509 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Anträge

2/A der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) in der Fassung von 1929 geändert wird (Bundesverfassungsgesetz-Novelle 2003),

5/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz zur Begründung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des Tierschutzes geändert wird,

9/A der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz von Tieren (Tierschutzgesetz - TSchG),

12/A der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz - TSchG),

127/A(E) der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes im Sinne des Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz

und

184/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

sowie über die

Regierungsvorlage (446 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Tierschutzgesetz erlassen sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, die Gewerbeordnung 1994 und das Bundes­ministeriengesetz 1986 geändert werden

 

I. Erläuterungen zu den Verhandlungsgegenständen

Antrag 2/A:

Die Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen haben am 20. Dezember 2002 im Nationalrat den gegenständlichen Initiativantrag eingebracht und wie folgt begründet:

„Das Bekenntnis zum umfassenden Tierschutz beruht in Österreich auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens. Die Diskussion über den Umgang mit Tieren nimmt zu, die gesellschaftliche Sensibilität steigt ständig.

Tierschutzstandards werden von Konsumenten immer häufiger als Qualitäts- und damit Auswahlkriterium beim Kauf von Lebensmitteln herangezogen. Österreich verfügt bereits jetzt über hohe Tierschutzstandards. Das ist auf eine ambitionierte Tierschutzpolitik auf Landesebene auf Basis der 15a – Vereinbarungen zurückzuführen.

Lebensmittelsicherheit und EU-Standards

Lebensmittelqualität und Lebensmittelsicherheit sind im Rahmen der EU-Erweiterung wichtige Themen für die österreichischen Konsumenten und die Landwirtschaft. Es muss sichergestellt sein, dass keine Lebensmittel nach Österreich kommen, die den gewohnten EU-Standards nicht entsprechen. Darüber hinaus müssen wir durch die Schaffung gemeinsamer EU-Standards in der landwirtschaftlichen Produktion danach trachten, unsere hohen Qualitäten zu verteidigen. Das betrifft insbesondere den Tierschutz, bei dem wir unsere hohen Standards sichern und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Bauern schaffen müssen.

Tierschutz und EU

Tierschutz wird aber auch auf europäischer Ebene ein immer wichtigeres Thema. Ziel ist es, in der erweiterten Europäischen Union glaubwürdig das hohe österreichische Niveau in Tierschutzanliegen einzubringen und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Bauern zu schaffen. Bei der Weiterentwicklung der EU-Agrarpolitik in den nächsten Jahren wird es auch ein wichtiges Ziel sein, Instrumente zur Förderung des Tierschutzes - z. B. die verstärkte Unterstützung von Investitionen in tierfreundliche Haltungsformen - zu verbessern.

Zur Unterstützung der europäischen Diskussion und zum Erreichen einheitlicher europäischer Standards ist diese Verfassungsänderung jetzt erforderlich.“

 

Antrag 5/A:

Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen haben den am 20. Dezember 2002 im Nationalrat eingebrachten Gesetzentwurf wie folgt begründet:

„Angesichts des Stellenwertes, den der Gedanke des Tierschutzes für die österreichische Bevölkerung hat, besteht bereits seit langem die Forderung, dass der Tierschutz in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes übertragen werde. Diese Forderung ist eine Folge der Überlegung, dass die Schutzbedürftigkeit von Tieren nicht davon abhängt, in welchem Bundesland sie sich aufhalten. Durch die länderweise unterschiedlichen Regelungen entstehen unterschiedliche Schutzniveaus, die unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes nicht erklärbar sind. Eine der Erklärungen für den in einzelnen Bundesländern bestehenden mangelhaften Schutz liegt gerade darin, dass die Landesgesetzgebung stärker von den kommerziellen Interessen der Landwirtschaft beeinflusst ist, was aber mit Sicherheit nicht im Sinne der Mehrheit der Bevölkerung Österreichs liegt und auch angesichts des ideellen Wertes des Tierschutzes nicht vertretbar ist. Durch unterschiedliche Regelungen für die landwirtschaftliche Tierhaltung zwischen den einzelnen Bundesländern kommt es darüber hinaus zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen, sodass es gerade zwangsläufig zu einer Nivellierung nach unten kommt.

Eine bundeseinheitliche Regelung liegt daher nicht bloß im Interesse des Tierschutzes, sondern auch im Interesse der einzelnen Landwirte, zumal Untersuchungen zeigen, dass tiergerecht gehaltene Nutztiere einen um acht Prozent höheren Ertrag bringen als solche in tierquälerischen Haltungsformen.

Wie groß das Bedürfnis der Bevölkerung nach einer bundesweiten gesetzlichen Regelung des Tierschutzes ist, zeigte zuletzt das Tierschutzvolksbegehren, das von 460.000 Österreicherinnen und Österreichern unterstützt wurde.

Mit dem vorliegenden Antrag sollen daher die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes so geändert werden, dass eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes geschaffen wird. Allerdings scheint es nicht erforderlich, auch die Vollziehung dem Bund zu übertragen, weswegen entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip Tierschutz in Zukunft eine Angelegenheit des Artikel 11 B-VG (Gesetzgebung - Bund, Vollziehung - Land) sein soll. Dies zieht nach sich, dass den Ländern die Kosten der Vollziehung erwachsen, was im Sinne der §§ 2,4 F-VG einen Ersatz der zusätzlichen Kosten bedingt.

Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips wird weiters vorgesehen, dass die Bundesgesetzgebung die Länder ermächtigen kann, zu genau bezeichneten Bestimmungen Ausführungsgesetze zu erlassen. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass auf einzelnen Gebieten schon bisher länderweise unterschiedliche Regelungen bestehen, die aber im Ergebnis das Interesse an einem einheitlichen Tierschutzstandard nicht beeinträchtigen; zu denken ist etwa an Bestimmungen über die Schaffung einer Tierschutzanwaltschaft oder die Einrichtung von amtlichen Tierschutzorganen.

Das Jagd- und Fischereirecht wird von der Übertragung der Tierschutzkompetenz an sich nicht berührt. Allerdings finden sich bisher bereits in den Jagdgesetzen einzelne tierschutzrechtliche Vorschriften, insbesondere über die Zulässigkeit des Erschießens von streunenden bzw. wildernden Hunden und Katzen. Insoweit soll mit dem vorliegenden Antrag die Gesetzgebungskompetenz ebenfalls auf den Bund übergehen, wobei aber der Bundesgesetzgeber im Lichte der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zum Berücksichtigungsgebot (VfSlg. 10.292/1984) eine Regelung zu treffen haben wird, die die jagdrechtlichen Interessen berücksichtigt. Unbenommen bleibt es dem Landesgesetzgeber, das Jagdrecht mit Maßnahmen zu schützen, die nicht in den Tierschutz eingreifen, wie insbesondere durch die Verhängung von entsprechenden Verwaltungsstrafen für Tierhalter, die dadurch das Jagdrecht beeinträchtigen, dass sie in freier Flur ihre Tiere nicht entsprechend beaufsichtigen.“

 

Antrag 9/A:

Weiters wurde am selben Tag der Antrag 9/A betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz von Tieren von den Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen dem Nationalrat vorgelegt.

