Vorblatt

Problem

Die Pflege und Betreuung alter, behinderter und chronisch kranker Menschen ist eine Aufgabe, der auf­grund der demografischen Entwicklung ständig zu­neh­mende Be­deutung zukommt. Österreichweit gibt es zur Zeit allein etwa 800 Alten- und Pflegeheime, in denen ca. 70 000 Menschen versorgt und betreut werden. Der körperliche und geistige Zustand mancher der in diesen und anderen Einrichtungen betreuten Menschen erfordert bisweilen freiheitsbeschränkende Maß­nah­men. Bei der Ent­scheidung über solche Maß­nahmen und bei ihrer Durchführung agieren die Träger, Ein­rich­tungs­­leiter und Pflegepersonen auf Grund der geltenden Rechtslage aber in einer rechtlichen „Grau­zone“. Das Regierungsprogramm für die XXII. Gesetzgebungsperiode sieht daher im Kapitel Justiz u.a. vor, für diesen Bereich klare und ein­deutige rechtliche Vor­gaben zu schaffen.

Ziel und Inhalt

Mit dem Heimaufenthaltsgesetz sollen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschränkung der per­sön­lichen Freiheit von Menschen in Alten- und Pflegeheimen und in vergleichbaren Einrichtungen ge­regelt werden. Hiefür wird eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende, effiziente und tat­säch­lich zu­gängliche gerichtliche Überprüfung vorgesehen. Den betroffenen Menschen sollen kraft Ge­setzes fach­kun­dige Ver­treter zur Seite gestellt werden, die ihre Interessen im gerichtlichen Verfahren und dem Trä­ger der Ein­richtung gegenüber wahrnehmen.

Alternativen

Die Beibehaltung der erwähnten „Grauzone“ bei freiheitsbeschränkenden Maßnahmen würde den Interes­sen aller Beteiligten widersprechen. Auch ist es hoch an der Zeit, hier verfassungsrechtlich einwandfreie und klare Rechtsverhältnisse zu schaffen.

Der Dachverband der österreichischen Heimleiter hat vorgeschlagen, freiheitsbeschränkende Maßnahmen in einem aus Vertretern der Leitung, der Bediensteten und des Betroffenen zusammengesetzten Gre­mium unter Einbindung der Aufsichtsbehörden und mit der Möglichkeit der Anrufung der unab­hängigen Ver­wal­tungs­senate in den Ländern zu erörtern. Ein derartiges System widerspricht allerdings den ver­fas­sungs­rechtlichen Vorgaben, nach denen über die Zulässigkeit eines Freiheitsentzugs innerhalb einer Woche durch ein Gericht oder eine andere unabhängige Behörde entschieden werden muss. Zudem ent­spricht das mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag verfolgte Konzept besser den Grundsätzen der Spar­samkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit.

Die ebenfalls schon aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderliche Vertretung der Bewohner sollte durch Einrichtungen wahrgenommen werden, die von den Trägern der Einrichtungen und den Kosten­trä­gern (also Ländern und Gemeinden) möglichst unabhängig sind. Aus diesen Erwägungen ist es weder mög­lich noch sinnvoll, mit der Vertretung der Bewohner die Heimaufsichtsbehörden oder die von den Län­dern eingerichteten Patientenanwaltschaften zu betrauen. Die für die Namhaftmachung von Sach­waltern zuständigen Vereine verfügen über die notwendige Unabhängigkeit sowie über die unerlässliche Kom­pe­tenz und Erfahrung im Umgang mit psychisch beeinträchtigten Menschen.

Kompetenz

Der Entwurf basiert auf dem Zuständigkeitstatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG.

Kosten

Die Bestimmungen über die Zulässigkeit und über die gerichtliche Überprüfung von Freiheits­be­schrän­kun­gen in Heimen und anderen Einrichtungen werden Aufwendungen nach sich ziehen. Der Entwurf ist freilich be­müht, diesen Aufwand in begrenztem Rahmen zu halten. Die verfassungsrechtliche Vorgaben erfordern eine gerichtliche Überprüfung und eine effiziente Vertretung der  betreuten und gepflegten Per­so­nen. Diese Vertretung sollen die mit der Namhaftmachung von Sachwaltern betrauten Vereine über­neh­men. Damit sollen „Synergieeffekte“ genutzt werden, zumal viele Sach­walter, die von Vereinen nomi­niert werden, ohnehin Alten- und Pflege­heime sowie sonstige Ein­rich­tungen besuchen, in denen sich ihre Klien­ten aufhalten. Die „Bewohner­vertretung“ soll dazu bei­tragen, dass schon im Vorfeld einer mög­lichen gerichtlichen Überprüfung ein Groß­teil der sich aus der Vor­nahme von Freiheitsbeschränkungen ergebenden Probleme kooperativ mit der Einrichtungs- oder Pflege­leitung abgeklärt werden kann. Die auf diese Art und Weise nicht lösbaren Fälle sollen grundsätzlich nur auf Antrag (nicht von Amts wegen) durch die Außerstreitgerichte geprüft werden. Nach den Erfahrungen mit der Vertretung der Patienten im Ver­fahren nach dem Unter­bringungs­gesetz und unter Einrechnung der erwähnten „Synergieeffekte“ geht das Bundesministerium für Justiz von einem Sachaufwand (im Vollausbau dieses Systems) in Höhe von ca. drei Millionen Euro jährlich für die Vertretung der Bewohner aus. Der Mehraufwand, der den Ge­richten entsteht, wird – vor­sichtig ge­schätzt – mit etwa zwölf Richtern und den für die Besorgung der Ge­schäfte unerlässlichen nicht-richter­lichen Bediensteten (etwa 30 Personen bundesweit) zu veranschlagen sein. Das ergibt einen Personalaufwand vom insgesamt 1 860 000 Euro jährlich. Diesen Aufwendungen stehen Einsparungen in unbekannter Höhe gegenüber, namentlich was die Entlastung der Heim­auf­sichts­be­hörden und das Sachwalterrecht angeht.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Das Vorhaben wird sich auf diese Anliegen nicht negativ aus­wirken.

Aspekte der Deregulierung

Aspekte der Deregulierung stehen dem Vorhaben nicht entgegen.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Der Entwurf unterliegt keinen besonderen Beschlusserfordernissen. Der Konsultationsmechanismus kann dadurch nicht ausgelöst werden, weil das Vorhaben keine Mehrkosten für die öffentlichen Haushalte der anderen Gebietskörperschaften nach sich ziehen wird.

EU-Konformität

Ist gegeben.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

1. Einleitung

Der körperliche und geistige Zustand mancher Menschen in Alten- und Pflegeheimen, Krankenanstalten und anderen vergleichbaren Anstalten und Institutionen erfordert bisweilen freiheits­beschränkende Maß­nah­men. Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang derartige Beschränkungen vorgenom­men werden, agieren die Träger und Leiter solcher Einrichtungen ebenso wie die Pflegepersonen derzeit aber in einer rechtlichen „Grauzone“. Ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen fehlen, die Beteiligten müs­sen häufig gravierende rechtliche Konsequenzen für Maßnahmen befürchten, die sie auf Grund des Zu­standes des Betroffenen für notwendig und unumgänglich erachten. Den betreuten oder gepflegten Personen selbst fehlt viel­fach die Fähig­keit, sich ausreichend zu artikulieren und ihren Standpunkt darzu­legen. Eine gericht­liche Über­­wachung solcher Einschränkungen der persönlichen Freiheit findet in der Regel nicht statt. Die geltende Rechtslage führt zur Verunsicherung der Betroffenen, ihrer Angehörigen, der Träger und der in der Ein­rich­tung tätigen Menschen und sie entspricht nicht den ver­fas­sungs­recht­lichen Anforderungen an den Entzug der persönlichen Freiheit. Das Regierungsprogramm für die XXII. Ge­setz­ge­bungs­periode sieht daher u.a. vor, für diesen Bereich klare und eindeutige rechtliche Vorgaben zu schaffen.

Der Gesetzesvorschlag folgt in seinem Aufbau im Wesentlichen einem im Sommer 2002 zur allgemeinen Be­gutachtung versendeten Entwurf für ein Heim­aufenthaltsgesetz. Dieser Ent­wurf ist im Begutachtungs­ver­fahren sehr positiv aufgenommen worden. Nach der Klarstellung der Bun­deskompetenz durch den Verfassungsgerichtshof (siehe dazu näher Punkt 3.) haben das Bundes­ministerium für Justiz und das Bundesministerium für Ge­sundheit und Frauen das Vorhaben in Zusam­men­arbeit mit den Vertretern aller Be­teiligten fortentwickelt. Der gegenständliche Entwurf berück­sich­tigt weitestgehend die Ergebnisse dieses Diskussionsprozesses und stützt sich auf den allgemeinen Kon­sens zur raschen Regelung dieses Be­reichs.

Viele alte, pflegebedürftige oder behinderte Menschen werden in Heimen und ähnlichen Einrichtungen bestens versorgt. Die Träger und vor allem die Mitarbeiter dieser Institutionen unternehmen nämlich alle nur denkbaren Anstrengungen, um den Bewohnern einen möglichst angenehmen und menschenwürdigen Aufent­halt zu ermöglichen. Es ist freilich auch von Missständen in manchen Einrichtungen die Rede. Das Vorhaben will mit den in die Zuständigkeit des Bundes fallenden Mitteln zur Verbesserung der recht­lichen Situation der Bewohner selbst sowie auch der Bediensteten solcher Einrichtungen und ihrer Trä­ger bei­tragen. Das Gesetz stellt klar, dass Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bewohner nur als letztes Mit­tel unter genau umschriebenen Voraussetzungen zulässig sind. Auch werden ihnen effiziente und durch­setzungs­fähige Organisationen, die in der Lage sind, ihre Interessen wahr­zu­nehmen, zur Seite ge­stellt.

Der Dachverband der österreichischen Heimleiter hat vorgeschlagen, freiheitsbeschränkende Maßnahmen in einem aus Vertretern der Leitung, der Bediensteten und des Betroffenen zusammengesetzten Gremium unter Einbindung der Aufsichtsbehörden und mit der Möglichkeit der Anrufung der unab­hän­gigen Ver­wal­tungssenate in den Ländern zu erörtern. Ein derartiges System widerspricht allerdings den ver­fas­sungsrechtlichen Vorgaben, nach denen über die Zulässigkeit eines Freiheitsentzugs innerhalb einer Woche durch ein Gericht oder eine andere unabhängige Behörde entschieden werden muss. Zudem ent­spricht das mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag verfolgte Konzept besser den Grundsätzen der Spar­sam­keit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Es steht den Heimträgern sowie den Heimleitern aber selbstverständlich frei, die oft schwierige Frage des Umgangs mit der persönlichen Freiheit der Betrof­fenen (und natürlich auch andere pflegerische Probleme) in multiprofessionell zusammengesetzten Platt­formen unter Beiziehung der Bewohnervertreter, der Interessenorganisationen der Betroffenen und allen­falls auch des zuständigen Gerichts zu diskutieren. Derartige Foren und ihre Ergebnisse können für die Qua­litätsentwicklung und damit auch für den Umgang mit den Bewohnern außerordentlich wichtig sein und auch dazu beitragen, die Belastung aller Beteiligten einschließlich der Gerichte zu vermindern. Sie können aber die verfassungsrechtlich gebotene Überprüfbarkeit des Einzelfalls durch die Gerichte nicht ersetzen.

