Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unter­ausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG zur Durchführung des Verlangens auf Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisations-struktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privatisierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit

Vorbemerkung

 

Bevor im Rahmen eines ausführlichen Berichtes über die Arbeit des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses betreffend das obig näher bezeichnete Verlangen auf die einzelnen Problemstellungen näher eingegangen wird, werden zentrale Aussagen des Finanzministers im Zuge der Sitzungen des Ausschusses bzw. im Zusammenhang mit diesen kurz dargestellt:

Finanzminister Grasser behauptete in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 10. Dezember 2003, gefragt über seine Homepage, dass er die Beantwortung von Fragen über die Finanzierung dieser ablehne, da es sich um eine private Web-Site eines privaten Vereines handle. Damit steht Minister Grasser im Widerspruch zu Staatssekretär Finz, der dem Finanzminister Steuerfreiheit hinsichtlich der Homepage attestierte und als Hauptargument diesbezüglich anführte, dass diese Homepage nur dienstliche Zwecke erfülle, weil sie zur Darstellung der Politik des Ministers gedient habe. Die Homepage hätte nach Ansicht der Finanzbeamten Karl-Heinz Grasser ausschließlich in seiner Funktion als Finanzminister und nicht als Privatperson gedient (APA 0651 und APA 0320 vom 11. Juli 2003).

In der Sitzung des Unterausschusses am 11. Juli 2003 äußerte sich Finanzminister Grasser – nach Fragestellung von Abgeordneten Dr. Kräuter – wie folgt: „Weiters hat Herr Abgeordneter Dr. Kräuter gefragt, welchen Marktwert Homepages haben und welchen Wert unter Umständen auch die Homepage des Vereines zur Förderung der New Economy hat. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich habe keine Erfahrung mit der Erstellung von Homepages. Es war dies weder Gegen-stand meiner Ausbildung, noch fällt dies in den Gegenstand des Vollzuges in diesem Ressort und daher kann ich Ihnen diese Frage nicht beantworten“.

Ebenso hielt Finanzminister Grasser im Zuge dieser Sitzung fest:

„Ich beantworte Ihnen aber trotzdem gern die Frage, ob ich einen Rechnungsprüfer in diesen Verein nominiert habe: Ich habe dies nicht getan. Ich habe niemanden dorthin nominiert oder entsandt und ich habe überhaupt keine Anweisung gegeben oder Verfügung betreffend den Verein getroffen“.

Ebenso am 11. Juli 2003 (auf Anfrage von Abg. Dr. Pilz):

„Ich kann Ihnen Fragen zum Verein aber auch deshalb nicht beantworten, weil ich mit diesem Verein formal nichts zu tun habe, ich bin weder Mitglied, noch habe ich irgendeine Verantwortung in diesem Verein wahrgenommen“.

„Die Frage nach dem Kontostand des Vereines ist meines Erachtens ebenfalls nicht geschäftsordnungskonform“.

 

Grasser zur Homepage auf eine Dringliche Anfrage der SPÖ am 12.6.2003:

„Selbstverständlich wird kein einziger Euro und kein einziger Cent meiner Homepage mit Steuergeld finanziert. Das ist selbstverständlich nicht der Fall! Es wäre sehr plump, wenn ich Ihnen auf eine solche Frage was anderes sagen müsste. Natürlich ist diese Homepage privat und über Sponsoren finanziert“.

 

Konfrontiert mit der Versteuerung von Beratungshonoraren des Finanzministers sowie dem Parallelfall des Schauspielers Otto Tausig antwortet Finanzminister Grasser im Zuge der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 11. Juli 2003 wie folgt:

„Wenn Otto Tausig Honorare verlangt hat, dann ist das ein einkommenspflichtiger Vorgang. Ich habe hingegen keine Honorare verlangt, daher liegt überhaupt kein einkommenssteuerrechtlich relevanter Vorgang vor“.

 

Grasser allgemein zu Beraterhonoraren in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 10. Dezember 2003:

„Ein Berater verdient sich selbst!“

 

1. Einleitung

Am 9. April 2003 haben ein Viertel der Abgeordneten gemäß § 32e Abs. 2 GOG des Nationalrates einen Antrag auf Durchführung einer Gebarungsüberprüfung durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses betreffend die Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvorbereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privatisierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit gestellt.

Dieses Verlangen wurde wie folgt begründet:

„Das Regierungsprogramm der Österreichischen Bundesregierung für die XXII. Gesetzgebungsperiode sieht die vollständige Privatisierung (100 %) der ÖIAG-Töchter Böhler Uddeholm AG, VA-Technologie AG, Voest-Alpine AG, Österreichische Postbus AG, Österreichische Bergbau AG und der Telekom Austria vor, wobei lediglich ausgeführt wird, dass hiebei eine österreichische Kernaktionärsstruktur durch Syndikate mit industriellen Partnern, Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Vorsorgekassen, Fonds, etc. im Sinne einer Stärkung der Head quater-Funktion Österreichs „wünschenswert“ sei. Auch für die Österreichische Post AG soll ein strategischer Partner gesucht und ein erster Privatisierungsschritt vorgenommen werden, dass nach abgeschlossener Privatisierung der angeführten Unternehmen die Auflösung der ÖIAG und die Neugründung einer so genannten Bundesbeteiligungs- und Managementgesellschaft erfolgen könne.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Zielsetzungen der Privatisierung dieser Unternehmen in der XXI. Gesetzgebungsperiode der Zielsetzung, möglichst hohe Wertsteigerung und sodann möglichst hohe Erlöse für den Eigentümer zu erzielen, sich weitgehend widersprechen. Der geplante Abverkauf von Volksvermögen in einer denkbar schlechten Börsenphase und einem eher negativen gesamtwirtschaftlichen Umfeld, wird dazu führen, dass die genannten staatlichen Unternehmen zu Schleuderpreisen verkauft werden. Auch kann nicht damit gerechnet werden, dass alle Unternehmen auch in Zukunft mit einem österreichischen Kernaktionär ausgestattet sind, da selbst die im Regierungsprogramm genannten potentiellen Käufer zum Großteil eine nicht österreichische Kernaktionärsstruktur aufweisen. Durch diese Vorgangsweisen sind die österreichischen Konzernzentralen, Forschung und Entwicklung und damit letztlich auch die österreichischen Standorte insgesamt und die entsprechenden Arbeitsplätze gefährdet. Dem Regierungsprogramm fehlt jedes standortpolitische Konzept und definiert keine österreichischen Interessen, damit verabschiedet sich die Regierung Schüssel II von der Möglichkeit der Gestaltung nationaler Industriepolitik für die Zukunft Österreichs. Regierungsziel dürfte es offenbar sein, mit Einmaleffekten neue, selbst verschuldete Budgetlöcher zu stopfen bzw. eine bestimmte Klientel mit österreichischen Unternehmen zu Schlussverkaufspreisen billig zu bedienen.

Die schwarz-blaue Bundesregierung hat keine Vorkehrungen gesetzlicher und politischer Art geschaffen, um bei künftigen Privatisierungsschritten die österreichischen Interessen zu schützen.

Bisher war es nicht möglich, dem Rechnungshofausschuss ein wirtschaftspolitisches ÖIAG-Konzept vorzulegen – entsprechenden Ankündigungen folgten keine Taten. Betrachtet man die Regierungserklärung von Bundeskanzler Schüssel, so fehlt ein industriepolitisches Konzept ganz offensichtlich.

Durch das Finanzministerium wurde bisher in keiner Weise Privatisierungsmanagement geleistet oder positiv auf die ÖIAG-Führung Einfluss genommen, ein bekanntes Beispiel hiefür ist die Übertragung von 4,8 % der Aktien der Telekom-AG gratis an die Telekom-Italia, aufgrund eines im Vertrag festgelegten Zustimmungserfordernisses zur weiteren Privatisierung bei Unterschreiten eines bestimmten Ausgabekurses. Diese Gratisübertragung entsprach unter Zugrundelegung des Börseneinführungskurses von 9 Euro pro Aktie einem Gegenwert von 3 Milliarden Schilling, der direkt durch den österreichischen Steuerzahler finanziert wurde.

Nunmehr sollen unter Federführung von Finanzminister Grasser sieben Tochterunternehmen der ÖIAG innerhalb eines Zeitraumes von maximal 3,5 Jahren privatisiert werden, wobei Überlegungen zur momentanen Marktsituation entweder nicht durchgeführt oder nicht bekannt gegeben wurden.

Unklar ist, ob durch Finanzminister Grasser überhaupt ein entsprechendes Konzept erarbeitet und Marktanalysen durchgeführt wurden. Ebenso sind keine Begründungen zur angekündigten Strukturveränderung der staatlichen Wirtschaft und der damit verbundenen wirtschaftspolitischen Folgen durch Finanzminister Grasser abgeliefert worden.

Ein extrem negatives Beispiel für ein Privatisierungsvorhaben, dem sich Minister Grasser bereits kostenintensiv zugewendet hat, ist die Veräußerung der Bundeswohnungsgesellschaften. Alleine für die Vorberatung dieses bisher völlig fehlgeschlagenen Projektes wurden durch Grasser 10,9 Millionen Euro für Beratungskosten an externe Berater verschleudert, darunter mehrere Rechtsanwaltskanzleien und die Lehman & Brothers Bankhaus AG, an die exakt 10,23 Millionen Euro an Beratungssalär gingen.

Diesbezüglich prüft das Bundeskriminalamt im Auftrag der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung, die behauptet, dass der Ex-FPÖ-Finanzminister bei diversen Staatsgeschäften (etwa beim Verkauf der BUWOG-Wohnungen) Beratungsaufträge an ihm nahe stehende Firmen vergeben habe, obwohl deren Angebote zu teuer waren. Die Kostendifferenz zum Billigstbieter sei in die Taschen von Grasser-Mitarbeitern geflossen (NEWS Nr. 08/03 vom 20.2.2003). In der anonymen Anzeige ist ein Namen genannt, der „als Verteiler der Provisionen fungiert haben soll: Karl-Heinz Muhr“. Muhr ist Broker in New York, der zu Minister Grasser freundschaftliche Kontakte pflege. Ebenso sei Muhr Berater von Lehman & Brothers und Aufsichtsrat der Austrian Airlines. Grasser führt zu diesen Privatisierungsvorhaben und dessen Kosten in einer Anfragebeantwortung (13/AB) aus, dass im konkreten Verfahren – aufgrund der Komplexität und Schwierigkeit – drei externe Experten für das Bundesministerium für Finanzen beratend tätig sind. Die bisher abgerechneten Honorarnoten belaufen sich für eine Rechtsanwaltskanzlei auf € 506.330,31 und für zwei Universitätsprofessoren auf € 77,040 bzw. € 102.000. Der Auftrag von Lehman & Brothers Bankhaus AG umfasst zwei Teilbereiche, einerseits die so genannte Planungsphase mit Kosten von € 5 Millionen und andererseits die Umsetzungsphase mit Maximalkosten von € 5,23 Millionen. Der Kostenaufwand wird wieder mit der Komplexität des Leistungsumfanges begründet. Von Finanzminister Grasser völlig unbeantwortet blieben Fragen betreffend des Verkaufs in Tranchen, über die Empfehlungen von Lehman & Brothers Bankhaus AG im Hinblick auf potentielle Käufer, über den erzielbaren Erlös und ob auch an ausländische Konsortien verkauft werden soll.

Diese exorbitanten Ausgaben für Beraterleistungen in Höhe von € 10,9 Millionen durch Finanzminister Grasser sind auch vor dem Hintergrund der bisherigen Beauftragungen von externen Beratern für Gesetzgebung und Verwaltungsreform sowie Ausgliederungen und Privatisierungen in Höhe von 7,8 Millionen Euro seit 4.2.2000 durch das Finanzministerium zu bewerten. Noch nie wurden entsprechend hohe Beträge für externe Unternehmen trotz Vorhandenseins eines entsprechenden Beamtenapparates samt interner Ressortexperten durch einen Finanzminister vergeben.

Besonders im Gegensatz zu den Interessen des Steuerzahlers steht die Vorgangsweise von Grasser – bereits vor Bildung von Schüssel II  - einen 950.000 Euro teuren Werbeauftrag auszuschreiben, der eine Bewerbung von Regierungsmaßnahmen beinhaltet. Seit 4.2.2000 wurden durch Finanzminister Grasser rund 4 Millionen Euro ausschließlich für Werbevorhaben an externe Berater vergeben.

