Vorblatt

Problem

Die Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten muss bis 27. Dezember 2003 umgesetzt werden. Die Richtlinie sieht für bestimmte Wertpapiere, die auf den Finanzmärkten als Sicherheiten eingesetzt werden, vereinfachte Verwertungsverfahren vor.

Inhalt und Ziel

Für die Bereitstellung von Wertpapieren oder Barguthaben als Sicherheiten sollen europaweit einheitliche Regelungen vorgesehen werden. Die Verwertung solcher Sicherheiten soll erleichtert werden.

Das Vorhaben soll zur weiteren Integration der europäischen Finanzmärkte beitragen und die Stabilität des Finanzsystems in der Gemeinschaft fördern. Die Auswirkungen der Vertragsverletzung eines Teilnehmers auf den Finanzmärkten sollen möglichst gering gehalten werden, sodass es nicht zu „Dominoeffekten“ kommt, die das System als solches gefährden.

Alternativen

Zur Umsetzung der Richtlinie selbst besteht keine Alternative. Auf Grund ihres besonderen sachlichen und eingeschränkten persönlichen Anwendungsbereichs empfiehlt es sich, ein eigenen Bundesgesetz zu erlassen und von einer Änderung allgemeiner zivil- und handelsrechtlicher Bestimmungen abzusehen. Die Kollisionsregeln der Richtlinie sollen dagegen einen weiteren Anwendungsbereich erhalten. Dem soll durch eine eigene Regelung im IPR-Gesetz entsprochen werden.

Zuständigkeit

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich Art. 10 Abs. 1 5 und 6 B-VG.

Kosten

Der Entwurf wird keine Mehrkosten für die Verwaltung oder die Gerichtsbarkeit nach sich ziehen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Die beabsichtigte weitere Förderung der Integration der europäischen Finanzmärkte und der Stabilität des Finanzsystems sollte sich auch auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich positiv auswirken.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Das Vorhaben ist der Europäischen Zentralbank notifiziert worden.

Aspekte der Deregulierung

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Der Entwurf setzt die Richtlinie über Finanzsicherheiten in das österreichische Recht um.


 

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Ausgangslage und Problem

Die Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen (im Folgenden kurz: Finalitätsrichtlinie) versteht sich als ein wesentlicher Schritt zur Schaffung eines soliden rechtlichen Rahmens für solche Systeme. Die Umsetzung dieser Richtlinie durch die Mitgliedstaaten – in Österreich durch das Finalitätsgesetz (Art. II des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 123/1999) – hat aber gezeigt, dass die bei derartigen Abrechnungssystemen durch unterschiedliche rechtliche Bestimmungen verursachten Probleme begrenzt werden müssen und gemeinsame Regeln für die zugunsten solcher Systeme bestellten Sicherheiten von Nutzen wären. Probleme haben sich zudem auch bei der Anwendung internationaler Rahmenverträge für den Derivate-Handel ergeben. Diese Verträge lassen sich mit den jeweiligen nationalen Sicherungsregelungen nicht immer in Einklang bringen. Diesen Schwierigkeiten soll die Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten, ABl. Nr. L vom 27. Juni 2002, S. 43 (im Folgenden: Finanzsicherheiten-Richtlinie oder auch nur Richtlinie), Rechnung tragen.

Die Finanzsicherheiten-Richtlinie ist Teil eines gemeinschaftsrechtlichen Rahmens, der neben der Finalitätsrichtlinie insbesondere aus der Richtlinie 2001/24/EG über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten, der Richtlinie 2001/17/EG über die Sanierung und Liquidation von Versicherungsunternehmen und der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 über Insolvenzverfahren besteht. Die Finanzsicherheiten-Richtlinie ergänzt diese Rechtsakte. Für die Bereitstellung von Wertpapieren und Barguthaben als Sicherheiten sieht sie gemeinschaftsweit harmonisierte Regelungen vor: Die Bestellung und die Verwertung solcher Sicherheiten werden einem besonderen, auf die Praktiken und Bedürfnisse der Finanzmärkte zugeschnittenen Regime unterworfen. Die formellen Vorgaben an die Bestellung dieser Sicherungsinstrumente werden auf das unerlässliche Minimum reduziert, die Verwertung von Sicherheiten erleichtert. Auch sichert die Richtlinie die „bilaterale Aufrechnung infolge Beendigung“, das so genannte „Close Out Netting“, zwischen den Vertragsparteien ab. Schließlich wird die praktisch bedeutsame Frage des anwendbaren Rechtes bei grenzüberschreitenden Geschäften geregelt.

Diese Vorschriften sollen zu einer weiteren Integration und zur höheren Kostenwirksamkeit der europäischen Finanzmärkte beitragen, die Stabilität des Finanzsystems in der Gemeinschaft fördern und „Dominoeffekte“ im Fall der Vertragsverletzung durch eine Partei begrenzen (siehe die Erwägungsgründe 3 und 17).

2. Ziele und Inhalt des Entwurfs

Das Finanzsicherheiten-Gesetz setzt die Finanzsicherheiten-Richtlinie in das österreichische Recht um. Für bestimmte Sicherungsgeschäfte der Finanzmarktakteure werden besondere Verwertungsregelungen vorgesehen, die den allgemeinen pfand- und sicherungsrechtlichen Bestimmungen des Zivil- und des Handelsrechts als speziellere Regelungen vorgehen. Der persönliche Anwendungsbereich des Gesetzes erstreckt sich dabei nicht nur auf bestimmte „professionelle“ Akteure an den Finanzmärkten. Vielmehr werden auch Transaktionen, an denen auf der einen Seite ein „professioneller“ Akteur und auf der anderen Seite eine juristische Person, eine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmer beteiligt ist, erfasst. Mit dieser Ausdehnung des Anwendungsbereichs im Vergleich zum Begutachtungsentwurf soll der Entwicklung in anderen Mitgliedstaaten, die sich überwiegend für diese „weitere Lösung“ entschieden haben, Rechnung getragen werden.

Der Entwurf sieht besondere Verwertungsrechte des Sicherungsnehmers an Finanzsicherheiten vor. Der Sicherungsnehmer kann diese Sicherungsmittel verkaufen oder an Zahlungs statt verwenden. Auch kann er sich die als Sicherheit gegebenen Finanzinstrumente in der Regel aneignen, soweit die Parteien dies vereinbart haben und die Sicherungsvereinbarung eine Bewertung der Finanzinstrumente zulässt. Dabei erfolgt die Verwertung weitgehend formlos, namentlich ohne vorherige Androhung, ohne Beiziehung eines Gerichts und ohne Verstreichen einer Wartefrist. Dem Sicherungsnehmer soll weiter die Befugnis zukommen, über Finanzsicherheiten in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts auf Grund einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung wie ein Eigentümer zu verfügen. In einem solchen Fall hat er freilich eine Sicherheit der selben Art zu beschaffen, die spätestens bei Fälligkeit der besicherten Forderung an die Stelle der ursprünglich bestellten Sicherheit treten muss.

