455 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die Regierungsvorlage (424 der
Beilagen): Übereinkommen der
Vereinten Nationen gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität
Das Übereinkommen gegen die
grenzüberschreitende organisierte Kriminalität verpflichtet die Staaten dazu,
ihre gesetzlichen Vorschriften im Kampf gegen länderübergreifend tätige
kriminelle Organisationen anzupassen. Transnationale Akteure in der Welt des
organisierten Verbrechens haben die Globalisierung, erleichterte Handelsströme
und bessere Verkehrswege für ihre eigenen Zwecke nutzen können. Strafverfolgung
und Strafgerichtsbarkeit sind aber durch Bestimmungen jeweils nationaler
Ordnungen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und haben zunehmende Mühe,
organisierte Kriminelle, die in mehreren Ländern aktiv sind, effizient zu
verfolgen.
Für die internationale Zusammenarbeit ist
es daher von entscheidender Bedeutung, eine gemeinsame Grundlage für eine
solche konzertierte Zusammenarbeit zu schaffen, strafwürdiges Verhalten
gemeinsam festzulegen und die Begriffswelten anzupassen, damit die justizielle
Zusammenarbeit leichter und rascher greifen kann.
In den Begriffsbestimmungen (Art. 2)
finden sich neben dem Hauptgegenstand, der „organisierten kriminellen Gruppe“,
Definitionen für „Erträge aus Straftaten“ und Zwangsmassnahmen wie
„Einfrieren“, „Beschlagnahme“ und „Einziehung“.
Das Kernstück des materiellrechtlichen
Teils wird mit der Kriminalisierung der Beteiligung an einer organisierten
kriminellen Gruppe eröffnet (Art. 5). Ebenso werden Geldwäsche und
Korruption in Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität verpönt und
Maßnahmen dagegen eingefordert. Eine Pflicht zur Verantwortlichkeit
juristischer Personen im Einklang mit den Rechtsgrundsätzen des Vertragsstaates
ergibt sich aus Art. 10.
Art. 11 - 14 legen die Ausgestaltung
der Strafverfolgung und damit einhergehender Zwangsmaßnahmen fest, wobei die
internationale Zusammenarbeit zum Zwecke der Einziehung als besonderer Punkt
(Art. 13) herausgearbeitet ist. Es folgen Regeln zur Festlegung der
Gerichtsbarkeit, zur Auslieferung und Überstellung verurteilter Personen sowie
ein ausführlicher Artikel zur Rechtshilfe (Art. 18).Viele dieser
Bestimmungen wurden zu einer Basis multilateralen Rechtsbestands in
internationaler Strafrechtszusammenarbeit, die auch für andere
Rechtsinstrumente, wie die im Dezember 2003 unterzeichnete
VN-Antikorruptionskonvention als Orientierung bedeutsam war.
Das Übereinkommen enthält weiters
Bestimmungen über die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden bei
gemeinsamen Ermittlungen und besondere Ermittlungsmethoden. Art 23 ergänzt die
Kriminalisierungsbestimmungen in Hinblick auf den Tatbestand der Behinderung
der Justiz. Besondere Schutzbestimmungen für Zeugen und Opfer von organisierter
Kriminalität sind ebenfalls in dem Übereinkommen enthalten.
Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der
Strafverfolgung wird sowohl durch Informationsaustausch als auch durch
Förderung von Ausbildung und technischer Hilfe verbessert. Art. 31 widmet
sich der Prävention, die durch einen Maßnahmenkatalog ohne bindende Wirkung
verbessert werden soll.
Die Konferenz der Vertragsparteien, die in
Art. 32 festgelegt wird, soll im Sinne der Bestimmungen im Jahr 2004 in
Wien zusammentreten. Bei der Umsetzung des Übereinkommens und der Protokolle
wird das Wiener UN-Zentrum für Verbrechensverhütung (CICP) als Sekretariat
fungieren und damit seine Rolle bei der technischen Zusammenarbeit zur
Verbrechensverhütung erweitern.
Der gegenständliche Staatsvertrag hat
gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß
Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Er enthält
keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen. Der
Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich nicht zugänglich, sodass eine
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß
Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine
Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen,
geregelt werden.
Der Staatsvertrag ist in arabischer,
chinesischer, englischer, französischer, russischer und spanischer Sprache
abgefasst, wobei jeder Text gleichermaßen authentisch ist.
Der Justizausschuss hat den
gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am
15. April 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich
im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Dr.
Johannes Jarolim, Mag. Terezija Stoisits, Mag.
Johann Maier,
Mag. Gisela Wurm, Dr. Helene Partik-Pablé, Bettina Stadlbauer, Mag. Ruth Becher sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig
beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses
Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Justizausschuss vertritt weiters
einstimmig die Auffassung, dass der gegenständliche Staatsvertrag der
unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich nicht zugänglich ist und
daher eine Beschlussfassung des Nationalrates im Sinne des Art. 50
Abs. 2 B-VG erforderlich ist.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Justizausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle beschließen:
1. Der Abschluss des
Staatsvertrages: Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen die
grenzüberschreitende organisierte Kriminalität (424 der Beilagen) wird
genehmigt.
2. Dieser
Staatsvertrag ist im Sinne des Art. 50 Abs. 2
B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
Wien,
2004 04 15
Mag.
Walter Tancsits Mag. Dr. Maria Theresia
Fekter
Berichterstatter Obfrau