452 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Regierungsvorlage
Bundesgesetz, mit dem ergänzende Regelungen
über das Vorgehen der Zollbehörden im Verkehr mit Waren, die ein Recht am
geistigen Eigentum verletzen, erlassen werden (Produktpirateriegesetz 2004
– PPG 2004)
Der Nationalrat hat beschlossen
§ 1. (1) Anträge auf Tätigwerden nach Artikel 5 Abs. 1 der
Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 über das Vorgehen der Zollbehörden gegen
Waren, die im Verdacht stehen, bestimmte Rechte geistigen Eigentums zu
verletzen, und die Maßnahmen gegenüber Waren, die erkanntermaßen derartige
Rechte verletzen (im Folgenden EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004), ABl.
Nr. L 196 vom 2. August 2003 S 7, sind vom Zollamt Villach
entgegenzunehmen und zu bearbeiten.
(2) So weit in diesem Bundesgesetz nicht
anderes bestimmt ist, gilt das Zollrecht gemäß § 2 Abs. 1 ZollR-DG.
§ 2. (1) Im Fall eines Antrags nach Artikel 5 Abs. 4 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 (Gemeinschaftsantrag), der auch in
Österreich Anwendung findet und nicht in deutscher Sprache gestellt wurde, hat
der Rechtsinhaber dem Zollamt Villach erforderliche Übersetzungen auf seine
Kosten zur Verfügung zu stellen.
(2) Kosten, die dem Bund daraus entstehen, dass
die Waren nach Artikel 9 oder 11 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 unter zollamtlicher Überwachung
bleiben, sind dem Bund vom Rechtsinhaber zu ersetzen.
(3) Werden vorübergehend verwahrte Waren in
Durchführung einer Maßnahme nach Artikel 9 oder 11 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004
bei einer Zollstelle gelagert, sind die gemäß § 104 Abs. 1 ZollR-DG
zu entrichtenden Verwaltungsabgaben durch den Rechtsinhaber zu entrichten.
§ 3. (1) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 4 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 unterrichtet das Zollamt Villach den
Rechtsinhaber, sofern dieser bekannt ist oder leicht festzustellen ist.
(2) Abs. 1 findet auch dann Anwendung,
wenn es für Zollorgane bei Tätigwerden im Rahmen der ihnen sonst obliegenden
Aufgaben offensichtlich ist, dass es sich bei den Waren um solche handelt, die
ein Recht am geistigen Eigentum verletzen. Artikel 4, Artikel 9,
Artikel 11 und Artikel 13 Abs. 1 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 sind in diesen Fällen anzuwenden.
§ 4. (1) Wurde die Überlassung der Ware gemäß Artikel 9 Abs. 1
der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ausgesetzt oder diese
beschlagnahmt, so ist dies dem Anmelder (Artikel 4 Z 18 Zollkodex)
oder dem Besitzer im Sinne des Artikels 38 des Zollkodex schriftlich
mitzuteilen. In diese Mitteilung gemäß Artikel 9 Abs. 2 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 sind folgende Hinweise aufzunehmen:
a) dass die durch ein Gericht in einem Straf- oder
Zivilrechtsverfahren zu treffende Entscheidung, ob diese Waren tatsächlich ein
Recht am geistigen Eigentum verletzen, unterbleiben kann, wenn der Anmelder,
der Besitzer oder der Eigentümer der Waren und der Rechtsinhaber einer sofortigen
Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung gemäß Artikel 11 Abs. 1
der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 zustimmen;
b) dass diese Zustimmung zur Vernichtung durch den
Anmelder, den Besitzer oder den Eigentümer als erteilt gilt, wenn der
Vernichtung nicht innerhalb von zehn Arbeitstagen oder im Fall leicht
verderblicher Waren innerhalb von drei Arbeitstagen ab der Zustellung der
Mitteilung schriftlich durch den Anmelder oder durch den Besitzer oder durch
den Eigentümer widersprochen wird.
Der Anmelder, der Besitzer oder der
Eigentümer der Waren kann die Erklärung, dass einer sofortigen Vernichtung
unter zollamtlicher Überwachung gemäß Artikel 11 Abs. 1 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ausdrücklich zugestimmt wird, direkt
der Zollbehörde übermitteln.
(2) Wird einer sofortigen Vernichtung unter
zollamtlicher Überwachung nicht zugestimmt, ist die Ware nach Maßgabe des
Artikels 13 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 zu überlassen.
(3) Das Zollamt Villach hat den Rechtsinhaber
zu informieren, ob der Anmelder, der Besitzer oder der Eigentümer der Waren
einer sofortigen Vernichtung unter zollamtlicher Überwachung zustimmt oder die
Frist, innerhalb der der Anmelder oder der Besitzer oder der Eigentümer der
Vernichtung widersprechen kann, ungenützt verstrichen ist.