Darüber hinaus soll auf Grund der Richtlinie auch die Aufrechnung infolge Beendigung, das so genannte „Close Out Netting“, gesetzlich ausdrücklich anerkannt werden. Diese Aufrechnung soll auch bei Eröffnung eines Konkurs- und Ausgleichsverfahrens sowie ungeachtet der von Dritten mittlerweile erworbenen Rechte an den dem Netting unterliegenden Ansprüchen wirksam werden.

Ergänzt werden diese Bestimmungen durch eine IPR-Regel über das anwendbare Recht bei solchen Sicherheitsgeschäften.

Die Bestimmungen des Art. 8 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie über die Nichtanwendung bestimmter Insolvenzwirkungen sollen nicht eigens umgesetzt werden. Durch diese Bestimmungen soll eine Anfechtung im Sinn der §§ 27 ff. KO nicht verhindert werden (vgl. Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie; siehe auch § 11 Abs. 2). Unter dieser Prämisse müssen die Abs. 1 bis 3 des Art. 8 aber nicht übernommen werden:  Die Rechtwirkungen der Konkurseröffnung treten nämlich nach österreichischem Recht erst mit dem Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Konkursedikts folgt (§ 2 Abs. 1 KO). Einer Regelung, die sicherstellt, dass Transaktionen am Tag der Eröffnung eines Liquidationsverfahrens wirksam sein können (Art. 8 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 lit. a sublit. i) der Richtlinie), bedarf es daher nicht. Auch muss nicht auf Transaktionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums vor Konkurseröffnung (Art. 8 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 lit. b sublit. ii) der Richtlinie) Bedacht genommen werden, weil nach österreichischem Konkursrecht nicht kraft Gesetzes erlöschen. Anders ist die Rechtslage nur bei solchen Sicherheiten, die in den letzten 60 Tagen vor der Konkurseröffnung durch Exekution erworben worden sind (§ 12 Abs. 1 KO). Solche Fälle werden von Art. 8 der Richtlinie aber nicht erfasst. Aus den eben erwähnten Gründen ist es schließlich nicht notwendig, Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie umzusetzen.

3. Kosten

Das Vorhaben wird zu keinen Mehrkosten führen, sondern im Gegenteil die Aufnahme von Krediten und die Abwicklung anderer Finanztransaktionen durch die öffentliche Hand verbilligen.

4. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Der Entwurf wird zu einer weiteren Integration der europäischen Finanzmärkte führen, den freien Dienstleistungs- und Kapitalverkehr im Finanzbinnenmarkt fördern und damit zur Stabilität des Finanzsystems in der Europäischen Gemeinschaft beitragen. Dies wird sich auch auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich positiv auswirken.

5. Kompetenz

Das Vorhaben betrifft eine Angelegenheit des Zivilrechtswesens nach Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG. Auch lässt er sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG stützen. Daher sind die Gesetzgebung und die Vollziehung Bundessach       

6. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Das Vorhaben unterliegt nicht dem Konsultationsmechanismus, weil er der Umsetzung einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft dient und außerdem ausschließlich zivilrechtliche Regelungen vorgesehen werden.

Eine Notifikation nach dem Notifikationsgesetz 1999 ist nicht erforderlich. Der Begutachtungsentwurf ist auf Grund der damit verbundenen Auswirkungen auf die europäische Finanzmärkte der Europäischen Zentralbank notifiziert worden.

7. Aspekte der Deregulierung

Keine.

8. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Der Entwurf setzt die Richtlinie über Finanzsicherheiten in das österreichische Recht um.


Besonderer Teil

Zu Artikel 1

Zu den §§ 1 und 2 FinSG

Die Bestimmungen umschreiben den sachlichen und personellen Anwendungsbereich des Gesetzes. Es geht um Finanzsicherheiten (§ 3 Abs. 1 Z 1), die zwischen den in § 2 genannten Akteuren bestellt werden.  Der  Sicherungsgeber und der Sicherungsnehmer müssen den in § 2 auf Grund des Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie umschriebenen Teilnehmerkreisen angehören. Es muss sich also um ein „beiderseitiges Sicherungsgeschäft“ zwischen solchen Finanzmarktakteuren handeln. Gehört nur eine der Vertragsparteien einer dieser Kategorien an (etwa bei einem Verbrauchergeschäft), so ist das Finanzsicherheiten-Gesetz nicht anzuwenden.

§ 2 definiert den Kreis der Finanzmarktteilnehmer, deren Transaktionen dem Gesetz unterliegen können. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um „professionelle“ Teilnehmer (Abs. 1) oder um sonstige Teilnehmer (Abs. 2) handelt. Diese Differenzierung ergibt sich aus der Richtlinie.

Die Aufzählung der „professionellen“ Marktteilnehmer in § 2 Abs. 1 folgt weitgehend dem Art. 1 Abs. 2 lit. a bis d der Richtlinie, die Abweichungen sind größtenteils redaktioneller Art. Da zu den in der Richtlinie aufgezählten Kategorien auch Personen, Institute und Einrichtungen zählen, die nicht dem österreichischen Banken- und Börserecht unterliegen, reicht es nicht aus, auf die österreichischen Vorschriften, mit denen die in Art. 1 Abs. 2 der Finanzsicherheiten-Richtlinie genannten Richtlinien umgesetzt worden sind, zu verweisen; vielmehr sind die in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie angeführten Richtlinien zu zitieren. Die Verweise beziehen sich auf die am 1. Dezember 2003 maßgebliche Fassung der zitierten Richtlinien (§ 14 Abs. 2).

Die in Art. 1 Abs. 2 lit. c sublit. iv) der Finanzsicherheiten-Richtlinie genannte Richtlinie 92/96/EG ist durch die Richtlinie 2002/83/EG über Lebensversicherungen ersetzt worden. Da nach Art. 72 Abs. 3 der Richtlinie 2002/83/EG Bezugnahmen auf die von ihr aufgehobenen Richtlinien als Bezugnahmen auf die neue Lebensversicherungs-Richtlinie 2002/83/EG zu lesen sind, führt die vorgesehene Aktualisierung des Richtlinienrechts nicht zu einer Abweichung von der Finanzsicherheiten-Richtlinie.