Trotz vermehrter Kritik an den kostenintensiven und ergebnisarmen Auslagerungen an externe Berater wurden diese durch den Finanzminister vor allem im Jahr 2002 vermehrt beschäftigt. Grundsätzlich führten die bisher durchgeführten Privatisierungen (auch durch die Vergabe von Aufgaben des Ressorts an Dritte) sowie entsprechende Ausgliederungen zu keinen Erfolgen, sondern zu einer enormen Belastung des Steuerzahlers. Aus den dargestellten Gründen ist die verfehlte Privatisierungs- und Ausgliederungspolitik von Finanzminister Grasser seit 1.1.2002 der Prüfung durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses zu unterziehen.“

 

2. Vorgangsweise des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses

 

Der Ständige Unterausschuss nahm seine Beratungen über den Prüfungsauftrag am 30. April 2003 auf. Weitere Sitzungen fanden am 12. Juni, 11. Juli, 9. Oktober, 14. Oktober, 5. November, 26. November, 10. Dezember 2003 und 8. Jänner 2004 statt. Festzuhalten ist, dass lediglich die Sitzungen am 11. Juli, 5. November, 26. November und 10. Dezember inhatlicher Natur waren.

 

Nachfolgend genannte Auskunftspersonen wurden durch den Ständigen Unterausschuss geladen:

Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser

Dr. Peter Michaelis, ÖIAG-Vorstand

DI Rainer Wieltsch, ÖIAG-Vorstand

Dipl.Betriebswirt Alfred Heinzel, ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzender

RH-Präsident Dr. Franz Fiedler

Ernst-Karl Plech, Aufsichtsratsvorsitzender BUWOG

DI Michael Ramprecht, Vorsitzender der Bundeswohnungen-Vergabe-kommission

Univ.Prof. Dr. Andreas Kletecka, externer Berater

Univ.Prof. Dr. Stefan Bogner, externer Berater

RA Dr. Johannes Schramm, externer Berater

 

Nachfolgend genannte Personen wurden als Auskunftspersonen durch die Sozialdemokratische bzw. Grüne Fraktion beantragt, jedoch von den Regierungsfraktionen abgelehnt:

Mag. Matthias Winkler, Kabinettchef BMF und Obmann des Vereines zur Förderung der New Economy

Dr. Jan-Philipp Pfander und

Jürgen Krieger, beide Lehman & Brothers Bankhaus AG

Frank Stronach, Magna International Inc.

Ing. Siegfried Wolf, Magna International Inc.

Lorenz Fritz, Industriellenvereinigung

Christoph Neumayer, Industriellenvereinigung

 

Mehrmals wurde eine terminisierte Ladung von Finanzminister Grasser durch die Regierungsfraktionen abgelehnt.

 

Die Einholung eines Erhebungsberichtes des Bundesministeriums für Finanzen zu nachfolgender Fragestellung laut Antrag gem. § 40 Abs. 1 der Abgeordneten Dr. Fekter, Neudeck und Kollegen wurde beschlossen und vom Bundesminister für Finanzen beigebracht:

Der Bundesminister für Finanzen wird gem. § 40 Abs. 1 GOG um die Einleitung von Erhebungen und um schriftliche Äußerungen in Berichtsform im Sinne des gegenständlichen Prüfverlangens – gem. § 32e Abs. 3 GOG jene Teilbereiche ausgenommen, die Gegenstände betreffen zu denen bereits ein Prüfverfahren beim Rechnungshof anhängig ist – bis 23. Mai 2003 ersucht.

 

Ein ausführlicher Antrag gem. § 40 Abs. 1 GOG der Abg. Dr. Kräuter und GenossInnen, wonach der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses beschließen wolle, den Bundesminister für Finanzen zu ersuchen, nachfolgende Fragestellungen schriftlich zu beantworten und dem Untersuchungsausschuss vorzulegen, wurde durch die Regierungsfraktionen abgelehnt:

 

Ad ÖIAG-Privatisierungen:

1.      Welche Unternehmen der Österreichischen Industrie-Holding AG sollen bis zum Ende dieser Legislaturperiode veräußert werden, geordnet nach Unternehmen, Veräußerungszeitpunkt, zu erwartenden Veräußerungserlös sowie der zu veräußernden Anteile?

2.      Wurde durch Sie bereits ein Privatisierungsauftrag an den ÖIAG-Vorstand bzw. ÖIAG-Aufsichtsrat erteilt und wenn ja, wie lautet dieser konkret?

3.      Worin liegen die Gründe, dass bisher kein einheitliches ÖIAG-Konzept gegenüber dem Rechnungshof vorgelegt werden konnte?

4.      Durch welche Maßnahmen wird dafür Vorsorge geleistet, dass österreichische Konzernzentralen und damit Forschung und Entwicklung in Österreich gewährleistet bleiben?

5.      Welche österreichischen Industriestandorte sind durch dieses Privatisierungsvorhaben der österreichischen Bundesregierung gefährdet?

6.      Wie viele österreichische Arbeitsplätze beruhen direkt oder indirekt auf wirtschaftlichen Aktivitäten der ÖIAG-Unternehmen?

7.      Wie viele dieser unter 6. angefragten Arbeitsplätze sind durch eine Privatisierung von sieben ÖIAG-Unternehmen gefährdet?

8.      Wurde durch das BMF ein Unternehmenswert der Beteiligungen der ÖIAG errechnet und wenn ja, wie verteilt sich dieser Unternehmenswert auf die zu privatisierenden ÖIAG-Töchter?

9.      Gehen Sie davon aus, dass in der momentanen Börsenphase die bestmöglichen Privatisierungserlöse erzielt werden können und wenn ja, auf welche Untersuchungen stützen sich Ihre Überlegungen?

10.    Wurden durch das Finanzressort externe Berater (Kapitalgesellschaften, Einzelunternehmer, Universitätsprofessoren, etc.) mit Werkleistungen rund um das ÖIAG-Privatisierungsvorhaben beschäftigt und wenn ja, wie lauten deren konkrete Werkaufträge, wie hoch sind die Kosten dieser Auftragsvergaben, welches Vergabeverfahren wurde angewendet und welche Ergebnisse erbrachten diese Arbeiten, jeweils geordnet nach Einzelauftrag?

11.    Wurden auch durch die ÖIAG bzw. durch ÖIAG-Tochterunternehmen externe Berater mit Vorarbeiten zum Privatisierungsvorhaben beauftragt, wenn ja, wie hoch sind die Kosten dieser Auftragsvergaben, welches Vergabeverfahren wurde angewendet und welche Ergebnisse erbrachten diese Arbeiten, jeweils geordnet nach Einzelauftrag?

 

Ad Externe Berater allgemein:

1.      Wie viele Dienstleistungsaufträge wurden seit 1.1.2002 an externe Berater (Kapitalgesellschaften, Einzelunternehmen, Universitätsprofessoren, etc.) durch Ihr Ressort vergeben, geordnet nach beauftragtem Unternehmen bzw. Gutachter?

2.      Worin besteht der exakte Inhalt dieser Beraterverträge mit den unter 1. beauskunfteten Unternehmen bzw. Personen, jeweils geordnet nach einzelnem Werkvertrag?

3.      Wie hoch sind die seit 1.1.2002 in Ihrem Ressort angelaufenen Kosten für externe Berater, geordnet nach beauftragtem Unternehmen bzw. Gutachter?

4.      Welchen Unternehmensberatern bzw. sonstigen externen Beratern wurden durch Unternehmen, an denen der Bund, vertreten durch Ihr Ressort, mindestens 50 % des Stamm-, Grund- oder Eigenkapital hält oder die durch andere finanzielle oder sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Maßnahmen von Ihrem Ressort beherrscht sind, seit 1.1.2002 Aufträge erteilt und welche Kosten ziehen diese Verträge nach sich, geordnet nach auftraggebendem Unternehmen?

5.      Wurden externe Berater von Unternehmen, die der Kontrolle des Nationalrates gemäß Artikel 52 Abs. 2 B-VG unterliegen, bezahlt, haben aber Dienstleistungen für die Zentralstelle erbracht und wenn ja, um welche Verträge handelte es sich und von welchen Unternehmen wurden die Kosten getragen?

6.      Wie hoch sind die Gesamtkosten für externe Berater für das Budgetjahr 2002 und in welcher Höhe wurden entsprechende Kosten für das Budgetjahr 2003 veranschlagt?

 

Ad Bundeswohnungen:

1.      Welche Beratungsunternehmen bzw. Einzelpersonen (Universitätsprofessoren, Unternehmensberater, etc.) wurden bisher durch das Finanzministerium betreffend der Privatisierung von Bundeswohnungsgesellschaften (BUWOG, WAG, Eisenbahn-Gesellschaften) beauftragt und welche Kosten entstanden durch diese Aufträge, geordnet nach Auftragnehmer, Werkauftrag und Kosten?

2.      Welche Vergabeverfahren wurden für die unter Punkt 1. angefragten Auftragsvergaben angewendet, zugeordnet jeweils dem entsprechenden Auftrag?

3.      Aus welchen Gründen wurden für die Privatisierung der Bundes-wohnungsgesellschaften mehrere Unternehmen mit Beratungsdienstleistungen beauftragt?

4.      Wie lautet der exakte Werkauftrag mit Lehman & Brothers Bankhaus AG?

5.      Woraus resultieren die Kosten von 10,3 Millionen Euro für den Beratungsvertrag mit Lehman & Brothers Bankhaus AG?

6.      Ist es richtig, dass ein weiterer Beratungsauftrag mit einem Konsortium bestehend aus CA-IB und dem Consulting Unternehmen KPMG (bzw. dessen Rechtsnachfolger) abgeschlossen wurde und wenn ja, worin unterscheidet er sich von den Beratungsdienstleistungen der Lehman & Brothers Bankhaus AG für das BMF?

7.      Ist es richtig, dass auch ein Immobilienvermittlungs-Unternehmen im Zuge des Privatisierungsvorhabens der Bundeswohnungsgesellschaften beauftragt wurde und wenn ja, um welches Unternehmen handelt es sich, wie hoch sind die Kosten dieses Werkvertrages und worin liegen die exakten Gründe für diesen Werkvertrag?

8.      Wie viele Wohnungseinheiten der Bundeswohnungen werden als abgabefähig im Sinne eines Einzelverkaufes erachtet?

9.      Ist daran gedacht, den restlichen Immobilienbestand der Bundeswohnbaugesellschaften in Tranchen oder als Gesamtheit zu veräußern und welche Lösungsansätze wurden diesbezüglich von den beauftragten Beraterunternehmen gegenüber dem BMF dargestellt?

10.    Wurden durch Lehman & Brothers Bankhaus AG Empfehlungen im Hinblick auf potentielle Käufer erarbeitet und wenn ja, um welche Unternehmen bzw. Einzelpersonen handelt es sich?

11.    Wurden durch die von Ihnen beauftragten Berater Daten über den erzielbaren Erlös für die Liegenschaften der BUWOG erhoben und wenn ja, von welcher Höhe des erzielbaren Erlöses wird diesbezüglich ausgegangen?

12.    Wie viele Beamte bzw. Vertragsbedienstete mit juristischer und betriebswirtschaftlicher Ausbildung besetzen Planposten im Bundesministerium für Finanzen?

13.    Worin liegen im konkreten Fall (Privatisierung der Bundeswohnungs-gesellschaften) die Gründe, dass nicht auf das Know-How von ressortinternen Experten zurückgegriffen wird, sondern in diesem hohen Ausmaße externe Beratungsdienstleistungen herangezogen werden?

14.    In welcher Form wurde durch Ihr Ressort analysiert, wie sich ein Verkauf der Bundeswohnungen auf den österreichischen Wohnungsmarkt, insbesondere auf die Mietpreisbildung im nicht geregelten Mietensegment, auswirken wird und wie lauten die Eckpunkte dieser Analyse?

 

Ad Auslagerung von PR-Dienstleistungen:

1       In welcher Höhe wurden durch Ihr Ressort Aufträge für Werbekampagnen, PR-Beratungen und Schaltungen von Inseraten für Werbe- bzw. Informationszwecke seit 1.1.2002 veranlasst, geordnet nach beauftragtem Unternehmen, Werkauftrag und Kostenhöhe?

