut ist und im neuen Verfahren eine Erweiterung auf einen bestimmten Kreis von bzw. auf alle Angelegenheiten angeordnet werden soll. Hier hat ein dem Bestellungsverfahren gleichwertiges Verfahren stattzufinden; selbst wenn im Einzelfall die Ergebnisse des ersten Bestellungsverfahrens als ausreichende Entscheidungsgrundlage angesehen werden könnten, weil wesentliche Änderungen dieser Grundlage niemals auf Grund eines reinen Aktenverfahrens ausgeschlossen werden dürfen (Abs. 2 zweiter Satz). Es steht – in der Diktion des EGMR gesprochen – dermaßen viel auf dem Spiel, dass in diesem Zusammenhang nur so ein faires Verfahren nach Art. 6 EMRK gewährleistet ist.

Im Fall eines Interessenwiderstreits zwischen der betroffenen Person und dem Sachwalter, der vor allem bei Ausdehnung der Sachwalterschaft durchaus denkbar ist, wäre ein Verfahrenssachwalter zu bestellen (§ 119).

Zum § 129:

Unter den Aspekten der Kostenwahrheit und des Verursachungsprinzips, aber auch einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung erscheint es angemessen, die Regelung des § 252 AußStrG-aF über die Verpflichtung einer betroffenen Person zur Tragung der Verfahrenskosten zu präzisieren. Es wird daher vorgeschlagen, dass die betroffene Person, in deren Interesse ein Sachwalter bestellt, eine Sachwalterschaft erweitert oder ein Verfahren nach § 131 durchgeführt wurde, schon dann zur Leistung der entstandenen Kosten an den Bund verpflichtet werden kann, wenn sie dazu ohne Schmälerung ihres eigenen notwendigen Unterhalts und ihrer gesetzlichen Sorgepflichten in der Lage ist. Die Formulierung zieht bewusst eine Parallele zu § 63 ZPO, um die dazu entwickelte Rechtsprechung anwendbar zu machen. Es soll damit klargestellt werden, dass der Bund die Kosten der Rechtsverfolgung sowohl im Zivilprozess (Verfahrenshilfe) als auch im Sachwalterbestellungsverfahren unter den gleichen Bedürftigkeitsvoraussetzungen zu übernehmen bereit ist. Ausgaben einer behinderten Person, die ihre (körperlichen) Nachteile erträglicher gestalten, etwa der Ankauf eines Rollstuhls, werden dabei selbstverständlich als notwendiger eigener Unterhalt anzusehen sein (vgl. OLG Linz 15.6.2000 AnwBl 2000, 759; u.a.).

Die Verpflichtung zum Kostenersatz soll aber nur dann möglich sein, wenn die vermögensrechtlichen Voraussetzungen dafür zum Zeitpunkt der Kostenentscheidung bereits vorliegen oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in nächster Zukunft vorliegen werden. Im letzteren Fall kann die Kostenersatzpflicht auch in Teilleistungen (Raten) verfügt werden. Anders als bei der Verfahrenshilfe soll aber die spätere Verbesserung der Vermögenssituation nicht zum Ersatz der Kosten führen müssen.

Der zweite Satz legt fest, dass in allen anderen Fällen die Kosten der Bund trägt.

Zum § 130:

§ 282 Abs. 2 ABGB idF KindRÄG 2001 verpflichtet den Sachwalter, mit der behinderten Person persönlichen Kontakt zu halten, und sich zu bemühen, dass die ärztliche und soziale Betreuung der behinderten Person gewährt wird. Mit der vorgeschlagenen Bestimmung wird die ausdrückliche verfahrensrechtliche Möglichkeit des Gerichtes geschaffen, die Einhaltung der Pflichten des Sachwalters zu überprüfen und für Verfahren zur Änderung der Sachwalterschaft Anhaltspunkte zu gewinnen.

Zum § 131:

Diese Bestimmung dient der verfahrensrechtlichen Umsetzung der gerichtlichen Genehmigung bei der Vornahme von medizinischen Behandlungen zwecks Herbeiführung einer dauernden Fortpflanzungsunfähigkeit (vgl. § 282 Abs. 3 ABGB idF KindRÄG 2001). Nach ihr sind für die Frage, ob die Voraussetzungen für derartige Behandlungen vorliegen, zwei voneinander unabhängige Sachverständige für das jeweilige Sachgebiet zu befassen, um die im medizinisch-fachlichen Bereich wichtige „second opinion“ zu gewinnen. Selbstverständlich wird diesem Gebot der Zweifachbegutachtung nicht schon dadurch entsprochen, dass zwei Sachverständige aus zwei verschiedenen Fächern ihr Gutachten zum jeweiligen Fachgebiet abgeben Die Unabhängigkeit wird jedenfalls dann gewährleistet sein, wenn Ärzte verschiedener Krankenanstalten oder Universitäten befasst werden.

Durch die Verpflichtung einen besonderen Sachwalter zu bestellen, wird die bereits bisher in der Rechtsprechung gehandhabte Praxis in das Gesetz aufgenommen. Es soll dadurch klar ausgedrückt werden, dass der Pflegebefohlene im Genehmigungsverfahren nicht durch den Sachwalter vertreten werden darf, der die Maßnahme zuvor selbst beantragt hat bzw. dieser zugestimmt hat.

Da sich die materielle Rechtslage dadurch nicht ändert, ist die betroffene Person nur dann in ihrem Recht zur Genehmigung der Sterilisation beschränkt, wenn ihr selbst die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt.

Zum 10. Abschnitt (Vermögensrechte Pflegebefohlener)

Zum § 132:

Die Genehmigung von Rechtshandlungen Pflegebefohlener stellt in vielen Fällen - nicht zuletzt wegen der oft schwer abschätzbaren Folgen der Rechtshandlungen - erhebliche Anforderungen an das Gericht. Die Tätigkeit wird aber ausschließlich im Interesse des Pflegebefohlenen (§ 21 ABGB) entfaltet.

Die Beschränkung der Parteistellung auf den Pflegebefohlenen bleibt im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 3 unbestritten. Die Vertragspartner des Pflegebefohlenen sind auch ohne Parteistellung durch die geltenden Bestimmungen ausreichend geschützt, wie folgende Ausführungen zeigen:

Im Bereich der Genehmigung von prozessualen Rechtshandlungen ist zu differenzieren. Bei der Genehmigung von Klagen oder Anträgen im außerstreitigen Verfahren ist der Antragsgegner noch nicht involviert. Stellt sich im Laufe eines gerichtlichen Verfahrens, zB eines Schadenersatzprozesses, heraus, dass einem Antrag gänzlich oder teilweise (z.B. in Bezug auf eine Klagsausdehnung) die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung fehlt, ist mit einem befristeten Verbesserungsauftrag an den gesetzlichen Vertreter vorzugehen (§ 6 Abs. 2 ZPO in streitigen und § 5 Abs. 1 in außerstreitigen Verfahren); der Gegner des Pflegebefohlenen ist bei prozessualen Rechtshandlungen also ausreichend, auch vor allfälligen Verzögerungen, geschützt.

Bei Rechtshandlungen des materiellen Rechts kann der Vertragspartner im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit bei der Vertragserrichtung seine Bindung an die von ihm abgegebenen Erklärungen durch das Verlangen nach einer angemessenen Erklärungsfrist (§ 865 dritter Satz ABGB) begrenzen; dies schützt ihn ausreichend vor Verschleppung oder sonstigen Nachteilen. Eine solche Befristung ist grundsätzlich auch beim Abschluss gerichtlicher Vergleiche auf Antrag des Prozessgegners des Pflegebefohlenen möglich.

Der erste Satz schließt „Vertragshilfe“ aus: Nur ein vorgelegter Entwurf kann genehmigt werden, nicht aber ein abweichender Text.

Der zweite Satz erlaubt den Ausspruch, dass ein konkret in Aussicht genommenes Geschäft bereits genehmigt wird bzw. dass ein Rechtsgeschäft der Genehmigung nicht bedarf. Ein Anspruch auf eine solche Entscheidung entspricht den Bedürfnissen der Praxis, weil in vielen Fällen Rechtsunsicherheiten über die Notwendigkeit einer gerichtlichen Genehmigung nach § 154 Abs. 3 ABGB bestehen, die auf diese Weise mit Rechtskraftwirkung beseitigt werden können.

Der dritte und vierte Satz stellen sicher, dass dem Minderjährigen alle Erwägungen des Pflegschaftsgerichts vor Augen geführt und allenfalls ein weiterer, allen Bedenken Rechnung tragender Antrag gestellt werden kann.

Zum § 133:

Die – vor dem KindRÄG 2001 – nur geringfügig angepassten Bestimmungen des AußStrG über die Vermögensverwaltung wurden häufig - und nicht ganz zu Unrecht - als umständlich und antiquiert bezeichnet. Es mehren sich daher die Rufe nach Entflechtung und zeitgemäßer Anpassung der gesetzlichen Grundlagen.

Dazu hat die Beobachtung beigetragen, dass die aus dem geltenden Recht - insbesondere unter Rückgriff auf § 21 Abs. 1 ABGB - abgeleitete umfassende pflegschaftsgerichtliche Rechtsfürsorgepflicht (OGH zB 22.9.1993, 6 Ob 594/93, EvBl. 1994, 315/67 = ÖA 1994, 107 = EFSlg 72.573; 11.3.1994, 1 Ob 7/94, RZ 1995, 208/61; 25.2.1997, 4 Ob 37/97p, NZ 1997, 245) mehr Leitbild und Fiktion denn praktikables System darstellt, denn ihre wirksame Wahrnehmung hängt häufig von Zufälligkeiten ab, vor allem der rechtzeitigen Kenntnisnahme des Pflegschaftsgerichts von einer das Wohl des Pflegebefohlenen gefährdenden Maßnahme oder Unterlassung.

Negativ vermerkt wurde ferner, dass die pflegschaftsgerichtliche Rechtsfürsorge im Bereich der elterlichen Vermögensverwaltung - obwohl sie nicht lückenlos umgesetzt werden kann - selbst ohne Vorliegen konkreter Bedenken gegen die Befähigung oder Objektivität des gesetzlichen Vertreters mit einer sehr häufigen und umfassenden Kontrolle der gesetzlichen Vertreter verbunden ist. Das stark verbesserte Bildungsniveau, der gestiegene Wohlstand und die zunehmende Einbindung der Bürger in moderne Formen des Geldverkehrs bringen es mit sich, dass praktisch die meisten erwachsenen Österreicher bereits über nicht unerhebliche Erfahrungen mit bargeldlosem Verkehr, Bankgeschäften und Vermögenstransaktionen im weitesten Sinne des Wortes verfügen oder sie sich innerhalb kürzester Zeit verschaffen können. Der weitaus überwiegende Teil der als gesetzliche Vertreter in Betracht kommenden Erwachsenen ist daher durchaus in der Lage, die mit einem durchschnittlichen Vermögen verbundenen Vermögensverwaltungshandlungen wahrzunehmen. Die im Interesse des Wohles des betroffenen Minderjährigen entfaltete gerichtliche Aufsichtstätigkeit ist daher in einem erheblichen Umfang überflüssig und nur noch dort erforderlich, wo besondere Umstände die Fähigkeit oder Objektivität des gesetzlichen Vertreters eingeschränkt erscheinen lassen. Ohne wenigstens gewisse Anhaltspunkte und Gründe für die gerichtliche Kontrolle wird die gerichtliche Tätigkeit trotz ihres Leitbildes „Minderjährigenschutz“ weitgehend als Einmengung, Bevormundung, Besserwisserei und obrigkeitliche Gängelung, kurz als Misstrauensbeweis gegenüber den Eltern oder anderen mit der Obsorge betrauten Personen empfunden.

Diese Sach- und Rechtslage legt es nahe, die umfassende pflegschaftsgerichtliche Rechtsfürsorgepflicht im Bereich der Vermögensverwaltung gegenüber dem gesetzlichen Vertreter zu reduzieren. Das Pflegschaftsgericht soll nicht mehr den „Oberaufseher“ bzw. die „oberste Zweckmäßigkeitsinstanz“ im vermögensrechtlichen Bereich der Eltern-Kind-Beziehung darstellen, sondern seine Eingriffe vor allem auf die Abwendung akuter Gefährdungsfälle reduzieren. Die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit der Verfügungen soll nicht mehr generell kontrolliert werden, sondern nur dort, wo sie zu einer den Voraussetzungen des § 176 ABGB auch quantitativ entsprechenden konkreten Gefährdung des Wohles des Pflegebefohlenen führt. Diese Zielsetzung wird vor allem durch Abs. 1 zweiter Satz betont.

Der durch das KindRÄG 2001 geänderte § 193 AußStrG-aF hat dieses (in den Materialen deklarierte) Ziel nicht erreicht. Aus einzelnen Entscheidungen des OGH (etwa vom 22.10.2001, 1 Ob 197/01d) ist sogar zu entnehmen, durch die Neufassung sei die Überwachungspflicht des Gerichtes weiter verschärft worden. Zudem stand § 193 Abs. 1 Satz 2 AußStrG-aF in einem Spannungsverhältnis zur korrespondierenden materiellrechtlichen Norm § 229 ABGB idF KindRÄG 2001. Der verständlichen Tendenz nach stringenter Auslegung junger Rechtsvorschriften soll dadurch Rechnung getragen werden, dass der gerichtlichen Erforschungspflicht und der Pflicht des gesetzlichen Vertreters zur Rechnungslegung von Anfang an nur das nennenswerte Vermögen unterliegen soll. Die gerichtliche Erforschungspflicht wird erst dadurch ausgelöst, dass das Gericht von Anhaltspunkten für das Vorliegen von nennenswertem Vermögen erfährt. Ohne konkrete Anhaltspunkte – etwa auf Grund bloßer Vermutungen – trifft das Gericht keine Pflicht zu ermitteln, ob nennenswertes Vermögen besteht. Dazu werden etwa die Konfektionskleidungsstücke des Pflegebefohlenen, seine Einrichtungsgegenstände, soweit sie keine kostbaren Antiquitäten sind, die Spiel- und Sportgeräte von Minderjährigen und die sich im üblichen Rahmen bewegenden Geschenke, auch wenn es sich um Schmuckgegenstände oder Goldmünzen handelt, die keinen besonders hohen Wert haben, zählen. Eine solche Regelung ist an sich nicht neu, weil die Praxis der Gerichte und gesetzlichen Vertreter bereits jetzt so vorgeht. So weisen heute Antrittsrechnungen nicht einzelne Stücke geringwertigen Mobiliars oder gar einzelne Kleidungsstücke auf. Durch die Einführung des neuen Begriffes soll es ermöglicht werden, die liberalen Teile der bestehenden Praxis in das neue Gesetz zu übernehmen. Eine einschränkende Legaldefinition des Begriffes „Vermögensverwaltung“ ist im Hinblick auf die umfassende Bedeutung, die dieser Begriff durch die §§ 144 und 149 ABGB erhalten hat, nicht möglich. Allerdings soll freilich nichts daran geändert werden, dass über die Verwendung von Geld, das nicht im Hinblick auf seine betragsmäßige Beschränkung und intendierte Verwendung zum Unterhalt des Pflegebefohlenen rechnungsfrei gestellt ist, so wie bisher Rechnung zu legen ist, auch wenn die Verwendung letztlich in der Anschaffung von nicht nennenswertem Vermögen bestanden hat.

Den geänderten gesellschaftlichen Realitäten - hohes Bildungsniveau, vielfach hohes Maß an Vertrautheit mit Vermögensverwaltungshandlungen aus eigener Erfahrung, starke Betonung von Eigenverantwortung - und der Beobachtung, wonach der weitaus überwiegende Teil der als gesetzliche Vertreter in Betracht kommenden Erwachsenen durchaus in der Lage ist, die mit einem durchschnittlichen Vermögen anfallenden Vermögensverwaltungshandlungen wahrzunehmen, trägt Abs. 2 Rechnung. Die Überwachung der Verwaltungstätigkeit, insbesondere durch Sicherungsmaßnahmen (etwa die der bekannten „Kontosperre“) soll bei Eltern, Großeltern und Pflegeeltern bei bestimmtem betraglich überblickbaren Vermögen (bis zu einem Gesamtbetrag von etwa 10.000 Euro und ohne Liegenschaften) auf jene Fälle eingeschränkt werden, in denen dies zur Abwehr einer konkreten Gefahr für das materielle Wohl des Pflegebefohlenen erforderlich ist. Es soll sichergestellt werden, dass in unproblematischen Fällen, insbesondere auch bei einer nicht wesentlichen Überschreitung des Vermögens von 10.000 Euro, von Sicherungsmaßnahmen Abstand genommen werden soll. Diese Ausnahmeregelung für Eltern, Großeltern und Pflegeeltern soll nur gelten, wenn sie die Vermögensverwaltung im Rahmen der Obsorge durchführen. Werden solche Angehörige außerhalb der Obsorge als gesetzliche Vertreter – etwa als Sachwalter nach § 273 ABGB – tätig, so gelten für sie die allgemeinen Regelungen. Dies wird ausdrücklich klargestellt.

Der Jugendwohlfahrtsträger soll ebenfalls im Prinzip überwachungsfrei bleiben.

Eltern, Großeltern und Pflegeeltern sowie der Jugendwohlfahrtsträger erhalten damit vom Gesetz - gegenüber anderen mit der Vermögensverwaltung betrauten Personen - einen weitergehenden „Vertrauensvorschuss“. Während dieser Vertrauensvorschuss bei Eltern, Großeltern und Pflegeeltern auf der üblicherweise bestehenden engen Verbundenheit mit dem Minderjährigen beruht, bedarf der Jugendwohlfahrtsträger vor allem deshalb keiner gerichtlichen Überwachung, weil er über geschultes und damit zur Verwaltungsführung geeignetes Personal sowie über interne Kontrollmechanismen verfügt und im Schadensfall das Bundesland haftet.

Ist eine konkrete Gefahr für das Wohl des Pflegebefohlenen abzuwehren, so müssen unabhängig vom Wert des Vermögens – also auch unter 10.000 Euro – und auch in dem Bereich, der nicht zum nennenswerten Vermögen gehört, Sicherungsmaßnahmen verfügt werden. Bei wesentlicher Überschreitung der Wertgrenze oder bei der Verwaltung von Liegenschaften obliegt es - wie bei anderen gesetzlichen Vertretern auch - der Beurteilung des Gerichtes, ob im Einzelfall Sicherungsmaßnahmen erforderlich sind.

Zu den §§ 134 bis 137:

Die §§ 134 bis 137 bilden die verfahrensrechtliche Komponente der – notwendigen (Fucik, Zum Pflegschaftsverfahren im neuen Außerstreitgesetz, Schriftenreihe BMJ Nr. 88 [1997] 167 [170]) und mit dem KindRÄG 2001 auch bereits begonnenen – Neuordnung der Rechnungslegung. Das Ziel der Neuregelung besteht vor allem im Zurückdrängen überflüssiger, nicht dem Wohl des Pflegebefohlenen dienender Formalismen; Gericht und gesetzlicher Vertreter sollen im Bereich der Vermögensverwaltung entlastet werden, soweit dies mit dem Schutz des Pflegebefohlenen vereinbar ist.

Dieses Ziel soll durch folgende Einzelmaßnahmen erreicht werden: generelle Befreiungen von der Rechnungslegungspflicht, wo im Hinblick auf die Person des gesetzlichen Vertreters kein Nachteil für den Pflegebefohlenen zu besorgen ist (§ 135 Abs. 1); Möglichkeit der individuellen Befreiung von der Rechnungslegungspflicht, wenn kein Nachteil für den Pflegebefohlenen zu besorgen ist (§ 135 Abs. 2); Flexibilität bei Festlegung der Rechnungsintervalle (§ 134); Neudefinition des Inhalts und der Beilagen der Rechnung (§ 136); Einschränkung der für die Betroffenen belastenden umfassenden pflegschaftsgerichtlichen Rechtsfürsorgepflicht in Vermögensangelegenheiten auf eine Aufsichtspflicht mit geeigneten Eingriffsinstrumentarien (§ 133 Abs. 1 und 4); Neudefinition der gerichtlichen Entscheidung über die Rechnung als Unbedenklichkeitsbestätigung, die weitergehende Ansprüche der Beteiligten und deren Verfolgung nicht hindert (§§ 137 Abs. 1 und Abs. 3, 138 Abs. 1); Verbindung der Entscheidung über die Rechnung mit jener über die Ansprüche des gesetzlichen Vertreters auf künftige Entgelts-, Entschädigungs- oder Aufwandsersatzansprüche und Vorschüsse auf künftige derartige Ansprüche (§ 137 Abs. 2).

Zum § 134:

Diese Bestimmung entspricht weitgehend dem § 204 AußStrG idF KindRÄG 2001. Da die Rechnungslegung als Maßnahme der Überwachung konzipiert ist, setzt sie aktuell nur ein, soweit sich nicht schon aus § 133 Abs. 2 ergibt, dass sie – mangels Notwendigkeit einer Überwachung – entfällt.

Die Regelung umschreibt die Rechnungsarten und fasst die allen Rechnungsarten gemeinsamen Grundsätze zusammen.

Die Aufnahme der Wortfolge „gegenüber dem Gericht“ soll einer Kritik an der durch das KindRÄG 2001 geschaffenen Rechtslage (Knoll, Einzelthemen zur Verwaltung des Vermögens Minderjähriger, RZ 2002, 74 f) Rechnung tragen und klarstellen, dass die besonderen Verfahrensbestimmungen des Außerstreitgesetzes nur die Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Gericht betreffen und einen materiellrechtlichen Anspruch des Pflegebefohlenen auf Rechnungslegung unberührt lassen.

Zu unterscheiden sind drei Rechnungsarten: die am Ende des ersten vollen Jahres des Pflegschaftsverhältnisses (nicht: Kalenderjahres) zu legende Antrittsrechnung, die in - auch schwankenden - Intervallen von bis zu drei Jahren zu legende laufende Rechnung und die am Ende des Pflegschaftsverhältnisses überhaupt („echte“) oder am Ende der Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters („unechte“) zu legende Schlussrechnung. Eine Rechnung verliert ihren Charakter - zB als numerisch erste und damit als Antrittsrechnung - auch dann nicht, wenn das Gericht einen Sondertermin ansetzt. Diese unterschiedlichen Funktionen erfordern keine generelle Differenzierung beim Aufbau der Rechnung und nur geringfügige Sonderregeln für deren Behandlung. Sollte sich sofort zu Beginn eines Pflegschaftsverhältnisses der Bedarf nach einem Vermögensstatus ergeben, so kann das Pflegschaftsgericht den gesetzlichen Vertreter dazu auffordern, einen solchen zu erstellen.

Die laufende Rechnungslegung soll nicht mehr alljährlich, sondern in Intervallen von höchstens drei Jahren stattfinden. Die Dauer der Intervalle wird sich an objektiven Kriterien, etwa der Größe und der Art des Vermögens, und subjektiven Gesichtspunkten, wie den Wünschen des gesetzlichen Vertreters und des Minderjährigen, orientieren. Dies bedeutet, dass die Intervalle bei längerdauernden Verwaltungsverhältnissen (zB betreffend ein „Zinshaus“) auch schwanken können (zB während Baumaßnahmen öfter, sonst seltener). Der jeweils folgende ordentliche Rechnungslegungstermin ist vom Gericht spätestens mit der Entscheidung über die vorangegangene Rechnung festzulegen. Der numerisch erste Termin für die laufende Rechnung ist daher in der Regel im Beschluss über die Bestätigung der Antrittsrechnung anzusetzen. Wenn dort keine besonderen Anordnungen getroffen sind, bleibt es bei dem nur durch die generellen (§ 135 Abs. 1) und individuellen (§ 135 Abs. 2) Ausnahmen eingeschränkten vollen Umfang der Rechnungspflicht: Gesamtes Vermögen und alle Einkünfte spätestens drei Jahre nach dem letzten Entscheidungstermin, unabhängig davon, wann die letzte Entscheidung zugestellt wurde. Dieser Umfang und dieser Termin können nämlich von vornherein abgesehen werden.

Zum § 135:

Diese Bestimmung lässt generelle und individuelle Ausnahmen von der Rechnungslegungspflicht zu.

Nach Abs. 1 sind Eltern, Großeltern und Pflegeeltern sowie der Jugendwohlfahrtsträger generell von der Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Gericht ausgenommen.

Die Ausnahme für die Jugendwohlfahrtsträger ist dadurch gerechtfertigt, dass diese über geschultes und damit zur Verwaltungsführung jedenfalls geeignetes Personal verfügen. Das richterliche Mäßigungsrecht (§ 265 ABGB) gilt für den Jugendwohlfahrtsträger nicht. Weiters besteht - im Gegensatz zu den meisten anderen Vermögensverwaltern - kein „Ausfallsrisiko“ allfällige Ansprüche gegen den Jugendwohlfahrtsträger betreffend. Die Jugendwohlfahrtsträger verfügen über ein Instrumentarium zur „inneren Revision“. Die Bedenken Knolls (Einzelthemen zur Verwaltung des Vermögens Minderjähriger, RZ 2002, 74 f) waren Anlass zur Verdeutlichung, dass die materiellrechtliche Rechnungslegungsverpflichtung des Vermögensverwalters von den Bestimmungen des Außerstreitgesetzes, die ausschließlich die Rechnungslegungspflicht gegenüber dem Gericht regeln, streng zu unterscheiden ist. Der Anspruch des Pflegebefohlenen selbst auf Rechnungslegung wird durch die Bestimmungen des Außerstreitgesetzes betreffend die Rechnungslegung gegenüber dem Gericht nicht berührt, was durch die Änderungen in § 150 ABGB klargestellt wird (näheres dort). Der Pflegebefohlene kann die Rechnungslegung jedenfalls im streitigen Verfahren (gestützt auch auf Art. XLII EGZPO) geltend machen.

