V o r b l a t t

1. Problem

Entsprechend den Leitlinien, die bereits vom Europäischen Rat in Lissabon (Juni 1992), Korfu (Juni 1994) und Essen (Dezember 1994) festgelegt worden sind, ist die Europäische Union entschlossen, ein dauerhaftes Schema für die Beziehungen zu den mediterranen Drittstaaten im Zeichen der Partnerschaft festzulegen. Ziel der Mittelmeerpolitik der Europäischen Union ist es, die Mittelmeerländer in ihren Bemühungen um eine schrittweise Entwicklung der Region zu einer Zone des Friedens, der Stabilität, des Wohlstandes und der Zusammenarbeit zu unterstützen, und zu diesem Zweck eine euro-mediterrane Partnerschaft zu schaffen, welche politische und Sicherheitsaspekte, wirtschaftliche und finanzielle Aspekte sowie soziale und menschliche Aspekte umfasst.

2. Ziel

Zu diesem Zweck werden die Kooperationsabkommen zwischen den südlichen Mittelmeer-Anrainerstaaten und der Europäischen Gemeinschaft durch neue Assoziationsabkommen ersetzt. Die Arabische Republik Ägypten ist nach dem Haschemitischen Königreich Jordanien (1997), BGBl. III Nr. 101/2002, der Türkei (Unterzeichnung 1963), Malta (1971), Zypern (1973), Israel (1995), BGBl. III Nr. 109/2000, Tunesien (1995), BGBl. III Nr. 35/1998 und Marokko (1996) BGBl. III Nr. 43/2000 ein weiterer mediterraner Partnerstaat, mit dem ein Assoziationsabkommen ausverhandelt wurde.

3. Inhalt

Das Assoziationsabkommen ersetzt das Kooperations-Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten sowie das Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und der Arabischen Republik Ägypten, die bereits im Jahre 1978 unterzeichnet wurden. Das Assoziationsabkommen wurde am 25. Juni 2001 in Luxemburg unterzeichnet.

4. Alternativen

Keine.

5. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Angesichts des relativ geringen Warenverkehrs zwischen Österreich und Ägypten sind merkliche Auswirkungen nicht absehbar.

6. Finanzielle Auswirkungen

Aus dem Assoziationsabkommen entstehen keine direkten finanziellen Verpflichtungen für die Republik Österreich. Das Entstehen von zusätzlichem Verwaltungsaufwand durch die Leistung von Amtshilfe im Zollbereich kann nicht ausgeschlossen werden.

7. Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Es handelt sich um ein völkerrechtliches Abkommen, dessen Regelungen die Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaft überschreiten und das deshalb als gemischtes Abkommen von der Europäischen Gemeinschaft und von den Mitgliedstaaten geschlossen wird. Von der Europäischen Gemeinschaft wird es als Assoziationsabkommen nach Art 310 EGV geschlossen

8. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Sonderkundmachung gemäß Art. 49 (2) B-VG.


E R L Ä U T E R U N G E N

zum Abkommenstext des Assoziationsabkommen zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten andererseits

I. Allgemeines

Am 25. Juni 2001 haben die Europäischen Gemeinschaften (EG, EGKS) und ihre Mitgliedstaaten und die Arabische Republik Ägypten in Brüssel das Assoziationsabkommen - auch Europa-Mittelmeer-Abkommen genannt - unterzeichnet. Im Hinblick auf das Auslaufen des EGKS-Vertrags mit 23. Juli 2002 ist es jedoch nur noch von der EG und den EU-Mitgliedstaaten zu ratifizieren.

Da das Abkommen neben Materien mit Gemeinschaftskompetenz auch Materien regelt, für die die Mitgliedstaaten zuständig sind (sog. gemischte Abkommen), bedarf es der Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten.

Das Europa-Mittelmeer-Abkommen stellt ein weiteres einer Reihe neuer Abkommen dieser Art mit den Mittelmeerdrittländern dar, die die Europäische Gemeinschaften zur Stärkung ihrer Mittelmeerpolitik abgeschlossen haben, um einen Beitrag zur Schaffung eines Klimas des Friedens, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Stabilität im Mittelmeer zu fördern. Durch die detaillierten Abkommensbestimmungen wird Ägypten darauf vorbereitet, an der von der Europäischen Gemeinschaft geplanten Freihandelszone zwischen der Europäischen Gemeinschaft, dem mittel- und osteuropäischen Raum und dem Mittelmeerbereich teilzunehmen.

Wie in den Europa-Abkommen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern, wurde in die Europa-Mittelmeer-Abkommen eine vertragliche Bestimmung aufgenommen, die die Achtung der Menschenrechte als ein wesentliches Element der Assoziation vorsieht. Dies entspricht einer vom Europäischen Rat im Mai 1992 verabschiedeten Entschließung.

Gegenüber dem bisherigen Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsge­meinschaft sowie ihren Mitgliedstaaten und der Arabischen Republik Ägypten und dem Abkommen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und ihren Mitgliedstaaten sowie der Arabischen Republik Ägypten vom 18. Januar 1977 enthält das Assoziationsabkommen im Wesentlichen folgende neue Elemente, die teilweise auf Initiativen und Vorschläge der Bundesregierung beruhen:

         -      Die Institutionalisierung eines politischen Dialogs auf hoher Ebene,

         -       Schaffung einer regionalen Freihandelszone Europa-Mittelmeer in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Welthandels­organisation (WTO),

         -      die Errichtung einer Freihandelszone zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ägypten mit größeren Zugeständnissen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und der Beseitigung der Zölle auf gewerbliche Waren innerhalb von 12 bis 15 Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens,

         -      eine Verpflichtung zur Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Niederlassungen von Gesellschaften und zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs,

 