Art. 1 Abs. 2 lit. e der Richtlinie soll ebenfalls umgesetzt werden. Von der den Mitgliedstaaten in Art. 1 Abs. 3 eingeräumten „Option“ soll also trotz dahin gehender Forderungen im Begutachtungsverfahren (vgl. auch Schima/Vogt-Majarek, Entwurf für ein Finanzsicherheiten-Gesetz – quo vadis Insolvenzrecht? RdW 2003, 482) nicht Gebrauch gemacht werden. Das Finanzsicherheiten-Gesetz ist nach § 2 Abs. 2 auch dann anzuwenden, wenn auf der einen Seite ein „professioneller“ Finanzmarktteilnehmer, auf der anderen aber eine juristische Person, ein Einzelunternehmer (im modernen Verständnis des § 1 Abs. 1 KSchG) oder eine Personengesellschaft (also eine offene Handelsgesellschaft, eine Kommanditgesellschaft, eine offene oder eine Kommandit-Erwerbsgesellschaft) beteiligt sind. Mit diesem im Vergleich zum Begutachtungsentwurf erweiterten Anwendungsbereich soll der Tendenz der Mehrheit der Mitgliedstaaten (und vor allem der wichtigsten österreichischen Handelspartner) Rechnung getragen werden, die ebenfalls von der in der Richtlinie den Mitgliedstaaten eingeräumten Option, diese „nicht-professionellen“ Unternehmen vom Anwendungsbereich auszuschließen, nicht Gebrauch machen wollen. Nach dem derzeitigen Informationstand des Bundesministeriums für Justiz beabsichtigen Deutschland, Spanien, Italien, Irland, Portugal, das Vereinigte Königreich, Dänemark, Luxemburg und Schweden, Unternehmen, die „nicht-professionelle“ Finanzdienstleister (im Sinn des § 2 Abs. 1) sind, in den Anwendungsbereich der Umsetzungsvorschriften einzubeziehen. Dieser europaweiten Tendenz sollte sich Österreich im Interesse eines einheitlichen Finanzbinnenmarkts nicht verschließen. Zudem erscheint es sinnvoll, bei der Umsetzung der Richtlinie auf die von den Haupthandelspartnern Österreichs anvisierten Lösungen Bedacht zu nehmen. Schließlich können auch österreichische Unternehmen aus der Teilnahme an den der Richtlinie unterliegenden Transaktionen Vorteile erzielen, etwa wenn sie sich gegen Devisenschwankungen ohne Einschaltung eines Kreditinstituts (und damit kostengünstiger) im Exportgeschäft absichern wollen und solche Geschäfte mit Sicherheiten unterlegen müssen. Die mit einem weiteren Anwendungsbereich des Finanzsicherheiten-Gesetzes verbundenen Nachteile, insbesondere die Auswirkungen auf das nationale Insolvenzrecht, sollten sich dem gegenüber in der Praxis in Grenzen halten.            

Zu § 3 FinSG

§ 3 setzt die Begriffsbestimmungen der Richtlinie um. Auch hier orientiert sich der Entwurf weitgehend an deren Vorgaben, die Abweichungen sind im wesentlichen sprachlicher oder redaktioneller Art.

Die Z 1 bis 3 des Abs. 1 definieren die Finanzsicherheiten. Es handelt sich dabei um Barsicherheiten (Z 4) oder um Finanzinstrumente (Z 5), die als Sicherheit in Form einer Vollrechtsübertragung (auch in Form einer Sicherungsübereignung oder einer Sicherungszession) oder in Form eines beschränkten dingliches Rechts (etwa eines Pfandrechts) bestellt werden. Zu den Vollrechtsübertragungsformen gehören insbesondere auch Wertpapierpensionsgeschäfte („Repos“), bei denen Wertpapiere übereignet werden und gleichzeitig eine Vereinbarung geschlossen wird, laut der gleichwertige Wertpapiere später oder auf Verlangen zu einem bestimmten Preis zurückübereignet werden (vgl. auch § 50 BWG). Erfasst werden im Übrigen nicht nur Sicherheiten, die speziell im Einzelfall bestellt worden sind, sondern auch Sicherheiten, deren Bestellung auf einem Rahmenvertrag oder auf den (in den Vertrag einbezogenen) allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertragspartners beruhen. Das Sicherungsrecht muss sich auf eine Barsicherheit oder ein Finanzinstrument beziehen. Auch damit folgt der Entwurf im Ergebnis der Richtlinie (Art. 2 Abs. 1 lit. b und c), die unter dem Ausdruck „Finanzaktivum“ die Sicherungsgegenstände, nämlich Barsicherheiten und Finanzinstrumente (vgl. Art. 1 Abs. 4 lit. a), versteht.

Art. 1 Abs. 4 lit. b der Richtlinie stellt es den Mitgliedstaaten frei, bestimmte Finanzsicherheiten aus dem Anwendungsbereich auszunehmen. Bei solchen Sicherheiten muss es sich um eigene Anteile des Sicherungsgebers, um Anteile an verbundenen Unternehmen oder um Anteile an Unternehmen handeln, die ausschließlich dazu dienen, das Eigentum an zentralen Produktionsmitteln für den Geschäftsbetrieb des Sicherungsgebers oder an Immobilien innezuhaben. Auch von dieser den Mitgliedstaaten eingeräumten „Option“ soll nicht Gebrauch gemacht werden. Es soll dem Sicherungsgeber frei gestellt sein, im Einzelfall auch die in Art. 1 Abs. 4 lit. b der Richtlinie genannten Finanzinstrumente als Sicherheit zu bestellen.

Barsicherheiten (Abs. 1 Z 4) sind auf einem Konto gutgeschriebene Beträge und vergleichbare Geldforderungen, wie etwa eine Geldmarkt-Sichteinlage. Bargeld fällt dagegen nicht unter diesen Begriff. Barsicherheiten können sowohl im Wege der Vollrechtsübertragung (einer Zession) als auch in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts (beispielsweise eines Pfandrechts an der Forderung) bestellt werden, wobei im ersten Fall die Aufrechnung („Netting“) und im zweiten Fall die Verpfändung der Barsicherheit rechtlich anerkannt und geschützt werden (vgl. den Erwägungsgrund 18 der Richtlinie).