In den von Knoll (RZ 2002, 75 f) angeführten „problematischen“ Fällen einer Vermögensverwaltung durch den Jugendwohlfahrtsträger wird das Gericht (einzelfallbezogen) doch eine Rechnungslegung auftragen. Eine Wiedereinführung einer „zweifachen staatlichen Aufsicht“ (durch die Gebietskörperschaft Land gegenüber ihren Mitarbeitern und die Gebietskörperschaft Bund gegenüber den Ländern) erscheint jedoch nicht gerechtfertigt. Die Jugendwohlfahrtsträger unterliegen nur der Pflicht zur Sammlung und Aufbewahrung der Belege (Abs. 3); diese dient letztlich auch ihrem Schutz.

Die generelle Ausnahme für Eltern, Großeltern und Pflegeeltern trägt dem Grundgedanken Rechnung, die umfassende pflegschaftsgerichtliche Rechtsfürsorgepflicht im Bereich der Vermögensverwaltung insbesondere gegenüber jenen gesetzlichen Vertretern, die mit dem Minderjährigen üblicherweise auf das Engste verbunden sind und im gemeinsamen Haushalt leben, also den Eltern, Großeltern und Pflegeeltern, zu reduzieren. Besonders bei Eltern, Großeltern und Pflegeeltern kann davon ausgegangen werden, dass der Wille besteht, das Kindesvermögen zum Wohl und Vorteil des Minderjährigen zu verwalten. Nur wenn konkrete Bedenken an diesem guten Willen oder auch an der Fähigkeit des gesetzlichen Vertreters zur Vermögensverwaltung bestehen, soll das Gericht tätig werden.

Der Gesetzgeber hat Kriterien für den Auftrag des Gerichtes an Eltern, Großeltern und Pflegeeltern sowie den Jugendwohlfahrtsträger aufzustellen. Wie Knoll (RZ 2002, 77) nachgewiesen hat, ist die Rechnungslegung kein Instrument zur Abwehr einer konkreten Gefahr für das Wohl des Pflegebefohlenen, sodass auf dieses Kriterium nicht zurückgegriffen werden kann. Als Kriterium kommen freilich weder Gutdünken des Gerichtes noch ein allgemeiner Aufruf zur Wahrung des Wohls des Pflegebefohlenen in Betracht, weil ersteres ein heute untaugliches Kriterium wäre, letzteres in unnötig vielen Fällen zur Rechnungslegung und zur Einschränkung der Familienautonomie führen würde. Die Rechnungslegung soll daher Eltern, Großeltern und Pflegeeltern sowie dem Jugendwohlfahrtsträger nur aufgetragen werden können, wenn besondere Gründe dafür vorliegen.

Der generelle Entfall der Rechnungslegungspflicht soll nur gelten, wenn Eltern, Großeltern und Pflegeeltern die Vermögensverwaltung im Rahmen der Obsorge durchführen. Werden solche Angehörige außerhalb der Obsorge als gesetzliche Vertreter – etwa als Sachwalter nach § 273 ABGB – tätig, so gelten für sie die allgemeinen Regelungen. Dies wird ausdrücklich klargestellt.

Individuelle Ausnahmen von der Rechnungslegungspflicht kann das Gericht gemäß Abs. 2 mit besonderem Beschluss verfügen. Diese individuellen Ausnahmen sollen so präzise wie möglich - nach Gegenstand (Vermögens- bzw. Einkommensteile) und Dauer (Zeitraum) - umschrieben sein. Mangels näherer Eingrenzung der Rechnungslegungspflicht sind alle Vermögens- und Einkommensbestandteile (Abs. 3 „... soweit ...“) für maximal drei Jahre (§ 134) ab dem Datum des letzten Bestätigungsbeschlusses erfasst.

Um für allfällige gerichtliche Aufträge gerüstet zu sein und dann den Nachweis einer ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung führen zu können, bleibt der gesetzliche Vertreter aber auch im Einkünfte- (Kalenderjahr) bzw. Vermögensbereich bis einschließlich 10.000 Euro zur Sammlung und Aufbewahrung von Belegen verpflichtet (Abs. 3). Damit ist keine unvertretbare Beschwer verbunden, weil auch in eigenen Vermögensangelegenheiten bei vorsichtiger Vorgangsweise in aller Regel Belege aufbewahrt werden. Die in diesem Bereich der Einkünfte bzw. des Vermögens bestehende Pflicht zur Antritts- und Schlussrechnung wird dadurch entschärft, dass sich diese auf den bloßen Vermögensstatus beschränken darf (§ 136 Abs. 3). Eine Anfangsinformation des Gerichtes und eine Endinformation für den in die Volljährigkeit oder die Vertretung durch eine andere Person entlassenen Minderjährigen ist jedoch unentbehrlich. Sobald der Wert des verwalteten Vermögens und/oder der verwalteten Jahreseinkünfte erstmalig den Schwellenwert übersteigt, hat der gesetzliche Vertreter diese Tatsache dem Gericht mitzuteilen. Spätestens nach Ablauf des ersten vollen Jahres nach der Überschreitung hat der gesetzliche Vertreter eine Rechnung nach den Grundsätzen einer Antrittsrechnung zu legen.

Abs. 3 verpflichtet zunächst alle gesetzlichen Vertreter, also auch diejenigen, die generell oder individuell befreit sind, zur Sammlung und Verwahrung aller das verwaltete Vermögen betreffenden Belege. Diese Vorschrift stellt in erster Linie eine Schutzbestimmung für den betreffenden Vermögensverwalter selbst dar: Wenn - aus welchen Gründen und von welcher Seite immer - Bedenken an seiner Objektivität, an seiner Verlässlichkeit oder an seiner Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Verwaltung geäußert werden, soll er in der Lage bleiben, durch Vorlage der darauf Bezug habenden Belege die Richtigkeit seiner Verwaltung darzutun. Darüber hinaus verpflichtet die Bestimmung den gesetzlichen Vertreter zur Bekanntgabe von Umständen, die die Befreiung aufheben, insbesondere die wesentliche Überschreitung der Wertgrenze von 10.000 Euro.

Auf die Pflicht Belege aufzubewahren und die Überschreitung der Betragsgrenze bekannt zu geben wird der gesetzliche Vertreter, dem die Vermögensverwaltung obliegt, schon nach allgemeinen Rechtsfürsorgegedanken des AußStrG hinzuweisen sein.

Abs. 4 sieht Sondertermine zur Abwehr einer Gefährdung des Wohls des Pflegebefohlenen vor. Voraussetzung ist nicht, dass die Gefährdung des Wohls des Pflegebefohlenen festgestellt ist, sondern dass Verdachtsmomente für eine solche Gefährdung bestehen. Die Sonderrechnung kann auch nur bestimmte Zeiträume oder Teile des Vermögens bzw. der Einkünfte des Minderjährigen betreffen. Bei der Festsetzung des Sondertermins wird zweckmäßigerweise eine angemessene Vorbereitung gewährleistet werden müssen; sie richtet sich etwa nach dem Gegenstand der Verwaltung, den Fähigkeiten des Verwalters, dem Anlass für den Sondertermin (zB Vorwurf von Malversationen) und den dem Vermögen des Minderjährigen drohenden Gefahren. Bei besonderer Dringlichkeit können zugleich bzw. vor der Ansetzung des Sondertermins Sicherungsmaßnahmen nach § 133 Abs. 4 oder der Auftrag, sofort bestimmte Belege bei Gericht vorzulegen, gerechtfertigt sein.

Zu den §§ 136, 137 und 138:

Diese Bestimmungen entsprechen dem Wortlaut des geltenden Rechts, nämlich den §§ 206, 207 und 208 AußStrG idF KindRÄG 2001. Insoweit wird auf die Erläuterungen zum KindRÄG 2001 verwiesen.

Zum § 139:

Abs. 1 verstärkt die Stellung des Pflegebefohlenen durch die Verpflichtung des Gerichtes, ihm die Verfügungen zur Kenntnis zu bringen, soweit dies seinem Wohl dient, also ein effektives Informationsinteresse und eine minimale Verständnisfähigkeit bestehen.

Das sagt nichts über die Verfahrensfähigkeit des Pflegebefohlenen aus. Handelt es sich um eine betroffene Person, der ein Sachwalter bestellt wurde, so bleibt diese nach allgemeinen Regeln in ihrem Sachwalterschaftsverfahren durchaus verfahrensfähig, was auch das Berücksichtigungsgebot des § 273a Abs. 3 ABGB verfahrensrechtlich umsetzt. Für den Minderjährigen bleibt dagegen die Regel des § 104 unberührt, dass er in Vermögensangelegenheiten auch nach Vollendung des vierzehnten Lebensjahres nicht selbständig verfahrensfähig ist. Gleichwohl soll ihm als Hauptperson wie als geschütztes Subjekt des Verfahrens keine wichtige Information vorenthalten werden.

Abs. 2 schließt jeden Kostenersatz, der mit dem rechtsfürsorglichen Charakter der Vermögenssorge unvereinbar wäre, ebenso wie das Abänderungsverfahren aus. Allfällige Mängel der laufenden Rechnung können bei der nächsten laufenden Rechnung - zB durch Änderung der numerischen Prämissen - korrigiert werden; der Versagung wie auch der Bestätigung der Schlussrechnung kommen verfahrensintern so geringe normative Wirkungen zu, dass auch sie aus verfahrensökonomischen Gründen nicht abänderbar sein sollen.

Zum 11. Abschnitt (Sonstige Bestimmungen)

Dieser Abschnitt enthält Regelungen, die für das gesamte II. Hauptstück gelten sollen.

Zum § 140:

Diese Bestimmung entspricht in den Abs. 2 und 3 dem § 182d AußStrG idF des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 (KindRÄG 2001). Wegen des allgemeinen Charakters der Regelung, die für alle Verfahren des II. Hauptstücks in Betracht kommen können, wurde sie in den 11. Abschnitt am Ende des II. Hauptstücks eingefügt.

Die Bestimmung soll verhindern, dass Informationen, die erst in einem Gerichtsverfahren ermittelt werden, gegen den Willen der betroffenen Personen weitergegeben werden.

Abs. 1 erster Satz trägt der Überlegung Rechnung, dass in Familienrechts- und Sachwalterschaftsverfahren praktisch nur Tatsachen des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 und 14 EMRK erörtert werden, die in der Regel nicht zur volksöffentlichen Behandlung geeignet sind. Es erscheint daher sinnvoll, das Beweisverfahren hier ex lege nur parteiöffentlich zu gestalten (Abs. 1 erster Satz) und nur soweit keine geschützten Details des Familien- und Privatlebens erörtert werden, mit gerichtlicher Verfügung die Volksöffentlichkeit herzustellen. Und selbst unter dieser Voraussetzung soll die Öffentlichkeit nur dann hergestellt werden können, wenn „sich keine Partei dagegen ausspricht“. Diese Neuregelung beruht auf der Überlegung, dass jede Partei die Möglichkeit haben soll, in Familienrechtsangelegenheiten die Herstellung der Öffentlichkeit zu verhindern. Der Vorschlag, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit nur dann in Betracht kommen soll, wenn ein begründetes Interesse besteht, wurde im Begutachtungsverfahren mehrfach gerügt. Mit der Neufassung des Abs. 1 wird dieser Kritik Rechnung getragen. Diese Änderung erscheint umso mehr geboten, als das Verfahren insgesamt geeignet ist, sensible Tatsachen zu Tage zu fördern und nicht von vornherein absehbar ist, zu welchem Zeitpunkt solche Tatsachen erörtert werden. Jede Partei soll sich ohne Begründung gegen die Herstellung der Öffentlichkeit aussprechen können. Weiters wurde durch die Neufassung das komplizierte Kriterium, das auf ein schutzwürdiges Interesse einer Partei abstellt, entfernt. Auf das Wohl des betroffenen Minderjährigen ist jedenfalls Bedacht zu nehmen.

Abs. 1 dritter Satz umschreibt die dennoch zur Verhandlungsteilnahme befugten Personen: Nach dem Muster des § 42 Abs. 2 JGG werden neben den im § 19 Abs. 5 genannten Personen noch ein erweiterter Kreis aus dem Bereich von Jugendwohlfahrtsträger bzw. Jugendgerichtshilfe in das nichtöffentliche Verfahren einbezogen. Einer besonderen Aufnahme der Parteienvertreter bedarf es nicht, weil es sich von selbst versteht, dass diese vom Ausschluss der Öffentlichkeit (gemeint: Volksöffentlichkeit) nicht umfasst sind.

Die gerichtliche Praxis empfindet Verschwiegenheitspflichten, etwa im Gesundheitsbereich, als Hindernisse für die Wahrheitsfindung und damit für das Ermittlungsverfahren in Pflegschaftssachen, speziell im Obsorgeverfahren. Es ist daher die Tendenz erkennbar, diese Verschwiegenheitspflichten einschränkend auszulegen. Mit seiner E vom 28.10.1997, 1 Ob 310/97p (SZ 70/223 = EvBl. 1998/60 = JBl. 1998, 385), hat der OGH zB die ärztliche Verschwiegenheitspflicht im Obsorgeverfahren betreffend Tatsachen, die für die Fähigkeit des Patienten zur Ausübung der Kindesobsorge von Bedeutung sind, eingeschränkt: das erkennende Gericht kann daher in diesem Bereich Zeugenaussagen auch zB gegen ins Treffen geführte ärztliche Verschwiegenheitspflichten erzwingen.

Dieser Entwicklung der Rechtsprechung steht eine Tendenz der zunehmenden „Durchlässigkeit“ des Gerichtsverfahrens für praktisch alle dort erörterten Umstände, auch des privaten, ja intimen oder beruflichen und gesundheitlichen Bereichs aller beteiligten Personen und Beweismittel gegenüber. Obwohl zumindest in der Lehre die Akteneinsicht Dritter verneint wird (Simotta, Einige Probleme des Datenschutzes im Zivilverfahrensrecht, ÖJZ 1993, 793, 838 insb. 838 ff), kann - solange keine dem § 9 JWG vergleichbare „Abschottung“ des Gerichtsverfahrens nach außen besteht - nicht zuverlässig verhindert werden, dass die in einem pflegschaftsgerichtlichen Verfahren zu Tage getretenen Umstände, selbst wenn sie erkennbar nicht zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt sind, durch Parteien, Zeugen, unter Umständen sogar Zuhörer, weitergetragen werden. Die Amtsverschwiegenheit, der die Gerichtspersonen und die Sachverständigen unterliegen, und die Einschränkung der Öffentlichkeit auf Parteien und Vertrauenspersonen bieten keine zureichende Sicherheit: Sie erfasst nicht alle potenziell Informierten, also zB eben nicht Verfahrensparteien oder Zeugen. Somit erscheint sowohl zum Schutz des Familien- und Privatlebens der Beteiligten als auch zum Schutz der Zivilrechtspflege - im Sinne des vermehrten Anreizes zu umfassenderen Aussagen - ein verstärkter Schutz des Familienrechts- und Sachwalterschaftsverfahrens gegen die Weitergabe von aus dem Verfahren bekannten Umständen geboten (vgl. zB Schrott, Anforderungen der Praxis an das außerstreitige Erkenntnisverfahren erster Instanz, Schriftenreihe BMJ Nr. 75 [1995] 245 [263]; EvBl 2003/29).

Zu Abs. 2 und 3 wird auf die Erläuterungen zu § 182d idF KindRÄG 2001 verwiesen.

Zum § 141:

Im Interesse der Geheimhaltung der Vermögensverhältnisse der beteiligten Pflegebefohlenen war eine Beschränkung der gerichtlichen Auskünfte auf die durch das Familienrechts- und Sachwalterschaftsverfahren geschützten Personen einzuführen. Soweit in Akten nach diesem Hauptstück Angaben über Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Pflegebefohlenen - oder der ihm gegenüber Unterhaltspflichtigen - enthalten sind, dürfen die Gerichte Auskünfte darüber nur dem betroffenen Pflegebefohlenen und seinen gesetzlichen Vertretern, nicht aber sonstigen Personen oder Stellen erteilen. Unberührt davon bleibt das einer Verfahrenspartei in diesem Zusammenhang zustehenden Recht auf Akteneinsicht, wobei auch dieses auf einen bestimmten Verfahrensabschnitt eingeschränkt ist. So dürfen etwa für eine Unterhaltsentscheidung relevante Einkommens- und Vermögensdaten zwar den Parteien des Unterhaltsverfahrens, nicht aber auch den Parteien eines Besuchsrechtsverfahrens mitgeteilt werden. Diese Regelung schränkt den gesetzmäßigen Aufgabenbereich der Gerichte ein. Dies hat zur Folge, dass auch Auskünfte durch Aktenübersendung im Rahmen der Amtshilfe nicht mehr zulässig sind.

Zum § 142:

Diese Bestimmung trägt einem Erfordernis der Praxis Rechnung, häufig auftretende Unklarheiten über die Dauer der Bevollmächtigung zu beseitigen. Schon aus § 93 ZPO ergibt sich, dass in einem Verfahren erteilte Bevollmächtigungen dazu führen, dass bis zum Widerruf alle künftigen Zustellungen an den Bevollmächtigten zu geschehen haben. Für Verfahren nach diesem Hauptstück bleibt diese Regel allerdings unklar, weil sich vollkommen unterschiedliche kindschaftsrechtliche Angelegenheiten im selben Pflegschaftsakt finden können, wie etwa Unterhalts-, Obsorge-, Besuchs- und Vermögensverwaltungsangelegenheiten. Dies ist auf Einschreiterseite einigermaßen unproblematisch, weil sich aus einem Auftreten einer bisher vertretenen Partei meist klar ergeben wird, ob sie neben  ihrem bisherigen Vertreter oder nunmehr an dessen Stelle einschreitet und Zweifelsfälle durch ein Verbesserungsverfahren zu klären sind. Auf der Gegenseite ist dies nicht so klar; wer in einer Pflegschaftsangelegenheit vertreten war, die endgültig erledigt ist, muss nicht unbedingt erwarten, dass eine „neue“ Pflegschaftsangelegenheit von einer anderen Partei an das Gericht herangetragen wird und dass er insoweit wieder selbst kontaktiert wird. Hier muss wohl auf die typische Erwartungshaltung abgestellt werden. Diese wird eher dahin gehen, dass eine Partei, die in einer Pflegschaftsangelegenheit einen Rechtsanwalt (oder Notar) bestellt hat, bis zum Widerruf iSd § 36 ZPO in allen weiteren Pflegschaftsangelegenheiten von diesem berufsmäßigen Parteienvertreter weiter vertreten werden will.

Dies kann aber nur als Grundregel vorgesehen werden, weil im Vollmachtsrecht letztlich die Privatautonomie entscheidet. Die Grenzen der Vertretung sind aus den Legalvollmachtsbestimmungen des § 31 ZPO nicht übernehmbar. Somit steht es den Parteien frei, eine Vollmacht nur für einzelne Pflegschaftsangelegenheiten zu erteilen (etwa: „in Unterhaltsangelegenheiten vertreten durch ...“) oder einzelne Angelegenheiten von der Bevollmächtigung auszunehmen (etwa „außer in Besuchsangelegenheiten vertreten durch ...“). Ist durch einen solchen Zusatz der Umfang der Bevollmächtigung undeutlich geworden, so empfiehlt sich wiederum eine Nachfrage an die Partei, ob sich die Vollmacht auch auf die nunmehr anstehende Angelegenheit bezieht.

Solange eine Beschränkung (oder auch ein Erlöschen der Vollmacht) dem Gericht nicht kundgemacht worden ist, sind z.B. alle bis zu diesem Zeitpunkt an den Parteienvertreter ergangenen Zustellungen wirksam.

Zum III. Hauptstück (Verlassenschaftsverfahren)

Allgemeines

Das Verlassenschaftsverfahren nach dem Außerstreitgesetz 1854 ist Ausfluss des im § 797 ABGB verankerten Einantwortungsprinzips, wonach niemand eine Erbschaft von selbst erwirbt, sondern erst die Verhandlung des Erbrechts vor Gericht und die Übergabe in den rechtlichen Besitz („Einantwortung“) das Eigentum an der Verlassenschaft vermittelt. Grundsätzlich wären drei Wege für den Erbschaftserwerb denkbar:

a)     eine Gesamtrechtsnachfolge des Erben im Zeitpunkt des Todes des Erblassers;

b)     eine - gerichtliche oder außergerichtliche - Antrittshandlung;

c)     ein behördlicher Akt (Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ [2000] Rz 70).

Ausgangspunkt des vorliegenden Entwurfs war das Beibehalten des Einantwortungsprinzips; dies hat Gründe, die über eine bloße Wahrung einer bewährten, für Österreich spezifischen Tradition weit hinausreichen (vgl. Neuhold, Strukturen eines neuen Verlassenschaftsverfahrens, Richterwoche 1997, 197); die rechtssuchende Bevölkerung ist mit der Grundregel (Verbot eigenmächtiger Ansichnahme von Erbschaften) grundsätzlich vertraut; die Rechtsfigur des ruhenden Nachlasses hat sich bewährt und ein hochqualifizierter, geschulter und bereiter Justizapparat, insbesondere an Rechtspflegern, sowie das Gerichtskommissariat sind mit der Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens vertraut. Der Vorteil, dass es in vielen Fällen gelingt, dadurch Streit vermeidend oder Streit mildernd tätig zu sein, ist ein österreichisches Spezifikum, das für die Einantwortung spricht. Eine gänzliche Abkehr vom Einantwortungskonzept und damit eine Abschaffung des Verlassenschaftsverfahrens (wobei auf die Diskussion von Unger, Die Verlassenschaftsabhandlung in Österreich. Ein Votum für dessen Aufhebung [1862] bis Loewe in Richterwoche 1987, 164, nur am Rande verwiesen werden soll) kommt deshalb nicht in Betracht.

Auch die Vorentwürfe haben daher nicht die Abschaffung des Verlassenschaftsverfahrens, wohl aber seine teilweise „Ausgliederung“ an die Notare als Gerichtskommissäre vorgesehen. Eine solche Ausgliederung setzt sich freilich, überträgt sie dem Notar als Gerichtskommissär Entscheidungsbefugnis über streitige privatrechtliche Ansprüche, verfassungsrechtlichen Bedenken aus, weil die Möglichkeit, einem letztlich doch als Privatwirtschaftssubjekt handelnden öffentlichen Notar die Entscheidung über zivilgerichtliche Ansprüche zu übertragen, in der Verfassungsdogmatik höchst unterschiedliche Beurteilungen ausgelöst hat (Walter/Kucsko-Stadlmayer, Verfassungsrechtliche Grenzen notarieller Befugnisse, ÖJZ 1997, 281 einerseits; Stelzer, Verfassungsrechtliche Fragen der Übertragung richterlicher Entscheidungsbefugnisse auf Notare im Verlassenschaftsverfahren, LBI XX, 57 andererseits). Auch wenn die Standesvertretung der Richter (anders als jene der Rechtspfleger) dennoch eine solche Ausgliederung befürwortet hat (vgl. Schrott, Zum neuen Außerstreitgesetz, insbesondere zum Verlassenschaftsverfahren, Richterwoche 1997, 233; Bramböck ebd. 293) sieht der vorliegende Entwurf darin ein differenziert zu betrachtendes Anliegen (vgl. Neuhold, Richterwoche 1997, 198 und Bittner, Die Stellung des Notars im neuen Außerstreitgesetz, Richterwoche 1997, 271): Eine völlige Ausgliederung der Verlassenschaftsverfahren verbietet sich jedenfalls schon deshalb, weil zumindest die bisher „Erbrechtsstreit“ genannte Entscheidung über das Erbrecht jedenfalls Richtersache bleiben muss. Die Verwaltungsbehörden haben bisher die Gerichte als Ansprechpartner in Verlassenschaftsverfahren internalisiert, das Notariat strebt die Übertragung der Entscheidungsbefugnisse nicht aktiv an. Daraus folgt, dass der Vorschlag, das gesamte Verlassenschaftsverfahren den Notaren zu übertragen, einem Gesamtkonsens aller beteiligten Rechtsberufe nicht zugänglich sein dürfte (Richterwoche 1987, 163; 1997, 294 f). Er entspricht auch keinem zwingenden Bedürfnis, weshalb er mit dem vorliegenden Entwurf nicht verfolgt wird. Hingegen besteht ein kaum umstrittener, völlig berechtigter Kern der Forderung darin, den Gerichtskommissären bei der Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens mehr Spielraum zu lassen, nicht jede Aktion des Gerichtskommissärs von einem Beschluss des Verlassenschaftsgerichts (Richter oder Rechtspfleger) abhängig zu machen und das Verfahren mit Augenmaß, also unter Berücksichtigung aller berechtigten Rechtsschutzbedürfnisse, in mannigfacher Weise zu vereinfachen, sei es dadurch, dass Verfahrensschritte an sich entfallen können, sei es dadurch, dass sie dem Gerichtskommissär in seinen selbständigen Wirkungsbereich übertragen werden, sei es schließlich dadurch, dass der nun doch schon nahezu 150 Jahre alte Gesetzestext den gesellschaftlich relevanten heutigen Bedürfnissen angepasst wird.

