Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler und Dr. Gabriela Moser

zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen hinsichtlich Privatisierungs- und Ausgliederungsmaßnahmen seit 1.1.2002, insbesondere Verkaufsvor­bereitungen für Unternehmen der ÖIAG sowie Vergaben an externe Berater im Zusammenhang mit legistischen Vorhaben (Verwaltungsreform, Organisationsstruktur des Ressorts, Bundesstaatsreform, Privatisierungsgesetzgebung) und Öffentlichkeitsarbeit

 

Vorbemerkungen

Am 9. April 2003 wurde von der SPÖ Fraktion das Verlangen auf  Überprüfung der Gebarung des Finanzministeriums eingebracht. Die Gründe dafür waren einsichtig und außerdem dringlich:

Eine Privatisierungspolitik, die mehr ideologische als wirtschaftliche Triebfedern hat

       Eine Vermehrung der externen Berater im Ministerium in noch nie da gewesenem Ausmaß

       Eine Verfilzung von persönlichen, wirtschaftlichen und politischen Beziehungen im Umfeld des Finanzministers

       Eine Öffentlichkeitsarbeit des Ministeriums, die statt Information der Bevölkerung die Einführung der Marke „KHG“ zum Ziel hat.

Der Prüfungsauftrag war umfangreich und stellte ein ambitioniertes Arbeitsprogramm für das zur Verfügung stehende halbe Sitzungsjahr dar. Zusätzlich weitete sich die Thematik durch die zahlreichen Skandale aus, die im Laufe der Monate aufbrachen:

       Homepage des Finanzministers, die mal als privat, mal als dienstlich bezeichnet wird

       Vorträge des Finanzministers, für die angeblich Spenden entrichtet wurden

       Damit verbundene Steuerfragen, die in der Frage gipfeln: Ist der Finanzminister ein Steuerhinterzieher?

       Aufsichtsräte der ÖIAG, die gleichzeitig als Verkäufer und Käufer auftreten und sich Schnäppchen beim Verstaatlichtenausverkauf sichern wollen.

Die Regierungsparteien, insbesonders die ÖVP, hatten naturgemäß ein starkes Interesse daran, diese Vorgänge unter der Decke zu halten. Die Ausschussarbeit litt unter diesen Bemühungen nicht unwesentlich (siehe Abschnitt ‚Allgemeines’).

Der Ausschussbericht, den die Regierungsfraktionen beschlossen, spiegelt diese Bemühung wieder. Er besteht zum größten Teil aus dem vom Bundesministerium für Finanzen dem Unterausschuss vorgelegten ‚Erhebungsbericht’ sowie dem Kommunique, das Finanzminister Grasser in der Ausschusssitzung vom 11. Juli 2003 verlas. Der Bericht ist in diesen Teilen über weite Strecken eine Abschrift der vertraulichen Sitzungsprotokolle. Die kontroverse Ausschussarbeit selbst wird nur auszugsweise und tendenziös verzerrt wiedergegeben.

Die Unterausschussmitglieder der Grünen sehen sich daher gezwungen, ergänzende Stellungnahmen abzugeben.

 

Themenkomplex Beraterverträge:
Verfilzung und Beratungsorgien

 

BM Grasser führte aus, dass er für Beratungsleistungen 12 Mio. € in 1 ½ Jahren aufgewendet habe. Diesem Betrag stünden aber 1,9 Mrd. € an Einsparungen und positiven volkswirtschaftlichen Effekten gegenüber.

Bei der Frage nach den Rechtsgrundlagen der abgeschlossenen Beraterverträge verantwortete sich BM Grasser mit der allgemeinen Feststellung, dass alle diese Aufträge im Regierungsprogramm, im Bundesministeriengesetz und in Ministerratsbeschlüssen gedeckt seien. Die konkrete Kritik, dass die Vergaben zumindest teilweise nicht dem Vergaberecht entsprechen, dass Vergabekommissionen befangen waren und daher nicht objektiv entschieden und dass politisch oder persönlich nahestehende Berater oder Unternehmen bevorzugt wurden, konnte damit aber nicht entkräftet werden. Insbesonders die Rechnungshofkritik an den Vorstandsbestellungen im öffentlichen Bereich steht in scharfem Kontrast zur Selbstdarstellung des Finanzministers.

Die vorgelegten Zahlen wurden in zahlreichen Wortmeldungen in Frage gestellt. Es zeigte sich, dass diesen 1,9 Mrd. € nur erhoffte oder geschätzte Einsparungen zugrunde lagen (Reform der Finanzverwaltung, Bundesbeschaffungsgesellschaft) und nicht harte Fakten. Andererseits und vor allem aber waren in dieser als „Einsparungspotential“ bezeichneten Summe schlicht und einfach die Verkaufserlöse für Bundesbeteiligungen enthalten.

So wurde von BM Grasser das in der Höhe von 788.000 € sachlich kaum zu rechtfertigende Beratungshonorar für den Verkauf des Bundesverlags dem Verkaufserlös von 24 Mio. € gegenübergestellt.

Die Beratung für den Verkauf der Bundeswohnungen in Höhe von 8,25 bis 10,2 Mio. €, die an Lehman Brothers. vergeben wurde, obwohl diese preislich deutlich über dem nächstgereihten Mitbewerber lagen, wurde einem erhofften Verkaufserlös von 600 Mio. bis eine Mrd. € gegenübergestellt.

