489 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die Regierungsvorlage (471 der
Beilagen): Bundesgesetz, mit dem familien- und erbrechtliche Bestimmungen des
allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs und des Bundesgesetzes über das
internationale Privatrecht sowie das Gebührenanspruchsgesetz 1975 geändert
werden (Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetz 2005 - FamErbRÄG 2005)
und
über den Antrag der Abgeordneten Mag.
Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend erbrechtliche
Gleichstellung/Änderung von § 730 ABGB (152/A(E))
Zur Regierungsvorlage (471 der
Beilagen) ist auszuführen:
Der Verfassungsgerichtshof hat den größten
Teil des durch die (deutsche) Familienrechtsangleichungsverordnung, dRGBl. I
S 80/1943, in das österreichische Recht eingefügten
Ehelichkeitsbestreitungsrechts aufgehoben. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des
30.6.2004 in Kraft. Mit dem am 1.1.2005 in Kraft tretenden neuen
Außerstreitgesetz, BGBl. I Nr. 111/2003, wird das gesamte Abstammungsverfahren
vom Zivilprozess in das außerstreitige Verfahren überstellt; dies erfordert
auch Anpassungen des materiellen Abstammungsrechts.
In letzter Zeit treten verstärkt Fälle
missbräuchlicher Verwendung des Rechtsinstituts der Adoption auf: Volljährige
Fremde werden von Österreichern adoptiert, um dem Wahlkind das Erlangen einer
Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung zu ermöglichen, ohne dass irgendeine
persönliche Beziehung zwischen den beteiligten Personen besteht oder angestrebt
wird. Mit § 8 Abs. 4a Fremdengesetz (idF Fremdengesetz-Novelle 2002) wurde
versucht, das Problem in den Griff zu bekommen; diese Lösung soll nun
verbessert werden.
Außergerichtliche mündliche
Zeugentestamente können zur Benachteiligung der gesetzlichen Erben leicht vorgetäuscht
werden. Im Recht der gesetzlichen Erbfolge muss die Abstammung zu Lebzeiten der
die Verwandtschaft vermittelnden Person festgestellt sein; dies führt – vor
allem wenn die verspätete Feststellung die Folge einer Bestreitung der
Abstammung ist – zu unangemessenen Härten. Weiters ist ein gesetzliches
Erbrecht von Neffen und Nichten des Erblassers zu Lasten des Erbrechts des
überlebenden Ehegatten nicht mehr zeitgemäß.
Neben dem Abstammungsrecht bedürfen noch
einige weitere Regelungen des ABGB der Anpassung an das neue Außerstreitgesetz.
Der Verfassungsgerichtshof hat § 51 Abs. 3
des Gebührenanspruchsgesetzes 1975 mit Ablauf des 30.6.2004 aufgehoben.
Ziele der Regierungsvorlage:
Abstammungsrecht: Rasche Auffüllung der
durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs entstandenen Lücken im
Ehelichkeitsbestreitungsrecht; Verbesserung des Systems des Abstammungsrechts
zeitgleich mit dem In-Kraft-Treten des neuen Außerstreitgesetzes.
Erbrecht: ersatzlose Beseitigung der – vor
allem Kinder diskriminierenden – erbrechtlichen Bestimmung über den Zeitpunkt
der Feststellung der Abstammung und Verbesserung des Erbrechts des überlebenden
Ehegatten gegenüber entfernteren Verwandten der Seitenlinie sowie Zulassung des
außergerichtlichen mündlichen Zeugentestaments nur noch als Notform.
Anpassung des ABGB an das neue
Außerstreitgesetz.
Gebührenanspruchsrecht: Auffüllung der
Lücke.