Einige Neuordnungen sind besonders hervor zu heben:

o Die Klärung des „wahren Erbrechts“ soll nun nicht mehr außerhalb des Verfahrens außer Streitsachen in der so genannten Erbrechtsklage (§§ 123 ff des geltenden Außerstreitgesetzes), sondern innerhalb des Verlassenschaftsverfahrens erfolgen (Näheres bei § 160);

o das Verfahren zur Errichtung des Inventars, die Wirkungen des Inventars und der Vermögenserklärung (früher: „eidesstättiges Vermögensbekenntnis“) sollen nach ihrem Zweck und ihrer Verfahrensgestaltung den Bedürfnissen des Abhandlungsverfahrens besser angepasst werden; einerseits dadurch, dass die Wirkung des Inventars für spätere Verfahren, andererseits dadurch, dass die Frage der Nachlasszugehörigkeit jeweils klar im Gesetz geregelt ist.

o Die Regeln über die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Verlassenschaft (§§ 171 iVm § 810 ABGB) sollen ebenfalls zu einer erleichterten Verwaltung des ruhenden Nachlasses führen, was insbesondere dadurch erreicht wird, dass die Verwaltungshandlungen nicht mehr in jedem Fall der gerichtlichen Genehmigung bedürfen und die Vertretungsbefugnis nicht erst durch die Einräumung der Besorgung und Verwaltung, sondern bereits ex lege eintritt und daher nicht durch den Richter/Rechtspfleger übertragen, sondern bloß noch durch den Gerichtskommissär beurkundet werden muss.

o Bei der Verbücherung der Abhandlungsergebnisse (§ 182) wurde die Zuständigkeit an die zur Herstellung der Grundbuchsordnung viel eher berufenen Grundbuchsgerichte übertragen und das systemfremde Institut amtswegiger Verbücherung durch eine subsidiäre Antragskompetenz des Gerichtskommissärs ersetzt.

o In einer Reihe weiterer Punkte wurden formelle Vereinfachungen vorgenommen, wie insbesondere bei der Testamentskundmachung, der Fassung des Einantwortungsbeschlusses und der Freigabe von Verlassenschaftsteilen.

o Zu den Aufgaben und Befugnissen des Gerichtskommissärs finden sich einige Neuerungen, wobei auf die Erläuterungen zum GKoärG verwiesen werden soll; hervorzuheben sind nur die nunmehrige gesetzliche Zuständigkeit des Gerichtskommissärs (ein Übertragungsbeschluss durch das Gericht ist nicht mehr notwendig), die Möglichkeit eines Abhilfeantrags und Unvereinbarkeitsbestimmungen, die den bisher auf Grund der Standesregeln ohnedies berücksichtigten rechtsstaatlichen Standards Gesetzesrang verleihen.

o Zuletzt wurden eine Reihe terminologischer Anpassungen (Todesfallaufnahme, Erbantrittserklärung, Vermögenserklärung, erbloser Nachlass statt Todfallsaufnahme, Erbserklärung, eidesstättiges Vermögensbekenntnis und Heimfall) vorgenommen.

Allgemein ist zum Verlassenschaftsverfahren noch auszuführen:

Als Verlassenschaftsverfahren bezeichnet der vorliegende Entwurf alle Verfahren, die sich mit der rechtlichen Abwicklung einer Verlassenschaft befassen; das sind zum einen jene Verfahren, in denen es nicht zu einer Einantwortung kommt, weil entweder kein ausreichendes Vermögen vorhanden ist (Unterbleiben der Abhandlung nach § 153, Überlassung an Zahlungs statt nach §§ 154 und 155) oder weil es an der inländischen Abhandlungsgerichtsbarkeit fehlt (§ 143 Abs. 2), und andererseits jene Fälle, in denen eine Erbschaft erblos bleibt (§ 184), während sich der Großteil der vorliegenden Normen mit der Verlassenschaftsabhandlung, also mit jenem Verlassenschaftsverfahren, das mit Einantwortung endet, befasst.

Jene Vorgänge, die von der Durchführung einer Verlassenschaftsabhandlung im engeren Sinne unabhängig sind, weil sie vor allem der Sichtung und Sicherung des Verlassenschaftsvermögens und der Auffindung einer letztwilligen Erklärung dienen, sind systematisch vor dem § 153 gereiht; die §§ 156 ff dagegen haben nur dann zur Anwendung zu gelangen, wenn eine Abhandlung stattfindet.

Zum 1. Abschnitt (Vorverfahren)

Zum § 143:

Im Allgemeinen Teil ist als Grundregel vorgesehen, dass die Verfahren nur auf Antrag eingeleitet werden; für das Verlassenschaftsverfahren wird im Gegensatz dazu das Prinzip der amtswegigen Einleitung vorgesehen.

Anlass für die amtswegige Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens wird in der Regel die Übermittlung einer öffentlichen Urkunde, nämlich der Sterbeurkunde sein. Dies geschieht bisher dadurch, dass die Standesämter die Sterbeurkunde den Gerichten übermitteln. Daran soll vorläufig nichts geändert werden, wenngleich es auch möglich wäre, die Sterbeurkunden dem zuständigen Notar als Gerichtskommissär zu übermitteln. Gegen eine solche Anordnung spricht freilich, dass das Verlassenschaftsverfahren als gerichtliches Verfahren in der Regel durch das Gericht eingeleitet werden sollte, wenngleich gegen die Verlassenschaft sichernde Verfahrenshandlungen des Notars, bevor es zu der Übermittlung der Sterbeurkunde gekommen ist, weder praktische noch theoretische Bedenken bestehen. Dennoch soll das System nicht von solchen, doch wohl die Ausnahme und nicht die Regel bildenden Fällen seinen Ausgang nehmen, sondern vom Regelfall. Dass ein Verlassenschaftsverfahren umso schneller eingeleitet und durchgeführt werden kann, je einfacher die Übermittlung der Sterbeurkunde geschieht, liegt auf der Hand, sodass letztlich eine online-Verbindung der Standesämter zu den Gerichten anzustreben wäre; derartigen Entwicklungen wäre durch Abs. 1 grundsätzlich Rechnung getragen.

Aus Gründen legistischer Stufenwertigkeit ist auch nicht vorgesehen (so aber noch Vorentwürfe wie insbesondere der Entwurf Kralik, LBI VIII § 150 Abs. 3), gesetzliche Bestimmungen darüber in das Gesetz aufzunehmen, dass das Gericht die einlangenden Sterbeurkunden in ein Abhandlungsregister einzutragen hätte; derartiges ist ohnedies der Geo. und den einschlägigen sonstigen Verordnungen, insbesondere dem Handbuch über ein ADV-Justiz A-Verfahren zu entnehmen.

Kurz ist in diesem Zusammenhang auch noch auf das neugefasste Konzept des obligatorischen Gerichtskommissariats hinzuweisen, wie es im § 1 GKoärG näher aufscheint; in diesem Gesetz war schon bisher vorgesehen, dass für die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung derjenige Notar als Gerichtskommissär zu bestellen ist, dessen Zuständigkeit sich aus der Verteilungsordnung ergibt. Es blieb dem Gericht daher weder ein Entscheidungsermessen in der Hinsicht, ob ein Gerichtskommissär bestellt wird, noch ein Auswahlermessen in der Hinsicht, welcher Notar als Gerichtskommissär bestellt werden könnte. Die Bestellung in jedem einzelnen Akt erwies sich daher als ein leerer Formalismus, der im vorliegenden Entwurf beseitigt wurde. Bedenken dahin, dass das Gericht erst später vom Anfall eines gerichtlichen Verfahrens erfahren könnte, sind nicht durchschlagend. Solange die Sterbeurkunden den Gerichten übersendet werden (§ 17 Abs. 3 Z 6 PStV), haben sie als erste Kenntnis vom Todesfall, nicht der Notar. Davon werden nur jene Fälle ausgenommen sein, in denen sich eine rechtsschutzsuchende Partei bereits vor Übermittlung der Sterbeurkunde an den Notar gewendet hat und in denen der Notar sich zu sofortigen Sicherungsmaßnahmen gezwungen sah. Nur in einem solchen Fall wird nämlich ein den Gerichten zuzurechnendes Verfahren ohne Kenntnis der Gerichte von seinem Anfall begonnen. Um diese Situationen aber so kurz wie möglich zu halten, ist angeordnet, dass der Gerichtskommissär das Gericht unverzüglich zu verständigen hat, wenn er vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens bereits Verfahrenshandlungen zu setzen hat (§ 2 Abs. 1 GKoärG).

Neben der Verfahrenseinleitung auf Grund einer öffentlichen Urkunde war vorzusehen, dass eine Abhandlung auch begonnen werden kann, wenn noch keine solche Urkunde errichtet wurde, aber sonst auf verlässliche Art vom Tod einer Person Kenntnis erlangt wird. Die immer weiträumigeren Urlaubsgewohnheiten lassen ja unter Umständen sogar offen, ob am Todesort derartige Urkunden überhaupt ausgestellt werden.

Abs. 2 befasst sich mit der Abhandlung über im Ausland gelegenes bewegliches Vermögen. Ein Verlassenschaftsverfahren setzt insoweit voraus, dass die inländische Gerichtsbarkeit für die Abhandlung gegeben ist, was dann der Fall ist, wenn der Verstorbene zuletzt österreichischer Staatsbürger war und entweder seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte oder die Durchsetzung von aus dem Erbrecht, Pflichtteilsrecht oder einer letztwilligen Erklärung abgeleiteter Rechte im Ausland unmöglich ist (§ 106 Abs. 1 Z 3 JN). Für diese Teile des erblasserischen Vermögens wird es in aller Regel eine konkurrierende Zuständigkeit der Behörden des Lagestaates geben; ob daher die Abhandlung in Österreich oder im Lagestaat zweckmäßiger ist, wird von den Umständen des Einzelfalls abhängig sein. Mit einer amtswegigen Abhandlung, die meist mit komplizierten Rechtshilfeersuchen verbunden sein müsste, ist in vielen Fällen den Rechtsschutzsuchenden nicht gedient, weshalb insoweit das Verlassenschaftsverfahren nur auf Antrag einzuleiten sein soll. Zur Frage der Antragslegitimation ist es selbstverständlich nicht möglich, auf die tatsächliche Erbenstellung abzustellen, die im darauffolgenden Verfahren ja erst geklärt werden soll, weshalb man sich mit einer vorläufigen Bescheinigungslage begnügen muss. Ergibt sich im Verfahren, dass diese Erbenstellung dem Antragsteller in Wahrheit nicht zukommt, so ist das Verfahren mit Beschluss einzustellen, also für beendet zu erklären, wenn das Verfahren nicht auf Grund anderer Anträge (z.B. einer anderen Person, deren Erbenstellung noch nicht widerlegt ist, oder einem an einem Sicherungsverfahren interessierten Gläubiger) fortgesetzt werden muss.

Zum § 144:

Diese Bestimmung regelt das formelle Zusammenspiel von Gericht und Gerichtskommissär. Grundsätzlich wäre es anzustreben, dass Eingaben - wie dies in allen übrigen gerichtlichen Verfahren auch vorgesehen ist - immer an jene Stelle gerichtet werden, bei der sich der Akt befindet. Dies kann aber gerade im Verlassenschaftsverfahren auch zu wenig einsichtigen Situationen führen. In der Bevölkerung ist selbstverständlich verankert, dass Rechtsmittel an das Gericht zu richten sind; weiters wäre eine allfällige Beschwerde oder ein Abhilfeantrag gegen das Verhalten des Gerichtskommissärs dort, wo ein - wenn auch nur rein subjektives - Misstrauen dem Gerichtskommissär gegenüber Anlass für diese rechtlichen Schritte war, wohl besser bei einer anderen Stelle anzubringen, als beim Gerichtskommissär. Ausgenommen von diesem „Eingangsvorrang“ des Gerichtskommissärs bleibt selbstverständlich der Fall schriftlicher Abhandlungspflege.

Vorzusehen war, dass eine Partei, die eine an das Gericht und nicht an den Gerichtskommissär gerichtete Eingabe dem Gerichtskommissär übermittelt oder auch umgekehrt, daraus keine rechtlichen Nachteile erleiden soll. Das an das Gericht statt an den Gerichtskommissär oder an den Gerichtskommissär statt an das Gericht gerichtete Anbringen wird daher als rechtzeitig behandelt.

Die Möglichkeit, entweder bei Gericht oder beim Gerichtskommissär Anbringen zu überreichen, wirft keine nennenswerten Verfahrensverzögerungen auf, insbesondere wenn und sobald Gericht und Notar im elektronischen Rechtsverkehr miteinander kommunizieren, weil dies Postwege und Transportverlustgefahren stark reduziert.

Sollte es erforderlich werden, dass das Gericht entscheidet, so hat der Gerichtskommissär nach Abs. 3 den Akt unverzüglich dem Gericht vorzulegen. Anlass kann einerseits ein Rechtsmittel oder ein Antrag, zu dessen Erledigung das Gericht zuständig ist, sein, andererseits die Tatsache, dass der Gerichtskommissär das Verfahren für einantwortungsreif erachtet.

Zum § 145:

Eine Todfallsaufnahme nach geltendem Recht ist in jedem Fall vorzunehmen, außer bei Versterben minderjähriger, vermögensloser Kinder. Freilich ist auch diese Vermögenslosigkeit am besten durch eine Todesfallaufnahme zu klären, sodass diese Ausnahme des § 51 des geltenden Außerstreitgesetzes beseitigt werden soll. Eine Todesfallaufnahme ist daher nunmehr völlig ausnahmslos durchzuführen, dient sie doch nur der Vorprüfung der Zuständigkeiten und der Frage, ob das Verfahren fortgeführt werden soll; zu diesem Zweck ist auch eine vorläufige, möglichst einfache Wertermittlung des Verlassenschaftsvermögens vorzunehmen.

Die geringfügig geänderte Terminologie ist dem Vorentwurf des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Rechtsvorsorge und Urkundenwesen (s. Kralik, LBI VIII §§ 151 ff) entnommen.

Abs. 1 bestimmt die Grundsätze, insbesondere den Zweck der Todesfallaufnahme und das zuständige Organ; die Todesfallaufnahme hat derjenige Notar durchzuführen, dessen Zuständigkeit als Gerichtskommissär sich aus dem GKoärG ergibt. Sie dient dazu, alle Umstände zu erheben, die für die Verlassenschaftsabhandlung und für allfällige pflegschaftsgerichtliche Maßnahmen (Versterben eines gesetzlichen Vertreters) erforderlich sind. Aus der offenen Formulierung, dass der Gerichtskommissär „alle Umstände zu erheben“ hat, ergibt sich im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Teil, insbesondere den §§ 16 und 31, dass der Notar insoweit von Amts wegen alle Beweise aufzunehmen und Erkundigungen einzuholen hat, die zur Feststellung oder Bescheinigung des Sachverhalts notwendig sind, dafür jedes geeignete Beweismittel verwenden kann und auch in der Verfahrensgestaltung weitestgehend frei ist.

Abs. 2 zählt jene Angaben auf, die in der Todesfallaufnahme enthalten sein sollen. In diesem Zusammenhang kennzeichnet Z 1 die persönlichen Verhältnisse des Erblassers, Z 2 die Verlassenschaft als hinterlassenes Vermögen samt Rechten und Verbindlichkeiten, das insbesondere auch für die Entscheidung, ob mit dem Abhandlungsverfahren fortzufahren ist, ebenso von Bedeutung sein kann wie für die Frage der Zuständigkeit. Z 3 umfasst die Angaben, die für die Frage einer Überlassung an Zahlungs statt von besonderer Bedeutung sind, wobei eine Privilegierung der Krankheitskosten, wie sie früher vorgesehen war, aber seit dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1973 nicht mehr gesetzliche Deckung findet (vgl. SZ 59/41) mit diesem Entwurf nicht wieder eingeführt werden soll. Z 4 umfasst die Angaben, die für das weitere Vorgehen bezüglich schriftlicher Erklärungen des letzten Willens (Testamenten und Kodizillen sowie deren Widerruf, Erb- und Pflichtteilsverträgen sowie deren Aufhebung) von Bedeutung sind; die Erhebungen zu den Zeugen werden insbesondere für die - auch nach neuem Recht, wenn auch nur in eingeschränktem Ausmaß noch bestehenden - mündlichen Testamente von Bedeutung sein. Z 5 fragt nach den persönlichen Verhältnissen der gesetzlichen Erben, die auch dann von einer Abhandlung verständigt werden sollen, wenn sie auf Grund der letztwilligen Verfügungen zur Erbschaft nicht berufen sind, und der auf Grund einer letztwilligen Verfügung berufenen Erben; die Angaben nach Z 6 dienen nicht primär den Interessen der Verlassenschaftsabhandlung, sondern der Rechtsfürsorge über jene Parteien, deren gesetzlicher Vertreter verstorben ist; es wird daher das Verlassenschaftsgericht insoweit verpflichtet sein, das zuständige Pflegschaftsgericht vom Todesfall zu verständigen. Um dieser Pflicht nachkommen zu können, sind jene Angaben notwendig, nach denen Z 6 fragt.

Verschiedentlich sind betragliche Wertgrenzen für das Verlassenschaftsverfahren von Belang, so etwa für das Unterbleiben der Abhandlung nach § 153, die Gläubigereinberufung im Rahmen einer Überlassung an Zahlungs statt nach § 155 Abs. 1 oder für die Anwaltspflicht im Verfahren über die Feststellung des Erbrechts. Zur Ermittlung dieser Werte sieht Abs. 3 vor, dass anlässlich der Todesfallaufnahme auf einfache Weise der Wert des hinterlassenen Vermögens zu erheben ist. Diese vorläufige Wertermittlung ersetzt nicht eine allenfalls notwendig werdende Schätzung des Vermögens, sondern soll nur der vorläufigen Feststellung der verfahrensrechtlich relevanten Werte dienen. Als Grundlage können Angaben von Auskunftspersonen herangezogen werden, Sachverständige sollen nur beigezogen werden, wenn absehbar ist, dass eine Schätzung jedenfalls vorzunehmen sein wird.

Zum § 146:

Schon im Rahmen der Todesfallaufnahme wird es oft zweckmäßig sein, Aufzeichnungen des Verstorbenen beizuschaffen. Als Rechtsgrundlage, die dem Gerichtskommissär hier Eingriffe in das Hausrecht erlaubt, ist im Abs. 1 die Befugnis vorzusehen, dass er die Wohnung, das Geschäftslokal und Schrankfächer (Safes) des Verstorbenen, sowie seine Schränke und sonstigen Behältnisse, insbesondere also Heimsafes, Schreibtische und Aktentaschen, öffnen darf. Dass bei solchen Maßnahmen zwei volljährige Personen als Vertrauenspersonen heranzuziehen sind, entspricht einem Bedürfnis der Praxis ebenso wie der geltenden Rechtslage. Angehörige des Verstorbenen, seine Mitbewohner und Nachbarn (was den Kreis der beizuziehenden zwar nicht anders, aber doch moderner als mit „Hausgenossen“ umschreibt) müssen nicht Partei des Verfahrens sein und haben kein unbedingtes eigenes Interesse an der Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens, sodass ihre Mitwirkungspflicht über diejenige des Allgemeinen Teils, der nur Verfahrensparteien umfasst, hinausgeht, und daher ausdrücklich normiert werden muss. Schließlich war noch - obwohl es sich dabei um eine Selbstverständlichkeit handelt - darauf hinzuweisen, dass derartige Öffnungen „schonend“ zu erfolgen haben, also dann, wenn dies möglich ist, ein Schlosser zur Öffnung beizuziehen und möglichst nichts aufzubrechen ist.

Abs. 2 hat auch schon bisher eine Entsprechung im § 85 AußStrG-aF und war daher nur moderner zu formulieren. Alle Objekte, die sich auf die Tätigkeit des Verstorbenen im öffentlichen Dienst beziehen, sind der Dienstbehörde zu übergeben. Dies ist vom Gerichtskommissär gewiss einigermaßen leicht festzustellen - jedenfalls viel einfacher, als die „zuständige Behörde“ oder „Dienststelle“, an die die Objekte nach den Vorentwürfen zu übermitteln gewesen wären. Auch in diesem Zusammenhang versteht es sich von selbst, dass die Aufgabe des Gerichtskommissärs nicht darin besteht, „nähere Einsicht“ in diese Unterlagen zu nehmen, sondern das Amtsgeheimnis möglichst zu wahren.

Auch Abs. 3 hat sein Vorbild im geltenden Recht. Die Verständigungspflicht des Gerichtskommissärs gegenüber auszahlenden Stellen soll Übergenüsse und deren Rückabwicklung möglichst vermeiden.

Wohl nicht der Sache, aber der ausdrücklichen Formulierung nach neu ist die Verpflichtung des Abs. 4. Der Verstorbene wird mitunter einem Amts- oder Berufsgeheimnis unterliegen. Die alten Vorschriften des Außerstreitgesetzes waren ersichtlich darum bemüht, die zu den damaligen Zeiten bestehenden Geheimnisträgerschaften zu schützen, etwa das Amtsgeheimnis (§§ 53 und 85 AußStrG-aF), die anwaltliche und die notarielle Verschwiegenheit (§§ 58, 89 AußStrG-aF), das Beichtgeheimnis und das Matrikenwesen (§ 56 AußStrG-aF), und die militärischen Geheimnisse (§§ 55, 86 AußStrG-aF). Alle heute gesellschaftlich relevanten Geheimnisträger aufzuzählen, wäre einerseits ein unnötiger Perfektionismus und würde andererseits in relativ kurzer Zeit veralten, sodass statt derartigen Aufzählungen eine möglichst offene Formulierung vorgeschlagen wird. Nicht mehr erforderlich ist es, eine Berichtspflicht des Gerichtskommissärs über die Todesfallaufnahme vorzusehen. Ein solcher unverzüglich vorzulegender Bericht war nur erforderlich, solange dem Gerichtskommissär jeweils einzelne Verfahrensakte zu übertragen waren. Da er nun weitgehend selbständig das Verfahren bis zur Einantwortungsreife durchführen soll, ist ein Zwischenbericht über die Ergebnisse der Todesfallaufnahme jedenfalls in der Regel entbehrlich.

Zum § 147:

Diese Bestimmung beschäftigt sich mit den Sicherungsmaßnahmen, die der Gerichtskommissär bereits anlässlich der Todesfallaufnahme vornehmen kann. Aus den Formulierungen des Abs. 1 lässt sich als Regel ableiten, dass die Belassung des Verlassenschaftsvermögens bei den Mitbewohnern (nicht aber Nachbarn) oder bei nahen Angehörigen nicht per se bedenklich, sondern der gewiss erwünschte Fall ist. Sicherungsmaßnahmen sollen insoweit nicht die Regel, sondern die Ausnahme sein. Davon, dass die vermutlichen Erben, nahen Angehörigen oder Mitbewohner zur Verwahrung fähig und bereit sind, geht auch Abs. 1 als Regelfall aus. Im Übrigen bleibt es dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtskommissärs überlassen, welche Sicherungsmaßnahmen jeweils „geeignet“ sind.

Ausdrücklich normiert Abs. 1 nur die Ausnahmefälle, dass nämlich die Verlassenschaft durch den Gerichtskommissär zu sichern ist, wenn entweder

a)     die Gefahr besteht, dass Vermögensbestandteile der Verlassenschaftsabhandlung entzogen werden, oder

b)     die vermutlichen Erben, nahen Angehörigen oder Mitbewohner zur Verwahrung nicht fähig sind oder

c)     diese Personen zur Verwahrung zumindest nicht bereit sind.

Abs. 2 zählt nun demonstrativ Sicherungsmaßnahmen auf. Oft wird es mit Versperren allein nicht sein Bewenden haben. Ein Schlosstausch käme ebenfalls in Betracht. Die Versiegelung soll nicht als Regelfall herausgehoben werden, zumal sie insbesondere im großstädtischen Raum gelegentlich eher zur Aufforderung an Einbrecherbanden dient (die sicher sein können, in dieser Wohnung nicht überrascht zu werden). Auch kommt sie selbstverständlich sinnvoll nur in Frage, wenn der Verstorbene allein gewohnt hat, weil in die Rechte der Mitbewohner nicht eingegriffen werden dürfte. Ansonsten verbleibt insbesondere die Möglichkeit der Verwahrung beim Gerichtskommissär oder bei einem Verwahrer. Beides geschieht jedenfalls auf Kosten der Verlassenschaft. Dabei hat die bisherige Praxis gezeigt, dass strikte Vorschriften sich nicht bewähren; für die Verwahrung waren daher flexiblere Vorschriften als bisher vorzusehen. Die gerichtliche Verwahrung soll insoweit eine ultima ratio sein, die im Gesetzestext gerade nicht ausgeschlossen wird. Welche Verwahrungsart gewählt werden soll, lässt sich schwer generell sagen (vgl. etwa Knoll, Veränderbares im Außerstreitverfahren, RZ 1995, 110). Es wird in der Verantwortung des Gerichtskommissärs liegen, die für die Beteiligteninteressen günstigste Verwahrungsart zu wählen. Die Verwahrung durch einen Dritten kann im Falle der Nachlasssicherung in der Regel nicht durch Bestellung zum Sequester, also Begründung eines hoheitlichen Verwahrungsverhältnisses, sondern wohl nur durch einen Verwahrungsvertrag erfolgen, zu dessen Abschluss - als ihm überlassene Sicherungsmaßnahme - der Gerichtskommissär auf Kosten der Verlassenschaft ermächtigt ist.

Abs. 3, wonach sich dritte Personen jeder Verfügung über die Verlassenschaft zu enthalten haben, stellt klar, dass mit der Überlassung der Nachlassgegenstände an die vermutlichen Erben oder Mitbewohner keine Begründung eines Verwaltungsverhältnisses verbunden ist.

Zum § 148:

Im Abs. 1 ist angeordnet, dass trotz Sicherungsmaßnahmen Verfügungen über an sich zu sichernde Nachlassgegenstände oder Vermögensbestandteile möglich sind, wenn die Kosten eines einfachen Begräbnisses nur aus den vorgefundenen Nachlassobjekten finanziert werden können, etwa, weil sich niemand bereit findet, diese Kosten vorzustrecken. Der Gerichtskommissär wird ermächtigt, solche Auslagen aus dem an sich zu sichernden Verlassenschaftsvermögen berichtigen zu lassen; wenn es sich dabei um Bargeld handelt, wird eine Ausfolgung, wenn es sich um Kontoguthaben handelt, eine Freigabe in Frage kommen.

Auch wenn eine Art von Sperre durchgeführt wird, kann sie sich nur auf die Rechte des Erblassers, die nun dem ruhenden Nachlass zustehen, beziehen; immer wieder kommt es vor, dass der Erblasser Rechte im Mitbesitz mit anderen ausübt; von einem gemeinsamen Konto über Mitmietrechte lassen sich hier die verschiedensten Konstellationen denken; auch fallen mitunter Sachen scheinbar in die Verlassenschaft und sind daher Sicherungsgut, von denen sich recht einfach dartun lässt, dass sie der Erblasser nur verwahrt hat, sodass sie in Wahrheit gar nicht zur Verlassenschaft zählen. All diese Rechte bleiben durch die Verlassenschaftsabhandlung selbstverständlich unberührt, sodass Abs. 2 klarstellt, dass der Gerichtskommissär seine Sicherungsmaßnahmen insoweit, wenn ihm keine Bedenken angebracht erscheinen, ohne Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens wieder aufheben kann.