Im Falle des Beratervertrags für den Verkauf der Bundeswohnungen fiel auf, dass zwar die technische Abwicklung der Ausschreibung durch die Auslagerung an externe Experten von hoher fachlicher Qualität war, dass aber die eigentlich stimmberechtigte Vergabekommission durch die Befangenheit einzelner Mitglieder zu Kritik Anlass gab. Neben zwei Vorständen der beiden größeren zum Verkauf stehenden Wohnbaugesellschaften saß mit Ernst Karl Plech ein am Markt tätiger Immobilienhändler der außerdem Aufsichtsratsvorsitzender dieser zwei Gesellschaften ist, in der Kommission. Ernst Karl Plech vereinigt daher in seiner Person die Rolle des Immobilienverkäufers mit der Rolle des potentiell am Verkauf dieser Immobilien interessierten Immobilienmaklers oder –käufers und entscheidet in der Vergabekommission darüber mit, welche Investmentbank den Verkauf abwickelt und die Käuferauswahl trifft. Darüber hinaus hat Ernst Karl Plech in seiner Eigenschaft als FP Intimus eine Rolle als Informant des FP Klubs gespielt. Wie die im Ausschuss diskutierten Dokumente beweisen, informierte Ernst Karl Plech den Freiheitlichen Klub über den Fortgang der Ausschreibung und versuchte auf eine Änderung des Wohnungs­gemein­nützigkeitsgesetzes hinzuwirken.

Plech: „Natürlich kenne ich im Bereich der Freiheitlichen sehr viele Leute, weil ich seit einigen Jahren – oder man kann sogar sagen, seit über einem Jahrzehnt – dort Freunde habe, aber eine Information in irgendeiner Form ist nie dort hinübergeflossen.“

Abg. Mag. Kogler: „Wie erklären sie sich dann den Umstand, dass ich da ein Schreiben mithabe, das von ihnen offensichtlich unterzeichnet wurde, das sich ganz offensichtlich an die Freiheitlichen und an den freiheitlichen Klub richtet, sehr detailliert,... Sie sprechen wortwörtlich von „unserer Wählerschaft“, „unsere Wählerschaft würde das nicht goutieren“ und ähnliches mehr. ... Man empfiehlt weiter, man informiert den freiheitlichen Klub mit Datum Juli 2002 – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! – welche fünf Investmentbanken im short-listing sind. Wie erklären sie sich das? Oder habe ich die falsche Unterlage? Ich schließe das nämlich nicht aus. So etwas kommt ja auch vor. – 29. Juli, mit ihrer Unterschrift! Und dieses Schreiben ist ganz offensichtlich an die Freiheitlichen gerichtet.“

Plech: „Es hat natürlich eine generelle Information gegeben, weil, wie gesagt, das freiheitliche Wählerpotential auch in den Bundesländern immer wieder angesprochen wurde, weil die WAG ja hauptsächlich in Linz tätig ist. Es kann sein, dass ich eine Information geschrieben habe, aber ich kenne das jetzt nicht, dieses Schreiben.“

BM Grasser scheint die verheerende Optik dieser Konstruktion bewusst zu sein, denn in seinen Ausführungen vor dem Unterausschuss am 11.7.2003 sprach er von Herrn Plech nur als „Immobilienexperten“, ohne seine Identität zu verraten. Im Gegensatz zu den anderen Experten war Plech allerdings in der Vergabekommission stimmberechtigt. Grasser begründete die Kommissions­zusammensetzung übrigens folgendermaßen:

„Es wurde nicht nur eine Auswahlkommission eingerichtet, sondern es wurde auch bei der Auswahl der Mitglieder äußerst sorgsam vorgegangen. Es wurden nur Experten mit bedeutendem praktischem Fachwissen im Vergaberecht, im Vertragsrecht und auf dem Gebiet der Betriebswirtschaft aufgenommen. Die externen Experten ergänzten das Fachwissen der zuständigen Bediensteten der Fachabteilungen und sind auf Grund der Komplexität dieses Verfahrens und zur Wahrung größtmöglicher Transparenz und Objektivität erforderlich.“

Auch bei den Kosten dieser Beratungsleistung versuchte BM Grasser eher zu vernebeln als aufzuklären. Grasser verteidigte die Kosten von 8,25 bzw. 10,23 Mio. € als verhältnismäßig günstig verglichen mit dem teuersten Bieter, der um oder sogar über 30 Mio. € verlangt habe. Dr. Schramm rückte diese Behauptung in der Sitzung vom 26.11. zurecht: Von den fünf Bietern, die in der zweiten Phase des Vergabeverfahrens übrig geblieben waren (short list), waren letztendlich nur zwei zu berücksichtigen gewesen (Lehman und CAIB). Drei Bieter wollten auf Grund der scharfen Haftungsbedingungen ausscheiden und verlangten daher entweder einen unangemessen hohen Preis oder hielten die Ausschreibungsbedingungen nicht ein. Grasser vergleicht Lehman Brothers daher nur mit dem Phantasie­preis eines Deckanbots, das in der Endausscheidung gar nicht zur Debatte stand. Der interessantere Preisvergleich ist jedoch der mit dem unterlegenen Mitbieter CAIB, der um ein Drittel billiger anbot. Abgesehen vom Umstand, dass von 19 Bietern nur zwei in der eigentlichen Endauswahl übrig blieben, ist vor allem der Umstand verdächtig, dass nun der unterlegene Bieter wesentliche Auftragsteile als Subunternehmer für Lehman Brothers durchführt.

Zusammenfassend läßt sich sagen, dass Hinweise auf gröbste Vergabemängel, auf Absprachen und Unvereinbarkeiten festgestellt wurden .

 

Themenkomplex Privatisierung:
Verschleuderung und Unvereinbarkeit

 

VOEST – Schnäppchenjagd für Insider

Die Diskussion um die Privatisierung des Bundesanteils an der VOEST drehte sich einleitend um die publik gewordenen Geheimverhandlungen mit Magna, die sich daran knüpfenden Fragen nach einer möglichen Unvereinbarkeit der Aufsichtsratstätigkeit von Magna Vorstand Siegfried Wolf in der ÖIAG.

