483 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Familienausschusses
über die Regierungsvorlage (399 der
Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Mutterschutzgesetz 1979, das Väter-Karenzgesetz,
das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitszeitgesetz, das Angestelltengesetz,
das Gutsangestelltengesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und
das Arbeitsmarktförderungsgesetz geändert werden
Das Regierungsprogramm sieht einen Anspruch
auf Teilzeit sowie auf Änderung der Lage der Arbeitszeit dem Grunde nach für
Eltern von Kindern bis zum Ablauf des siebenten Lebensjahres oder bis zum
späteren Schuleintritt des Kindes bei gleichzeitigem Recht auf Rückkehr zur
ursprünglichen Arbeitszeit vor.
Der Anspruch auf Teilzeit soll im
Mutterschutzgesetz, Väter-Karenzgesetz und Landarbeitsgesetz mit folgenden
Eckpunkten umgesetzt werden:
- In
größeren Betrieben (mehr als 20 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im
Jahresdurchschnitt) besteht ein Rechtsanspruch dem Grunde nach, Modalitäten
(Beginn, Dauer, Ausmaß und Lage der Arbeitszeit) sind zu vereinbaren.
- Zusätzliche
Voraussetzung: Ununterbrochenes Arbeitsverhältnis in der Dauer von mindestens
drei Jahren vor Antritt der Teilzeitbeschäftigung.
- In
kleineren Betrieben oder bei kürzerer Beschäftigungsdauer kann der Arbeitgeber
bzw. die Arbeitgeberin wie bisher die Teilzeitbeschäftigung aus sachlichen
Gründen ablehnen, sofern der Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung nicht durch
Betriebsvereinbarung festgelegt wird.
- Beginn:
frühestens nach Ablauf der (fiktiven) Schutzfrist der Mutter.
- Die
Dauer und die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer Teilzeitbeschäftigung
hängt nicht mehr von der in Anspruch genommenen Karenz ab („Entkoppelung“).
Teilzeitbeschäftigung ist aber nicht zulässig, wenn der andere Elternteil
gleichzeitig Karenz in Anspruch nimmt.
- Maximaldauer:
In größeren Betrieben bei Beschäftigungsdauer von mindestens drei Jahren bis
zum siebenten Geburtstag des Kindes bzw. späteren Schuleintritt, in kleineren
Betrieben oder bei kürzerer Beschäftigungsdauer bis zum vierten Geburtstag des
Kindes.
- Mindestdauer:
drei Monate.
- Meldefrist:
Bei gewünschtem Antritt unmittelbar nach Ende der Schutzfrist: Während der
Schutzfrist; bei späterem Beginn: drei Monate vor gewünschtem Antritt.
- Ausmaß
der Herabsetzung der Arbeitszeit: Keine zwingenden Vorgaben im Hinblick auf
möglichst flexible, auf die Interessen von Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmerin und
Arbeitgeber bzw. Arbeitgeberin abgestimmte Lösungen.
- Änderungen
der Teilzeit: Der Elternteil kann einmal eine vorzeitige Beendigung, Änderung
(Ausmaß, Lage der Arbeitszeit) oder Verlängerung verlangen; der Arbeitgeber
bzw. die Arbeitgeberin kann einmal eine vorzeitige Beendigung oder Änderung
(Ausmaß oder Lage der Arbeitszeit) verlangen.
- Gleichzeitige
Inanspruchnahme der Elternteile ist zulässig.
- Pro
Elternteil und Kind ist nur eine einmalige Inanspruchnahme zulässig.
- Gemeinsamer
Haushalt mit dem Kind ist erforderlich, bzw. bei Nichtvorliegen ist zumindest
Obsorge nach ABGB notwendig.
- Vorzeitiges
Ende der Teilzeitbeschäftigung, wenn der Elternteil eine Karenz oder
Teilzeitbeschäftigung für ein weiteres Kind in Anspruch nimmt.
- Kündigungs-
und Entlassungsschutz: Besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz bis zum
vierten Geburtstag des Kindes, danach Motivkündigungsschutz.
Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin bei Aufnahme
einer Erwerbstätigkeit durch den Elternteil ohne Zustimmung des Arbeitgebers
bzw. der Arbeitgeberin.
- Verfahren:
In größeren Betrieben bei Beschäftigungsdauer von drei Jahren: Kommt nach einem
innerbetrieblichen Verfahren keine Einigung zu Stande und kommt es auch zu
keinem prätorischen Vergleich, obliegt es dem Arbeitgeber bzw. der
Arbeitgeberin, binnen einer bestimmten Frist beim Arbeits- und Sozialgericht
Klage zu erheben. Der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin hat ein
Antrittsrecht, wenn der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin es verabsäumt, einen
prätorischen Vergleich zu beantragen bzw. keine Klage bei Gericht einbringt.
Das Gericht hat unter Abwägung der beiderseitigen Interessen endgültig über die
Rahmenbedingungen der Teilzeitbeschäftigung eine Entscheidung zu treffen.
- In
kleineren Betrieben bleibt das derzeit geltende Verfahren unverändert, somit hat
auch weiterhin bei Nichteinigung der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin eine
Klage einzubringen.
- Übergangsbestimmungen/zeitlicher
Anwendungsbereich: Die Novelle gilt jedenfalls für Eltern, deren Kinder nach
dem In-Kraft-Treten geboren werden. Wurde das Kind vor In-Kraft-Treten geboren,
muss sich zumindest die Mutter im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens in einem
Beschäftigungsverbot nach der Geburt des Kindes befinden oder ein Elternteil
entweder in Karenz oder Teilzeitbeschäftigung nach MSchG, VKG bzw. LAG
befinden.