(4) Die Abs. 1 bis 3 sind auch in den
Fällen des Artikels 4 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 anzuwenden,
wenn der Rechtsinhaber fristgerecht einen Antrag auf Tätigwerden gemäß
Artikel 5 der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 stellt.
§ 5. Eine nach Artikel 14 Abs. 1 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 geleistete Sicherheit unterliegt an
Stelle der Waren dem Verfall, wenn von der zur Entscheidung in der Sache
zuständigen Stelle rechtskräftig festgestellt wird, dass die Waren ein
Geschmacksmusterrecht, ein Patent, ein ergänzendes Schutzzertifikat gemäß der
Verordnung (EWG) Nr. 1768/1992 über die Schaffung eines ergänzenden
Schutzzertifikats für Arzneimittel, ABl. Nr. L 182 vom 2 Juli
1992 S 1, oder der Verordnung (EG) Nr. 1610/1996 über die Schaffung
eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel, ABl. Nr. L 198
vom 8 August 1996 S 30, oder ein Sortenschutzrecht verletzen.
§ 6. (1) Sind Waren nach § 4 zu vernichten, so hat die Zollbehörde
Proben oder Muster zu entnehmen und als Beweismittel für ein allfälliges
Gerichtsverfahren für die Dauer von sechs Monaten aufzubewahren. Die übrigen
Waren sind auf Kosten und auf Verantwortung des Rechtsinhabers zu vernichten
oder zu zerstören oder auf andere Weise ohne Kosten für die Staatskasse aus dem
Marktkreislauf zu nehmen.
(2) Mit Zustimmung des Rechtsinhabers können
die Waren auch karitativen Zwecken zugeführt oder auf andere Weise verwertet
werden.
§ 7. (1) Wer Waren, die auf Grund des Verfahrens nach Artikel 9 der
EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 als Waren erkannt wurden, die ein
Recht am geistigen Eigentum verletzen, in das Zollgebiet der Gemeinschaft
verbringt, in den zollrechtlich freien Verkehr überführt, aus dem Zollgebiet
der Gemeinschaft verbringt, ausführt, wiederausführt, in ein
Nichterhebungsverfahren überführt oder in eine Freizone oder ein Freilager
verbringt, begeht ein Finanzvergehen und ist von der Finanzstrafbehörde bei
vorsätzlicher Begehung mit Geldstrafe bis zu 15 000 Euro, bei fahrlässiger
Begehung mit Geldstrafe bis zu 4 000 Euro zu bestrafen. Bei
vorsätzlicher Begehung ist neben der Geldstrafe auf Verfall nach Maßgabe des
§ 17 des Finanzstrafgesetzes zu erkennen.
(2) Wer, ohne hiedurch den Tatbestand eines
anderen Finanzvergehens zu erfüllen, vorsätzlich eine Anzeige- und
Offenlegungspflicht nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 verletzt,
begeht eine Finanzordnungswidrigkeit und ist von der Finanzstrafbehörde mit
Geldstrafe bis zu 3 625 Euro zu bestrafen.
§ 8. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes sind hinsichtlich des
§ 5 der Bundesminister für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister
für Finanzen und hinsichtlich aller übrigen Bestimmungen der Bundesminister für
Finanzen betraut.
§ 9. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf
Bestimmungen anderer Bundesgesetze verwiesen wird, ist dies als Verweisung auf
die jeweils geltende Fassung zu verstehen.
(2) Alle in diesem
Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gelten gleichermaßen
für Personen sowohl weiblichen als auch männlichen Geschlechts.
§ 10. (1) Dieses Bundesgesetz tritt am 1. Juli 2004 in Kraft.
(2) Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Produktpirateriegesetz, BGBl. I Nr. 65/2001 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003, außer Kraft. Die Bestimmungen des Produktpirateriegesetzes sind letztmalig auf alle Fälle anzuwenden, in denen die Überlassung der Ware gemäß Artikel 4 oder Artikel 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3295/1994 über Maßnahmen, welche das Verbringen von Waren, die bestimmte Rechte am geistigen Eigentum verletzen, in die Gemeinschaft sowie ihre Ausfuhr und Wiederausfuhr aus der Gemeinschaft betreffen, ABl. Nr. L 341 vom 30. Dezember 1994 S 8, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 241/1999, ABl. Nr. L 27 vom 2 Februar 1999 S 1, ausgesetzt wurde oder in denen Waren nach diesen Bestimmungen beschlagnahmt wurden.