Finanzinstrumente sind nach Abs. 1 Z 5 Aktien und vergleichbare Wertpapiere, Schuldverschreibungen und sonstige, auf dem Kapitalmarkt handelbare Schuldtitel, weiter auch alle andere handelbaren Titel, die zum Erwerb von Aktien, Schuldverschreibungen oder anderer Wertpapiere berechtigen oder zu einer Barzahlung berechtigen. Zu den Finanzinstrumenten gehören auch Anteile an Investmentfondsgesellschaften und Geldmarktinstrumenten sowie weitere Rechte und Ansprüche an diesen Aktiva, nicht aber Zahlungsmittel.

Die maßgebliche Verbindlichkeit wird in Abs. 1 Z 6 definiert. Es handelt sich um die durch Finanzsicherheiten (in Form der Vollrechtsübertragung oder eines beschränkten dinglichen Rechts)  besicherte Schuld. Die Verbindlichkeit muss dem Gläubiger definitionsgemäß ein Recht auf Barzahlung oder auf die Leistung von Finanzinstrumenten (im Sinn der Z 5) einräumen (wobei auch Verbindlichkeiten umfasst sind, die beides – Barzahlung und Leistung von Finanzinstrumenten – begründen). Die gesicherte Verbindlichkeit kann ganz oder zum Teil aus gegenwärtigen oder künftigen, bedingten oder unbedingten, fälligen oder betagten Verbindlichkeiten, außerdem aus Verbindlichkeiten einer dritten Person sowie schließlich aus Verbindlichkeiten bestehen, die lediglich allgemein oder ihrer Art nach bestimmt oder bestimmbar sind (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. f der Richtlinie). Es sind im Besonderen auch Verbindlichkeiten umfasst, die bei den im Zwischenbankenverkehr und im Derivate-Geschäft gängigen ständigen Schwankungen der Leistungspflicht der Vertragspartner bloß gelegentlich entstehen.

Das im Effektengiro übertragbare Wertpapier wird in Abs. 1 Z 7 definiert. Nach Art. 2 Abs. 1 lit. g der Richtlinie handelt es sich um eine Finanzsicherheit in Form von Finanzinstrumenten, bei denen das Eigentum durch eine Registereintragung oder eine Buchung  auf einem Depotkonto nachgewiesen wird, das von einem oder für einen Intermediär (also Zwischenverwahrer) geführt wird. Diese Begriffsbestimmung wird durch die Legaldefinition des maßgeblichen Kontos (Abs. 1 Z 8, Art. 2 Abs. 1 lit. h der Richtlinie) ergänzt. Daraus ergibt sich, dass das Register oder das Depotkonto, in das die Bestellung der Sicherheit eingetragen oder auf dem sie gebucht wird, auch vom Sicherungsnehmer selbst geführt werden kann. Der Entwurf folgt zwar auch hier weitgehend den Vorgaben der Richtlinie. Die in ihren Begriffsbestimmungen enthaltene Aussage, dass das Eigentum an den Wertpapieren durch die Eintragung in das Register oder die Buchung auf dem Depotkonto übertragen wird, soll dagegen gesondert umgesetzt werden (siehe § 4 Abs. 2). Das Register oder Depot muss von einem „Intermediär“ (Zwischenverwahrer) geführt werden. Das Aktienbuch (§ 61 Abs. 1 AktG 1965) ist damit aber nicht gemeint.

Die Definition einer Sicherheit der selben Art (Abs. 1 Z 9) folgt ebenfalls der Richtlinie (Art. 2 Abs. 1 lit. i). Wenn die Parteien dies vereinbart haben, kann bei Finanzinstrumenten auch ein anderer Vermögenswert an die Stelle des als Sicherheit gegebenen Finanzinstruments treten.

Zu den Konkurs- und Liquidationsverfahren (Abs. 1 Z 10) gehört aus österreichischer Sicht das Konkursverfahren. Darüber hinaus fallen unter diesen Begriff weitere „Gesamtverfahren“ (also Verfahren, in denen über die Ansprüche mehrerer Gläubiger von einer Behörde oder einem Gericht entschieden wird) nach dem Recht anderer Mitgliedstaaten. Dabei ist es unerheblich, ob das Verfahren infolge der Zahlungsunfähigkeit des Sicherungsgebers oder des Sicherungsnehmers eröffnet wird und ob es freiwillig oder zwangsweise eingeleitet wird (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. j der Richtlinie).

Zu den Ausgleichs- und Sanierungsverfahren im Sinn der Z 11 des Abs. 1 (Art. 2 Abs. 1 lit. k der Richtlinie) gehören aus österreichischer Sicht das Ausgleichsverfahren, die Einsetzung eines Regierungskommissärs nach § 70 BWG, das Geschäftsaufsichtsverfahren nach den §§ 83 ff. BWG und das Unternehmensreorganisationsverfahren nach dem URG. Dazu gehören weiter – nach dem Recht anderer Mitgliedstaaten - gerichtliche oder behördliche (vor allem aufsichtsbehördliche) Interventionen zur Sicherung oder Wiederherstellung der finanziellen Lage des Adressaten, also zur Sanierung seiner finanziellen Situation. Nicht darunter fallen aber einstweilige Verfügungen, die von einer gefährdeten Partei beantragt werden und – beispielsweise – zur Sicherung des gefährdeten Anspruchs ein Zahlungsverbot umfassen.

In Abs. 1 Z 12 wird der Verwertungs- oder Beendigungsfall definiert (siehe auch Art. 2 Abs. 1 lit. l der Richtlinie). Es handelt sich dabei um eine Vertragsverletzung und um jedes andere Ereignis, das die Parteien vertraglich der Vertragsverletzung gleichgestellt haben. Die Vertragsverletzung und das ihr vertraglich gleichgestellte Ereignis müssen den Sicherungsnehmer definitionsgemäß auch zur Verwertung oder Aneignung der Finanzsicherheit oder zur Aufrechnung infolge Beendigung berechtigen.

Unter einem Verfügungsrecht (Abs. 1 Z 13, Art. 2 Abs. 1 lit. m der Richtlinie) ist die Befugnis des Sicherungsnehmers einer beschränkten dinglichen Sicherung zu verstehen, auf Grund des Vertrags über die Finanzsicherheit wie ein Eigentümer zu verfügen. Die Ausübung dieses Verfügungsrechts ist also an eine vorherige Vereinbarung der Beteiligten gebunden. Sie löst die Verpflichtung aus, eine Sicherheit der selben Art zu beschaffen (siehe näher § 7).