- Gleiches
gilt für das Recht auf Änderung der Lage der Arbeitszeit.
- In-Kraft-Treten:
1. Mai 2004
Um Kleinbetriebe nicht vor unlösbare
Aufgaben beim Personaleinsatz zu stellen, soll ein Anspruch auf
Teilzeitbeschäftigung nur in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern und
Arbeitnehmerinnen bestehen. Dies lässt sich sachlich damit rechtfertigen, als
sich in Betrieben ab einer bestimmten Arbeitnehmeranzahl der Personaleinsatz
flexibler gestalten lässt. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in solchen
Betrieben sollen daher einen Anspruch auf Teilzeit dem Grunde nach haben. In
kleineren Betrieben, in denen sich der Personaleinsatz nicht so flexibel
gestalten lässt, soll es bei der bisherigen Regelung über die
Teilzeitbeschäftigung bleiben, die der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber bzw.
der Arbeitgeberin bedarf. Daher ist im Regierungsprogramm vorgesehen, dass eine
Expertenkommission eingerichtet wird, in der auch die Sozialpartner vertreten
sind, und die Vorschläge für weitere Anreize und Initiativen für eine
familienfreundliche Arbeitswelt, insbesondere für KMUs mit bis zu
20 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, ausarbeitet.
Zwei Jahre nach In-Kraft-Treten soll durch
eine Evaluierung überprüft werden, ob durch den geschaffenen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
für Eltern die Bedürfnisse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen erfüllt sind
und dieser Anspruch mit den betrieblichen Erfordernissen vereinbar ist.
Im Zusammenhang mit der Umsetzung des im
Regierungsprogramm vorgesehenen Anspruches auf Teilzeit für Eltern von Kindern
bis zum Ablauf des 7. Lebensjahres oder bis zum Schuleintritt soll durch
eine Änderung im AMFG eine neue Beihilfe geschaffen werden, damit für
Unternehmen ein Anreiz geboten wird, zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.
In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt
sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1
Z 11 B-VG („Arbeitsrecht, soweit es nicht unter Art. 12 fällt“),
Art. 12 Abs. 1 Z 6 B-VG („Arbeiterrecht sowie Arbeiter- und
Angestelltenschutz, soweit es sich um land- und fortwirtschaftliche Arbeiter
und Angestellte handelt“) und Art. 21 B-VG.
Der Familienausschuss hat die
gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 18. Mai 2004 in
Verhandlung genommen.
An der Debatte beteiligten sich außer der
Berichterstatterin die Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl,
Christine Marek, Sabine Mandak,
Barbara Rosenkranz, Edeltraud Lentsch,
Sigisbert Dolinschek, Karl Öllinger,
Gabriele Binder, Heidrun Silhavy,
Mag. Melitta Trunk, Anna Höllerer,
Kai Jan Krainer sowie der Bundesminister für
Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein,
die Staatssekretärin im Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen
und Konsumentenschutz Ursula Haubner und die
Ausschussobfrau Abgeordnete Ridi Steibl.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten
Ridi Steibl und Barbara Rosenkranz
einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Zu Z 1, 3, 5, 14 (§§ 2
und 25 MSchG, § 3 Abs. 2 VKG, §§ 22 Abs. 1a
und 22a Abs. 3 GAngG):
Korrektur von Redaktionsversehen.
Zu Z 2, 6, 8, 9 (§ 15h
Abs. 2 MSchG, § 8 Abs. 2 VKG, § 26j Abs. 2 und
§ 105f Abs. 2 LAG):
Nach den Erläuterungen zur
Regierungsvorlage sind Zeiten einer Karenz nach dem MSchG, VKG bzw. LAG auf die
Mindestbeschäftigungsdauer von drei Jahren anzurechnen. Um Auslegungsproblemen
vorzubeugen, wird dies nunmehr im Abs. 2 letzter Satz ausdrücklich
normiert.
Zu Z 4, 7, 10 (§ 40
Abs. 16 MSchG, § 14 Abs. 11 VKG, § 239 Abs. 21 LAG):
Die Neuregelung tritt mit 1. Juli 2004
in Kraft und gilt für Geburten nach dem 30. Juni 2004. Klargestellt wird,
dass hinsichtlich der Geburten vor dem 1. Juli 2004 die bisherigen
Bestimmungen weiter gelten, es sei denn, die in den Bestimmungen genannten
Mütter (Adoptiv- oder Pflegemütter) und Väter (Adoptiv- oder Pflegeväter)
machen eine Teilzeitbeschäftigung oder eine Änderung der Lage der Arbeitszeit
nach den neuen Regelungen geltend. Diese Teilzeitbeschäftigung bzw. Änderung
der Lage der Arbeitszeit nach den neuen Regelungen kann erst nach dem Ablauf
der Karenz bzw. der ursprünglich vereinbarten Teilzeitbeschäftigung angetreten
werden.
Zu Z 15 (§ 26 AMFG):
Vor dem
Hintergrund des EU-Beihilfenrechts soll der Anreizcharakter und die Zielsetzung
dieser Beihilfenmaßnahme (die Vereinbarung von Teilzeitarbeit für Eltern von
Kleinkindern sowie die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen) klargestellt
werden.“
Ein von der Abgeordneten Sabine Mandak eingebrachter Abänderungsantrag fand nicht die
Zustimmung der Ausschussmehrheit.
Bei der Abstimmung wurde der in der
Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben
erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Ridi Steibl
und Barbara Rosenkranz mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Als Berichterstatterin für das Plenum wurde
Abgeordnete Astrid Stadler gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Familienausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004 05 18
Astrid Stadler Ridi
Steibl
Berichterstatterin Obfrau