378 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (353 der Beilagen): Bundesgesetz über den Schutz der persönlichen Freiheit während des Aufenthalts in Heimen und anderen Pflege- und Betreuungseinrichtungen (Heimaufenthaltsgesetz – HeimAufG)

Die Pflege und Betreuung alter, behinderter und chronisch kranker Menschen ist eine Aufgabe, der auf­grund der demografischen Entwicklung ständig zu­neh­mende Be­deutung zukommt. Österreichweit gibt es zur Zeit allein etwa 800 Alten- und Pflegeheime, in denen ca. 70 000 Menschen versorgt und betreut werden. Der körperliche und geistige Zustand mancher der in diesen und anderen Einrichtungen betreuten Menschen erfordert bisweilen freiheitsbeschränkende Maß­nah­men. Bei der Ent­scheidung über solche Maß­nahmen und bei ihrer Durchführung agieren die Träger, Ein­rich­tungs­­leiter und Pflegepersonen auf Grund der geltenden Rechtslage aber in einer rechtlichen „Grau­zone“. Das Regierungsprogramm für die XXII. Gesetzgebungsperiode sieht daher im Kapitel Justiz u.a. vor, für diesen Bereich klare und ein­deutige rechtliche Vor­gaben zu schaffen.

Mit dem Heimaufenthaltsgesetz sollen die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Beschränkung der per­sön­lichen Freiheit von Menschen in Alten- und Pflegeheimen und in vergleichbaren Einrichtungen ge­regelt werden. Hiefür wird eine den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechende, effiziente und tat­säch­lich zu­gängliche gerichtliche Überprüfung vorgesehen. Den betroffenen Menschen sollen kraft Ge­setzes fach­kun­dige Ver­treter zur Seite gestellt werden, die ihre Interessen im gerichtlichen Verfahren und dem Trä­ger der Ein­richtung gegenüber wahrnehmen.

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 20. Jänner 2004 in Verhandlung genommen. Bei der Sitzung wurden Univ.-Prof. Dr. Heinz Barta, Dr. Michael Ganner, Gerda Ressl und Dr. Peter Schlaffer als ExpertInnen gehört.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Mag. Dr. Josef Trinkl, Dr. Gabriela Moser, Barbara Rosenkranz, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Barbara Rosenkranz einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

 

„Zu den Z 1 und 2 (§ 2 Abs. 1 und 3)

Das Gesetz beschränkt sich auf die Regelung der Voraus­setzun­gen, der Vornahme und der gerichtlichen Über­prüfung von Freiheitsbeschränkungen in Heimen und anderen Einrichtungen. Es gilt nicht für die Pflege und Betreuung, den Umgang mit den Persönlichkeitsrechten sowie die medizinische Behand­lung der Bewohner. In die Kompetenz der Länder für die Errichtung, die Erhaltung und den Betrieb von Pflege­hei­men wird damit nicht eingegriffen. Auch die Aufnahme des Betroffenen in das Heim oder die Einrichtung wird nicht geregelt. Das soll mit den Änderungen in § 2 ausdrücklich klargestellt werden.

 

Zu Z 3 und 4 (§§ 8 und 9)

Die Änderungen heben die Bedeutung der Vertretung der Bewohner durch selbst gewählte Personen aus der Familie des Bewohners besonders hervor. Zugleich tragen sie dem Anliegen Rechnung, die Selbstbestimmung der Bewohner zu respektieren. Zur gewillkürten Vertretung des Betroffenen bei der Wahrnehmung seines Rechtes auf persönliche Freiheit sind nahe Angehörige aus dem Familienkreis oder ein vom Bewohner bestellter Rechtsanwalt oder Notar berufen. Wenn der Bewohner diese Bestellung eines solchen Vertreters auf Grund seines Geisteszustandes nicht selbst besorgen kann, bedarf es hiefür der Zustimmung eines Sachwalters. Auch benötigen die vom Heimbewohner bestellten Vertreter für die Ausübung ihrer Befugnisse einer besonderen, schriftlichen Vollmacht (vgl. § 1008 ABGB).

Unabhängig von der Bestellung eines Vertreters nach Abs. 1 ist auch der zuständige Sachwalterverein kraft Gesetzes Vertreter des Betroffenen (Abs. 2). Anders als es die Regierungsvorlage vorsieht, soll diese gesetzliche Vertretungsbefugnis in allen Fällen neben der eines wirksam bestellten Vertreters bestehen, und sie soll auch nicht durch die Bestellung eines Rechtsanwalts oder Notars oder die besondere Verfügung des Heimbewohners beendet werden können. Diese Lösung sichert die Qualität der gesetzlichen Vertretung durch die Vereine und verhindert allfällige Nachteile der Bewohner auf Grund einer Untätigkeit des bestellten Vertreters.

 

Zu Z 5 (§§ 24 und 25)

§ 24 Abs. 1 stellt zunächst klar, dass der Bund nach Maßgabe des Amtshaftungsgesetzes für den Schaden am Vermögen oder an der Person haftet, den ein Bediensteter oder Beauftragter einer Einrichtung in Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten jemandem anderen zugefügt hat. Es geht also um die rechtswidrige Anordnung oder die pflichtwidrige Unterlassung der Anordnung der Freiheitsbeschränkung durch einen Bediensteten oder Beauftragten (etwa eines Konsiliararztes) der Einrichtung. Der Bedienstete oder Beauftragte haftet dem Ge­schädigten nicht. Die Haftung des Bundes besteht - wie erwähnt -  „nach Maßgabe des Amtshaftungsgesetzes“. Auf den Schadenersatzanspruch sind damit alle materiellen Regelungen (z. B. die §§ 1, 2 und 6 Abs. 1 AHG) ebenso wie die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des AHG, insbesondere dessen §§ 8 und 9, anzuwenden.

Gemäß § 24 Abs. 2 haftet der Träger der Einrichtung dem Bund für die nach Abs. 1 erbrachten Leistungen, sofern der Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden ist. Dies hat aus Gleichheits­er­wägungen ungeachtet dessen zu gelten, ob der Träger eine juristische oder eine natürliche Person und daher „Organ“ im Sinn des Art. 23 Abs. 2 B-VG ist oder nicht.

Der Träger der Einrichtung (nicht aber der Bund als Rechtsträger) kann vom Bediensteten oder Beauftragten nach § 24 Abs. 3 für die von ihm nach Abs. 2 erbrachten Leistungen Rückersatz begehren, sofern der Bedienstete oder Beauftragte den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Auf diesen Anspruch und seine Geltendmachung sind die Bestimmungen des AHG über den Rückersatz und seine Geltendmachung anzuwenden. Dem Bediensteten oder Beauftragten kommt damit insbesondere die Rechtswohltat des § 3 Abs. 2 AHG zugute.

Die Änderung der Vollzugsklausel des § 25 berücksichtigt die unterschiedlichen Zuständigkeiten in Belangen der Gesundheitspolizei (die in den §§ 1 bis 7 und in § 23 Abs. 1 der Regierungsvorlage angesprochen werden) und in den genuin justizrechtlichen Bereichen, die in den übrigen Bestimmungen der Regierungsvorlage geregelt werden.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen. Weiters wurde ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim, Barbara Rosenkranz und  Mag. Terezija Stoisits einstimmig angenommen.

 

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen,

2.      die beigedruckte Entschließung annehmen.

Wien, 20. Jänner 2004

Mag. Heribert Donnerbauer Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

       Berichterstatter                     Obfrau