 

Antrag 12/A:

Der Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen wurde am 20. Dezember 2002 eingebracht und enthält folgende Erläuterungen zu den Grundzügen des Gesetzentwurfes:

„Die österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger haben mehrfach der Forderung nach einem bundeseinheitlichen, zeitgemäßen Tierschutzgesetz Ausdruck verliehen. Bereits 1993 wurden mit Hilfe einer Tageszeitung rund 350.000 Unterschriften für dieses Anliegen gesammelt. Im März 1996 unterstützten schließlich 459.443 Personen im Rahmen des Tierschutz-Volksbegehrens "Ein Recht für Tiere" die Forderung nach einer Regelung des Tierschutzes auf Bundesebene.

Trotz mehrjähriger Befassung eines zur Behandlung des “Tierschutz-Volksbegehrens" eingerichteten Unterausschusses des Verfassungsausschusses werden Tierschutzangelegenheiten in Österreich nach wie vor durch mittlerweile zehn Landes-Tierschutzgesetze geregelt, die mehr oder weniger häufig novelliert wurden. Dazu kommen pro Bundesland mehrere Verordnungen – österreichweit sind es derzeit 35 -, die nähere Bestimmungen über einzelne Regelungsbereiche des Tierschutzes enthalten. Der ‚Index des geltenden Landesrechts’ listet zum Stichtag 1.1.2002 im Bereich des Tierschutzrechts siebenundvierzig (!), zumeist mehrmals novellierte, Rechtsquellen auf. Bereits Mitte 2002 ist diese Fundstellenübersicht alles andere als aktuell: Im Februar 2002 ist eine Novelle zum Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz in Kraft getreten; eine Novelle zum Burgenländischen Tierschutzgesetz 1990, LGBI. 86/1990 idF. Nr. 8/1995, ist beschlossen und wird in Kürze verlautbart, ein neues Steiermärkisches Tierschutzgesetz liegt ebenfalls als Beschluss vor. In weiterer Folge werden die auf der Grundlage dieser Gesetze erlassenen Verordnungen novelliert werden. Das österreichische Tierschutzrecht kann daher nach wie vor nur als ‚Flickwerk’ bezeichnet werden.

Für den Vorgang der Rechtssetzung bedeutet dies, dass mehrere Verwaltungseinheiten von neun Gebietskörperschaften - nämlich die Legistikabteilung und die im jeweiligen Amt der Landesregierung zuständige Fachabteilung - kontinuierlich mit der Anpassung von Rechtsvorschriften, die ein und denselben Regelungsgegenstand haben, an gemeinschaftsrechtliche Vorgaben bzw. an die Erfordernisse der Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG beschäftigt sind. Dies ist mit einem nahezu unschätzbaren Kostenaufwand verbunden und schon aus Gründen der Verwaltungsökonomie nicht vertretbar.

Vom Regelungsinhalt her ist sowohl die - nach wie vor vorhandene - Ungleichbehandlung der Tiere als auch der Tierhalter in den einzelnen Bundesländern sachlich nicht zu begründen und weder aus ethischer noch aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen. Nach den Grundsätzen eines ethisch motivierten Tierschutzes haben alle Tiere - unabhängig von ihrer Art und ihrer Bestimmung - das gleiche Schutzbedürfnis und die gleiche Schutzwürdigkeit. Gerade die jüngste Entwicklung des österreichischen Tierschutzrechtes zeigt, dass es einer strukturbereinigenden Grundsatzreform bedarf, die nur durch eine bundeseinheitliche Regelung der Materie zu bewerkstelligen ist.

Für eine Bundeskompetenz in Angelegenheiten des Tierschutzes sprechen daher vor allem folgende Umstände:

1. Rechtszersplitterung

Das Instrument der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG, welches die Länder zur Herbeiführung einer Harmonisierung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen gewählt haben, ist nicht geeignet, eine strukturelle Bereinigung des in der oben dargestellten Weise zersplitterten Rechtsbestandes herbeizuführen. Es zeichnet -ganz im Gegenteil - den Weg für eine weitere Rechtszersplitterung vor. So gilt beispielsweise in Salzburg neben dem ‚allgemeinen Tierschutzgesetz’ nunmehr ein eigenes ‚Nutztierschutzgesetz’, was nicht nur die Normenflut erhöht, sondern auch zur materiellen Ungleichbehandlung von ‚Nutztieren’ und ‚anderen’ Tieren führt, die mit einem ethisch motivierten Tierschutz unvereinbar ist.

Zu dieser territorialen Zersplitterung kommt der Umstand, dass zahlreiche tier(schutz)relevante Materien dem Bundesgesetzgeber zugeordnet sind, insbesondere das Tierversuchs- und das Tiertransportwesen, das Veterinärwesen, gewerberechtliche sowie zivil- und strafrechtliche Bestimmungen. Das derzeit in die Länderkompetenz fallende ‚Tierschutzrecht im engeren Sinn’ (insbesondere allgemeine Tierschutz- und Tierhaltebestimmungen, Vorschriften über die Schlachtung und Tötung von Tieren, verwaltungsstrafrechtliches Verbot der Tierquälerei) ist daher als Annexmaterie dieser Regelungsbereiche zu betrachten.

Das Regierungsprogramm 2000 für die XXI. Legislaturperiode strebt im Rahmen der Neuregelung der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung eine ‚echte und produktorientierte Kompetenzvereinigung’ insbesondere bei den so genannten ‚Querschnittsmaterien’ an. Das Tierschutzrecht stellt einen typischen Anwendungsfall für eine solche konsolidierungsbedürftige Querschnittsmaterie dar.

2. EU-Mitgliedschaft

Die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union verpflichtet Österreich zur Umsetzung zahlreicher gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, die das Tierschutzrecht im engeren Sinn (Nutztierhaltung, Schlachtung und Tötung von Tieren) betreffen; darüber hinaus sehen die einschlägigen Richtlinien auch eine Reihe von Berichtspflichten vor. Tritt an die Stelle von neun Transformationsvorgängen durch die Landesgesetzgeber ein Transformationsvorgang durch den Bundesgesetzgeber, so kann EU-Recht effizienter, transparenter und unter Verwendung einer einheitlichen Terminologie im innerstaatlichen Recht umgesetzt werden, und es kann auch den Berichtspflichten rascher und übersichtlicher Folge geleistet werden.

3. Quantitative Deregulierung / Eindämmung der Normenflut

Tiere sind Teil der täglichen Erfahrungswirklichkeit des Menschen. Jeder kann daher in eine Situation geraten, in der die Kenntnis tierschutzrelevanter Bestimmungen erforderlich ist. Die derzeit geltende Rechtslage macht es den Rechtsunterworfenen jedoch nahezu unmöglich, sich einen Überblick über die jeweils aktuelle geltende Rechtslage im Bundesgebiet zu verschaffen. Dies ist den Bürgerinnen und Bürgern unzumutbar. - Darüber hinaus steht die Rechtszersplitterung der wissenschaftlichen Theoriebildung entgegen, was sich im Zusammenhang mit einer fehlenden Entscheidungspraxis als Vollzugshindernis erweist.

Bereits im Koalitionspakt für die XX. Legislaturperiode vom 11. März 1996 haben sich die damaligen Regierungsparteien zur ‚Deregulierung und zur Eindämmung der Gesetzesflut’ sowie dazu bekannt, dass ‚Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung anzustreben sind’. Im Bereich des Tierschutzes ist dieses Bekenntnis trotz massiver Bemühungen des organisierten Tierschutzes ohne Auswirkung geblieben.

Auch das Regierungsprogramm für die XXI. Legislaturperiode nennt ‚Deregulierung zur Bekämpfung der Gesetzesflut’ als Zielsetzung. Schließlich wird die Rechtsbereinigung auch von der durch die Frau Vizekanzlerin eingesetzten Aufgabenreformkommission dringend empfohlen.