Dass Wolf, der detaillierte Kenntnis nicht nur des Privatisierungskonzepts der ÖIAG hatte sondern auch noch durch seinen ÖIAG Aufsichtsratssitz Zugang zu VOEST internen Informationen hatte, als Kaufinteressent der VOEST auftreten konnte, blieb als schwerer Vorwurf gegen ÖIAG Aufsichtsrat sowie Finanzministerium bestehen.

Finanzminister Grasser muss von diesen Vorgängen gewusst haben, führte er doch vor dem Unterausschuss aus: ... möchte ich an auch dieser Stelle klarstellen, dass im Privatisierungsauftrag der Bundesregierung festgehalten wurde, dass die Vorgangsweise der ÖIAG in Abstimmung mit dem Bundesminister für Finanzen zu erfolgen hat.

Es erscheint wenig glaubwürdig, dass Grasser ausgerechnet über das Kaufinteresse von Magna nicht informiert gewesen sein sollte. Aufsichtsratspräsident Heinzel war die Problematik mit Wolf und der beruflichen Nähe Grassers zu ihm bewusst. Zur Bestellung Wolfs führte er aus: Es sind ja zwei Aufsichtsräte auf Grund des Rotationsprinzips nach zwei Jahren ausgeschieden, und es mussten neue bestellt werden. In diesem Zusammenhang haben wir die Kollegen gefragt – da diese sich selbst bestellen – wer dafür in Frage kommt, und eines der ausscheidenden Mitglieder hat den Namen Wolf genannt. Ich persönlich habe damals – und das soll bitte keine Entschuldigung sein, dass ich nicht voll und ganz hinter Herrn Wolf stehe – tatsächlich gesagt: Ist es notwendig, dass wir Herrn Wolf, den alle als Spitzenmann, Manager und erfolgreich kennen und der noch dazu persönlich bekannt ist, als Organ im Aufsichtsrat haben, weil damit nach außen hin natürlich eine Nahebeziehung zur politischen Seite – damals Finanzminister Grasser – hergestellt werden kann ? – A) hat jeder von uns genug zu tun, und b) ist es vielleicht gar nicht sinnvoll.

Wolf wurde trotz dieser Bedenken bestellt.

Laut Heinzel war keine Unvereinbarkeit gegeben, da Wolf bei allen VOEST Debatten aus dem Raum ging. Dem standen allerdings Informationen von Abg. Kurt Gaßner gegenüber, der von oftmaligen Wortmeldungen Wolfs zum Thema VOEST berichtete und auch von einem Brief an die Aufsichtsratskollegen, in dem Wolf – trotz physischer Abwesenheit – Einfluss auf das Privatisierungskonzept zu nehmen versuchte.

Auch die Vorgangsweise Wolfs „damit kein Fehler passiert“ nicht selbst mit dem ÖIAG Vorstand wegen der VOEST zu verhandeln, sondern seinen Finanzvorstand zu schicken, entkräftet nicht wirklich den Vorwurf der Unvereinbarkeit, der sich auf seine privilegierten Insiderinformationen einerseits und seinen Einfluss im ÖIAG Aufsichtsrat andererseits gründet.

Nachdem das Projekt ‚Minerva’ publik wurde, änderte die Bundesregierung den Privatisierungsauftrag an die ÖIAG: Strategische Investoren wurden als Käufer ausgeschlossen und die Privatisierung in einer Flucht nach vorne im Eilzugstempo durchgezogen.

Die Frage des günstigsten Zeitpunkts, politisch aber auch kurstechnisch war nun sekundär. Mitte des Jahres war der Kurs noch bei rund 37 € gelegen, letztlich verkauft wurde um 32,50. Das Landhauptmann Pühringer kündigte knapp vor dem Börsegang an, das Land OÖ werde über landeseigene Gesellschaften Anteile an der VOEST kaufen. Diese Ankündigung wurde zwar nicht wahr gemacht, der Aktienkurs litt aber erheblich darunter. Abg. Kogler fragte nach der Rolle der öffentlichen oberösterreichischen Hand: In diesem Zusammenhanf stellt sich natürlich die Frage, inwieweit der Kurs jener Aktien, die damals schon an der Börse waren, beeinflusst wird, respektive der Erlös, der zu erzielen ist während des Bieterverfahrens, inwieweit der durch solche Meldungen beeinflusst werden kann.

Aufsichtratsvorsitzender Heinzel in seiner Antwort darauf: Ich sage ihnen ganz offen: Es ist total ungut, wenn sich die Politik im Zuge eines Verfahrens einmischt.

Letztendlich ging die öffentliche Hand in Oberösterreich bei der Zuteilung der Aktien leer aus. Die These, dass das von vornherein so geplant war, ließ sich weder erhärten noch widerlegen. Unter dem Strich haben die Finanzinvestoren, allen voran die oberösterreichischen Banken im Einflussbereich der ÖVP, die VOEST Aktien zu einem unerwartet günstigen Preis erwerben können. Der Drittel Staatsanteil an der VOEST wurde mitten in der Konjunkturflaute, weit unter dem Wert, den die Aktie zwei Jahre zuvor noch hatte verkauft. Das Unternehmen wurde unter seinen Eigenmitteln verscherbelt; um einen Betrag, mit dem die Regierung gerade mal 4 der 18 bestellten Eurofighter bezahlen kann.

 

 

Bundeseigene Wohnbaugesellschaften – Planungsfehler und Seilschaften

 

Die Befragungen im Unterausschuss des Rechnungshofausschusses führten zu drei wesentlichen Ergebnissen:

 

       Die politische Grund-Entscheidung für den Verkauf /Privatisierung der bundeigenen Wohnbaugesellschaften beruhte auf unkorrekten Annahmen von mindestens 20 Mrd ATS Verkaufserlös und kann insofern als verfehlt betrachtet werden. Der Zeitdruck verhinderte eine detaillierte konkrete Bewertung der Objekte. Es wurde darauf verzichtet, diese Leistung vom „Auslober“ Lehman Brothers zu verlangen.

