437 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (414 der
Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das
Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert werden
(EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz)
Im Zuge der Vorbereitung der EU-Erweiterung
haben sich die 15 derzeitigen und die neuen Mitgliedsstaaten in den
Verhandlungskapiteln „Freier Personenverkehr“ und „Freier
Dienstleistungsverkehr“ auf ein Übergangsarrangement geeinigt, demzufolge jeder
derzeitige Mitgliedsstaat grundsätzlich die Möglichkeit haben soll, seine nationalen
Regeln für die Zulassung drittstaatsangehöriger Arbeitskräfte zum Arbeitsmarkt
und zur grenzüberschreitenden Dienstleistung während einer Übergangsfrist von
maximal sieben Jahren für die neuen EU-Bürger beizubehalten. Gleichzeitig ist
jedoch – um den Willen zur schrittweisen Öffnung des Arbeitsmarktes zu
unterstreichen – während der Weiteranwendung des nationalen Rechts danach zu
trachten, den Arbeitskräften aus den Beitrittsländern einen verbesserten Zugang
zum Arbeitsmarkt zu gewähren. Das Übergangsarrangement ist auch Bestandteil des
am 16. April 2003 von den zehn neuen Mitgliedstaaten in Athen
unterzeichneten Beitrittsvertrages, der am 1. Mai 2004 in Kraft treten
soll. Für die Republik Malta und die Republik Zypern gilt ab dem Beitritt die
EU-Freizügigkeit und EU-Dienstleistungsfreiheit.
Die Österreichische Bundesregierung hat in
ihrem Regierungsprogramm im Kapitel „Europäische Union“ unter anderem die
Umsetzung dieses Übergangsarrangements im Bereich der Freizügigkeit der
Personen und der Dienstleistungen unter Beachtung der siebenjährigen
Übergangsfrist vorgesehen.
Dementsprechend wird nun von der
Möglichkeit Gebrauch gemacht, während der Übergangsfrist für den
Arbeitsmarktzugang von Staatsangehörigen der neuen Mitgliedstaaten (mit
Ausnahme von Zypern und Malta) weiterhin die nationalen und die sich aus
bilateralen Abkommen ergebenden Regeln anzuwenden. Dasselbe gilt für die
vorübergehende Beschäftigung von Arbeitskräften, die von Unternehmen mit Sitz
in den neuen EU-Mitgliedstaaten zur Erbringung grenzüberschreitender
Dienstleistungen in bestimmten Sektoren in das Bundesgebiet entsandt werden.
Das Übergangsarrangement sieht aber
gleichzeitig vor, dass jenen neuen EU-Bürgern, die zum Zeitpunkt des Beitritts
oder danach rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt sind und ununterbrochen
mindestens zwölf Monate in Österreich legal zum Arbeitsmarkt zugelassen waren,
freier Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt werden muss. Dieses Recht kommt auch
Ehegatten und Kindern solcher EU-Bürger zu, wenn sie mit diesen zum Zeitpunkt
des Beitritts einen gemeinsamen Wohnsitz in Österreich haben. Ziehen sie erst
nach dem Beitritt zu, müssen sie für einen ununterbrochenen Zeitraum von
mindestens 18 Monaten einen gemeinsamen Wohnsitz haben.
Darüber hinaus ist Österreich auf Grund des
Beitrittsvertrages verpflichtet, Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten
– unbeschadet der Weiteranwendung der nationalen Zulassungsregeln – gegenüber
Arbeitskräften aus Drittstaaten beim Zugang zum Arbeitsmarkt zu bevorzugen
(sog. Gemeinschaftspräferenz).
Um bei der Anwendung des
Übergangsarrangements auch die notwendige Kontrolle und Rechtssicherheit am
Arbeitsmarkt wahren sowie nicht zuletzt seine Funktionsweise und die
Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt evaluieren zu können, sind bestimmte
Anpassungen und Übergangsbestimmungen im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG)
und im Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) erforderlich.
– Klarstellung,
dass neue EU-Bürger für die Dauer der Anwendung des Übergangsarrangements nicht
vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommen sind und
deren (Neu-)Zulassung weiterhin nach den Regeln des AuslBG erfolgt;
– Schaffung einer Bestätigung für neue
EU-Bürger, deren Ehegatten und Kinder, mit dem das Recht auf freien
Arbeitsmarktzugang nach den Vorgaben des Übergangsarrangements dokumentiert
wird;
– Schaffung
eines Verwaltungsstraftatbestandes für die Beschäftigung neuer EU-Bürger mit
freiem Arbeitsmarktzugang, aber ohne Bestätigung;
– Klarstellung,
dass rechtmäßig beschäftigte und arbeitslose neue EU-Bürger weiterhin auf die
Bundeshöchstzahl und auf die Landeshöchstzahlen angerechnet werden;
– Klarstellung,
dass in den Dienstleistungssektoren, wo nach dem Übergangsarrangement Einschränkungen
der Dienstleistungsfreiheit zulässig sind, die Regeln
für die Betriebsentsendung uneingeschränkt weiter gelten, und in
den liberalisierten Dienstleistungssektoren die für EU-Unternehmen geltenden
Sonderregeln (EU-Entsendebestätigung) zur Anwendung kommen;
– Wegfall
der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer
Beschäftigungsbewilligung für neue EU-Bürger als Folge der Sichtvermerks- und
Niederlassungsfreiheit; Präzisierung der erforderlichen Aufenthaltstitel für
Drittstaatsangehörige;
– Verankerung
des Vorranges von Arbeitskräften aus den neuen EU-Mitgliedstaaten bei der
Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen (sog. Gemeinschaftspräferenz);
– Schaffung
eines Ausnahmetatbestandes für Schweizer und ihre Familienangehörigen sowie
Ausdehnung der für EU-Unternehmen geltenden Sonderregeln
(EU-Entsendebestätigung) auf Schweizer Unternehmen;
– Klarstellungen
im AlVG hinsichtlich der Verfügbarkeit von Saisoniers am Arbeitsmarkt;
– Die
Zulassung neuer EU-Bürger als Schlüsselkräfte ist an den Umstand, dass diese
Sichtvermerks- und Niederlassungsfreiheit haben, anzupassen.
Außerdem kommen nach dem Ablauf der im
EU-Schweiz-Personenfreizügigkeitsabkommen vorgesehenen Übergangsfrist am
31. Mai 2004 Schweizer und ihre Familienangehörigen in den Genuss der
EU-Freizügigkeit und Schweizer Unternehmen in den Genuss der
EU-Dienstleistungsfreiheit. Dementsprechend ist im
Ausländerbeschäftigungsgesetz deren Gleichstellung mit den EU-Bürgern bzw.
Unternehmen der derzeitigen EU-Mitgliedstaaten vorzusehen.
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützen
sich die vorliegenden Änderungen des AuslBG auf die Art. 10 Abs. 1
Z 11 B-VG.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die
gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 16. März 2004 in
Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der Abgeordnete
Sigisbert Dolinschek. An der Debatte beteiligten sich außer dem
Berichterstatter die Abgeordneten Karl Öllinger, Franz Riepl,
Mag. Walter Tancsits, Maximilian Walch, Walter Schopf
sowie der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und die Ausschussobfrau Abgeordnete Heidrun Silhavy.
Bei der Abstimmung wurde der in der
Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag,
der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf
(414 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004 03 16
Sigisbert
Dolinschek Heidrun Silhavy
Berichterstatter Obfrau