         -      freier Kapitalverkehr und Bestimmungen über Wettbewerb und Beihilfen,

         -       Verstärkung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf allen Gebieten, die für beide Seiten in­teressant sind, um ausgewogenere wirtschaftliche Beziehungen zwischen Ägypten und der Europäischen Gemeinschaft zu fördern,

         -       Zusammenarbeit auf sozialem Gebiet und im kulturellen Bereich, insbesondere zur weiteren gesellschaftlichen Integration der Staatsangehörigen beider Vertragsparteien sowie zur Intensivierung des gegenseitigen Kulturverständnisses,

         -      eine finanzielle Zusammenarbeit, die Ägypten in seinen Bemühungen unterstützt, seine Wirt­schaft zu reformieren sowie die Wirtschaftsinfrastruktur zu verbessern und die Auswirkungen bei der schrittweisen Errichtung der Freihandelszone durch soziale Maßnahmen flankiert,

         -       Förderung regionaler Zusammenarbeit, um die friedliche Koexistenz und die wirtschaftliche und politische Stabilität zu festigen,

         -             Einsetzung eines Assoziationsrats, der die Durchführung des Abkommens überwacht, und eines Assoziationsausschusses zur Umsetzung des Abkommens.

Das Europa-Mittelmeer-Abkommen ist auf unbegrenzte Zeit abgeschlossen. Es verstärkt die be­stehenden guten Beziehungen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ägypten und festigt die 1995 mit der Erklärung von Barcelona begründete Partnerschaft Europa-Mittelmeer. Hierbei wird als Grundsatz der Beziehungen die Gegenseitigkeit, die Partnerschaft und die beiderseitige Entwicklung nach demokratischen Grundsätzen und der Achtung der Menschenrechte festgeschrieben. Mit dem Abkommen ist eine dauerhafte Basis für die Beziehungen zu den Mittelmeerdrittländern im Zeichen der Partnerschaft festgelegt. Die enge und umfassende Partnerschaft mit den Mittel­meerdrittstaaten ist das Gegenstück zur Integrationspolitik gegenüber den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa und verleiht den Außenbeziehungen der Europäischen Union ihre geopolitische Geschlossenheit. Das Abkommen wird einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit in der Region leisten und die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ägypten und der Europäischen Gemeinschaft sowie zwischen Ägypten und seinen Partnern im Mittelmeerraum fördern.

II. Besonderes

Präambel

Die Präambel beschreibt die politischen Grundlagen und Zielsetzungen der Assoziation. Die Ver­tragsparteien bestätigen die Bedeutung ihrer traditionellen Beziehungen und die Stärkung dieser Bindung, die Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und insbesondere die Achtung der Menschenrechte und die Gewährleistung der politischen und wirtschaftlichen Freiheiten sowie die Förderung regionaler Zusammenarbeit. Als weitere wichtige Elemente der Assoziation werden der regelmäßige politische Dialog, die Bereitschaft der Europäischen Gemeinschaft zur umfang­reichen Unterstützung Ägyptens bei der Reform und Anpassung auf wirtschaftlichem und sozia­lem Gebiet, der Freihandel in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Welthandelsorga­nisation (WTO) sowie die unterstützende Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Soziales und Kultur hervorgehoben.

Allgemeine Grundsätze

(Artikel 1 und 2)

Ziele der Assoziation sind:

         -      ein politischer Dialog zur Entwicklung enger politischer Beziehungen,

         -      eine schrittweise Liberalisierung des Waren-, des Dienstleistungs- und des Kapitalverkehrs,

         -      durch Dialog und Zusammenarbeit die Entwicklung ausgewogener wirtschaftlicher und sozialer Beziehungen zu fördern,

         -      einen Beitrag zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung Ägyptens zu leisten,

         -      die regionale Zusammenarbeit zu fördern, um die friedliche Koexistenz und die wirtschaftliche und politische Stabilität zu festigen (Artikel 1).

Die Wahrung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte, von denen sich die Ver­tragsparteien bei ihrer Innen- und Außenpolitik leiten lassen sollen, wird zum wesentlichen Be­standteil der Assoziation erklärt. Ein schwerwiegender Verstoß gegen diese Grundsätze be­rechtigt in Verbindung mit Artikel 86 Abs. 2 des Abkommens zur einseitigen fristlosen Kündigung (sog. Suspendierungsklausel).

Titel I

Politischer Dialog

(Artikel 3 bis 5)

Dieser Teil des Abkommens enthält Vorschriften über den politischen Dialog, der zur Entwicklung einer dauerhaften solidarischen Partnerschaft, zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses sowie zu Wohlstand, Stabilität und Sicherheit in der Mittelmeerregion beitragen soll.

Der politische Dialog soll in folgender Weise durchgeführt werden:

         -      auf Ministerebene, vor allem im Assoziationsrat,

         -      auf Ebene hoher Beamter,

         -      durch Nutzung aller diplomatischer Kanäle, einschließlich geeigneter Kontakte in Drittstaaten,

         -      durch alle anderen geeigneten Mittel,

         -      zwischen dem Europäischen Parlament und der ägyptischen Volksversammlung.

Titel II

Freier Warenverkehr

(Artikel 6 bis 28)

Im zweiten Teil des Abkommens werden die entsprechenden Bestimmungen des Kooperations­abkommens von 1977 übernommen.

Die Europäische Gemeinschaft und Ägypten errichten in einer Übergangszeit von höchstens zwölf Jahren schrittweise eine Freihandelszone, die im Einklang mit den Bestimmungen des GATT 1994 und der Welthandelsorganisation (WTO) steht (Artikel 6).