2. Inhalt

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Voraussetzungen von Eingriffen in die persönliche Freiheit kranker und behinderter Menschen festgeschrieben werden. Solche Maßnahmen sind nur dann zulässig, wenn der Betroffene an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist, wenn er sich oder andere deshalb gefährdet und wenn diese Gefahr nicht auf andere Weise abgewendet werden kann. Bei der Vornahme der Freiheitsbeschränkung sind moderne fachliche Standards einzuhalten. Diese materiell-recht­­lichen Vorschriften werden durch besondere Verfahrensregeln ergänzt. Den in der Einrich­tung betreuten oder gepflegten Menschen wird durch das Gesetz ein „Bewohnervertreter“ zur Wah­rung ihrer Freiheitsrechte zur Seite gestellt. Er hat sie im mög­lichen gerichtlichen Verfahren, vor allem aber der Einrichtung gegenüber zu vertreten und ihre Interessen wahr­zunehmen. Die Durch­füh­rung von Be­schränkun­gen der persönlichen Freiheit kann durch das Gericht über­prüft werden. Zu einem derartigen Ver­fahren kommt es dann, wenn dies der Betreute selbst, sein Ver­tre­ter oder seine Ver­trauens­per­son oder auch die Einrichtung beantragt. Dann hat das Gericht über die Zu­lässig­keit der Frei­heits­be­schrän­kung im Außerstreitverfahren nach Durchführung einer mündlichen Ver­handlung rasch zu ent­schei­den.

Die Kombination eines schnellen und effizienten Außerstreitverfahrens mit einer den Interessen der Be­trof­fenen dienenden Vertretung hat sich im Bereich der Unterbringung psychisch kranker Menschen in psychiatrischen Anstalten und Abteilungen sehr bewährt. Hier ist es in verhältnismäßig kurzer Zeit ge­lun­gen, ein den grundrechtlichen Anforderungen und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichts­hofs für Menschenrechte entsprechendes und auch international sehr beachtetes System einzurichten, das die Situa­tion der betroffenen Kranken entscheidend verbessert hat. Es liegt daher nahe, dieses Modell auch für die Überprüfung von Freiheitsbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen und in anderen ver­gleich­baren In­sti­tutionen nutzbar zu machen. Dabei darf freilich nicht vernachlässigt werden, dass die Be­din­gun­­gen und Voraussetzungen der Unterbringung in psychiatrischen Einrichtungen mit jenen der Freiheits­be­schrän­kung in anderen Einrichtungen nicht gleich gesetzt werden können. Geht es in dem einen Fall nämlich im All­ge­meinen um die rasche Überprüfung von Zwangsmaßnahmen in Akutsituationen, so stehen im anderen pflegerische Maßnahmen im Vordergrund, die gleichsam „schleichend“ auf Grund eines schon längeren Pro­zes­ses erforderlich werden. Diese und andere Unterschiede in den tat­säch­lichen Gegebenheiten erfor­dern ein auf die spezifischen Bedingungen im Pflegebereich zugeschnittenes Schutz- und Kontrollsystem. Dieses System soll jedenfalls dazu beitragen, das Bewusstsein für Freiheits­ein­griffe zu schärfen, den Um­gang mit den Bewohnern auf neue Grundlagen zu stellen und die Be­schrän­kung sowie damit verbunden die Ausübung von Zwang auf das unerlässliche Minimum zu reduzieren.

3. Kompetenz

Die Regelung der Errichtung, der Erhaltung und des Betriebs von Heimen für Personen, die wohl stän­diger Pflege, aber bloß fallweise der ärztlichen Betreuung bedürfen, fällt gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Zuständigkeit der Länder. Von dieser Zuständigkeit ist – wie der Verfassungs­gerichts­hof in seinem Erkenntnis vom 28.6.2003, G 208/02, klargestellt hat – u.a. jedoch die Regelung freiheits­beschränkender Maß­nahmen ausgenommen. Solche Bestimmungen sind kompetenzrecht­lich dem Gesund­heits­wesen im Sinn des Art. 10 Abs. 1 Z 12 B-VG zuzuordnen und daher in Gesetzgebung und Voll­ziehung Bundes­sache.

4. Kosten des Vorhabens

Der mit dem Vorhaben verbundene Mehraufwand lässt sich nur schwer abschätzen. Die finanziellen Auswirkungen werden sich aber in vertretbaren Grenzen halten und nicht zu einer unverhältnismäßigen Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte führen. Einen Anhaltspunkt für die erwartenden Mehrkosten können die Vollzugsdaten zum UbG liefern: In den 22 psychiatrischen Anstalten oder Abteilungen gibt es ins­ge­samt ca. 5 500 Betten. Derzeit werden jährlich etwa 16 000 Unterbringungssachen vor den Gerichten an­hän­gig. Hiefür stehen 35 Patientenanwälte und rechnerisch 7,46 Richter zur Verfügung. Das Heimaufenthaltsgesetz hat jedenfalls auf den ersten Anschein einen größeren Anwendungsbereich, nämlich etwa 800 Alten- und Pflegeeinrichtungen mit ca. 70 000 Pflegestellen und etwa 500 Ein­richtungen der Be­hinderten­hilfe. Dazu kommen auch noch Krankenanstalten, in denen geistig beein­träch­tigte Menschen, die ständiger Betreuung oder Pflege bedürfen, versorgt werden. Das Vorhaben kann damit für wenigstens 80 000 bis 90 000 Pflegeplätze relevant sein. Das im Gesetz vorgesehene System wird freilich nicht für alle in solchen Einrichtungen betreuten oder gepflegten Menschen Bedeutung haben. Das hängt mit dem Begriff der Freiheitsbeschränkung zusammen: So wird vor allem nicht jede pflegerische Maßnahme, die dem ersten Anschein nach eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit ist, eine Freiheitsbeschränkung im Sinn des § 3 sein. Das sei am Beispiel der „Steckgitter“ erklärt, deren An­brin­gung in der Nacht nicht in jedem Fall, sondern nur ausnahmsweise als Freiheitsentziehung zu werten ist. Außerdem unterliegen Maß­nahmen, die mit dem Willen des Betroffenen vorgenommen werden, nicht dem strengen Regime des Ge­setzes (§ 3 Abs.  2). Darüber hinaus ist die Überprüfung von Freiheitsbe­schränkungen anders gestaltet als das auf die Akutpsychiatrie zugeschnittene Verfahren nach dem UbG und die dortige Vertretung des Pa­tienten. Das Gericht wird nur auf Antrag einschreiten, nicht aber von Amts wegen. Der Bewohner­ver­treter ist auch nicht ständig vor Ort in der jeweiligen Einrichtung tätig, sondern von einer zentralen Geschäftsstelle aus. Letztlich darf bei der Veranschlagung der Kosten des Vorhabens auch nicht vernach­lässigt werden, dass Freiheitsbeschränkungen in den in Betracht kom­men­den Einrichtungen gemäß den In­tentionen des Ge­setzes künftig nicht die Regel, sondern die Ausnahme sein werden. Ähnlich wie das UbG im Bereich der Psychiatrie soll und wird nämlich auch das Heim­auf­enthalts­gesetz ein Umdenken im Umgang mit pflegebedürftigen Menschen und eine Reduktion von Zwangs­maßnahmen ohne oder gegen den Willen des Bewohners bewirken.

Kosten wird der Aufbau der Bewohnervertretung verursachen. Der Begutachtungsentwurf ist hier von einem Mehraufwand von ca. zwei Millionen Euro jährlich ausgegangen. Aufgrund der Ausdehnung des Anwendungsbereichs des Gesetzes im Vergleich zum Begutachtungsentwurf (die schon aus verfassungs­recht­lichen Gründen geboten ist) wird sich dieser Aufwand noch erhöhen. Im Licht der Erfahrungen mit dem UbG und der Patientenanwaltschaft werden für eine effiziente Bewohnervertre­tung (die ebenfalls aus verfassungsrechtlichen Gründen notwendig ist) im Vollausbau ca. 50 pro­fes­sionel­le Be­woh­ner­vertreter benötigt. Als Bewohnervertreter sollten tunlichst erfahrene Personen fun­gieren und weniger Berufsan­fänger, sodass die Vereine, die diese Personen namhaft machen, ihnen adä­quate Gehälter zahlen müssen. Der Entwurf setzt das Jahresgehalt eines solchen erfahrenen Vertreters mit einem Betrag von 45 000 Euro brutto an. Dazu treten aufgrund der spezifischen Anforderungen an diese Aufgabe noch weitere Aufwen­dun­gen, nämlich (jeweils jährlich) 3 500 Euro Reisekosten, 1 500 Euro für die Bildung und Anleitung, 4 000 Euro für die administrativen Begleitmaßnahmen und 6 000 Euro für den sonstigen Sachaufwand. Daraus ergibt sich ein Gesamtaufwand von jährlich 60 000 Euro für den ein­zel­nen Bewoh­ner­vertreter und von 3 Millionen Euro für insgesamt 50 Personen. Dieser Aufwand wird zunächst als zu­sätzlicher Sachaufwand des Bundesministeriums für Justiz im Rahmen der Finanzierung der Sachwaltervereine an­fallen. Bis zum Vollausbau dieses Systems werden Kosten für die Bewohnervertreter nach § 23 Abs. 2 und 3 an­fallen.

Die Mehrbelastungen für die Gerichte sollten sich zwar deshalb in Grenzen halten, weil das Verfahren – verfassungskonform – in der Regel nur auf Antrag und nicht etwa von Amts wegen eingeleitet werden soll. Dennoch muss aufgrund der Anzahl der Einrichtungen und Pflegeplätze personell vorgesorgt werden. Die Erfahrungen mit dem Vollzug des UbG lassen den Schluss zu, dass für das vorgesehene Kon­troll­regime zwölf Richter erforderlich sein werden. Das ergibt bei einem jährlichen Aufwand von 80 000 Euro je Richter einen Gesamtbetrag von  960 000 Euro. Dazu kommen noch die Kosten für die nicht-richterlichen Bediensteten, wobei – wie üblich – je Richter rechnerisch 2,5 Personen veranschlagt werden. Bei 30 Bediensteten (von denen 15 als v3-Bedienstete und 15 als v4-Bedienstete eingestuft werden) resultiert daraus bei einem durchschnittlichen Gehalt von 30 000 Euro jährlich eine Gesamt­be­lastung von 900 000 Euro jährlich. Bei den Gerichten ist also mit einem Personal­auf­wand von insgesamt 1 860 000 Euro jährlich zu rechnen. Schließlich sind noch die weiteren Kosten des Verfahrens, ins­be­sondere die Kosten der Sachverständigen zu veranschlagen.

