509 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Verfassungsausschusses
über die Anträge
2/A
der Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundesverfassungsgesetz (B-VG) in der
Fassung von 1929 geändert wird (Bundesverfassungsgesetz-Novelle 2003),
5/A
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz zur Begründung
der Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Angelegenheiten des Tierschutzes
geändert wird,
9/A
der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein
Bundesgesetz über den Schutz von Tieren (Tierschutzgesetz - TSchG),
12/A
der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen
betreffend ein Bundesgesetz zum Schutz der Tiere (Bundes-Tierschutzgesetz -
TSchG),
127/A(E)
der Abgeordneten Mag. Ulrike
Sima, Mag. Brigid Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen
betreffend rasche Vorlage eines Bundestierschutzgesetzes im Sinne des
Volksbegehrens für ein Bundestierschutzgesetz
und
184/A(E)
der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen betreffend
Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die Fischerei durch den Bundesminister
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
sowie über die
Regierungsvorlage (446 d.B.): Bundesgesetz,
mit dem ein Tierschutzgesetz erlassen sowie das Bundes-Verfassungsgesetz, die
Gewerbeordnung 1994 und das Bundesministeriengesetz 1986 geändert werden
I. Erläuterungen zu den Verhandlungsgegenständen
Antrag 2/A:
Die Abgeordneten Dr. Wolfgang Schüssel,
Kolleginnen und Kollegen haben am 20. Dezember 2002 im Nationalrat den
gegenständlichen Initiativantrag eingebracht und wie folgt begründet:
„Das Bekenntnis zum umfassenden Tierschutz
beruht in Österreich auf einem breiten gesellschaftlichen Konsens. Die
Diskussion über den Umgang mit Tieren nimmt zu, die gesellschaftliche
Sensibilität steigt ständig.
Tierschutzstandards
werden von Konsumenten immer häufiger als Qualitäts- und damit Auswahlkriterium beim Kauf von Lebensmitteln herangezogen. Österreich verfügt
bereits jetzt über hohe Tierschutzstandards. Das ist auf eine ambitionierte
Tierschutzpolitik auf Landesebene auf Basis der 15a – Vereinbarungen zurückzuführen.
Lebensmittelsicherheit und EU-Standards
Lebensmittelqualität und
Lebensmittelsicherheit sind im Rahmen der EU-Erweiterung wichtige Themen für
die österreichischen Konsumenten und die Landwirtschaft. Es muss sichergestellt
sein, dass keine Lebensmittel nach Österreich kommen, die den gewohnten
EU-Standards nicht entsprechen. Darüber hinaus
müssen wir durch die Schaffung gemeinsamer EU-Standards in der
landwirtschaftlichen Produktion danach trachten, unsere hohen Qualitäten
zu verteidigen. Das betrifft insbesondere den Tierschutz, bei dem wir unsere
hohen Standards sichern und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für
unsere Bauern schaffen müssen.
Tierschutz und
EU
Tierschutz wird aber auch auf europäischer
Ebene ein immer wichtigeres Thema. Ziel ist es, in der erweiterten Europäischen
Union glaubwürdig das hohe österreichische Niveau in Tierschutzanliegen
einzubringen und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen für unsere Bauern zu
schaffen. Bei der Weiterentwicklung der EU-Agrarpolitik in den nächsten Jahren
wird es auch ein wichtiges Ziel sein, Instrumente zur Förderung des Tierschutzes - z. B. die verstärkte Unterstützung von
Investitionen in tierfreundliche Haltungsformen - zu verbessern.
Zur Unterstützung der europäischen Diskussion
und zum Erreichen einheitlicher europäischer Standards ist diese
Verfassungsänderung jetzt erforderlich.“
Antrag 5/A:
Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen
und Kollegen haben den am 20. Dezember 2002 im Nationalrat eingebrachten
Gesetzentwurf wie folgt begründet:
„Angesichts des Stellenwertes, den der
Gedanke des Tierschutzes für die österreichische Bevölkerung hat, besteht bereits
seit langem die Forderung, dass der Tierschutz in die Gesetzgebungskompetenz
des Bundes übertragen werde. Diese Forderung ist eine Folge der Überlegung,
dass die Schutzbedürftigkeit von Tieren nicht davon abhängt, in welchem
Bundesland sie sich aufhalten. Durch die länderweise unterschiedlichen
Regelungen entstehen unterschiedliche Schutzniveaus, die unter dem
Gesichtspunkt des Tierschutzes nicht erklärbar sind. Eine der Erklärungen für
den in einzelnen Bundesländern bestehenden mangelhaften Schutz liegt gerade
darin, dass die Landesgesetzgebung stärker von den kommerziellen Interessen der
Landwirtschaft beeinflusst ist, was aber mit Sicherheit nicht im Sinne der
Mehrheit der Bevölkerung Österreichs liegt und auch angesichts des ideellen
Wertes des Tierschutzes nicht vertretbar ist. Durch unterschiedliche Regelungen
für die landwirtschaftliche Tierhaltung zwischen den einzelnen Bundesländern
kommt es darüber hinaus zu einer Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen, sodass
es gerade zwangsläufig zu einer Nivellierung nach unten kommt.