Kapitel I

Gewerbliche Waren

(Artikel 7 bis 11)

Die Europäische Gemeinschaft geht beim Abbau von Zöllen und Abgaben gleicher Wirkung (frei von mengenmäßigen Beschränkun­gen und Maßnahmen gleicher Wirkung) von dem Grundsatz der Asymmetrie aus, d.h. der Abbau der Zölle und mengenmäßigen Be­schränkungen im gewerblichen Bereich setzt bei Ägypten wesentlich später ein und endet zwölf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens. Der Anwendungsbereich des Zollabbaus und Abgaben gleicher Wirkung ist in Art. 7 festgelegt (Ausnahme die in Anhang 1 aufgeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Verarbeitungsprodukte).

Nach Artikel 8 können ägyptische gewerbliche Waren frei von Zöllen und Abgaben und ohne mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung eingeführt werden. Artikel 8 bestätigt damit die seit 1. Januar 1980 geltende Einfuhrregelung.

In Artikel 9 wird der Zeitplan für den ägyptischen Abbau der Einfuhrzölle und Abgaben glei­cher Wirkung auf die Ursprungserzeugnisse der Gemeinschaft festgelegt:

         -      Für Ursprungswaren der Gemeinschaft des Anhangs 2, z.B. bestimmte verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, wird Ägypten spätestens nach Ablauf von drei Jahren seit Inkrafttreten des Abkommens alle darauf erhobenen Zölle und Abgaben beseitigt haben.

         -      Ägypten beseitigt seine Einfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung auf weitere Ursprungswaren der Europäischen Gemeinschaft nach gestaffelten Zeitplänen, die in den Anhängen 3 (spätestens nach 9 Jahren), 4 (spätestens nach 12 Jahren) und 5 (spätestens nach 15 Jahren) aufgeführt sind.

Bei Waren ohne sofortigen Zollabbau, die nicht in den Anhängen 2, 3, 4, und 5 aufgeführt sind, erfolgt der Zollabbau nach einem Zeitplan, der durch Beschluss des Assoziationsauschusses festgelegt wird (im Wesentlichen für Ägypten sensible gewerbliche Erzeugnisse, Art. 9 Abs. 5).

             - Treten bei einer Ware ernste Schwierigkeiten auf, so kann der entsprechende Zeitplan in Art. 9 Abs. 1, 2, 3 bzw. 4 vom Assoziationsausschuss einvernehmlich geändert werden mit der Maßgabe, dass der Zeitplan, um dessen Änderung ersucht wird, für die betreffende Ware nicht über die Übergangszeit hinaus verlängert wird (Art. 9 Abs. 6).

Ägypten kann Zölle für die in Artikel 9 genannten Produkte bis zu 25 % des Warenwertes einführen, wenn bei sogenannten „jungen Industrien“ oder bestimmten Wirtschaftszweigen, die sich in der Umstrukturierung befinden, ernsthafte Schwierigkeiten entstehen. Hierbei darf der Anteil der betroffenen Importe 20 % der Gesamtimporte gewerblicher Waren aus der Gemeinschaft nicht überstei­gen. Ferner muss für diese industriellen Produkte der Gemeinschaft weiterhin eine Zollpräferenz für die Europäische Gemeinschaft gesichert bleiben. Diese Aus­nahmeregelungen gelten höchstens fünf Jahre und treten spätestens bei Ablauf der zwölfjährigen Übergangszeit außer Kraft (Artikel 11).

Kapitel 2

Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Fischereierzeugnisse und landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse

(Artikel 12 bis 16)

Das Kapitel 2 enthält die Bestimmungen über den Handel mit landwirtschaftli­chen Produkten (Artikel 12 bis 16) und landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnissen (Protokoll Nr. 3).

Die Europäische Gemeinschaft und Ägypten nehmen schrittweise eine stärkere Liberalisierung ihres Agrarhandels auf der Grundlage der Gegenseitigkeit vor (Artikel 13), die im dritten Jahr, indem das Abkommen angewandt wird, geprüft und ab dem Beginn des vierten Jahres angewendet werden soll (Artikel 15).

Die Europäischen Gemeinschaften gewähren für die hauptsächlichen ägyptischen Agrarexporte (z.B. Gemüse, Kartoffeln, Erdnüsse) bei der Einfuhr Zollkonzessionen (Protokoll Nr. 1), die im wesent­lichen aus einer Aufhebung der Zölle bzw. Zollsenkungen ohne Mengenbegrenzungen und für sensiblere Agrarprodukte im Rahmen von Zollkontingenten und Einfuhrkalendern bestehen. Ägypten gewährt für bestimmte Agrarprodukte (z.B. Zuchtvieh, Rindfleisch, Milchprodukte, Hülsenfrüchte,) der Europäischen Gemeinschaft im Rahmen von Zollkontingenten Präferenzzölle (Protokoll Nr. 2).

Der Warenkreis dieses Kapitels umfasst Ursprungwaren der Gemeinschaft und Ägyptens, welche in Anhang 2 des Gründungsvertrages festgelegt sind. Diese Erzeugnisse, u.a. lebende Tiere, Fische, Gemüse, Pflanzen, Getreide, werden auch von der österreichischen Landwirtschaft produziert. Um eine, den eventuellen geänderten Produktionslagen möglicherweise widersprechende, langfristige Anwendung dieser Regelung zu verhindern, ist eine Überprüfung der Lage und der Liberalisierungsmaßnahmen im 3. Jahr nach der Anwendung des Abkommens vorgesehen. Ebenso und unter Berücksichtigung des Handelsausmaßes sowie der Sensibilität einzelner Waren prüfen die Gemeinschaft und Ägypten im Rahmen des Assoziationsrates die Möglichkeit einander in geeigneter Weise weiter Zugeständnisse gewähren zu können.