In Abs. 1 Z 14 wird das Close Out Netting definiert (siehe auch Art. 2 Abs. 1 lit. n der Richtlinie). Es handelt sich um Saldierungstechniken in unterschiedlichen Zusammenhängen. Das Close Out Netting wird in der Praxis besonders im Zusammenhang mit der Bestellung von Finanzsicherheiten verwendet (siehe die Begründung des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie über Finanzsicherheiten, KOM[2001] 168 endgültig, S. 10). Die Legaldefinition umfasst Vereinbarungen und gesetzliche Vorschriften, nach denen im Verwertungs- oder Beendigungsfall die entsprechenden Verbindlichkeiten sofort fällig gestellt und in den aktuellen Werten entsprechende Zahlungsverbindlichkeiten umgewandelt oder beendet und durch einen Zahlungsanspruch ersetzt werden. Dazu kann auch die Nettingabrede oder -klausel treten, nach der der Wert der gegenseitigen Verbindlichkeiten ermittelt wird und nur mehr der Saldo zu zahlen ist.

Der Begriff der Bestellung (Abs. 1 Z 15) entspricht dem Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie. Es geht um die Lieferung (also die Übergabe) einer Finanzsicherheit an den Sicherungsnehmer, die Gutschrift im Weg des Effektengiros und um jede sonstige Besitz- oder Kontrollverschaffung. Unerheblich ist es dabei, ob der Sicherungsgeber Anspruch auf Rückübereignung oder Zurückstellung bestellter Sicherheiten im Tausch gegen andere Sicherheiten hat oder ob ihm ein Anspruch auf Rückübertragung überschüssiger Sicherheiten zusteht.

Die „Schriftlichkeit“ (§ 3 Abs. 2) umfasst im Einklang mit Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie sowohl die „papierene“ Form als auch jede elektronische Aufzeichnung sowie jede sonstige Art der Aufzeichnung mittels eines dauerhaften Datenträgers. Dabei soll es – sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben – nicht darauf ankommen, ob die elektronische Dokumentation mit einer sicheren Signatur im Sinn des § 2 Z 3 Signaturgesetz versehen worden ist oder nicht.   

Zu § 4 FinSG

§ 4 Abs. 1 statuiert Mindestanforderungen an die Publizität von Finanzsicherheiten. Die vorgesehenen Verwertungs- und Aufrechnungsregeln sollen nur dann Anwendung finden, wenn die Bestellung der Finanzsicherheit (§ 3 Abs. 1 Z 15) schriftlich nachgewiesen werden kann. Das Sicherungsgeschäft soll also – siehe den Erwägungsgrund 10 – äußerlich nachvollziehbar bleiben. Damit soll Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie umgesetzt werden. Der Begriff „schriftlich“ ist im besonderen Verständnis der Richtlinie und des Finanzsicherheiten-Gesetzes (§ 3 Abs. 2) zu lesen. Der Nachweis der Bestellung muss die Identifizierung der Finanzsicherheit ermöglichen. Entsprechend dem Art. 1 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie soll es genügen, wenn im Effektengiro übertragbare Wertpapiere dem maßgeblichen Konto gutgeschrieben werden oder ein entsprechendes Wertpapierguthaben besteht oder wenn Barsicherheiten einem bestimmten Konto gutgeschrieben werden oder ein entsprechendes Barguthaben besteht. Das Gesetz differenziert im Übrigen – anders als die Richtlinie in Art. 1 Abs. 5 – nicht zwischen dem Nachweis der Besitzverschaffung und dem Nachweis der Bestellung, sondern stellt allein auf den Nachweis der Bestellung der Finanzsicherheit ab, weil der Begriff der Bestellung ohnehin jede Form der Besitz- und Kontrollverschaffung umfasst (siehe Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie).

Rechtshandlungen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats für die wirksame Übereignung oder Bestellung eines Sicherungsrechts an einem Finanzinstrument erforderlich sind, wie etwa das Indossament bei Orderpapieren oder die Eintragung im Emittentenregister bei Namenspapieren, gelten nicht als Formerfordernisse im Sinn des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie (siehe den Erwägungsgrund 10). Solchen besonderen Erfordernissen ist also auch im Anwendungsbereich des Finanzsicherheiten-Gesetzes zu entsprechen.

§ 4 Abs. 2 sieht im Einklang mit der Richtlinie (Art. 2 Abs. 1 lit. g) vor, dass das Eigentum an im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren durch die Eintragung im Register oder die Buchung auf dem Depotkonto (im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 8) übertragen werden kann. Gleiches gilt für andere dingliche Rechte an solchen Wertpapieren. Im Anwendungsbereich des Finanzsicherheiten-Gesetzes wird also ein besonderer sachenrechtlicher Modus vorgesehen. Das schließt es freilich nicht aus, dass das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht an solchen Wertpapieren auf andere Art und Weise übertragen wird (etwa durch eine Besitzanweisung).

Zu den §§ 5 und 6 FinSG

§ 5 umschreibt die Befugnisse, die der Sicherungsnehmer einer Finanzsicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts im Verwertungs- oder Beendigungsfall hat. Voraussetzung der in den Z 1 und 2 genannten Verwertungsarten ist eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Beteiligten. Der Sicherungsnehmer kann von den in § 5 erwähnten Rechten also nur dann Gebrauch machen, wenn die Verwertung selbst und die von ihm angestrebte Art der Verwertung der Sicherheit vorher vertraglich vereinbart worden ist. Aus dem Gesetz allein kann er einen derartigen Anspruch nicht ableiten. Für die Aneignung einer Finanzsicherheit setzt § 5 Abs. 2 zusätzlich voraus, dass die Parteien bei der Bestellung die Zulässigkeit dieser Verwertungsart vereinbart haben und dass diese Sicherungsvereinbarung eine Bewertung der Finanzinstrumente ermöglicht. Dabei genügt es, wenn die Sicherheit im Zeitpunkt der beabsichtigten Verwertung objektiv bewertet werden kann.

Unter diesen Prämissen kann der Sicherungsnehmer Finanzinstrumente (§ 3 Abs. 1 Z 5) verwerten, indem er sie verkauft oder sich aneignet und den erzielten Wert mit der maßgeblichen Verbindlichkeit verrechnet oder indem er sie an Zahlungs statt verwendet. Barsicherheiten (§ 3 Abs. 1 Z 4) kann der Sicherungsnehmer verwerten, indem er den Betrag der Forderung gegen die maßgebliche Verbindlichkeit aufrechnet oder indem er sie an Zahlungs statt verwendet.