 

Der Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler und KollegInnen gem. § 40 Abs. 1 GOG, wonach die unterzeichneten Abgeordneten beantragen, der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses wolle beschließen, den Bundesminister für Finanzen zu ersuchen, dem Unterausschuss einen Erhebungsbericht zuzuleiten, der den Inhalt der Protokollaufzeichnungen und aller sonstiger für die Vergabe relevanten Unterlagen der Vergabekommission zum Verkauf der Bundeswohnungen wiedergibt, wurde mit Mehrheit der Regierungsfraktionen abgelehnt.

 

 


3. Ergebnisse der Ausschussarbeit und Erkenntnisse zum Prüfungsgegenstand:

 

Aufgrund der von den Regierungsfraktionen gewählten Vorgangsweise war es nicht möglich, die verschiedenen Vorwürfe über Missstände bei Privatisierungsvorhaben bzw. bei der Beschäftigung von externen Beratern durch das Finanzministerium endgültig aufzuklären. Die SPÖ-Unterausschuss-Fraktion war daher auf Informationen von außen und parlamentarische Materialien im Hinblick auf die Gewinnung von Erkenntnissen über den Prüfungsgegenstand angewiesen.

 

 

3.1                Homepage www.karlheinzgrasser.at

 

In der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage der SPÖ am 12.6.2003 hat Finanzminister Grasser ausgeführt, dass „selbstverständlich kein einziger Euro und kein einziger Cent seiner privaten Homepage mit Steuergeld finanziert werde“. Natürlich sei diese Homepage privat und über Sponsoren finanziert, argumentierte der Finanzminister. In einer darauf folgenden Presseaussendung der Industriellenvereinigung wurde klargestellt, dass diese die Grasser-Homepage finanziell unterstützt habe, um mitzuhelfen, liberaler Wirtschaftspolitik zum Durchbruch zu verhelfen. Die Industriellenvereinigung hat dem Träger der Homepage, dem Verein zur Förderung der New Economy, dessen Obmann Grassers Kabinettchef Matthias Winkler ist, bereits 2001 eine Zuwendung von exakt 174.414,8 Euro (2,4 Millionen Schilling) gewährt. Zusätzlich dürften einzelne Industriebetriebe Geld für Grassers Homepage gespendet haben. Eine exakte Prüfung dieses Sachverhalts war, bedingt durch die Weigerung der Regierungsfraktionen den Vorsitzenden der Industriellenvereinigung Lorenz Fritz sowie IV-Pressesprecher Neumayer als Auskunftsperson zu laden, nicht möglich.

Der Verein beauftragte mit der Homepage-Erstellung zuerst die Internet-Firma „FirstInEx“, eine Yline-Tochter. Nach Ausscheiden des FirstInEx-Vorstandes Dieter Jandl, der laut Standard vom 20.6.2003 mit Finanzminister Grasser die Schulbank in Klagenfurt gedrückt hat, wurde der Auftrag zurückgezogen und an das Unternehmen Martrix, einer Internet-Tochter der PR-Agentur Hochegger, vergeben. Auffällig an diesem Sachverhalt ist, dass das Bundesministerium für Finanzen sowohl Geschäftsbeziehungen zur Kommunikationsagentur Hochegger (Durchführung des KMU-Dialoges, Kosten 2,2 Millionen Euro) als auch zur FirstInEx, diese servicierte die Homepage des Finanzministeriums (Kostenhöhe 60.000 Euro), pflegt. Ebenso hielt Finanzminister Grasser Aktien des Mutterunternehmens der FirstInEx, die er – auf Empfehlung seiner Berater – nicht gegenüber dem parlamentarischen Unvereinbarkeitsausschuss meldete.

In einer Finanzprüfung durch eine Sonderkommission unter Vorsitz von Staatssekretär Dr. Finz, die merkwürdigerweise ihre Ergebnisse gerade an jenem Tag präsentierte als Finanzminister Mag. Grasser erstmals vor dem Ständigen Unterausschuss als Auskunftsperson geladen war (11.7.2003), wurde festgestellt:

Der Verein zur Förderung der New Economy wird von der Finanz nicht als gemeinnützig eingestuft, insofern wären Zuwendungen der Industriellenvereinigung an den Verein grundsätzlich schenkungssteuerpflichtig. Sie seien es aber doch nicht, weil sie „weder Schenkungen noch freiwillige Zuwendungen“ seien. Es liege eine „statutengemäße Verwendung der Mittel vor“.

Die Höhe der statutengemäßen Förderung wurde von Staatssekretär Finz nicht bekannt gegeben, ebenso wurden andere Förderungen an den Verein nicht geprüft. Auch eine Körperschafts- oder Umsatzsteuerpflicht liege nicht vor, berichtete der Staatssekretär am 11.7.2003.

Zur persönlichen Steuerpflicht Grassers wurde Nachfolgendes ausgeführt: Die Nutzung der Homepage stelle einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar. Ein solcher sei für einen Politiker nicht steuerpflichtig, erklärte der Staatssekretär. Schließlich habe Grassers Homepage, die bis kurz vor der Prüfung auch Baby- und Jugendfotos bzw. solche von gesellschaftlichen Events zeigte, ausschließlich dienstliche Zwecke erfüllt, weil sie zur Darstellung der Politik des Ministers gedient habe.

Schriftliche Unterlagen oder Dokumente wurden durch diese Kommission nicht vorgelegt.

Die Prüfungsarbeit des Unterausschusses stützte sich vor allem auf die Aussagen von Finanzminister Grasser am 10. Dezember 2003, wo dieser klar feststellte, dass diese Homepage ausschließlich privaten Zwecken diente (Protokoll Seite 6).

Dadurch wurde die Argumentation der Kommission unter Staatssekretär Finz hinsichtlich der Besteuerung des Sachbezuges „Homepage“ an den Finanzminister wiederlegt und es erscheint eine Überprüfung der Arbeit dieser Kommission aus straf- und dienstrechtlichen Überlegungen notwendig.

Die Rechtslage ist vollkommen klar: alle Zuwendungen an den Verein zur Förderung der New Economy sind grundsätzlich steuerpflichtig. Es gibt keinen namhaften Steuerexperten, der die Rechtsmeinung von Staatssekretär Finz teilt.

So urteilte Finanzexperte Werner Doralt im ORF-Abendjournal am 11.7.2003: „Hier wurde ein Sonderrecht für den Einzelfall Grasser geschaffen. Es ist einmalig in der 2. Republik.“
VWGH-Richter Klaus-Werner Fellner, ein Experte des österreichischen Schenkungssteuerrechtes, hält am 11.7.2003 gegenüber der APA fest: „Zuwendungen von Lobbyisten an politische Funktionäre unterliegen der Schenkungssteuer“.

Die SPÖ hat in weiterer Folge namhafte Rechtsexperten um Klärung der entsprechenden Rechtslage ersucht und nachfolgende Anfrage an die Juristen übermittelt:

Ein Verein A, der einen nicht gemeinnützigen Zweck verfolgt, erhält von einem anderen Verein B (der ebenso nicht gemeinnützig ist) aufgrund eines Beschlusses von dessen Vereinsvorstand eine Zuwendung in Geld (in Höhe von etwa 175.000 Euro). Die Zuwendung ist nicht explizit in den Statuten des schenkenden Vereines vorgesehen, jedoch vom Vereinszweck gedeckt, widerspricht diesem jedenfalls nicht. Der Verein A verwendet diese Summe (unter anderem) für die Gestaltung einer privaten Homepage, für eine natürliche Person, deren ideologische (insbesonders wirtschaftsideologische) Unterstützung Anlass zur Gründung des Vereines A war.

Rechtsfrage: bestehende Schenkungssteuerpflicht?

Von allen angesprochenen Rechts- und Steuerexperten wurde eindeutig bestätigt, dass im angeführten Fall Steuerpflicht besteht. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Schenkungssteuer in jedem Fall entweder beim Verein A als Beschenkten oder für die entsprechende Zweckzuwendung oder bei der natürlichen Person (Finanzminister Grasser) entsteht.

 

Umgang der Finanzbehörde mit dem Steuerfall „Verein zur Förderung der New Economy“

Seit Bekanntwerden der Malversationen rund um den „Verein zur Förderung der New Economy“ und den damit einhergehenden Vorwurf des Verstoßes gegen geltendes Steuerrecht durch den Verein selbst und durch Finanzminister Grasser, wurden durch die zuständige Finanzbehörde keine weiteren Schritte hinsichtlich der Prüfung der Steuerpflicht dieses Vereines gesetzt.

Mit 18.6.2003 wurden sämtliche Bedienstete der zuständigen Finanzbehörden angewiesen, dass „Anfragen über den Herrn Bundesminister Mag. Karl-Heinz Grasser bzw. Anfragen über einen Verein im Zusammenhang mit seiner Person ausnahmslos an die Pressestelle, Dr. Winkler weiterzuleiten, bzw. anfragende Personen an Dr. Winkler zu verweisen“ sind. Über entsprechende Vorgänge sei die Finanzlandesdirektion zu informieren.

Damit wurde spätestens am 18.6.2003 mittels einer internen Weisung, die zuständige Finanzbehörde aufgefordert, im Steuerfall „Verein zur Förderung der New Economy“ untätig zu bleiben.

Mit 30.6.2003 wurden sämtliche Bedienstete der zuständigen Finanzbehörden angewiesen, dass „Journalisten und andere Personen hinsichtlich Anfragen über den Herrn Bundesminister
Mag. Karl-Heinz Grasser bzw. über den Verein zur Förderung der New Economy ausnahmslos an die Pressesprecherin des Herrn Staatssekretärs, Frau Petra Roth, zu verweisen“ sind.

Aus den internen Weisungen ergibt sich klar, dass sämtliche Informationen über den Steuerakt des Vereines ausschließlich über die Pressestelle des Finanzministers, durch dessen Kabinettchef und Obmann des Vereines, weitergeleitet werden. Nach dem Wortlaut der Weisung vom 18.6.2003 ist diese Vorgangsweise auch auf Anfragen der Staatsanwaltschaft anzuwenden. Lediglich Presseanfragen werden über die Pressesprecherin des Herrn Staatssekretärs, Frau Roth, abgewickelt.

Durch diese internen Weisungen wird eine korrekte Prüfung des Vereines vollkommen kontakariert, da der Vereinsobmann als Schnittstelle der Datenweiterleitung fungiert. Außerdem ist festzuhalten, dass Mag. (!) Winkler keine Funktion im Behördenapparat des BMF ausübt, sondern ihm lediglich eine Beratungsfunktion hinsichtlich des Bundesministers zukommt. Auch aus diesem Grund ist die entsprechende interne Weisung rechtswidrig.

Es ist davon auszugehen, dass beide interne Weisungen von höchster Stelle angeordnet wurden.

 

Scheingeschäfte des Homepage-Vereines?

Die Arbeiten der FirstInEx bestanden in der Registrierung einer Homepage unter www.karlheinzgrasser.com, die nie on-line ging. Nach dem Ausscheiden von Dieter Jandl bei FirstInEx kam es zur Stornierung des Homepage-Auftrages. Somit steht einer Zahlung von 110.000 Euro eine Null-Gegenleistung gegenüber.

Kontrollgeneigt erscheint dieser Umstand vor dem Hintergrund, dass die FPÖ als Schuldner der Yline im Konkursverfahren aufgetaucht ist und entsprechende Forderungen von anfangs 1,5 Millionen Euro später erheblich reduziert wurden. Es ist keinesfalls auszuschließen, dass es sich bei dieser Zahlung an die FirstInEx um ein Scheingeschäft handelte. Auch diesbezüglich erscheint eine Prüfung hinsichtlich dem Vorliegen strafrechtlich relevanter Sachverhalte notwendig.

Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Yline-Vorstand Mag. Böhm wegen des Verdachtes auf schweren Betrug und Bilanzfälschung. Vom Yline Masseverwalter wurde eine Klage beim Handelsgericht Wien eingebracht, wonach Böhm sich bei jenem Mann erkenntlich gezeigt habe, der die Yline AG als einziger Analyst Europas als Anlage empfohlen hat. Böhm habe laut Klage zu dem angesehenen Analysten der Lehman & Brothers Bankhaus AG eine intensive Beziehung gepflogen. Anhand von Belegen hat der Masseverwalter den Analysten beim Handelsgericht Wien vorerst auf die Rückzahlung von 34.874 Euro geklagt.