Kapitel 3

Gemeinsame Bestimmungen

(Artikel 17 bis 28)

Das Kapitel 3 (Artikel 17 bis 28) enthält allgemeine Bestimmungen für das ordnungsgemäße Funktionieren des freien Warenverkehrs. Hierzu zählt z.B. das Verbot der Einführung neuer Zölle bei der Ein- und Ausfuhr und mengenmäßiger Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie ein Verbot der Diskriminierung, z.B. bei der Erhebung von indirekten Steuern und Abgaben im Warenver­kehr.

Vereinbar ist das Abkommen mit der Aufrechterhaltung oder Errichtung von Zollunionen, Freihandelszonen oder Grenzverkehrsregelungen, sofern diese keine Änderung der im Abkommen vorgesehenen Handelsregelung bewirken (Art. 21).

Im Falle von Dumping im Sinne von Artikel VI des GATT 1994 im Handel zwischen den Vertragspar­teien kann die betroffene Vertragspartei im Einklang mit dem WTO-Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des GATT 1994 geeignete Maßnahmen gegen die Praktiken ergreifen, z.B. Antidumpingzölle einführen (Artikel 22).

Außer in Dringlichkeitsfällen muss vor Einführung von Schutzmaßnahmen im Fall der Artikel 22, 25 (Schwierigkeiten der ausführenden Vertragspartei in Bezug auf Drittstaat oder Gefahr für wesentliche Ware) versucht werden, im Assoziationsausschuss eine Lösung zu finden. Wird innerhalb von 30 Tagen keine zufriedenstellende Lösung gefunden, kann die Vertragspartei, die Schutzmaßnahmen zu ergreifen beabsichtigt, Art. XIX des GATT 1994 und das WTO-Übereinkommen über Schutzmaßnahmen anwenden bzw. geeig­nete Maßnahmen treffen (Artikel 24 Abs. 2, 25 Abs. 2).

Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverbote oder Beschränkungen, die aus Gründen der öffentli­chen Sicherheit und Ordnung, Gesundheitsschutz und zum Schutz von nationalem Kulturgut ge­troffen werden, sind weiterhin zulässig (Artikel 26).

Von besonderer handelspolitischer Bedeutung ist die Definition des Ursprungserzeugnisses (Artikel 27 und Proto­koll Nr. 4). Das Assoziationsabkommen enthält für die Einfuhr in die Europäische Gemeinschaft Vorzugsbedingungen im Zollbereich gegenüber der Einfuhr aus Drittländern in Bezug auf gewerb­liche Waren und eine Reihe von landwirtschaftlichen Produkten mit Ursprung in Ägypten und umgekehrt. Damit diese Präferenzen nicht Drittlandswaren gewährt werden, die in den Präferenz­raum eingeführt und ohne Be- und Verarbeitung in die andere Vertragspartei ausgeführt werden, ist bei der Einfuhr durch einen Präferenznachweis zu belegen, dass die Ware ihren Ursprung in der Europäischen Gemeinschaft oder in Ägypten hat. Nach den Bestimmungen des Abkommens (Protokoll Nr.4) hat eine Ware ihren Ursprung in der Europäischen Gemeinschaft oder in Ägypten, wenn sie dort entweder vollständig gewonnen oder hergestellt oder eine ausreichende Be- und Verarbeitung erfahren hat. Das Ausmaß der erforderlichen Be- und Verarbeitung ist für jede Ware im Einzelnen festgelegt. Vorgesehen sind technische Kriterien oder das Erfordernis eines bestimmten Wertzuwachses oder eine Kombination der beiden Kriterien. Bei Ursprungswaren einer Vertragspartei, die im anderen Partnerland weiterverarbeitet werden (passive Lohnveredelung), wird der zur Präferenzberechtigung erforderliche Ursprung erlangt, wenn an der Ursprungsware zwar mehr als eine sogenannte Minimalbehandlung vorgenommen wird, ohne dass dies jedoch das Mindestmaß der erforderlichen Be- oder Verarbeitung erfüllte (Protokoll Nr. 4).

Die Freihandelsregelung des Abkommens unterliegt einer Prüfung des GATT/WTO. Hieraus könnten sich gegebenenfalls Konsequenzen für das Abkommen ergeben.

Titel III

Niederlassungsrecht und Erbringung von Dienstleistungen

(Artikel 29 bis 30)

Bestätigung der jeweiligen Verpflichtungen der Vertragsparteien aus dem Allgemeinem Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen („GATS“) in der Anlage des Übereinkommens zur Errichtung der WTO, insbesondere die Verpflichtung, einander in den Dienstleistungssektoren, für die diese Verpflichtungen gelten, die Meistbegünstigung zu gewähren.

Erweiterung des Geltungsbereichs des Abkommens um das Recht von Gesellschaften der einen Vertragspartei auf Niederlassung im Gebiet der anderen Vertragspartei und die Liberalisierung der Erbringung von Dienstleistungen durch Gesellschaften der einen Vertragspartei an Dienstleistungsnutzer im Gebiet der anderen Vertragspartei wird von den Vertragsparteien geprüft werden. Der Assoziationsrat wird dazu entsprechende Empfehlungen geben (Art. 29, 30). Artikel 29 ist aus fremdenrechtlicher Sicht nicht relevant. Die vorliegende Textierung des Artikel 30 stellt darauf ab, dass eine Erweiterung des Geltungsbereiches in Richtung der Gewährung des Niederlassungsrechtes einer Vertragspartei zu prüfen ist. Durch diese in Absatz 1 aufgenommene Absicht werden nach der ho. Rechtsmeinung die geltenden österreichische Einwanderungsregelungen nicht berührt bzw. auch kein Sonderrecht auf Zuzug normiert.

Titel IV

Kapitalverkehr und sonstige wirtschaftliche Fragen

(Artikel 31 bis 38)

Kapitel 1

Zahlungen und Kapitalverkehr

(Artikel 31 bis 33)

Artikel 31 sieht vorbehaltlich des Art. 33 vor, dass alle Leistungsbilanzzahlungen in frei konvertierbarer Währung genehmigt werden.