Diesen Aufwendungen stehen Einsparungen der öffentlichen Hand gegenüber: In erster Linie ist hier die mit dem Gesetz verbundene Rechtssicherheit zu nennen. Sie wird sich in den Einrichtungen, die von der öffentlichen Hand betrieben oder finanziert werden (das ist die weit überwiegende Mehrheit) kosten­min­dernd auswirken, ohne dass sich dieser Effekt ziffernmäßig ausdrücken lässt. Er wird aber ein erheb­liches Ausmaß erreichen, das in der Kostenrechnung nicht vernachlässigt werden kann. Dazu kommen Syner­gieeffekte aufgrund der vorgesehenen Vernetzung der Bewohnervertreter mit den Organen der Heimaufsicht. Zwar ist der Bewohnervertreter nicht dazu berufen, die den Ländern obliegende Aufsicht über die fraglichen Einrichtungen wahrzunehmen. Er hat die Aufsichtsbehörden aber über seine Beobach­tun­gen zu informieren. Das trägt faktisch zur substanziellen Entlastung der Heimaufsichtsbehörden bei. Auch diese Effekte können beträchtliche Ausmaße erreichen. Letztlich darf hier nicht vernachlässigt wer­den, dass der Bewohnervertreter die – aufwändige – Bestellung eines Sachwalters zur Wahrung der Frei­heits­rechte des Betroffenen erübrigt (vgl. § 273 Abs. 2 ABGB). Weiter sind hier Einsparungen zu nennen, die sich aus der Namhaftmachung sowohl der Bewohnervertreter als auch der Sachwalter durch ein und den­sel­ben Verein ergeben. Der oben dargestellte Gesamtaufwand wird durch diese Effekte erheblich reduziert, der dadurch verbleibende Restaufwand muss aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben getragen wer­den.

Das Vorhaben wird letztlich im Ergebnis maßgeblich zur Qualitätssteigerung und damit zur Ver­bes­serung der Situation der Bewohner und Klienten der Einrichtungen beitragen. Auch das kann und darf im gegebenen Zusammenhang nicht vernachlässigt werden. Eine einigermaßen gleichwertige Alternative ist nicht in Sicht. Es ist im Gegenteil so, dass das vorgeschlagene Konzept (Bewohnervertretung mit Mög­lichkeit der gerichtlichen Überprüfung der Freiheitsbeschränkung) die Ziele des Vorhabens, nämlich den grundrechtlich einwandfreien Umgang mit pflegebedürftigen Menschen sowie die Entlastung der Be­diensteten und der Träger durch die Klärung der Rechtslage) verhältnismäßig günstig verwirklicht.

5. Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort

Das Vorhaben wird sich auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort nicht negativ auswirken. Für die Träger der betroffenen Einrichtungen bedeuten die zum Schutz der Bewohner vorgesehenen Bestim­mungen keine substanziellen Erschwernisse.

6. Aspekte der Deregulierung

Das Vorhaben ist sozial-, gesundheits- und rechtspolitisch wichtig, weil es die rechtliche Situation der Be­wohner von Heimen und der Klienten anderer Einrichtungen verbessern soll. Aspekte der De­re­gu­lie­rung, wie sie Art. 1 § 1 Abs. 1 des Deregulierungsgesetzes 2001 anspricht, stehen ihm nicht entgegen.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Der Entwurf unterliegt keinen besonderen Beschlusserfordernissen im Nationalrat und im Bundesrat. Der Konsultationsmechanismus kann nicht ausgelöst werden, weil das Vorhaben keine Mehrkosten für die Länder und die Gemeinden nach sich ziehen wird. Der Entwurf muss auch nicht nach dem Notifi­ka­tions­gesetz 1999 notifiziert werden.

8. EU-Konformität

Die Regeln über die Zulässigkeit und die Überwachung von Freiheitsentziehungen in Alten- und Pflege­heimen und in anderen vergleichbaren Einrichtungen betreffen Bereiche, die im Gemein­schafts­recht nicht geregelt sind.


Besonderer Teil

Zu § 1

Nach § 1 Abs. 1 erster Satz stehen die Freiheitsrechte von Menschen in Alten- und Pflegeheimen und ver­gleichbaren Einrichtungen unter dem besonderen Schutz der Gesetze. Diese Regelung ist nicht etwa nur als Zielbestimmung zu verstehen, sondern als grundlegender Auftrag an alle mit der Pflege oder Be­­treuung und mit der Vertretung solcher Menschen sowie mit der Überprüfung von Freiheits­be­schrän­kun­gen befassten Einrichtungen, Personen und Behörden. Die Regelungen über die Zulässigkeit von Frei­heits­beschränkungen dürfen nicht zur Legitimation mangelhafter Zustände in Heimen und ähnlichen Ein­rich­tungen missbraucht werden. Solche Maßnahmen sind vielmehr nur aus­nahms­weise und nur dann zu­läs­sig, wenn sie aufgrund des Zustandes des Betroffenen uner­läss­lich sind. Im Zweifel kommt seinen Frei­heitsrechten der Vorrang zu.

§ 1 Abs. 1 zweiter Satz betont zudem nach dem Vorbild des § 1 UbG, dass die Menschenwürde der betreuten oder gepflegten Personen unter allen Umständen zu achten und zu wahren ist. Dieses Gebot betrifft sowohl die Frage der Zu­lässigkeit einer Freiheitsbeschränkung als auch deren Durchführung.

Nach § 1 Abs. 1 dritter Satz sind schließlich die mit der Pflege oder Betreuung alter, behinderter oder kranker Menschen betrauten Personen in ihrer schwierigen Tätigkeit besonders zu unterstützen. Aus dieser Regelung werden sich zwar keine konkreten Rechte der Bediensteten ableiten lassen. Ihre zentrale Rolle auch bei der Wahrung der Freiheitsrechte der Betroffenen soll aber vorweg herausgestellt werden. Wie bereits erwähnt, verfolgt das Gesetz nicht zuletzt das Ziel, für unerlässliche Freiheitsbeschränkungen klare rechtliche Vorgaben zu erlassen und auf solche Weise die schwierige Aufgabe der mit der Pflege oder Betreuung betrauten Menschen zu erleichtern.

Nach § 1 Abs. 2 bedarf jegliche Beschränkung der persönlichen Freiheit einer ausdrücklichen verfas­sungs­rechtlichen oder verfassungsrechtlich gedeckten einfachgesetzlichen Regelung. Auch diese Bestim­mung hat ihr Vorbild im UbG (§ 1 Abs. 2). Im vorliegenden Zusammenhang sind grund­rechtlich vor allem zwei Regelungen relevant, nämlich Art. 5 Abs. 1 lit. e der Europäischen Menschen­rechtskonvention (MRK) und Art. 2 Abs. 1 Z 5 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der per­sön­­lichen Freiheit, BGBl. Nr. 684/1988 (im Folgenden kurz: PersFrG). Mit dem vorliegenden Gesetz soll diesen ver­fas­sungs­rechtlichen Vorgaben nachgekommen werden.

Zu § 2

Die Bestimmung legt den Geltungsbereich des Gesetzes fest: Es ist auf Alten- und Pflegeheime und auf alle anderen Einrichtungen anzuwenden, in denen die Betreuung oder die Pflege von alten, behinderten oder chronisch kranken Menschen ähnlich wie in Heimen organisiert ist. Maßgebend sind hiebei zum einen die diesen Einrichtungen gemeinsame innere Ordnung und strukturellen pflegerischen Bedin­gun­gen, zum anderen die daraus für die betreuten oder gepflegten Personen resul­tierende „Lebenswelt“, in die sie sich einzuordnen haben. Die Anzahl der Pflegeplätze (das Gesetz gilt für Einrichtungen, in denen min­destens drei Personen gepflegt oder betreut werden können) bedingt im All­gemeinen eine Organi­sation der Pflege oder Betreuung, die dazu führt, dass auftretende Probleme nicht mehr allein durch zwischenmenschliche Zuwendung wie etwa in einer Familie gelöst werden können; vielmehr be­darf es hiefür struktureller Vorkehrungen. Das Gesetz erfasst somit zunächst Alten- und Pflege­heime (ein­schließ­lich so genannter „Seniorenresidenzen“ und „Geriatriezentren“ zur Pflege oder Be­treuung alter Men­schen) sowie Heime für behinderte Menschen. Darüber hinaus gilt es in Tages­be­treuungs­ein­rich­tungen zur ständigen Pflege oder Betreuung alter Menschen, wenn sie wie Heime organisiert oder an diese ange­schlossen sind. Ferner ist das Gesetz in anderen ver­gleich­baren Einrichtungen anzuwenden, in denen wenigstens drei pflegebedürftige und zugleich geistig be­ein­träch­tigte Menschen rund um die Uhr ge­pflegt oder betreut werden können.

Das Gesetz gilt weiter für Krankenanstalten (mit Ausnahme psychiatrischer An­stal­ten oder Ab­tei­­lun­gen), soweit dort alte, behinderte oder chronisch kranke Menschen, die ständiger (also voraussichtlich auf Dauer oder auf unbestimmte Zeit) Pflege und Betreuung bedürfen, Freiheitsbeschränkungen unter­worfen werden. Wesentlich ist hiebei, dass die Pflege oder Betreuung nicht durch die dem Patienten in der An­stalt oder Einrichtung zukommende oder zu­ge­kommene medizinische Behandlung bedingt ist. Zu diesen An­stalten und Ein­rich­tun­gen gehören Pflege­an­stal­ten für chronisch Kranke (vgl. § 2 Abs. 1 Z 4 KAKuG), Spitals­ab­tei­lungen in Pflege­heimen und Abteilungen in Kran­ken­anstalten, soweit dort solche Menschen gepflegt und betreut werden.

Es besteht zweifellos ein gewisses Naheverhältnis der in diesem Gesetz gebrauchten Formulierung („Per­sonen, die ... der ständigen Pflege oder Betreuung bedürfen“) und der in § 4 BPGG enthaltenen An­spruchs­voraussetzung für Pflegegeld, nämlich dem „ständigen Betreuungs- und Hilfsbedarf (Pflege­be­darf)“. Ähnlichkeit besteht v.a. insofern, als etwa Therapien, die der Heilung und Behandlung von körper­lichen Beeinträchtigungen dienen, weder der Betreuung noch der Hilfe i.S.d. § 4 BPGG zuzurechnen sind (so OGH 25.11.1997, 10 ObS 376/97k). Freilich sind für die Frage der Zulässigkeit einer freiheits­be­schrän­kenden Maßnahme zum Teil andere Gesichtspunkte wesentlich als für das Vorliegen eines An­spruchs auf Pflegegeld. So kann beispielsweise eine Freiheitsbeschränkung unter Umständen auch dann vorzu­neh­men sein, wenn der „Pflegebedarf“ monatlich durchschnittlich nicht mehr als 50 Stunden beträgt (Pflege­geld­­stufe 1), der Pflegling aber den­noch sich oder andere aufgrund seiner – etwa nur fallweise auftreten­den – psychischen Be­einträchtigung ernst­lich und erheblich gefährdet und andere pflegerische Maßnah­men nicht ausreichen. Auch kommt es – um ein anderes Beispiel zu nennen – nicht darauf an, dass die Voraussetzungen der Pflege­­geld­stufe 6 vorliegen, wonach u.a. die dauernde Anwesenheit einer Pflegeperson während des Tages und der Nacht er­forderlich ist, weil die Wahrscheinlichkeit einer Eigen- oder Fremdgefährdung ge­ge­ben ist. Zu be­merken ist schließ­lich, dass nur die Möglichkeit der Vornahme einer im Sinn dieses Ge­setzes zu­läs­sigen Freiheits­be­schrän­kung Einfluss auf die Entscheidung über das Pflegegeld haben kann.

