436 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Antrag  310/A der Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Umsatzsteuergesetz 1994 geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Günter Stummvoll, Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 4. Dezember 2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zu § 11 Abs. 15 EstG:

Art. 22 Abs. 9 lit. c der 6. EG-Richtlinie idF der RL 2001/115/EG gestattet es den Mitgliedstaaten, in bestimmten Fällen von der Verpflichtung zur Rechnungsausstellung abzusehen.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 16. März 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter und Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Josef Bucher einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 2 und Z 3 - § 3a Abs. 1a letzter Satz und § 12 Abs. 3 Z 4:

Nach der bis 31.12.2003 in Österreich geltenden Rechtslage war die Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für private Zwecke (Wohnung) bzw. für sonstige nichtunternehmerische Zwecke (z.B. hoheitliche Nutzung eines gemischt genutzten Amtsgebäudes) zwingend „unecht“ von der Umsatzsteuer befreit. Daraus ergab sich, dass der Unternehmer für den privat genutzten Gebäudeteil keinen Vorsteuerabzug geltend machen konnte.

Nach dem Urteil des EuGH vom 8. Mai 2003, Rs C-269/00, „Seeling“, stellt die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes für den privaten (nichtunternehmerischen) Bedarf des Unternehmers einen steuerpflichtigen Eigenverbrauch dar (die für die Vermietung geltende Steuerbefreiung kann hier nicht zur Anwendung kommen), mit der Konsequenz, dass der Unternehmer für den privat genutzten Gebäudeteil von vornherein zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

Das führt einerseits zu einer krassen Ungleichbehandlung gegenüber Personen, die keine Möglichkeit haben, ihr Grundstück (z.B. Einfamilienhaus) geringfügig unternehmerisch zu nutzen (und daher keine Möglichkeit des Vorsteuerabzuges für das Gebäude zu erhalten), andererseits würde die konsequente Anwendung des Seeling-Urteils zu erheblichen Steuerausfällen führen.

Es wird daher von der im Artikel 6 Abs. 2 zweiter Satz der 6. EG-Richtlinie vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht, wonach die Mitgliedstaaten Abweichungen vom Eigenverbrauch vorsehen können, sofern solche Abweichungen nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Von dieser Bestimmung wird insofern Gebrauch gemacht, als die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes für private Zwecke nicht der Eigenverbrauchsbesteuerung unterzogen wird. Dementsprechend wird im § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994 der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Auch dies entspricht der 6. EG-Richtlinie, wonach ein Vorsteuerabzug gemäß Artikel 17 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie grundsätzlich nur im Zusammenhang mit besteuerten Umsätzen zusteht.

Im vorliegenden Fall führt die Abweichung nicht nur nicht zu Wettbewerbsverzerrungen, sondern es werden durch die Neuregelung erst gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen.

Zu Z 4 - § 12 Abs. 10a:

Im Hinblick auf das Urteil des EuGH C-269/00, wonach die Privatnutzung eines gemischt genutzten zur Gänze dem Unternehmen zugeordneten Gebäudes steuerpflichtig ist und der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem Gebäude zur Gänze abzugsfähig ist, wäre die in der EG-Richtlinie vorgesehene Möglichkeit, den Beobachtungszeitraum auf 20 Jahre auszudehnen, Gebrauch zu machen. Ansonsten könnte z.B. ein unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges errichtetes Gebäude bereits nach Ablauf von 10 Jahren ohne Umsatzsteuerbelastung veräußert werden.

Die Regelung soll nur bei gemischtgenutzten Grundstücken, die zur Gänze dem Unternehmensbereich zugeordnet sind und bei denen hinsichtlich des nicht unternehmerisch genutzten Teiles ein Vorsteuerabzug in Anspruch genommen werden konnte, gelten, da nur diese Unternehmer von der Rechtslage auf Grund des genannten Urteils profitieren können.

Im Hinblick darauf, dass für den privat genutzten Teil eines dem Unternehmen zugeordneten Grundstückes grundsätzlich kein Vorsteuerabzug zusteht (siehe § 12 Abs. 3 Z 4 UStG 1994), wird der Verlängerung des Beobachtungszeitraumes nur geringe Bedeutung zukommen.

Zu Z 5 - § 18 Abs. 10:

Korrespondierend zur Verlängerung des Beobachtungszeitraumes im § 12 Abs. 10a auf zwanzig Jahre wird auch die Aufbewahrungspflicht für diese Fälle verlängert.

Zu Z 6 - § 28 Abs. 10a:

In § 28 Abs. 10a Z 1 und 2 wird normiert, dass zollrechtliche Nichterhebungsverfahren (insbesondere Verfahren der vorübergehenden Verwendung, Freizonenregelung, Zolllagerregelung, aktiver Veredlungsverkehr) sowie das gemeinsame Versandverfahren aus dem Warenverkehr zwischen den neuen und den bisherigen Mitgliedstaaten auch nach dem Beitritt der neuen Mitgliedstaaten zur EU weitergelten.

In § 28 Abs. 10a Z 3 wird das Verlassen der jeweiligen Regelung oder des Verfahrens als Einfuhr fingiert, sofern das Verlassen im Inland stattfindet. Ohne diese Regelung könnte ein Gegenstand, der aus einem neuen Mitgliedstaat stammt, ohne Mehrwertsteuerbelastung im Inland verbleiben, da der grundsätzliche Einfuhrtatbestand für Einfuhren aus den neuen Mitgliedstaaten ab 1. Mai 2004 nicht mehr greift.

Beispiel: Ein am 1. Februar 2004 von Tschechien nach Österreich im Verfahren der vorübergehenden Verwendung bei vollständiger Befreiung der Eingangsabgaben verbrachter Gegenstand verlässt das Verfahren der vorübergehenden Verwendung in Österreich am 1. Juni 2004. Der Einfuhrtatbestand ist aufgrund der Neuregelung erfüllt.

§ 28 Abs. 10a Z 4 behandelt den Sonderfall, dass Gegenstände vor dem 1. Mai 2004 aus einem neuen Mitgliedstaat steuerfrei nach Österreich geliefert wurden und erst ab 1. Mai 2004 nach Österreich gelangen. Auch in diesem Fall muss fiktiv eine Einfuhr angenommen werden, da der Gegenstand ansonsten ohne Mehrwertsteuerbelastung im Inland verwendet werden könnte.

§ 28 Abs. 10a Z 5 normiert Ausnahmen von der Besteuerung entweder weil der Gegenstand nicht im Inland bzw in der Gemeinschaft verbleibt oder aus Bagatellgründen.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004 03 16

Ing. Hermann Schultes      Dipl.-Kfm. Dr. Günter Stummvoll

       Berichterstatter                  Obmann