417 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Umweltausschusses
über die Regierungsvorlage (400 der
Beilagen): Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten
(Emissionszertifikategesetz - EZG)
Das Bundesgesetz über ein System für den
Handel mit Emissionzertifikaten dient der Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG
über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der
Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl. Nr. L 275 vom 25.10.2003 S.32,
CELEX 303L0087.
Die Europäische Gemeinschaft und ihre
Mitgliedstaaten haben gemäß dem Kyoto-Protokoll ein Reduktionsziel von 8% der
Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008 bis 2012 gegenüber dem Basisjahr 1990
übernommen; im Rahmen der EU-internen Lastenaufteilung beträgt das
Reduktionsziel Österreichs –13%. Als Beitrag zur Erreichung dieses Ziels hat
die Europäische Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten und
Interessensgruppen 2001 das Europäische Klimaschutzprogramm (ECCP, European
Climate Change Programme) erstellt. Dieses Programm sieht
gemeinschaftsrechtliche Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen in
allen Bereichen vor, die dem Gemeinschaftsrecht unterliegen.
Im Rahmen des ECCP hat die Kommission im
Oktober 2001 einen Vorschlag für eine Richtlinie über ein System für den Handel
mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft vorgelegt;
Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 175 Absatz 1 des EG-Vertrags. Die
Richtlinie wurde im Juli 2003 von Rat und Europäischem Parlament beschlossen,
die Kundmachung erfolgte im Oktober 2003. Die für die Umsetzung in nationales Recht
vorgesehene Frist ist der 31. Dezember 2003.
Durch das gemeinschaftliche System soll es
den am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen ermöglicht werden, auf
kosteneffiziente Weise zur Reduktion der Treibhausgasemissionen beizutragen.
Die Richtlinie sieht vor, dass eine
Gesamtmenge an Emissionsrechten, die dem Handelssystem zur Verfügung steht,
definiert und an die betroffenen Anlagen verteilt wird. Diese erhalten damit
eine verpflichtend einzuhaltende quantitative Obergrenze („cap“) für ihre
Treibhausgasemissionen während der Handelsperiode. Emittiert die Anlage in
einem Jahr weniger Treibhausgase, als ihre Zuteilung beträgt, kann sie die
überschüssigen Berechtigungen entweder für künftigen Eigengebrauch innerhalb
einer Handelsperiode aufbewahren oder verkaufen. Überschreiten die Emissionen
einer Anlage ihre Zuteilung an Emissionsrechten, muss der Betreiber
entsprechend viele Berechtigungen erwerben, um die überschüssigen Emissionen
abzudecken. Die Betreiber sind also nicht gezwungen, zu handeln, wenn sich ihre
Emissionen im Rahmen ihrer Zuteilung bewegen.
Dieser Ansatz hat für den Staat den
Vorteil, dass das umweltpolitische Ziel, die Emissionen der betroffenen Anlagen
insgesamt nicht über eine gewisse Höhe steigen zu lassen, mit sehr großer
Sicherheit erreicht wird. Im Vergleich dazu können z.B. die Emissionseffekte
von ordnungspolitischen oder fiskalischen Maßnahmen a priori nie exakt
definiert werden. Für die betroffenen Unternehmen bietet der Emissionshandel
generell mehr Flexibilität bei der Erfüllung der umweltpolitischen Ziele als
bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen.
Die erste Handelsperiode umfasst die Jahre
2005 bis 2007, danach sollen die Perioden jeweils fünf Jahre betragen, um mit
den Verpflichtungsperioden des Kyoto-Protokolls kompatibel zu sein.
Das System bezieht Unternehmen bestimmter
Sektoren ab einer gewissen Größe in allen Mitgliedstaaten verpflichtend ein.
Im ersten Schritt sollen nur Anlagen, die
Kohlendioxid emittieren, in das System einbezogen werden, potentiell ist das
System aber für alle Treibhausgase, die durch das Kyoto-Protokoll geregelt werden
(Kohlendioxid, Methan, Lachgas, HFCs, PFCs und SF6), offen. Der Zeitpunkt der
Einbeziehung weiterer Gase hängt wesentlich davon ab, wie rasch Richtlinien für
die Überwachung dieser Gase entwickelt werden können; diese liegen derzeit noch
nicht vor.
In der Richtlinie ist eine gewisse
Flexibilität hinsichtlich der von der Richtlinie erfassten Anlagen vorgesehen. Staaten können einzelne Anlagen aus dem
System bis 2007 herausoptieren, sofern sie ihre
Emissionen in gleichem Maß reduzieren, wie das im Emissionshandel der Fall
wäre, und äquivalenten Sanktionen bei Nichterreichung dieses Ziels unterliegen.