Diese Ausdeh­nung des Anwendungs­bereichs des Gesetzes geht auf die Ergebnisse des Begutachtungs­ver­fahrens und die daran anschließenden Diskussionen des Vorhabens zu­rück. Freiheits­be­schrän­kun­gen können bei psy­chisch kranken oder geistig behinderten Menschen auch in anderen als den im Begut­ach­tungs­­ent­wurf genannten Einrichtungen vorkommen und notwendig sein. Es wäre sachlich problematisch, solche Maß­nah­men – beispielsweise – nur in Alten- und Pflegeheimen zu regeln, nicht aber in anderen von der Sach­lage her durchaus vergleichbaren Institutionen, in denen ebenso ein Bedarf an klaren und ein­deutigen rechtlichen Vorgaben besteht.

Das Gesetz ist dagegen nach Abs. 2 nicht auf Einrichtungen der nicht-stationären Behindertenhilfe an­zu­wenden. Sie dienen im Allgemeinen weniger der Pflege als vielmehr der Förderung (z.B. Erlernen von Fertig­keiten) sowie der Unterstützung und Begleitung im Alltag (etwa Organisation von gemein­schaft­lichem Kochen oder Ausflügen) und einer etwaigen Erwerbstätigkeit der Klienten dieser Ein­rich­tungen. Frei­heits­beschränkungen in solchen – meist kleineren „enthospitalisierenden“ – Einrichtungen (z.B. Behindertenwerkstätten) können – soweit sie nicht ohnedies vermeidbar sind – nicht auf der Grund­lage des Heimaufenthaltsgesetzes vorgenommen werden; hier bedarf es eines Rückgriffs auf andere allge­meine Rege­lun­gen, etwa auf die sich aus dem Strafrecht ergebenden Rechtfertigungsgründe (§ 3 StGB).

Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind nach Abs. 2 ferner Heime und sonstige Einrichtungen zur Über­nahme von Minderjährigen in Pflege und Erziehung (die unter der Aufsicht der Jugend­wohl­fahrts­träger stehen; vgl. § 22 Jugendwohlfahrtsgesetz 1989). Ebenso unterliegen typische alters­spe­zi­fische Freiheits­beschränkungen im Rahmen der elterlichen Obsorge nicht dem Heimaufenthaltsgesetz, auch wenn diese Beschränkungen nicht durch die Obsorgeberechtigten selbst, sondern aufgrund deren Er­mäch­tigungen durch öffentliche oder private Einrichtungen vorgenommen werden. Weiter soll das Gesetz auf­grund gänzlich anderer organi­sa­to­rischer und zum Teil auch (verfassungs-)gesetzlicher Rah­men­be­din­gun­gen keine An­wen­dung finden, wenn eine Person zu Hause von Familienangehörigen oder mobilen Diensten oder im Rahmen einer familienähnlichen Wohngemeinschaft betreut oder gepflegt wird. Die Unterbringung in einer Kranken­an­stalt oder Ab­tei­lung für Psychia­trie ist darüber hinaus ausschließlich nach dem UbG, die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme oder entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher nach den §§ 21, 22 und 24 f. StGB und den §§ 429 ff. StPO zu beurteilen. Schließlich sind auch Nachsorge­ein­richtungen (einschließlich psycho­so­zialer Dienste) und medizinisch-technische Dienste nicht vom Gesetz erfasst.

Das Gesetz beschränkt sich auf die Regelung der Voraussetzungen, der Vornahme und der gerichtlichen Über­prüfung von Freiheitsbeschränkungen in Heimen und anderen Einrichtungen. Andere Rechte der Be­trof­fenen bleiben davon unberührt. Die Regelung allfälliger Einschränkungen dieser Rechte ist Sache der Länder im Rahmen ihrer Kompetenz für die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb von Pflege­hei­men. Auch die Aufnahme des Betroffenen in das Heim oder die Einrichtung wird nicht geregelt.

Zu § 3

§ 3 umschreibt den für die Anwendung des Gesetzes zentralen Begriff der Freiheits­be­schrän­kung. Nicht jede Beschränkung der Bewegungsfreiheit stellt einen Freiheitsentzug im verfassungs­recht­lichen Sinn dar. Nur eine qualifizierte Beschränkung, nämlich der „Entzug“ der persönlichen Freiheit, ist vom Schutz­bereich des Grundrechts erfasst. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund regelt das vor­liegende Gesetz nur – im verfassungsrechtlichen Verständnis – freiheitsentziehende Maßnahmen. Das Gesetz verwendet trotz der verfassungsrechtlichen Terminologie in § 3 und in den weiteren Bestim­mun­gen den Ausdruck „Freiheitsbeschränkung“. Damit soll vermieden werden, dass die hier gemeinten Maß­nahmen im Rahmen der Pflege oder Betreuung mit „Freiheitsentziehungen“ im strafrechtlichen und straf­pro­zes­sua­len Sinn assoziiert werden. Außerdem entspricht der Begriff „Freiheitsbeschränkung“ besser der Ter­mino­logie des UbG, das in seinem § 2 als Unterbringung neben der Anhaltung von Per­sonen in einem geschlossenen Bereich auch sonstige individuelle „Beschränkungen“ der Bewegungs­frei­heit versteht. Für die Frage, was unter dem Begriff „Freiheitsbeschränkung“ im Sinn dieses Gesetzes zu verstehen ist, sind daher auch die Judikatur und das Schrifttum zum PersFrG und zum Unter­brin­gungs­recht heran­zu­ziehen (siehe zum Folgenden vor allem Kopetzki in Korinek/Holoubek [Hrsg.] Österreichisches Bundes­ver­fas­sungsrecht III Rz 18 - 46 zu Art. 1 PersFrG; Kopetzki, Unterbringungsrecht II, 459 ff.).

Eine Freiheitsbeschränkung im Verständnis dieses Gesetzes liegt immer dann vor, wenn es einer Person unmöglich gemacht wird, ihren Aufenthalt nach ihrem freien Willen zu verändern. Dabei ist zunächst die Beschränkung der Be­we­gungs­freiheit auf einen bestimmten räumlich abgegrenzten Bereich wesentlich. Durch diese Allseitigkeit der Bewegungsbeschränkung unter­scheidet sich die Freiheitsbeschränkung maßgeblich von sonstigen Be­schränkungen der Bewegungs­freiheit, die durch andere Grundrechte erfasst sind. Die Unmög­lich­keit, bestimmte Räume oder Areale zu betreten (die so genannte „negative Kon­fi­nierung“), ist keine Frei­heits­beschränkung im Sinn dieses Gesetzes.

Neben der Allseitigkeit der Beschränkung ist die Unterbindung persönlicher Orts­ver­ände­run­gen mit physischen Mitteln ein zentrales Kriterium. § 3 Abs. 1 definiert daher die Freiheitsbeschränkung als Unter­bindung der Ortsveränderung durch den Einsatz oder die Androhung physischer Mittel gegen oder ohne den Willen des Bewohners. Dabei werden die wichtigsten dieser physischen Mittel, nämlich mecha­nische, elektronische und medikamentöse Maßnahmen, beispielhaft aufgezählt.

Solche physischen Mittel sind etwa unmittelbare körperliche Zugriffe mit dem Ziel, den Bewohner zurückzuhalten. Beispiele hiefür sind etwa die Anbringung eines Steck­gitters am Bett, das Vorstellen eines Sessels oder Tisches, die Ent­fernung einer Gehhilfe, die Verhinderung des Aufstehens aus dem Rollstuhl oder einer anderen Sitz­ge­legen­heit mittels eines Fixiergurts, einer „Fixierhose“ oder eines Leintuchs oder auch das körperliche Festhalten. Aber auch das Einschließen des Betroffenen in einem Raum oder in einer Abteilung fällt unter diese Kategorie. Eine Freiheitsbeschränkung kann darüber hinaus auch durch medikamentöse Mittel erfolgen. Davon kann allerdings nur dann ge­sprochen werden, wenn die Behandlung unmittelbar die Unterbindung des Bewe­gungs­drangs bezweckt, nicht jedoch bei unvermeidlichen bewegungsdämpfenden Nebenwirkungen, die sich bei der Verfolgung anderer therapeutischer Ziele mitunter ergeben können. Der Einsatz elektronischer Überwachungs­maßnahmen wiederum (z. B. die so genannte „Induktionsschleife“ oder so genannte „Skorpione“) ist nur dann eine Freiheitsbeschränkung, wenn bei Auslösung des Alarms unmittel­bare freiheitsentziehende Folgen zu erwarten sind, also etwa der Betreute „zurückgeholt“ wird.

Die Aufzählung der physischen Mittel im Gesetz ist nur beispielhaft, auch andere Maßnahmen können eine Freiheitsbeschränkung darstellen. Zu denken ist etwa an rein bauliche Maßnahmen, die die per­sön­liche Bewegungsfreiheit beeinträchtigen sollen (etwa ein „Labyrint“ zur Lenkung dementer Personen, die An­bringung schwerer Türen, die von den Betroffenen in der Regel nicht mehr geöffnet werden können, oder die entsprechende Ausgestaltung einer Station). Auch sie sind Freiheitsbe­schrän­kungen im Ver­ständ­nis des § 3.

Keine Freiheitsbeschränkung liegt dagegen vor, wenn sich die betreute oder gepflegte Person auch ohne die Maßnahme nicht fortbewegen kann. So ist die Anbringung eines Sitzgurts, die den drohenden Sturz eines gelähmten Menschen aus dem Rollstuhl verhindern soll, nicht als Frei­heits­be­schrän­kung zu qualifizieren, wenn die Anbringung des Gurtes in einer notwendigen Gesamtbetrachtung in Wahrheit seinen Bewegungs- und Handlungsspielraum (z. B. zur Einnahme der Mahl­zeiten im Speisesaal) erhöht. Wenn weiter einem Bewohner – namentlich bei Be­wusst­losigkeit – überhaupt die Möglichkeit zu einer will­kürlichen körperlichen Bewegung fehlt, kann ebenfalls nicht von einer Freiheitsbeschränkung gesprochen werden. Schutzgitter, die an einem Bett angebracht werden, um ein Her­aus­­fallen durch unwillkürliche Bewegungen des Betroffenen (z. B. spastische Bewegungen oder unwillkürliche Bewegungen im Schlaf) zu ver­hindern, sind also keine frei­heits­ent­ziehen­den Maßnahmen. Und schließ­lich ist auch bei einem in Folge einer Operation und der damit verbundenen Anästhesie geistig noch be­ein­trächtigten Patienten, der zu seinem Schutz „fixiert“ wird, keine Freiheitsbeschränkung anzunehmen.