4. Bundesstaatsreform / Verwaltungsökonomie

Das Regierungsprogramm 2000 stellt die Umsetzung der bereits seit langer Zeit diskutierten ‚Bundesstaatsreform’ in Aussicht, die auf der Grundlage der Ergebnisse der Aufgabenreformkommission durch eine grundliegende Überarbeitung der Kompetenzartikel des B-VG bewerkstelligt werden soll.

Während die Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm erklärt, die Entwicklung des Tierschutzes auf europäischer Ebene vorantreiben zu wollen, betont die Aufgabenreformkommission, dass der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und die daraus resultierende Bindung an gemeinschaftsrechtliche Normen zu einer Veränderung der Aufgabenverteilung zwischen den innerstaatlichen Verwaltungsebenen führen müsse. In ihrem Endbericht empfiehlt die Aufgabenreformkommission daher:

‚Anhand der einzelnen Verwaltungsbereiche - vom Vergabe- und Baurecht über das Energierecht bis zum Tierschutzrecht- scheint es der Kommission [...] naheliegend, im Rahmen einer beschleunigt in Angriff zu nehmenden Verfassungsreform zu einer weitgehenden Konzentration der Gesetzgebungsbefugnisse auf der Bundesebene [...] überzugehen.’

5. Rechtsvergleich

Eine rechtsvergleichende Betrachtung zeigt, dass das Tierschutzrecht des deutschsprachigen Auslands - trotz föderalistischer Verfassung der betreffenden Staaten - durch eine Konsolidierung des Tierschutzrechts auf Bundesebene gekennzeichnet ist: In der Schweiz wird die Materie Tierschutz seit 1981 in erschöpfender Weise durch das Eidgenössische Tierschutzgesetz und die Eidgenössische Tierschutzverordnung geregelt, in Deutschland trat 1972 das deutsche Tierschutzgesetz in Kraft, auf dessen Grundlage acht Verordnungen auf Bundesebene erlassen wurden. Beide Tierschutzgesetze regeln nicht nur den ‚Tierschutz im engeren Sinn’, sondern auch das Tierversuchswesen und den Strafrechtstatbestand der Tierquälerei.

Nach Ansicht ausländischer Behördenvertreter und Experten hat sich die bundeseinheitliche Regelung des Tierschutzes in der Schweiz und in Deutschland bestens bewährt. In beiden Staaten, die aus rechtshistorischer Sicht auf eine ähnlich zersplitterte Rechtslage zurückblicken, wie Österreich sie derzeit aufweist, gilt die Bundestierschutzgesetzgebung als geradezu unabdingbare Voraussetzung für die Schaffung eines zeitgemäßen und effizient vollziehbaren Tierschutzrechts.

Regelungstechnik des Entwurfs

Unter dem Begriff Tierschutz sind Maßnahmen zu verstehen, die ausschließlich oder doch vorrangig zum Wohl einzelner Tiere ergriffen werden. Auch wenn eine bestimmte Tierkategorie (z.B. Nutztiere) den Anknüpfungspunkt einer Norm darstellt, ist es - im Gegensatz zum Artenschutz - immer das tierliche Individuum, das den Schutzzweck der Norm darstellt.

Unter Tierschutzrecht ist daher jener Bereich der Rechtsordnung zu verstehen, der auf juristisch-institutioneller Ebene die Misshandlung von Tieren mit einem Unwerturteil und einer Sanktion belegt (Verbotsnormen) bzw. durch die Definition rechtlicher Rahmenbedingungen das Wohlergehen der Tiere zu sichern versucht.

Das Schutzrecht zählt zu den ‚klassischen Schutzmaterien’, d.h. zu jenen Rechtsgebieten, deren prioritärer Regelungszweck darin besteht, ein von der Rechtsordnung als schützenswert anerkanntes Rechtsgut vor Ein- bzw. Übergriffen zu sichern. Für solche Materien gilt, dass sie

1. der vertraglichen (Art. 15a-Vereinbarungen!) Disposition entzogen und seitens des Gesetzgebers mit einem entsprechenden Unwerturteil zu belegen sind;

2. dass eine qualitative Deregulierung, d.h. eine Reduktion der normativen Inhalte auf bloße Rahmenregelungen oder Mindeststandards, als Regelungsmodell ungeeignet ist, da eine so verstandene Deregulierung voraussetzt, dass alle Beteiligten über zumindest annähernd gleiche Möglichkeiten zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs verfügen. Ist dies jedoch nicht der Fall, so geht die ‚Selbstregulierung’ zwangsläufig zu Lasten derer, die des Schutzes bedürfen.

Anmerkung zur Grundkonzeption des Entwurfs

Die ‚traditionelle’ Tierschutzgesetzgebung betrachtet die Nutzung von Tieren gleichsam als Regelfall und postuliert den Schutz der Tiere als Einschränkung dieser allgemeinen Nutzungsbefugnis. Eine Tierschutzgesetzgebung, die sich konsequent zum Tier als Schutzobjekt und Rechtsgut bekennt, muss einen anderen Weg gehen: Sie muss das Tier grundsätzlich unter den Schutz des Menschen stellen und darf nur ausnahmsweise, d.h. nur auf der Grundlage und im Rahmen besonderer rechtlicher Bestimmungen, die Nutzung von Tieren zulassen.“

 

Antrag 127/A(E)

Die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 8. Mai 2003 im Nationalrat eingebracht. Diesem Antrag war die nachstehende Begründung beigegeben:

„Der österreichische Nationalrat hat - was von den ProponentInnen des Tierschutzvolksbegehrens sehr honoriert wurde - sehr ambitioniert bereits am 20.November 1996 mit einem großen öffentlichen Hearing im Plenarsaal die Debatte für den Beschluss eines strengen und modernen Bundestierschutzgesetzes begonnen. Nicht lange danach lagen zwei Entwürfe seitens der Sozialdemokratischen und Grünen Fraktion vor. Diese waren mit allen maßgeblichen Tierschutzorganisationen und deren Experten abgestimmt.

Seit diesem Zeitpunkt hat die ÖVP ein Bundestierschutzgesetz verhindert. Erst wenige Tage vor der Nationalratswahl 2002 überraschte ÖVP-Obmann Dr. Wolfgang Schüssel die Wähler mit dem Versprechen, nach der Wahl rasch ein Bundestierschutzgesetz zu beschließen.

Leider liegt bis zum heutigen Tag - also nach einer sechs Jahre andauernden Debatte im Nationalrat - kein Entwurf der Bundesregierung für ein Bundestierschutzgesetz vor.

Bei der Parlamentarischen Enquete-Kommission, die am 10. April 2003 im Parlament stattgefunden hat, war die Ungeduld der Tierschutzorganisationen bereits unüberhörbar. Die Fakten für ein Bundestierschutzgesetz liegen seit langem am Tisch.“

 

Antrag 184/A(E)

Der vorliegende Entschließungsantrag wurde von den Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen am 9. Juli 2003 im Nationalrat mit folgender Begründung eingebracht:

„Mehr als 410 000 Österreicher zählen sich zu regelmäßigen Anglern. Besonders für Jugendliche kann die erzieherische Bedeutung des Angelns gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Neben Verständnis für Natur- und Tierschutz ist das Fischen bestens geeignet für die Charakterbildung und die Förderung sozialer Beziehungen (Institut für Schulungsentwicklungsforschung der Universität Dortmund und Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Empirische Bildungsforschung an der Pädagogischen Hochschule Erfurt).