Die Vereinbarung einer Aneignungsbefugnis des Sicherungsnehmers ist nur dann wirksam, wenn der Sicherungsgeber ein Finanzmarktteilnehmer nach § 2 Abs. 1 ist,  nicht aber, wenn eine andere juristische Person, ein Einzelunternehmer oder eine Personengesellschaft (§ 2 Abs. 2) die Sicherheit bestellt hat. Die Vereinbarung der Aneignung des Pfand- oder Sicherungsgegenstandes ist nach allgemeinem Zivilrecht (§ 1371 ABGB) zum Schutz des Pfandbestellers ungültig (vgl. Hofmann in Rummel, ABGB³ Rz 3 zu § 1371 ABGB). Daran soll sich zum Schutz der in § 2 Abs. 2 aufgezählten Unternehmer oder Rechtsträger nichts ändern. Die Richtlinie steht einer solchen Ausnahme nicht entgegen (Art. 4 Abs. 3). „Professionelle“ Sicherungsgeber, die den in § 2 Abs. 1 genannten Kategorien angehören, bedürfen dieses Schutzes dagegen nicht.

Nach § 6 kann die in der vorangehenden Bestimmung umschriebene Verwertung einer Finanzsicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts weitgehend formlos vorgenommen werden. Der Sicherungsnehmer muss dem Sicherungsgeber die Verwertung nicht androhen. Auch lässt das Gesetz ausdrücklich die außergerichtliche Verwertung zu. Der Sicherungsnehmer muss ferner keine Versteigerung durchführen lassen oder ein sonstiges besonderes Verwertungsverfahren einleiten. Letztlich muss er auch keine Wartefrist verstreichen lassen, ehe er die Verwertung in die Wege leitet. Die zum Schutz des Sicherungsgebers vorgesehenen Schranken der Pfandverwertung gelten also für die Verwertung von Finanzsicherheiten nicht. Er ist aber nicht befugt, die Verwertung „nach Willkür“ (vgl. § 1371 ABGB) vorzunehmen, sondern hat hierbei und bei der Ermittlung der maßgeblichen Verbindlichkeit nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs und insbesondere nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorzugehen (vgl. § 10). Das impliziert unter anderen auch die Bewertung der verkauften oder an Zahlungs statt verwendeten Finanzinstrumente nach ihrem Markt-,  Kurs- oder Schätzwert.

Die §§ 5 und 6 gehen dem in § 120 Abs. 1 KO normierten Eintrittsrecht des Masseverwalters und der in § 120 Abs. 2 KO bestimmten gerichtlichen Verwertung von in der Masse befindlichen Absonderungsobjekten vor (bei den von § 5 erfassten Pfand- und Sicherungsrechten handelt es sich nämlich in insolvenzrechtlicher Hinsicht um Absonderungsrechte im Sinn des § 48 KO). Zudem derogieren sie den Bestimmungen des § 11 Abs. 2 und 3 KO, wonach die Erfüllung von Aus- und Absonderungsansprüchen vor Ablauf von 90 Tagen ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses nicht gefordert werden kann, wenn dadurch die Fortführung des Unternehmens gefährdet wäre. Ferner gehen die Verwertungsrechte des Sicherungsnehmers dem Verwertungsmonopol des Masseverwalters vor. Nach dieser Befugnis steht dem Masseverwalter im allgemeinen Konkursverfahren das Recht zu, das gesamte, in seiner Gewahrsame stehende Vermögen des Gemeinschuldners zu verwerten, sodass die Klage eines Absonderungsgläubigers auf Herausgabe der Pfandsache unzulässig ist (Schulyok in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 48 KO Rz 181). Die vorgeschlagenen Regelungen greifen damit zwar – rein rechtlich gesehen – in das österreichische Insolvenzrecht ein. Sie sollten aber faktisch keine allzu gravierenden Auswirkungen haben.

Zu § 7 FinSG

Das Verfügungsrecht über Finanzsicherheiten in Form eines beschränkten dinglichen Sicherungsrechts (vgl. § 3 Abs. 1 Z 13) soll die Liquidität an den Finanzmärkten dadurch erhöhen, dass die „verpfändeten“ Wertpapiere weiter verwendet werden können. Nach dem Erwägungsgrund 19 der Richtlinie lässt jedoch diese mögliche Weiterverwendung einzelstaatliche Rechtsvorschriften zur Verhinderung gläubigerschädigender Handlungen unberührt (vgl. dazu auch § 11 Abs. 2). Die Ausübung des Verfügungsrechts durch den Sicherungsnehmer setzt im Übrigen ebenfalls eine entsprechende Vereinbarung der Vertragspartner voraus. Aus dem Gesetz allein steht dem Sicherungsnehmer auch diese Befugnis nicht zu.

Die Ausübung des Verfügungsrechts begründet die Verpflichtung des Sicherungsnehmers, spätestens zum Fälligkeitszeitpunkt der maßgeblichen Verbindlichkeit eine Sicherheit der selben Art (§ 3 Abs. 1 Z 9) zu beschaffen, die an die Stelle der ursprünglichen Sicherheit tritt (§ 7 Abs. 2 erster Satz). Bei Fälligkeit der maßgeblichen Verbindlichkeit kann der Sicherungsnehmer wahlweise entweder Sicherheiten der selben Art zurückerstatten, den Wert der Sicherheit der selben Art gegen die maßgebliche Verbindlichkeit aufrechnen oder aber die Sicherheiten an Zahlungsstatt verwenden. Die Aufrechnung und die Verwendung an Zahlungs statt setzen wiederum eine besondere, diese Befugnisse umfassende Vereinbarung der Beteiligten voraus.

Die vom Sicherungsnehmer beschaffte Ersatzsicherheit wird in § 7 Abs. 3 der ursprünglichen Sicherheit gleichgestellt.  Auch ist sie – etwa unter dem Gesichtspunkt des Anfechtungsrechts und seiner Fristen – so zu behandeln, als wäre sie  zum selben Zeitpunkt wie die ursprüngliche Sicherheit bestellt worden.

§ 7 Abs. 4 setzt Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie um. § 7 Abs. 5 stellt schließlich klar, dass die dem Sicherungsnehmer nach § 7 Abs. 2 erster Satz erwachsende Verpflichtung in die Aufrechnung infolge Beendigung einbezogen werden kann, wenn der Verwertungs- und Beendigungsfall vor der Erfüllung der Verpflichtung zur Beschaffung einer Sicherheit der selben Art eintritt (Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie).