Eine bundeseinheitliche Regelung liegt
daher nicht bloß im Interesse des Tierschutzes, sondern auch im Interesse der
einzelnen Landwirte, zumal Untersuchungen zeigen, dass tiergerecht gehaltene
Nutztiere einen um acht Prozent höheren Ertrag bringen als solche in
tierquälerischen Haltungsformen.
Wie groß das Bedürfnis der Bevölkerung nach
einer bundesweiten gesetzlichen Regelung des Tierschutzes ist, zeigte zuletzt
das Tierschutzvolksbegehren, das von 460.000 Österreicherinnen und
Österreichern unterstützt wurde.
Mit dem vorliegenden Antrag sollen daher
die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes so geändert werden, dass eine
Gesetzgebungskompetenz des Bundes geschaffen wird. Allerdings scheint es nicht
erforderlich, auch die Vollziehung dem Bund zu übertragen, weswegen
entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip Tierschutz in Zukunft eine Angelegenheit
des Artikel 11 B-VG (Gesetzgebung - Bund, Vollziehung - Land) sein soll. Dies
zieht nach sich, dass den Ländern die Kosten der Vollziehung erwachsen, was im
Sinne der §§ 2,4 F-VG einen Ersatz der zusätzlichen Kosten bedingt.
Im Sinne des Subsidiaritätsprinzips wird
weiters vorgesehen, dass die Bundesgesetzgebung die Länder ermächtigen kann, zu
genau bezeichneten Bestimmungen Ausführungsgesetze zu erlassen. Es ist nicht
von vornherein auszuschließen, dass auf einzelnen Gebieten schon bisher
länderweise unterschiedliche Regelungen bestehen, die aber im Ergebnis das
Interesse an einem einheitlichen Tierschutzstandard nicht beeinträchtigen; zu
denken ist etwa an Bestimmungen über die Schaffung einer Tierschutzanwaltschaft
oder die Einrichtung von amtlichen Tierschutzorganen.
Das Jagd- und Fischereirecht wird von der
Übertragung der Tierschutzkompetenz an sich nicht berührt. Allerdings finden
sich bisher bereits in den Jagdgesetzen einzelne tierschutzrechtliche
Vorschriften, insbesondere über die Zulässigkeit des Erschießens von
streunenden bzw. wildernden Hunden und Katzen. Insoweit soll mit dem
vorliegenden Antrag die Gesetzgebungskompetenz ebenfalls auf den Bund
übergehen, wobei aber der Bundesgesetzgeber im Lichte der Judikatur des
Verfassungsgerichtshofes zum Berücksichtigungsgebot (VfSlg. 10.292/1984) eine
Regelung zu treffen haben wird, die die jagdrechtlichen Interessen berücksichtigt.
Unbenommen bleibt es dem Landesgesetzgeber, das Jagdrecht mit Maßnahmen zu
schützen, die nicht in den Tierschutz eingreifen, wie insbesondere durch die
Verhängung von entsprechenden Verwaltungsstrafen für Tierhalter, die dadurch
das Jagdrecht beeinträchtigen, dass sie in freier Flur ihre Tiere nicht
entsprechend beaufsichtigen.“
Antrag 9/A:
Weiters wurde am selben Tag der Antrag 9/A
betreffend ein Bundesgesetz über den Schutz von Tieren von den Abgeordneten Dr.
Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen dem Nationalrat vorgelegt.
Antrag 12/A:
Der Antrag der Abgeordneten MMag. Dr.
Madeleine Petrovic, Kolleginnen und Kollegen wurde am 20. Dezember 2002
eingebracht und enthält folgende Erläuterungen zu den Grundzügen des
Gesetzentwurfes:
„Die österreichischen Staatsbürgerinnen und
Staatsbürger haben mehrfach der Forderung nach einem bundeseinheitlichen,
zeitgemäßen Tierschutzgesetz Ausdruck verliehen. Bereits 1993 wurden mit Hilfe
einer Tageszeitung rund 350.000 Unterschriften für dieses Anliegen gesammelt.