Lehman & Brothers Bankhaus AG erhielt von Bundesminister Grasser über Vermittlung von Karl Heinz Muhr einen 10,3 Millionen Euro-Auftrag zur Bewertung der Bundeswohnungen.

 

Ad Yline und Ernst & Young:

Die Steuerberatung und Bilanzerstellung von Yline wurde durch die Kanzlei Ernst & Young durchgeführt. Manipulationen hinsichtlich der Yline-Bilanz sind Teil der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig wurden durch Finanzminister Grasser und ausgelagerten Unternehmen des Bundes mehrere Aufträge an Ernst & Young vergeben.

 

 

3.2  Vortragshonorare des Finanzministers

 

Am 8. Juli 2003 wurde durch die Berichterstattung des ORF bekannt, dass von verschiedenen Banken Honorarzahlungen an den Finanzminister erfolgten. So wurde Finanzminister Grasser am 22.1.2003 ersucht, bei einer Veranstaltung in Tirol zu referieren, diesbezüglich wurde eine Zahlung von 7.500 Euro vereinbart. Auf eine entsprechende Rückfrage des Veranstalters, an wen der Betrag auszuzahlen sei, wurde (höchstwahrscheinlich durch das Ministerbüro) mitgeteilt, dass der Betrag an die KHG-Stiftung zu übermitteln wäre. Eine Stiftung war zum damaligen Zeitpunkt nicht existent.

Nach Aussagen des Finanzministers befindet sich diese Stiftung in Gründung und wurde ein Notar treuhändig mit der Verwaltung der einlangenden Gelder beauftragt.

Inwiefern diese Zahlungen an den Finanzminister einen Steuertatbestand darstellen war Gegen-stand öffentlicher Diskussion. Der Finanzminister ließ diesbezüglich ein Gutachten der Steuerberatungskanzlei Ernst & Young ausarbeiten, legte dieses Gutachten aber nie öffentlich vor.
In der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 11.7.2003 wurde der Finanzminister auf den Parallelfall des Schauspielers Otto Tausig angesprochen, der für Honorare aus verschiedenen Vortragstätigkeiten, die er für Projekte in Dritte Welt-Ländern spendet, verpflichtet ist, Einkommenssteuer zu bezahlen, obwohl diese Zahlungen nicht über sein persönliches Konto laufen, sondern direkt als Spenden an Vereine überwiesen wurden.

Finanzminister Grasser begründete die unterschiedliche Behandlung von Burgschauspieler Otto Tausig und seiner Person damit, dass dieser für seine Auftritte Honorare verlangt hätte. Er habe hingegen keine Honorare verlangt, daher liege kein einkommenssteuerrechtlich relevanter Vorgang vor.

Die Rechtsauffassung der Finanzbehörden dazu ist allerdings eindeutig:

·       Es ist gleichgültig, wer der eigentliche Empfänger der Gagen und Honorare ist, die Einkünfte gelten beim Leistungserbringer als „zugeflossen“ und sind damit steuerpflichtig.

·       Die Verwendung für gemeinnützige Zwecke ist eine für die Steuer unbeachtliche Form der Einkommensverwendung.

·       Nach Bekanntwerden der Rechtsmeinung von Finanzminister Grasser beauftragte Otto Tausig seine Steuerberatungskanzlei mit einer Anfrage an das Finanzamt für eine Neubewertung seines Falles. Das Ersuchen um Auskunftserteilung erging am 4.8.2003 an das Finanzamt für den 9., 18. und 19. Bezirk. Die am 29.8.2003 eingelangte Beantwortung hielt an der bisherigen Rechtsauffassung fest:

         1.    Die Gagen und Honorare von Tausig an gemeinnützige Orgsanisationen sind wie bisher steuerpflichtig.

         2.    Auf die konkrete Frage nach der Rechtsauffassung von Grasser antwortet das Finanzamt: es gebe eine solche nicht und für dessen Steuerfall wäre man nicht zuständig.

 

Conclusio: Für das Finanzamt von Otto Tausig gilt die Äußerung von Grasser nicht als Rechtsmeinung. Damit ist es aber als Schutzbehauptung eines Steuerpflichtigen, der der Steuerpflicht nicht nachgekommen ist, zu qualifizieren, für dessen Verfolgung ein anderes Finanzamt zuständig ist.

 

Für Finanzminister Grasser gibt es eine einfache Erklärung für die Ungleichbehandlung beider Steuerfälle: „Ich bedaure außerordentlich, dass man hier nicht das in den Vordergrund rückt, was an Gutem für die Menschen getan wird. Das sollte uns normalerweise einen“ (Falter vom 13.8.2003).

 „Ich kann Ihnen sagen, dass der Unterschied darin besteht, dass Herr Tausig als Burgschauspieler für seine Auftritte Honorare verlangt hätte. Ich habe solche Honorare weder verlangt, noch genommen und daher ist klar, dass jeweils eine unterschiedliche Beurteilung zutrifft“ (Falter vom13.8.2003).

Im Fall Grasser werden die überwiesenen Gelder bei einem Notar angespart, weil der Fondsgründer nicht bereit ist, das Mindestkapital (40.000 Euro) aus der eigenen Tasche zu bezahlen. Auf Otto Tausigs Anregung hin fließen Honorare für gemeinnützige Zwecke (das war immer steuerpflichtig und bleibt es auch).

Eine unterschiedliche Behandlung beider Steuerfälle ist gleichheitswidrig. Es darf keinen Unterschied machen, ob Einkommen für gemeinnützige Zwecke direkt überwiesen wird oder ob aus dem versteuerten Einkommen die Spenden geleistet werden.

Für Österreich ist es beschämend und unerträglich, dass der Finanzminister faktisch als oberster Behördenleiter steuerlich Sonderrechte genießt. Daher müssen die Finanzbehörden wie bei jedem anderen Steuerpflichtigen Erhebungen einschließlich der Untersuchung nach dem Finanzstrafgesetz einleiten.

Bedenklich erscheint auch, dass durch die Steuerkommission unter Vorsitz von Staatssekretär Dr. Finz diese steuerrechtlich relevanten Sachverhalte im Zuge der kommissionellen Prüfung nicht erörtert wurden.

 

 

3.3  Beschäftigung externer Berater durch das Finanzministerium

 

Aufgrund von verschiedenen Anfragebeantwortungen und dem Erhebungsbericht wurden nachfolgende Aufträge des Bundesministeriums für Finanzen an Beraterunternehmen bzw. Einzelpersonen erhoben:

 

 

1.                Beratungsaufträge (seit 4.2.2000):

 

Arthur    Andersen Business Consulting GmbH (Beratungstätigkeit zur Erreichung eines Nulldefizits)                € 4.290.482,--

 

Mc  Kinsey & Company Inc. (Reorganisation der Finanzverwaltung, Finanz 2001)             € 344.649,--

 

Institut    für Verwaltungsmanagement GesmbH (Kosten- und Leistungsrechnung für die öffentliche Verwaltung)              € 50.000,--

 

A.T. Kearney GmbH (Reorganisation des Vergabewesens)              € 2.603.767,--

 

WIFO (Bereitstellung von Beratungskapazitäten im Rahmen der Arbeitsgruppe „Ausgliederungen“)              € 2.180,--

 

Mummert und Partner/FAA Holding GmbH und Co. KEG (Reorganisation der Zollverwaltung)                     € 338.408,--

 

Prof. Dr. Josef Zechner (Reform der österreichischen Bankenaufsicht, Finanzmarktaufsicht)    € 171.420,--

 

Privatisierungsberatung der Bundeswohnbaugesellschaften, Aufträge an eine Rechtsanwaltskanzlei,       € 506.330,21

 

2 Universitätsprofessoren sowie die              € 179.040,--

 

Lehman & Brothers Bankhaus AG        € 10.230.000,--

 

Dr. Richard Kirchweger (rechtliche Beratung im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung der ÖBB)             € 62.172,--

 

Kanzlei Grant Thornton - Jonasch & Platzer (Beratungsleistungen im Zusammenhang mit einer Reorganisationsmaßnahme der ÖBB, Integration der Schieneninfrastrukturfinanzierung)                             € 41.625,--

 

Rechtsanwaltskanzlei Schramm & Partner (Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Umstrukturierung der ÖBB)             € 50.622,--

 

Infora (Begleitung des Change-Prozesses im Rahmen der Neuorientierung der Finanzverwaltung)              € 451.650,--

 

Rechtsanwaltskanzlei Lessiak & Univ.Prof. Aicher (laufende Rechtsberatung in diversen Vergabeverfahren)          € 341.801,--

 

Univ.Prof. Sandner (fachliche Beratung im Zusammenhang mit diversen Vergabeverfahren, Bewertungen, Evaluierungen, Leistungsbeschreibungen)              € 96.624,--

 

TQS – Team für Qualitätssicherung (Projekt „Österreichische Zollverwaltung: Qualitätssicherung und Projekterfolg aus Kundensicht“)         € 12.000,--

 

KPMG Corporate Finance GmbH (Beratungsleistung im Zusammenhang mit der Privatisierung der Österreichischen Bundesverlag AG)       € 788.866,--

 

Austria Wirtschaftsservice GesmbH (Rahmenvertrag zur Unterstützung beim Aufbau und der Einführung eines Beteiligungs- und Finanzcontrollings)           € 31.232,--

 

Auswahlverfahren unabhängiger Finanzsenate und Führungskräfte, Pilotwirtschaftsräume inkl. 3 Workshoptage für Personalentwicklung

 

              Durchgeführt von: MMag. Steindl Roland Unternehmensberatung,

              Honorar/Kosten:                  € 49.000,--

 

Beratungsleistungen MbO-Prozess für das BMF

 

              Durchgeführt von: VIP Consulting for Human Resources

              Honorar/Kosten:                  € 4.000,--

 

Weiterentwicklung d. Personalentwicklungskonzeptes im BMF

 

              Durchgeführt von: Wentner & Havranek

              Honorar/Kosten:                  € 113.000,--

 

Unterstützung bei der Vorbereitung des Strategie- u. Zielworkshops und Unterstützung bei der Erstellung von Konzepten u. Unterlagen im Zusammenhang mit Überlegungen zur Einführung einer Balance Score Card in der Finanzverwaltung

 

              Durchgeführt von: NewMark Human Resources GmbH & CoKG

              Honorar/Kosten:                  € 9.000,--

 


Auswahlverfahren in Finanzverwaltung & ausgegliederten Unternehmen

 

              Durchgeführt von: Neumann International (Unternehmensberater), Beiziehung auf Grund des Stellenbesetzungsgesetzes

              Honorar/Kosten:                  € 33.000,--

                                                                               € 20.000,--

 

Beratung für die Auswahl des technischen Geschäftsführers des Bundesrechenzentrums

 

              Durchgeführt von: PMC Personnel und Management Consulting (Personalberater; Beiziehung auf Grund des Stellenbesetzungsgesetzes)

              Honorar/Kosten:                  € 24.000,--

 

Unterstützung bei der Auswahl des stellvertretenden Leiters der Sektion I und Unterstützung bei der Auswahl eines Geschäftsführers bei der ÖBFA; Unternehmensberater

 

              Durchgeführt von: Zehnder Egon International GmbH, Werkvertrag zur Auswahl eines Geschäftsführers der ÖBFA (Pauschalhonorar max. € 19.500,-- zuzüglich Umsatzsteuer

              Honorar/Kosten:                  € 19.000,--

                                                                               € 12.000,--

 

Unterstüzung bei der Suche und Auswahl eines Geschäftsführers der AWS GmbH, profiliertes Personalberatungsunternehmen

 

              Durchgeführt von: Zehnder Egon International

              Honorar/Kosten: Rahmenbudget für Pauschalvergütung max.                                                                     € 19.000,-

 

Beratung für das BMF-Entwicklungsprojekt und Vorhaben HEP;

 

              Durchgeführt von: Kunze Helmut

              Honorar/Kosten:                  € 40.000,--

 

Rechtsanwaltl. Tätigkeiten betreffen Komplex 1010, Prüfung Bestandverhältnisse

 

              Durchgeführt von: Patzak, Kraus und Kollegen

               Die Leistungen von RA Dr. Patzak im Zeitraum 2001 – 2002 umfassen einzeln abgerechnete Beratungsleistungen und Rechtsgutachten an das BM

              Honorar/Kosten:                  € 24.000,--

 

Gutachtenerstellung f. Gebäudekomplex; Gerichtl. Beeideter Sachverständiger

 