 

       Es stellte sich heraus, dass die Einnahmen aus Dividenden der bundeigenen Wohnbaugesellschaften den Erlös der Privatisierung bereits in 10 Jahren übersteigen und damit die Privatisierung mittelfristig budget- und finanzpolitisch unsinnig ist.

 

       Die Vergabe an die Investmentbank Lehman Brothers erfolgte auf Empfehlung einer Expertenkommission, die nicht Preis-, sondern Qualitätskriterien vorrangig bewertete. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Vorinformationen flossen, dass Lehman Brothers über Details der Qualitäts-Bewertungskriterien des Ausschreibeverfahrens informiert waren und deshalb der Zuschlag auf  objektive Weise und Empfehlung der Experten erfolgen konnte. Kein anderer Anbieter legte zwei Alternativ-Angebot.

 

Der vorliegende Bericht über die Tätigkeit des Unterausschusses des RH-Ausschusses weist im Bereich der Untersuchung der Privatisierungen der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften in zweierlei Hinsicht erhebliche Mängel auf:

 

1.                    Informationen der geladenen Experten über politische Vorgaben bei der Privatisierungen der bundeigenen Wohnbaugesellschaften bilden ein zentrales Ergebnis der Untersuchungstätigkeit des Unterausschusses. Sie werden im vorliegenden Bericht nicht erwähnt und müssen in diesem Kontext nachgetragen werden.

 

2.                    Es fehlen darüber hinaus wesentliche inhaltliche Informationen, die dem Unterausschuss durch Experten mitgeteilt wurden. Der Bericht über die Sitzung am 10. Dezember reduziert sich auf die Wiedergabe der Äußerungen des Finanzministers und verschweigt völlig die fachlichen Beiträge der anderen Teilnehmer, was eine gröbliche Verkürzung der Unterausschuss-Arbeit darstellt und die Ergebnisse der Ausschussarbeit verfälscht.

 

Ad 1 Politische Vorgaben:

 

Dipl. Ing. Michael Ramprecht teilte mit, dass die Idee des Verkaufs der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften auf ihn und Dr. Trabold zurückgehe:

 

„Zur Frage warum sozusagen gerade ich zum Vorsitzenden auserkoren wurde, gibt es auch eine sehr einfache Erklärung: Ich habe die Idee mit Herrn Dr. Trabold im Jahr 2000 gehabt, bin mit dieser Idee und Herrn Dr. Trabold zu unserem Minister gegangen und habe gesagt: Aus unserer Sicht wäre es sehr sinnvoll; wir glauben nicht, dass es Kernkompetenz des Bundes sein muss, weiterhin Gemeinnützigkeit zu verkörpern, weil ja auch die gesamte Gemeinnützigkeit eigentlich Richtung Länder gewandert ist. Deswegen war das unsere ursprüngliche Idee. Und deswegen hat der Herr Minister gesagt, wenn ich schon diese Idee habe, dann soll ich diese Idee auch federführend zu Ende führen. Welche Vorgespräche hat es gegeben? – Es hat ganz am Anfang im Jahr 2000 oder 2001 mit verschiedenen Personen Vorgespräche gegeben. Wir wollten einfach abchecken, ob es überhaupt in der Richtung einen Markt gibt.“ (Auszugsweise Darstellung 26.11.03, Seite 11)

 

Beim Kaufangebot an die MieterInnen wurde nicht berücksichtigt, dass sie sehr günstige Mieten zahlen und deshalb wenig Kaufbereitschaft besteht und auch bei Neuvermietungen das WGG gültig bleibt, sodass Investoren mit geringen Erträgen zu rechnen haben. Dipl.Ing. Ramprecht konzedierte diese Fehleinschätzung:

 

„Ich möchte auch dazu ein paar grundsätzliche Dinge sagen. Erwartungshaltung von so einem Verkauf: Wenn man mit einer Idee – egal woher die jetzt kommt; aus meiner Sicht ist das eine sehr gute Idee gewesen – zu seinem Finanzminister kommt, dann macht man selbst, ich sage einmal, 08/15-Rechnungen und versucht dann irgendwo einmal zu sagen: Okay, es gibt über 60.000 Wohnungen. Wenn wir für diese 60.000 Wohnungen den Betrag X erhielten, dann wird es den Betrag Y ergeben; aus unserer Einschätzung heraus – und das erwies sich im Nachhinein als Fehleinschätzung – hätten wir gedacht, dass das Interesse bei den Mietern ein sehr, sehr hohes ist. Deswegen bin ich mit der Erwartungshaltung zum Herrn Finanzminister gegangen und habe gesagt: Für den Fall, dass dieser Verkauf an die Mieter hohe Zustimmung findet und wir eben einen sehr vernünftigen Preis erhalten würden, kann ich mir vorstellen, dass es sozusagen bis zu 20 Mrd Schilling an Erlösen gibt. ... Wenn man sozusagen diese Unternehmen als gesamtes kauft, gilt natürlich für die bestehenden Mieter nach wie vor das WGG. Das heißt, an eine Mietanpassung im ortsüblichen Sinn ist überhaupt nicht zu denken und das ist der Grund, warum sich die Erwartungshaltung – ich sage einmal so – relativiert. “ (Auszugsweise Darstellung 26.11.03, Seite 16)

 

Diese Vorgangsweise wurde bereits vom Rechnungshof in seinem Wahrnehmungsbericht Sept 2003 kritisiert:

„....die mangelhafte Vorbereitung der Veräußerung. Synergieeffekte zwischen den Wohnbau­gesellschaften wurden nicht untersucht und somit auch nicht genutzt. Die Auswirkung auf das Budgetdefizit nach EU–Kriterien hätte schon vorweg geklärt werden können, wodurch die Verzögerung und die Änderung der Ausschreibung vermeidbar gewesen wären.

