434 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Finanzausschusses
über die Regierungsvorlage (339 der
Beilagen): Protokoll zur Änderung des Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung
und Harmonisierung der Zollverfahren (geschehen zu Brüssel am 26. Juni 1999)
samt Anhängen
Das Protokoll zur Änderung des
Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der
Zollverfahren ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der
Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat nicht
politischen Charakter und enthält keine verfassungsändernden bzw.
verfassungsergänzenden Bestimmungen. Das Abkommen ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich; so dass eine
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG erforderlich ist. Einer
Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG bedarf es
nicht, da keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder
geregelt werden.
Österreich ist
seit 1974 Vertragspartei des Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung
und Harmonisierung der Zollverfahren. Dieses Übereinkommen wurde vom Rat für
die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens auf seiner Ratstagung 1993 in
Kyoto beschlossen. Davon
leitet sich die unter Zollexperten für dieses Übereinkommen gebräuchliche
Bezeichnung „Kyoto Konvention“ ab.
Das Übereinkommen von 1973 war mit einem Hauptteil
und letztlich insgesamt 30 Anhängen sehr differenziert strukturiert und hat
durch die umfassende Möglichkeit der Einlegung von Vorbehalten oder der Annahme
nur von bestimmten Anhängen des Übereinkommens den Vertragsparteien eine
„Annahme à la carte“ ermöglicht, die sie nicht wirklich zu einer Anpassung
ihrer nationalen Vorschriften an einen internationalen Standard bewogen hat.
In Österreich
wurde dieses Übereinkommen, dessen Normen sich vorwiegend an die Zollverwaltung
richten, als Verwaltungsübereinkommen eingestuft und damit als nicht vom
Nationalrat genehmigungspflichtiger Staatsvertrag angesehen. Das Übereinkommen
wurde vom Ministerrat am 28. Mai 1974 genehmigt. Es wurde gemäß der damals
geltenden Rechtslage nicht im Bundesgesetzblatt kundgemacht.
International
konnte sich das Übereinkommen von 1973 nicht wirklich durchsetzen. Die Zahl der
Vertragsparteien erreichte nur 62 und damit nicht annähernd die Zahl der
Zollratsmitglieder (dzt. 162) oder die der UN-Mitglieder. Selbst diese 62
Vertragsparteien haben nur bestimmte und nur wenig gemeinsame Anhänge des
Abkommens angenommen, so dass einige Anhänge mangels ausreichender Akzeptanz
gar nie in Kraft getreten sind. Damit hat das Übereinkommen auch nicht die
erwartete Zahl von Vertragsparteien erreicht, von der eine internationale
Harmonisierung der Vorgehensweisen der Zollverwaltungen hätte erwartet werden
können.
Aus diesen
Gründen hat die Weltzollorganisation (so nennt sich seit 1994 der Rat für die
Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Zollwesens) das Übereinkommen umfassend
überarbeitet und bei der Ratstagung im Juni 1999 ein Änderungsprotokoll zur
Revision des Übereinkommens beschlossen. Sobald 40 der 62 Vertragsparteien des Übereinkommens von 1973 das
Änderungsprotokoll unterzeichnet und ratifiziert haben oder ihm beigetreten
sind, tritt es in Kraft. Das Übereinkommen ist noch nicht in Kraft getreten.
Das Änderungsprotokoll enthält in seinen drei Anhängen das revidierte
Übereinkommen von Kyoto. Es gliedert sich in einen Hauptteil, eine Allgemeine
Anlage und 10 Besondere Anlagen. Weiters gibt es zu jeder Anlage noch
Leitlinien, die aber nicht rechtlich verbindlich sind. Eine Vertragspartei muss
zumindest den Hauptteil und die Allgemeine Anlage annehmen. Die Besonderen
Anlagen können von einer Vertragspartei auch erst später und auch nur teilweise
angenommen werden.
Die Allgemeine Anlage stellt das materielle Kernstück des Übereinkommens
dar und enthält zu diesem Zweck einige Begriffsbestimmungen sowie eine Vielzahl
von Normen und Übergangsnormen, die in 10 Kapitel zollthematisch gruppiert sind.
In den Normen, die sich an die Zollverwaltungen der Vertragsparteien richten,
werden die Grundsätze und Standards für das Verwaltungshandeln der Zollbehörden
niedergelegt, wie sie derzeit dem Entwicklungsstand einer modernen Verwaltung
entsprechen. Insbesondere wird dem Fortschritt auf dem Gebiet der
Informationstechnologie Rechnung getragen und der Einsatz von elektronischen
Zollverfahren vorgesehen. Um den Vertragsparteien die nötige Zeit zu geben, für
ihre Zollverwaltungen die technischen Voraussetzungen für den EDV Einsatz zu
schaffen, wurden in diesem Bereich die Vorschriften als Übergangsnormen
statuiert. Übergangsnormen im Sinne des Übereinkommens sind Vorschriften, für
deren Umsetzung eine längere Frist eingeräumt ist als für Normen. Für die Umsetzung
einer Übergangsnorm bleiben ab Inkrafttretten des Übereinkommens 5 Jahre Zeit,
während die anderen Normen schon innerhalb von 3 Jahren ab Inkrafttreten
umgesetzt sein müssen.