Eine Freiheitsbeschränkung setzt nicht notwendigerweise die Anwendung physischen Zwangs voraus. Es ge­nügt auch dessen Androhung. Der Begriff der Androhung ist im spezifischen Konnex der Pflege oder Be­treuung des Betroffenen zu verstehen: Es ist nicht erforderlich, dass ihm von der anordnungsbefugten Per­son oder anderen Bediensteten konkret mit freiheitsentziehenden Maßnahmen „gedroht“ wird. Viel­mehr reicht es aus, wenn er aus dem Gesamtbild des Geschehens den Eindruck gewinnen muss, dass er seinen Aufenthaltsort nicht mehr verlassen kann. Eine Freiheitsbeschränkung ist somit auch dann gege­ben, wenn die betreute oder gepflegte Person einen unversperrten Ort nicht verlässt, weil sie damit rech­nen muss, am Ver­las­sen gehindert oder „zurückgeholt“ zu werden. Das bloße Überreden und die Auf­klä­rung des Bewohners über die negativen gesundheitlichen Auswirkungen bei Unterbleiben der freiheitsent­ziehen­den Maß­nah­men sind dagegen keine Freiheitsbeschränkung, selbst wenn er sich ihnen letztlich fügt. In solchen Fällen wird es also darauf ankommen, ob der Bewohner ungehindert von äußerem Zwang seinen Auf­ent­halts­ort nach freiem Willen verlassen kann oder mit einem physischen Zugriff rechnen muss.

Der räumliche Umfang der Beschränkung spielt für die Freiheitsbeschränkung keine Rolle. Die Bewe­gungs­beschränkung auf die Einrichtung in ihrer Gesamtheit unter Wahrung freier Bewegungs­mög­lich­keiten innerhalb des Areals der Einrichtung ist daher ebenso eine Freiheitsbeschränkung wie die Be­schrän­kung auf einzelne Bereiche der Einrichtung, die Beschränkung auf ein einzelnes Zimmer oder die Beschränkung innerhalb eines Raums (z. B. durch Netzbetten, Angurten, Zwangsjacken und ähnliche Maß­nahmen).

Im Gegensatz zum deutschen Recht (vgl. § 1906 Abs. 4 BGB) kommt es für die Freiheitsbeschränkung auch nicht auf eine zeitliche Komponente im Sinn einer Mindestdauer der Beschränkung an. Einen Ge­staltungs­raum des einfachen Gesetzgebers für derartige zeitliche Differenzierungen sieht das öster­reichische Verfassungsrecht nämlich nicht vor. Das bedeutet, dass im Einzelfall auch schon wenige Minuten aus­reichen können, um eine bestimmte Maßnahme (etwa das Festbinden am Bett) als Frei­heits­be­­schränkung zu qualifizieren. Anders verhält es sich aber wieder bei einer nächtlichen Haustorsperre, weil eine derartige Be­schrän­kung eine allgemeine Vorsichtsmaßnahme zur Verhinderung des unkon­trol­lierten Ein- und Aus­gangs darstellt (OGH 22.2.1994 NZ 1994, 253).

Eine Freiheitsbeschränkung liegt letztlich nur dann vor, wenn der Betroffene gegen oder ohne seinen Willen beschränkt wird, wenn ihm also während des Aufenthalts in der Ein­rich­tung entweder gegen seinen (ausdrücklich oder konkludent erklär­ten) Willen oder ohne seinen Willen (wenn er etwa zu einer Willensabgabe nicht [mehr] fähig ist) die Be­we­gungsfreiheit entzogen wird. Die Einwilligung durch die betreute oder gepflegte Person selbst schließt einen Grundrechts­eingriff aus. Die Einwilligung kann insbesondere auch im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsvertrags erteilt werden. Beschränkungen der Be­wegungs­freiheit mit dem Willen des Bewohners sind daher nach § 3 Abs. 2 keine Freiheits­be­schrän­kun­gen. Damit die Einwilligung rechtserheblich ist, muss sie ernstlich sowie frei von Zwang und Irrtum erteilt werden, auch muss der Bewohner die Fähigkeit zum freien Willens­ent­schluss haben. Maßgeblich ist hie­rbei nicht die zivilrechtliche Geschäftsfähigkeit, sondern die natürliche Einsichts- und Urteils­fähig­keit, die auch psychisch kranke und geistig behinderte Menschen haben können. Die betreute oder ge­pflegte Person muss geistig in der Lage sein, die Situation an sich und die Tragweite ihres Ein­verständnisses zu erfassen. Die Einwilligung kann sich schon aus diesem Grund nur auf eine konkrete Situation und einen zeitlich überschaubaren Rahmen beziehen. Eine pauschale Zustimmung zu allen Be­schränkungen ist nicht wirksam. Selbst­verständlich schließt auch die Freiwilligkeit des Aufenthalts in der Ein­richtung nicht automatisch die Zustimmung zu allfälligen internen Beschränkungen ein. Die Einwil­li­gung kann im Übrigen jederzeit und auch schlüssig widerrufen werden.

Zu § 4

§ 4 regelt die materiellen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Freiheitsbeschränkung in einem Heim oder in einer ähnlichen Einrichtung. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

Eine Freiheitsbeschränkung des Betroffenen darf ohne oder gegen dessen Willen nur vorgenommen wer­den, wenn er an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist. Freiheits­be­schrän­kungen geistig gesunder Menschen sind nicht zulässig. Die Zulassung auch von Freiheitsbeschränkungen geistig be­hin­der­ter Menschen widerspricht nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Auch eine geistige Behinderung fällt nämlich unter den Begriff der „psychischen Erkrankung“ nach Art. 2 Abs. 1 Z 5 PersFrG (vgl. dazu Kopetzki in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht III Rz 65 zu Art. 2 PersFrG). Die Begriffe „psychisch krank“ und „geistig behindert“ im Sinn des § 4 Z 1 sind so wie die ver­gleich­baren Begriffe des § 273 Abs. 1 ABGB (vgl. Stabentheiner in Rummel, ABGB³ Rz 1 zu § 273 ABGB) „Rechtsbegriffe“. Sie orientieren sich zwar am medizinischen Verständnis, müssen sich aber nicht in allen Belangen mit diesem decken. Im Hinblick auf verschiedene Zweifel sei klargestellt, dass auch die so genannte „Demenz“ eine psychische Erkrankung im Sinn des § 4 Z 1 ist.

Für die Zulässigkeit einer Freiheitsbeschränkung wird neben der psychischen Beeinträchtigung auch ge­fordert, dass der Betroffene wegen dieser Krankheit sich oder andere gefährdet. Das setzt einen Kausal­zu­sammenhang zwischen Krankheit und Gefährdung voraus. Daher sieht § 4 Z 1 vor, dass entweder das Leben oder die Gesundheit des Betroffenen selbst oder aber das Leben oder die Gesundheit anderer Personen (von anderen in der Einrichtung Betreuten, aber auch Personen außerhalb der Einrichtung) ge­fährdet sein und diese Gefährdung „im Zusammenhang“ mit der Krankheit des Betroffenen stehen muss. Die Gefährdung muss – ebenso wie nach § 3 Z 1 UbG – ernstlich sein. Das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Integrität des Betroffenen oder anderer Per­sonen muss also konkret gefährdet sein. Es reicht nicht aus, dass der Bewohner sich oder andere vielleicht gefährden könnte, die Gefahr muss vielmehr aktuell vorhanden sein. Allerdings bedarf es auch nicht gerade eines Anlassfalls, in dem gerade noch einmal „alles gut gegangen ist“. Weiter muss eine erheb­liche Gefähr­dung drohen. Die Gefahr bloß geringfügiger Beeinträchtigungen der Gesundheit des Be­trof­fe­nen oder dritter Personen rechtfertigt eine Freiheitsbeschränkung nicht. Eine solche Schwere der drohenden Schä­di­gung kann – in Anlehnung an § 110 Abs. 2 StGB –  dann angenommen werden, wenn eine Gesund­heits­schädigung von mehr als 24-tägiger Dauer, ein Knochenbruch, eine Gehirnerschütterung oder eine angesichts der Wichtigkeit des betroffenen Organs, des Ausmaßes der Krankheits­er­schei­nungen, der Ge­fährlichkeit der Beeinträchtigung und der Ungewissheit des Heilungsverlaufes „an sich schwere“ Be­ein­träch­tigung der Gesundheit droht.

§ 4 Z 2 setzt voraus, dass die Freiheitsbeschränkung zur Gefahrenabwehr unerlässlich und geeignet ist. Sie muss zudem in ihrer Dauer und in ihrer Intensität im Verhältnis zur Gefahr angemessen sein. Damit wird der verfassungsrechtlich vorgegebene Verhältnismäßigkeitsgrundsatz umgesetzt. Es ist die zur Ab­wehr der Ge­fährdung jeweils unbedingt notwendige und geeignete Maßnahme zu wählen. Sie muss so­wohl ihrer Schwere als auch ihrer Dauer der Gefährdung nach angemessen sein. „Disziplinäre“ oder „er­ziehe­rische“ Erwägungen können hier keine Rolle spielen.

§ 4 Z 3 setzt schließlich voraus, dass die Gefährdung nicht durch andere pflegerische Maßnahmen, die nicht (oder weniger) in die Freiheitsrechte des Betroffenen eingreifen, abgewendet werden kann. Dabei wird es auf zeitgemäße Pflegestandards an­kommen. Die angeordnete Freiheitsbeschränkung muss jeden­falls sowohl das gelindeste Mittel als auch die „ultima ratio“ sein.

Zu § 5

§ 5 regelt die formellen Voraussetzungen der Vornahme einer Freiheitsbeschränkung. Die Frei­heits­be­schränkung muss ausnahmslos von einer verantwortlichen Person angeordnet wer­den (Abs. 1). Primär ist dies nach Abs. 1 Z 1 der mit der Führung der Abteilung betraute Arzt oder sein Vertreter (vgl. auch § 4 Abs. 2 UbG). Bestehen in der Einrichtung keine Abteilungen unter ärztlicher Führung, so ist der mit der Leitung der Einrichtung betraute Arzt oder sein Vertreter anordnungsbefugt.

In anderen Einrichtungen, die nicht unter ärztlicher Leitung stehen, sind nach Abs. 1 Z 2 die mit der ärztlichen Aufsicht und die mit der Leitung des Pflegediensts betrauten Personen oder ihre Vertreter anordnungsbefugt. Das gilt für Heime ebenso wie für Pflege­an­stalten für chronisch Kranke, bei denen die Landesregierung von der Bestellung eines ärztlichen Leiters Abstand nehmen kann, wenn die Aufsicht durch einen geeigneten Arzt gewährleistet ist (§ 7 Abs. 1 zweiter Satz KAKuG). In derartigen Ein­rich­tun­gen ist (unabhängig davon, ob eine ärztliche Auf­sicht gegeben ist oder nicht) auch jene Person an­ordnungs­befugt, die mit der Pflegedienstleitung im Sinn des § 26 Abs. 1 Z 2 GuKG betraut ist.