Zum § 149:

Das geltende Gesetz kannte keine durch Tod des Kunden eintretende Banksperre; allerdings sehen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen sehr wohl eine solche Banksperre vor. Abgesehen davon, dass dem Bundesministerium für Justiz keine Zuständigkeit für die Gestaltung dieser allgemeinen Geschäftsbedingungen zukommt, ist daran nicht der geringste Anstand zu nehmen, dass die Kreditinstitute, sobald sie vom Tod eines Kontoinhabers erfahren haben, nur noch mit Legitimation durch das die Verlassenschaftsabhandlung führende Organ Auszahlungen vornehmen. Freilich hat dies in der Praxis bei vielen kleinen Vermögenstransaktionen zu einer Übervorsichtigkeit geführt, bei jeder derartigen Auszahlung einen so genannten „Rotsiegelbeschluss“ zu verlangen, also einen mit dem besonderen Siegel nach § 68 Abs. 2 Geo. versehenen Beschluss. Diese Praxis ist weder von den allgemeinen Geschäftsbedingungen zwingend vorgegeben, noch nimmt sie auf die wechselseitigen Bedürfnisse und Interessen ausreichend Bedacht. Ihr war daher im erforderlichen Maß gegenzusteuern.

Dazu wird vorgesehen, dass die Freigabe von der rechtsgeschäftlichen Sperre durch eine Erklärung des Gerichtskommissärs, die keiner Genehmigung des Gerichtes bedarf, erfolgen kann. Der Gerichtskommissär wird eine solche Erklärung nur geben können, wenn es sich um Freigaben im Sinne des § 148 Abs. 1 handelt, also um die Beischaffung der zur Berichtigung der Kosten eines einfachen Begräbnisses erforderlichen Beträge. Ihr wird sein Siegel beizudrücken sein (§ 9 GKoärG). Weiters wird aber zur Verfügung auch die Amtsbestätigung des Gerichtskommissärs im Sinne des § 172 ausreichen und selbstverständlich reicht der mit der Bestätigung der Rechtskraft versehene Einantwortungsbeschluss im Sinne des § 178 aus, ohne dass es der Beifügung des besonderen Gerichtssiegels bedürfte. In keiner Weise ist zu befürchten, dass durch den Verzicht auf „Rotsiegelbeschlüsse“ eine verminderte Legitimitätsprüfung erfolgt, doch entlastet dies nicht nur die Gerichte, sondern vor allem auch die ihre Rechte verwirklichen wollende Bevölkerung von einem völlig überflüssigen Verwaltungsaufwand. Andere dringende Auslagen werden nach den Bestimmungen über die Benützung und Verwaltung der Verlassenschaft zu regeln sein (§§ 171 ff).

Zum § 150:

Die Bestimmungen über das Ausfolgungsverfahren sind der bisherigen Praxis und den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nachgebildet. Sie betreffen Fälle des im Inland gelegenen beweglichen Vermögens, über das nur dann abzuhandeln ist, wenn der Verstorbene zuletzt österreichischer Staatsbürger war oder seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte. In den übrigen Fällen findet insoweit keine Abhandlung statt (der häufigste betroffene Fall wird der in Österreich verstorbene ausländische Reisende sein).

Für das Ausfolgungsverfahren ist der Antrag einer Person maßgeblich, die dazu entweder von den Heimatbehörden des Verstorbenen oder von den Behörden des Staates des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Verstorbenen ermächtigt worden ist. Solche expliziten Ermächtigungen sind freilich in der Praxis selten. Häufiger kommt es vor, dass eine bloße Bestätigung der Rechtsnachfolge ausgestellt wird. Damit auch derartige Erklärungen ausreichen, wurde eine möglichst umfassende Formulierung gewählt; aus der Erklärung muss sich nur ergeben, dass sie einer Übernahmeberechtigung nichts entgegenzusetzen hat.

Sicherungsmaßnahmen, durch die ein Gläubiger verhindern kann, dass ihm ein im Inland zur Verfügung stehender Haftungsfonds vorzeitig entzogen wird, stehen im Rahmen der allgemeinen Regelungen über einstweilige Verfügung schon ausreichend zu Gebot. Einer Anregung des OGH im Begutachtungsverfahren folgend hatten daher Sonderregelungen innerhalb des Ausfolgungsverfahrens zu entfallen.

Zum § 151:

Für die gewillkürte Erbfolge ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Urkunden über die Erklärungen des letzten Willens möglichst schnell in das Verlassenschaftsverfahren einbezogen werden können. Wurden diese Urkunden bei einem Notar, dem Gericht oder einem vom Zentralen Testamentsregister Gebrauch machenden Rechtsanwalt hinterlegt, so werden sie durch Abfrage beim Zentralen Testamentsregister schnell aufzufinden sein. Befinden sich diese Urkunden beim Erblasser selbst, so werden sie in der Regel im Rahmen der Nachlasssicherung bzw. der Todesfallaufnahme auftauchen. Sollten sich derartige Urkunden allerdings in den Händen anderer Personen befinden, so kommt es für die Frage der Herausgabe darauf an, aus welchem Rechtsgrund sie dort verblieben sind, insbesondere, ob eine Abrede mit dem Erblasser getroffen wurde. Um hier nicht Zufälligkeiten entscheiden zu lassen, war die verfahrensrechtliche Verpflichtung jedes Inhabers einer solchen Urkunde, diese an den Gerichtskommissär zu übermitteln, vorzusehen.

Die Beurteilung, welche auf den Todesfall bezogenen Urkunden Bedeutung für die konkrete Abhandlung haben, muss beim Gerichtskommissär und beim Gericht liegen. Dritte haben darüber keine Dispositionsbefugnis. Es wird daher einerseits ein sehr weiter Kreis vorzulegender Urkunden vorgesehen, andererseits aber auch ausdrücklich bestimmt, dass es auf die Beurteilung des Inhabers, ob das Geschäft sich auf das Verlassenschaftsverfahren noch auswirken kann, nicht ankommt.

Zum § 152:

Die geltenden Regelungen über die Testamentskundmachung im AußStrG hatten ihre größte Bedeutung sicher zu Zeiten, in denen die Parteien des Verlassenschaftsverfahrens des Lesens minder kundig waren. Auch hat die Praxis gezeigt, dass die förmliche Kundmachung des Testaments sich ohne Öffentlichkeit bloß unter Beteiligung der Überbringer oder von Gerichtspersonen abgespielt hat, sodass sie weitgehend zu einem Formalakt geworden ist (Neuhold, Richterwoche 1997, 205). Ein modernes Außerstreitgesetz muss aber versuchen, von jenen Förmlichkeiten loszukommen, die in keiner Art und Weise eine Verbesserung des Rechtsschutzes mit sich bringen.

Die Kundmachung der Testamente hatte im Kern zwei wichtige Funktionen, nämlich einerseits, die Parteien auf das Vorliegen einer Erklärung des letzten Willens aufmerksam zu machen und andererseits, einen ersten vorläufigen Befund über den äußeren Zustand der Urkunden aufzunehmen. Der erste dieser Aspekte wird durch das Übernahmeprotokoll des Gerichtskommissärs, wie es nun im Abs. 1 verwirklicht ist, gewährleistet. Die formellen Regelungen sind im Zusammenhalt mit dem neu zu fassenden § 111 Notariatsordnung zu verstehen.

Im Abs. 1 wird die Übernahme der auf den Todesfall bezogenen Urkunden und eine Prüfung aller für die Beurteilung der Echtheit und Gültigkeit bedeutenden Umstände geregelt.

Keine neuen Regeln werden - entgegen mancher Vorentwürfe - für die Aufbewahrung der Urkunden vorgesehen, weil sich die derzeitigen, in der Notariatsordnung und der Geschäftsordnung der Gerichte vorgesehenen Regeln durchaus bewährt haben. Mit der letztwilligen Erklärung ist also so zu verfahren wie bisher, allerdings ist auf der zum Verlassenschaftsakt zu nehmenden beglaubigten Abschrift der Urkunde (worunter natürlich auch eine beglaubigte Kopie der Urkunde zu verstehen ist) der Tag der Aufnahme in den Akt zu vermerken. Allen Parteien und auch jenen Personen, die nach der Aktenlage (also ohne weitere Untersuchungspflicht) auf Grund des Gesetzes zur Erbfolge berufen wären, sind ebenfalls - freilich unbeglaubigte - Abschriften zuzustellen (Abs. 2). Auf die Beglaubigung der für den Verlassenschaftsakt gedachten Ausfertigung konnte nicht verzichtet werden; die Gefahr, dass sonst behauptet werden könne, die im Akt ersichtliche Urkunde gebe den ursprünglichen letzten Willen nicht wieder - es habe also eine Testamentsunterschiebung stattgefunden - kann verlässlich nur durch eine solche Beglaubigung gebannt werden; jene Ausfertigungen, die bloß Informationszwecke haben, nämlich die an die potentiellen Erben zuzustellenden, kommen dagegen im Sinne einer Vereinfachung und Verbilligung des Verfahrens sehr wohl ohne Beglaubigungsvermerk aus.

Die Verständigung derjenigen, die nach dem Gesetz zur Erbfolge berufen wären (von gesetzlichen Erben kann man insoweit nicht sprechen, als ja zumindest der äußere Anschein einer gewillkürten Erbfolge im vorliegenden Fall gegeben ist) dient der Verwirklichung eines effektiven rechtlichen Gehörs, weil sie denjenigen, die bei Ungültigkeit der Erklärung als Erben in Frage kämen, im frühestmöglichen Verfahrensstadium substantielle Informationen an die Hand gibt. Sollten die als gesetzliche Erben in Frage Kommenden eine Bekämpfung der letztwilligen Verfügung erwägen, wären sie auf die Erbantrittserklärung und das Verfahren über das Erbrecht im Sinne der §§ 160 ff verwiesen.

Ausdrücklich wird – vorbehaltlich des § 111 Abs. 2 NO – auch angeordnet, dass die Urschrift bei Gericht zu verwahren ist (Abs. 3).

Unbeschadet der in diesem Entwurf in Aussicht genommenen starken Einschränkung der Gültigkeit mündlicher Testamente wird es, wenn auch in weit geringerem Ausmaße als bisher, zu mündlichen Testamenten kommen können. Im Verfahrensrecht war es notwendig, für die Behandlung solcher mündlicher Erklärungen des letzten Willens grundsätzliche Verfahrensregeln aufzustellen, nämlich die Befragung der Testamentszeugen durch den Gerichtskommissär und die Protokollierung der Aussage der Zeugen über den Inhalt der Erklärung und über die Umstände, von denen ihre Gültigkeit abhängt (Abs. 4).

Zum § 153:

Es ist nicht zu verkennen, dass in der Praxis zahlreiche Verlassenschaftsverfahren nicht mit Einantwortung enden, sondern auf einfache Art und Weise beendet werden. Dazu gibt es letztlich verschiedene Möglichkeiten, deren Intensität vom Umfang der Aktiva und Passiva der Verlassenschaft abhängt. Nach dem derzeitigen Konzept unterblieb eine Abhandlung jedenfalls, wenn kein Vermögen vorhanden war, und wurde bis zu einer Wertgrenze von 39.000 S nur auf Antrag einer berechtigten Partei abgehandelt. Bei geringwertigen Nachlässen kam eine Überlassung an Zahlungsstatt, die so genannte iure-crediti-Einantwortung, die keine Einantwortung ist, in Frage, bei größeren, aber überschuldeten Nachlässen nach dem gesetzlichen Konzept nur der Verlassenschaftskonkurs. Die Praxis kannte daneben eine so genannte kridamäßige Verteilung, die nach den Regeln der Insolvenzgesetze die Gestalt einer Art stillen Ausgleichs annahm (vgl. Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2001] 137), wobei durch die fehlenden Vorschriften über die Verständigungspflicht manche aus den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und insbesondere des rechtlichen Gehörs bedenkliche Erledigung vorgekommen sein mag. Bei einer Neuregelung des Verfahrens schien einerseits eine Vereinfachung dieser Erledigungsformen, andererseits aber auch eine bessere Wahrung des rechtlichen Gehörs angezeigt. Darüber hinaus sollen die Vorschriften über das Verlassenschaftskonkursverfahren grundsätzlich nicht angetastet werden.

Daraus ergeben sich drei grundlegende Möglichkeiten, eine Verlassenschaft ohne Einantwortung zu beenden:

a)     der Verlassenschaftskonkurs, über den keine besonderen Regelungen im Verlassenschaftsverfahren enthalten sein müssen, weil ihn die Konkursordnung regelt;

b)     für alle Fälle, in denen es nicht zum Verlassenschaftskonkurs kommt, die Verlassenschaft aber überschuldet ist, die Überlassung an Zahlungs statt. Sie vereinigt die bisherige iure-crediti-Überlassung und die kridamäßige Verteilung zu einem einheitlichen, das rechtliche Gehör besser wahrenden Instrumentarium;

c)     für Verlassenschaften geringeren Werts ein Unterbleiben der Abhandlung, soweit deren Durchführung (und damit die Fortsetzung des Verlassenschaftsverfahrens) von keiner Partei beantragt wird; im Rahmen dieses Unterbleibens der Abhandlung ist aber immerhin die Überlassung einzelner Gegenstände oder Rechte vorzusehen.

Im einzelnen beschäftigt sich § 153 mit dem Unterbleiben der Abhandlung. Nicht zweckmäßig erwies sich dabei im Abs. 1 eine Trennung zwischen den Verfahren, in denen sich herausstellt, dass gar kein Vermögen vorhanden ist, und jenen, in denen das Vermögen die Wertgrenze nicht übersteigt. So liegt es zwar in einer gewissen verfahrensrechtlichen Logik, dass bei einem Vermögen von null ein Verlassenschaftsverfahren nicht fortgesetzt wird, doch ist dies eine Logik, die auf einem sicheren, sich nicht entwickelnden Status aufbaut. Naturgemäß wird, wenn nach dem derzeitigen Verfahrensstand kein Vermögen vorhanden zu sein scheint, ein Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens (und damit der Einleitung einer Abhandlung) nur dann sinnvoll sein, wenn dargetan wird, dass doch Aktiven vorhanden sind. Und auch dort, wo sich auf den ersten Blick realisierbare Vermögenswerte schließlich als unverwertbar erweisen, ist die Trennung zwischen „gar keinen“, „wertlosen“ und die Wertgrenze übersteigenden Nachlassaktiven schwer im Vorhinein zu ziehen, weshalb sich insoweit Differenzierungen nicht rechtfertigen.

Die frühere Judikatur hat die Grenze für den „unbedeutenden“ Nachlass mit etwa 30.000 S angesetzt, wobei Abweichungen auch nach oben durchaus vorkamen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs ist insoweit angebracht. Obwohl die Vermögensfürsorge für Pflegebefohlene eine höhere Intensität rechtfertigen kann als für Erwachsene, war die Wertgrenze nicht auch noch insoweit zu differenzieren, ob Pflegebefohlene beteiligt sind. Aus dem geltenden Recht übernommen ist die weitere Einschränkung, dass keine bücherlichen Eintragungen auf Grund des Todesfalls zum Rechtserwerb erforderlich sein dürfen, insbesondere also keine Liegenschaften Verlassenschaftsbestandteil sind.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so wird nicht von Amts wegen abgehandelt, sondern das Verfahren nur auf Antrag - der unbefristet ist und daher jederzeit gestellt werden kann - fortgesetzt.

Trotz Unterbleibens der Abhandlung kann das Gericht die Ermächtigung zur Übernahme des gesamten oder eines Teils des Verlassenschaftsvermögens, zur Geltendmachung oder Aufgabe dazu gehörender Rechte, zur rechtswirksamen Quittierung über erhaltene Leistungen und zur Ausstellung von Löschungserklärungen erteilen, was aber weder zu einer Gesamtrechtsnachfolge im Sinne der Einantwortung noch zu einer echten Besorgung und Verwaltung des Nachlasses führt, sondern wohl in erster Linie dazu dienen wird, bestimmte Schulden der Verlassenschaft zu begleichen.

Dabei ist Antragslegitimation und Empfangslegitimation durchaus zweierlei; den Antrag kann nur eine Partei stellen, worunter in diesem Verfahrensstadium auch jeder zu verstehen ist, der als Erbe in Frage kommt, aber keine Erbantrittserklärung abgegeben hat. Da sich das Verfahren noch nicht im Bereich des Abhandlungsverfahrens im engeren Sinne befindet, war nämlich hier die Judikatur (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 [1984] E 139 ff zu § 9; s. auch Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 134), wonach mögliche Erben erst ab Erbserklärung Parteistellung haben, schon nach dem derzeitigen System nicht anwendbar, woran sich durch die Neufassung nichts ändern soll. Überlassen werden kann dagegen jedem, dessen Anspruch nach der Aktenlage bescheinigt ist, neben unbestrittenen, aber nicht antrittswilligen potentiellen Erben auch einem Gläubiger. Die höheren verfahrensrechtlichen Anforderungen zur Sicherstellung des rechtlichen Gehörs bei der Überlassung an Zahlungs statt müssen daher bei Nachlässen bis 4.000 Euro Nachlassaktiven nicht unbedingt eingehalten werden, weil die Erledigung auch nach § 153 möglich ist. Wer mit einer solchen Erledigung nicht einverstanden ist, hat die Möglichkeit, selbst eine Erbantrittserklärung abzugeben; wer sich nur gegen die Ermächtigung wendet, wird dagegen unter Umständen mit Erfolg Rekurs erheben können, etwa wenn er dartut, dass die Berechtigung dessen, der ermächtigt wurde, nicht ausreichend bescheinigt ist und er selbst Befriedigung aus den Verlassenschaftsaktiven anstrebt.

Zum § 154:

Die gerichtliche Überlassung an Zahlungs statt setzt voraus, dass weder eine unbedingte Erbantrittserklärung, noch ein Antrag der Republik Österreich auf Überlassung der Verlassenschaft als erblos vorliegt und dass kein Verlassenschaftskonkurs eröffnet wurde. Wann die Verpflichtung besteht, einen Verlassenschaftskonkurs zu beantragen, ergibt sich nicht aus dem Verlassenschaftsverfahren, sondern aus der Konkursordnung. Freilich soll nicht übersehen werden, dass die Eröffnung eines Verlassenschaftskonkurses in der Regel zu einer höheren Wertvernichtung führt, weil die Konkurskosten in aller Regel deutlich höher sind als die Kosten der Abwicklung innerhalb des Verlassenschaftsverfahrens. Meist wird es daher auch im wohlverstandenen Interesse der Gläubiger liegen, dass es gerade zu keinem Konkurs, sondern zu einer Überlassung an Zahlungs statt kommt. Ein Gläubiger, der dies nicht so sieht, hat immer noch die Möglichkeit, seinerseits Konkursantrag gegen die Verlassenschaft zu stellen. Somit erscheint es weniger bedeutend, für Verlassenschaften mit höheren Aktiven die verfahrenstechnischen Weichen in Richtung Konkurs zu stellen, als vielmehr sicherzustellen, dass jeder, der ein rechtliches Interesse daran hat, Gelegenheit hat, die Vor- und Nachteile eines Konkursantrags abzuwägen, bevor es zur Überlassung an Zahlungs statt kommt.

Neben den negativen Voraussetzungen, nämlich keine unbedingte Erbantritts- oder Erblosigkeitserklärung, kein Verlassenschaftskonkurs, kennt Abs. 1 keine weiteren Schranken, wie etwa Wertgrenzen; Voraussetzung für die Überlassung an Zahlungs statt ist darüber hinaus bloß noch, dass die Verlassenschaft überschuldet ist, also die Passiva die Aktiva übersteigen, und dass ein Antrag auf Überlassung an Zahlungs statt vorliegt.

Die Verteilung ist nach Abs. 2 in einer Rangordnung vorzunehmen, die sich im Wesentlichen weiterhin an der Konkursordnung orientiert, insbesondere keine Privilegierung der Krankheitskosten vorsieht.

Zunächst (Z 1) sind in sinngemäßer Anwendung der §§ 46 und 47 KO die Massekosten zu berichtigen. Dies werden in der Regel die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens, einschließlich der Kosten des Verlassenschaftskurators, sowie die Kosten für ein einfaches Begräbnis des Verstorbenen sein. Für die Gebühren des Gerichtskommissärs gelten die §§ 4 und 18 GKTG.

Die bisherige Praxis zeigt, dass ein gewisses Bedürfnis nach Privilegierung über die konkursordnungsgemäßen Regelungen hinaus besteht, nämlich für die Beträge, die einem Sachwalter des Verstorbenen zuerkannt wurden. Nach Z 2 sind solche Beträge, beschränkt auf das letzte Jahr vor dem Tod des Pflegebefohlenen, nach den Massekosten zu berichtigen.

Innerhalb der dritten Rangklasse (Z 3) erfolgt die Überlassung quotenmäßig, also im Verhältnis der Höhe der unbestrittenen Forderungen. Wer Ansprüche darüber hinaus geltend machen will, muss auf einen Zivilprozess gegen die durch einen Kurator vertretene Verlassenschaft verwiesen werden.

Zum § 155:

Abs. 1 sichert die Überlassung an Zahlungs statt verfahrensrechtlich ab, insbesondere ein effektives rechtliches Gehör. Dies geschieht - außer bei geringfügigen Nachlässen (bis zu 4 000 Euro an voraussichtlichen Aktiven) - primär durch eine Verständigung aller Interessierten und durch die Gewährung einer Äußerungsmöglichkeit. Bei Verlassenschaften von bedeutendem Wert (Aktiven voraussichtlich über 20.000 Euro) ist auch eine Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger durchzuführen (Abs. 2). Diese steht bei solchen Vermögenswerten nicht mehr außer Verhältnis zum erzielbaren Informationszweck und gewährleistet im größtmöglichen Ausmaß, dass alle daran Interessierten von der Einleitung des Verlassenschaftsverfahrens Kenntnis erlangen und ihre Forderungen anmelden, allenfalls Bestreitungshandlungen vornehmen und Konkursanträge stellen können. Eine Überspannung des rechtlichen Gehörs, insbesondere der Kapazitäten des Gerichtes und des Gerichtskommissärs, wäre es dagegen, in diesem Verfahrensstadium alle möglichen Erben und alle möglichen Gläubiger der Verlassenschaft aktiv ausforschen zu müssen, weshalb nur die aktenkundigen Gläubiger und potentiellen Erben zu verständigen sind. Das Wort „aktenkundig“ ist hier gleich zu verstehen wie im § 8 Abs. 2, bedeutet also im gegebenen Zusammenhang, dass jenen Gläubigern und potentiellen Erben zuzustellen ist, deren Stellung sich aus dem bisherigen Akteninhalt ergibt.

Abs. 3 zählt den erforderlichen Inhalt des Überlassungsbeschlusses auf, womit sichergestellt werden soll, dass Überlassungsobjekt, Überlassungsempfänger und die dadurch zu tilgende Forderung möglichst genau beschrieben werden.

Bisher war sehr umstritten, welche rechtliche Wirkung die Überlassung an Zahlungs statt hat. Als herrschend konnte dabei bezeichnet werden, dass der ruhende Nachlass weiter besteht und ein Rechtserwerb erst auf originäre Weise (Ersitzung) erfolgt (RZ 1984/24; NZ 1986, 259). Der beachtlichen Kritik der Lehre dagegen (vgl. Bajons, Der Erbschaftserwerb bei geringfügigen Nachlässen, JBl. 1970, 169; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 II [2001] Seite 528; Eccher in Schwimann, ABGB III2 Rz 4 ff zu § 798) wird durch eine Neuregelung zu entsprechen sein, wonach der Überlassungsbeschluss einen Erwerbstitel bildet. Der Überlassungsempfänger wird durch rechtskräftigen Überlassungsbeschluss und Übergabe Eigentümer, wenn es auch der Erblasser war. Dabei handelt es sich freilich um eine Bestimmung materiellen Rechts, weshalb sie – gegen die Vorentwürfe – nicht in das Verfahrensgesetz aufgenommen werden soll.

Zum 2. Abschnitt (Verlassenschaftsabhandlung)

Zum § 156:

Mit diesen Bestimmungen ist das Verfahrensstadium erreicht, bei dem man von einem Abhandlungsverfahren im engeren Sinne sprechen kann; nun ist geklärt, dass das Verlassenschaftsverfahren nicht ohne Abhandlung enden kann, wenn die Erbschaft überhaupt angetreten wird; ist dies nicht der Fall, so kann der Nachlass nur noch als erblos der Republik Österreich überlassen werden. In jedem Fall endet das Verlassenschaftsverfahren damit, dass der Inbegriff der vererblichen Rechte, also die Verlassenschaft, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge einer anderen Person übertragen wird; die Überlassung der Verlassenschaft als erblos an den Staat hat zumindest ähnliche Funktionen.

Gegenstand des Abhandlungsverfahrens ist nun überblicksmäßig

a)     die Vertretungsvorsorge, also die Durchführung jener Maßnahmen, die dazu führen, dass alle potentiellen Parteien des Verfahrens auch verfahrensfähig, nämlich durch einen Kurator oder gesetzlichen Vertreter, wenn dies nötig ist, vertreten sind;

b)     das Einholen der Erbantrittserklärungen, also die Klärung der Frage, welche Parteien die Gesamtrechtsnachfolge nach dem Erblasser anstreben;

c)     für den Fall widersprechender Antrittserklärungen das Verfahren über das Erbrecht, also jener Teil, der früher im streitigen Verfahren - Erbrechtsklage - durchzuführen war;

d)       erforderlichenfalls die Umschreibung des Nachlasses durch Inventarisierung, sonst durch die Vermögenserklärung;

e)     während des Abhandlungsverfahrens allenfalls erforderliche Benützungs-, Verwaltungs- und Vertretungshandlungen für die Verlassenschaft;

f)      allenfalls erforderliche Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Gläubiger;

g)     jene Nachweise, die zur Einantwortung erforderlich sind;

h)     die Regelungen über die Einantwortung.