Im März 1996 unterstützten schließlich 459.443 Personen im Rahmen des
Tierschutz-Volksbegehrens "Ein Recht für Tiere" die Forderung nach
einer Regelung des Tierschutzes auf Bundesebene.
Trotz mehrjähriger Befassung eines zur
Behandlung des “Tierschutz-Volksbegehrens" eingerichteten Unterausschusses
des Verfassungsausschusses werden Tierschutzangelegenheiten in Österreich nach
wie vor durch mittlerweile zehn Landes-Tierschutzgesetze geregelt, die mehr
oder weniger häufig novelliert wurden. Dazu kommen pro Bundesland mehrere
Verordnungen – österreichweit sind es derzeit 35 -, die nähere Bestimmungen
über einzelne Regelungsbereiche des Tierschutzes enthalten. Der ‚Index des
geltenden Landesrechts’ listet zum Stichtag 1.1.2002 im Bereich des
Tierschutzrechts siebenundvierzig (!), zumeist mehrmals novellierte,
Rechtsquellen auf. Bereits Mitte 2002 ist diese Fundstellenübersicht alles
andere als aktuell: Im Februar 2002 ist eine Novelle zum Wiener Tierschutz- und
Tierhaltegesetz in Kraft getreten; eine Novelle zum Burgenländischen
Tierschutzgesetz 1990, LGBI. 86/1990 idF. Nr. 8/1995, ist beschlossen und wird
in Kürze verlautbart, ein neues Steiermärkisches Tierschutzgesetz liegt
ebenfalls als Beschluss vor. In weiterer Folge werden die auf der Grundlage
dieser Gesetze erlassenen Verordnungen novelliert werden. Das österreichische
Tierschutzrecht kann daher nach wie vor nur als ‚Flickwerk’ bezeichnet werden.
Für den Vorgang der Rechtssetzung bedeutet
dies, dass mehrere Verwaltungseinheiten von neun Gebietskörperschaften - nämlich
die Legistikabteilung und die im jeweiligen Amt der Landesregierung zuständige
Fachabteilung - kontinuierlich mit der Anpassung von Rechtsvorschriften, die
ein und denselben Regelungsgegenstand haben, an gemeinschaftsrechtliche
Vorgaben bzw. an die Erfordernisse der Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG
beschäftigt sind. Dies ist mit einem nahezu unschätzbaren Kostenaufwand
verbunden und schon aus Gründen der Verwaltungsökonomie nicht vertretbar.
Vom Regelungsinhalt her ist sowohl die -
nach wie vor vorhandene - Ungleichbehandlung der Tiere als auch der Tierhalter
in den einzelnen Bundesländern sachlich nicht zu begründen und weder aus
ethischer noch aus ökonomischer Sicht zu rechtfertigen. Nach den Grundsätzen
eines ethisch motivierten Tierschutzes haben alle Tiere - unabhängig von ihrer
Art und ihrer Bestimmung - das gleiche Schutzbedürfnis und die gleiche
Schutzwürdigkeit. Gerade die jüngste Entwicklung des österreichischen
Tierschutzrechtes zeigt, dass es einer strukturbereinigenden Grundsatzreform bedarf,
die nur durch eine bundeseinheitliche Regelung der Materie zu bewerkstelligen
ist.
Für eine Bundeskompetenz in Angelegenheiten
des Tierschutzes sprechen daher vor allem folgende Umstände:
1. Rechtszersplitterung
Das Instrument der Vereinbarung gemäß Art.
15a B-VG, welches die Länder zur Herbeiführung einer Harmonisierung der
tierschutzrechtlichen Bestimmungen gewählt haben, ist nicht geeignet, eine
strukturelle Bereinigung des in der oben dargestellten Weise zersplitterten
Rechtsbestandes herbeizuführen. Es zeichnet -ganz im Gegenteil - den Weg für
eine weitere Rechtszersplitterung vor. So gilt beispielsweise in Salzburg neben
dem ‚allgemeinen Tierschutzgesetz’ nunmehr ein eigenes ‚Nutztierschutzgesetz’,
was nicht nur die Normenflut erhöht, sondern auch zur materiellen
Ungleichbehandlung von ‚Nutztieren’ und ‚anderen’ Tieren führt, die mit einem
ethisch motivierten Tierschutz unvereinbar ist.
Zu dieser territorialen Zersplitterung
kommt der Umstand, dass zahlreiche tier(schutz)relevante Materien dem Bundesgesetzgeber
zugeordnet sind, insbesondere das Tierversuchs- und das Tiertransportwesen, das
Veterinärwesen, gewerberechtliche sowie zivil- und strafrechtliche
Bestimmungen. Das derzeit in die Länderkompetenz fallende ‚Tierschutzrecht im
engeren Sinn’ (insbesondere allgemeine Tierschutz- und Tierhaltebestimmungen,
Vorschriften über die Schlachtung und Tötung von Tieren,
verwaltungsstrafrechtliches Verbot der Tierquälerei) ist daher als Annexmaterie
dieser Regelungsbereiche zu betrachten.