In Einrichtungen, die weder unter ärztlicher Leitung oder Aufsicht noch unter Leitung eines Pflegediensts stehen, kann die Befugnis zur Anordnung freiheitsbeschränkender Maßnahmen nach Abs. 1 Z 3 erster Fall einem Angehörigen des geho­be­nen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege übertragen werden. Gemeint ist damit eine di­plomier­te Gesundheits- und Kranken­schwester bzw. ein diplomierter Ge­sundheits- und Kranken­pfleger (§§ 11 f. GuKG), die oder der nicht über die in § 72 GuKG vor­ge­sehene Sonder­aus­bildung verfügt. Diese Fachkraft muss die organisatorische Verant­wor­tung in diesem Bereich innehaben und daher in einem dauernden Dienstverhältnis zum Einrichtungsträger stehen. In Ein­rich­tungen zur Pflege oder Betreuung behinderter Menschen, in denen weder eine ärztliche Leitung oder Aufsicht noch eine pflegerische Leitung vorhanden ist, wird die in Abs. 1 Z 3 zweiter Fall den mit der päda­go­gischen Leitung der Einrichtung be­trauten Bediensteten eingeräumte Anordnungsbefugnis zum Tragen kommen. Hier ist insbesondere an akademische Son­der- und Heilpädagogen und Sozialpädagogen zu denken. Ist auch eine pädagogische Leitung nicht eingerichtet oder ist diese unbesetzt, so dürfen keine Freiheitsbe­schrän­kun­gen nach diesem Gesetz vorgenommen werden.

Wenn im Zeitpunkt der Anordnung der Freiheitsbeschränkung schon absehbar ist, dass diese Maß­nahme länger als 24 Stunden aufrecht erhalten oder wiederholt, also voraussichtlich öfter als einmal, vor­ge­nom­men werden muss, muss die Freiheitsbeschränkung nach Abs. 2 von einem Arzt angeordnet werden. Auch ein ärztliches Zeugnis (§ 55 ÄrzteG 1998) kann eine solche Anordnung enthalten. Das Ge­setz sieht aber – anders als der Begutachtungsentwurf – davon ab, das ärztliche Zeugnis eines Facharztes für Psychiatrie und Neuro­lo­gie oder für Neurologie und Psychiatrie bzw. eines Facharztes für Psychiatrie zu verlangen. Das Begutachtungsverfahren hat nämlich ergeben, dass es in vielen Regionen schwierig sein kann, einen der­ar­ti­gen Facharzt beizuziehen. Darüber hinaus erhalten Ärzte aller Sparten eine geriatrische Aus­bildung, sie erwerben auch zunehmend berufliche Erfahrung in diesem Bereich. Das spricht dafür, all­gemein nur auf die Anordnung eines Arztes abzustellen und an diesen keine weiteren fachlichen oder be­rufs­rechtlichen Anforderungen zu stellen. Einer ärztlichen Anordnung bedarf es unab­hängig von der Dauer oder der Häufigkeit der Freiheitsbeschränkung bei medikamentösen Maßnahmen. Unberührt bleibt selbstver­ständ­lich die Verpflichtung des Arztes, die Einwilligung des Betroffenen bzw. die Zu­stim­mung dessen gesetz­lichen Vertreters zu einer medizinischen Behandlung einzuholen.

Nach Abs. 3 muss die Freiheitsbeschränkung unter Einhaltung der fachlich (medizinisch, pflegerisch und betreuerisch) fachgemäßen Standards und unter möglichster Schonung des Bewohners (vgl. auch § 4 Abs. 1 Z 3) vorgenommen werden.

Abs. 4 bestimmt schließlich, dass die Freiheitsbeschränkung sofort aufzuheben ist, wenn deren Voraus­setzungen nicht mehr vorliegen.

Zu § 6

Nach Abs. 1 sind die näheren Umstände, also Grund, Art, Beginn und Dauer der vorgenommenen Frei­heits­be­schränkung schriftlich zu dokumentieren. Hierbei sind im Besonderen die Gründe auszuführen, aus denen die anordnungsbefugte Person die Voraussetzungen der Freiheitsbeschränkung für ge­ge­ben erachtet. In Krankenanstalten ist gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 lit. a und b KAKuG eine einheitliche Kran­ken­ge­schichte zu führen, die neben den ärztlichen insbesondere auch die pfle­gerischen Maßnahmen ent­hält. Bei Pflegeheimen sind die entsprechenden landes­ge­setz­lichen Bestim­mun­gen in den Pflege­heim­ge­setzen an­zu­wenden. Berufsrechtlich ist auf § 5 GuKG für An­ge­hörige der Gesundheits- und Kran­ken­pfle­geberufe und auf § 51 ÄrzteG 1998 für Ärzte hinzuweisen. Diesen Aufzeichnungen sind ärzt­liche Zeugnisse und der Nachweis über die Verständigungen gemäß § 7 Abs. 2 anzuschließen.

Nach Abs. 2 sind auch bei Einschränkungen der persönlichen Freiheit, die mit Einwilligung des ein­sichts- und urteilsfähigen Bewohners erfolgen (§ 3 Abs. 2) und damit keine Freiheitsbeschränkungen im Ver­ständnis des Heimaufenthaltsgesetzes sind, der Grund und die Art sowie der Beginn und die Dauer der Maßnahme zu dokumentieren. Diese Verpflichtung dient nicht zuletzt der Kon­trolle solcher Maß­nah­men durch den Bewohner­ver­treter und das Gericht.

Zu § 7

Nach Abs. 1 hat der Anordnungsbefugte (§ 5 Abs. 1) den Betroffenen über die näheren Um­stände der Frei­heitsbeschränkung entsprechend seinem Zustand aufzuklären. Dabei wird keine be­stimmte Form vorgesehen. Es ge­nügt also auch ein bloßes Gespräch, dem der Bewohner folgen und dessen Inhalt er verstehen kann. Ferner hat der Anordnungsbefugte den Leiter der Ein­richtung oder dessen Vertreter un­ver­züglich von der Freiheitsbeschränkung (oder ihrer Aufhebung) zu ver­ständigen. Gleiches gilt, wenn eine Einschränkung der persönlichen Freiheit mit der Einwilligung des Be­troffenen (§ 3 Abs. 2) vor­ge­nom­men wird.

Der Leiter der Einrichtung hat nach Abs. 2 dafür Sorge zu tragen, dass der oder die Vertreter des Betrof­fenen (Sach­walter, Verein nach § 8 Abs. 1, selbst gewählter Vertreter gemäß § 8 Abs. 3) und eine vom Bewohner namhaft gemachte Vertrauensperson unverzüglich verständigt werden. Der Betroffene kann als Ver­trauens­person insbesondere einen Angehörigen oder auch einen von den Bewohnern einer Einrichtung gewählten Interessenvertreter namhaft machen. Damit wird Art. 4 Abs. 7 PersFrG entsprochen, wonach jeder „Festgenommene“ das Recht hat, dass auf sein Verlangen ein Angehöriger und ein Rechtsbeistand von der „Festnahme“ verständigt werden. Der Entwurf geht davon aus, dass die Verständigung von der Frei­heitsbeschränkung oder ihrer Aufhebung in der Regel schriftlich erfolgt, um allfällige Beweis­probleme hintan zu halten. Gleichzeitig hat der Leiter der Einrichtung dem Vertreter des Bewohners und seiner Vertrauensperson die Gelegenheit zu geben, ihm oder der anordnungs­be­fugten Person gegenüber zu der Maßnahme Stellung zu nehmen.

Der Vertreter des Bewohners und seine Vertrauensperson sind nach dem letzten Satz des Abs. 2 auch zu ver­ständigen, wenn eine Ein­schrän­kung der persönlichen Freiheit mit Einwilligung des Betroffenen vor­ge­nommen wird. Auch damit werden die Überprüfung und die Kontrolle „freiwilliger“ Beschränkungen er­leichtert.

Zu § 8

Nach Abs. 1 obliegt die Vertretung der betroffenen Menschen bei der Wahrnehmung des Grundrechts auf persönliche Freiheit dem nach der Lage der Einrichtung für die Namhaftmachung von Sachwaltern örtlich zuständigen Verein im Sinn des § 1 VSPAG.

Nach Abs. 2 wird der Verein mit dem Beginn der Freiheitsbeschränkung ex lege Vertreter des Be­trof­fe­nen bei der Wahrnehmung seines Grundrechts auf Schutz der persönlichen Freiheit. Dadurch wird die Ge­­schäfts­fähigkeit des Bewohners und die Vertretungsbefugnis eines anderen gesetzlichen Ver­treters nicht eingeschränkt. Es ist auch nicht erforderlich, zur Wahrung des Rechtes auf die per­sön­liche Freiheit zu­sätz­lich ein Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters einzuleiten (vgl. § 273 Abs. 2 ABGB).

Nach Abs. 3 geht der gesetzlichen Vertretungsbefugnis des Vereins die wirksame Bestellung eines Rechts­anwalts oder Notars durch den Bewohner jedenfalls vor. Aufgabe dieses Rechtsanwalts oder Notars ist es, die Interessen und Freiheitsrechte des Betroffenen zu wahren. Das setzt voraus, dass er vom Heim unab­hängig ist. Dem Bewohner steht es darüber hinaus frei, eine andere Person (etwa einen Ange­hörigen oder einen Interessenvertreter) zu seinem Vertreter bei der Wahrnehmung des Rechtes auf die persönliche Freiheit zu bestellen. In einem solchen Fall soll die gesetzliche Vertretungs­be­fugnis des Vereins weiterhin bestehen bleiben, es sei denn, dass der Bewohner etwas anderes be­stimmt. Dieser Ausschluss der Vertretungsbefugnis des Vereins durch den Be­troffenen kann nicht pauschal und zeitlich losgelöst von der jeweiligen Freiheits­be­schrän­kung er­fol­gen, sondern muss im Zu­sam­menhang mit der gerade aktuellen Maßnahme stehen. Das ist mit dem Aus­druck, dass der Bewohner „im Einzelnen“ anderes bestimmen kann, gemeint. Damit soll verhin­dert wer­den, dass das Heim oder die Einrichtung die Bewohner­ver­tre­tung durch den Sachwalterverein von vornherein durch gleichsam auf Vorrat erfolgende Be­stellungen anderer Vertreter in ihrer Effektivität und Wirk­sam­keit unterminiert. Der wirksame Abschluss des zivil­recht­lichen Rechts­geschäfts der Bevoll­mäch­ti­gung setzt im Übrigen die Geschäfts­fähig­keit des Be­woh­ners voraus. Hat der Bewohner einen Sachwalter, so ist je nach dessen Wirkungs­bereich auch dessen Zu­stim­mung not­wen­dig.

Nach Abs. 4 hat der Verein der Leitung der Einrichtung und dem zuständigen Bezirks­ge­richt eine oder mehrere von ihm ausgebildete und für die besonderen Verhältnisse im Pflegebereich ge­schulte Personen namhaft zu machen, denen die Ausübung der Vertretungsbefugnisse des Vereins in der betref­fen­den Einrichtung zukommt. Diese Personen werden für den Verein tätig, das Gesetz nennt sie „Bewohner­vertreter“. Hält man sich die Vielzahl der vom Gesetz erfassten Einrichtungen vor Augen, so ist dieses Vertretungskonzept praktikabler als das im UbG vorgesehene Modell der Bestellung bestimmter natürlicher Personen. Dem zuständigen Gericht (§ 11 Abs. 2) kommen weder Über­wachungs- noch Weisungsbefugnisse gegenüber dem Bewohnervertreter zu. Die fachliche Aufsicht über den Bewohner­ver­treter liegt beim Verein. Der Vorsteher des Bezirksgerichts hat den ihm namhaft ge­machten Be­wohner­vertreter in der Ediktsdatei kundzumachen. Wenn der Verein diese Namhaft­machung widerruft, hat der Gerichtsvorsteher die Kundmachung zu berichtigen.