Die Entscheidung darüber wird im Komitologieverfahren getroffen. Jedenfalls
muss dabei sichergestellt werden, dass es durch die Ausnahme nicht zu Verzerrungen
des Binnenmarktes kommt. Andererseits können Staaten auch beantragen, dass einzelne Anlagen,
die kleiner sind als die in Annex I genannten Schwellenwerte, bereits ab 2005
am Emissionshandelssystem teilnehmen. Ab 2008 ist ein solcher Antrag auch für
Anlagen, die andere Tätigkeiten ausführen als in Annex I angeführt, und für
andere Gase, als gemäß Annex I erfasst sind, möglich.
Unter den Bedingungen weiterer
EU-Regelungen wird es möglich sein, Zertifikate aus Projekten im Ausland für
die Abgeltung von Emissionen im Emissionshandelssystem zu verwenden. Die
Europäische Kommission hat einen Entwurf für eine entsprechende Änderung der
Emissionshandelsrichtlinie im Juli 2003 vorgelegt.
Die Richtlinie sieht Sanktionen in Form
relativ hoher Geldstrafen für jene Anlagenbetreiber vor, die nicht genügend
Emissionsberechtigungen zur Deckung der Emissionen ihrer Anlage abliefern.
Kompetenzrechtliche Grundlagen:
Die Kompetenzgrundlage des gegenständlichen
Entwurfs liegt in Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG („Luftreinhaltung ...“). Der
Entwurf zielt mit einem besonderen Instrumentarium auf die Verringerung der
Emission von Treibhausgasen - also von Substanzen, die unstrittig als
Luftschadstoffe (vgl § 2 Abs 1 IG-L) gelten - durch die Emittenten solcher
Treibhausgase ab. Die Besonderheit des eingesetzten Instrumentariums ist allein
darin zu sehen, dass der Entwurf nicht im ordnungsrechtlichen Sinn zur
Verringerung dieser Emissionen zwingt, sondern den Emittenten nach
marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten Raum zur Variantenbeurteilung nach
ökonomischer Effizienz eröffnet. Ein zentrales Mittel zur Erreichung dieses
Zieles ist die - schrittweise reduzierte - Zuweisung von Emissionsrechten und
die Verpflichtung zur periodischen Ablieferung von Emissionsrechten.
Unterstützend tritt die „Genehmigung“ als gemeinschaftsrechtlich vorgegebene
Grundlage für die Zuweisung von Emissionsrechten hinzu. Bei den die
„Genehmigung“ betreffenden Bestimmungen handelt es sich allerdings nicht um
„Anlagenrecht“ im herkömmlichen Sinn, vielmehr bleiben die rechtlichen
Voraussetzungen für den Betrieb der betroffenen Anlagen unberührt. Gegenstand
der Genehmigung ist die behördliche Feststellung des Vorliegens der
Voraussetzungen für die Teilnahme am System der Verwaltung der Emissionsrechte,
mithin ein von der Verwaltung der Emissionsrechte nicht abteilbarer
Gesichtspunkt.
Die Emissionsrechte können auch Gegenstände
privatrechtlicher Rechtsgeschäfte („Transaktionen“) sein. Der Entwurf regelt
nun nicht diese Rechtsgeschäfte selbst, sondern allein die behördliche Registrierung
des Ergebnisses solcher - zulässiger und rechtswirksamer - Transaktionen, wobei
die Registrierung ein notwendiges rechtstechnisches Mittel zur Kontrolle der
Ordnungsgemäßheit der periodischen Abgabe von Emissionsrechten in der Form von
Zertifikaten ist. Im selben Sinn kommt auch den weiteren Bestimmungen des
Entwurfs lediglich unselbständige bzw instrumentelle Funktion im Hinblick auf
seinen Kern zu, der in der periodischen Zuweisung von Emissionsrechten und in
der periodischen Ablieferung von Emissionsrechten besteht und, wie gezeigt, dem
Kompetenztatbestand der „Luftreinhaltung ...“ zuzuzählen ist.
Angelegenheiten der Luftreinhaltung
unterliegen auch dann dem Art 10 Abs 1 Z 12 B-VG, wenn sie Emittenten
betreffen, die - in anderer Hinsicht - anderen Kompetenztatbeständen
unterliegen (vgl zB VwGH 23. 2. 1990, 89/18/0160).