Auch der freie Kapitalverkehr für Direktinvestitionen in Gesellschaften in Ägypten ist gewährleistet, ferner die Liquidation oder Rückführung dieser Investitionen und etwaiger daraus resultierender Gewinne (Artikel 32). Bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten eines Mitgliedstaats oder Ägyptens können die Europäische Gemeinschaft oder Ägypten unter den Voraussetzungen des GATT und der Art. VIII, XIX des Statut des IWF Beschränkungen für laufende Zahlungen einführen, sofern diese Maßnahmen unbedingt notwendig sind (Artikel 33).

Kapitel 2

Wettbewerb und sonstige wirtschaftliche Fragen

(Artikel 34 bis 38)

Das Europa-Mittelmeer-Abkommen sieht ein Verbot von wettbewerbsbeschränkenden Praktiken im Sinne von Artikel 81 EG-Vertrag, der Ausnutzung einer Monopolstellung im Sinne von Artikel 82 EG-Vertrag sowie von unzulässigen Beihilfen im Sinne von Artikel 87 EG-Vertrag vor. Der Assoziationsrat erlässt innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten des Abkommens die dazu erforderlichen Durchführungsvorschriften. Bis zum Erlass dieser Vorschriften gelten für die Durchführung des Verbots staatlicher Beihilfen die entsprechenden Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen zwischen den Vertragsparteien (Artikel 34 Abs. 2, Art. 23).

Die Vertragsparteien sorgen für Transparenz im Bereich der staatlichen Beihilfen, indem sie u.a. der anderen Vertragspartei jährlich Bericht erstatten über den Gesamtbetrag und die Verteilung der Beihilfen und auf Ersuchen Auskunft über die Beihilfeprogramme erteilen (Art. 34 Abs. 3).

Für Agrar- und Fischereiprodukte gilt das Verbot staatlicher Beihilfen, die durch Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, nicht. Hinsichtlich dieser Erzeugnisse findet das WTO-Übereinkommen über die Landwirtschaft und die einschlägigen Bestimmungen des WTO-Übereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen Anwendung (Art. 34 Abs. 4).

Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und Ägypten formen alle staatlichen Handelsmonopole so um, dass am Ende des fünften Jahres nach Inkrafttreten des Abkommens jede Diskriminierung ausgeschlossen ist (Artikel 35). Vorrechte staatli­cher Monopolbetriebe mit wirtschaftlicher Tätigkeit, die den Handel zwischen der Gemeinschaft und Ägypten verzerren und den Interessen der Vertragspartner zuwiderlaufen, werden ab dem fünften Jahr nach Inkrafttreten des Abkommens aufgehoben. Damit wird eine Diskriminie­rung von EU-Unternehmen hinsichtlich der Beschaffung und Vermarktung von Produkten beseitigt (Art. 36).

Artikel 37 enthält Regelungen zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum. Anhang 6 schreibt vor, welchen multilateralen Übereinkünften über die Rechte an geistigem Eigentum Ägypten bis spätestens Ende des vierten Jahres nach Inkrafttreten des Abkommens beitreten muss. Die Anwendung dieses Artikels und des Anhangs 6 wird von den Vertragsparteien regelmäßig überprüft. Die Vertragsparteien setzen sich die gegenseitige und schrittweise Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens zum Ziel (Artikel 38).

Titel V

Wirtschaftliche Zusammenarbeit

(Artikel 39 bis 61)

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit hat zum Ziel, ausgewogene wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Vertragsparteien zu fördern, die Anstrengungen Ägyptens im Hinblick auf seine nachhaltige wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu unterstützen (Artikel 39). Die Zusammenarbeit konzentriert sich vorrangig auf die Wirtschaftszweige, in denen interne Schwierigkeiten bestehen oder die durch die Liberalisierung der ägyptischen Wirtschaft insgesamt betroffen sind. Außerdem soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit Ägyptens mit den anderen Ländern der Region gefördert werden (Art. 40).

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit wird durch einen regelmäßigen wirtschaftspolitischen Dialog, durch Informations- und Meinungsaustausch sowie durch Beratung, Vermittlung von Fachwissen und Ausbildungsmaßnahmen und durch technische und administrative Hilfe bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften verwirklicht (Artikel 41).

Eine besondere Bedeutung kommt der Bildung und Berufsausbildung bei öffentlichen und privaten Unternehmen, handelsbezogenen Dienstleistungen, der öffentlichen Verwaltung, technischen Einrichtungen, Normierungs- und Zertifizierungsorganisationen zu. Dabei wird dem Zugang von Frauen zu Hochschulbildung und Berufsausbildung besondere Aufmerksamkeit gewidmet (Art. 42).

Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit sind folgende Bereiche vorgesehen:

         -       Zusammenarbeit in  Wissenschaft und Technologie (Art. 43),

         -      Umwelt (Art. 44),

         -       Industrielle Zusammenarbeit (Art. 45),

         -       Investitionen und Investitionsförderung (Art. 46),

         -       Normung und Konformitätsprüfung (Art. 47),

         -       Rechtsangleichung (Art. 48),

         -       Finanzdienstleistungen (Art. 49),

         -       Landwirtschaft und Fischerei (Art. 50),

         -      Verkehr (Art. 51),

         -       Informationsgesellschaft und Telekommunikation (Art. 52),

         -      Energie (Art. 53),

         -       Tourismus (Art. 54),

         -      Zoll (Art. 55; Protokoll Nr. 5 über gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich),

         -       Zusammenarbeit im Bereich der Statistik (Art. 56),

         -       Geldwäsche (Art. 57),

         -       Bekämpfung des Drogenmissbrauchs (Art. 58),

         -       Bekämpfung des Terrorismus (Art. 59),

         -       Regionale Zusammenarbeit (Art.60)

         -       Verbraucherschutz (Art. 61).