              Durchgeführt von: Trestler-Wilenig Alexandra

               (die Sachverständige erhielt ein Pauschalhonorar)

              Honorar/Kosten:                  € 2.000,--

 

Verhandlungsassistenz bei der Privatisierung der DDSG; Gegenstand des Vertrages ist die Beratung der Republik Österreich bei bestmöglichen Folgeschritten der Privatisierung und Leistung von Verhandlungsassistenz

 

              Durchgeführt von: CDI Beteiligungsberatung GmbH

              Honorar/Kosten:                  € 10.000,--

 


Betriebswirtschaftliche Evaluierung der Folgen aus Bergschäden für die Gesellschaften des ÖBAG-Konzerns

 

              Durchgeführtvon: Europa Treuhand Ernst und Young, Europa Treuhand ist Abschlussprüfer der ÖBAG, Erstellung des Gutachtens durch zusätzlich erforderliche Leistungen im Zuge der Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2002

              Honorar/Kosten:                  € 33.000,--

 

Gutachten betreffend IAKW-Vorstandsvertrag

 

              Durchgeführt von: Hule & Heinke, Rechtsanwälte GmbH

              Honorar/Kosten:                  € 3.000,--

 

Steuerliche Beratungstätigkeit betreffend Börsebeteiligungsgesellschaft

 

              Durchgeführt von: KPMG Alpen-Treuhand GmbH

              Honorar/Kosten:                  € 2.000,--

 

Beratung beim Verkauf d. BWBG

 

              Durchgeführt von: Univ.Prof. Dr. Bogner  

              Honorar/Kosten:                  € 77.000,--

 

Reform der Bankenaufsicht; Gegenstand des Gutachtens sind die rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Aspekte einer Ausgliederung der Bankenaufsicht

 

Durchgeführt von: Mayrhofer & Rainer OEG Rechtsanwälte

Honorar/Kosten: € 500,--

 

Ausarbeitung von vorbereitenden Unterlagen und Stellungnahmen zur Frage der EU-Rechtskonformität des geplanten Altersvorsorgeproduktes

 

              Durchgeführt von: Univ. Doz. Stefan Weber

              Honorar/Kosten:                  € 6.000,--

 

Beratung betreffend Gesetz zur Reform der Wirtschaftsförderung

 

              Durchgeführt von: Berger, Sauer, Zöchbauer

              Honorar/Kosten:                  € 32.000,--

 

Evaluierung d. Mehreinnahmen durch einnahmenseitige Maßnahmen des Bundes; Bernhard Felderer; Helmut Hofer; Reinhard Koman; Ulrich Schuh

 

              Durchgeführt von: Institut für höhere Studien (IHS)

              Honorar/Kosten:                  € 3.000,--

 

Arbeiten für den Österreichischen Stabilitätspakt; HR Dr. Reinhold Schwarzl, Dipl.-Ing. Walter Stübler u.a.

 

              Durchgeführt von: Statistik Austria

              Honorar/Kosten:                  € 528.000,--

 


Working Paper 6/2002 – Die Verfahren zur Sicherung d. Konvergenz in der Europäischen Union

 

              Durchgeführt von: Tzanoukakis Kira Mag

              Honorar/Kosten:                  € 300,--

 

Gutachten im Zusammenhang mit dem Bundesobjekt Reichenhallerstraße

 

              Durchgeführt von: Neumann Walter Ing. Mag.

              Honorar/Kosten:                  € 19.000,--

 

Unterstützung des BMF beim Phare Twinning Projekt mit Rumänien

 

              Durchgeführt von: FAA Holding Gmbh & Co KEG

              Honorar/Kosten:                  € 42.000,-- (wird von EU refundiert)

 

Prüfung widmungsgemäßer Verwendung der Förderungsmittel für die Partei „Die Unabhängigen“ gem. § 4 Parteiengesetz

 

              Durchgeführt von: HFP Steuerberatungs-GembH

              Honorar/Kosten:                  € 2.000,--

 

Prüfung widmungsgemäßer Verwendung der Förderungsmittel für die Partei „Die Unabhängigen“ gem. § 4 Parteiengesetz

 

              Durchgeführt von: Intercontrol Wirtschaftstreuhand GmbH

              Honorar/Kosten:                  € 2.000,--

 

Gutachten betreffend Staatliche Wirtschaftskommission/Österreichische Post AG

 

              Durchgeführt von: Univ.Prof. Dr. Bernhard Felderer

              Honorar/Kosten:                  € 400,--

 

Gutachten betreffend Staatliche Wirtschaftskommission/Österreichische Post AG;

 

              Durchgeführt von: Univ.Prof. Dr. Theodor Tomandl

              Honorar/Kosten:                  € 3.000,--

 

Gutachten zum Projekt „AKH-Realisierungsprojekt Ostbereich“

 

              Durchgeführt von: Dr. Nordberg

              Honorar/Kosten: Projekt noch nicht abgeschlossen:     € 250,--/Stunde (zuzüglich USt)

 

 

2.                Propagandaausgaben (seit 4.2.2000):

 

   Dr. Hochegger Kommunikationsberatung GmbH (Information der Öffentlichkeit über finanz- bzw. wirtschaftspolitische Maßnahmen)             € 139.800,--

 

Europäisches Zentrum für Wohlfahrtspolitik – Dr. Bernd Marin

(Beratungsleistungen im Zusammenhang mit Pensionsreform, Mitarbeitervorsorge, Sozialversicherungsbeiträge; Vorbereitung und Teilnahme an Konferenzen und Präsentationen, Mitwirkung am Weltaltenplan)          € 145.345,--

 

The White House

(PR-Kampagne zur verbesserten Darstellung der Leistungen des BMF)          € 163.716,--

 


Dr. Hochegger Kommunikationsberatung GmbH

(Informations- und Kommunikationskampagne für kleine und mittlere Unternehmen, KMU-Dialog)                        € 2.360.290,--

 

Diaserie zum Thema Konjunkturpaket und steuerliche Maßnahmen       € 52.838,--

 

Radio-Spots zum Thema Konjunkturpaket und steuerliche Maßnahmen               € 17.632,--

 

Recherchen und Erstellung von Inhalten für das Internet        € 6.000,--

 

 

3.                Schaltung von Inseraten (seit 4.2.2000):

 

„Wir sichern die Pensionen“-Kampagne          € 508.710,--

 

Informationen betreffend Null-Defizit          € 326.359,--

 

5 Schaltungen zum Thema „Euro-Ehrlich“        € 91.567,--

 

Weitere Schaltungen zum Thema „Euro“          € 96.486,--

 

Inserat in Financial Times          € 59.019,--

 

Media Select WerbegesmbH (Anzeigen in diversen Tageszeitungen – Telefonstunde des HBM)                         € 88.325,--

 

Inserat und Beilage zum Thema Unternehmensneugründungen – Jungunternehmer             € 98.784,--

 

Inserate zum Thema Konjunkturpaket und steuerliche Maßnahmen       € 60.079,--

 

C+M Marketing Services AG (Inseratenkampagne, Abfertigung neu – Österreichtelefon)     € 3.432,--

 

Kosten für Grafik, Layout und Druck          € 129.477,--

 

                                                               GESAMTSUMME: € 26.069.927,21

 

 

Bei den angeführten Zahlen handelt es sich ausschließlich um Informationen aus Anfragebeantwortungen des Bundesministers für Finanzen. In der Gesamtsumme sind zwei (bereits ausgeschriebene) Werbekampagnen (Kosten ca. 3,15 Millionen Euro) und sämtliche Repräsen-tationsaufwendungen von Bundesminister Grasser nicht enthalten. Ebenso konnte das Honorar von Dr. Nordberg nicht errechnet werden, da durch BM Grasser bloß ein Stundensatz angegeben wurde.

 

Durch den Finanzminister wurde in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 11. Juli 2003 ausgeführt, dass aufgrund einer Kosten-Nutzen-Berechnung Einsparungen aufgrund dieser Aufträge von rund 1,9 Milliarden Euro erzielt würden. Im wesentlichen wurden auch im Erhebungsbericht des Finanzministeriums Einsparungspotentiale nur der Höhe nach, nie aber im Detail ausgewiesen.

 

Zur Prüfung dieser Angaben wurden durch die SPÖ-Fraktion 5 (willkürlich) ausgewählte Beratungsaufträge herangezogen:

 

1.     Begleitung des Change-Prozesses im Rahmen der Neuorientierung der Finanzverwaltung: „Change Process. Reorganisation Finanzverwaltung“, durchgeführt von INFORA, Honorar: 452.000€.

 

BM Grasser geht von einem Einsparungspotential in Höhe von 250 Mio. € aus.

 

Bemerkung:

Mit einem ähnlichen Beratungsinhalt wurde McKinsey&Company Inc. zu Kosten von
€ 344.649 beauftragt. Dieser Beratungsauftrag mit der Bezeichnung „Finanz 2001“ ist mit dem INFORA-Auftrag nahezu identisch. Auch durch McKinsey&Company Inc. sollte die Implementierung der Beratungsergebnisse durchgeführt werden. Geht man von den Honorarrichtlinien des zuständigen Fachverbandes der Wirtschaftskammer Österreich aus, so beinhaltet das Gesamthonorar (sowohl für McKinsey als auch für INFORA) insgesamt mehr als 6.000 Stunden eines qualifizierten Beraters.

 

Als Ergebnis des Projektes Change-Process werden durch Grasser angeführt:

·       die Reduzierung von 80 Finanzämter auf 43 Finanzämter: bisher nicht passiert!

·       die Reduzierung der Finanzamtvorstände von 80 auf 43: bisher nicht passiert!

·       die Reduzierung der Hierarchieebenen von 4 auf nunmehr 2 innerhalb eines Finanzamtes: bisher nicht passiert!

·       der Abbau von 1/3 der Führungskräfte: bisher nicht passiert!

·       eine Standardisierung betreffend Erledigungsdauer (Arbeitnehmerverhandlung praktisch tagfertig): bisher nicht passiert!

 

Sämtliche Einsparungen beschränken sich auf die Reduktion von Bediensteten. Daraus ergeben sich keine Kosteneinsparungen für den Staat, da die entsprechenden Personen in anderen Funktionen beschäftigt oder pensioniert werden. Grundsätzlich würde eine Reduktion der Finanzämter und damit eine geringere Prüfungsquote auch die Steuereinnahmen der Republik schmälern.

 

Daher: Einsparung null, Kostenbelastung: € 796.649

 

2.       Verhandlungsassistenz bei der Privatisierung der DDSG; Gegenstand des Vertrages ist die Beratung der Republik Österreich bei Privatisierungsschritten und die Leistung von Verhandlungsassistenz. Durchgeführt wurde dieses Projekt von der CDI-Beteiligungsberatung GmbH, die Kosten betrugen 10.000€.

 

Das Einsparungspotential wird von BM Grasser mit 7,91 Mio € angegeben.

 

Bemerkung:

Bei dem angegebenen Einsparungspotential handelt es sich um den Verkaufspreis von Liegenschaften, unklar ist, warum der Finanzminister einen Verhandlungsassistenz beim Verkauf von DDSG-Liegenschaften benötigt.

 

Daher: Einsparung null, Kostenbelastung: € 10.000

 

3.     Gutachten betreffend Vorstandsvertrag der Internationalen Amtsitz- und Konferenzzentrum Wien AG, durchgeführt von Hule und Heinke, Rechtanwälte GmbH. Das Honorar belief sich auf 3.000 €.

 

BM Grasser gibt ein Einsparungspotential von 270.000 € an.

 

Bemerkung:

Bei dem genannten Einsparungspotential handelt es sich um die fiktive Höhe von möglichen Schadenersatzverpflichtungen der Republik, außerdem stellt sich die Frage, ob diese Rechtsanwaltskosten nicht direkt durch die Aktiengesellschaft getragen werden sollten.

 

Daher: Einsparung null, Kostenbelastung: € 3.000

 

4.     Steuerliche Beratungstätigkeit betreffend Börsebeteiligungsgesellschaften, durchgeführt von KPMG Alpen- und Treuhand GmbH, Honorar 2.000 €.

 

BM Grasser führt ein Einsparungspotential von 300.000 € an. Inhalt des Auftrages war die Steuerberatungstätigkeit für das BMF als Rechtsnachfolger der aufgelösten Börsebeteiligungsgesellschaft. Als Ergebnis wird neben der Beratungstätigkeit auch die Überweisung des Steuerguthabens genannt.