Zu § 8 FinSG

Nach § 8 Abs. 1 wird eine Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung (siehe die Erläuterungen zu 3 Abs. 1 Z 1 bis 3) in jedem Fall vereinbarungsgemäß wirksam, sodass – auch im Fall der Insolvenz des Sicherungsgebers – der Sicherungsnehmer Eigentümer einer solchen Finanzsicherheit bleibt. Diese Regelung geht – siehe auch den Erwägungsgrund 13 der Richtlinie - dem § 10 Abs. 3 KO vor, wonach Sicherungseigentümer im Insolvenzfall zu bloßen Absonderungsberechtigten im Sinn des § 48 KO und nicht zu Aussonderungsberechtigten im Sinn des § 44 KO erklärt werden und somit nicht die Stellung von Eigentümern, sondern von Pfandgläubigern haben. § 8 Abs. 2 entspricht der Regelung des § 7 Abs. 5 (für den Fall der Ausübung des Verfügungsrechts über eine Finanzsicherheit in Form eines beschränkten dinglichen Rechts). Auch bei Bestellung einer Finanzsicherheit in Form der Vollrechtsübertragung kann die Verpflichtung des Sicherungsnehmers zur Rückübereignung bei vorzeitigem Eintritt des Verwertungs- und Beendigungsfalls in das Close Out Netting eingestellt werden.

Zu § 9 FinSG

§ 9 Abs. 1 privilegiert die Aufrechnung infolge Beendigung gegenüber den Gläubigern eines Konkursverfahrens, eines sonstigen Liquidationsverfahrens, eines Ausgleichsverfahrens oder einer sonstigen Sanierungsmaßnahme und gegenüber Dritten, die an einer dem Netting unterliegenden Forderung Rechte erworben haben, etwa durch eine Zession, eine Verpfändung oder durch eine gerichtliche Pfändung. Die sachliche Rechtfertigung dieses Vorrangs der Aufrechnung infolge Beendigung liegt im übergeordneten Interesse, durch einfache und „störungsfreie“ Instrumente  zur weiteren Integration und zur höheren Kostenwirksamkeit der europäischen Finanzmärkte beizutragen sowie die Stabilität des Finanzsystems in der Gemeinschaft zu fördern. Diese Wirksamkeit der Aufrechnung infolge Beendigung gegenüber Dritten setzt aber eine entsprechende vorherige Vereinbarung der Finanzmarktteilnehmer voraus.

Nach § 9 Abs. 2 soll auch die Aufrechnung infolge Beendigung ohne vorherige Androhung, ohne Dazwischenkunft oder Zustimmung eines Gerichts zu den Verwertungsbedingungen, ohne eine Versteigerung und ohne Wartefrist vorgenommen werden können. Das Close Out Netting soll damit gleich wie die Verwertung einer Finanzsicherheit (vgl. § 6 Abs. 1) rasch ohne rechtliche Hindernisse vorgenommen werden können. Es steht den Parteien einer solchen Vereinbarung aber frei, bestimmte Formerfordernisse (etwa die Verpflichtung zur Androhung des Netting oder die Einhaltung einer Wartefrist) zu vereinbaren.

Zu § 10 FinSG

§ 10 setzt Art. 4 Abs. 6 der Richtlinie um. Auch wenn das Finanzsicherheiten-Gesetz im Interesse der europäischen Finanzmärkte und ihrer Stabilität die Verwertung von Finanzsicherheiten wesentlich erleichtert, kann der Sicherungsnehmer doch nicht willkürlich vorgehen. Er wird im Gegenteil verpflichtet, dabei und bei der Ermittlung der Höhe der maßgeblichen Verbindlichkeiten nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs vorzugehen und die Ver- und die Bewertung „nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten“ vorzunehmen. Das impliziert insbesondere die Pflicht des Sicherungsnehmers, bei der Bewertung und der Verwertung einer Finanzsicherheit auf den Markt-, Kurs- oder Schätzwert zu achten und diese Maßstäbe zugrunde zu legen.

Darüber hinaus wird der Sicherungsnehmer im Allgemeinen – außer bei Gefahr im Verzug oder sonstiger Untunlichkeit – dem Sicherungsgeber die Gelegenheit bieten müssen, die drohende Verwertung durch geeignete Maßnahmen (etwa die Zahlung der Verbindlichkeit, einen „Nachschuss“ oder die Bestellung weiterer Sicherheiten) innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen Frist abzuwenden. Sofern die Parteien eine solche Verpflichtung nicht ohnehin vereinbart haben, lässt sie sich aus allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen, insbesondere aus der nebenvertraglichen Verpflichtung des Sicherungsnehmers zum angemessenen Schutz der Interessen seines Vertragspartners, ableiten. Die Annahme einer solchen vertraglichen Nebenpflicht widerspricht nicht den Vorgaben der Richtlinie, weil deren Verwertungsbefugnisse die „einzelstaatlichen“ Verpflichtungen über die Einhaltung „wirtschaftlicher Gesichtspunkte“ unberührt lässt (vgl. Art. 4 Abs. 6 der Richtlinie). Unter diese „wirtschaftlichen Gesichtspunkte“ ist im redlichen Geschäftsverkehr auch die Verpflichtung des Sicherungsnehmers einzureihen, seinem Vertragspartner die Gelegenheit zur Hintanhaltung der für ihn allenfalls unwirtschaftlichen Verwertung zu geben. Welche Frist angemessen ist, wird auf Grund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen sein. Dabei ist auf die Art des Geschäfts, den dem Sicherungsnehmer aus dem Zuwarten drohenden Verlust, aber auch auf die „Professionalität“ des Sicherungsgebers zu achten.

Der Sicherungsnehmer wird letztlich verpflichtet, einen allenfalls erzielten Überschuss an den Sicherungsgeber herauszugeben.

Zu § 11 FinSG

Nach § 11 Abs. 1 gehen im Anwendungsbereich des Finanzsicherheiten-Gesetzes dessen Bestimmungen anderen allgemeinen Vorschriften des Pfand- und Insolvenzrechts vor. Dieser Vorrang betrifft einzelne insolvenzrechtliche Regelungen (siehe die Erläuterungen zu den §§ 5 und 7), aber auch materiell-rechtliche Vorschriften des allgemeinen Zivilrechts und des Handelsrechts.

Gemäß § 11 Abs. 2 berühren aber die Bestimmungen über die Verwertung beschränkter dinglicher Sicherheiten (§§ 5 und 6), über das Verfügungsrecht (§ 7), über die Anerkennung von Vollrechtsübertragungen (§ 8) und über die Aufrechnung infolge Beendigung (§ 9) bestehende gesetzliche Regelungen über die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die während des Verdachtszeitraums getätigt werden, nicht. Damit wird die Verpflichtung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie umgesetzt (siehe auch den Erwägungsgrund 16). Den Bestimmungen der Konkursordnung über die Anfechtung der während eines bestimmten Zeitraums vor Konkurseröffnung vorgenommenen Rechtshandlungen (§§ 27 ff. KO) und der Anfechtungsordnung wird durch das Finanzsicherheiten-Gesetz nicht derogiert.