Zu Artikel 44:  Ziel der Zusammenarbeit ist es, eine Verschlechterung der Umweltlage zu verhindern, den Stand der Umwelt zu überwachen und die rationelle Nutzung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen.

Zu Artikel 51: Die Vertragsparteien definieren als Ziele ihrer Kooperation die Umstrukturierung und Modernisierung der mit den wichtigsten transeuropäischen Verkehrsverbindungen von gemeinsamem Interesse verbundenen Straßen-, Hafen- und Flughafeninfrastruktur, die Kompatibilität von Betriebsnormen mit der Europäischen Union, eine Erneuerung der technischen Anlagen für den kombinierten Verkehr Straße/Schiene, den Containerverkehr und den Güterumschlag und die Verbesserung des Managements der Flughäfen, der Eisenbahnen und der Luftverkehrskontrolle.

Zu Artikel 52: Im Mittelpunkt dieser Bestimmungen steht das Bekenntnis beider Vertragsparteien zur Schaffung einer modernen und leistungsfähigen modernen Gesellschaft mit Hilfe entsprechender Informations- und Kommunikationstechnologien. Als hilfreich für diese werden der Dialog über die Aspekte der Informationsgesellschaft, der Informationsaustausch, die notwendige technische Hilfe in den verschiedenen Betätigungsfeldern, die Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, die Wichtigkeit gemeinsamer Forschungsprojekte, die Beteiligung ägyptischer Organisationen an Pilotprojekten und europäischen Programmen und Verbund der Netze und die Interoperabilität der Telematikdienste in der Gemeinschaft und in Ägypten genannt.

Zu Artikel 57: Diese Bestimmung erfordert keinen innerstaatlichen Handlungsbedarf, da in diesen Bereichen seitens des BMI bereits derzeit auf bilateraler Ebene eine polizeiliche Kooperation mit Ägypten stattfindet und es anlassbezogen zu einem entsprechenden Informationsaustausch zwischen den mit der Bekämpfung der Geldwäsche befassten Einheiten kommt. Die Bestimmung entspricht den Anforderungen für eine effiziente Bekämpfung und stellt einen weiteren Baustein in der internationalen globalen Kooperation dar.

Zu Artikel 58 : Gegenständliche Bestimmung gibt die Zielrichtung des Drogenaktionsplanes der EU für das Jahr 2000 bis 2004 wieder. Schwerpunkte der operativen Zusammenarbeit sowie der Zusammenarbeit im Bereich der Prävention bilden die Grundlage und entsprechen der derzeit aktuellen Drogenpolitik in den MS der EU, wonach ein ausgewogener Ansatz zwischen Repression und Prävention bestehen soll.

Im Bereich der operativen Zusammenarbeit besteht derzeit zwischen Österreich und Ägypten auf bilateraler polizeilicher Ebene anlassbezogen ein Kooperations- mechanismus, der eine effiziente Strafverfolgung gewährleistet. Die im Assoziationsabkommen angeführten Artikel zu den Themenbereichen Artikel 57 - Geldwäsche, Artikel 58 - Bekämpfung des Drogenmissbrauchs, entsprechen den Anforderungen einer effizienten internationalen Kooperation.

Zu Artikel 58, Abs 3, 3. Unterabsatz: es wird angemerkt, dass Österreich bereits sämtlichen 3 UNO-Konventionen beigetreten ist und im Rahmen dieser Verpflichtungen bereits die Strafbarkeit von Missbrauch von Vorläuferstoffen und psychotropen Substanzen im Suchtmittelgesetz verankert wurde. Darüber hinaus wird derzeit ein Rahmenbeschluss Drogenhandel ausgearbeitet, durch den eine Harmonisierung der Strafbestimmungen auf EU-Ebene erreicht werden wird. Zusätzliche Verpflichtungen ergeben sich aus dem Abkommen daher für Österreich nicht.

Zu Artikel 59: Bisher wurde mit den ägyptischen Sicherheitsbehörden im Anlassfall zusammengearbeitet. Je nach den Entwicklungen im Terrorismusbereich wird sich auch die künftige Zusammenarbeit gestalten. Änderungen im Polizei-kooperationsgesetz sind nicht erforderlich.

Zu Artikel 61: Durch diese Bestimmung wird Österreich nicht verpflichtet Verbraucher  -schutzbestimmungen über die bereits bestehenden hinaus zu erlassen.

Titel VI

Kapitel 1

Dialog und Zusammenarbeit im sozialen Bereich

(Artikel 62 bis 67)

Die Vertragspartner heben die Bedeutung hervor, die sie der fairen Behandlung ihrer legal im Gebiet der anderen Vertragspartei beschäftigten Arbeitnehmer beimessen, die dort ihren legalen Wohnsitz haben. Sie kommen überein, auf Ersuchen eines von ihnen Gespräche über bilaterale Abkommen auf Gegenseitigkeit über die Arbeitsbedingungen und die Ansprüche auf Sozialleistungen der Arbeitnehmer aufzunehmen (Art. 62). Artikel 62 betont die faire Behandlung der legal im Gebiet der anderen Vertragspartei beschäftigten Arbeitnehmer. Auf Wunsch eines der beiden Vertragspartner können Gespräche über bilaterale Abkommen auf Gegenseitigkeit über die Arbeitsbedingungen und die Ansprüche auf Sozialleistungen der Arbeitnehmer aufgenommen werden. Österreich hat derzeit kein bilaterales Sozialversicherungsabkommen mit Ägypten. Auf europäischer Ebene regelt die Verordnung 1408/71/EWG die Koordination der Sozialversicherungssysteme. Derzeit ist ein Vorschlag der Kommission zur Ausweitung des Geltungsbereiches der Verordnung 1408/71 auf alle Drittstaatsangehörigen in Verhandlung, wobei die Verordnung nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn ein Drittstaatsangehöriger in zumindest zwei Mitgliedstaaten der Europäischen Union sich legal aufgehalten und gearbeitet hat.