Der zu erwartende Erfolg der Verkaufsaktion (an die MieterInnen), ein Zeitrahmen sowie die Aufwendungen wurden nicht abgeschätzt. Ebenso wenig wurden die Auswirkungen der Wohnungsverkäufe auf die zeitgleich stattfindende Veräußerung der Wohnbaugesellschaften berücksichtigt.“

„Der RH beanstandete, dass durch das BMF weder Aufwand, Erfolg und Zeitrahmen noch Auswirkungen des Vorhabens abgeschätzt worden waren.“

„Eine weitere Feststellung des RH betraf die Abwicklung des Verkaufsverfahrens durch einen beauftragten Rechtsanwalt, die durch das BMF selbst hätte kostengünstiger erfolgen können.“ (Gutachten für laufendes Vergabeverfahren: Rechtsanwaltskanzlei € 506.330.- Uniprof  f. Vertragsrecht € 77.040.- Uniprof. f. Betriebswirtsch. 102.000; angegeben in 13/AB, XXII.GP)

 

Die zentralen politischen Vorgabe für die Privatisierung der bundeigenen Wohnbaugesellschaften lauteten: Erlösmaximierung innerhalb kurzer Zeit, wie der Experte Dr. Schramm mehrmals festhielt.

 

Damit wurde von vorn herein auf eine konkrete Immobilienbewertung verzichtet, was natürlich die Bereitschaft der Investoren, höhere Preise zu zahlen senkt.

Ein Argument für die Einbeziehung von Kommerzialrat Ernst Karl Plech in die Vergabekommission war seine Fähigkeit als Immobilienexperte den Wert der bundeigenen Wohnbaugesellschaften zu schätzen. Dies Aufgabe versuchte er in Form einer Clusterschätzung zu erfüllen.

 

 

A2 Zentrale inhaltliche Informationen

 

Auf konkrete zentrale Fragen, welche Vorgespräche Dipl.Ing. Ramprecht mit Interessenten (Lehman Brothers, CAIB,...) geführt habe, wurde keine konkrete Antwort gegeben. (26.11., S.10ff, S 14ff)

 

Minister Grasser informierte auf Anfrage von Moser den Ausschuss darüber, dass er sich im Zusammenhang mit dem Verkauf der bundeseigenen Wohnbaugesellschaften von Karl Heinz Muhr beraten ließ:

 

„Karl-Heinz Muhr ist ein guter Bekannter von mir ... da er sich in der Branche Investmentbanker sehr, sehr gut auskennt, habe ich ihn, bevor diese ganze Geschichte begonnen hat, gefragt: Kennst du ein paar Berater, die da einschlägige Erfahrungen haben? – Er hat mir eine Liste von fünf, sechs, sieben Investmentbankenberatern im Immobilienbereich genannt, die er kennt, die in der ganzen Welt tätig sind.“ (Auszugsweise Darstellung 10.12.03, Seite 23)

 

Lehman Brothers erstellte als einziger Bieter zwei Alternativangebote und legte eine detaillierte Verbriefungsvariante vor. Dr Schramm: „In toto hat es von den fünf Bietern durch Lehman zwei Alternativangebote gegeben, durch Citibank ein Alternativangebot.“ (Auszugsweise Darstellung 26.11.03, Seite 12)

 

Dies lässt als Ergebnis der Ausschuss-Tätigkeit den Schluss zu, dass Lehman Brothers über Details der Bewertungskriterien des Ausschreibeverfahrens informiert waren und deshalb der Zuschlag auf sogenannte objektive Weise und Empfehlung der Experten erfolgen konnte.

 

Trotz Ersuchen des Abg. Mag. Kogler wurde dem Untersuchungsausschuss die schriftliche Vorlage der Liste der Zuschlagskriterien mit der entsprechender Punktezahl vorenthalten.

 

Bei der Angabe des Datums, an dem Lehman Brothers den Zuschlag erhielten, widersprechen einander Minister Grasser : „Am 21.9.2002 wurde der Zuschlag erteilt.“ (Auszugsweise Darstellung 10.07.03, Seite 18) und Dipl.Ing. Ramprecht: “... und der konkrete Zuschlag ist dann am 6.September erfolgt.“ (Auszugsweise Darstellung 26.11.03, Seite 17)

 

Ein weiterer Widerspruch zeigte sich in der Mitteilung der Abstimmungsergebnisse der Vergabekommission an den Finanzminister. Dipl. Ing. Ramprecht teilte mit: “In dieser Abstimmungskommission war auch sein ehemaliger Kabinettschef, ... und der hat das schriftlich dem Herrn Minister vorgegeben und gezeigt. Ich habe nur erfragt, dass der Herr Minister das Ergebnis von Herrn Dr. Traumüller schriftlich bekommen hat, damit war für mich der Punkt erledigt.“ (Auszugsweise Darstellung 26.11.03, Seite 32) In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage von Dr. Gabriela Moser teilt der Minister hingegen mit: „Hinsichtlich des Stimmverhaltens der einzelnen Kommissionsmitglieder kann ich keine konkreten Aussagen treffen, da mir dieses nicht bekannt ist.“ (798AB, XXII.GP)

 

Dipl.Ing. Ramprecht konnte auch nicht erklären, warum der Mitinitiator der Privatisierung, Dr. Trabold, gegen die Vergabe an Lehman Brothers stimmte.