Zu den §§ 12 bis 14 FinSG

Es handelt sich um die üblichen Schlussbestimmungen.

Zu Artikel 2

Zu § 33a IPR-G

Die Bestimmung ist eine spezielle Kollisionsnorm. Sie schafft für Wertpapiere, über die nicht wie über körperliche Sachen durch die tatsächliche Übergabe verfügt wird, sondern bei denen die Buchung oder Registrierung die Übergabe ersetzt, ein (Sonder-)Sachenrechtsstatut. Sie ist auch auf so genannte „dematerialisierte Wertpapiere“ anzuwenden, die manchen Rechtsordnungen geläufig sind und bei denen das Papier durch eine Registereintragung ersetzt wird. Sofern Österreich und die Europäische Gemeinschaft das Haager Übereinkommen über das für bestimmte Rechte an zwischenverwahrten Wertpapieren geltende Recht ratifizieren, werden die Bestimmungen dieses Übereinkommens den vorgeschlagenen Kollisionsregeln des § 33a IPR-G vorgehen (siehe § 53 Abs. 1 IPR-G).

Mit § 33a IPR-G wird Art. 9 der Richtlinie umgesetzt. Die vorgeschlagene Bestimmung lehnt sich in den Formulierungen aber auch an das IPR-G, insbesondere an dessen § 31, an. Mit dem Ausdruck „Rechtsnatur“ folgt der Entwurf allerdings der Terminologie der Richtlinie. Gemeint ist damit vor allem die rechtliche Einordnung als vertragliches oder dingliches Recht. Anstelle des nur schwer verständlichen Ausdrucks „dingliche Wirkung von im Effektengiro übertragbarer Wertpapiere“ verwendet der Entwurf den Ausdruck „Inhalt dinglicher Rechte“ an den fraglichen Papieren. Art. 9 Abs. 2 lit. b der Richtlinie wird durch die einfache, dem IPR-G bereits geläufige Formulierung „Erwerb dinglicher Rechte daran einschließlich des Besitzes“ ersetzt. Soweit dieser Ausdruck über die Richtlinie hinausgeht, wird dadurch vermieden, dass für eine allenfalls nicht von der Richtlinie erfasste Transaktion auf das allgemeine Sachenrechtsstatut zurückgegriffen wird. Überhaupt regelt die vorgeschlagene Kollisionsnorm auch Sicherungsgeschäfte, die von der Richtlinie und dem Finanzsicherheiten-Gesetz wegen seines eingeschränkten (persönlichen) Anwendungsbereichs nicht erfasst sind. Aus der Sicht des internationalen Privatrechts wäre es sachlich nicht gerechtfertigt, für außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie liegende Transaktionen eine andere kollisionsrechtliche Anknüpfung vorzunehmen.

Die Verweisung erstreckt sich auf die Sachnormen des verwiesenen Rechtes. Darunter sind die Bestimmungen des materiellen Rechts zu verstehen. Die Verweisung umfasst also nicht die Kollisionsnormen des verwiesenen Rechts. Deshalb sind Rück- und Weiterverweisungen unbeachtlich.

Die Begriffe „im Effektengiro übertragbare Wertpapiere“ und „maßgebliches Konto“ werden in § 3 Abs. 1 Z 7 und 8 FinSG definiert. Darauf wird zur Klarstellung ausdrücklich Bezug genommen.

Anders als etwa in § 31 IPR-G soll hier nicht festgelegt werden, auf welchen Zeitpunkt für die Anknüpfung des Erwerbs abgestellt wird. Wenn das (Sicherungs-)Eigentum dadurch übertragen wird, dass es vom Konto des Veräußerers abgebucht und dem Konto des Erwerbers gutgebucht wird, gäbe es zwei Konten, an die angeknüpft werden könnte. Nach der Definition des maßgeblichen Kontos ist freilich an jenes Konto anzuknüpfen, auf dem die Buchung vorgenommen wird, auf Grund deren der Sicherungsnehmer die Sicherheit erwirbt. Das ist aber das Konto des Erwerbers.

§ 33a Abs. 2 regelt Sonderfragen, die zum Teil schon in Abs. 1 geklärt sind. Da die Richtlinie diese Sonderfragen aber ausdrücklich behandelt, empfiehlt es sich, diese Klarstellungen zu übernehmen. In Abs. 2 Z 1 geht es um das Rangverhältnis konkurrierender Rechte: Ist eines der konkurrierenden Rechte verbucht, so entscheidet das Recht des Kontoführungsorts, welches der beiden Rechte den Vorrang hat. Nach diesem Recht richten sich auch die Voraussetzungen für einen gutgläubigen Rechtserwerb.

Der Begriff „Verwertungs- oder Beendigungsfall“ ist im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 12 FinSG zu verstehen.


Textgegenüberstellung

Artikel 2

Änderung des IPR-Gesetzes

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

§ 33. (1) und (2) ...

§ 33. (1) und (2) unverändert

 

Im Effektengiro übertragbare Wertpapiere

§ 33a. (1) Die Rechtsnatur und der Inhalt dinglicher Rechte an im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren (§ 3 Abs. 1 Z 7 des Finanzsicherheiten-Gesetzes – FinSG, BGBl. I Nr. xx/2003,) sowie der Erwerb dinglicher Rechte daran einschließlich des Besitzes sind nach den Sachnormen des Staates zu beurteilen, in dem das maßgebliche Konto (§ 3 Abs. 1 Z 8 FinsSG) geführt wird.

(2) Nach dem im Abs. 1 bezeichneten Recht ist zudem zu beurteilen,

           1. ob das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte an im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren durch das Eigentum oder durch sonstige dingliche Rechte eines Dritten verdrängt werden oder diesem gegenüber nachrangig sind oder ein gutgläubiger Erwerb eingetreten ist;

           2. ob und welche Schritte zur Verwertung von im Effektengiro übertragbaren Wertpapieren nach Eintritt des Verwertungs- oder Beendigungsfalls (§ 3 Abs. 1 Z 12 FinsSG) erforderlich sind.

§ 50. (1) und (2) ...

 

§ 50. (1) und (2) ...

(3) § 33a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2003 tritt mit 1. Dezember 2003 in Kraft.“