395 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über die Regierungsvorlage (255 der
Beilagen): Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen
den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der
Arabischen Republik Ägypten andererseits samt Anhängen, Protokollen und
Schlussakte
Am 25. Juni 2001 haben
die Europäischen Gemeinschaften (EG, EGKS) und ihre Mitgliedstaaten und
die Arabische Republik Ägypten in Brüssel das Assoziationsabkommen -
auch Europa-Mittelmeer-Abkommen genannt - unterzeichnet. Im Hinblick auf
das Auslaufen des EGKS-Vertrags mit 23. Juli 2002 ist es jedoch nur noch von
der EG und den EU-Mitgliedstaaten zu ratifizieren.
Da das Abkommen neben Materien mit
Gemeinschaftskompetenz auch Materien regelt, für die die Mitgliedstaaten
zuständig sind (sog. gemischte Abkommen), bedarf es der Ratifizierung durch die
Mitgliedstaaten.
Das Europa-Mittelmeer-Abkommen stellt
ein weiteres einer Reihe neuer Abkommen dieser Art mit den
Mittelmeerdrittländern dar, die die Europäische Gemeinschaften zur
Stärkung ihrer Mittelmeerpolitik abgeschlossen haben, um einen Beitrag zur
Schaffung eines Klimas des Friedens, der Sicherheit und der wirtschaftlichen
Stabilität im Mittelmeer zu fördern. Durch die detaillierten
Abkommensbestimmungen wird Ägypten darauf vorbereitet, an der von
der Europäischen Gemeinschaft geplanten Freihandelszone zwischen
der Europäischen Gemeinschaft, dem mittel- und osteuropäischen Raum und
dem Mittelmeerbereich teilzunehmen.
Wie in den Europa-Abkommen mit den
mittel- und osteuropäischen Ländern, wurde in
die Europa-Mittelmeer-Abkommen eine vertragliche Bestimmung aufgenommen,
die die Achtung der Menschenrechte als ein wesentliches Element der Assoziation
vorsieht. Dies entspricht einer vom Europäischen Rat im Mai 1992
verabschiedeten Entschließung.
Gegenüber dem bisherigen
Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
sowie ihren Mitgliedstaaten und der Arabischen Republik Ägypten und dem
Abkommen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und ihren
Mitgliedstaaten sowie der Arabischen Republik Ägypten vom 18. Januar 1977
enthält das Assoziationsabkommen im Wesentlichen folgende neue Elemente, die
teilweise auf Initiativen und Vorschläge der Bundesregierung beruhen:
- Die
Institutionalisierung eines politischen Dialogs auf hoher Ebene,
- Schaffung
einer regionalen Freihandelszone Europa-Mittelmeer in Übereinstimmung mit
den Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO),
- die Errichtung
einer Freihandelszone zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ägypten
mit größeren Zugeständnissen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und der
Beseitigung der Zölle auf gewerbliche Waren innerhalb von 12 bis 15 Jahren nach
Inkrafttreten des Abkommens,
- eine
Verpflichtung zur Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Niederlassungen von
Gesellschaften und zur Liberalisierung des grenzüberschreitenden
Dienstleistungsverkehrs,
- freier
Kapitalverkehr und Bestimmungen über Wettbewerb und Beihilfen,
- Verstärkung
der wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf allen Gebieten, die für beide Seiten interessant
sind, um ausgewogenere wirtschaftliche Beziehungen zwischen Ägypten und
der Europäischen Gemeinschaft zu fördern,
- Zusammenarbeit
auf sozialem Gebiet und im kulturellen Bereich, insbesondere zur weiteren
gesellschaftlichen Integration der Staatsangehörigen beider Vertragsparteien
sowie zur Intensivierung des gegenseitigen Kulturverständnisses,
- eine finanzielle
Zusammenarbeit, die Ägypten in seinen Bemühungen unterstützt, seine Wirtschaft
zu reformieren sowie die Wirtschaftsinfrastruktur zu verbessern und die
Auswirkungen bei der schrittweisen Errichtung der Freihandelszone durch soziale
Maßnahmen flankiert,
- Förderung
regionaler Zusammenarbeit, um die friedliche Koexistenz und die wirtschaftliche
und politische Stabilität zu festigen,
- Einsetzung
eines Assoziationsrats, der die Durchführung des Abkommens überwacht, und eines
Assoziationsausschusses zur Umsetzung des Abkommens.
Das Europa-Mittelmeer-Abkommen ist auf
unbegrenzte Zeit abgeschlossen. Es verstärkt die bestehenden guten Beziehungen
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Ägypten und festigt die 1995
mit der Erklärung von Barcelona begründete
Partnerschaft Europa-Mittelmeer. Hierbei wird als Grundsatz der
Beziehungen die Gegenseitigkeit, die Partnerschaft und die beiderseitige
Entwicklung nach demokratischen Grundsätzen und der Achtung der Menschenrechte
festgeschrieben. Mit dem Abkommen ist eine dauerhafte Basis für die Beziehungen
zu den Mittelmeerdrittländern im Zeichen der Partnerschaft festgelegt. Die enge
und umfassende Partnerschaft mit den Mittelmeerdrittstaaten ist das Gegenstück
zur Integrationspolitik gegenüber den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa und
verleiht den Außenbeziehungen der Europäischen Union ihre geopolitische
Geschlossenheit. Das Abkommen wird einen Beitrag zu Frieden und Sicherheit in
der Region leisten und die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Ägypten
und der Europäischen Gemeinschaft sowie zwischen Ägypten und seinen
Partnern im Mittelmeerraum fördern.
Der gegenständliche Staatsvertrag hat
gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß
Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Er enthält
keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Der
Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung
von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist.
Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß
Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine
Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen,
geregelt werden.
Der Außenpolitischer Ausschuss hat den
gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am
12. Februar 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich
die Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Walter Murauer, Herbert Scheibner und
Ing. Hermann Schultes sowie die Bundesministerin für
auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig
beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses
Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Außenpolitischer Ausschuss vertritt
weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages
zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend
determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß
Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Ebenso wurde einstimmig beschlossen, dass
die deutsche, dänische, englische, finnische, französische, griechische,
italienische, niederländische, portugiesische, schwedische, spanische und
arabische Sprachfassung dadurch kundgemacht werden soll, dass sie zur
öffentlichen Einsichtnahme beim Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten aufliegt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
beschließen:
1. Der
Abschluss des Staatsvertrages: Europa-Mittelmeer-Abkommen
zur Gründung einer Assoziation zwischen den Europäischen Gemeinschaften und
ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Arabischen Republik Ägypten
andererseits samt Anhängen, Protokollen und Schlussakte (255 der Beilagen) wird genehmigt.
2. Gemäß
Art. 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung der deutschen, dänischen,
englischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen,
niederländischen, portugiesischen, schwedischen, spanischen und arabischen
Sprachfassung dieses Staatsvertrages
durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten zu erfolgen.
Wien, 2004 02 12
Mag. Dr.
Alfred Brader Peter
Schieder
Berichterstatter Obmann