Mit einem Jahresumsatz von 200.000.000,- Euro (2,7 Mrd. ATS) stellt die Angelfischerei einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar.

Die derzeitige zersplitterte Regelung der Materie in 9 Ländergesetze bringt einen völlig unnötigen und letztlich kostspieligen Verwaltungsaufwand mit sich. Einheitliche behördliche Fischereiberechtigungen, gleiche Fischereiprüfungen österreichweit, eine effiziente Umsetzung von EU-Bestimmungen und dieselben Fischereistandards bei den vielen Landesgrenzen überschreitenden Fließgewässern und stehenden Gewässern sind nur einige wenige Beispiele der verwaltungstechnischen Sinnhaftigkeit eines Bundesrahmengesetzes. Aus ökologischer Sicht ist die nachhaltige Pflege, Schaffung und Wiederherstellung eines natürlichen, artenreichen und gesunden Bestandes an Fischen, Krustentieren und Muscheln durch Planung und Gestaltung über Landesgrenzen hinweg ungleich besser möglich. Auch im Zusammenhang mit dem Tierschutz tragen einheitliche Regelungen zur bestmöglichen Schonung der Lebewesen bei. Der generelle Verzicht auf den ‚lebenden Köderfisch’ ist dringend österreichweit durchzusetzen, ebenso weitestgehend das Fischen mit Schonhaken und das Verbot von Wettfischveranstaltungen.

Durch den unnatürlichen und explosionsartigen Anstieg der Kormoranpopulation in Europa sind aufgrund des Fraßdruckes in Österreich bereits einzelne Fischarten ernsthaft vom Aussterben bedroht, darüber hinaus hat die Aquakultur mit größten wirtschaftlichen Schäden zu kämpfen. Die Äsche, von den beiden größten heimischen Fischereiorganisationen zum Fisch des Jahres 2002 in Österreich erkoren, wurde durch massiven Kormoraneinfall in der Enns bereits ausgerottet (Ennsstudie, BOKU 1999). Eine wirksame Minderung des Kormoranproblems durch effiziente Vergrämungsmaßnahmen ist nur bundeseinheitlich möglich.

Weiters gilt es dem drohenden Ausverkauf von Fischereirechten an heimischen Gewässern an das Ausland zu Lasten der Bevölkerung generell und wirksam zu begegnen. Nach großen Anstrengungen heimischer Steuerzahler in den letzten Jahrzehnten zur Reinhaltung und Wiederherstellung der österreichischen Gewässer und Einsatz von Besatzausgaben in Milliardenhöhe durch Fischereipächter sind die Fischereirechte an Gewässern der einheimischen Bevölkerung und kommenden Generationen vorzubehalten. In diesem grundsätzlichen Sinne entspricht der einstimmige Beschluss des Salzburger Landtages vom 12. Dezember 2001 den Intentionen der Antragsteller, allerdings ist dieser Beschluss eben auf das Bundesland Salzburg beschränkt und auf Fischereirechte der österreichischen Bundesforste.

Grundsätzlich sollte auch der Erwerb und weitere Besitz von Fischereirechten durch sonstige Berechtigte wie die Elektrizitätswirtschaft kritisch hinterfragt und soweit wie möglich aus ökologischen Gründen vermieden werden.

Weitere einheitliche Rechtsregeln zu Gunsten der wenigen verbliebenen Berufsfischer in Österreich wären ebenso erforderlich wie bessere Rahmenbedingungen für die Teich- und Zuchtwirtschaft, dies auch und vor allem im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung und damit verbundenen Problemen.

Im Zuge der Arbeit des österreichische Fischereibeirates, der zur Beratung des Bundesministers eingerichtet ist, stellt sich klar heraus, dass nahezu alle gravierenden Probleme und Chancen der heimischen Fischerei und Teichwirtschaft bundeseinheitlich zu behandeln sind. Die gesetzliche Institutionalisierung dieses Beratungsgremiums ist überdies noch ausständig.

Die Bereitschaft aller vier Parlamentsfraktionen, diese Materie im Zuge der Verhandlungen des Unterausschusses zum Bundestierschutzgesetz mitzuerledigen, wird von den Antragstellern ausdrücklich begrüßt.“

 

446 der Beilagen

1. Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Der Tierschutz stellt ein weithin anerkanntes und bedeutsames öffentliches Interesse dar, das insbesondere auch 1996 im Volksbegehren zur Schaffung eines Bundes-Tierschutzgesetzes, 172 BlgNR XX. GP, seinen Ausdruck gefunden hat.

Auch auf Europäischer Ebene findet sich ein Bekenntnis zum „Wohlergehen der Tiere“ (Erklärung Nr. 24 zur Schlussakte des Vertrags von Maastricht zum Tierschutz, ABl. 1992 C 191/103, Protokoll 10 über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere zum Vertrag von Amsterdam, ABl. 1997/C 340).

Dementsprechend hat sich die Österreichische Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm für die XXII. Gesetzgebungsperiode die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes zum Ziel gesetzt.

Nach dem Bundesministeriengesetz in der geltenden Fassung ist seit 1. Mai 2003 für die allgemeinen Angelegenheiten des Tierschutzes das Bundeskanzleramt zuständig, das dabei im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vorzugehen hat. Zum Zwecke der Vorbereitung des Tierschutzgesetzes des Bundes wurde im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der genannten Ressorts, des Bundesministeriums für Inneres sowie der Bundesländer, eingerichtet. Mit der Einrichtung der Arbeitsgruppe wurde auch der in der Sitzung des Nationalrates am 7. Mai 2003 angenommenen Entschließung Rechnung getragen, derzufolge der Nationalrat es begrüßt, dass im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde.

Der vorliegende Entwurf ist im Wesentlichen aus den Beratungen dieser Arbeitsgruppe sowie unter Einbeziehung namhafter Wissenschafter und Praktiker aus den Bereichen der Heim-, Wild- und landwirtschaftlichen Nutztierhaltung hervorgegangen.

Die Ausgangsbasis für das vorgeschlagene Bundesgesetz bilden insbesondere das geltende Tierschutzrecht der Bundesländer (insb. Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG zur Verbesserung des Tierschutzes im allgemeinen und im besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich; Vereinbarung zwischen den Ländern gemäß Art. 15a B‑VG über den Schutz von Nutztieren in der Landwirtschaft; Gesetz vom 18. Juni 1990 über den Schutz der Tiere gegen Quälerei (Bgld. Tierschutzgesetz 1990), LGBl. Nr. 86/1990 idgF; Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz 1996 – K-TTG 1996, LGBl. Nr. 77/1996 idgF; NÖ Tierschutzgesetz 1985, LGBl. 4610-0 (50/1986) idgF; Landesgesetz vom 5. Oktober 1995 über den Schutz der Tiere (Oö. Tierschutzgesetz 1995), LGBl. Nr. 118/1995 idgF; Gesetz vom 7. Juli 1999 über den Schutz und die Haltung von Tieren in Salzburg (Salzburger Tierschutzgesetz 1999 – TSchG), LGBl. Nr. 86/1999 idgF; Gesetz vom 3. Juli 1997 über den Schutz von Nutztieren ([Slbg.] Nutztierschutzgesetz), LGBl. Nr. 76/1997 idgF; Gesetz vom 4. Juli 2002 zum Schutz der Tiere (Steiermärkisches Tierschutz- und Tierhaltegesetz 2002), LGBl. Nr. 106/2002; Gesetz vom 3. Juli 2002 zum Schutz der Tiere (Tiroler Tierschutzgesetz 2002), LGBl. Nr. 86/2002; Gesetz zum Schutz der Tiere vor Quälerei und mutwilliger Tötung ([Vlbg.] Tierschutzgesetz), LGBl. Nr. 50/2002; Gesetz über den Schutz von Tieren vor Quälerei und mutwilliger Tötung sowie die Haltung von Tieren (Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz), LGBl. Nr. 39/1987 idgF), die von der Republik Österreich unterzeichneten einschlägigen Europaratsabkommen (Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen, BGBl. Nr. 82/1993, Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren, BGBl. III Nr. 137/2000) sowie der in § 46` genannten EG-Rechtsakte.