Die Regelungen über die Vertretungsvorsorge folgen der bisher in den §§ 27 und 77 des Außerstreitgesetzes vorgesehenen Rechtslage, bei der die Vertretungsvorsorge funktionell zwischen Verlassenschaftsgericht und Pflegschaftsgericht geteilt ist. Abs. 1 nimmt auf Fälle Bedacht, in denen im Verlassenschaftsverfahren die Bestellung eines Kurators erforderlich sein kann, dies sind insbesondere die bereits im Allgemeinen Teil im § 5 Abs. 1 Z 1 lit.a und Z 2 lit. a geregelten, also die Bestellung eines Kollisionskurators und eines Kurators für noch nicht geborene Parteien. Besonderes soll für den Fall gelten, dass der Aufenthalt bekannter Erben oder Noterben unbekannt und nach § 5 Abs. 1 Z 2 lit. b für eine Vertretung nach § 276 ABGB zu sorgen ist. Entgegen der Bestimmung des § 5 Abs. 2 soll dieser Abweseneitskurator - wie auch der Kurator für eine noch nicht geborene Partei (§ 5 Abs. 1 Z 2 lit. a) - vom Verlassenschaftsgericht bestellt werden, weil ein starker funktioneller Bezug ins Verlassenschaftsverfahren und weniger in das Pflegschaftsverfahren des nun Unvertretenen weist. Die Bestellung einer Kollisionskuratel fällt schon nach § 5 Abs. 1 und 2 in die Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts, was aber zur Verdeutlichung nochmals festgeschrieben werden soll.

Davon zu unterscheiden sind die im Abs. 2 geregelten Fälle, in denen sich anlässlich des Verlassenschaftsverfahrens die Notwendigkeit ergibt, einem Minderjährigen oder sonst Pflegebefohlenen einen gesetzlichen Vertreter zu bestellen, meist weil der bisherige gesetzliche Vertreter gerade der Verstorbene (Erblasser) war. Die gesetzliche Vertretung wird hier weit über das Verlassenschaftsverfahren hinausreichende Implikationen haben, ihre Weiterüberwachung über das Verlassenschaftsverfahren hinaus wird notwendig sein, sodass es weitaus zweckmäßiger ist, die Sorge um die Obsorge oder Sachwalterbestellung dem zuständigen Pflegschaftsgericht zu überlassen.

Abs. 3 sieht vor - wenn nicht besondere Gründe im Einzelfall dagegen sprechen - denjenigen als Verlassenschaftskurator zu bestellen, den der Verstorbene selbst letztwillig namhaft gemacht hat, weil mit Grund anzunehmen ist, dass der Erblasser eine dazu geeignete Person herangezogen sehen wollte und sein Wille auch in diesem verfahrensrechtlichen Aspekt respektiert werden soll.

Zum § 157:

Mit dieser Bestimmung beginnt gewissermaßen der Kern des Abhandlungsverfahrens, nämlich die Einholung der bisher Erbserklärung genannten einerseits verfahrensrechtlichen, andererseits auch materiellrechtlichen Willenserklärung, wonach eine Person die Gesamtrechtsnachfolge nach dem Erblasser anstrebt. Das Konzept der Einantwortung zeigt freilich, dass die bisherige Bezeichnung „Erbserklärung“ nicht nur sprachlich unschön, sondern auch sachlich unzutreffend ist, kann sich doch niemand selbst zum Erben erklären; vielmehr wird die Erbenstellung durch den Einantwortungsbeschluss des Gerichtes erlangt. Die Erklärung der Partei kann sich nur darauf beziehen, dass sie die Erbschaft antreten will. Auch wird die Doppelfunktionalität der Erklärung (aktives Wahrnehmen der Parteistellung einerseits, Bereitschaft zur materiellen Gesamtrechtsnachfolge andererseits) durch diese Bezeichnung deutlicher.

Inhaltlich ist die Erbantrittserklärung nicht wesentlich von der derzeitigen Erbserklärung unterschieden; auf die Erläuterungen zum § 159 darf in diesem Zusammenhang hingewiesen werden.

Bei bekannten Erben ist der Gerichtskommissär gehalten, die nach der Aktenlage als Erben in Frage kommenden Parteien zur Erbantrittserklärung mit Zustellnachweis aufzufordern. Wurde für solche Erben ein Abwesenheitskurator nach § 156 Abs. 1 bestellt, ist die Aufforderung an diesen zu richten. Der Aufforderung ist ein Hinweis auf die formellen (nämlich die Rechtsfolgen des Abs. 3) und die materiellen Rechtsfolgen (bedingter und unbedingter Erbantrittserklärungen) beizufügen; die Belehrung über die materiellrechtlichen Inhalte und die Möglichkeit zur Antragstellung nach § 184 Abs. 3 (Zustellung eines zu errichtenden Inventars vor Übergabe der erblosen Verlassenschaft an die Republik) erübrigt sich freilich dann, wenn die aufgeforderte Person qualifiziert, also durch einen Rechtsanwalt oder Notar, vertreten ist (Abs. 1).

Zur Abgabe der Erbantrittserklärung ist nach Abs. 2 eine angemessene Frist zu setzen; sie darf 4 Wochen nicht unterschreiten; eine Bedenkzeit kann den Erbinteressenten aus erheblichen Gründen (so etwa, wenn der Schuldenstand der Verlassenschaft - insbesondere bei Unternehmen - etwas ausführlicher erforscht oder die Möglichkeit eines Erbschaftsverkaufs näher überlegt werden soll) eingeräumt werden. Anders als nach der geltenden Rechtslage und den Vorentwürfen sollen hier keine weiteren Mindestfristen vorgesehen, aber auch nicht die Möglichkeit eingeräumt werden, dass die Bedenkzeit ein Jahr überschreitet. Insgesamt können sich freilich Zeiten von mehr als einem Jahr ergeben, weil die Bedenkzeit von einem Jahr nicht schon von der Aufforderung zur Erbantrittserklärung zu rechnen ist, sondern erst ab der Entscheidung über die Gewährung der Bedenkzeit.

Die Rechtsfolge der Versäumung der Frist zur Abgabe der Erbantrittserklärung oder das antrittslose Verstreichen der Bedenkzeit führt - wenn hierauf in der Aufforderung hingewiesen wurde - dazu, dass der Erbe bzw. der nach der Aktenlage als Erbe in Frage Kommende nach Abs. 3 dem weiteren Verfahren nicht mehr beizuziehen ist, solange er die Erklärung nicht nachholt. Versäumt ein gesetzlicher Vertreter die Frist, hat der Gerichtskommissär das zuständige Pflegschaftsgericht zu verständigen, dem - wie auch sonst - Maßnahmen im Sinne des § 176 ABGB freistehen. Allerdings kann - weiterhin - die Antrittserklärung nachgeholt werden, allerdings nicht mehr bis zur Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses, sondern nur noch, bis das (Erst-)Gericht an seinen Inhalt gebunden ist (Näheres bei § 164).

Mangels Erbantrittserklärung bleibt die Verlassenschaft erblos. Zum dann einzuhaltenden Verfahren ist auf § 184 zu verweisen, Wurde nicht schon aus anderen Gründen ein Verlassenschaftskurator bestellt, so ist gemäß Abs. 4 nun ein solcher zu installieren.

Zum § 158:

Wenn entweder gar keine Erben bekannt sind oder die Todesfallaufnahme und das sonstige bisherige Verfahren Hinweise darauf ergibt, dass Personen als Erben in Frage kommen, bei denen nicht nur die Adresse, sondern auch der (exakte) Name unbekannt ist, so sind sie nach Abs. 1 durch öffentliche Bekanntmachung zur Geltendmachung ihrer Ansprüche (also zur Abgabe der Erbantrittserklärung) aufzufordern. Dies soll auch für unbekannte Noterben und deren Ansprüche gelten.

Treten solche Personen innerhalb dieser Frist die Erbschaft nicht an, so kann nach Abs. 2 die Verlassenschaft den bekannten Erben (selbstverständlich nach Maßgabe von deren Erbantrittserklärung) eingeantwortet, mangels bekannter Erben für erblos erklärt werden.

Hinsichtlich aller öffentlichen Bekanntmachungen gilt § 24, der die Aufnahme in die Ediktsdatei vorsieht.

Zum § 159:

Der Inhalt der Erbantrittserklärung ergibt sich schon aus den §§ 799 und 800 ABGB. Dennoch war es gerade bei der Erbantrittserklärung als doppelfunktioneller Verfahrenshandlung sinnvoll, ihre Inhaltserfordernisse im Abs. 1 zu wiederholen. Dass in diesem Zusammenhang nicht vom Erben oder von dem nach der Aktenlage als Erben in Frage Kommenden die Rede ist, sondern vom Erbansprecher erklärt sich damit, dass auch Legatare unter Umständen eine Erbschaft antreten können.

Auf Grund der Abhängigkeit von den anderen Erbantrittserklärungen kann die Angabe der Erbquote nur erwünscht (Abs. 2), aber nicht zwingend sein, weil verfahrensrechtliche Situationen, in denen die Erbquote noch nicht angegeben werden kann, gar nicht so selten sein werden.

Der Erbansprecher oder sein ausgewiesener Vertreter müssen nach Abs. 3 die Erbantrittserklärung eigenhändig unterschreiben. Insbesondere die unbedingte Erbantrittserklärung löst derart weitreichende Rechtsfolgen aus, dass sie nicht ohne Schriftform auskommen kann. Die Bezeichnung als „ausgewiesener Vertreter“ enthält schon das geltende Recht; Kollisionen zwischen den Spezialvollmachtserfordernissen des § 1008 ABGB und der Möglichkeit, sich auf eine erteilte Vollmacht zu berufen, sind nicht zu befürchten, weil dort, wo sie zulässig ist, auch die Berufung auf die erteilte Vollmacht ein Vollmachtsnachweis ist (hRsp u. L; siehe Apathy in Schwimann, ABGB V2, Rz 5 zu § 1008; RZ 1991/48).

Durch die neuen Bestimmungen ändert sich auch nichts an der geltenden Rechtslage, wonach eine bedingte Erb(antritt)serklärung in eine unbedingte umgewandelt werden kann, nicht aber umgekehrt (Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 II [2001] Seite 523).

Zum § 160:

Mit den §§ 160 bis 164 ist ein besonders wichtiger Reformpunkt erreicht (s. Neuhold, Richterwoche 1997, 202 ff; Schrott ebd. 224; Bittner ebd. 277; Bramböck ebd. 298 ff; Rechberger, LBI XX, 49 f), nämlich die Umgestaltung des Verfahrens zur Feststellung des Erbrechts. Fürs erste ist zu betonen, dass es keine der derzeitigen Annahme der Erbserklärungen entsprechende Vorgangsweise mehr gibt; die Entscheidung, welche Erbantrittserklärung „zugelassen“ wird, hat keine selbständige Bedeutung mehr, weil sich an diese Frage keine Vorfilterfunktion für die Eröffnung des streitigen Rechtswegs mehr knüpft. Es soll also weder eine förmliche Beschlussfassung über die Annahme der Erbantrittserklärungen noch eine Verhandlung über die Verteilung der Klägerrollen mehr geben, weil einerseits die Annahme der Erbantrittserklärungen keine selbständige, von der letztlichen Einantwortung getrennte Funktion mehr hat und andererseits bei widersprechenden Erbantrittserklärungen nicht zu entscheiden ist, welche Person ihre erbrechtlichen Ansprüche nun im streitigen Rechtsweg weiterverfolgen muss; den streitigen Rechtsweg wird es im Verfahren über das Erbrecht nämlich nicht mehr geben.

Der Begriff der widersprechenden Erbantrittserklärungen bleibt trotzdem nicht ohne verfahrensrechtliche Bedeutung, weil nämlich dann, wenn die Erbantrittserklärungen einander gar nicht widersprechen, ein Verfahren über das Erbrecht auch innerhalb der Verlassenschaftsabhandlung nicht mehr notwendig ist. Auf Grund übereinstimmender Erbantrittserklärungen kann ja ohne weiteres der Einantwortungsbeschluss gefällt werden, der insbesondere die Bezeichnung der Erben, ihrer Erbrechtstitel und Erbquoten zu enthalten hat (§ 178 Abs. 1 Z 1 bis 3).

Nur dann also, wenn Antrittserklärungen von Erben einander widersprechen oder die Finanzprokuratur eine den Erbantrittserklärungen widersprechende Erklärung abgibt (dies wird in der Regel daran liegen, dass die Finanzprokuratur eine Testamentsungültigkeit oder das Vorliegen von Erbunwürdigkeitsgründen behauptet), hat zunächst der Gerichtskommissär darauf hinzuwirken, dass das Erbrecht zwischen den Parteien anerkannt wird.

Da nach allgemeinen Regeln eine Rückziehung einer einmal abgegebenen Erbantrittserklärung nicht in Betracht kommt (was vor allem materiellrechtliche Gründe hat), soll von diesem Grundsatz nicht ohne Not abgegangen werden. Es ist nicht nötig, Ausnahmevorschriften über den Widerruf einer bestrittenen Erbantrittserklärung vorzusehen, weil der gleiche Effekt ohne Schwierigkeiten auch durch die Anerkennung des Erbrechts eines Erbantrittserklärenden durch die anderen, ebenso wie eine wechselseitige Anerkennung möglich ist. Man denke nur an den relativ einfachen Fall, in dem zwei gesetzliche Erben unabhängig voneinander ihre Erbantrittserklärung abgeben, ohne auf die Quote des anderen vorläufig Bedacht zu nehmen. Hier wird sich der „Widerspruch“, dass sich nämlich beide Erbantrittserklärungen auf die gesamte Verlassenschaft beziehen, sehr einfach ausräumen lassen, weil hier in der Regel das andere Erbrecht nicht bestritten werden wird, es sei denn, es würden Erbunwürdigkeits- oder Enterbungsgründe behauptet. In einem solchen Fall wird es nicht einmal erforderlich sein, die ursprünglich überschießenden, nämlich nicht quotenbeschränkten Erbantrittserklärungen teilweise abzuweisen, weil durch die (wechselseitige oder einseitige) Anerkennung des Erbrechts des anderen die Erbantrittserklärungen letztlich nicht mehr widersprüchlich sind. Dort hingegen, wo eine Partei im Angesicht des besseren Erbrechts der anderen ihre Erbantrittserklärung gar nicht mehr weiterverfolgen wird, wird sie das gegnerische Erbrecht zur Gänze anerkennen.

Die Anerkennung des Erbrechts wird der Gerichtskommissär zweckmäßigerweise in einem Protokoll festhalten. Keinesfalls kann der Gerichtskommissär einen Vergleich über das Erbrecht protokollieren oder darüber verhandeln, weil die Entscheidung über das Erbrecht immer dem Gericht obliegt. Im Fall der Anerkennung des Erbrechts sind daher die Erbantrittserklärungen abzuweisen, die nicht zu einer Einantwortung führen; das Erbrecht der Erben, deren Erbrecht anerkannt wurde, ist festzustellen. Dies kann auch erst mit dem Einantwortungsbeschluss geschehen, sodass der Akt im Fall der Anerkennung des Erbrechts nicht zwingend dem Gericht vorzulegen ist. Hier eine Vergleichswirkung statt der Anerkennung des gegnerischen Erbrechts zu fordern (vgl. Bittner LBI XXVI 41) berücksichtigt nicht ausreichend, dass eine Erbantrittserklärung unwiderruflich und ein Einantwortungbeschluss zur Verfahrensbeendigung ohnehin unvermeidlich ist.

Misslingt der Einigungsversuch des Gerichtskommissärs, ist der Akt immer dem Gericht vorzulegen, das (stets in Richterbesetzung, s. § 18 Abs. 2 Z 2 lit. b RpflG) im Sinne der §§ 161 ff vorzugehen hat.

Zum § 161:

Die Frage des Erbrechts ist die wesentlichste Einantwortungsvoraussetzung. Das neue Verfahren außer Streitsachen ist auf Grund seiner Ausgestaltung (Ermittlungsverfahren, Gehör, Rechtsschutzgarantien) vollkommen geeignet, auch über „streitige“ Tatsachen zu entscheiden. Das „Ausweichen in den Zivilprozess“ durch Verteilung der Klägerrolle und Durchführung einer Erbrechtsklage bei gleichzeitigem Aussetzen des Abhandlungsverfahrens soll daher der Vergangenheit angehören. Diese wesentliche Änderung gegenüber der geltenden Rechtslage hat auch bereits in der Literatur Beifall gefunden (Knoll, RZ 1995, 108; Rechberger, LBI XX, 49 f). Ihre Vorteile gegenüber der Erbrechtsklage liegen in zweierlei: Festgestellt werden konnte bisher nur das bessere Erbrecht (in der Form einer negativen Feststellungsklage hinsichtlich des „schlechteren“ Erbrechts), nun aber das beste Erbrecht, wobei auch einem Mehrparteienverfahren, anders als in der Erbrechtsklage, leicht Herr zu werden ist. Aus all diesen Gründen ist die Feststellung des Erbrechts eine Sache des Verlassenschaftsverfahrens selbst, das dazu keinen Zivilprozess benötigt.

Gelegentlich wurde die Befürchtung geäußert, dass eine Erbrechtsfeststellung im Verfahren außer Streitsachen im Gegensatz zum Zivilprozess über das Erbrecht endlos werden müsste, weil es keine Beweislast gäbe. Dieser Einwand trifft jedoch nicht zu. Einerseits kennt das neue Verfahren außer Streitsachen dem Zivilprozess gleichwertige Konzentrationsregeln, andererseits aber auch die objektive Beweislast wie im Zivilprozess (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] Rz 2 zu § 8; Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren³ [2000] Rz 48): Unterliegen muss derjenige, der die Tatsachen, aus denen er seine Ansprüche ableitet, nicht beweisen kann. So trifft die Beweislast etwa

a)     im Streit um die Echtheit des Testaments den, der die Echtheit bestreitet;

b)     im Streit um die Gültigkeit den, der die Testierunfähigkeit behauptet,

c)     im Streit um Erbunwürdigkeit den, der sie behauptet oder

d)     im Streit um die Enterbung den, der das Vorliegen der Enterbungsgründe behauptet bzw. sich darauf beruft (§ 771 ABGB). Darüber hinaus ergibt sich aus der Formel „im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote“ eine wesentliche Einschränkung des sonst herrschenden, hier aber nicht angemessenen Untersuchungsgrundsatzes.

Steht somit als rechtspolitische Grundsatzentscheidung fest, dass auch das Verfahren zur Feststellung des Erbrechts innerhalb der Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden soll, so darf doch nicht verkannt werden, dass der „Streit um das Erbrecht“ verfahrensstrukturell einen vom mehr verwaltenden Charakter des Abhandlungsverfahrens verschiedenen Aufbau und Ablauf aufweist, weshalb der streitähnliche Charakter dieses Verfahrensteils nicht völlig geleugnet werden kann. Im § 161 sind nun die wichtigsten Verfahrensgrundsätze dessen, was bisher Erbrechtsstreit und was nun das Verfahren über das Erbrecht heißen soll, festgelegt.

Inhalt der Entscheidung im Verfahren über das Erbrecht ist die Feststellung des Erbrechts der Berechtigten und die Abweisung der übrigen Erbantrittserklärungen. Für eine Zurückweisung von Erbantrittserklärungen bleibt auf Grund der Tatsache, dass die Rechtsfolgen einer Zurück- und einer Abweisung im vorliegenden Fall weitestgehend gleichartig sind, kein besonderes Bedürfnis (Abs. 1).

In vielen Fällen wird es nahe liegen, über das Erbrecht im Einantwortungsbeschluss zu entscheiden, doch werden auch Fälle auftreten, in denen es ein Bedürfnis gibt, die Feststellung des Erbrechts vor der Einantwortung und getrennt von dieser abzuklären, etwa wenn ein Inventar zu errichten oder Verwaltungsmaßnahmen zu setzen sind. Die Möglichkeit, im Bedarfsfall das Erbrecht vorweg zu klären, ergibt sich auch aus § 36 Abs. 2, der Teil- und Zwischenbeschlüsse vorsieht. Zur größeren Klarheit des Verfahrens über das Erbrecht mag eine gesonderte Verhandlung und Entscheidung darüber - insbesondere auch wegen des Kostenersatzes und der Anwaltspflicht - tunlich sein, doch bleibt die Wahl zwischen Vorabentscheidung des Erbrechts und Integration in den Einantwortungsbeschluss dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichtes überlassen.

Das Verfahren über das Erbrecht soll keinesfalls dazu führen, dass andere, von der Feststellung des Erbrechts unabhängige Maßnahmen im Rahmen der Verlassenschaftsabhandlung nicht parallel weitergeführt werden (Abs. 2); man denke nur an einen vorliegenden Separationsantrag oder eine unabhängig von der Erbrechtsfeststellung vorzunehmende Inventarisierung. Von einer Unterbrechung des Verfahrens kann insoweit schon deshalb nicht mehr gesprochen werden, weil Abhandlungsverfahren und Feststellung des Erbrechts nicht mehr in zwei verschiedenen Verfahren erfolgen.

Zum § 162:

Die besonderen Verfahrensvorschriften machen den streitähnlichen Charakter des Verfahrens deutlich. So war eine zwingende mündliche Verhandlung über das Erbrecht vorzusehen. In jedem Fall ist eine relative, bei Überschreiten der gleichen Wertgrenze, die auch für den Zivilprozess gilt, eine absolute Rechtsanwaltspflicht vorgesehen. Schließlich ist davon auszugehen, dass diese bisher geltende Anwaltspflicht sachlich gerechtfertigt ist, weshalb sie auch ungeachtet des Rechtswegwechsels aufrecht erhalten werden soll. Da der Wert der Verlassenschaft naturgemäß eingangs des Verfahrens noch nicht völlig sicher feststehen kann, waren Normen vorzusehen, nach denen vorzugehen ist, wenn sich das Überschreiten der Wertgrenze erst während des Verfahrens herausstellt. Sie sind den Bestimmungen über die schriftliche Abhandlungspflege nachgebildet.

Die Anwaltspflichten sind im Verfahren zur Feststellung des Erbrechts „reine Anwaltspflichten“; insoweit steht Notaren nur im eingeschränkten Bereich des § 5 NO, nicht aber allgemein die Vertretungsbefugnis zu.

Zum § 163:

In der derzeitigen Praxis hat sich nicht ganz selten gezeigt, dass ein erklärter Erbe im Laufe des Verfahrens das Interesse am Weiterverfolgen seines Anspruchs verlieren kann; das Verfahren über das Erbrecht ist in diesem Sinne ein gutes Beispiel für Fälle, in denen auch im Verfahren außer Streitsachen ein Ruhen angezeigt sein mag. Allerdings ist insoweit Vorsorge zu treffen, wie die Abhandlung weiterlaufen soll.

Neben dem Ruhen des Verfahrens über das Erbrecht ist auch das Vorliegen von Unterbrechungsgründen denkbar, etwa zur Klärung strafrechtlicher Vorfragen, die als Erbunwürdigkeits- oder Enterbungsgründe in Frage kämen, oder in Form eines Innehaltens nach § 29 zur Mediation des Erbrechtskonflikts. Nach den allgemeinen Regeln soll dies nicht zum Stillstand des gesamten Verfahrens führen, könnte aber letztlich zu einer Paralysierung der Einantwortung, also der Finalisierung führen, wogegen Maßnahmen zu treffen sind.

Zur Selektion der in der Abhandlung weiterzuführenden von den übrigen Schritten war hier vorerst die Verständigung des Gerichtskommissärs vom Vorliegen einer Ruhensvereinbarung vor Gericht oder dem Eintritt anderer Fälle der §§ 25 bis 29 im Abs. 1 zu normieren.

Weiters war aber eine verfahrensrechtliche Möglichkeit zu schaffen, trotz einer Ruhensvereinbarung zur Finalisierung des Abhandlungsverfahrens, also zur Einantwortung zu gelangen. Grundüberlegung war hier, dass der, der seine Erbantrittserklärung nicht weiterverfolgt, ebenso zu behandeln ist, wie derjenige, der mit ihrer Abgabe säumig wird, nämlich so, dass das Verfahren ohne ihn weiterzuführen ist (Abs. 2). Auch dann ist nicht danach zu fragen, wessen Erbrecht zweifelhafter (wessen Berufungsgrund also schwächer) erscheint, vielmehr soll allen „strittigen Erben“ nach Ablauf der Ruhensfrist eine Aufforderung zur Fortsetzung des Verfahrens innerhalb einer zu bestimmenden, angemessenen Frist zugestellt werden, bei deren Versäumung das Verlassenschaftsverfahren ohne Berücksichtigung seiner Erklärung fortzusetzen ist. Der allgemeinen Grundtendenz des Außerstreitverfahrens entsprechend muss auf diese Rechtsfolge im Aufforderungsbeschluss hingewiesen werden.

Zum § 164:

In dieser Bestimmung sind die Grenzen der Klärung des Erbrechts innerhalb des Abhandlungsverfahrens deutlich gemacht. Hier geht es einerseits darum, wie lange eine Erbantrittserklärung abgegeben werden kann, andererseits darum, wie derjenige „wahre Erbe“, der alle diese Fristen versäumt hat, seine Ansprüche noch geltend machen kann.

Bisher war eine Klärung des Erbrechts bis zur Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses innerhalb des Abhandlungsverfahrens möglich. Erfolgte die Erbantrittserklärung erst nach Erlassung des Einantwortungsbeschlusses, so musste dieser gleichzeitig mit Rekurs bekämpft werden, worin eine gewisse Ausnahme von den Neuerungsgrenzen des § 49 läge. Von dieser Rechtslage ist abzugehen. Eine Erbantrittserklärung nach Erlassung des Einantwortungsbeschlusses (präziser: nachdem das Gericht an ihn gebunden ist, also nach seiner Abgabe an die Geschäftsabteilung zur Ausfertigung, § 40) soll nicht mehr zum neuerlichen Aufrollen des Verfahrens führen können; dies führte nämlich einerseits zu Verfahrensschritten, die entbehrlich sind, andererseits zwingend dazu, dass eine Durchführung des Einantwortungsbeschlusses vor Rechtskraft selbst bei Rechtsmittelverzicht aller bisher Beteiligten nicht vor Ablauf der Rekursfrist möglich wäre, müsste doch der Ablauf der Frist auch für bisher nicht Beteiligte abgewartet werden. Die Erleichterung, die dadurch dem zu spät kommenden Prätendenten in extrem selten vorkommenden Fällen gewährt wird (ihm erspart dies die Erbschaftsklage), stünde in der überwältigenden Mehrzahl der Fälle, in denen es zu keinem derartig späten Einstieg kommt, eine unvertretbare Verzögerung gegenüber.