Wesentlicher Inhalt:
a) Verfassungskonforme Schaffung eines
eigenen Rechtes auch des Kindes auf Feststellung, dass es nicht vom Ehemann
seiner Mutter abstammt, und Beseitigung der Klage- und Antragsbefugnisse des
Staatsanwalts auf Ehelichkeitsbestreitung ab 1.7.2004.
b) Beseitigung des unbedingten
Erfordernisses der Klage auf Feststellung der Ehelichkeit vor allem für kurz
nach Scheidung der Eltern geborene Kinder durch eine Möglichkeit der
Vaterschaftsanerkennung ab 1.7.2004.
c) Fortentwicklung einzelner
Rechtsinstitute des Abstammungsrechts und Schaffung einer ausgewogenen Regelung
zwischen dem Recht des Kindes auf Kenntnis der eigenen Abstammung und dem
Schutz der intakten Familie.
d) Neuregelung
der Geschäftsfähigkeit nicht Eigenberechtigter in Fragen ihrer Abstammung und
der Abstammung von ihnen.
e) Einschränkung der Erwachsenenadoption.
f) Klarstellung der Aufgaben des
Jugendwohlfahrtsträgers als Kollisionskurator.
g) Beseitigung aller Befugnisse des Staatsanwalts im Abstammungsrecht.
h) Reduktion des
außergerichtlichen Zeugentestaments auf eine Notform.
i) Neuregelung des Zusammenhangs zwischen Feststellung der
Abstammung und Erbrecht.
j) Beseitigung des gesetzlichen Erbrechts
von Neffen und Nichten des Erblassers zu Gunsten des überlebenden Ehegatten.
k) Schaffung einer Ersatzregelung für den
vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen § 51 Abs. 2
GebAG 1975.
Die Abgeordneten Mag Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben den Antrag 152/A(E) am 13. Juni 2003 im Nationalrat
eingebracht und wie folgt begründet:
„Mit dem Erbrechtänderungsgesetz 1989
sollte die erbrechtliche Gleichstellung ehelicher und unehelicher Kinder
erreicht werden und die Benachteiligung unehelich geborener Kinder aufgehoben
werden.
Trotzdem hat sich gerade die Neuformulierung
des § 730 ABGB als nicht geeignet erwiesen, die angestrebte erbrechtliche
Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern herbeizuführen. Ganz im
Gegenteil verursacht § 730 Abs. 2 ABGB eine Vielzahl von Ungleichbehandlungen
nicht nur zwischen ehelichen und unehelichen, sondern darüber hinaus unter den
ehelichen Kindern, sowie zwischen den bereits Geborenen und den Ungeborenen.
Dr. Wilhelm Tschugguel und Mag. Oliver
Kleiß, M.A.S haben in der Österreichischen Notariatszeitung vom Oktober 2001 (Kinder
ohne Erbrecht - Verfassungs- und zivilrechtliche Probleme des § 730 Abs. 2
ABGB) den Nachweis erbracht, dass seit der Änderung des § 730 ABGB durch das
Erbrechtsänderungsgesetz 1989- eheliche und uneheliche Kinder in nicht
unerheblicher Zahl kein Erbrecht nach ihren Vätern haben. Beide regten damals
bereits eine Gesetzesänderung an.
Zitat:
„Dazu kommt, dass der durch § 730 Abs. 2
ABGB bewirkte Entfall des Erbrechts trotz fest- gestellter Abstammung (wenn
diese nicht zu Lebzeiten des Erblassers erfolgte) im Bereich des
Kindschaftsrechts ein Unikum darstellt. Gemäß § 163 b ABGB wird die Vaterschaft
(zum unehelichen Kind) durch Urteil oder durch Anerkenntnis festgestellt. Diese
Feststellung wirkt gegenüber jedermann. Gemäß § 164 d ABGB können Anerkenntnis
und Feststellungsklage auch von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese gesetzt
werden. Dies bedeutet, dass auch nach dem Tot des Vaters die
Vaterschaftsfeststellung noch möglich und zulässig ist und mit dem Kind, dessen
Abstammung erst post morten patri festgestellt wird, grundsätzlich all jene
Ansprüche zivil- und öffentlichrechtlicher Natur eingeräumt werden, die jedem
Kind gegenüber seinem verstorbenen Vater, dessen Vaterschaft noch zu seinen
Lebzeiten festgestellt wurde, zustehen. Allein das Erbrecht bleibt ihm gemäß §
730 Abs. 2 ABGB genommen."
Diese Probleme wurden auch im
Kindschaftsrechtänderungsgesetz 2001 nicht gelöst, obwohl andere für das
Kindschaftsrecht wesentliche erbrechtliche Bestimmungen einer Neuregelung
unterzogen wurden.