 


Bemerkung:

Tätigkeit könnte auch durch Beamte des BMF durchgeführt werden, das Einsparungspotential besteht lediglich in der Überweisung des Steuerguthabens.

 

Daher: Einsparung null, Kostenbelastung: € 2.000

 

5.                Veräußerung des Österreichischen Bundesverlages

 

Beauftragt wurde die KPMG zur Unterstützung des Bundes bei dieser Veräußerung, Honorar: 788.000 €.

 

Von BM Grasser wird ein Einsparungspotential von 24 Mio. € genannt.

 

Bemerkung:

Bei dem Einsparungspotential von 24 Mio. € handelt es sich um den erzielten Kaufpreis.

 

Daher: Einsparung null, Kostenbelastung: € 788.000

 

 

CONCLUSIO:

 

Insgesamt kann festgestellt werden, dass die von BM Grasser angegebenen Einsparungspotentiale unabhängig von der Beratungsleistung entstehen bzw. bei Verkaufsberatungen mit dem entsprechenden Kaufpreis ausgewiesen werden. Aus den Beraterverträgen entstehen lediglich Kostenbelastungen aus Honorarzahlungen sowie der gleichzeitigen Besoldung der ressortintern zuständigen Beamten. In mehreren Fällen entsteht durch die Zuziehung  von externen Beratern ein erheblicher Imageschaden für das BMF bzw. für die Republik Österreich.

 

 

3.3.1       Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften

 

Mittels Bundesgesetz betreffend Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften wurde durch die schwarz-blaue Regierung der Verkauf der Bundeswohnungen entweder als Gesamtverkauf oder an die ÖIAG bzw. an die BIG normiert. Grundsätzlich birgt die Übernahme der Bundeswohnungen durch BIG oder ÖIAG die Gefahr, dass in einem zweiten Verfahrensschritt Anteile an der übernehmenden Gesellschaft verkauft werden und dadurch keinen Nachbesserungspflicht im Sinne des Bundesimmobiliengesetzes entsteht. Dies würde zu einer enormen Begünstigung der Käufer dieser Anteile führen. Finanzminister Grasser konnte bisher keine exakte Wertangabe über die zu veräußernden Bundeswohnbaugesellschaften vorlegen (dazu AB zu 581/J). Ebenso konnte durch den Finanzminister nicht beantwortet werden, inwieweit die gewährten Bundesdarlehen für die Bundeswohnbaugesellschaften nach deren Kauf verwertet werden. Eine unentgeltliche Übertragung dieser Darlehensrückforderungen an mögliche Käufer würde eine weitere enorme Begünstigung zu Lasten des Steuerzahlers darstellen.

Für die Vergabe der Bundeswohnungen wurden vier externe Berater beauftragt, sodass die Gesamtkosten für die Vorbereitungen hinsichtlich des Verkaufs der Bundeswohnbaugesellschaften einen Betrag von 10,915.330 Euro ausmachen.

 

Nachfolgende Unternehmen bzw. Einzelpersonen wurden diesbezüglich beratend tätig:

1.     Univ.Prof. Dr. Bogner, Beratungsschwerpunkt lag bei der Auswahl geeigneter Investment-Banken. Honorar: 77.000 €

2.     Beauftragung der Rechtsanwaltskanzlei Schramm&Partner hinsichtlich Privatisierungsberatung der fünf Bundeswohnbau-Gesellschaften. Honorar: 506.330 €

3.     Univ.Prof. Dr. Kletecka, Rechtsberatung im Zusammenhang mit dem Verkauf der Bundeswohnbau-Gesellschaften. Honorar: 102.000 €

4.     Lehman und Brothers Bankhaus AG, Beratung bei der Veräußerung der fünf Bundeswohnbau-Gesellschaften. Honorar: 10,23 Mio. €

 


Die Mitglieder der Kommission zur Vergabe des Beratungsauftrages an Lehman & Brothers waren:

 

DI Michael Ramprecht (BundesbeschaffungsGesmbH)

Mag. Rene Oberleitner (Büro HBMF)

Dr. Gerhard Ungerböck (Büro HStS)

Komm.Rat Karl Plech (Immobiliensachverständiger)

Dr. Gerhard Schuster (Geschäftsführer der BUWOG)

Mag. Wolfgang Schön (Geschäftsführer der WAG)

Dr. Wilfried Trabold (Abteilungsleiter im BMF)

Mag. Gerhard Wallner (Abteilungsleiter im BMF)

RA Dr. Schramm (externer Experte)

Prof. Dr. Kletecka (externer Experte)

Prof. Dr. Bogner (externer Experte)

 

Besonders kontrollgeneigt erscheint die Person von Ernst Karl Plech, der neben seiner Tätigkeit für diese Vergabekommission, zahlreiche Funktionen in öffentlichen Immobilienunternehmen bekleidet und bereits als privater Immobilienvermittler im Zuge der Übersiedlung der Gerichte von der Riemergasse in den City Tower Vienna auffiel. Obwohl bereits durch das Errichterunternehmen Porr AG dem Bundesminister für Justiz das neue Objekt im Rahmen einer Präsentation am 31.7.2001 vorgestellt wurde, trat das Ministerium im September 2001 (also 2 Monate später) mit Ernst Karl Plech als Immobilienmakler der City Tower Errichtungs- und Vermietungs GesmbH (einer Tochter der Immofinanz-Immobilienanlagen AG) in Verhandlungen. Für die Vermittlung eines offensichtlich bereits angebahnten Mietvertrages erhielt Immobilienvermittler Plech ein Honorar von 607.476 Euro (zuzüglich 20 % Ust) vom Bundesministerium für Justiz.

Nunmehr sind hinsichtlich der Vereinbarkeit der Funktion in der Vergabekommission zur Beauftragung eines Beraters mit dem tatsächlichen Verkauf der Bundeswohnbaugesellschaften und Plechs Funktion als Immobilienvermittler für einen der größten Bieter, nämlich der Immofinanz-Gruppe, erhebliche Zweifel gegeben.
Interessant erscheint auch der Umstand, dass Ernst Karl Plech in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 26. November 2003 ausführte, dass ihm Karl-Heinz Muhr seit ungefähr einem Jahr bekannt ist, dass er ihn auf einer Veranstaltung im Finanzministerium kennengelernt habe. Bei Karl-Heinz Muhr handelt es sich um jenen Grasser-Freund, mit dem laut Lehman Austria Manager Jan Philipp Pfander eine Vereinbarung besteht, der zur Folge Muhr von Lehman „etwas bekommt, wenn er auf etwas hinweist“. Laut Grassers eigenen Aussagen in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 10. Dezember 2003 hat dieser Karl-Heinz Muhr um Informationen hinsichtlich Unternehmen, die eine entsprechende Vergabe bewerkstelligen könnten (Protokoll Seite 23: „Kennst du ein paar Berater ....“), gebeten. Muhr, der auch Mitglied des Magna International Aufsichtsrates ist, hat Lehman nominiert, um für diese Ausschreibung eingeladen zu werden. Muhr hat also „auf etwas hingewiesen“.

Für diese Art einer intransparenten und dubiosen Auftragsvergabe ist Finanzminister Grasser persönlich verantwortlich. Erhebliche Problemstellungen ergeben sich auch aus der Durchführung der Ausschreibung durch das von der Vergabekommission ausgewählte Unternehmen Lehman & Brothers Bankhaus AG:

Eine im Amtsblatt der Wiener Zeitung am 11. August 2003 geschaltete Anzeige zur Abgabe von Interessensbekundungen hinsichtlich des Kaufes der fünf Bundeswohnbaugesellschaften wurde von Lehman & Brothers Bankhaus AG so gestaltet, dass explizit festgehalten wurde:

Per 1.4.2001 wurden die Bundeswohnbaugesellschaften aus der Gemeinnützigkeit entlassen und sind daher keine gemeinnützigen Bauvereinigungen mehr, sondern gewerbliche Bauträger.

Diese Behauptung trifft nicht für die WBG mit 4.581 Wohneinheiten zu, da ein entsprechender Bescheid der MA 50 des Magistrates der Stadt Wien vorliegt. Weiters bestehen erhebliche Zweifel, ob nicht auch im Fall der ESG Villach nach wie vor Gemeinnützigkeit vorliegt. Rechtliche Folgen des Gemeinnützigkeitsstatus bestehen darin, dass diese Gesellschaften ausschließlich um die Kapitalnominale übernommen bzw. verkauft werden können, ebenso entstehen Rückforderungsansprüche gegenüber dem Finanzministerium, da bei gemeinnützigen Gesellschaften lediglich eine Dividende von 3,66 Prozent entnommen werden darf. Nunmehr ist davon auszugehen, dass durch Lehman & Brothers Bankhaus AG hinsichtlich der Bewertung der zu verkaufenden Unternehmen kaum Recherchen durchgeführt wurden. Selbst bei simpelsten Bilanzanalysen wären diese rechtlichen Problemstellungen aufgefallen.

Diese Vorgangsweise hat einerseits Auswirkungen auf die Möglichkeiten von Schadenersatzfolgen für die Republik Österreich, bedingt durch die unrichtige Aufforderung zur Abgabe einer Interessensbekundung, andererseits kann aus diesen Umständen daraus geschlossen werden, dass durch Lehman & Brothers Bankhaus niemals eine auch nur annähernd seriöse Bewertung dieser Immobilien stattgefunden hat.

 

Ad Bewertung:

Gingen erste Prognosen des Finanzministers von einem Verkaufserlös von rund 2 Milliarden Euro aus, so hat sich die Einschätzung des Finanzministers im Zuge des Verkaufsverfahrens auf nunmehr rund 500 Millionen Euro reduziert. KR Plech führte in der Sitzung des Rechnungshofausschusses am 27.11.2003 aus, dass er eine sogenannte Cluster-Schätzung hinsichtlich der Immobilien der Bundeswohnbaugesellschaften getätigt habe. Diese Schätzung führt zu einer Erlöserwartung laut Plech von 400 bis 500 Millionen Euro. Gefragt, ob er für diese Schätzung ein Honorar bekommen habe, antwortete Plech, dass das nicht der Fall sei. Nunmehr stellt sich die Frage, wozu ein Mitglied der Vergabekommission aus freien Stücken eine Schätzung der zu verkaufenden Immobilien vornimmt. Diese Fragestellung konnte weder im Unterausschuss des Rechnungshofes, noch im Rechnungshof-Ausschuss beantwortet werden.

Interessant erscheint auch die Stellungnahme des Rechnungshofes, wonach eine Veräußerung der Bundeswohnbaugesellschaften (konkret der BUWOG) dann wirtschaftlich wäre, wenn die sich aus der geringeren Staatsverschuldung ergebende Zinsersparnis höher wäre, als der Einnahmensausfall des Staates aus den abgeführten Gewinnen seiner Wohnbaugesellschaften (RH-Bericht III-51 d.B., Seite 87). Allein für die Unternehmen BUWOG und WAG ist laut RH-Präsident Fiedler (RH-Ausschuss vom 27.11.2003) ein Gewinn von rund 30 Millionen Euro zu erwarten. Hält man nun diesen Gewinnen den Einmal-Erlös von rund 500 Millionen Euro und damit – bei Annahme einer 4 %-igen Verzinsung – den Entfall eines Zinsendienstes von rund 20 Millionen Euro pro Jahr entgegen, so entsteht ein jährliches Defizit von 10 Millionen Euro. Damit handelt es sich bei der Verkaufsentscheidung nicht um die Umsetzung von wirtschaftlichen Überlegungen, sondern bloß um die Realisierung politischer Interessen.

Versucht man den Immobilienstand der in Frage kommenden Gesellschaften seriös zu bewerten, so sind vor allem die bisher für rund 300 vekaufte Wohnungen (Stand 8.8.2003) erzielten Erlöse heranzuziehen. Aus den Erlösen von 34,4 Millionen Euro für 323 Wohnungen mit einer Durchschnittsgröße von 75 m² berechnet sich ein bisher erzielter Kaufpreis von 1.420 Euro pro m². Geht man nun von 60.000 Bundeswohnungen aus, würde sich daraus ein Verkaufserlös von ca. 6,4 Milliarden Euro errechnen. Zusätzlich stehen noch 5 Millionen m² unbebauter Baugrund zum Verkauf, diesbezüglich ergibt eine Berechnung mit rund 100 Euro pro m² einen zusätzlichen Erlös von 500 Millionen Euro. Selbst wenn man bloß von der Hälfte, also 3,2 Milliarden Euro des hochgerechneten Verkaufserlöses für die Wohneinheiten der zu verkaufenden Gesellschaften ausgeht und von diesen Verbindlichkeiten in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro abzieht, ist weiterhin mit einem Erlös von rund 2,2 Milliarden Euro zu rechnen.