Ein verfahrensrechtliches Sonderproblem stellt sich dann, wenn das Verfahren über das Erbrecht nicht erst mit dem Einantwortungsbeschluss, sondern mit einem gesonderten Beschluss geendet hat. Ein solcher Beschluss ist der Rechtskraft nur in Verbindung mit der rechtskräftigen Einantwortung fähig, was das Gesetz weniger theoretisch durch die Erlaubnis der Abweisung einer Erbantrittserklärung, die Grundlage der früheren (formell rechtskräftigen) Entscheidung über das Erbrecht war, ausdrückt.

Nach Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses sind Erbrechtsprätendenten auf den Zivilprozess, nämlich die Erbschaftsklage im Sinne des § 823 ABGB, verwiesen. Daraus ergibt sich, dass man die Reform insoweit nicht dadurch kennzeichnen kann, dass alle derzeitigen erbrechtlichen Klagen nunmehr in das Verfahren außer Streitsachen übernommen wurden. Dies geschieht nur für jene bisher dem Klageweg vorbehaltenen Ansprüche, deren Klärung Einfluss auf die Entscheidung in der Sache, nämlich den Einantwortungsbeschluss, hat. Auch Rechberger, LBI XX, 50, hat seine frühere Ansicht revidiert, dass Erbrechts- und Erbschaftsklage hier unbedingt gleich behandelt werden müssen. Er erkennt ein sinnvolles System darin, die „Zuständigkeit“ des Außerstreitverfahrens mit der rechtskräftigen Einantwortung enden zu lassen und gegen diesen Beschluss auch grundsätzlich kein Abänderungsverfahren zuzulassen. Ist einmal rechtskräftig eingeantwortet, so fehlt ein Bedürfnis an Weiterführung oder Wiederaufnahme des Abhandlungsverfahrens. Der Erbschaftsprätendent hat in dem eingeantworteten Scheinerben, nicht in der Verlassenschaft den zutreffenden Gegner, ein Wiederaufrollen der Verlassenschaftsabhandlung entspricht daher in keiner Weise einem praktischen Bedürfnis.

Zum § 165:

Die wichtigen Regelungen über das Inventar gliedern sich in drei inhaltliche und zwei verfahrensrechtliche Paragraphen. § 165 beschäftigt sich mit der Frage, wann ein Inventar zu errichten ist; § 166 mit dem Zweck und der Reichweite des Inventars, § 167 mit den Bewertungsvorschriften. Im § 168 sind die Befugnisse und Verfahrensschritte aufgezählt, die zur Errichtung des Inventars dienen, § 169 befasst sich mit der Zustellung und Wirkung des Inventars.

Die Fälle der Inventarerrichtung sind der derzeitigen Rechtslage nachgebildet; dabei gibt es Fälle, in denen das Inventar ohne einen darauf gerichteten Antrag, also von Amts wegen zu errichten ist (Abs. 1 Z 1 bis 5), sowie die Fälle, in denen ein Inventar beantragt werden kann, nämlich dann, wenn das materielle Erbrecht eine Person über die bisher aufgezählten hinaus zur Stellung eines solchen Antrags berechtigt, oder der Verlassenschaftskurator einen solchen Antrag stellt (Abs. 1 Z 6). Eine weitere Unterscheidung liegt darin, dass sich das Inventar in den Fällen der Z 1 bis 3 und 5 immer auf das gesamte Verlassenschaftsvermögen beziehen muss, während sich ein Teilinventar sowohl bei der fideikommissarischen Substitution und der letztwilligen Privatstiftung als auch in den Fällen eines entsprechenden Antrags auf Teile der Verlassenschaft beziehen kann; man denke nur an den Fall, dass der Verlassenschaftskurator im Rahmen seiner Vermögensverwaltung die Aufnahme eines Teilinventars benötigt oder dass zum Beispiel ein Legatar aus der konkreten Gestaltung seines Rechts heraus nur der Inventarisierung einzelner Vermögensbestandteile bedarf.

Vom geltenden Recht abweichend wird allerdings im Abs. 2 vorgesehen, dass in jedem Fall der Inventarerrichtung auch eine Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger stattzufinden hat. Es war bisher schwer nachvollziehbar, aus welchen Gründen eine bedingte Erbserklärung ohne Gläubigerkonvokation sinnvoll sein könnte. Die Haftungsbeschränkung der Inventarerrichtung hat ja nur dann volle Bedeutung, wenn gleichzeitig die Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger stattfindet (vgl. Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 144). Dies wurde nun bewusst nicht mehr von einem zusätzlichen Antrag abhängig gemacht, sondern als notwendig mit der Inventarerrichtung verbundene Rechtsfolge vorgesehen.

Von einigen in der Reformdiskussion vorgeschlagenen Inventarisierungsfällen wurde bewusst nicht Gebrauch gemacht. So besteht heutzutage kein Bedürfnis mehr, bei so genannten frommen Vermächtnissen eine Inventarisierung vorzunehmen (Neuhold, Richterwoche 1997, 210; vgl. Bittner ebd. 282). Weder die öffentliche Hand noch die Kirchen- und Religionsgemeinschaften bedürfen hier einer über die Verständigung hinausgehenden Rechtsfürsorge. Auch wurde keine Inventarerrichtung für den Fall vorgesehen, dass „dies zur Ausmittlung der Vermächtnisse an einen Pflegebefohlenen“ (der nicht Noterbe ist, sonst ergibt sich die Inventarisierungspflicht ja bereits aus Abs. 1 Z 2) nötig ist; dies steht im Einklang mit der derzeitigen Rechtsprechung (Edlbacher, Verfahren außer Streitsachen2 [1984] § 92 E 12). Schließlich wurde es auch als zu weitgehend empfunden, ein Inventar ohne Abgabe einer Erbantrittserklärung für eine Partei errichten zu lassen, die dadurch erst die Entscheidungsgrundlagen dafür schaffen möchte, ob sie überhaupt - und ob sie unbedingt – erklärt, das Erbe anzutreten. Ein solches Bedürfnis wurde nur insoweit abgedeckt als § 184 Abs. 3 die Möglichkeit vorsieht, das ohnedies im Sinne des Abs. 1 Z 5 zu errichtende Inventar den zur Abgabe einer Erbantrittserklärung aufgeforderten Parteien zuzustellen, wenn diese innerhalb der Abgabefrist zwar keine Erbantrittserklärung abgegeben, aber einen Antrag auf Zustellung des Inventars gestellt haben.

Zum § 166:

Grundsätzlich war der Zweck des Inventars im Abs. 1 festzuschreiben, nämlich als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft nach ihren Bestandteilen und deren Wert zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers.

Die bisherige Judikatur war bei der Frage der Nachlasszugehörigkeit nicht immer konsistent. Die Frage, wie mit Gegenständen zu verfahren ist, die zwar im Besitz des Erblassers waren, diesem aber offenkundig nicht gehörten, war bis zuletzt Anlass einer wissenschaftlichen Kontroverse (vgl. zuletzt Rabl, Das Nachlassinventar - Inhalt und Zweck, NZ 1999, 129 mwN). Der Gesetzgeber hatte sich hier zu entscheiden, ob er die Frage der Nachlasszugehörigkeit aus dem Verlassenschaftsverfahren zur Gänze heraushalten und die Interessenten auf den streitigen Rechtsweg verweisen will, oder eine Möglichkeit der Klärung im Verlassenschaftsverfahren vorsieht. Dabei sind die Lösungen der Vorentwürfe, insbesondere von Kralik, als zu weit erschienen. Es kann nicht Sache des Verlassenschaftsverfahrens sein, Eigentumsprozesse zu ersetzen. Andererseits ist der Besitz des Erblassers aber - anders als die Gewahrsame des Verpflichteten im Exekutionsverfahren - nur eines von mehreren Indizien. Die Aufnahme in das Inventar soll daher nach Abs. 2 auch in anderen Fällen möglich sein, in denen die Nachlasszugehörigkeit ebenso klar ist wie in den durch den Besitz offenkundig gewordenen. Um allerdings zu verhindern, dass allzu komplizierte Eigentumsfragen die Abhandlung verzögern, war eine Entscheidung zu wählen, die den Bezug auf das Abhandlungsverfahren und nicht auf die endgültige Entscheidung über die Eigentumslage deutlich macht. Entschieden wird also nicht darüber, ob eine Sache zum Verlassenschaftsvermögen gehört, sondern nur darüber, ob sie in das Inventar aufgenommen bzw. ausgeschieden wird. Wo der Besitz des Erblassers unstrittig war, ist in Fällen, in denen dennoch die Nachlasszugehörigkeit bestritten wurde, ein Ausscheidungsbeschluss nur auf Grund unbedenklicher Urkunden (vgl. § 40 EO und die dort ergangene Judikatur) zu fassen; in weniger klaren Fällen muss der Prätendent auf den Klageweg verwiesen bleiben.

Abs. 3 enthält Mitwirkungspflichten Dritter, die nach den Bedürfnissen der Praxis eingegrenzt wurden und für die Inventarerrichtung unverzichtbar sind.

Zum § 167:

Im Rahmen der Inventarerrichtung war es eine weitere gesetzgeberische Grundentscheidung, dass nicht bloß eine Aufzählung der ins Verlassenschaftsvermögen fallenden körperlichen und unkörperlichen Sachen, sondern auch ihre Bewertung zu erfolgen hat. Eine Inventarisierung ohne Bewertung hätte einen weit geringeren Erkenntniswert, müsste auch mit einer viel genaueren Beschreibung der einzelnen Gegenstände einhergehen und würde die Arbeitskraft des Gerichtskommissärs, was auch gebührenrechtlich relevant ist, in einem höheren Ausmaße binden als die gelegentliche Beiziehung eines Schätzmeisters.

Eine Schätzung, bei beweglichen Sachen mit dem Verkehrswert, bei unbeweglichen nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz, ist jedenfalls dann erforderlich, wenn

a)     dies eine Partei beantragt;

b)     es im Interesse eines Pflegebefohlenen erforderlich ist;

c)     es sich um bewegliche Sachen handelt, deren Wert nicht offensichtlich gering ist.

In den sonstigen Fällen kann ohne Schätzung ausgekommen werden, wobei dann hinsichtlich beweglicher Sachen offensichtlich geringen Werts, insbesondere eines Großteils des Hausrats und der Gebrauchsgegenstände der von den Parteien angegebene Verkehrswert, hinsichtlich unbeweglicher Sachen der Einheitswert heranzuziehen ist. Unter Hausrat und Gebrauchsgegenständen offensichtlich geringen Werts sind insbesondere Einbaumöbel, elektrische und elektronische Altgeräte, Kleidung und Wäsche zu verstehen.

Von den einschlägigen Sachverständigen wurden Bedenken gegen diese Lösung geäußert und Fälle grober Fehleinschätzung durch Laien geschildert. Diese Bedenken sind jedoch nicht geeignet, gegen die hier gewählte Lösung durchzuschlagen. Es ist zu betonen, dass es im Ermessen des Gerichtskommissärs liegt, ob er eine Fachschätzung für erforderlich hält. Die „Geringwertigkeit“ muss nicht bloß für Erben, denen die Wahrung der Interessen der Gläubiger und Pflichtteilsberechtigten nicht zwingend ein besonderes Anliegen sein muss, sondern für den Gerichtskommissär „offensichtlich“ sein. Hegt er Zweifel an der Wertlosigkeit, so ist ohnehin eine Schätzung erforderlich. Eine über den hiermit eingeräumten, in der Verantwortung des – gewöhnlich mit Inventarisierungen seit Jahren bestens vertrauten – Gerichtskommissärs liegenden Ermessensspielraum hinaus reichende allgemeine Verpflichtung zur Beiziehung eines Schätzers – jeder gebrauchte Schmuck, jedes gebrauchte Möbel könnte theoretisch so viel wert sein, dass seine noch so aufwändige Restaurierung sich amortisierte – wäre eine überschießende und den versierten Gerichtskommissär bevormundende Überregulierung und müsste von den Beteiligten als schikanös empfunden werden.

Zum § 168:

Nach Abs. 1 stehen dem Gerichtskommissär für die Errichtung des Inventars die gleichen Befugnisse wie bei der Todesfallaufnahme zu. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass er zum Zweck der Inventarerrichtung die Wohnung, das Geschäftslokal und die Schrankfächer des Verstorbenen ebenso öffnen kann, wie Schränke und sonstige Behältnisse. Auch die Beiziehung von Vertrauenspersonen und die Verpflichtung von Angehörigen, Mitbewohnern und Nachbarn des Verstorbenen zur Hilfeleistung gelten wie für die Todesfallaufnahme.

Es kommt vor, dass sich die zu schätzenden Gegenstände nicht alle im Sprengel des Verlassenschaftsgerichts befinden. Die derzeitigen Regeln des Verlassenschaftsverfahrens zwingen in diesem Fall zu einem komplizierten Rechtshilfeweg. Da der Gerichtskommissär nirgends ermächtigt ist, selbst Sachverständige beizuziehen, kann man es für erforderlich halten, dass das Verlassenschaftsgericht das Gericht, in dessen Sprengel die Schätzung vorzunehmen ist, um Rechtshilfe ersucht. Das Rechtshilfegericht bestellt den Sachverständigen und ist auch für die Gebührenbestimmung zuständig. In Wahrheit spricht allerdings nichts gegen eine Ermächtigung des Gerichtskommissärs, Sachverständige - auch außerhalb des Gerichtssprengels - beizuziehen. Dies wird im Abs. 2 festgeschrieben.

Wenn freilich die Beiziehung des Sachverständigen durch den Gerichtskommissär rechtspolitisch nicht problematisch ist, würde doch die Überlassung des Gebührenbestimmungsbeschlusses an den Gerichtskommissär manchen Bedenken begegnen; einerseits wäre es dann der Gerichtskommissär, der mit seinem Gebührenbestimmungsbeschluss das Gericht zur Auszahlung aus Amtsgeldern verpflichtet, andererseits würde hinsichtlich des Sachverständigen eine Entscheidung über dessen Rechtsschutzansprüche durch den Notar als Gerichtskommissär erfolgen, was verfassungsrechtlich - sollen doch echte Entscheidungen über Rechtsschutzansprüche dem Gericht vorbehalten bleiben - nicht unproblematisch wäre. Immerhin ist aber eine andere Möglichkeit der Verfahrensvereinfachung vorgesehen, weil in jenen Fällen, in denen eine Zahlungsaufforderung des Gerichtskommissärs tatsächlich zu einer direkten Zahlung durch die Parteien führt, sich ein Gebührenbestimmungsbeschluss faktisch erübrigt.

Abs. 3 sieht die Tragung der Kosten der Errichtung des Inventars durch die Verlassenschaft vor. Haben sich einzelne Parteien zur Tragung der Gebühren bereit gefunden, wird dies im Rahmen der Erbteilung zu berücksichtigen sein. Eine wesentliche Abkehr von der derzeitigen Regel liegt darin, dass die Kosten des Inventars auch dann, wenn es im Rahmen einer Nachlassseparation oder wegen der Anordnung der fideikommissarischen Substitution errichtet wird, von der Verlassenschaft zu tragen sind. Die bisherige Regel, wonach die Kosten im Fall der fideikommissarischen Substitution der Nacherbe trägt, konnte ohnedies dort nicht vollzogen werden, wo der Nacherbe bei der Inventarerrichtung noch gar nicht existierte.

Zum § 169:

Für die Frage der Wirkung des Inventars gab es rechtspolitisch zwei mögliche Optionen: Die bisherige Praxis, dass das Inventar zu Gericht angenommen wird, legt eine gewisse Legitimationswirkung nahe (Neuhold, Richterwoche 1997, 210; Schrott ebd. 226; Bittner ebd. 278), bei der auf der anderen Seite jede unrichtige Bewertung, weil sie ja über das bloße Abhandlungsverfahren hinauswirkt, sofort und mit allen Mitteln des Untersuchungsgrundsatzes zu korrigieren wäre. Die andere, von der Rechtsprechung oft eingenommene Position ist, dass die Bewertung im Rahmen des Inventars überhaupt keine über das Verlassenschaftsverfahren hinausreichenden Rechtswirkungen haben soll.

Dieser Gesetzentwurf folgt der zweiten Variante, schlägt also vor, dass hinsichtlich des Werts der aufgenommenen Sachen gar keine gerichtliche Entscheidungs- oder auch nur Bestätigungsfunktion eintreten soll. Für das Abhandlungsverfahren ist das Inventar mit der gewählten Bewertung jedenfalls bindend, wirkt aber nicht darüber hinaus. Wer aus der Unrichtigkeit der Bewertung im Verlassenschaftsverfahren Rechte ableiten will, der muss dies ohnehin im streitigen Verfahren tun, wie etwa der Gläubiger, der den Einwand der Erschöpfung der Nachlassaktiven entkräften will, oder der Noterbe im Rahmen einer Pflichtteilsergänzungsklage. Es erübrigt sich daher jede über die einfache Zustellung an die Parteien hinausgehende Tätigkeit des Gerichtes im Zusammenhang mit dem Inventar.

Selbstverständlich ist derjenige, der in einem späteren Verfahren die Unrichtigkeit der Bewertung behauptet, beweispflichtig. Dies ergibt sich auch daraus, dass das Inventar die Wirkung einer öffentlichen Urkunde hat (§ 292 ZPO). Damit ist die gleiche Situation erreicht, die ein gerichtliches Beweissicherungsverfahren böte.

Zum § 170:

Der bisherige Dualismus zwischen Inventar und „eidesstättigem Vermögensbekenntnis“ soll im Ergebnis auch weiterhin beibehalten werden. Allerdings ist die Bezeichnung als „eidesstättiges Vermögensbekenntnis“ wenig zutreffend; als Vermögensbekenntnis bezeichnet man das Bescheinigungsmittel zur Erlangung der Verfahrenshilfe, als Vermögensverzeichnis das unter zivil- und strafrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht abgegebene Instrument der Einzelexekution und der Insolvenz. Dass eine Erklärung an Eides statt abgegeben wird, ist im Verfahren außer Streitsachen, das keinen Eid mehr kennt, besonders funktionslos, zumal auch spätestens seit dem StGB 1975 sich an der strafrechtlichen Beurteilung einer Parteienerklärung dadurch, dass sie als „eidesstättig“ bezeichnet wird, nichts ändert. Im Grunde ist die Deklaration des Vermögens nur in verfahrensrechtlicher Hinsicht für die Gebührenfragen und in steuerrechtlicher Hinsicht für die Bemessung der Abgaben erforderlich. Auch steuerrechtlich besteht aber keine Bindung an das eidesstättige Vermögensbekenntnis, weil die Finanzbehörden eine selbständige Wertermittlung vornehmen können. Es kommt daher im Grunde nur auf die Beschreibung und Bewertung durch die Parteien selbst an. Eine Wahrheits- und Vollständigkeitspflicht trifft sie selbstverständlich schon nach §§ 13 Abs. 1 und 16 Abs. 2. Die starke Abhängigkeit des Gerichtes von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Parteienerklärung findet sich strukturell ähnlich im Unterhaltsvorschussgesetz. An § 11 Abs. 2 UVG 1985 orientiert sich daher die Verpflichtung, den Erklärenden auf die strafrechtlichen Folgen einer wahrheitswidrigen Erklärung hinzuweisen. Diese strafrechtlichen Folgen sind nach der jüngst eher ausgeweiteten Judikatur zum „Prozessbetrug“ zu beurteilen. Sie lässt sich kurz so zusammenfassen, dass eine Partei den Betrugstatbestand auch dadurch verwirklichen kann, dass sie durch unwahre, in der Regel durch die Behörden ungeprüft übernommene Angaben eine Täuschung und dadurch einen Vermögensschaden bewirkt (Leukauf/Steininger, StGB³ [1992] Rz 30 ff zu § 146; Bertel/Schwaighofer, Strafrecht Besonderer Teil I7 [2003] Rz 10 zu § 146).

Dass die Vermögenserklärung an die Stelle des Inventars tritt, bedeutet, dass sie als vollständiges Verzeichnis der Verlassenschaft und ihres Wertes im Zeitpunkt des Todes des Erblassers dient, nicht aber, dass ihr der Charakter einer öffentlichen Urkunde zukommen könnte.

Zum § 171:

Die Rechte des § 810 ABGB sollen inhaltlich nicht angetastet, aber praktikabler gestaltet werden (Neuhold, Richterwoche 1997, 209; Schrott ebd. 229; Bittner ebd. 277). Dazu dient vorerst eine Umschreibung der Rechte im § 810 ABGB, die sich auf die Benützung, Verwaltung und Vertretung beziehen. Dabei war als Grundregel vorzusehen, dass mehrere derartige Parteien das Recht gemeinschaftlich ausüben. Nur wenn sie sich auf eine abweichende Vertretungsart einigen, ist diese maßgeblich, solange von ihr nicht einvernehmlich wieder abgegangen wurde.

Jede Abweichung von der Gemeinschaftsvertretung und jede später eingetretene Änderung wird mit dem Zeitpunkt wirksam, mit dem sie dem Gerichtskommissär von allen vertretungsbefugten Erbansprechern angezeigt wird.

Für den Fall der Uneinigkeit ist erforderlichenfalls im Sinne des § 173 mit der Bestellung eines Verlassenschaftskurators vorzugehen.

Zum § 172:

Während die Grenzen der Vertretungsbefugnis angetretener Erben als materiell-rechtliche Vorschriften in § 810 ABGB zu regeln sind, waren Vorschriften über die Ausstellung einer Amtsbestätigung im Verfahrensrecht vorzusehen. Aus der derzeitigen Fassung des § 810 ABGB könnte man auch ableiten, dass eine eigene Übertragungshandlung des Gerichtes notwendig ist, damit die Benützung und Verwaltung der Verlassenschaft den Erben zukommt. Auch dies wird durch eine sprachliche Neufassung des § 810 ausgeräumt.

Zum § 173:

Die geltende Rechtslage bei Unstimmigkeiten zwischen Personen, denen gemeinschaftlich die Rechte nach § 810 ABGB zukommen, ist unbefriedigend. Es werden hier nämlich die Regeln über den Streit über Benützung und Verwaltung durch Miteigentümer analog angewendet, sodass ein Verwaltungsprozess innerhalb der Verlassenschaftsabhandlung durchgeführt werden muss. Dies hat sich nicht bewährt, weil es zu einer Komplikation und Aufblähung des Verfahrens führen musste. Statt dessen wird im Abs. 1 eine klare und einfache, wenngleich auch recht strikte Regelung vorgesehen, weil hier Einfachheit vor Billigkeit im Einzelfall treten soll, geht es doch um eine möglichst klare, Streitigkeiten hintan haltende Abgrenzung auch im wesentlichen Interesse des Verkehrsschutzes.

Daher ist für den Fall der Uneinigkeit gemeinschaftlich Verwaltungsbefugter sowohl über die Art der Vertretung als auch über einzelne Vertretungshandlungen vom Verlassenschaftsgericht ein Verlassenschaftskurator zu bestellen. Das Gleiche gilt dann, wenn auf Grund einer nachträglichen Erbantrittserklärung das Verfahren über das Erbrecht einzuleiten ist.

Erwogen wurde, ob man die Abbestellung des Verlassenschaftskurators und neuerliche Überlassung der Benutzung und Verwaltung an die Miterben bei Wegfall der derzeitigen Uneinigkeit vorsehen sollte; im Interesse klarer Verhältnisse und auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine einmal aufgetretene Unstimmigkeit in der Regel ein sehr starkes Indiz dafür ist, dass derartige Kollisionen auch in Zukunft drohen, wird davon abgesehen und eine Lösung gewählt, die im Vergleich zu einem sonst immer wieder erforderlichen Hineinregieren des Gerichtes in einzelne Verwaltungsakte nicht nur den Vorteil der Klarheit hat, sondern auch bei den Rechtsberufen die größte Zustimmung findet.

In Abs. 2 war vorzusehen, dass der Gerichtskommissär überholte Bestätigungen von den Empfängern abzufordern hat. Die Diktion „abzufordern“ entspricht jener des § 419 ZPO über die Urteilsberichtigung. Zu dieser Bestimmung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass eine erfolglos gebliebene Abforderung nicht zu Exekutionsmaßnahmen führt (Fasching, Lehrbuch Rz 1568). Dies ist auch auf die vorliegende Situation zu übertragen. Dass es dabei zu einer Zeitverzögerung kommen kann und unter Umständen sogar die Maßnahmen des Gerichtes und des Gerichtskommissärs nicht ausreichen, um die überholte Bestätigung tatsächlich wieder zu erlangen, muss als unvermeidlich hingenommen werden.

Zum § 174:

Die verfahrensrechtlichen Institutionen, die im Interesse der Gläubiger liegen, sind Regelungsgegenstand dieser und der folgenden Bestimmung.

Dabei wird von den derzeitigen, im ABGB niedergelegten und nicht zu ändernden Instituten der Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger (Gläubigerkonvokation) und der Absonderung der Verlassenschaft (Nachlassseparation) ausgegangen. Die Voraussetzungen, unter denen diese Institute in einem konkreten Fall greifen, werden im Verfahrensrecht nicht neuerlich geregelt, sondern vorausgesetzt.