Ziel des vorgeschlagenen Bundesgesetzes ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.

Das Bundesgesetz gliedert sich in vier Hauptstücke:

Das 1. Hauptstück enthält allgemeine Bestimmungen (Zielsetzung, Geltungsbereich, Verbot der Tierquälerei etc.) zum Schutz der Tiere.

Das 2. Hauptstück ist dem Schutz der vom Menschen gehaltenen Tiere gewidmet und regelt auch das Schlachten und Töten von Tieren.

Das 3. Hauptstück regelt die Vollziehung.

Das 4. Hauptstück enthält Straf- und Schlussbestimmungen.

Zur näheren Ausgestaltung der gesetzlichen Vorgaben sieht das Bundesgesetz Verordnungsermächtigungen vor, die durch die allgemeinen Bestimmungen und durch ausdrückliche Regelungsaufträge näher determiniert werden.

Das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere soll die tierschutzrechtlichen Vorschriften der Länder ersetzen. Da das Bundesgesetz den Tierschutz zum Gegenstand hat, bleiben die in den Landesgesetzen zum Schutz des Menschen enthaltenen Bestimmungen über die Haltung gefährlicher Tiere (zB §§ 11, 15 des Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetzes, § 7a des NÖ Tierschutzgesetzes, § 16 des Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, § 2 des Vorarlberger Gesetzes über Maßnahmen gegen Lärmstörungen und über das Halten von Tieren) sowie sonstige sicherheitspolizeiliche Regelungen im Rahmen der örtlichen Sicherheitspolizei (zB betreffend Maulkorbzwang, Leinenzwang) unberührt. Auch die Tierzuchtgesetze der Länder bleiben unberührt.

2. Kompetenzgrundlage, Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Das vorgeschlagene Bundesgesetz stützt sich, soweit es sich nicht auf bereits bestehende Kompetenztatbestände des Bundes (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 8 B‑VG, Verkehrswesen und Kraftfahrwesen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 B‑VG) stützen kann, auf den in seinem Art. 1 geschaffenen Kompetenztatbestand.

Art. 1 ist eine Verfassungsbestimmung und kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B‑VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Da durch diese Bestimmung überdies die Zuständigkeit der Länder in der Gesetz­gebung eingeschränkt wird, ist gemäß Art. 44 Abs. 2 B‑VG auch die in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilende Zustimmung des Bundesrates erforderlich.

Da durch Art. 2 § 33` Abs. 2 in Angelegenheiten, die in die mittelbaren Bundesverwaltung oder die Landesverwaltung fallen, ein unmittelbarer Rechtszug zu den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern eröffnet wird, darf das vorgeschlagene Bundesgesetz gemäß Art. 129a Abs. 2 B‑VG nur mit Zustimmung der beteiligten Länder ‑ dies sind hier alle neun Länder ‑ kundgemacht werden.“

3. Finanzielle Auswirkungen:

Durch den Übergang der Zuständigkeit zur Gesetzgebung und zur Erlassung von Durchführungsverordnungen auf den Bund entsteht bei den zuständigen Bundesministerien ein gewisser Mehraufwand. Eine entsprechende Verminderung des Verwaltungsaufwandes tritt bei jedem Land ein. Im Hinblick auf die für das gesamte Bundesgebiet geltende einheitliche Rechtslage ist mit einer Vereinfachung der Vollziehung zu rechnen.

Die der Gesetzessystematik dienenden §§ 1`, 3` und 4` (Zielsetzung, Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen) begründen keine zusätzlichen Kosten.

Die §§ 5` bis 32` enthalten großteils allgemeine Regeln für den Umgang mit Tieren und die Tierhaltung, wie sie auch schon in den Landestierschutzgesetzen verankert sind. Die Vorschriften als solche verursachen keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, es sind Verhaltensanordnungen, die sich unmittelbar an den Bürger wenden.

Etwas anders zu beurteilen ist § 30` (Entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere). Entsprechend dem Wiener Modell soll die Tierschutzbehörde für entlaufene udgl. Tiere – etwa durch Übergabe an Tierheime – sorgen. Dies bedeutet für die Gemeinden, mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut, eine Entlastung, da ein gleichgelagerter Aufwand im Bereich des Fundwesens entfällt, für die Länder als Träger der Bezirkshauptmannschaften eine Mehrbelastung. Auch für die Städte mit eigenem Statut ist insoweit mit einem Mehraufwand zu rechnen, als die Vollziehung der in Rede stehenden Bestimmung einen höheren Aufwand pro Fundtier usw. erfordert. Das Ausmaß der Be- bzw. Entlastung ist allerdings je nach der geltenden Landesrechtslage und dem örtlich verschiedenen Anfall an entlaufenen, ausgesetzten oder zurückgelassenen Tieren als sehr unterschiedlich anzunehmen. So etwa ist für das Land Wien, da materiell keine Änderung der Rechtslage eintritt, kein Mehraufwand zu veranschlagen. Auf Länderseite hat nur das Amt der Kärntner Landesregierung detaillierte Kostenüberlegungen angestellt; demnach werden als Kosten, die von der Behörde unter Umständen (in Vorlage) zu tragen sind, 239.580 € (180 € pro Tier und Jahr) angegeben (dies sind nicht Mehrkosten, sondern Gesamtkosten auf der Basis des Jahres 2002) angesetzt.

In der Berechnung nicht berücksichtigt wurden Einnahmen aus Strafverfahren, Verwaltungsabgaben, etc.  

Durch die Strafbestimmungen und die Bestimmungen betreffend Verbot der Tierhaltung und Verfall (§§ 38` bis 40`), die sich an das Landestierschutzrecht anlehnen, kann praktisch kein Mehraufwand für die Länder entstehen.

Zusätzliche Kosten können durch zusätzliche Bewilligungsverfahren entstehen und zwar insoweit, als bestimmte Tierhaltungen – im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nunmehr bewilligungspflichtig oder anzeigepflichtig sind. Soweit die betreffende Tierhaltung (zB Tierheim) in einzelnen Bundesländern bloß anzeigepflichtig ist, bewirkt die Bewilligungspflicht keinen nennenswerten Mehraufwand für die Vollziehung. Lediglich in Bezug auf die nunmehrige Bewilligungspflicht von Tierhaltungen im Rahmen gewerblicher Tierhaltungen ist ein gewisser Mehraufwand zu erwarten, der jedoch im Interesse des Tierschutzes gerechtfertigt ist. Andererseits bewirkt der Übergang von einem Bewilligungs- zu einem bloßen Anzeigesystem im Bereich der Wildtierhaltung eine Verwaltungsentlastung.

Einen Mehraufwand für die Länder bewirkt die Einrichtung der Tierschutzombudsmänner, einen geringfügigen Mehraufwand für den Bund die des Tierschutzrates.