Der Umweltausschuss hat die gegenständliche
Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. März 2004 in Verhandlung
genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die
Abgeordneten Dr. Evelin Lichtenberger,
Mag. Ulrike Sima, Georg Oberhaidinger,
Petra Bayr sowie der Bundesminister für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten
Karlheinz Kopf und Klaus Wittauer
einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Ziffer 1 (§ 2 Abs 6):
Da der Aufwand für die Genehmigungsanträge,
aber vor allem für die Überwachung,
Berichterstattung und Verifizierung der Emissionen für Biomasseanlagen,
die gar kein oder nur sehr wenig fossiles CO2 aus einer fossilen Stützfeuerung
emittieren, unverhältnismäßig hoch ist, werden diese Anlagen aus dem
Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen.
Zu Ziffer 2 (§ 4 Abs 6):
Im Zuteilungsplan werden für bereits
genehmigte, aber nicht in Betrieb befindliche bzw. noch nicht errichtete
Anlagen Emissionszertifikate zugeteilt. Es ist notwendig, eine Regelung
vorzusehen, dass die Zertifikate nicht ausgegeben werden, wenn die genehmigte
Anlage nicht errichtet oder nicht in Betrieb genommen wird, um eine
Gleichbehandlung mit bereits errichteten und betriebenen Anlagen, die
stillgelegt werden, zu erreichen. Eine solche Anlage verliert die bereits
erteilte Genehmigung gemäß § 4 EZG wieder und erhält folglich auch keine
Zertifikate.
Zu Ziffer 3 (§ 11 Abs 4):
Die Rechtsform der Zuteilung aus der
Reserve ist im Gesetz zu regeln.
Zu Ziffer 4 (§ 13 Abs 4):
Im Interesse des Rechtsschutzes für die
betroffenen Anlageninhaber und im Lichte der Judikatur des
Verfassungsgerichtshofs soll die Zuteilung auf Anlagenebene nicht mit
Verordnung, sondern mit Bescheid erfolgen. Im vorletzten Satz soll klargestellt
werden, dass die endgültige Zuteilung vom Zuteilungsplan gemäß § 11 nur dann
und nur insofern abweichen darf, als dies von der Europäischen Kommission aufgetragen
wird. Die Umsetzung mit Verordnung erfolgt im Einvernehmen mit dem BMWA.
§ 13 Abs 5: Im Interesse des Rechtsschutzes für die betroffenen Anlageninhaber
und im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs soll die Zuteilung auf
Anlagenebene nicht mit Verordnung, sondern mit Bescheid erfolgen. Im vorletzten
Satz soll klargestellt werden, dass die endgültige Zuteilung vom Zuteilungsplan
gemäß § 11 nur dann und nur insofern abweichen darf, als dies von der
Europäischen Kommission aufgetragen wird. Die Umsetzung mit Verordnung erfolgt
im Einvernehmen mit dem BMWA. Der offenbar durch ein Versehen in den ersten
Satz in der Regierungsvorlage eingeschobene Satz, der seinen Platz in § 11 Abs.
2 Z. 1 hat, wird gestrichen.
Zu Ziffer 5 (§ 17 Abs 4):
Mit dieser Regelung soll verhindert werden,
dass für Anlagen, die zum Zeitpunkt der Zuteilung zwar genehmigt, aber noch
nicht errichtet oder in Betrieb waren, und die erheblich später in Betrieb
gehen, als vom Inhaber angegeben wurde, eine vorzeitige Ausschüttung von
Zertifikaten erfolgt. In diesen Fällen bleibt die Genehmigung gemäß § 4
aufrecht, lediglich die Zertifikate werden nicht ausgeschüttet.“
Der Berichterstatter brachte folgende
Berichtigung vor:
„1. In § 3 Z 1 ist vor dem Wort
‚Emissionszertifikat’ ein Anführungszeichen einzufügen.
2. Zu den Erläuterungen zu § 11: die
Überschrift ‚Zu Abs. 6’ muss lauten: ‚Zu Abs. 7’.
3. Zu den Erläuterungen zu § 2: die
Überschrift ‚Zu Abs. 6’ muss lauten: ‚Zu Abs. 7’.“
Bei der Abstimmung wurde der in der
Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben
erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Karlheinz Kopf
und Klaus Wittauer und der Berichtigung mit
Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Umweltausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004-03-09
Karlheinz
Kopf Dr. Eva Glawischnig
Berichterstatter Obfrau