Durch die mangelhafte Bewertung vor Ausschreibung von 62.000 Wohneinheiten und 5 Millionen m² unbebautem Baugrund ist zu befürchten, dass rund 1,5 Milliarden Euro potentieller Verkaufserlös dem Steuerzahler entzogen wird.

Da es dem Ständigen Unterausschuss nicht möglich war, vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Finanzminister und Lehman & Brothers Bankhaus AG sowie die vorbereiteten Inhalte der umzusetzenden Kaufverträge zu prüfen, ist davon auszugehen, dass dieser Sachverhalt einer weiteren Prüfung bedarf.

 

3.3.2       PR-Aktivitäten

 

Im Untersuchungszeitraum wurden durch den Finanzminister mehr als 3 Millionen Euro ausschließlich für Öffentlichkeitsarbeit verwendet. Bereits im Jahre 2001 gipfelte die Persönlichkeitswerbung in einem Inserat in der Financial Times mit dem Konterfei des Finanzministers um rund 60.000 Euro. Trotz heftigster politischer Kritik an den Ausgaben für Werbemaßnahmen wurde durch das Finanzministerium eine weitere Kommunikationskampagne mit der Auftragshöhe von 2,2 Millionen Euro ausgeschrieben. Dazu stellt ein Vertreter des Fachverbandes Werbung fest: „Eine Unwägbarkeit stellt eindeutig der Zeitrahmen dar: Schließlich sucht das Ministerium Zusammenarbeit von Juni 2003 bis 31. Dezember 2007. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung kann kaum klar sein, welche kommunikativen Notwendigkeiten sich in zwei oder drei Jahren ergeben“ (Extradienst vom 18.4.2003).

Insgesamt wurden durch das BMF seit 4.2.2000 mindestens 6 Millionen Euro ausschließlich für Regierungspropaganda vergeben. Kritische Medien, wie die Stadtzeitung „Falter“, berichten über Veranstaltungen von Finanzminister Grasser „im Casino, Opernhäusern und Kunsthallen“ samt „tausender Cocktails und Brötchen“.

Berechtigerweise stellt sich diesbezüglich die Frage, ob „hier das private Image eines Politikers mit öffentlichen Mitteln aufpoliert wird“, und ob „der Sparefroh der Republik tief in den Staatssäckel greife“ um den Kurs seiner Ich-Aktie in die Höhe zu treiben (Falter 24/03).

 

Durch die SPÖ-Fraktion wurden grundsätzliche Regeln für Öffentlichkeitsarbeit bzw. Informations- und Werbemaßnahmen basierend auf Erkenntnissen des Rechnungshofes vorgelegt.

 

1.      Inhalt:

         Grundsätzliche Betonung des Informationscharakters, Darstellung der unmittelbar gegenwärtigen oder aktuell zukünftigen Tätigkeit der Bundesregierung bzw. des jeweiligen Ressorts, die werbende Form hat eindeutig hinter den Sachinhalten zurückzutreten, Vermeidung des Eindrucks einer werbenden Einflussnahme zugunsten einer Partei, Durchführung von Umfragen ausschließlich zur Erforschung des Informationsgrades der Bevölkerung über die Arbeit der Bundesregierung bzw. des einzelnen Ressortministers;

2.       Deklarationspflicht:

         Bei sämtlichen Formen der Öffentlichkeitsarbeit ist eine exakte Deklaration des auftraggebenden Ressorts bzw. der auftraggebenden Bundesregierung unter Einschluss des Hinweises auf Zahlungen etwaiger anderer Institutionen im Werbemedium anzuschließen, wobei das prozentuale Verhältnis der Kostentragung anzugeben ist.

3.      Werbestopp während des Wahlkampfes:

         Die Öffentlichkeitsarbeit bzw. Informations- und Werbemaßnahmen aus Haushaltsmitteln muss während der engeren Vorwahlzeit unterbrochen werden (mindestens zwei Monate vor dem Wahltermin).

 

 

3.4 Privatisierung von Unternehmen der Österreichischen Industrieholding AG

 

Die von der SPÖ beantragte RH-Sonderprüfung hinsichtlich der Bestellung und Abberufung von Aufsichtsräten und Vorständen sowie die damit im Zusammenhang stehende Vertragsge-staltung ergab massive Gesetzesverstöße bei der Bestellung von Vorständen und Aufsichtsräten in ausgewählten Unternehmen der staatsnahen Wirtschaft, darunter vor allem der öster-reichischen Industrieholding AG. Die Prüfung des Rechnungshofes mündete in nachfolgender Kritik (RH-Bericht III-42 d.B.): Die mit den neu bestellten Vorständen abgeschlossenen Ver-träge verstoßen gegen das anzuwendende Stellenbesetzungsgesetz und weichen von den vorgesehen Vertragsschablonen ab.

Die für den Bestellungsvorgang und den Abschluss der Verträge erforderlichen Organbeschlüsse lagen nicht in allen Fällen vor.

Für diesbezügliche Personalberatungen wurden rund 0,8 Millionen Euro an Kosten festgestellt. Die Vergabe der Beratungsaufträge erfolgte entgegen den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes.

Der Rechnungshof stellte im Falle des Vorstandssprechers der ÖIAG, Dr. Michaelis fest, dass zwar dessen Grundgehalt von 320.633 Euro pro Jahr nur um 4,3 % über jenen vom Vorgänger Dr. Streicher liegt, der Aufsichtsrat aber den sogenannten „Bonifikationsanspruch“ auf 100 % des Grundgehaltes verdoppelt habe. Inklusive aller Nebenleistungen bezieht Michaelis damit eine Gesamtvergütung von bis zu 684.869 Euro pro Jahr. Michaelis erhält 14 mal jährlich einen sogenannten „Mietzinszuschuss“ in der Gesamthöhe von 43.604 Euro und hat Anspruch auf eine Abfertigung, die weit über die Bestimmungen des Angestelltengesetzes hinausgeht. Der Wert der Pensionszusage ist nicht bekannt, dürfte aber ebenfalls weit über das übliche Maß hinausgehen.

Insgesamt betrug die zusätzliche Kostenbelastung seit 2000 durch Gehälter und Aufwandsentschädigungen sowie Spesen der ÖIAG-Leitungsorgane rund 1,4 Millionen Euro.

Bei den ÖIAG-Vorstandsverträgen wurde bewusst gegen das Stellenbesetzungsgesetz 1998 und die Verordnung der Bundesregierung betreffend Vertragsschablonen gemäß diesem Gesetz verstoßen. Damit wurde ein Anti-Privilegiengesetz in Kenntnis der negativen Folgen für den Steuerzahler bewusst durch den Vorstand, den Aufsichtsrat und den Eigentümer, vertreten durch Finanzminister Grasser, missachtet. RH-Präsident Fiedler hatte bereits am 27.3.2003 im Zuge einer RH-Ausschuss-Sitzung zur Schablonenverordnung und deren Anwendung Stellung genommen. Diesbezüglich führte Fiedler aus, dass die Nichtanwendung dieser Rechtsnorm, weil man sie für gesetzwidrig halte, einen „Tritt in das Gesicht des Rechtsstaates“ entspräche. Ungeachtet dessen wurden „entsprechend korrigierte“, d.h. gesetzmäßige Verträge dem RH-Präsidenten nicht zur Kenntnis gebracht. Wörtlich führte Präsident Fiedler in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses des RH-Ausschusses am 26.11.2003 aus: „Die neuen Verträge selbst habe ich allerdings nie bekommen. Ich weiss nicht, wie die Verträge jetzt im Detail aussehen. Diese habe ich nicht bekommen, aber es wurde uns gesagt, sie seien angepasst worden“.

 

3.4.1 voestalpine Privatisierung

 

Hinsichtlich der auffälligen Unvereinbarkeit der Aufsichtsratsfunktion von Magna-Manager Ing. Wolf und seinem Interesse an der voestalpine äußerte sich ÖIAG-Aufsichtsratsvorsitzender Heinzel in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 5.11.2003 wie folgt: „Jetzt zum Thema Unvereinbarkeit. Ich persönliche halte es nicht für vereinbar, dass jemand im Aufsichtsrat sitzt und am Ende des Tages aus dem Portfolio Interesse zeigt. Das sage ich Ihnen als Alfred Heinzel, und ich billige es auch nicht im Aufsichtsrat, und das ist niemand im Aufsichtsrat, der nicht von mir aufgefordert ist, wenn er nicht von sich selbst hinausgeht, dass er bei solchen Entscheidungen überhaupt nicht dabei ist ... Herr Wolf hat zu mir gesagt – dass muss irgendwann Ende April gewesen sein -: Ich möchte wissen, was ist das Privatisierungsvorhaben, um zu prüfen, ob wir als Magna Interesse haben könnten. Ich möchte am Ende des Tages nicht dem Vorwurf gestellt sein, dass das Unternehmen ins Ausland geht, und wir bringen keine österreichische Lösung zusammen. In der Folge habe ich zu Herrn Wolf gesagt: Ich würde direkt mit dem Vorstand der ÖIAG sprechen. – Herr Wieltsch kann das in der Folge auch mitteilen. Und Herr Wolf hat zu mir gesagt, damit kein Fehler passiert, will er das selbst nicht machen, sondern wird seinen Finanzvorstand schicken“.

So oder ähnlich dürfte das Projekt „Minerva“ gestartet haben. Eine Vorgangsweise, die dem österreichischen Corporate Governance Kodex in den verschiedendsten Punkten widerspricht. Skandalös erscheint dieser Umstand auch vor dem Hintergrund, dass Finanzminister Grasser nach wie vor ein Rückkehrrecht zu Magna garantiert ist.

 

Siegfried Wolf äußerte in der Aufsichtsratssitzung der ÖIAG am 10. Juli 2003 nachfolgende Stellungnahme:

 

Sehr geehrte Anwesende!

Bitte nehmen sie zur Kenntnis, dass ich die folgende Mitteilung ausschließlich in meiner
Funktion als Mitglied des Aufsichtsrates der ÖIAG, aber auch als interessierter Staatsbürger mache.

Ein Interessenskonflikt mit meiner Führungsfunktion im Magna-Konzern ist zur Zeit nicht gegeben.

Ich kann dem Privatisierungskonzept in der vom Vorstand der ÖIAG heute vorgelegten Fassung nicht zustimmen.

Die Gründe hierfür sind wie folgt:

1.     Das Privatisierungskonzept wurde in großer Eile erstellt.

2.     Weiters ist das Privatisierungskonzept gemäss erhaltener Auskunft als rechtlich nicht unbedenklich anzusehen.

3.     Das Privatisierungskonzept kann möglicherweise von nicht berücksichtigten Interessenten rechtlich angefochten werden.

4.     Das Gebot der Transparenz scheint auch nicht in allen Punkten gewahrt zu sein.

5.     Auch die Erreichung der im Regierungsauftrag genannten Ziele erscheint mir als nicht gesichert.

Bitte nehmen sie höflich zur Kenntnis, dass ich voll und ganz hinter dem Regierungsauftrag betreffend Privatisierungen stehe, dessen Umsetzung jedoch muss aus meiner Sicht wohlüberlegt, transparent und fair sein. Ich verstehe den Regierungsauftrag dahingehend, dass die Interessen der Steuerzahler in diesem Lande und die Erhaltung der Arbeitsplätze in Österreich das ausschlaggebende Entscheidungskriterium für die ÖIAG sein müsse.

 

Mit 5.9.2003 erfolgte jedoch der Verkaufsbeschluss der ÖIAG hinsichtlich der voestalpine. Diese Vorgangsweise bedeutet ein Verabschieden der schwarz-blauen Regierung und des Finanzministers aus ihrer wirtschaftspolitischen Verantwortung sowie eine Gefährdung der langfristigen Entwicklung des österreichischen Paradeunternehmens.

