347 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 291/A der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene  Partik-Pablé betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Handelsgesetzbuch geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé haben den gegenständlichen Initiativantrag am 13. November 2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu Z 1 (§ 271):

§ 271 Abs. 1 wird an das geltende Berufsrecht (§§ 3 ff WTBG) angepasst.

§ 271 Abs. 2 regelt die Ausschlusstatbestände für Abschlussprüfer. Entsprechend der internationalen Entwicklung und insbesondere vor dem Hintergrund der Empfehlung der Kommission vom 16. Mai 2002 „Unabhängigkeit des Abschlussprüfers in der EU – Grundprinzipien“ (2002/590/EG) sollen die Bestimmungen zur Unabhängigkeit des Abschlussprüfers strenger gefasst werden.

Z 1: Im RLG 1990 wurde ursprünglich der Besitz eines jeden, auch noch so kleinen Anteils, als zu strikte Regelung angesehen. In der Empfehlung der Kommission wird jedoch jeder direkte oder wesentliche indirekte finanzielle Beteiligung als bedenklich angesehen. Der vorliegende Entwurf greift dies auf. Dabei sollen auch Umgehungskonstruktionen, wie etwa Anteilsbesitz über eine Privatstiftung erfasst werden. Als bedenklich kann Anteilsbesitz jedoch nur dann angesehen werden, wenn der Prüfer selbst über den Erwerb entscheidet. So sollen etwa Beteiligungen über einen Investmentfonds, auf dessen Zusammensetzung vom Prüfer gar kein Einfluss ausgeübt werden kann, nicht von dieser Regelung erfasst werden.

Z 2 bis Z 4:

Durch Z 2 werden nun auch verbundene Unternehmen erfasst, die ursprüngliche Z 4 wurde in Z 3 aufgenommen. Die „Abkühlungsphase“ betrifft nun beide Ziffern. In Anlehnung an die Empfehlung der Kommission wurde sie mit 24 Monaten vor Beginn des zu prüfenden Geschäftsjahres festgesetzt.

Zu Z 5:

In Z 5 wird das schon dem geltenden Recht zu Grunde liegende Verbot der Selbstprüfung verdeutlicht, wobei im Sinne des bisherigen Verständnisses der Bestimmung jedenfalls nachstehende Sachverhalte dem Verbot der Selbstprüfung unterliegen. Ausgeschlossen von der Prüfung ist daher, wer die Bücher geführt oder den Jahresabschluss aufgestellt hat. Ebenfalls als Selbstprüfung zu qualifizieren ist es, wenn der Prüfer an der internen Revision der zu prüfenden Gesellschaft maßgeblich mitgewirkt oder Bewertungsleistungen sowie versicherungsmathematische Dienstleistungen erbracht hat. Unter dem Gesichtspunkt des Selbstprüfungsverbots sind auch Leistungen der Rechts- oder der gestaltenden Steuerberatung zu sehen, wenn sie sich auf die Darstellung der Finanz- und Ertragslage wesentlich ausgewirkt haben. Dies sind insbesondere Maßnahmen zur Umstrukturierung von Unternehmen. Da Rechnungslegungsinformationssysteme den Jahresabschluss beeinflussen können, ist auch deren Entwicklung und Einführung mit der Prüfung unvereinbar. Schließlich ist die Unbefangenheit des Abschlussprüfers auch dann gefährdet, wenn er Managementaufgaben für die zu prüfende Gesellschaft übernommen hat oder an der Auswahl der Organwalter und leitenden Angestellten der geprüften Gesellschaft oder eines mit ihr verbundenen Unternehmens maßgeblich beteiligt war.

§ 271 Abs. 3 wird an die strengere Formulierung von Abs. 2 Z 1 angepasst.

§ 271 Abs. 4 hat die vergleichbaren Ausschließungstatbestände für die Prüfungsgesellschaft zum Inhalt:

Z 1 wird an Abs. 2 Z 1 angepasst.

Z 3 soll wieder in die ursprüngliche (richtige) Wortstellung des RLG 1990 gebracht werden.

Z 6 soll den Fall erfassen, dass der das Testat unterzeichnende Wirtschaftsprüfer oder der Prüfungsleiter von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Prüfungsmandanten gewechselt haben. Für diesen Fall soll prinzipiell eine „Abkühlungsphase“ von 2 Jahren vorgesehen, jedoch die Möglichkeit gegeben werden, durch eine Beendigung aller wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Prüfungsgesellschaft und dem ausscheidenden Mitarbeiter die Gesellschaft weiterhin zu prüfen.