Nach Abs. 5 hat ein vom Betroffenen bestellter Vertreter die Begründung und die Beendigung des Voll­machts­verhältnisses der Geschäftsstelle des Vereins, dem Träger der Einrichtung und erforderlichenfalls auch dem zuständigen Gericht mitzuteilen. Mit der Beendigung der Vollmacht tritt die gesetzliche Vertretungsbefugnis des Vereins ein.

Zu § 9

In Abs. 1 werden einige – besonders wichtige – Befugnisse und Pflichten des Bewohnervertreters und des vom Bewohner bestellten Vertreters demonstrativ aufgezählt. Er hat insbesondere das Recht, sich einen per­sön­lichen Eindruck vom Betroffenen zu verschaffen und die Einrichtung unangemeldet aufzu­suchen. Auch ist er ermächtigt, das Vorliegen der Voraussetzungen einer Freiheitsbeschränkung mit dem Anordnungs­be­fug­ten (§ 5 Abs. 1) sowie sonstigen Bediensteten zu erörtern. Er kann darüber hinaus die von den Be­woh­nern gewählten Gremien konsultieren. Ferner wird ihm das Recht eingeräumt, in die Pfle­ge­dokumentation, die Krankengeschichte und andere Aufzeich­nun­gen über den Betroffenen (§ 6) Einsicht zu nehmen, soweit dies zur Wahr­nehmung seiner Aufgaben er­for­der­lich ist. Bei der Wahr­neh­mung seiner Befugnisse hat er aber auf die Erfordernisse des Betriebs der Einrichtung Bedacht zu neh­men.

Nach Abs. 2 hat der Leiter der Einrichtung dafür zu sorgen, dass der Bewohner in geeigneter Weise von der Bewohnervertretung erfährt und darüber informiert wird, wie er mit dieser in Kontakt treten kann. Auch muss der Träger dafür sorgen, dass sich der Bewohnervertreter oder der bestellte Vertreter mit dem Be­­trof­fenen ungestört besprechen kann.

Abs. 3 ermächtigt den Bewohnervertreter letztlich dazu, seine Wahrnehmungen der für die Aufsicht über die Einrichtung im Land zuständigen Behörde oder einer sonstigen Beschwerdestelle mitzu­teilen. Auch soll er verpflichtet werden, diesen Be­hörden insoweit Auskünfte zu erteilen, als dies für die Be­sor­gung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Die gegenseitige „Vernetzung“ des Bewohnervertreters und dieser Be­hörden soll dazu beitragen, Missstände und Unzukömmlichkeiten rasch zu beheben.

Zu § 10

Nach Abs. 1 hat der Bewohnervertreter den Betroffenen über beabsichtigte Vertretungshandlungen, ins­be­sondere über die Einbringung eines Antrags auf gerichtliche Überprüfung, zu informieren (vgl. § 15 Abs. 1 UbG).

Gemäß Abs. 2 ist der Bewohnervertreter jedermann gegenüber (mit Ausnahme des Gerichts, des Vereins, eines sonstigen Vertreters, der Vertrauensperson und den in § 9 Abs. 3 genannten Behörden) zur Verschwiegenheit über die in Ausübung seiner Tätigkeit ge­machten Wahr­­nehmungen verpflichtet.

Zu § 11

Den verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 6 Abs. 1 PersFrG) soll dadurch entsprochen werden, dass eine Freiheitsbeschränkung auf Antrag des Bewohners selbst, seiner Ver­trauens­person oder seines Vertreters oder des Leiters der Einrichtung jederzeit vom Gericht überprüft werden kann (Abs. 1). Das Gericht soll also nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag und nachprüfend tätig werden. Mit der dem Bewohnervertreter, dem bestellten Vertreter (§ 8 Abs. 3), einem allenfalls bereits bestellten gesetz­lichen Vertreter (Sachwalter) und auch der Vertrauensperson zustehenden Antragsbefugnis soll – falls Be­denken gegen die Zulässigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahme bestehen – die Einleitung eines Prüfungs­ver­fah­rens, erforderlichenfalls auch ohne Initiative des Bewohners, sichergestellt werden. Damit wird der verfas­sungs­rechtlichen Anforderung, ein wirksames und tatsächlich zugängliches Über­prüfungs­recht durch spezielle verfahrenstechnische Vorkehrungen zu gewährleisten, Rechnung getragen.

Um die Zugänglichkeit und Wirksamkeit des „Rechtsmittels“ nicht zu beeinträchtigen, knüpft das Gesetz  an die Form des Antrags keine Formerfordernisse. Auch mündlich dem Gericht vorgetragene Anträge sind zu behandeln.

Der Entscheidung des Bewohnervertreters, kein gerichtliches Verfahren einzuleiten, kommt (jedenfalls in rechtlicher Hinsicht) keine „Genehmigungswirkung“ zu. Wünschen der Leiter der Einrichtung, die an­ordnungsbefugte Person oder die Bediensteten der Einrichtung dies­be­züglich Klarheit, so kann der Leiter der Einrichtung ein Antrag auf ge­richt­liche Überprüfung stellen.

Sofern der Antrag nicht ohnehin von der Vertrauensperson stammt, muss der Antragsteller deren Namen und Adressen bekannt geben. Dem Gericht erleichtert diese Bekanntgabe die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, weil sie weitere Recherchen in der Einrichtung vermeidet.

Eine Einschränkung der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis auf noch nicht beendete Freiheits­be­schrän­kungen oder eine Antragsfrist wird im Sinn der Rechtsprechung des VfGH zum PersFrG (u.a. 3.3.1994 JBl 1994, 816) sowie des OGH zum UbG (u.a. 22.2.1994 NZ 1994, 253; 15.4.1993 EvBl 1994/4) nicht vorgesehen.

Nach Abs. 2 ist zur Prüfung der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung und zur Entscheidung über den Antrag das Bezirksgericht örtlich zuständig, in dessen Sprengel die Einrichtung liegt.

Das Gericht entscheidet nach Abs. 3 im Verfahren außer Streitsachen. Dabei sind die allgemeinen Be­stim­mungen des neuen Außerstreitgesetzes anzuwenden, soweit das Heimaufenthaltsgesetz nicht be­son­dere Verfahrensregeln enthält. Das Verfahren ist dem Richter vorbehalten.

Zu § 12

Nach dem Vorbild des § 19 UbG wird auch im Verfahren zur Überprüfung von Freiheitsbeschränkungen in den hier in Frage kommenden Einrichtungen ein zweistufiges Verfahren vorgesehen. Der Begut­ach­tungs­entwurf sah zwar vor, dass das Gericht ausnahmslos innerhalb einer Woche nach münd­licher Ver­handlung ohne vorherige Erstanhörung entscheiden soll. Ein derartiges einstufiges Verfahren kann aber in der Praxis zu Lasten der Qualität der gerichtlichen Entscheidung gehen, zumal es schwierig werden kann, inner­halb dieser doch kurzen Frist mit vertretbarem Aufwand alle für die Zulässigkeits­ent­scheidung er­for­der­lichen Beweismittel zu beschaffen und darüber hinaus die Termine der Verfahrens­be­tei­ligten zu koordinieren. Daher empfiehlt sich in Anlehnung an das Unterbringungsverfahren eine „Zweiteilung“ des Verfahrens, nämlich einerseits in eine erste Anhörung des Bewohners (mit an­schließender Entscheidung über die vorläufige Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung) und andererseits in die nachfolgende münd­liche Verhandlung, an deren Ende über die eigentliche Zulässigkeit abzu­spre­chen ist. Diese Auf­split­terung des Verfahrens ist aber nicht zwingend, weil das Gesetz in Abs. 2 dem Gericht aus­drück­lich die Möglichkeit einräumt, sogleich über die Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung mündlich zu verhandeln.

Zunächst soll sich das Gericht also in einer Anhörung einen ersten Eindruck vom Bewohner und seiner Situation verschaffen, Einsicht in die vorhandenen Aufzeichnungen nehmen und Auskunftspersonen hören. Das Gericht kann dabei auch einen von der Einrichtung unabhängigen Sachverständigen beiziehen (s. die Erläuterungen zu § 14 Abs.  3). Die „Erstanhörung“ dient einerseits der Be­weis­aufnahme, anderer­seits aber auch dem recht­lichen Gehör.

Das Gericht kann – wie bereits erwähnt – die Anhörung nach Abs.  2 mit einer mündlichen Ver­hand­lung, in der die Voraus­setzungen der Freiheitsbeschränkung in einem kontradiktorischen Forum erörtert und geklärt werden, ver­bin­den. In diesem Fall muss jedenfalls auch ein gerichtlicher Sachverständiger bei­gezogen werden (s. § 14 Abs. 3). Die Frage, ob bloß eine Anhörung oder zugleich eine mündliche Ver­hand­lung durchgeführt wird, ist vom Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu beantworten. Besonderes Augenmerk wird das Ge­richt dabei dem Vorrang der Freiheitsrechte und dem daraus resultierenden Be­dürf­nis des Betroffenen widmen müssen, rasch eine endgültige Klärung der Frage der Zulässigkeit der Frei­heits­beschränkung her­bei­zuführen.

Zu § 13

Wenn das Gericht nicht von der ihm in § 12 Abs. 2 eingeräumten Befugnis zur gleichzeitigen Durch­füh­rung einer mündlichen Verhandlung Gebrauch gemacht hat, hat es am Schluss der Anhörung vorläufig über die Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung abzusprechen. Hat das Gericht dagegen auch eine münd­liche Verhandlung durchgeführt, so ist an deren Schluss (nach Beiziehung eines Sachverständigen) über die eigentliche Zulässigkeit abzusprechen (vgl. § 15 Abs. 1). Lässt das Gericht die Freiheitsbe­schrän­kung vor­läufig zu, so hat es zwingend zugleich die mündliche Verhandlung anzuberaumen, die spätestens inner­halb von 14 Tagen stattfinden muss. Gegen die Entscheidung, mit der die Freiheitsbe­schrän­kung vorläufig für zulässig erklärt wird, ist – nach dem Vorbild des UbG (§ 20 Abs. 3) – ein abge­son­dertes Rechtsmittel nicht zulässig, sie kann erst mit dem Rekurs gegen eine weitere Entscheidung des Gerichts angefochten werden.

Erachtet das Gericht, dass die Voraussetzungen für die Freiheits­be­schränkung nicht gegeben sind, so hat es diese für unzulässig zu er­klären. Die Maßnahme ist dann sofort aufzuheben, sofern der Einrichtungs­leiter nicht ein Rechts­mittel dagegen anmeldet und das Gericht dem noch in der Anhörung aufschiebende Wirkung zuerkennt. Dieses Rechtsmittel ist innerhalb von drei Tagen auszuführen (s. auch dazu § 20 Abs. 2 UbG).

Gelangt das Gericht letztlich zum Ergebnis, dass die von ihm überprüfte Maßnahme keine Freiheits­be­schrän­kung im Sinn des § 3 ist, so hat es den Antrag abzuweisen.