Ob in Bezug auf die Kontrollen (§§ 33` bis 37`) ein Mehraufwand zu gewärtigen ist, hängt von der Intensität der bisherigen behördlichen Überwachung nach den Landestierschutzgesetzen ab. Hier wird von den Ländern teilweise ein Mehraufwand gesehen.

Für die Städte mit eigenem Statut ist ein geringfügiger Mehraufwand insoweit zu erwarten, als Bewilligungsverfahren, deren Umfang ausgedehnt wird, auch von den Magistraten als Bezirksverwaltungsbehörden durchzuführen sind. Für die übrigen Gemeinden ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.

 

II.

Zusammenfassung der Beratungen

Der Verfassungsausschuss hat die Initiativanträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A sowie den Entschließungsantrag 127/A(E) in seiner Sitzung am 1. Juli 2003 in Verhandlung genommen. Die Berichterstattung über die Vorlage 2/A erfolgte durch den Abgeordneten Karl Donabauer, jene über die Vorlagen 5/A, 9/A und 127/A(E) durch die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima. Den Bericht über den Antrag 12/A erstattete die Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig. Einstimmig wurde beschlossen, für die Vorberatung der Anträge einen Unterausschuss einzusetzen. Diesem Unterausschuss wies der Verfassungsausschuss in weiterer Folge am 13. Jänner 2004 nach der Berichterstattung durch den Abgeordneten Stefan Prähauser den Antrag 184/A(E) zu und am 25. März 2004 die Regierungsvorlage 446 der Beilagen, über die von der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer berichtet wurde.

Dem Unterausschuss gehörten seitens des Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Karl Donabauer, Maria Grander, Fritz Grillitsch und Michael Praßl, seitens der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion die Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Günther Kräuter, Katharina Pfeffer und Mag. Ulrike Sima, vom Klub der Freiheitlichen Partei Österreichs der Abgeordnete Klaus Wittauer sowie vom Grünen Klub die Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger an. Zur Vorsitzenden des Unterausschusses wurde die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima, zu ihrer Stellvertreterin die Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer und zum Schriftführer der Abgeordnete Klaus Wittauer gewählt.

Der Unterausschuss beschäftigte sich in acht Sitzungen, nämlich am 1. Juli und 28. November 2003 sowie am 16. Jänner, 26. März, 27. und 30. April sowie am 11. und 25. Mai 2004 mit der ihm zugewiesenen Materie.

An den Debatten nahmen die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Katharina Pfeffer, Klaus Wittauer, Dr. Günther Kräuter, Dr. Helene Partik-Pablé, Heinz Gradwohl, Karl Donabauer, Maria Grander, Ing. Hermann Schultes, Dietmar Keck, Fritz Grillitsch und, Michael Praßl teil.

Den Beratungen wurden folgende Ausschussexperten beigezogen: Mag.Dr. Gerald Eberhard, Bundeskanzleramt, Mag. Hermann Gsandtner, MA 60-Veterinäramt und Univ. Prof. Dr. Josef Troxler, Veterinärmedizinische Universität Wien.

Weiters standen den Fraktionen – in alphabetischer Reihenfolge – folgende Experten zur Verfügung:

DDr. Regina Binder, Veterinärmedizinische Universität Wien, Bundesrat Univ.-Prof.Dr. Peter Böhm, Michael Buchner, Verein Vier Pfoten, Dr. Alfred Kallab, Tierarzt, DI Adolf Marksteiner, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, Dr. Norbert Schauer, Arbeitskreis „Juristen für Tierrechte“, Oberveterinärrat Dr. Peter Wagner, Landesregierung Steiermark und Dr. Marina Zuzzi-Krebitz, Tierärztin.

Die Verhandlungsergebnisse des Unterausschusses bestanden in einer politischen Einigung über einen gesamtändernden Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage in 446 der Beilagen, der eine Miterledigung der Anträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A ermöglicht. Über die Anträge 127/A(E) und 184/A(E) wurde kein Einvernehmen erzielt.

Am 25. Mai 2004 berichtete die Vorsitzende des Unterausschusses, Mag. Ulrike Sima dem Verfassungsausschuss über die erzielten Verhandlungsergebnisse. In der daran anschließenden Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Brigid Weinzinger, Dr. Günther Kräuter, Heinz Gradwohl, Mag. Karin Hakl und Dr. Peter Wittmann das Wort.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger und Klaus Wittauer zur Regierungsvorlage in 446 der Beilagen einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Das hiemit vorgeschlagene Gesetz bringt in zahlreichen Einzelheiten g egenüber der Regierungsvorlage Verbesserungen aus der Sicht des Tierschutzes, daneben aber auch mehr Rechtssicherheit für Tierhalter. Zu einzelnen Bestimmungen ist zu bemerken:

Zu Art. 2 § 2` (Förderung des Tierschutzes):

Die Förderung wird, wenn auch nach Maßgabe budgetärer Möglichkeiten, zur Verpflichtung erklärt und auf alle (nicht bloß die besonders) tierfreundlichen Haltungssysteme sowie auf Anliegen des Tierschutzes ausgedehnt.

Zu Art. 2 § 4 Z 7` (Begriffsbestimmungen – Futtertiere):

Eine Definition des Begriffs ‚Futtertiere’ fehlt bisher, eine Eingrenzung dieses Begriffs erscheint aber als notwendig, da das Gesetz an diesen Begriff eine Ausnahme (§  6 Abs. 4 Z 1) vom für das wissentliche Töten von Wirbeltieren geltenden Tierärztevorbehalt knüpft. Die altersmäßige Beschränkung bei Geflügel ergibt sich aus der Tatsache, dass Tiere mit einem Alter bis zu vier Wochen als Küken gelten.

Zu Art. 2 § 5` (Verbot der Tierquälerei):

Zu Abs. 3 Z 4:

Die bezüglich der Ausbildung von Diensthunden der Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres vorgesehene Ausnahme für die Anwendung technischer Geräte und sonstiger Hilfsmittel wird auf Korallenhalsbänder eingeengt. Durch die Anwendung des Korallenhalsbandes wird dem auszubildenden Diensthund nur im unbedingt notwendigen Ausmaß eine kurzfristige Beeinträchtigung zugefügt, die keinesfalls Leiden, Schäden oder schwere Angst verursacht.

In Abs. 3 Z 4 ist u.a. vorgeschrieben, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass der Einsatz in einer Weise zu erfolgen hat, die zur Ausbildung geeignet und erforderlich ist sowie den auszubildenden Diensthund am wenigsten beeinträchtigt.

Zu Abs. 4:

Als flankierende Maßnahme zum Verbot der Verwendung von Stachelhalsbändern, Korallenhalsbändern und elektrisierenden sowie chemischen Dressurgeräten erscheint auch ein Verbot des Erwerbs und Besitzes solcher Gegenstände erforderlich.

Auf Grund der erforderlichen Detailregelungen verpflichtet Abs. 4 Z 2 zur Erlassung einer Verordnung betreffend die Diensthundeausbildung.

Zu Art. 2 § 7 (Verbot von Eingriffen an Tieren):

Abs. 4 verbietet bestimmte Methoden zur Durchführung von Eingriffen, wie etwa das Entfernen der Hornanlage mit Hilfe ätzender Substanzen (Ätzstifte, Ätzsalben) oder das Amputieren von Körperteilen, z.B. von Schwänzen durch das Anlegen elastischer Ringe, da diese Methoden, die zum langsamen Absterben von Körpergewebe führen und damit erwiesenermaßen besonders lang anhaltende Schmerzen und Leiden verursachen.