Abs. 6: Ohne auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 271 näher einzugehen, stellt § 271 Abs. 6 jedenfalls klar, dass dem ausgeschlossenen Abschlussprüfer kein Entgelt gebührt, womit auch bereicherungsrechtlichen Ansprüchen die Grundlage entzogen wird. Tritt ein Ausschließungsgrund erst nach der Bestellung ein (z.B. Anteilserwerb), so soll ab diesem Zeitpunkt kein Entgelt mehr gebühren.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am  11. Dezember 2003 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Mag. Johann Maier.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Dr. Helene Partik-Pablé einen umfassenden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Insbesondere für kleinere Wirtschaftsprüfer ist es nach wie vor sehr schwierig, eine wirtschaftlich verkraftbare Versicherung für die durch das Finanzmarktaufsichtsgesetz stark erhöhten Haftungsbeträge zu erhalten. Es soll daher die in § 906 HGB vorgesehene Übergangsregelung, mit der der Haftungshöchstbetrag vorübergehend herabgesetzt wurde, um zwei Jahre verlängert werden; ausgehend von einem dem Kalenderjahr entsprechenden Geschäftsjahr  gilt die Herabsetzung sohin für die Prüfung der Geschäftsjahre 2004 und 2005.

Auch das Wirksamwerden der Rotationsbestimmung soll um zwei Jahre verschoben werden und sohin – sofern der Gesetzgeber inzwischen keine andere Lösung trifft – erst für die Prüfung des Geschäftsjahres 2006 wirksam werden.“

Weiters brachten die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Johannes Jarolim und Mag. Terezija Stoisits einen Entschließungsantrag ein, dem die nachstehenden Erwägungen zu Grunde lagen.

„Eine der Bedingungen für eine florierende Wirtschaft ist die Gewährleistung von Rahmenbedingungen, die einen optimalen Schutz der Interessen der Anleger, Gläubiger und der Wirtschaft selbst gewährleisten. Eine funktionierende Kontrolle innerhalb der Unternehmen, eine möglichst zuverlässige Abschlussprüfung und strenge Bestimmungen zur Verhinderung von Kapitalmarktdelikten dienen damit wesentlich der Attraktivität Österreichs als Investitionsstandort und sind auch ein Wettbewerbsvorteil für den österreichischen Kapitalmarkt. Klar ist aber auch, dass jede zusätzliche Maßnahme auf diesem Gebiet Mehrkosten und Mehraufwand verursacht, sodass ein sinnvolles Kosten-/Nutzenverhältnis zu beachten ist. Es wird daher genau darauf zu achten sein, effiziente Maßnahmen zu setzen und nur dort und nur soviel zusätzliche Pflichten zu verankern, wie dies im jeweiligen Bereich tatsächlich notwendig ist, um die gesetzten Ziele zu erreichen.

In den letzten Jahren ist durch einige Aufsehen erregende Skandale eine internationale und innerstaatliche Debatte über mögliche Verbesserungen in diesem Bereich entstanden. Viele Reformprojekte wurden in Gang gesetzt, sie sind aber bislang noch nicht alle abgeschlossen. In einer immer stärker international vernetzten Wirtschaft muss die innerstaatliche Gesetzgebung sich zwar immer mehr an Entscheidungen auf internationaler wie europäischer Ebene orientieren (bei deren Entstehen Österreich ja auch eingebunden und beteiligt ist). Im Interesse Österreichs müssen daher innerstaatliche Maßnahmen rechtzeitig gesetzt werden.. Folgende Reformvorschläge sollten daher möglichst rasch intensiv geprüft und gegebenenfalls umgesetzt werden:

Weitere Verbesserung der Corporate Governance (insbesondere börsenotierter österreichischer Unternehmen)

Im österreichischen Corporate Governance Kodex zum Aufsichtsrat enthaltene Empfehlungen sind unter dem Gesichtspunkt zu prüfen, inwieweit sie für alle Aktiengesellschaften, jedenfalls aber für börsenotierte Aktiengesellschaften, in das Aktiengesetz übernommen werden sollen.

So sollte geprüft werden, ob bzw. inwieweit Aufsichtsräte keine Organfunktion in Gesellschaften haben dürfen, die zum Unternehmen in einem Konkurrenzverhältnis stehen. Näher zu untersuchen ist, ob beziehungsweise unter welchen Kautelen Aufsichtsräte und Abschlussprüfer Beratungsaufträge für das Unternehmen übernehmen dürfen.

Die Kumulation von Aufsichtsratsmandaten  sollte – unbeschadet der bestehenden Ausnahmen –deutlich weiter beschränkt werden.