 

Abgesehen von Einzelheiten über die Vergabe der Privatisierungsleistung erbrachten die Auskünfte der Experten grundsätzliche Informationen über die finanzpolitische Sinnhaftigkeit des Verkaufs. Dazu auch der Rechnungshof:

 

„Der RH wies darauf hin, dass die Wirtschaftlichkeit der geplanten Veräußerung nicht nur am erzielten Verkaufserlös, sondern auch an den langfristigen Auswirkungen auf den Staatshaushalt zu messen sein wird. Zwar würde der Verkaufserlös den Staatsschuldenstand verringern, gleichzeitig aber würden die bisherigen regelmäßigen Gewinnausschüttungen der Wohnbaugesellschaften an den Bund wegfallen. Die Veräußerung wäre daher dann wirtschaftlich, wenn die sich aus der geringeren Staatsschuld ergebende Zinsersparnis höher wäre als der Einnahmenausfall des Staates aus den abgeführten Gewinnen seiner Wohnbaugesellschaften.“(Bericht über die WAG, Sept.03)

 

Nach der Aussage von RH-Präs. Dr. Franz Fiedler im Rechnungshofausschuss vom 27.11.03 müssen bei einem Verkauf allein für die WAG und BUWOG 600 Mio € erzielt werden, damit sich der Verkauf budgetär lohne.

 

Preisdrückend wirken sich aber ständige Entnahmen des Eigentümers aus. Die Gewinnausschüttungen der Gesellschaften an den Bund zur Budgetkonsolidierung betrugen:

 

2001:                Rücklagen in der Höhe von € 310 Mio (BUWOG: 130,578, WAG: 179 594),
Gewinnausschüttungen in der Höhe von € 28,5 Mio BuWOG und € 60,5 Mio WAG (XXI 4245AB )

2002:       100 Mio € (Aussage St.Sekr. Finz im RH-Ausschuss)

2003:       60 Mio € ( Aussage R. Oberleitner 26.11.2003)

 

 

Zur Rolle von Kom.-Rat Ernst Karl Plech merkte Finanzminister Grasser an: „Ernst Plech hat aus meiner Sicht wirklich keinen Interessenskonflikt in dieser Frage, denn ... er war Mitglied dieser elfköpfigen Vergabekommission, ja. Warum? – Weil er ein Immobilienexperte ist und weil er Aufsichtsratvorsitzender dieser Gesellschaften ist und weil er so wie die zwei Vorstände der Gesellschaften ... auch in dieser Vergabekommission dabei war.“ (Auszugsweise Darstellung 10.12.03, Seite 14)

 

„Die Rolle des Karl Ernst Plech zu beschreiben fällt mir schwer. Er ist Aufsichtsratsitzender in einer Reihe von Gesellschaften und sitzt unter anderem auch im Aufsichtsrat der Bundesimmobiliengesellschaft. Er spielt dort keine besondere Rolle, sondern er bringt seine Expertise als Immobilienmakler in seine sehr langjährige Tätigkeit in diesem Bereich ein. Er hat damit offensichtlich eine sehr hohe Qualifikation, die mir auch von „Andersgläubigen“ bestätigt wird, und er macht das, glaube ich, als Aufsichtsratvorsitzender mit den einzelnen Geschäftsführern der verschiedenen Gesellschaften sehr gut.“ (Auszugsweise Darstellung 10.12.03, Seite 33)

 

Themenkomplex Öffentlichkeitsarbeit:
Die Marke KHG

 

Die Öffentlichkeitsarbeit des Finanzministers fand – nicht zuletzt wegen der im Frühjahr 2003 bekannt gewordenen Skandale – breite Aufmerksamkeit im Ausschuss. Stichworte waren: Homepage und Verein für New Economy, Vortragstätigkeit des Finanzministers und Treuhandkonto sowie damit verbunden Steuerfragen.

Obwohl die Regierungsfraktionen die Ladung wesentlicher Auskunftspersonen verhinderten (Mag. Mathias Winkler, Peter Hochegger, Walter Meischberger) und der Finanzminister die Beantwortung vieler Fragen verweigerte, konnte der Ausschuss doch einige Klarstellungen erarbeiten.

 

Homepage

Von Beginn der inhaltlichen Arbeit an wurde versucht, den Komplex Homepage nicht als Ausschussthema zuzulassen. Dr. Bleckmann: „Ich glaube nämlich nicht, dass der eingebrachte Antrag auf Ladung von Mag. Winkler irgendetwas mit dem Auftrag an diesen Ausschuss zu tun hat, denn die Homepage und der Verein stehen nicht mit unserem Prüfauftrag in Zusammenhang.“  Dr. Fekter: „Herr Vorsitzender! Ich ersuche sie, dass sie dem Herrn Dr. Pilz erklären, dass der Verein nicht Gegenstand dieses Ausschusses ist. Ich glaube er checkt das irgendwie nicht, oder vielleicht muss man es ihm auch öfter sagen.“

Für große Unruhe im Ausschuss sorgte der Umstand, dass parallel zur Unterausschusssitzung am 11. Juli Staatssekretär Finz eine Pressekonferenz zur Steuerfreiheit Grassers abhielt. Während Finz verkündete, dass Grasser in der Frage der Zahlung der Industriellenvereinigung an den Verein New Economy nicht steuerpflichtig sei, da die Homepage keine Privatsache sondern Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Dienstausübung sei, vertraten Grasser und die Abgeordneten der Regierungsfraktionen den gegenteiligen Standpunkt im Ausschuss: Die Homepage sei privat und daher nicht Thema des Ausschusses.

Auch in der zweiten Sitzung mit dem Finanzminister am 10.Dezember wurde versucht, Klarheit in diese Sache zu bringen. Erneut blockte die ÖVP unter Hinweis auf den privaten Charakter des Vereins ab. Mag. Kogler: „Jetzt werden wir uns irgendwie in dieser Republik verständigen müssen, was wir anzunehmen haben. Entweder ist das jetzt privat oder öffentlich. Und wenn sie mich noch lange provozieren wollen mit derartigen Geschichten, werden wir das in einer Art öffentlich machen, damit ihr Doppelspiel endlich aufgedeckt ist. Glauben sie jetzt die Verkündigung des Staatssekretärs von damals, oder ist es anders?“

Bundesminister Grasser beharrte jedoch auf seiner zwiespältigen Position und wollte sich weder auf eine Steuernachzahlung – falls die Homepage privat ist – noch auf Auskünfte im Ausschuss – falls die Homepage dienstlich ist – einlassen:

„Zum Zweiten, zu den Fragen des Abg. Kräuter nach der Homepage und so weiter ... Es sind Fragen, die weder die Vollziehung noch Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes betreffen. Das ist übrigens eine Rechtsansicht – nachdem man das bei meinem ersten Auftreten hier im Unterausschuss des Rechnungshofes in Zweifel gezogen hat – die mir vom BKA Verfassungsdienst in einem Gutachten vom 23. Juli 2003 bestätigt worden ist. Ich möchte daher um Verständnis dafür ersuchen, dass ich diese Fragen hier nicht beantworte, weil sie eben aus meiner Sicht nicht Gegenstand dieses Ausschusses sein können.“

 

Vortragstätigkeit

Im Zusammenhang mit seiner Vortragstätigkeit war BM Grasser etwas auskunftsfreudiger. Wortreich erklärte er, warum seiner Meinung nach seine Vorträge steuerlich anders zu beurteilen seien als etwa jene von Otto Tausig. Der Schauspieler musste für Spenden, die bei seinen Vorträgen und Lesungen eingingen und zur Gänze einem Hilfsprojekt für indische Kinder zugingen aus eigener Tasche die Steuer entrichten. Begründet wurde die Steuervorschreibung damit, dass Herr Tausig eine Verfügung über den Verwendungszweck der Spenden getroffen habe. BM Grasser dazu zusammenfassend: „Wenn Otto Tausig Honorare verlangt hat, dann ist das ein einkommensteuerpflichtiger Vorgang. Ich habe hingegen keine Honorare verlangt, daher liegt überhaupt kein einkommensteuerrechtlich relevanter Vorgang vor.“

An anderer Stelle verwickelte sich BM Grasser jedoch zunehmend in Widersprüche: „Ich darf ihnen auch sagen, dass keine Spende verlangt wurde, sondern freigestellt war, zu spenden, wenn man möchte, und dass auch der Betrag freigestellt wurde. Und es ist in jedem einzelnen Fall nachweisbar, dass Banken und andere Unternehmen, die ich ihnen jetzt im Detail nicht nennen kann, was ich aber gern das nächste Mal nachhole, den Verwendungszweck für die Spenden auswählten. Mein Ansatzpunkt war, darauf hinzuweisen, dass die Spenden für karitative und soziale Projekte verwendet werden sollen. (Abg. Matznetter: Der Minister sagt, dass er nicht ausgewählt hat!) Ich sage nicht, dass ich in jedem Fall nicht ausgewählt habe, dass ich aber im konkreten Fall der Oberbank und in einigen anderen Fällen nicht ausgewählt habe.“

Aus dieser Verantwortung ergaben sich zwingend weiter Fragen. War nicht in den Fällen, in denen BM Grasser den Empfänger der Spende vorgeschlagen hatte, analog zu Tausig Steuerpflicht gegeben? Warum wurde überhaupt ein Treuhandkonto eingerichtet, wenn die Banken und anderen Unternehmen angeblich direkt gespendet haben und er nie Verfügungsgewalt über die Spenden gehabt habe? Zweimal wurde der Bundesminister nach dem Unterzeichner bzw. Treugeber des Kontos bei Dr. Weißmann gefragt, beide Male überging Grasser die Frage. Es ließ sich daher auch nicht klären, ob die Gelder auf diesem Konto nicht als Honorare für dienstliche Tätigkeiten (Öffentlichkeitsarbeit) des Ministers zu betrachten wären und der Amtkasse zustünden.

 

 


Allgemeines

 

Obstruktion

Die Regierungsfraktionen nutzten ihre Mehrheit im Ausschuss in inakzeptabler Weise dazu, die parlamentarische Kontrollarbeit im Ausschuss zu behindern und zu verschleppen. Der Ladung von Auskunftspersonen wurde nicht oder erst mit Verzögerung zugestimmt. Fast alle Anträge der Opposition wurden von den Regierungsfraktionen niedergestimmt. Diese Ablehnung war teilweise nicht inhaltlich, sondern nur taktisch motiviert, da einigen Ladungen mit großer Verzögerung dann doch zugestimmt wurde. Diese Obstruktion führte dazu, dass der Ausschuss zwischen seiner Beantragung am 9.April 2003 und seiner Beendigung Anfang Jänner 2004 nur 9 Sitzungen abhielt, von denen sich bloß 4 als eigentliche Arbeitssitzungen mit der Prüfung der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen beschäftigten.

Dagegen war im Ausschuss erneut eine Praxis der ÖVP Fraktion zu beobachten, offenbar vorvereinbarte Fragen an den Minister zu richten, auf die dieser sodann mit einem vorbereiteten Text antwortet. So stellte zwar in der Sitzung am 11.7. Abg. Fekter einleitend fest, dass aus ihrer Sicht bei den bisherigen Parlamentsdebatten die offenen Fragen relativ restlos aufgeklärt worden seien, um dann trotzdem die Frage an den Minister anzuschließen, wozu sich das Ministerium externer Berater bediene.

In der zweiten Sitzung, in der BM Grasser anwesend war, stellte Abg. Prinz – wenig originell – die Frage, Herr Bundesminister! Warum überhaupt externe Berater? BM Grasser beantwortete diese Fragen weitschweifig und teilweise wortident unter Benützung eines vorbereiteten Kommuniques.

 

Verweigerung

Obwohl sich der Unterausschuss ausschließlich mit der Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen beschäftigte und dabei eine Fülle von Themen zu behandeln hatte, wurde seitens der ÖVP Fraktion monatelang bestritten, dass es für die Ausschussarbeit unabdingbar notwendig sei, dass der Finanzminister sich mehr als nur einmal für Fragen dem Ausschuss zur Verfügung stelle.