Zu Art. 2 § 16` (Bewegungsfreiheit):

Um insbesondere Rindern ein bestimmtes Maß an Bewegungsmöglichkeit zu geben, normiert Abs. 4, dass Rindern grundsätzlich an mindestens 90 Tagen pro Jahr die Möglichkeit zur freien Bewegung zu geben ist.

Zu Art. 2 § 18` Abs. 3 Z 2 und 3 (Käfige und andere Haltungssysteme zur Haltung von Legehennen):

Abs. 3 Z 2 verbietet nach Ablauf einer fünfzehnjährigen Übergangsfrist das Halten von Legehennen in sogenannten ‚ausgestalteten Käfigen’, dh in Käfigen im Sinne des Art. 6 der Richtlinie 1999/74/EG.

Grundsätzlich müssen Haltungssysteme für Legehennen nach Ablauf der in Abs. 3 Z 1 lit. b und Abs. 3 Z 2 lit. b vorgesehenen Übergangsfristen den Anforderungen des Art. 4 der Richtlinie 1999/74/EG (Alternativsysteme) entsprechen. Werden jedoch Käfigtypen (zB „Kleinvolieren“) entwickelt, die den Bedürfnissen der Tiere besser entsprechen als die ausgestalteten Käfige, so besteht die Möglichkeit, diese nach Prüfung im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens gemäß Abs. 6 als zulässiges Haltungssystem anzuerkennen.

Zu Art. 2 § 18` Abs. 6 (Zulassungsverfahren für neue serienmäßig hergestellte Aufstallungssysteme und technische Ausrüstungen):

Nach dem Modell des schwedischen Tierschutzgesetzes soll ein Zulassungsverfahren für neuartige technische Systeme und neuartige technische Ausrüstungen für die Tierhaltung geschaffen werden. Das Nähere wird durch Verordnung insbesondere unter Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Warenverkehrsfreiheit zu regeln sein.

Zu Art. 2 § 21` (Aufzeichnungen):

Die Aufbewahrungsmindestdauer gemäß Abs. 2 soll nicht drei, sondern fünf Jahre betragen.

Die Behörde hat tierhaltende Betriebe und Einrichtungen auf Grundlage einer Verordnung gemäß § 35 dieses Bundesgesetzes Kontrollen zu unterziehen. Dabei werden sich für die einzelnen Betriebe zwangsläufig unterschiedliche zeitliche Abstände zwischen den Kontrollen ergeben. Mit einer Aufbewahrungsfrist für Aufzeichnungen von fünf Jahren soll diesem Umstand Rechnung getragen und sichergestellt werden, dass den Behördenorganen auch bei längeren Kontrollintervallen auswertbare Aufzeichnungen zur Verfügung stehen.

Zu Art. 2 § 25 Abs. 4 (Haltung von Wildtieren, die keine besonderen Anforderungen an Haltung und Pflege stellen, in gewerbsmäßig betriebenen Einrichtungen):

In der Fassung der Regierungsvorlage besteht für die Gehegehaltung von Schalenwild ausschließlich zur Fleischgewinnung eine bloße Anzeigepflicht (Abs. 1, zweiter Satz), für die Haltung von Wildtieren, die keine besonderen Anforderungen an Haltung und Pflege stellen, in gewerbsmäßig betriebenen Einrichtungen hingegen eine Bewilligungspflicht (Abs. 4). Da diese Differenzierung nicht einsichtig erscheint, soll auch in letzterem Fall (Abs. 4) eine bloße Anzeigepflicht bestehen.

Zu Art. 2 § 31` Abs. 5 (Verbot der Haltung von Hunden und Katzen in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen):

Die artgemäße und verhaltensgerechte Haltung von Hunden und Katzen ist in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, in denen Tiere angeboten werden, nicht zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für Welpen und Jungtiere. Die Tiere werden in der Regel in einem Alter zum Verkauf angeboten, in der sie sich in einer sensiblen Entwicklungsphase befinden und durch die Umwelt dauerhaft in ihrem Verhalten geprägt werden. Gleichzeitig werden Hunde- und Katzenwelpen durch die Vergesellschaftung mit Tieren aus anderen Würfen und die Umstände der Zurschaustellung einer Stressbelastung ausgesetzt, die nicht nur Einfluss auf die spätere Entwicklung des einzelnen Individuums haben kann, sondern auch häufig die im Welpenalter an sich nur bedingt belastbare Immunabwehr der Tiere weiter schwächt, was zu schweren Infektionskrankheiten, unter Umständen sogar mit Todesfolgen, führen kann.

Die Haltung und Zurschaustellung von Hunden und Katzen in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, in denen Tiere zum Zwecke des Verkaufes angeboten werden, soll daher verboten werden. Dieses Verbot der Haltung und Zurschaustellung ist aber nicht mit einem generellen Verkaufsverbot von Hunden und Katzen gleichzusetzen. Dem Gewerbetreibenden bleibt es unbenommen, in jeder anderen geeigneten Weise eine Geschäftsanbahnung herbeizuführen.

Zu Art. 2 § 32` Abs. 3 bis 6 (Schlachtung oder Tötung):

Rituelle Schlachtungen, die ohne vorausgegangene Betäubung stattfinden, stellen ein besonders sensibles tierschutzrelevantes Unterfangen dar. Die Tierschutzrelevanz liegt dabei in der Stressbelastung, der die Tiere im Zusammenhang mit dem Fixieren und dem Verbringen in die für die Vornahme der rituellen Schlachtung notwendigen Position ausgesetzt sind, sowie in der Tatsache, dass das Tier den Schnitt durch die Weichteile des Halses bei vollem Bewusstsein erlebt. Andererseits erscheint ein generelles Verbot dieser Praktiken aus Gründen der Religionsfreiheit (VfSlg. 15.394/1998) nicht möglich.

Die Bestimmungen des § 32 sollen sicherstellen, dass rituelle Schlachtungen nur im unbedingt notwenigen Ausmaß im Rahmen der Religionsausübung anerkannter Religionsgemeinschaften und unter geringstmöglicher Belastung für die zur rituellen Schlachtung bestimmten Tiere durchgeführt werden. Die Bewilligung gemäß Abs. 5 ist dabei primär auf die jeweilige Tierart bezogen, da zur Durchführung der rituellen Schlachtung von Rindern, von Schafen und Ziegen sowie von Geflügel unterschiedliche Einrichtungen zur Verfügung stehen müssen. Weiters soll damit der Behörde die Möglichkeit gegeben werden, bei Wegfall einer der in Abs. 5 Z 1 bis 7 genannten Voraussetzungen die Bewilligung zur Durchführung von rituellen Schlachtungen jederzeit zurückzuziehen.

Zu Art. 2 § 35` Abs. 4 (Behördliche Überprüfungen):

Die Behörde soll berechtigt sein, Tierhaltungen sowie die Einhaltung von Tierhaltungsverboten unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit jederzeit zu kontrollieren.

Zu Art. 2 § 37` Abs. 1 (Sofortiger Zwang):

Die Organe der Behörde sollen zur Ausübung ihrer Zwangsbefugnisse nicht bloß berechtigt, sondern auch verpflichtet sein.

Zu Art. 2 § 38` Abs. 1 (Strafbestimmungen):

Für schwere Tierquälerei wird eine Mindeststrafe von 2 000 Euro vorgesehen.