Somit erschöpfen sich die verfahrensrechtlichen Regelungen über die Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger darin, dass bei Anberaumung einer mündlichen Verhandlung deren Termin vom Gerichtskommissär öffentlich bekannt zu machen ist (§ 24), und klarzustellen, welche Parteien dazu zu laden sind (Abs. 1) sowie in der weiteren Anordnung (Abs. 2), dass auf die Herstellung von Einvernehmen über die angemeldeten Forderungen hingewirkt werden soll. Diese offene Formulierung war angebracht, weil sich das Einvernehmen in verschiedenen Rechtsformen des materiellen bzw. formellen Rechts finden lässt, von der Zurückziehung der Anmeldung, über Teilzurückziehungen bis zum Vergleich (s. auch § 181 Abs. 3). Eine strittige Klärung der Berechtigung solcher angemeldeten Forderungen hat aber im Abhandlungsverfahren keinen Raum.

Zum § 175:

So wie § 174 die Regelungen des ABGB über die Gläubigerkonvokation, setzt § 175 jene über die Nachlassseparation, also § 812 ABGB, voraus. Zu normieren war nur, dass nicht der Gerichtskommissär, sondern das Gericht - Richtersache nach § 18 Abs. 2 Z 2 lit. b RpflG - zu entscheiden hat, das auch mit einer Art einstweiliger Anordnung schon vor Beschlussfassung über den Separationsantrag den Erben die Verwaltung und Benützung des Verlassenschaftsvermögens entziehen und den (Separations-)Kurator bestellen kann.

Schließlich erschien es bei näherer Prüfung auch nicht nötig, dann einen eigenen Separationskurator zu bestellen, wenn ohnedies ein Verlassenschaftskurator den ruhenden Nachlass vertritt. In einem solchen Fall kommen bei Bewilligung der Nachlassseparation dem derzeitigen Verlassenschaftskurator alle Befugnisse eines Separationskurators zu, ohne dass es einer umqualifizierenden Bestellung, Angelobung oder anderer Rechtsakte bedürfte. Selbstverständlich ist der Antrag, auf Grund dessen die Separation bewilligt wurde, dem derzeitigen Verlassenschaftskurator zuzustellen.

Zum § 176:

Nach der derzeitigen Rechtslage gibt es verschiedene Arten von Abhandlungsausweisen (vgl. zuletzt Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 [2000] 142). Abgesehen davon, dass die Bezeichnung Ausweis heutzutage eher auf eine persönliche Legitimationsurkunde als auf ein innerprozessuales Bescheinigungsmittel angewendet wird, sollte von dieser Vielzahl von Ausweisen (besser: Nachweisen) abgegangen werden.

Damit können viele bisherige Differenzierungen unterbleiben. Als Einantwortungsvoraussetzungen sind nur noch bestimmte Nachweise zu erbringen, die lediglich von der Qualifikation des Begünstigten abhängen.

Auf welche Begünstigungen sich Nachweise beziehen, war auf Grund dieser Erwägungen im Abs. 1 zu regeln: Alle auf die Verlassenschaft bezogenen Rechte, die sich aus dem Recht der Vermögensnachfolge von Todes wegen („erbrechtliche Ansprüche“) ergeben, ohne eine Erbenstellung zu verleihen, sind vor Einantwortung zu berücksichtigen, insbesondere also Pflichtteilsansprüche und Ansprüche aus Vermächtnissen, während jegliche Erbenstellung, sei es aus Gesetz, letztwilliger Verfügung oder Erbvertrag, von diesen Nachweispflichten nicht berührt ist. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang betont, dass auch bei minderjährigen Erben kein „Endausweis“ und bei Miterben kein zwingendes Erbteilungsübereinkommen (auch wenn zu ihnen Minderjährige gehören) als Voraussetzung für die Einantwortung normiert werden soll.

Innerhalb dieser Ansprüche wird nach Abs. 2 danach differenziert, ob es sich um Pflegebefohlene, also Minderjährige oder Personen, denen ein Sachwalter bestellt wurde, oder andere, also voll geschäftsfähige Personen handelt. Voll geschäftsfähige Personen sind vor der Einantwortung nachweislich vom Anfall ihrer erbrechtlichen Ansprüche zu verständigen. Pflegebefohlenen ist für ihre Ansprüche vor der Einantwortung Sicherheit zu leisten, wobei für die Art der Sicherheitsleistung auf die bewährten Normen des § 56 ZPO verwiesen werden kann. Selbstverständlich ist eine Sicherheitsleistung dann nicht notwendig, wenn bereits die Erfüllung dieser Ansprüche nachgewiesen werden kann. Vom derzeitigen Recht abweichend sind die weiteren Regelungen des Abs. 2, dass die Sicherheit auch beim Gerichtskommissär hinterlegt bzw. der Erlag beschlussmäßig aufgetragen und daher auch in Exekution gezogen werden kann.

Schließlich ergab sich noch ein berechtigtes Anliegen in jenen Fällen, in denen der als Erbe in Frage kommende die erforderliche Sicherstellung nicht aus eigenem aufbringen kann, sie aber in der Verlassenschaft Deckung findet. Hier kann es nicht sinnvoll sein, den Erben auf Zwischenfinanzierungen zu verweisen, statt ihm die Sicherstellung aus dem Nachlass zu erlauben. Diese Möglichkeit soll daher in Abs. 3 festgeschrieben werden.

Zum § 177:

An die Spitze der Regeln über die Einantwortung ist zu stellen, dass die Feststellung der Erben und ihrer Quoten ebenso wie die Erfüllung der übrigen Einantwortungsvoraussetzungen vor der Einantwortung nachzuweisen ist, und wenn dies geschehen ist, die Einantwortung stattzufinden hat. Was mit dem Wort Einantwortung gemeint ist, definiert § 797 ABGB: die Einweisung der Erben in den rechtmäßigen Besitz der Verlassenschaft, der gleichzeitig den Eigentumsübergang bewirkt.

Zum § 178:

Diese Bestimmung befasst sich einerseits mit dem Inhalt der Einantwortung (Abs. 1 und 2), andererseits auch mit deren formeller Gestaltung. Die bisherige Praxis trennt hier die Einantwortungsurkunde vom Mantel-, oder Endbeschluss, was einen näher zu erörternden berechtigten Kern hat, in dieser Striktheit aber nicht aufrecht erhalten werden soll.

Jede Einantwortung hat einen zwingenden, unverzichtbaren Inhalt, nämlich die Bezeichnung der Verlassenschaft und der Erben, den Erbrechtstitel und die Erbquote (einschließlich einer Erbquote von 100 % für den Alleinerben) sowie die Art der Erbantrittserklärung – und damit der Erbenhaftung (Abs. 1 Z 1 bis 4); liegt ein Erbteilungsübereinkommen bereits vor, ist ein Hinweis hierauf in den zwingenden Inhalt der Einantwortung aufzunehmen.

Darüber hinaus sind gegebenenfalls auch noch die Angaben des Abs. 2 aufzunehmen, etwa eine fideikommissarische Substitution oder gleichgestellte, die Rechte des Erben beschränkende Anordnungen (Abs. 2 Z 1).

Abs. 2 Z 2 verlangt die Angabe der Grundbuchskörper, auf denen infolge der Einantwortung für die Herstellung der Grundbuchsordnung Eintragungen erforderlich sein werden. Dies ersetzt die bisherige in ihrem normativen Charakter äußerst umstrittene Verbücherungsanordnung. Aus Gründen der Grundverkehrsgesetzgebung der Länder ist - was einem Wunsch aus der Praxis entspricht - auch auszuführen, ob diejenigen, denen eingeantwortet worden ist, zum Kreis der gesetzlichen Erben - in jenem Sinne, in dem dies die Landesgesetze verstehen - zählen.

In Ersetzung des derzeitigen Endbeschlusses wird im Abs. 3 normiert, dass auch alle übrigen noch offenen Verfahrenshandlungen gleichzeitig mit der Einantwortung vorgenommen werden sollen. Ob dies zweckmäßiger im Einantwortungsbeschluss oder in einem getrennten Beschluss geschieht, bleibt der Gestaltung der Praxis überlassen. Schließlich können auch Angaben zur Verfügungsberechtigung über das Verlassenschaftsvermögen nach Rechtskraft der Einantwortung unbeschadet bisheriger Sperren in den Einantwortungsbeschluss aufgenommen werden, soweit sich dies nicht ohnehin schon aus der Einantwortung ergibt. Der Einantwortungsbeschluss reicht hier zur Überwindung der Sperre jedenfalls aus, sodass Angaben zur Verfügungsberechtigung nur aus besonderen Gründen notwendig sind, etwa dann, wenn ein Kontoguthaben einem Dritten zahlungshalber überlassen werden soll oder Miterben, vor allem auf Grund eines Erbteilungsübereinkommens, nicht gemeinsam über diese Konten verfügen sollen.

Es mag Fälle geben, in denen sich aus praktischen oder auch verfahrensexternen Gründen ein Bedürfnis ergibt, dass nicht alle, deren Rechtssphäre durch einen Teil dieser Enderledigung berührt ist, von sämtlichen übrigen Inhalten des erweiterten Einantwortungsbeschlusses Kenntnis erlangen sollen. Der berechtigte Kern der derzeitigen Trennung von Einantwortungsurkunde und Endbeschluss lag wohl darin, dass in manchen Fällen nur jene Informationen weitergegeben werden sollten, die nun im Abs. 1 enthalten sind. Diese Diskretionsmaxime kann ein Gericht von sich aus veranlassen, die einzelnen Erledigungen zu sondern, doch wird ein besonderes Interesse daran häufig nicht von vornherein deutlich werden. Abs. 4 erlaubt daher Anträge auf gesonderte Ausfertigung von Anordnungen, deren gleichzeitige Ausfertigung die Privatsphäre des Erblassers oder einer Partei beeinträchtigen würde. Die Interessen sind zu bescheinigen.

Abs. 5 bestimmt, wem der Einantwortungsbeschluss zuzustellen ist, wobei insbesondere auf die Verständigung des Pflegschaftsgerichts und die Zustellung einer Ausfertigung an andere rechtlich Interessierte zu verweisen ist.

Wird ein Verfahren über das Erbrecht gleichzeitig mit dem Einantwortungsbeschluss beendet, so können in der ausführlichen Begründung Feststellungen wiedergegeben sein, die andere von anderen Beschlusspunkten allein betroffene Parteien nicht berühren. Wie weit der Erblasser testierfähig war, welche Erbunwürdigkeits- oder Enterbungsgründe von einzelnen Erben gesetzt worden sind, ist für die Gläubiger oder Gebührenberechtigten, deren Ansprüche gleichzeitig erledigt werden, rechtlich nicht von Interesse. Abs. 6 ordnet daher an, dass ein Einantwortungsbeschluss, der zur Erbrechtsfeststellung eine Begründung enthält, insoweit Personen, die zwar Partei des Abhandlungsverfahrens, nicht aber des Feststellungsverfahrens waren, nicht unter Einschluss dieser Begründung zugestellt werden soll.

Abs. 7 ermöglicht es, auf Antrag den Parteien auch eine Amtsbestätigung (§ 186) auszustellen, die - je nach Antrag - alle oder einzelne Angaben nach Abs. 1 zu enthalten hat.

Zum § 179:

Die in allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen vorgesehene Banksperre hat in der Praxis sogar dazu geführt, bei jeder Auszahlung einen so genannten „Rotsiegelbeschluss“ zu verlangen, also einen mit dem besonderen Siegel nach § 68 Abs. 2 Geo. versehenen Beschluss. Diese Praxis ist weder von den allgemeinen Geschäftsbedingungen zwingend vorgegeben, noch nimmt sie auf die wechselseitigen Bedürfnisse und Interessen ausreichend Bedacht. Sie übersieht auch völlig, dass dadurch der Auszahlung keinerlei höhere Legitimation verliehen wird. Wem rechtskräftig eingeantwortet wurde, der ist Rechtsnachfolger des Erblassers selbstverständlich auch hinsichtlich der Forderung aus dem Bankkonto geworden. Eine weitere Legitimation als durch die Einantwortung kann ihm nicht verliehen werden. Um daher den völlig unangemessenen Wünschen nach Rotsiegelbeschlüssen eine deutliche Absage zu erteilen, war eine Klarstellung angebracht, dass weitere Schritte zur Überwindung der Sperre nicht nötig sind.

Zum § 180:

Abs. 1 vereinfacht es, einen Einantwortungsbeschluss sogleich in Vollzug zu setzen, wenn er dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten entspricht. In derartigen Fällen wäre – anders als wenn Rechtsmittel zumindest nicht unwahrscheinlich sind – das Abwarten des Ablaufs der Rekursfrist nicht ein Gebot des Rechtsstaats, sondern ein unnötiger Formalismus.

Um Auslegungsschwierigkeiten zu begegnen, stellt Abs. 2 klar, dass nach Rechtskraft der Einantwortung kein Abänderungsverfahren mehr stattfindet. Wer eine Erbenstellung nach Rechtskraft der Einantwortung geltend machen will, muss auf die Erbschaftsklage im Sinne des § 823 ABGB verwiesen werden. Dieses Ergebnis ergibt sich auch aus § 72 über die Subsidiarität des Abänderungsverfahrens, doch ist die Klarstellung zumindest tunlich.

Zum § 181:

Zweifellos ist es zur Finalisierung einer Verlassenschaftsabhandlung für die Interessen der Beteiligten ratsam, auch bereits eine Einigung über die Aufteilung der einzelnen Vermögensbestandteile zu erzielen; dies ermöglicht nicht zuletzt auch, bereits im Einantwortungsbeschluss auf derartige Aufteilungen Bedacht zu nehmen. Es entspricht allerdings der geltenden Rechtslage, dass diese ratsame Vorgangsweise nicht zwingend verlangt werden, eine Einigung über die Teilung der Erbschaft nicht Einantwortungsvoraussetzung sein kann. In Fällen, in denen die Beteiligten zu keiner Einigung finden, ist der Weg der Erbteilungsklage unvermeidlich.

Nicht als Einantwortungsvoraussetzung, aber als mögliches Akzessorium ist daher die Erbteilungsvereinbarung, in der Praxis Erbteilungsübereinkommen genannt, verfahrensrechtlich zu berücksichtigen. Zweckmäßig erscheint es, dass bereits der Gerichtskommissär diese Übereinkommen, die in ihrer Wirkung einem gerichtlichen Vergleich gleichzuhalten sind, protokollieren kann, und nicht etwa eine ausschließliche Zuständigkeit des Abhandlungsgerichts vorzusehen. Der Abschluss eines Vergleichs über die Erbteilung vor Gericht ist nach § 30 jedenfalls möglich. Einem Wunsch nicht nur des Notariats (Bittner, Richterwoche 1997, 281), sondern auch maßgeblicher Stimmen aus der richterlichen Praxis (Knoll, RZ 1995, 109) entspricht es, die vor dem Gerichtskommissär geschlossenen Erbteilungsübereinkommen wie einen gerichtlichen Vergleich mit Vollstreckbarkeitswirkung auszustatten (Abs. 1). Darauf werden die Parteien - entsprechend der Belehrungspflicht im Außerstreitverfahren - (beispielsweise wie im Notariatsakt mit der Unterwerfungsklausel) nachweislich aufmerksam zu machen sein.

Erbteilungsübereinkommen mit Pflegebefohlenen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts. Funktionell konnte das nicht bezweifelt werden, allerdings kennt § 27 des geltenden Außerstreitgesetzes eine Teilung dieser Kompetenz zwischen der Genehmigung „in einfacheren Fällen“, die das Verlassenschaftsgericht selbst vornehmen kann, und in den Fällen, in denen bei der Erbteilung in Rücksicht der Übernahme unbeweglicher Güter oder in anderen wichtigen Punkten von der Anordnung des Gesetzes oder des Erblassers durch besondere Übereinkunft abgegangen oder über zweifelhafte Rechte ein Vergleich geschlossen werden soll, die immer dem Pflegschaftsgericht überlassen bleiben. Berücksichtigt man freilich, dass die Aufgabe der Wahrung von Rechten Pflegebefohlener prinzipiell beim Pflegschaftsgericht angesiedelt sein soll, wozu nicht zuletzt auch die vergleichbare Situation bei im Zivilprozess abgeschlossenen Vergleichen oder bei der Scheidungsvereinbarung im Sinne des § 55a Ehegesetz als Bestätigung dient, und ein wesentliches rechtspolitisches Anliegen dieses Entwurfs, nämlich das Abhandlungsverfahren auf seine ureigenen Wesensaufgaben zu beschränken, so wird diese Differenzierung, die keinen besonderen Vorteil bringt, aufgegeben. Auch in einfachen Fällen ist die Vermögensfürsorge nach der Einantwortung für Minderjährige oder unter Sachwalterschaft stehende Parteien daher Sache des Pflegschafts-, nicht des Verlassenschaftsgerichts (Abs. 2).

Im Zuge einer Verlassenschaftsabhandlung können auch sonstige Beteiligte, nicht nur Erben, zu einer Einigung über Rechte kommen; man denke einerseits an Vermächtnisnehmer und Noterben, deren Ansprüche auch auf diese Weise einfach abgewickelt werden können, aber auch an Nachlassgläubiger. Es wäre nun wenig zweckmäßig, eine Vollstreckbarkeitswirkung der zwischen den Erben vor dem Gerichtskommissär geschlossenen Vereinbarungen zuzulassen, nicht aber eine Vollstreckbarkeitswirkung anderer auf die Verlassenschaft bezogener Vereinbarungen, sodass solche Vereinbarungen vor dem Gerichtskommissär auch anderen Beteiligten des Verlassenschaftsverfahrens offen stehen (Abs. 3).

Zum 3. Abschnitt (Verfahren außerhalb der Abhandlung)

Zum § 182:

Auf Grund eines Verlassenschaftsverfahrens werden Rechte teils durch den Einantwortungsbeschluss ohne zusätzliche konstitutive Eintragung erworben, andererseits aber bloß obligatorische Rechte begründet. Somit sind bücherliche Eintragungen von verschiedener Rechtswirkung die Folge; hinsichtlich der Erben ist die Verbücherung bloß deklarativ, etwa hinsichtlich der Vermächtnisnehmer dagegen konstitutiv. Im geltenden Recht (§§ 177, 178 AußStrG-aF) wird daher zwischen der Verbücherung der Abhandlungsergebnisse einerseits und der Ausstellung von Amtsbestätigungen andererseits unterschieden. In jedem Fall wird aber davon ausgegangen (§§ 177, 178 AußStrG-aF), dass die Antragstellung durch die rechtlich Interessierten vorrangig ist. Dies soll auch weiterhin beibehalten werden, auch die Unterscheidung zwischen dem Nachziehen deklaratorischer Grundbuchsvorgänge und der konstitutiven Herstellung der Grundbuchsordnung soll bestehen bleiben. Die Unterscheidung der Zuständigkeiten dagegen soll fallen gelassen werden.

Somit enthält Abs. 1 den Grundsatz, dass die auf Grund der Einantwortung erforderlichen Eintragungen in das Grundbuch auf Antrag erfolgen sollen. Für die Entscheidung über diesen Antrag ist nicht mehr das Verlassenschaftsgericht, sondern das Grundbuchsgericht zuständig.

Nun kommt es freilich immer wieder vor, dass die Erben die grundbücherliche Eintragung nicht beantragen. Wenn also die Eintragungsgrundlagen vorliegen, aber innerhalb einer angemessenen Frist kein Antrag auf Verbücherung gestellt wird, so sind Maßnahmen zur Herstellung der Grundbuchsordnung (bisher § 29 Liegenschaftsteilungsgesetz) vorzunehmen. Zu diesem Zweck wird normiert, dass innerhalb angemessener Frist nach Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses ein diesbezüglicher Antrag einzubringen oder anders für die Eintragung zu sorgen ist.

Da eine Weiterveräußerung gelegentlich geplant, aber nicht allzu kurzfristig zu finalisieren ist, wird eine ebenso großzügige (etwa ein Jahr) wie flexible („angemessen“, „nicht erheblich übersteigende“) Frist für die Erfüllung der Antragsobliegenheit gewählt.

Die wichtigste rechtspolitische Entscheidung betraf indes die Frage, wer auf welche Weise für die Eintragung zu sorgen hat, wenn innerhalb der Frist kein Antrag der eigentlich Berechtigten einlangt. Bisher war dies Aufgabe des Verlassenschaftsgerichts, was bedeutete, das ein sonst nicht mit spezifischen Fragen des Grundbuchsrechts betrautes Organ für die Angleichung des Buchstands an die (außerbücherlich bereits mit Rechtskraft der Einantwortung bewirkte) Rechtslage verantwortlich ist, ohne dass damit in der Regel auch spezifisch verlassenschaftsrechtliche Fragen verbunden sind – ausgenommen die aus dem Verlassenschaftsakt zu entnehmende Frage nach dem Eintritt der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses. Anders als nach der durch § 12 AußStrG-aF ermöglichten vorläufigen Wirksamkeit ist zudem nach neuem Recht die Erteilung einer Rechtskraftbestätigung ohnehin erforderlich. Gegen eine Zuständigkeit des Buchgerichts zur amtswegigen Verbücherung spricht das Antragsprinzip des Grundbuchsrechts und praktische Erwägungen, insbesondere weil das Buchgericht jeden Verlassenschaftsakt beischaffen und überwachen müsste. Freilich kommt noch ein drittes Organ der Rechtspflege als Adressat dieser Kompetenz in Betracht, nämlich der Gerichtskommissär. Schon nach dem Berufsbild des Notars ist dieser in annähernd gleichem Ausmaß mit Verlassenschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten vertraut; für seine Kompetenz spricht auch, dass damit kein grundsätzlich andersartiges Verfahren (nämlich ein von Amts wegen durchzuführendes) als sonst im Grundbuch vorgesehen werden muss; dem entscheidenden Gericht tritt auch hier ein Antragsteller entgegen. Diese Lösung wurde von den Vertretern der Richter, Rechtspfleger und Notare begrüßt (vgl auch Bittner, Der Notar als Gerichtskommissär im neuen Verlassenschaftsverfahren, in Rechberger, Winfried-Kralik-Symposion 2001 [LBI XXVI 2002] 42). Dass der Gerichtskommissär als solcher keine Vollmacht der zum Verbücherungsantrag legitimierten Parteien hat, ist kein dogmatisches Hindernis, weil sich seine Antragslegitimation unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Wenn die Legitimation des Gerichtskommissärs einer Partei unangenehm wäre, kann sie diese selbst leicht ausräumen, indem sie (selbst oder durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter) fristgerecht den Antrag stellt.

Praktisch setzt die Stellung des Verbücherungsantrags durch den Gerichtskommissär voraus, dass er einen Kalender setzt, Erhebungen darüber anstellt, ob ein Antrag auf Verbücherung gestellt wurde und ob die Eintragungsgrundlagen vorliegen, insbesondere die Unbedenklichkeitsbescheinigung. Über die Unbedenklichkeitsbescheinigung sollte allerdings keine besondere Regelung getroffen werden, weil dies Sache der Steuergesetze, insbesondere der Bundesabgabenordnung ist, und künftigen Entwicklungen, die insbesondere in die Richtung einer Selbstbemessung der Erbschaftssteuer zielen, nicht vorgegriffen werden soll.

Die Entscheidung, statt der Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichts jene des Grundbuchsgerichts vorzusehen, beruht auf der Erwägung, dass die Frage der Herstellung der Grundbuchsordnung keine spezifisch verlassenschaftsrechtliche, sondern eine spezifisch grundbuchsrechtliche ist, die tatsächliche Vornahme der Eintragung dem Grundbuchsgericht ohnedies nicht abgenommen werden kann, und vor allem Fälle vorkommen, in denen die abhandlungsbedingten Eintragungen und weitere, nicht von der Abhandlung abhängige Eintragungen (z.B. Löschungen oder Weiterveräußerungen) sinnvollerweise gleichzeitig vorzunehmen sind. Durch die technische Weiterentwicklung des ADV-Abhandlungsverfahrens wird es auch ein Leichtes sein, in den Fällen einer Mehrheit von Grundbuchsgerichten die entsprechenden Abschriften herzustellen. § 29 Liegenschaftsteilungsgesetz wird gleichzeitig zu novellieren sein.

Auch die bisherige Amtsbestätigung war neu zu gestalten. Wer nicht als Erbe, sondern auf andere Weise bücherlich zu übertragende Sachen erwirbt, kann mit Zustimmung aller Erben den Antrag an das Verlassenschaftsgericht stellen, dass dieses mit Beschluss bestätigt, dass dem angestrebten Erwerbsvorgang keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstehen. Damit wird der Kern der Äußerung des Verlassenschaftsgerichts präziser umschrieben als durch die bisherige Amtsbestätigung. Die sinngemäße Verweisung für Eintragungen in das Firmenbuch war dabei ebenfalls beizubehalten (Abs. 3).

Zum § 183:

Mit der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses ist das Verfahren zur Verlassenschaftsabhandlung beendet. Ergeben sich nachher Änderungen der Abhandlungsgrundlagen, so kann das auf folgenden Gründen beruhen:

a)     es treten neue Erbprätendenten auf (diese sind gemäß § 164 letzter Satz iVm § 823 ABGB auf den streitigen Rechtsweg, die Erbschaftsklage, verwiesen);

b)     es wird weiteres Verlassenschaftsvermögen bekannt;

c)     es wird eine weitere letztwillige Verfügung (umfassender: eine weitere „Urkunde im Sinne des § 151“) bekannt.

Mit dem Auftreten weiterer Vermögenswerte befassen sich die Abs. 1 bis 3, womit sie den § 179 des geltenden Außerstreitgesetzes ersetzen. Es bleibt bei der derzeitigen Regel, dass ein neuerliches Einholen von Erbantrittserklärungen oder eine Ergänzung des Einantwortungsbeschlusses nicht erforderlich ist. In allen Fällen sind die Parteien vom Bekanntwerden dieser Vermögenswerte zu verständigen (Abs. 1). Wenn das Verfahren mit Einantwortung geendet hat, der eine Inventarisierung vorangegangen ist, hat der Gerichtskommissär das Inventar zu ergänzen; da sich die Einantwortung auf die gesamte Verlassenschaft bezieht, ist freilich in der Regel keine Ergänzung des Einantwortungsbeschlusses, sondern nur allenfalls Ergänzungen dessen erforderlich, was im alten Recht in die Endverfügung aufgenommen wurde. Hat keine Inventarisierung stattgefunden, so beschränkt sich das gerichtliche Ergänzungsverfahren neben der Verständigung der Parteien darauf, dass die Erben darauf hinzuweisen sind, dass ihre Vermögenserklärung zu ergänzen ist (Abs. 2). Ist aber bisher eine Verlassenschaftsabhandlung unterblieben, so ist neuerlich im Sinne der §§ 153 ff zu entscheiden, nunmehr auf Grundlage der ergänzten Gesamtwerte. Insoweit kann es vorkommen, dass die bisherige Wertgrenze überschritten wird, weshalb es nun erstmals zu einer Abhandlung kommt (Abs. 3).