Zu § 14

Gemäß Abs. 1 hat das Gericht zur mündlichen Verhandlung den Betroffenen, seinen Vertreter (Be­woh­ner­ver­tre­ter, bestellter Vertreter nach § 8 Abs.  3, Sachwalter), die Ver­trauens­person und den Leiter der Ein­rich­tung zu laden. Auch sind die anordnungs­be­fugte Person (§ 5 Abs. 1) sowie erforderlichenfalls weitere Aus­kunftspersonen zur Verhandlung zu laden.

Der Leiter der Einrichtung hat nach Abs. 2 durch entsprechende or­gani­sa­torische Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass der Betroffene an der mündlichen Verhandlung teil­neh­men kann. Wenn dieser bettlägerig ist, wird die mündliche Verhandlung nach Möglichkeit in seinem Zim­mer abzuhalten sein. Es ist auch darauf zu achten, dass ein Bewohner andere Verhandlungen tunlichst nicht wahrnehmen kann (vgl. § 24 zweiter Satz UbG). Das Ge­richt und die anderen Beteiligten werden im Übrigen verpflichtet, in der münd­lichen Verhandlung mit dem Be­woh­ner möglichst schonend umzugehen.

Nach Abs. 3 hat das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen nicht der Einrichtung angehörenden un­ab­hängigen geeigneten Sachverständigen heranzuziehen. Diese Bestimmung trägt der vom Euro­päischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten Standard bei der gerichtlichen Überprüfung der An­haltung psychisch kranker Menschen Rechnung (vgl. den Fall Winterwerp, EuGRZ 1979, 650 [Z 409]). Das Gericht kann dabei zur Frage, ob eine psychische Krankheit oder geistige Behinderung vor­liegt, die eine Freiheitsbeschränkung erfordert, einen Facharzt für Psychiatrie, für Neurologie, für Psychiatrie und Neurologie oder für Neurologie und Psychiatrie als Sachverständigen bestellen. Wenn es aber etwa der Meinung ist, dass es sich im konkreten Fall in erster Linie um ein geriatrisches Problem han­delt, kann es auch einen anderen Arzt zum Sachverständigen bestellen. Ist dagegen zu klären, ob die Frei­heits­be­schrän­kung verhältnis­mäßig ist, also die Selbst- oder Fremdgefährdung durch eine andere pflegerische Maß­nahme beseitigt werden kann, oder ob bei Durchführung der Freiheitsbeschränkung die ent­sprechenden Pflegestandards eingehalten werden, so hat das Gericht (allenfalls auch zusätzlich) eine (ebenfalls nicht der Ein­richtung angehörende) Pflege- oder pädagogische Fachkraft als Sachverständigen zu bestellen.

Alle Verfahrensbeteiligten haben das Recht, im Rahmen der mündlichen Gutachtenserörterung Fragen an den Sachverständigen zu stellen.

Zu § 15

Nach Abs. 1 hat das Gericht am Schluss der mündlichen Verhandlung über die Zulässigkeit der Frei­heits­beschränkung zu entscheiden. Der Beschluss ist mündlich zu verkünden, zu begründen, zu proto­kol­lieren und dem Bewohner allenfalls mit Hilfe der sonst anwesenden Personen zu erläutern. Er wird bereits mit seiner mündlichen Verkündung „außenwirksam“ erlassen.

Nach Abs. 2 hat das Gericht im Fall der Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung deren nähere Umstände und das zulässige Ausmaß genau zu um­schreiben. Dabei kann es die Freiheitsbeschränkung sowohl in dem ursprünglich angeordneten als auch in einem gegen­über der Anordnung eingeschränkten Umfang für zulässig erklären. Das Gericht kann jedoch keine Freiheitsbeschränkung für zulässig erklären, die über den bereits angeordneten Umfang hinausgeht; auch darf es keinen „Vorratsbeschluss“ fassen. Darüber hinaus muss das Gericht im Beschluss eine bestimmte, sechs Monate nicht übersteigende Frist fest­setzen, nach deren Ablauf die gerichtlich legitimierte Freiheitsbeschränkung unzulässig wird. Bedarf es dann noch einer weiteren Freiheits­be­schränkung, so ist das Verfahren nach § 19 über eine länger  dauernde Freiheitsbeschränkung einzuleiten.

Nach Abs. 3 ist eine vom Gericht für unzulässig erklärte Freiheitsbeschränkung sofort aufzuheben, es sei denn, der Leiter der Einrichtung meldet in der mündlichen Verhandlung einen Rekurs an und das Gericht erkennt diesem Rekurs sogleich aufschiebende Wirkung zu (vgl. § 26 Abs. 3 UbG). Ebenso wie im Unterbringungsverfahren wird für die Aufschiebung vor allem der Grad der Gefährdung im Sinn des § 4 Z 1 maßgebend sein.

Nach Abs. 4 hat das Gericht den Beschluss bei Fortdauer der Freiheitsbeschränkung spätestens innerhalb weiterer sieben Tage, gerechnet ab der mündlichen Verkündung, schriftlich auszufertigen und dem Betroffenen, seinem Vertreter (bestellter Vertreter nach § 8 Abs. 3, gesetzlicher Vertreter und Bewohner­ver­tre­ter), seiner Vertrauensperson sowie dem Leiter der Einrichtung zuzustellen.

Zu § 16

Die Bestimmung regelt die Zulässigkeit von Rechtsmitteln und den Kreis der Rechtsmittel­be­rechtig­ten gegen einen gerichtlichen Beschluss, mit dem die Freiheitsbeschränkung entweder für zulässig (Abs. 1) oder für unzulässig (Abs. 2) erklärt wird. Sie folgt weitgehend dem § 28 UbG. Obwohl der Be­schluss be­reits mit seiner Verkündung wirksam wird, beginnt die Rekursfrist aller Parteien erst mit Zu­stel­lung zu lau­fen.

Eine Zweiseitigkeit des Re­kurses ist lediglich für den Fall vorgesehen, dass der Beschluss, mit dem die Frei­heits­beschränkung für unzu­lässig erklärt wird, vom Leiter der Einrichtung bekämpft wird. Es ist nicht geboten, ein weiter­gehendes „Recht auf Gehör“ einzuräumen, da das Verfahren zur Überprüfung von Frei­heits­ent­ziehungen nicht dem Art. 6 MRK unterliegt (vgl. Grabenwarter, Europäische Menschen­rechts­konvention, 329).

Zu § 17

Die Bestimmung regelt das Verfahren in zweiter Instanz vor dem örtlich zuständigen Landesgericht, auch sie orientiert sich am Unterbringungsrecht, nämlich an § 29 UbG. Das Rekursgericht hat stets in der Sache selbst zu entscheiden. Es kann sich – falls erforderlich – auch durch ein Senatsmitglied vom Zu­stand des Betrof­fenen vor Ort einen persönlichen Eindruck verschaffen.

Zu § 18

Nach Abs. 1 hat das Gericht vor Ablauf der in seinem Beschluss auf Zulässigerklärung der Freiheitsbe­schrän­kung festgesetzten Frist neuerlich über die Zulässigkeit der Freiheitsbeschränkung zu ent­schei­den, wenn dies der Bewohner, sein Vertreter oder seine Vertrauensperson verlangt. Das neuerl­iche Ver­fah­ren dient nicht der Bekämpfung der gerichtlichen Erstentscheidung, sondern der Be­rück­sich­ti­gung nach­träg­lich eingetretener Änderungen der Sachlage. Es müssen daher Anhaltspunkte für Sachver­halts­änderun­gen vorliegen oder im Antrag behauptet werden.

Nach Abs. 2 ist die Frei­heitsbeschränkung unab­hän­gig von der gerichtlichen Entscheidung sofort auf­zu­heben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Auch in diesem Fall  sind die u. a. für die Auf­hebung einer Freiheitsbeschränkung vorgesehenen Verständigungspflichten nach § 7 Abs. 1 und 2 einzu­halten. Darüber hinaus ist von einer solchen Aufhebung der Freiheitsbeschränkung auch das Gericht un­ver­züg­lich zu in­formieren.

Zu § 19

Nach Ablauf der vom Gericht festgesetzten, höchstens sechsmonatigen Frist ist die Freiheitsbeschränkung aufzuheben. Wenn eine Freiheitsbeschränkung aber weiterhin notwendig ist, ist hievon der Vertreter und die Vertrauensperson des Bewohners rechtzeitig zu ver­ständigen. Dem Vertreter obliegt es dann, entweder einen Antrag auf Überprüfung der Notwendigkeit einer länger dauernden Freiheitsbeschränkung zu stellen oder dem Gericht die Gründe mitzuteilen, aus denen er von einem solchen Antrag Abstand nimmt. Das Gericht kann in diesem Fall ausnahmsweise von Amts wegen ein Verfahren einleiten, wenn es diese Gründe für nicht zureichend erachtet. Der Vertreter des Bewohners ist an seine Erklärung nicht gebunden. Wenn sich seiner Auffassung nach der Zustand des Bewohners in der Folge verbessert, kann er diese Änderung der Verhältnisse zum Anlass nehmen, später einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung der länger dauernden Freiheitsbeschränkung zu stellen.

Auf das gerichtliche Verfahren zur Überprüfung der Voraussetzungen einer länger dauernden Freiheits­be­schränkung sind im Übrigen die §§ 11 bis 18 anzuwenden. Das Gericht kann in einem solchen Fall eine längere Frist festsetzen. Diese darf aber den Zeitraum von einem Jahr nicht übersteigen.

Zu § 20

Die Verweisungsbestimmung entspricht den Legistischen Richtlinien 1990. 

Zu § 22

Die Neuregelung soll mit 1. Juli 2005 in Kraft treten. Die längere Legisvakanz soll allen mit der Voll­ziehung des Gesetzes Befassten gründliche rechtliche und organisatorische Vorbereitungen er­mög­lichen.

Zu § 23

Das Gesetz ist auf alle Freiheitsbeschränkungen anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2005 vorge­nommen werden oder im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes noch andauern.

Sofern ein Verein keine Bewohnervertreter namhaft macht (weil in der Aufbauphase die erforderlichen Mittel noch nicht zur Verfügung stehen oder weil der Verein die Namhaftmachung eines Bewohner­ver­tre­ters widerruft, ohne einen anderen Bewohnervertreter namhaft zu machen), hat der Vorsteher der zu­stän­di­gen Bezirksgerichte geeignete und bereite Personen zu Bewohner­ver­tre­tern bestellen. Hier kann es sich empfehlen, dass die Gerichtsvorsteher mit den Interessenorganisationen älterer Menschen in Ver­bin­dung treten, um für diese Tätigkeit bereite und den Anforderungen an diese Aufgabe gewachsene Per­sonen als Bewohnervertreter zu gewinnen. Dem Bewohnervertreter nach § 23 Abs. 2 kommen die ansonsten dem Verein nach § 9 zustehenden und ob­lie­gen­den Vertretungsrechte zu. Nach Abs. 3 hat er An­spruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten, der notwendigen Barauslagen und auf Ab­geltung seines Zeitauf­wands. Diese Regelung folgt dem § 43 Abs. 3 UbG.

Zu § 24

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes werden der Bundesminister für Justiz sowie der Bundes­minister Gesundheit und Frauen, hinsichtlich der §§ 11 Abs. 4 und 23 Abs. 3 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen, betraut.