Auf Grund dieser Verweigerung konnten etliche Themen nicht ernsthaft behandelt, sondern nur gestreift werden. So stand etwa für die Themen Bundesstaatsreform oder Organisationsstruktur des Ressorts kaum Zeit zur Verfügung. Bundesminister Grasser hat weder ausreichend für Fragen zur Verfügung gestanden noch hat er umfassend Auskunft gegeben.

 

Die einzelnen Ausschusssitzungen im Überblick:

30.04.03          1.Sitzung          Konstituierung des Ausschusses

12.06.03          2.Sitzung          Ladungssitzung Grasser

11.07.03          3.Sitzung          1.Arbeitssitzung (Auskunftsperson: BM Grasser)

09.10.03          4.Sitzung          Ladungssitzung ÖIAG

14.10.03          5.Sitzung          Auskunftspersonen erscheinen nicht

05.11.03          6.Sitzung          2.Arbeitssitzung (Auskunftspersonen: Heinzel, Michaelis, Wieltsch)

26.11.03          7.Sitzung          3.Arbeitssitzung (Auskunftspersonen: Fiedler, Ramprecht, Plech, Kletecka,

                                          Schramm, Bogner)

10.12.03          8.Sitzung          4.Arbeitssitzung (Auskunftsperson: Grasser)

08.01.04          9.Sitzung          Beschluss des Ausschussberichts

 

Die Anträge im Einzelnen:

11.7.03       Antrag auf Ladung von Mag. M. Winkler für den 11.7. (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von Dr. P. Hochegger, E.K. Plech, Ing. W. Meischberger,

                                      Dr. J. Kappel (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von K. Stronach, Ing. S.Wolf, Dr. P. Michaelis, Dipl. BW A. Heinzel,

                                      L. Fritz, Mag. Ch. Neumayer (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von BM Grasser (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von M. Winkler für nächsten Termin (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag zur Aufhebung der Vertraulichkeit (Grüne)

                                      ABGELEHNT

9.10.03       Antrag auf Ladung von Michaelis, Wieltsch, Heinzel (SP)

                                      ANGENOMMEN

14.10.03                   Michaelis, Wieltsch, Heinzel erscheinen nicht

                   Antrag auf Ladung von BM Grasser für 14.10. (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von Michaelis, Heinzel, Wieltsch für 5.11. (VP/FP)

                                      ANGENOMMEN

5.11.03       Antrag auf Ladung von Präsident Fiedler für 5.11. (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von Franz Fiedler für 26.11. (VP/FP)

                                      ANGENOMMEN

                   Antrag auf Ladung von BM Grasser (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von Karl Plech (SP)

                                      ABGELEHNT

26.11.03     Antrag auf Ladung von Plech, Ramprecht, Kletecka, Bogner, Schramm

                                      (4 Parteien Antrag)

                                      ANGENOMMEN

                   Ersuchen um Erhebungsbericht des BMF zu Bundeswohnungen

                                      (Grüne)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von Jan-Philipp Pfander, Jürgen Krieger (SP)

                                      ABGELEHNT

10.12.03     Antrag auf Medienöffentlichkeit (SP)

                                      ABGELEHNT

                   Antrag auf Ladung von BM Grasser (4 Parteien Antrag)

                                      ANGENOMMEN

 

 

Resumee

 

Die Hoffnung der Regierungsparteien, die aufklärungsbedürftigen Vorgänge im Finanzministerium unter der Decke halten zu können und die Skandale auszusitzen, ist nur teilweise aufgegangen. Der ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses konnte wertvolle Erkenntnisse gewinnen.

Aufbauend auf der Kritik des Rechnungshofs an Vergaben im Finanzministerium konnte der Unterausschuss herausarbeiten, dass persönlich oder politisch nahestehende Berater oder Unternehmen beschäftigt wurden, dass Seilschaften im Hintergrund die Fäden ziehen und dass angeblich objektive und unabhängige Entscheidungen von Personen getroffen werden, die in ihren Interessenkollisionen und Entscheidungen alles andere als frei sind.

Den im Ansatz höchst fragwürdigen politischen Entscheidungen, wie etwa der Änderung des Privatisierungsauftrags für die VOEST oder dem Auftrag, die Bundeswohnungen zur Gänze und möglichst rasch zu verkaufen, wurde versucht in der Folge ein Mäntelchen von formal korrekten Abläufen umzuhängen. Nicht einmal diese Versuche gelangen, wie die Vorgänge knapp vor dem Börsegang der VOEST oder die Grundsatzkritik des Rechnungshof sowie die Ausschreibungsänderungen bei den Bundeswohnungen beweisen.

Der zu erwartende Ertrag aus der Privatisierung der Bundeswohnungen sowie das, was für die VOEST erzielt wurde,  ist so gering, dass von Verschleuderung gesprochen werden muss. In seltsamen Kontrast dazu steht das Eigenmarketing des Finanzministers, der diese Ergebnisse in großartige Einsparungen und positive volkswirtschaftliche Effekte umdeutet.

In diesem Klima erstaunt es nicht wirklich, dass politisch der Regierung nahestehende Gruppen und Firmen versuchen, sich an diesem Kuchen zu bedienen. Der Unterausschuss beschäftigte sich mit einer ganzen Reihe derartiger Unvereinbarkeiten: Wolf, Schalle, Scharinger, Plech.

Der Finanzminister Grasser schließlich hat in einer für Österreich bisher beispiellosen Weise eine Marketingkampagne für die eigene Person durchgeführt. Horrende Summen aus Steuermitteln (KMU Kampagnen!) oder auch von der Industriellenvereinigung wurden dafür verwendet. Er hat sich dadurch allerdings in die unkomfortable Lage gebracht, dass die Scheinwerfer der Öffentlichkeit, in die er soviel investiert hat, nun verstärkt seinen schlampigen Umgang mit Gesetzen und Verordnungen in Zusammenhang mit seinen persönlichen Finanzen beleuchten.