 

Die grundsätzlichen Kritikpunkte der SPÖ-Fraktion wurden im Zuge der Arbeit des Ständigen Unterausschusses bestätigt:

1.      Die voestalpine-Anteile wurden weit unter den Eigenmitteln, das entspricht einem Kurswert von 45 Euro pro Aktie, nämlich um 32,5 Euro pro Aktie verkauft.

2.      Der Zeitpunkt des Verkaufes ist durch das ökonomische Umfeld nicht erklärbar. Problematisch sind auch die ausgegebenen Wandelanleihen: Es besteht große Unsicherheit über den tatsächlichen Erlös bzw. der Kosten im Zeitpunkt der Wandlung.

3.      Die Vorgangsweise widerspricht dem Unternehmenswertsteigerungsprinzip.

4.       Österreichische Aktionäre wurden erst verspätet informiert. Die durchgeführte Werbekampagne gestaltete sich unglaublich teuer. Gegenüber dem Ständigen Unterausschuss konnte keine exate Bezifferung der Werbekosten für die "Voesterreicher"-Kampagne durch ÖIAG-Vertreter bekanntgegeben werden.

5.      Durch die Vorgangsweise kann keine österreichische Kernaktionärslösung sichergestellt werden. Daher widerspricht dieser Verkauf den Bestimmungen des ÖIAG-Gesetzes.

 

 

3.4.2 Böhler Uddeholm Privatisierung

 

Am 31.10.2003 stellte sich heraus, dass sich ÖIAG-Aufsichtsrat Veit Schalle über eine Investorengruppe (Austrian Industriemanagement GmbH) für den 25 %-Anteil an der Böhler Uddeholm interessiert. Nach Diskussion dieses Umstandes in der Sitzung des Ständigen Unterausschusses am 5.11.2003 und dem öffentlichen Aufzeigen dieser extremen Unvereinbarkeit verließ Veit Schalle den ÖIAG-Aufsichtsrat.
ÖIAG-Vorstand Heinzel erklärte sich am 5.11.2003 wie folgt zur Unvereinbarkeit von Veit Schalle:

„ ... er ist genauso wie ich kein Doktor, nur zur Klarstellung. Veit Schalle hat mich vorige Woche angesprochen und gesagt: Er ist an einer Firma, AIM heißt sie, beteiligt, und es könnte sein, dass ein Offert von der AIM an die ÖIAG geht, dass hier Interesse bekundet wird. Er hat daraufhin gesagt, ich möchte sofort mein Mandat niederlegen – ich habe daraufhin gesagt, ich würde bitten, dass der Aufsichtsrat zunächst einmal entscheidet, ohne sein Beisein, ob es zu einer Börsenplatzierung kommt oder zu einer Auktion. Kommt es zu einer Auktion, sehe ich keine Unvereinbarkeit, weil er ja ohnedies mit diesem Offert nicht zum Zug kommt.“

Heinzel wies konkret auch darauf hin, dass „zwei Wissenschaftler aus der Juristerei“ ein Gutachten zu diesem Thema abgegeben hätten. Unklar blieb, wer dieses Gutachten bezahlt hat sowie der Inhalt dieses Gutachtens.

Auch hinsichtlich des Verkaufs der Böhler Uddeholm-Anteile ist ein dramatischer Verstoß gegen die Intentionen des ÖIAG-Gesetzes feststellbar. Weder kann durch den Verkauf eine Verpflichtung der momentanen Kernaktionäre zur Beibehaltung der Anteilsstruktur gewährleistet werden, noch können dadurch feindliche Übernahmen hintangehalten werden, sondern im Gegenteil werden durch die neuen Aktienstrukturen Übernahmen extrem begünstigt.

Der Verkauf erfolgte – wie bei der Voestalpine AG – und dem Wert der Eigenmittel. Der Zeitpunkt des Verkaufes war ökonomisch ungünstig, eine Bewerbung für österreichische Anleger erfolgte überhaupt nicht.

Eine Mitarbeiterbeteiligung wurde von Anfang an ausgeschlossen.

 

3.4.3 Position der SPÖ zur ÖIAG

 

Durch die SPÖ-Fraktion wurde ein grundsätzliches wirtschaftspolitisches Konzept zur Rolle der ÖIAG innerhalb der österreichischen Wirtschaft im Zuge der Diskussion bzw. tatsächlichen Durchführung von einzelnen Privatisierungsschritten ausgearbeitet.

Die Rolle der ÖIAG sollte die einer professionell agierenden, offensiv ausgerichteten Holding sein, die die Beteiligungen des Bundes an den verschiedenen Unternehmen zum Besten für die Unternehmen, zur Sicherung des österreichischen Standortes, damit für eine prosperierende österreichische Wirtschaft, für mehr Wachstum und Beschäftigung, für mehr Forschung und Entwicklung in Österreich hält, und an der Entwicklung von entsprechenden Unternehmensstrategien maßgeblich gestaltet.

Denn alleine das öffentliche Kern-Eigentum stellt die Interessen des Wirtschaftsstandortes
Österreich und seiner Menschen sicher.

Die SPÖ tritt für die Sicherung des öffentlichen Kern-Eigentums an den von der ÖIAG
gehaltenen Unternehmensbeteiligungen ein, weil nur damit nachhaltig gesichert wird:

·       die beste Versorgung Österreichs mit notwendiger Infrastruktur;

·       die Headquarters am Standort Österreich und damit hoch- und höchstqualifizierte Arbeitsplätze;

·       Forschung und Entwicklung und damit den Produktivitätsfortschritt, der die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft sowie ein hohes Lohnniveau sicherstellt;

·       Die Produktion am Standort Österreich auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten und damit ein hohes Beschäftigungsniveau mit dem Ziel der Vollbeschäftigung sowie

·       die Ausbildung von Lehrlingen und damit die Facharbeitskräfte von Morgen.

 

Diese Funktionen könnten gegenüber der derzeitigen Situation noch stark verbessert werden. Denn solange Beteiligungen gehalten werden, besteht diese Verantwortung ja – auch die von der derzeitigen Regierung geplanten weiteren Privatisierungen können davon nicht entbinden.

Im Gegensatz zum neoliberalen Politikverständnis, sie die SPÖ die Aufgabe der Politik und der Politiker darin, auch die Wirtschaft im Interesse der gesamten Bevölkerung zu gestalten. Das heißt jenen Spielraum und jene Instrumente, die der Politik zur Verfügung stehen, bestmöglich zum Wohle aller zu nützen und sich nicht fahrlässig dieser Einflussmöglichkeiten zu begeben. Aktive Wirtschaftspolitik braucht wirtschaftspolitische Gestaltungsspielräume. Öffentliches Eigentum mit einer erfolgreichen und aktiven staatlichen Holding sichert diese Gestaltungsspielräume.

Insgesamt wurden die Beteiligungen des Staates an österreichischen Unternehmungen bereits auf jenes Maß als Kernaktionär in Schlüsselindustrien bzw. in Betrieben in Schlüsselsektoren zurückgeführt, die für eine kleine Volkswirtschaft wie die österreichische in einer globalisierten Welt zur Standortsicherung nicht nur sinnvoll, sondern zum Erhalt von Konzernzentralen notwendig sind.

Ohne Konzernzentralen gehen in wirtschaftliche schlechten Zeiten erwiesenermaßen nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die für die Zukunft eines Wirtschaftsstandortes entscheidende Forschung und Entwicklung verloren. Wie rasch verlängerte Werkbänke abmontiert sind, haben die Beschäftigten von Semperit leidvoll erfahren müssen. Die Regierung hat zugesehen und nichts getan. Wir Sozialdemokraten haben mit unserer Haltung daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen.

Privatisierungskurs als reiner Selbstzweck kommt für die SPÖ ebenso wenig in Frage wie ein Renationalisierungskurs, weil es nicht alleine um die Eigentümerfrage geht. Es geht uns um einen verantwortungsvollen Kurs der Standortsicherung durch einen öffentlichen Kernaktionär, der das auch verlässlich bleiben wird. Das ist angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen am besten eine ÖIAG als Beteiligungsholding. Damit wäre auch ein Schutz vor Übernahmen sichergestellt.

Es sollte daher in jenem Ausmaß an Beteiligungen festgehalten werden, die in den verbliebenen Schlüsselbetrieben einen bestimmenden österreichischen Kernaktionär auf Dauer sicherstellen. Das lässt sich an keinem bestimmten Prozentsatz festmachen, sondern hängt je nach Unternehmen vom Streubesitz und den übrigen Kernaktionären ab. Darüber hinaus sind auch Syndikatsmodelle wie in der OMV denkbar. Dabei muss das Eigentum nicht in jedem Fall vom Bund gehalten werden, Länder oder Gemeinden sind ebenso sichere Kernaktionäre.

Die Fonds können keine sicheren Kernaktionäre darstellen, da Fondsmanager gesetzlich verpflichtet sind, im Interesse ihrer Anleger zu handeln und daher im Falle sehr hoher Gebot faktisch verpflichtet sind, zu verkaufen. Darüber hinaus sind etwa im Fall der Pensionsfonds Beteiligungen in jedem Fall ungeachtet anderer Interessen dann abzustoßen, die Auszahlung anfallender Pensionen die Einzahlungen der Anwartschaftsberechtigten übersteigt.

In jedem Fall darf es aber bei weiteren Veräußerungen nicht nur um Geldbeschaffungsaktionen für die zweifelhaft ehrgeizigen Ziele des Finanzministers gehen. Diese müssen vielmehr in eine Unternehmensstrategie zum Wohle der österreichischen Wirtschaft eingebunden sein. Schließlich ist auch noch zwischen Industrie- und Versorgungsbetrieben zu differenzieren.

 

 


Infrastrukturunternehmungen

In den für die Menschen lebensnotwendigen Versorgungsfragen, wie vor allem zum Beispiel der Energieversorgung hat der Staat auch die Aufgabe, die elementaren Bedürfnisse der Bevölkerung garantieren zu können. Dafür ist eine Regelung wie die derzeit gesetzlich vorgeschriebne Mehrheit der öffentlichen Hand an Energieversorgern auch zweckdienlich und sollte daher beibehalten werden.

Wir sollten uns nicht auf das unter Thatcher in Großbritannien etablierte Niveau der Versorgung mit öffentlichen Dienstleistungen begeben – inklusive „Russisches Roulette“ bei der Bahnfahrt zur Arbeit, schlechte Gesundheitssysteme oder mangelnde Energieversorgung. Wir sollten unserer Bevölkerung auch die Totalprivatisierung ersparen, die in den USA durch ruinösen Wettbewerb letztlich zu Stromabschaltungen für ganze Regionen führte und erst recht am Ende die Steuerzahler mit Milliarden-Beträgen den Privaten helfend zur Seite stehen mussten.

Die Energieversorgung ist zur Absicherung der Grundbedürfnisse der Menschen, aber auch als Rückgrat der Wirtschaft von derartig großer Bedeutung, dass sich der Staat einen entscheidenden Einfluß darauf sichern sollte. Das kann man nicht mit einem Finanzdienstleistungsunternehmen vergleichen.

Deshalb sind nach wie vor in Europa die Energiegewinnungsunternehmen meist in der Hand des Staates. Bestes Beispiel dafür und gleichzeitig nicht umsonst auch größter europäischer Player ist die staatliche EdF in Frankreich. Aber auch unsere Nachbarn Deutschland oder Italien halten das nicht anders. Und die Netze sind nicht nur in Europa, sondern auch in den USA in der Regel in staatlicher Hand.

Die österreichische Stromversorgung, die primär durch Wasserkraft sichergestellt wird, ist darüber hinaus nicht nur günstige sondern auch saubere Energie. Dabei sollte es auch für die Menschen und die Wirtschaft in unserem Land bleiben.

Große private Eigentümer bedeuten nicht immer die beste Versorgung bei bester Wirtschaftlichkeit, wie man an den katastrophalen Zuständen in Californien anhand von Stromabschaltungen in ganzen Regionen und am ENRON-Debakel sehen konnte.

Funktionierende Infrastrukturunternehmungen sind entscheidend für Wirtschaftsstandort- und Lebensqualität. Zu diesen Unternehmen zählen u.a. die OMV, der Verbund, die ÖBB, die Postbus AG, die ASFINAG, die AUA, die Post AG sowie die Telekom Austria.

Die SPÖ tritt dafür ein, dass der Bund strategische Anteile an all diesen Unternehmungen behält.

Diese Beteiligungen sind nach den Vorstellungen der SPÖ in einer Infrastruktur-Holding zusammen zu fassen.