429 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (350 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Durchführung der Richtlinie der Europäischen Gemeinschaften über die gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten und indirekten Steuern (EG-Amtshilfegesetz - EG-AHG) geändert wird und ein EU-Quellensteuergesetz (EU-QuStG) erlassen wird

 

Zu Artikel I (EG-Amtshilfegesetz - EG-AHG):

Durch das vorliegende Bundesgesetz werden jene Teile des EG-AHG geändert, die im Widerspruch zu den Anordnungen der Richtlinie 2003/93/EG stehen. Diese Änderungen betreffen

-       den sachlichen Geltungsbereich: Einbeziehung der Versicherungssteuern, Ausschluss der Umsatzsteuer, hinsichtlich derer ab 1.1.2004 Amtshilfe im Bereich des Ermittlungsverfahrens nur mehr auf der Grundlage der VO (EG) Nr. 1798/2003 vom 7. Oktober 2003, ABl. EG Nr. L 264,  S. 1, geleistet wird.

-       die Verwertung der nach der RL 77/799/EWG in der geänderten Fassung ausgetauschten Informationen für andere Abgaben im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 76/308/EWG, ABl. EG Nr. L 73,  S. 18 („Beitreibungsrichtlinie“), wird ausdrücklich für zulässig erklärt.

Zu Artikel I (EU-Quellensteuergesetz):

Das BG enthält Bestimmungen über den Anwendungsbereich der EU-Quellensteuer, die erforderlichen Definitionen, wie des wirtschaftlichen Eigentümers, der Zahlstelle, der zuständigen Behörde und der Zinszahlung. Weiters sind Regelungen über die Feststellung von Identität und Wohnsitz des wirtschaftlichen Eigentümers vorgesehen. Weiters sind die Bemessungsgrundlage für die Quellensteuer, die Steuersätze, das Verfahren zur Abfuhr und die Weiterleitung an den jeweiligen Wohnsitzstaat des wirtschaftlichen Eigentümer geregelt. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Ausnahme von der Quellenbesteuerung vorgesehen. Zur Vermeidung einer etwaigen Doppelbesteuerung ist ein eigenes Verfahren vorgesehen. Bestimmte Wertpapiere sind während einer Übergangsfrist bis 1. Jänner 2011 nicht vom Anwendungsbereich umfasst.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 16. März 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich der Abgeordnete Dr. Christoph Matznetter und der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Alfred Finz.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Josef Bucher einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

 

Zu Art. 2 - § 3 Abs. 3:

§ 3 (2) sieht vor, dass die Zahlstelle die Identität des wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen hat, wobei auf vom wirtschaftlichen Eigentümer vorgelegte Ausweisdokumente abgestellt wird. Bei Anderkonten ist aber nach § 40 BWG eine Identitätsprüfung durch das Kreditinstitut nicht vorgesehen. Diese obliegt dem Kontoinhaber (Treuhänder), der dem Kreditinstitut die Identität des Treugebers (wirtschaftlichen Eigentümers) mit einer Ausweiskopie bekannt zu geben und die vorgenommene Identitätsprüfung zu bestätigen hat. (Bei Anderkonten von Rechtsanwälten und Notaren entfällt nach den §§ 9a RAO und 37a NotO die Bekanntgabe der Identität des Treugebers an das Kreditinstitut). Durch § 3 (3) in der vorgeschlagenen Fassung werden unterschiedliche Anforderungen an das Kreditinstitut und den Treuhänder nach BWG einerseits und dem EU-QuellensteuerG andererseits vermieden.

Zu Art. 2 - § 4 Abs. 3:

In Österreich aufgelegte Investmentfonds, die nicht der Richtlinie 85/611/EWG unterliegen (= Nicht-OGAW), sind beispielsweise alle Dachfonds vor der InvFG-Novelle 2003 sowie die Anderen Sondervermögen iSd § 20a InvFG in der Fassung der Novelle 2003. Es gibt daher einen großen Anwendungsbereich hiefür in Österreich. Diese Nicht-OGAW werden grundsätzlich alle dafür optieren, als Zahlstelle behandelt zu werden, da von der praktischen Handhabung nichts anderes Sinn macht. Müssten nun sämtliche von einer österreichischen Kapitalanlagegesellschaft aufgelegte Investmentfonds, die nicht der Richtlinie 85/611/EWG unterliegen, eine Option iSd § 4 Abs. 3 in der Fassung vor diesem Abänderungsantrag abgeben, würde dies sowohl auf Seite der Fondsgesellschaften als auch bei der Finanzverwaltung, die diesen Anträgen stattgeben muss, einen erhöhten Verwaltungsaufwand verursachen. Mit der nunmehr normierten gesetzlichen Fiktion, dass alle Nicht-OGAW als OGAW und somit als Zahlstelle behandelt werden, wird ein solcher Verwaltungsaufwand vermieden. Dieses Prozedere wurde im Übrigen von Luxemburg in einer ähnlichen Form in Artikel 4 Abs. 3 des luxemburgischen Gesetzes eingearbeitet.

Zu Art. 2 - § 8:

Es erscheint in der Praxis undenkbar, dass es in einem Jahr in Summe über alle österreichischen Zahlstellen zu einem Negativsaldo (insgesamt also zur einer Rückforderung von Quellensteuer) gegenüber einem einzelnen Mitgliedstaat kommt, denn  die Gesamtabfuhr je Staat setzt sich aus der Summe aller Quellensteuerbeträge auf Zinseinkünfte im Sinne des vorliegenden Gesetzes, also im wesentlichen aus den Zinsen von Giro-, Termingeld- und vor allem Spareinlagen sowie Zinsgutschriften aus nicht der Ausnahmeregelung des § 12 unterliegenden Forderungswertpapieren zusammen. Diesen wesentlichen positiven Beträgen stehen nur jene QUEST - Vergütungen gegenüber, die sich beim Erwerb von ebenfalls nicht der Ausnahmeregelung unterliegenden Forderungswertpapieren aus der Stückzinsenberechnung ergeben, soweit der nächste Kupontermin nicht im Jahr des Erwerbes liegt und damit die (höhere) QUEST - Abfuhr erst im Folgejahr oder später erfolgt.

In Ausnahmefällen, wo z.B. ein sehr kleines Kreditinstitut etwa nur einen Kunden aus einem bestimmten Mitgliedstaat  hat, der noch dazu solche Wertpapiere kauft und sonst in diesem Jahr keine Zinserträge etwa aus Geldeinlagen oder anderen Wertpapieren lukriert, kann es theoretisch zu einem QUEST - Negativsaldo bei diesem Kreditinstitut gegenüber diesem Mitgliedstaat kommen. Für diese Fälle würde es bei der derzeitigen, aufgrund des Antrages zu entfallenden  Bestimmung eines „Vortrages auf kommende Abfuhrverpflichtungen“ technischer und organisatorischer Vorkehrungen  bedürfen, deren Aufwand nicht sinnvoll erscheint.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Josef Bucher einstimmig angenommen.

 

Ferner beschloss der Finanzausschuss einstimmig folgende Feststellung:

 

Der Finanzausschuss geht davon aus, dass die einheitliche Auslegung der Bestimmungen über die EU-Quellensteuer einerseits durch Richtlinien des Bundesministeriums für Finanzen und andererseits durch die Einrichtung einer zentralen Auskunftsstelle beim bundeseinheitlichen Fachbereich sichergestellt werden. Diese Auskunftsstelle wird für Anfragen des Bankensektors zur Verfügung stehen, wobei zur Sicherstellung einer effizienten Beantwortung diese Anfragen im Wege der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich vorgelegt werden sollen. Die Auskünfte der zentralen Auskunftsstelle werden für den Bereich der gesamten Finanzverwaltung verpflichtend sein. Das Bundesministerium für Finanzen wird sicherstellen, dass Auskünfte dieser Auskunftsstelle so zeitnah wie möglich erteilt werden. Durch diese Auskunftsstelle soll vor allem vermieden werden, dass abfuhrpflichtige Banken in Haftungsprobleme kommen. Bei der Geltendmachung von Haftungen auf Grund unrichtigen Quellensteuerabzuges geht der Finanzausschuss davon aus, dass dabei berücksichtigt wird, ob die Bank die ihr zumutbare Sorgfalt beachtet hat.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004 03 16

               Hermann Schultes      Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll

       Berichterstatter                  Obmann