Zu Art. 2 § 41` (Tierschutzombudsmann):

Die Rechtsstellung des Tierschutzombudsmanns wird in mehrfacher Weise modifiziert und gestärkt, wobei nach diesem Bundesgesetz eine Parteistellung in Verwaltungsverfahren, eine Unterstützungspflicht der Behörden und eine Berichtspflicht gegenüber der Landesregierung verankert wird.

Zu Art. 2 § 42` (Tierschutzrat, Tierschutzbericht):

Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen wird verpflichtet, dem Nationalrat nach Befassung des Tierschutzrates alle zwei Jahre einen Tierschutzbericht vorzulegen.

Zu § 44` (In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen):

Zu Abs. 5:

Nach (dem unverändert bleibenden) Abs. 4, zweiter Satz gelten die Anforderungen dieses Bundesgesetzes und der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen für bei In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes bestehende Anlagen oder Haltungseinrichtungen nur insoweit, als deren Einhaltung ohne bauliche Maßnahmen, die über die Instandsetzung oder über die Ersetzung einzelner Elemente hinausgehen, möglich ist oder darüber hinausgehende bauliche Maßnahmen an von diesen Anforderungen betroffenen Teilen der Anlagen oder Haltungseinrichtungen durchgeführt werden. Die zeitlichen Begrenzungen dieser Geltungsbeschränkung werden in Abs. 4a gegenüber der Regierungsvorlage neu konzipiert, indem für unterschiedliche Kategorien von Tierhaltungen unterschiedliche Fristen festgesetzt werden, bei deren Ablauf das Übergangsregime endet.

Für landwirtschaftliche Tierhaltungen ist dabei zu berücksichtigen, dass diese durch die Landesgesetze, die die zwischen den Ländern gemäß Art. 15a B‑VG abgeschlossene Vereinbarung über den Schutz von Nutztieren in der Landwirtschaft durchführten, neuen Anforderungen unterworfen wurden und dass hiefür Übergangsfristen festgesetzt wurden, die noch nicht abgelaufen sind. Übergangsfristen für die Anpassung bereits bestehender Anlagen für die Haltung von Rindern und Schweinen können nach der Vereinbarung bis zu fünfzehn Jahren, für die Haltung von Hausgeflügel (z.B. Hühner, Truthühner, Gänse) bis zu zehn Jahren betragen. Die in den einzelnen Ländern festgesetzten Übergangsfristen differieren je nach Land und Tierarten. Von diesen Übergangsfristen, und zwar jeweils von dem spätesten Endigungszeitpunkt, wird in der hier vorgesehenen Übergangsregelung ausgegangen, wobei es durch Festsetzung auf das Jahresende zu einer geringfügigen Verlängerung kommen kann. Entspricht eine Tierhaltung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tierschutzgesetzes daher entweder dem Standard der Art. 15a‑Vereinbarung oder dem einschlägigen Landesrecht, so besteht eine Verpflichtung zur Anpassung der Haltungseinrichtungen nicht, soweit die Voraussetzungen gemäß Abs. 4, zweiter Satz vorliegen.

Zu Abs. 9:

Während die Regierungsvorlage (Abs. 5 Z 2 und Abs. 6) einen Weiterbestand bestehender Berechtigungen (wenn auch mit einer amtswegigen Anpassungsmöglichkeit) vorsieht, wird nunmehr einer generellen Neudurchführung von Bewilligungs- und Anzeigeverfahren der Vorzug gegeben. Es sind daher auch für bestehende Tierhaltungen die vorgesehenen Bewilligungen zu beantragen und die vorgesehenen Anzeigen zu erstatten, auch wenn solches nach der früheren landesgesetzlichen Rechtslage oder nach gewerberechtlichen Vorschriften bereits geschehen ist.

Zu Abs. 11:

Für die Erreichung der nunmehr erforderlichen Qualifikationen durch die Betreuungspersonen bzw. sonstigen sachkundigen Personen wird eine Übergangsfrist eingeräumt.

Zu Abs. 12:

Eine Übergangsfrist erscheint auch für die durch Verordnung einzuführende Kennzeichnung von Hunden und Katzen erforderlich. Sie soll ein Jahr ab dem In-Kraft-Treten der Verordnung betragen.

Zu Art. 2 § 47` (Notifikation):

Da das vorgeschlagene Gesetz verschiedene als technische Vorschriften einzustufende Regelungen enthält (insbesondere § 5 Abs. 2 Z 3 und Abs. 4 betreffend das Verbot der Verwendung, des Erwerbs und des Besitzes bestimmter Gegenstände sowie im 1. Abschnitt des 2. Hauptstückes enthaltene technische Spezifikationen, soweit sie für Tierhaltungen außerhalb des Anwendungsbereiches der Richtlinie 98/58/EG über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere gelten) ist das Verfahren nach der Informationsrichtlinie einzuhalten.“

 

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid Weinzinger und Klaus Wittauer einstimmig angenommen. Damit gelten die Anträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A als miterledigt. Dem Entschließungsantrag 127/A(E) wurde damit entsprochen.

 

Ferner brachten die Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima und Mag. Brigid Weinzinger einen Entschließungsantrag betreffend eine Staatszielbestimmung Tierschutz mit folgender Begründung ein:

„Ziel des Bundestierschutzgesetzes ist es, das Leben und Wohlbefinden der Tiere als Mitgeschöpfe zu schützen. Die Verankerung des Tieres als Mitgeschöpf im Bundestierschutzgesetz ist bereits ein erster Schritt, um die hohe ethische Verpflichtung und Verantwortung des Einzelnen gegenüber dem Tier als leidensfähiges Wesen hervorzuheben.

Um den besonderen Stellenwert des Tierschutzes in der österreichischen Rechtsordnung zu dokumentieren, sprechen sich alle im Nationalrat vertretenen Fraktionen für die verfassungsmäßige Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbestimmung aus.“

 

Ein weiterer Entschließungsantrag der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima und Mag. Brigid Weinzinger betreffend eine tiergerechte Vornahme von rituellen Schlachtungen enthielt nachstehende Begründung:

„Mit dem Bundestierschutzgesetz setzen die im Nationalrat vertretenen Nationalratsfraktionen den entscheidenden Schritt für einen bundesweit einheitlichen Tierschutz. Die intensive wissenschaftliche Beratung bei der Erarbeitung des Bundestierschutzgesetzes unterstreicht das Ziel, alle Tiere in Österreich bestmöglich zu schützen.

Das Bundestierschutzgesetz sieht vor, dass das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor dem Blutentzug grundsätzlich verboten ist. Stehen einer Betäubung jedoch zwingende religiöse Gebote oder Verbote einer anerkannten Religionsgesellschaft entgegen (rituelle Schlachtung), so ist die Schlachtung so vorzunehmen, dass dem Tier nicht unnötig Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt werden. Die Nationalratsfraktionen stimmen überein, dass auch im Bereich der rituellen Schlachtung Tierschutz auf sehr hohem Niveau gewährleistet sein muss.“

 

Die beiden oben erwähnten Entschließungsanträge der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima und Mag. Brigid Weinzinger wurden jeweils einstimmig beschlossen.

 

Der Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss einstimmig folgende Ausschussfeststellung:

„Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass die erforderlichen Verordnungen zum Bundestierschutzgesetz mit 1. Jänner 2005 erlassen werden.“

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf (Anlage 1) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung (Anlage 2) annehmen;

3.      die angeschlossene Entschließung (Anlage 3) annehmen;

4.      den Bericht betreffend den Antrag 184/A(E) zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2004 05 25

Mag. Ulrike Sima Dr. Peter Wittmann

    Berichterstatterin                  Obmann