Der Artikel 62 im Abkommen mit Ägypten ist weniger weit gehend als Bestimmungen in den Abkommen mit Tunesien (Art. 65), Marokko (Art. 65) und dem kürzlich unterzeichneten Abkommen mit Algerien (Art. 68), da nur die Aufnahme bilateraler Verhandlungen betreffend ein bilaterales Abkommen vorgesehen ist.

Zu Artikel 63: Im sozialen Bereich sollen die Vertragsparteien einen regelmäßigen Dialog darüber führen, wie weitere Fortschritte bei der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Gleichbehandlung und der gesellschaftlichen Integration der Staatsangehörigen beider Vertragsparteien erzielt werden können, die im Gebiet der jeweils anderen Vertragspartei einen legalen Wohnsitz haben.

Der Dialog konzentriert sich auf die Probleme der Arbeits- und Lebensbedingungen der Einwanderer, der Migration, der illegalen Einwanderung und den Maßnahmen zur Förderung der Gleichbehandlung der Staatsangehörigen beider Vertragsparteien, der Kenntnis der Kultur des anderen, der Toleranz und der Beseitigung von Diskriminierung. Dieser Artikel behandelt die Thematik für zukünftige Dialoge im Rahmen des Abkommens. Ein unmittelbarer Anwendungsbereich zum Fremdenrecht besteht jedoch nicht.

Im sozialen Bereich sind Projekte und Programme vorgesehen, die sich auf alle Gebiete von gemeinsamem Interesse erstrecken können und die mit den Maßnahmen der Mitgliedstaaten und den in dem betreffenden Bereich tätigen internationalen Organisationen koordiniert werden können (Art. 65, 66)

Artikel 65 sieht die Zusammenarbeit in Form von Projekten und Programmen im sozialen Bereich vor, die im Interesse der Vertragsparteien liegen. Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz hält die angeführten Bereiche der Zusammenarbeit, insbesondere die Förderung der Rolle der Frau in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung, die Verbesserung des Systems der sozialen Sicherung, die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, die Verbesserung der Lebensbedingungen in armen Gebieten und Austauschprogramme im Jugendbereich für zweckmäßig zur Erreichung der Ziele des Abkommens gemäß Artikel 1 Absatz 2.

Priorität genießt dabei:

         -       Verringerung des Migrationsdrucks;

         -       Förderung der Rolle der Frau;

         -       Unterstützung und Ausbau ägyptischer Programme für Familienplanung und Schutz von Mutter und Kind;

         -       Verbesserung des Systems der sozialen Sicherung

Hierbei sind weiters Projekte und Programme in Aussicht gestellt, die bestimmte (auch fremdenrechtlich relevante) Themen betreffen. Ein Sonderrecht für Einwanderungsabsichten bzw. etwaige Aufenthaltsrechte sind jedoch auch hier nicht vorgesehen.

Kapitel 2

Zusammenarbeit bei der Verhütung und Kontrolle der illegalen Einwanderung und anderen Konsularfragen

(Artikel 68 bis 70)

Im Rahmen der Zusammenarbeit bei der Verhütung und Kontrolle der illegalen Einwanderung erklären sich beide Vertragsparteien bereit, die jeweils im anderen Vertragsstaat sich illegal aufhaltenden eigenen Staatsangehörigen rückzuübernehmen (Rückübernahmeklauseln, welche die EU in allen Assoziationsabkommen und gemischten Abkommen anstrebt).

Nach Inkrafttreten des Abkommens werden auf Ersuchen einer Vertragspartei bilaterale Abkommen zwischen den Vertragsparteien über die spezifischen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Rückübernahme ihrer Staatsangehörigen geschlossen. Bei der Durchführung dieser Abkommen wird Ägypten geeignete finanzielle und technische Hilfe gewährt. Der Assoziationsrat prüft, welche weiteren gemeinsamen Anstrengungen zur Verhütung und Kontrolle der illegalen Einwanderung, einschließlich des Menschenhandels, unternommen werden können (Art. 68, 69, 70). Artikel 69 sieht vor, auf Wunsch einer Vertragspartei ein Rückübernahmeabkommen abzuschließen, das auch Bestimmungen über die Übernahme von Drittstaatsangehörigen enthält. Artikel 70 sieht weitere Anstrengungen zur Verhütung der illegalen Migration vor. Die gemeinsame Erklärung zu Titel VI, Kapitel 1, in der die Bereitschaft bekundet wird, Personen, die bona fide an der Umsetzung des Abkommens mitwirken, erleichtert (beschleunigt) erforderliche Visa zu erteilen, stellt eine Standardformulierung in derartigen Abkommen dar.

Kapitel 3

Zusammenarbeit in den Bereichen Kultur, audiovisuelle Medien und Information (Art. 71)

Die Zusammenarbeit im kulturellen Bereich zielt darauf ab, die beiderseitige Kenntnis und das Verständnis der jeweils anderen Kultur zu verbessern. Im Bereich der audiovisuellen Medien soll die Kooperation bei Koproduktion und Ausbildung gefördert und der kommerzielle Bereich durch gemeinsame Projekte, Ausbildung und Informationsaustausch gefördert werden.