Die Einrichtung eines Bilanzausschusses (Prüfungsausschusses) sollte bei börsenotierten Gesellschaften unabhängig von der Größe des Aufsichtsrats verpflichtend sein. Es sollte auch geprüft werden, inwieweit seine Mitglieder keine maßgebenden Funktionen in verbundenen Unternehmen innehaben sollen und inwieweit ehemalige Vorstandsmitglieder oder Prüfer der Gesellschaft vom Vorsitz im Bilanzausschuss ausgeschlossen sein sollen. Ebenso sollte der Vorschlag geprüft werden, den Bilanzausschuss auch in die Vorauswahl des Abschlussprüfers und in die Honorarverhandlungen sowie in die Prüfungsplanung einzubinden; die Kommunikation zwischen Bilanzausschuss und Abschlussprüfer ist jedenfalls zu verstärken.

Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung

Die Qualität der Abschlussprüfung wird von der Unabhängigkeit der Abschlussprüfer maßgeblich beeinflusst. In diesem Sinn sollen daher entsprechend dem Risikopotential zusätzliche Unvereinbarkeitsbestimmungen verankert und das Verbot der Selbstprüfung wirksamer gestaltet werden. Gleichzeitig soll die Rotation der Abschlussprüfer im Hinblick auf die europäische Entwicklung gestaltet werden, was auch einen Wechsel zu einer internen Rotation bedeuten kann, wodurch aber der Standard der Prüfung nicht verschlechtert werden darf. Die Haftungsbegrenzungen  für Abschlussprüfer sollen entsprechend dem tatsächlichen Risikopotential gestaffelt werden.

Entsprechend der Empfehlung der Kommission 2001/256/EG „Mindestanforderungen an Qualitätssicherungssysteme für die Abschlussprüfung in der EU“ sind weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen wie das Peer Review-System auf die Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Verankerung zu prüfen. Bei dem derzeit auf freiwilliger Basis bestehenden Peer Review-System des Instituts Österreichischer Wirtschaftsprüfer muss sich jeder Abschlussprüfer einer Kontrolle der Qualitätssicherungsmaßnahmen seiner Prüfungsleistung durch dazu qualifizierte Berufskollegen unterziehen.

Grundsätzlich sollen bei den Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität der Abschlussprüfung die Abschlussprüfer der am allgemeinen Kapitalmarkt teilnehmenden Unternehmen einer intensiveren Qualitätskontrolle unterzogen werden.

Die Qualitätssicherungsmaßnahmen sollen sich auch auf die genossenschaftlichen Revisionsverbände erstrecken. In diesem Zusammenhang sollen derzeit bestehende Mehrfachzuständigkeiten für die Anerkennung und Überprüfung der Aufgabenerfüllung der Genossenschaftsrevisionsverbände sowie für das Berufsrecht der Revisoren beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit konzentriert werden.

Einrichtung eines Beirats für Rechnungslegung und Abschlussprüfung

Internationalen Vorbildern entsprechend sollte der Beirat aus Vertretern der Rechnungsleger, der Abschlussprüfer und der Wissenschaft, sowie aus Vertretern der Investoren und der Finanzanalysten zusammengesetzt sein, wobei eine entsprechende Vertretung der kleinen und mittelständischen Wirtschaft sicherzustellen ist. Er soll in seiner primären Funktion als Kompetenz- und Informationszentrum zu einer konsistenten Vertretung der österreichischen Position in den immer zahlreicher werdenden internationalen und EU-Gremien beitragen und eine unabhängige, fachlich auf höchstem Niveau stehende Beratung der zuständigen Ressorts bieten.

Maßnahmen gegen Insiderhandel

Die Strafbestimmungen bei Insiderhandel sollen wirksamer und die Strafverfolgung durch eine Parteistellung der Finanzmarktaufsichtsbehörde effizienter gestaltet werden. Erforderlich ist (auch im Sinne der bis Herbst 2004 umzusetzenden Marktmissbrauchs-Richtlinie) ergänzend eine unverzügliche Meldung aller Transaktionen von Organmitgliedern und leitenden Angestellten mit Aktien des Unternehmens oder eines ihm nahe stehenden Unternehmens an die Finanzmarktaufsicht sowie eine Veröffentlichung dieser Transaktionen. Eine rechtskräftige Verurteilung wegen Insiderhandels soll ausdrücklich als Abberufungsgrund festgeschrieben werden.

Sicherung der Verlässlichkeit von Finanzinformationen

Zur Sicherung der Verlässlichkeit marktrelevanter Informationen sollte auch die unmittelbare Haftung von Organen gegenüber geschädigten Anlegern bei grob fahrlässig erteilten unrichtigen Finanzinformationen oder falschen bzw. unterlassenen Ad hoc-Mitteilungen erwogen werden.“

Bei der Abstimmung wurde der im Antrag enthaltene Gesetzestext in der Fassung des oben angeführten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Dr. Johannes Jarolim und Mag. Terezija Stoisits wurde einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2003-12-11

Mag. Heribert Donnerbauer Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

       Berichterstatter                     Obfrau