Die
Vertragsparteien des revidierten Übereinkommens von Kyoto verpflichten sich,
klare, transparente und moderne Zollverfahren anzuwenden, die durch den Einsatz
neuer Informatikverfahren sowie neuer Zollkontrolltechniken wie
Risikobewertung und Betriebsprüfung eine schnellere Zollabfertigung von Waren
ermöglichen.
Das Änderungsprotokoll
und das damit geänderte Internationale Übereinkommen ist gemeinschaftsrechtlich
als gemischtes Abkommen anzusehen, weil die im revidierten Übereinkommen zur
Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren enthaltenen Regelungen seit
dem EG-Beitritt Österreichs, mit dem unter dem Titel des freien Warenverkehrs
Angelegenheiten der Zollunion in die Zuständigkeit der Gemeinschaft
übergegangen sind, überwiegend in die Gemeinschaftskompetenz fallen und nur
mehr gewisse rechtsergänzende Regelungen (z.B. Sanktionen für
Zollrechtsverletzungen) oder organisatorische Bestimmungen (z.B. Standorte,
Befugnisse und Öffnungszeiten der Zollstellen) oder verfahrensrechtliche
Ausführungsbestimmungen (z.B. im Rechtsbehelfsverfahren) in der Kompetenz der
Mitgliedstaaten verblieben sind.
Die in der
Allgemeinen Anlage des revidierten Übereinkommens enthaltenen Normen können
sowohl gemeinschaftsrechtlich durch den Zollkodex der Gemeinschaften und die
Zollkodex-Durchführungsverordnung der Kommission als auch innerstaatlich
insbesondere durch das Zollrechts-Durchführungsgesetz und die
Zollrechts-Durchführungsverordnung als erfüllt angesehen werden. Im Hinblick
darauf, dass etliche Normen des Übereinkommens in Österreich durch das
Zollrechts-Durchführungsgesetz als erfüllt anzusehen sind, ist das
Übereinkommen als auf Gesetzesstufe stehender Staatsvertrag einzustufen und
bedarf damit nach Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung des Nationalrates.
Der Beitritt der
Europäischen Gemeinschaft zum Änderungsprotokoll wurde bereits mit Beschluss
des Rates vom 17. März 2003 über
den Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum Änderungsprotokoll genehmigt (sh. ABl. Nr. L 86 vom 03.04.2003, S. 21). Die Hinterlegung der Beitrittsurkunden der
Europäischen Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten soll gemäß diesem Beschluss
gleichzeitig erfolgen.
Bezeichnung der Teile
des Änderungsprotokolls, denen Österreich beitritt:
Das Protokoll zur Änderung des
Internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der
Zollverfahren besteht aus dem eigentlichen Änderungsprotokoll und drei
Anhängen. Gegenstand des vorliegenden Genehmigungsverfahrens zum Beitritt
Österreichs ist nur das Änderungsprotokoll und seine Anhänge I und II. Anhang I
enthält das geänderte Übereinkommen und Anhang II enthält die Allgemeine Anlage
zum geänderten Übereinkommen.
Der Anhang III enthält die Besonderen
Anlagen zum geänderten Übereinkommen und bleibt seine spätere (teilweise)
Annahme in Übereinstimmung mit der Europäischen Gemeinschaft und den anderen
Mitgliedstaaten einem gesonderten Genehmigungsverfahren vorbehalten. Der Anhang
III ist daher hier dem Änderungsprotokoll nicht angeschlossen.
Kosten:
Es werden durch den Beitritt zum geänderten
Internationalen Übereinkommen keine zusätzlichen Kosten hervorgerufen, weil die
Umsetzung der in der Allgemeinen Anlage enthaltenen Normen bereits auf Grund
gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen oder in Entsprechung innerstaatlicher
Vorschriften erfolgt ist.
Der Finanzausschuss hat den
gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 16.
März 2004 in Verhandlung genommen.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig
beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses
Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Finanzausschuss vertritt weiters
einstimmig die Auffassung, dass der gegenständliche Staatsvertrag der
unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist und
daher eine Beschlussfassung des Nationalrates im Sinne des Art. 50
Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
1. Der
Abschluss des Staatsvertrages: Protokoll zur Änderung des Internationalen
Übereinkommens zur Vereinfachung und Harmonisierung der Zollverfahren
(geschehen zu Brüssel am 26. Juni 1999) samt Anhängen (339 der Beilagen) wird genehmigt.
2. Dieser
Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2
B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
Wien, 2004 03 16
Ing.
Hermann Schultes Dipl.-Kfm.
Dr. Günter Stummvoll
Berichterstatter Obmann