Titel VII

Finanzielle Zusammenarbeit

(Artikel 72 bis 73)

Die finanzielle Zusammenarbeit soll zur Verwirklichung der Ziele des Abkommens beitragen. Dazu wird für Ägypten ein Finanzierungspaket mit geeigneten Verfahren bereitgestellt. Der Anwendungsbereich erstreckt sich auf die Modernisierung der Wirtschaft, die Verbesserung der Wirtschaftsinfrastruktur, die Förderung von Privatinvestitionen und beschäftigungswirksamen Tätigkeiten sowie die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen aus der schrittweisen Errichtung einer Freihandelszone auf Ägypten (Artikel 72).

Bei außerordentlichen gesamtwirtschaftlichen und finanziellen Problemen, die sich durch Anwen­dung des Abkommens ergeben können, werden die Vertragsparteien die Tendenzen in den Handels- und Finanz­beziehungen zwischen der Gemeinschaft und Ägypten im Rahmen des regelmässigen wirtschaftlichen Dialogs verfolgen (Artikel 73).

Titel VIII

Institutionelle, Allgemeine und Schlussbestimmungen

(Artikel 74 bis 92)

Durch das Abkommen wird ein Assoziationsrat (Artikel 74 bis 76) geschaffen, der einmal jährlich auf Ministerebene sowie, wenn besondere Umstände dies erfordern, mehrmals zusammentritt. Er überwacht die Durchführung der Verpflichtungen aus dem Abkommen. Der Assoziationsrat be­steht aus den Mitgliedern des Rates der Europäischen Union und der Kommission einer­seits und Mitgliedern der Regierung Ägyptens andererseits. Er kann bindende Beschlüsse fassen und zweckdienliche Empfehlungen aussprechen.

Der Assoziationsrat wird von einem Assoziationsausschuss unterstützt, der für die Umsetzung des Abkommens zuständig ist und dessen Aufgaben durch den Assoziationsrat im Einzelnen bestimmt werden (Artikel 77 bis 79). Der Assoziationsrat erleichtert die Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und der ägyptischen Volksversammlung (Artikel 81).

Jede der beiden Vertragsparteien hat das Recht, sich an den Assoziationsrat zur Beilegung von Streitigkeiten zu wenden (Artikel 82). Kann der Assoziationsrat die Streitigkeiten nicht durch Beschluss beenden, so können die Parteien innerhalb von zwei Monaten Schiedsrichter ernennen. Ein dritter Schiedsrichter wird vom Assoziationsrat bestellt. Die Entscheidung der Schiedsrichter ergeht mit Stimmenmehrheit und ist bindend.

In den Allgemeinen Bestimmungen (Artikel 83 und 84) wird festgestellt, dass das Recht der Vertragsparteien, Maßnahmen zu treffen, die nationale Sicherheitsinteressen und militärische Angelegenheiten betreffen, durch das Abkommen nicht berührt wird. Die Vertragsparteien sichern sich die Nichtdiskriminierung zu.

Das Abkommen wird nicht auf Vorteile ausgedehnt, die eine Vertragspartei auf steuerlichem Gebiet gewährt (Artikel 85).

Im Falle von Vertragsverstößen können die Vertragsparteien nach vorheriger Konsultation des Assoziationsrates die erforderlichen Maßnahmen zu deren Behebung ergreifen, wobei die Maßnahmen zu ergreifen sind, die das Funktionieren des Abkommens am wenigsten beeinträchtigen (Artikel 86). Nur in Fällen erheblicher Verletzung des Abkommens (Artikel 86 Abs. 2) ist die Ergreifung von Maßnahmen bis zur sofortigen Kündigung ohne vorheriges Konsultationsverfahren möglich.

Eine erhebliche Verletzung des Abkommens im Sinne des Artikels 86 Abs. 2 des Europa-Mittelmeer-Abkommens liegt in einer nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts nicht zulässigen Ablehnung der Erfüllung des Abkommens oder in einem schweren Verstoß gegen einen wesentlichen Bestandteil des Abkommens, wodurch eine Lage geschaffen wird, die für Konsultationen nicht förderlich ist oder in der eine Verzögerung für die Ziele des Abkommens nachteilig wäre.

Die Schlussbestimmungen im Artikel 87 erklären die Protokolle Nr. 1 bis 5 und die Anhänge 1 bis 6 zu Bestandteilen des Abkommens.

Im Artikel 88 werden die Vertragsparteien im Sinne des Abkommens definiert.

Artikel 89 bestimmt die Gültigkeit des Abkommens auf unbegrenzte Zeit. Zusätzlich zu der Kündigung wegen Vertragsverletzung kann das Abkommen mit einer Frist von sechs Monaten ohne Angabe von Gründen gekündigt werden. Im Artikel 90 wird die territoriale Gültigkeit des Abkommens bestimmt.

Artikel 92 definiert den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

Die Kommentierung zu den Protokollen Nr. 1, 2 und 3 ist in Titel II, Kapitel 2 enthalten. Das Protokoll Nr. 4 wird in Titel II, Kapitel 3, das Protokoll Nr. 5 in Titel V mit dargestellt. Die Anhänge Nr. 1 bis 5 sind in Titel II, Kapitel 1 und der Anhang Nr. 6 ist in Titel IV, Kapitel 2 kommentiert.


 

III. Schlussakte

Die Schlussakte enthält die förmliche Annahme der verhandelten Texte, d.h. des Hauptabkommens, der dazugehörigen Anhänge und Protokolle sowie gemeinsame Erklärungen der Europäischen Gemeinschaft und der Arabischen Republik Ägypten und Erklärungen der Europäischen Gemeinschaft.


Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des vorliegenden Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B‑VG zu beschließen, dass die Kundmachung dieses Abkommens samt Schlussakte einschließlich der dieser beigefügten Erklärungen, die in den elf Amtssprachen der Europäischen Union im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wird, in allen authentischen Sprachfassungen durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten erfolgt.

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG‑NR von der Vervielfältigung und Verteilung der Vorlage Abstand genommen.

 

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.