Abs. 4 bestimmt in Nachfolge des § 180 des geltenden Außerstreitgesetzes, dass dann, wenn Urkunden nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vorgefunden werden, neuerlich nach § 152 vorzugehen, also insbesondere ein Übernahmeprotokoll zu errichten, eine Urkundenabschrift zum Verlassenschaftsakt zu nehmen und den Parteien und jenen, die nach dem Gesetz zur Erbfolge berufen werden, unbeglaubigte Abschriften zuzustellen sind.

Zum § 184:

Die derzeitigen Regelungen über die erblosen Verlassenschaften waren in das neue Recht zu übernehmen. Der Republik Österreich wird eine erblos verbliebene Verlassenschaft nicht im technischen Sinne eingeantwortet, sondern es erfolgt nach Bestellung eines Verlassenschaftskurators und Fristsetzung im Sinne des § 157 auf Antrag der Finanzprokuratur ein Übergabebeschluss, der die für die Einantwortung erforderlichen Angaben enthalten muss (Abs. 1 und 2).

Wenn die Verlassenschaft voraussichtlich erblos bleibt, ist ein Inventar zu errichten - allenfalls zur Ergänzung durch eine bisher unterbliebene Schätzung. Einem Wunsch der Praxis folgend, soll in jenen Fällen, in denen keine Erbantrittserklärung abgegeben wurde, der dazu Aufgeforderte allerdings einen Antrag auf Zustellung des Inventars gestellt hat, dem zur Erbantrittserklärung Aufgeforderten die Möglichkeit eingeräumt werden, nach Maßgabe des Ergebnisses des ohnehin von Amts wegen zu errichtenden Inventars die Frage des Erbantritts noch einmal zu überdenken und allenfalls eine Erbantrittserklärung abzugeben (Abs. 3).

Zum § 185:

Für die Abhandlung im engeren Sinne, also nicht für das Verfahren zur Entscheidung über das Erbrecht, war schon bisher weder ein Kostenersatz noch eine öffentliche Verhandlung vorgesehen. Beides soll nicht geändert werden, musste aber jetzt als Abweichung vom Allgemeinen Teil besonders angeordnet werden.

Zum IV. Hauptstück (Beurkundungen)

Allgemeines

Im Interesse einer bürgerfreundlichen Gerichtsbarkeit liegt es, dass Beurkundungen nicht nur durch das Notariat, sondern auch durch das Gericht möglich sind. Eine zwingende Begründung für die Ausgliederung der Beurkundungstätigkeit findet sich nicht. Freilich sind die Bestimmungen des geltenden Außerstreitgesetzes über die Beurkundung nicht mehr auf neuestem Stand, weisen manche unnötigen Differenzierungen gegenüber den Beurkundungsvorschriften der Notariatsordnung auf, enthalten in den Bestimmungen über die Beglaubigung von Übersetzungen (§§ 287 bis 292 des geltenden Außerstreitgesetzes) Bestimmungen, denen schon durch das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz materiell derogiert wurde, weshalb sie in den Entwurf nicht mehr Aufnahme gefunden haben.

Letztlich lassen sich die Beurkundungstätigkeiten des Gerichtes auf folgende Fallgruppen reduzieren:

a)     die Ausstellung von Amtsbestätigungen über aktenmäßig bei Gericht bekannte Tatsachen;

b)       Beglaubigung von Abschriften;

c)       Beglaubigung von Unterschriften

d)     „die Beglaubigung der Beglaubigung“ (Überbeglaubigung) und

e)       Beglaubigung von Übersetzungen.

Zum § 186:

Abs. 1 beschäftigt sich mit den so genannten Amtsbestätigungen, also den amtlichen Bestätigungen über bei Gericht bekannte Tatsachen. Solche Amtsbestätigungen sind auf Antrag auszustellen, wobei die Reichweite der Amtsbestätigungen über das Verfahren außer Streitsachen hinausreicht. Auch aus einem Zivilprozess-, Exekutions- oder Konkursakt können selbstverständlich Amtsbestätigungen erteilt werden. Die Möglichkeiten der ADV-Justiz können hier nutzbar gemacht werden.

In der Reformdiskussion war umstritten (Kralik, Anmerkungen zum Ludwig Boltzmann Entwurf, LBI VIII, 106), ob Zeugnisse über das in der Republik Österreich geltende Recht überhaupt Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sind. Bei einer puristischen Betrachtungsweise mag es vorzuziehen sein, darüber keinerlei Bestimmungen vorzusehen, ist doch die Ausstellung solcher Zeugnisse durch das Bundesministerium für Justiz kein gerichtliches Verfahren, sondern Justizverwaltungssache. Andererseits findet sich schwerlich ein passenderer Sitz der auch bisher im geltenden Außerstreitgesetz enthaltenen Bestimmungen über die Ausstellung dieser Zeugnisse, weshalb vorgeschlagen wird, die Bestimmung - sprachlich modernisiert - beizubehalten.

Zum § 187:

Die Beglaubigung von Abschriften wird im Abs. 1 als Bestätigung der Übereinstimmung einer Abschrift oder sonstigen Kopie mit der vorgelegten, eindeutig lesbaren Urkunde definiert, im Abs. 2 sind die in jedem Fall gegebenen Inhaltserfordernisse, im Abs. 3 weitere nach den Umständen des Falles erforderliche Bemerkungen aufgezählt.

Zum § 188:

Abs. 1 definiert die Unterschriftsbeglaubigung (Bestätigung der Echtheit einer Unterschrift, firmenmäßigen Zeichnung oder eines Handzeichens) und deren Voraussetzungen, Abs. 2 den Inhalt des darüber zu errichtenden Protokolls, Abs. 3 den Inhalt des Beglaubigungsvermerks. Der Entfall der Berufsangabe bei der Bezeichnung von Personen trägt den geänderten Lebensverhältnissen Rechnung. Die Berufsbezeichnung ist heute im Regelfall kein taugliches Unterscheidungsmerkmal mehr für Personen (man denke etwa an die meist verwendeten Berufsangaben wie Arbeiter/in, Angestellte/r, Pensionist/in, Private/r, ohne Beschäftigung) und kann daher als überflüssiger Formalismus entfallen. Viel aussagekräftiger sind hingegen die Anschrift und – wo Bedarf nach einwandfreier Identifizierung besteht – Geburtsdatum und –ort einer Person.

Zum § 189:

Auch die Überbeglaubigung (Bestätigung der Berechtigung der Beglaubigungen) war gesondert und im gegebenen Zusammenhang zu regeln.

Zum § 190:

Die Regelung der Beglaubigung von Übersetzungen folgt im Abs. 1 dem Vorbild der §§ 287 und 289 AußStrG-aF; Abs. 2 entspricht § 288 Abs. 2 AußStrG-aF. Außerdem soll eine Verordnungsermächtigung betreffend Form und inhaltliche Gestaltung beglaubigter Übersetzungen sowie der beigefügten Beglaubigungsvermerke eingefügt werden, um eine einheitliche Gestaltung durch die Dolmetscher zu gewährleisten.

Zum V. Hauptstück (freiwillige Feilbietung)

Allgemeines

Im Hinblick auf die geringe praktische Bedeutung der Verfahren über die gerichtliche Schätzung und die freiwillige Feilbietung von Fahrnissen, sollen diese Verfahrensarten in Hinkunft nicht mehr vorgesehen werden.

Die Bestimmungen über die Durchführung der gerichtlichen Schätzung sind durch das In-Kraft-Treten des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, BGBl. Nr. 150/ 1992, weitgehend bedeutungslos geworden. Anträge auf bloße Schätzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen kommen in der Praxis nicht vor. Die Schätzung erfolgt entweder im Rahmen eines anderen gerichtlichen Verfahrens, etwa eines Pflegschafts-, Verlassenschafts- oder Exekutionsverfahrens, oder die Wertermittlung geschieht durch ein Privatgutachten. Praktischer Bedarf nach einem gerichtlichen Verfahren zur bloßen Schätzung einer Sache besteht offensichtlich nicht.

Ähnliches gilt für die gerichtliche freiwillige Feilbietung von Fahrnissen, die nach der geltenden Rechtslage ohnedies nur für mit keinem Pfandrecht versehene Forderungen (§ 269 Abs. 1 AußStrG-aF) und  für bewegliche Sachen, die zum Vermögen eines Pflegebefohlenen oder zu einer noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft gehören (§ 269 Abs. 2 AußStrG-aF), vorgesehen ist. Derartige Anträge wurden auch kaum je gestellt.

Die freiwillige Feilbietung der Fahrnisse durch die Verwaltungsbehörden trägt den Bedürfnissen der Praxis offensichtlich in ausreichendem Maß Rechnung. Darüber hinaus sind auch die Sondervorschriften, die die gerichtliche Feilbietung von beweglichen Sachen, die zum Vermögen eines Pflegebefohlenen gehören, anordnen, mit dem KindRÄG 2001 beseitigt worden; auch die Feilbietung von Sachen, die zu einer noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft gehören (§ 145 AußStrG-aF) ist in diesem Gesetz nicht mehr vorgesehen.

Eine Ausnahme gilt für die freiwillige Feilbietung von Superädifikaten, für die, obwohl sie bewegliche Sachen sind, die Bestimmungen über die freiwillige Feilbietung von Liegenschaften gelten sollen. Der Entwurf folgt in dieser Frage dem §  133 EO idF der EO-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 59/2000, die auf Superädifikate die Regelungen für die Liegenschaftsexekution anwenden lässt. Regelungsgegenstand des V.  Hauptstücks ist somit nur noch die freiwillige Feilbietung von Liegenschaften, Superädifikaten und Baurechten, wenngleich die praktische Bedeutung auch dieser Verfahren gering ist. Im Jahr 2002 gab es elf Verfahren.

Das Verfahren der freiwilligen Feilbietung von unbeweglichen Sachen und Superädifikaten soll in den Grundsätzen unverändert bleiben. Die Feilbietungsordnung, JGS  1786/565, ist jedoch nach §  1 des Ersten  Bundesrechtsbereinigungsgesetzes mit 1.  Jänner 2000 außer Kraft getreten und nur mehr im Rahmen des § 5 Abs. 2 leg. cit. anzuwenden. Daher sollen ihre Regelungen durch die sinngemäße Anwendung der zeitgemäßeren Bestimmungen der Exekutionsordnung ersetzt werden.

Zum § 191:

Wie bereits zum Allgemeinen ausgeführt, soll der Anwendungsbereich der freiwilligen Feilbietung auf Liegenschaften, Superädifikate und Baurechte eingeschränkt werden.

Fahrnisse sind schon bisher - mit Ausnahme der mit keinem Pfandrecht versehenen Forderungen - nur dann gerichtlich zu versteigern, wenn sie zu einer noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft oder zum Vermögen eines Pflegebefohlenen gehören. Außer diesen Fällen ist die freiwillige Feilbietung von Fahrnissen bei den Verwaltungsbehörden durchzuführen.

Die Neuerungen im Bereich der Verwaltung des Vermögens Pflegebefohlener räumen dem gesetzlichen Vertreter größere Befugnisse ein und tragen den geänderten gesellschaftlichen Realitäten Rechnung. Bestimmungen über die freiwillige gerichtliche Veräußerung von im Eigentum Pflegebefohlener stehender Vermögenswerte wurden mit dem KindRÄG 2001 aufgehoben. Ein besonderes gerichtliches Verfahren ist unter diesem Gesichtspunkt nicht mehr erforderlich. Will der gesetzliche Vertreter Fahrnisse eines Pflegebefohlenen freiwillig feilbieten, kann er dies bei den Verwaltungsbehörden beantragen.

Ähnliches gilt auch im Verlassenschaftsverfahren, in dem eine freiwillige gerichtliche Veräußerung von Gegenständen, die zu einer noch nicht eingeantworteten Verlassenschaft gehören, nicht mehr vorgesehen ist. Einem Wunsch der Praxis und dem Vorbild des § 133 EO idF der EO-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 59/2000, folgend, sollen Superädifikate wie unbewegliche Sachen freiwillig gerichtlich feilgeboten werden können.

Die freiwillige Feilbietung unbeweglicher Sachen und von Superädifikaten ist ein Fall des notwendigen Gerichtskommissariats nach § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a iVm § 1 Abs. 3 Gerichtskommissärsgesetz. Die Feilbietung ist von dem nach der Verteilungsordnung zuständigen Gerichtskommissär durchzuführen, ohne dass es eines gerichtlichen Auftrags dazu bedürfte. Da gerichtliche Entscheidungen dem Gerichtskommissär aber nicht obliegen, hat das Gericht über die Bewilligung der Feilbietung zu entscheiden. Der Akt wird in der Regel nach der Erlassung des Edikts dem zuständigen Gerichtskommissär zu übermitteln sein.

Zum § 192:

Die Bestimmung über die Vorlage der Versteigerungsbedingungen war moderner zu fassen und besser zu strukturieren. Dem Vorbild des §  146 EO folgend, soll der bisher nicht geregelte Inhalt der Versteigerungsbedingungen festgelegt werden.

Maßnahmen zur Sicherung des Rechtserwerbs, die nach der derzeitigen Judikatur nicht gefordert waren, sollen durch die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den notwendigen Inhalt der Versteigerungsbedingungen (Z 8) die bisherige Übung der Praxis gesetzlich festschreiben. Die Sicherung kann auf jede zweckdienliche Weise geschehen, der praktisch häufigste Anwendungsfall - die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und die Verwahrung des Rangordnungsbeschlusses - ist beispielsweise aufgezählt. Allerdings kann der Antrag auf freiwillige Feilbietung trotz dieser Sicherungsmaßnahmen bis zu dem im § 196 genannten Zeitpunkt jederzeit zurückgenommen werden.

Zum § 193:

Diese Bestimmung fasst die Regelungen der §§  269 Abs. 1 und 277 Abs. 1 AußStrG-aF (Nachweis des freien Eigentumsrechts des „Versteigerers“ und das Verbot unerlaubter oder ungültiger Bestimmungen in den Versteigerungsbestimmungen) zusammen.

Über die Bewilligung der freiwilligen Feilbietung und der zugrunde liegenden Versteigerungsbedingungen ist mit Beschluss zu entscheiden.

Zum § 194:

Nach Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses hat das Gericht das Feilbietungsedikt zu erlassen. Der notwendige Inhalt des Edikts ergibt sich aus Abs.  2. Diese Bestimmung hat § 170 EO zum Vorbild.

Im Einklang mit der Exekutionsordnung idF der EO-Novelle 2000, BGBl. I Nr. 59/2000, erfolgt die Bekanntmachung des Edikts ebenso wie die Bekanntmachung des Edikts über die Liegenschaftsexekution durch Aufnahme in die Ediktsdatei.

Zum § 195:

Die freiwillige Feilbietung durch den Gerichtskommissär soll nach den Bestimmungen über die Durchführung der Liegenschaftsexekution, insbesondere nach den §§  177, 179 und 181 EO durchzuführen sein. Der Verweis auf die EO ersetzt die bisher anzuwendenden Bestimmungen der Feilbietungsordnung aus dem Jahr 1786 (vgl. Allgemeines).

Dies gilt vor allem für den Ablauf der Versteigerungstagsatzung. Antragsteller sind vom Bieten nicht ausgeschlossen, weil sie nicht die Rechtsstellung eines Verpflichteten haben, sondern in ihrer Rechtsposition dem Miteigentümer im Rahmen der Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach § 352 EO nahekommen.

Hinzuweisen ist auf die Unvereinbarkeitsbestimmung im § 6a Abs. 2 Gerichtskommissärsgesetz, die dem Gerichtskommissär, seinem Dauersubstituten, seinem Notarpartner, einem mit ihm in Regiegemeinschaft stehenden Notar sowie Personen, die zum Gerichtskommissär oder seinem Notarpartner oder zu einem mit ihm in Regiegemeinschaft stehenden Notar in einem Dienstverhältnis stehen, verbietet, als Kurator oder bevollmächtigter Parteienvertreter Vertretungshandlungen in Bezug auf eine vom Gerichtskommissär durchzuführende Feilbietung zu setzen. Für den Gerichtskommissär selbst ergibt sich überdies ein Verbot zum Bieten sowie zur Vertretung schon aus § 6 Gerichtskommissärsgesetz und aus der sinngemäßen Anwendung  des § 180 Abs. 1 zweiter Satz EO.

Zum § 196:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen dem §  278 Abs.  1 AußStrG-aF.

Zum § 197:

Diese Bestimmung regelt die Verwendung des Feilbietungserlöses. Dieser ist wie schon nach der derzeitigen Rechtslage (§  279 AußStrG-aF) beim Gerichtskommissär zu erlegen. Eine Frist für den Erlag scheint entbehrlich, da ohnedies Regelungen über die Zahlung des Feilbietungserlöses in den Versteigerungsbedingungen enthalten sein müssen. Soll daher eine Frist für den Erlag gelten, wäre sie in den Feilbietungsbedingungen festzulegen. Mangels Setzung einer Frist ist der Erlös sofort fällig, da mit dem Zuschlag der Verkauf der feilgebotenen Sache zustande kommt.

Da das Eigentum nicht mit Zuschlag erworben wird, ist die Einverleibung im Grundbuch für die Erlangung des Eigentums erforderlich. Die Beurkundung des nach den Feilbietungsbedingungen zustandegekommenen Verkaufs erfolgt durch eine Amtsurkunde, die Grundlage für die Einverleibung des Eigentumsrechts des Erstehers ins Grundbuch ist. Die Ausstellung dieser Amtsurkunde hat als bloße Beurkundung nicht die Qualität einer gerichtlichen Entscheidung und kann daher dem Gerichtskommissär überlassen bleiben. Die Amtsurkunde soll nicht wie bisher (§  278 Abs.  2 AußStrG-aF) vom Gericht, sondern vom Gerichtskommissär auszustellen sein.

Zum § 198:

Die Kosten für die freiwillige Feilbietung trägt grundsätzlich der Antragsteller. In den Feilbietungsbedingungen kann (mit Wirkung für die jeweils Beteiligten) anderes - etwa die Kostentragung durch den Erwerber - vorgesehen sein.

Zum V. Hauptstück (Schluss- und Übergangsbestimmungen)

Zum § 191 (In-Kraft-Treten):

Die neuen Verfahrensbestimmungen sollen möglichst sofort anwendbar sein. Grundregel der In-Kraft-Tretens- und Übergangsbestimmungen ist daher die sofortige Anwendbarkeit des neuen Außerstreitgesetzes auch auf bereits anhängige Verfahren. Die umfassenden Änderungen machen eine längere Vorbereitungszeit für alle betroffenen Verkehrkreise erforderlich. Eine Legisvakanz von mehr als einem Jahr soll hinreichend Zeit für die notwendige Information und erforderlichenfalls auch Schulungen sowie die Umstellung von Formularen und Software geben, sodass sich die Vollziehung der neuen Vorschriften möglichst problemlos gestalten kann.

Zu den §§ 192 ff (Aufhebung von Rechtsvorschriften und Übergangsbestimmungen):

Die in § 192 genannten Rechtsvorschriften sind auf Grund der Neuordnung des Verfahrens außer Streitsachen aufzuheben. Mit der Aufhebung der bisher geltenden Vorschriften endet daher grundsätzlich auch deren Anwendbarkeit, soweit in den folgenden Bestimmungen nicht ausdrücklich das Gegenteil angeordnet wird.

Verweise auf das Außerstreitpatent in anderen Rechtsvorschriften sind demnach sinngemäß als Verweise auf das neue Außerstreitgesetz zu verstehen, sobald der zu beurteilende Sachverhalt nach den Übergangsvorschriften bereits in den zeitlichen Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt. Damit soll das Nebeneinander beider Verfahrensordnungen weitgehend vermieden werden.

Dort wo es zweckmäßig ist, sollen allerdings die bisherigen Regelungen weiter zur Anwendung berufen werden, um Eingriffe in bestehende Rechtspositionen oder sinnlosen Verfahrensaufwand zu vermeiden.

Auf Ansprüche, die nach den neuen Außerstreitvorschriften nunmehr nicht mehr im streitigen, sondern erstmalig im außerstreitigen Verfahren durchzusetzen sein werden, sollen daher die neuen Verfahrensbestimmungen nur anwendbar sein, wenn der verfahrenseinleitende Antrag nach dem 31. Dezember 2003 gestellt wurde. Bereits anhängige streitige Verfahren über solche Ansprüche sind nach den bisher geltenden Regeln für das Streitverfahren (einschließlich der Kostenersatzvorschriften) zu erledigen. Das gilt auch für die Wiederaufnahme derartiger bereits abgeschlossener Verfahren. Damit keine Rechtsschutzlücke entsteht, sind dafür auch weiterhin die Vorschriften über die Nichtigkeits- bzw. Wiederaufnahmeklage maßgeblich, zumal die Bestimmungen über das Abänderungsverfahren nur für nach dem 31. Dezember 2003 in erster Instanz entschiedene Außerstreitverfahren gelten sollen.

Die neuen Bestimmungen über die Entscheidungswirkungen und das Rechtsmittelverfahren (einschließlich der Anfechtbarkeits- und Vertretungsregeln) sollen nur in Ansehung der Überprüfung solcher Entscheidungen zum Tragen kommen, die das Erstgericht nach dem In-Kraft-Treten des neuen Außerstreitgesetzes getroffen hat. Jede andere Regelung liefe Gefahr, gegen die in Art. 6 Abs. 1 EMRK garantierte Waffengleichheit der Parteien zu verstoßen und bei den in erster Instanz häufig unvertretenen Parteien Missverständnisse hervorzurufen, weil die Rechtsmittelbelehrung kaum auf die Zufälligkeiten der Zustelldaten abgestellt werden könnte. Um nicht in bestehende Erwartungshaltungen und erworbene Anwartschaften einzugreifen, sollen auch die Kostenersatzregelungen des neuen Außerstreitgesetzes einschließlich der Zurücknahme des Antrags nur auf jene Verfahren Anwendung finden, die nach dessen In-Kraft-Treten eingeleitet wurden.

Die öffentliche Bekanntmachung soll ebenso wie die (vorläufige) Nichtweiterführung des Verfahrens nur dann nach neuem Recht zu beurteilen sein, wenn das zugrundeliegende Ereignis (das Edikt bzw. der Unterbrechungs- oder Ruhenstatbestand) erst nach In-Kraft-Treten des neuen Außerstreitgesetzes verwirklicht wurde. Gleiches gilt für die Vollstreckung und die Anwendung der verfahrensinternen Zwangsmittel nach dem neuen Außerstreitgesetz, wenn die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens bzw. der Zwang nach dessen In-Kraft-Treten erfolgen.

Besondere Übergangsbestimmungen für die Neuregelung der Anerkennung ausländischer Entscheidungen über den Bestand einer Ehe sind nicht erforderlich. Das In-Kraft-Treten mit 1.1.2005 bewirkt, dass solche Entscheidungen nunmehr unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Erlassung ipso iure anzuerkennen sind. Anhängige Verfahren haben ab In-Kraft-Treten der Neuregelung nur mehr fakultativen Charakter, sind aber grundsätzlich weiterzuführen. Entscheidungen, die in früher anwendbaren Verfahren ergangen sind (Bescheid des Bundesministeriums für Justiz nach § 24 der 4.DVEheG; Beschluss nach § 228a AußStrG-aF), bleiben nach allgemeinen Grundsätzen weiterhin wirksam.

Für die besonderen Regeln für das Verlassenschaftsverfahren (einschließlich der Regelung des Streits um das Erbrecht) soll es – um Zufälligkeiten bei der Verfahrenseinleitung bzw. Verfahrensführung keine Erheblichkeit zukommen zu lassen – ausschließlich auf ein Datum ankommen, das von der konkreten Setzung eines Verfahrensschrittes im Einzelfall nicht abhängig ist. Wollte man es auf das Datum des Todesfalles ankommen lassen, so träten in einigen Fällen jedoch kuriose Ergebnisse auf: Wird nämlich eine Person für tot erklärt (§§ 13 ff TEG) oder ihr Tod in einem Verfahren nach § 21 TEG bewiesen, wird das Verlassenschaftsverfahren erst geraume Zeit nach dem (im Beschluss zu nennenden) Todestag eingeleitet werden können. Verfahren, die erst viele Jahre nach in Kraft Treten des neuen Außerstreitgesetzes eingeleitet werden können (weil vorher kein urkundlicher Nachweis des Sterbefalls möglich war), sollen aber nicht nach dem alten Verfahrensrecht abgehandelt werden. Liegt der frühest mögliche Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung also nach dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des neuen Außerstreitgesetzes, so soll auch dessen Verfahrensrecht uneingeschränkt anwendbar sein. Andernfalls gelten die bisher maßgeblichen besonderen Verfahrensregeln weiter und sind im Zusammenwirken mit den allgemeinen Bestimmungen des I. Hauptstückes anzuwenden. Damit lässt sich die Regel aufstellen, dass es auf den Todestag (vor 1.1.2005 altes, nach 31.12.2004 neues Recht) ankommt, wenn nicht wegen eines Verfahrens nach dem TEG eine Verfahrenseinleitung vor dem 1.1.2005 gar nicht möglich war (selbst wenn der später gerichtlich bestimmte Todestag noch vor diesem Datum gelegen ist).

Zum § 208 (Vollziehung)

Diese Bestimmung gründet sich auf das Bundesministeriengesetz.