Ziel dieses Aufsatzes war es, anhand
konkreter Beispiele die Problematik des § 730 ABGB, insbesondere des Abs. 2
leg. cit, in verfassungs- und zivilrechtlicher Hinsicht näher zu beleuchten.
Beide Verfasser dieses Beitrages halten
zusammenfassend fest, dass es nun am Gesetzgeber liegt, die vielfach unbillige
Regelung des § 730 Abs. 2 ABGB zu überdenken und einer - verfassungskonformen -
Regelung zuzuführen. Erst dann könne von einer echten Gleichstellung der
ehelichen und unehelichen Kinder, aber auch der ehelichen Kinder untereinander,
gesprochen werden. Der Entschließungsantrag 645/A(E) XXI. GP wurde
bedauerlicherweise in der letzten Gesetzgebungsperiode nicht in Verhandlung
genommen.“
Der Justizausschuss hat den Antrag 152/A
erstmals in seiner Sitzung am 11. Dezember 2003 und alle beiden
gegenständlichen Vorlagen in seiner Sitzung am 18. Mai 2004 in Verhandlung
genommen.
Als Berichterstatter im Ausschuss für den
Antrag 152/A(E) fungierte Abgeordneter Mag. Johann Maier
und für die Regierungsvorlage Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl.
An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Dr. Josef Trinkl, Mag. Gisela Wurm,
Mag. Terezija Stoisits, Mag. Johann Maier, Dr. Helene Partik-Pablé,
Mag. Walter Tancsits, Mag. Elisabeth Grossmann, Mag.
Ruth Becher, Bettina Stadlbauer,
Dr. Christian Puswald, mag. Heribert Donnerbauer sowie der Bundesminister für Justiz Dr. Dieter
Böhmdofer und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag.
Dr. Maria Theresia Fekter .
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten
Dr. Helene Partik-Pablé und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt
begründet war:
„Zur Überschrift:
Das in Aussicht genommene Bundesgesetz
tritt in einigen Teilen bereits am 1.7.2004 in Kraft. Aus diesem Grund ist es
sinnvoll, dies auch im Titel der Rechtsvorschrift zum Ausdruck zu bringen,
zumal eine Verwechslung mit dem Zivilrechts-Änderungsgesetz 2004 nicht zu
befürchten ist.
Zu § 180a Abs. 1 zweiter Satz:
Die Regierungsvorlage enthält eine
beispielsweise Aufzählung von Anhaltspunkten für ein enges
Eltern-Kind-Verhältnis in der Richtung, dass das Wahlkind während fünf Jahren
vor der Annahme mit dem Annehmenden in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat oder
zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind ein Pflege- und Betreuungsverhältnis
besteht. An Stelle des zweiten Beispiels für ein enges Eltern-Kind-Verhältnis
soll ein anderer Ansatz gewählt werden. Nach § 137 Abs. 2 ABGB sind
Eltern und Kinder einander zum Beistand verpflichtet. Diese Verpflichtung
besteht auch dann, wenn die Kinder bereits eigenberechtigt sind. Haben daher
Anzunehmender und Wahlkind einander über längere Zeit, also etwa fünf Jahre,
Beistand geleistet, wie dies § 137 Abs. 2 für Eltern und Kinder vorsieht, so
manifestiert sich darin wohl auch im Allgemeinen ein enges, der Beziehung
zwischen leiblichen Eltern und ihren Kindern entsprechendes Verhältnis, das
Grundlage der Bewilligung der Adoption sein kann. Selbstverständlich wird die
Beistandsleistung in eine Richtung genügen, wenn sie nur in diese möglich ist, etwa
die Wahleltern einem behinderten volljährigen Kind Beistand geleistet haben,
dieses selbst aber zur Erwiderung einer Beistandsleistung nicht in der Lage
ist.“
Bei der Abstimmung wurde der in der
Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben
erwähnten Abänderungsantrages mit Stimmenmehrheit angenommen.
Der Antrag 152/A(E) gilt durch die
Beschlussfassung als miterledigt.
Als Berichterstatter für das Plenum wurde
Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Justizausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf
die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004-05-18
Dipl.-Ing.
Günther Hütl Mag. Dr. Maria Theresia
Fekter
Berichterstatter Obfrau