Das Regierungsprogramm 2000 für die XXI.
Legislaturperiode strebt im Rahmen der Neuregelung der bundesstaatlichen
Kompetenzverteilung eine ‚echte und produktorientierte Kompetenzvereinigung’
insbesondere bei den so genannten ‚Querschnittsmaterien’ an. Das
Tierschutzrecht stellt einen typischen Anwendungsfall für eine solche
konsolidierungsbedürftige Querschnittsmaterie dar.
2. EU-Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft Österreichs in der
Europäischen Union verpflichtet Österreich zur Umsetzung zahlreicher
gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben, die das Tierschutzrecht im engeren Sinn
(Nutztierhaltung, Schlachtung und Tötung von Tieren) betreffen; darüber hinaus
sehen die einschlägigen Richtlinien auch eine Reihe von Berichtspflichten vor.
Tritt an die Stelle von neun Transformationsvorgängen durch die
Landesgesetzgeber ein Transformationsvorgang durch den Bundesgesetzgeber, so
kann EU-Recht effizienter, transparenter und unter Verwendung einer
einheitlichen Terminologie im innerstaatlichen Recht umgesetzt werden, und es
kann auch den Berichtspflichten rascher und übersichtlicher Folge geleistet
werden.
3. Quantitative
Deregulierung / Eindämmung der Normenflut
Tiere sind Teil der täglichen
Erfahrungswirklichkeit des Menschen. Jeder kann daher in eine Situation
geraten, in der die Kenntnis tierschutzrelevanter Bestimmungen erforderlich
ist. Die derzeit geltende Rechtslage macht es den Rechtsunterworfenen jedoch
nahezu unmöglich, sich einen Überblick über die jeweils aktuelle geltende
Rechtslage im Bundesgebiet zu verschaffen. Dies ist den Bürgerinnen und Bürgern
unzumutbar. - Darüber hinaus steht die Rechtszersplitterung der
wissenschaftlichen Theoriebildung entgegen, was sich im Zusammenhang mit einer
fehlenden Entscheidungspraxis als Vollzugshindernis erweist.
Bereits im Koalitionspakt für die XX.
Legislaturperiode vom 11. März 1996 haben sich die damaligen Regierungsparteien
zur ‚Deregulierung und zur Eindämmung der Gesetzesflut’ sowie dazu bekannt,
dass ‚Rechtsbereinigung und Rechtsvereinfachung anzustreben sind’. Im Bereich
des Tierschutzes ist dieses Bekenntnis trotz massiver Bemühungen des
organisierten Tierschutzes ohne Auswirkung geblieben.
Auch das Regierungsprogramm für die XXI.
Legislaturperiode nennt ‚Deregulierung zur Bekämpfung der Gesetzesflut’ als
Zielsetzung. Schließlich wird die Rechtsbereinigung auch von der durch die Frau
Vizekanzlerin eingesetzten Aufgabenreformkommission dringend empfohlen.
4. Bundesstaatsreform /
Verwaltungsökonomie
Das Regierungsprogramm 2000 stellt die
Umsetzung der bereits seit langer Zeit diskutierten ‚Bundesstaatsreform’ in
Aussicht, die auf der Grundlage der Ergebnisse der Aufgabenreformkommission
durch eine grundliegende Überarbeitung der Kompetenzartikel des B-VG
bewerkstelligt werden soll.
Während die Bundesregierung in ihrem
Regierungsprogramm erklärt, die Entwicklung des Tierschutzes auf europäischer
Ebene vorantreiben zu wollen, betont die Aufgabenreformkommission, dass der
Beitritt Österreichs zur Europäischen Union und die daraus resultierende
Bindung an gemeinschaftsrechtliche Normen zu einer Veränderung der
Aufgabenverteilung zwischen den innerstaatlichen Verwaltungsebenen führen
müsse. In ihrem Endbericht empfiehlt die Aufgabenreformkommission daher:
‚Anhand der einzelnen Verwaltungsbereiche -
vom Vergabe- und Baurecht über das Energierecht bis zum Tierschutzrecht-
scheint es der Kommission [...] naheliegend, im Rahmen einer beschleunigt in
Angriff zu nehmenden Verfassungsreform zu einer weitgehenden Konzentration der
Gesetzgebungsbefugnisse auf der Bundesebene [...] überzugehen.’
5. Rechtsvergleich
Eine rechtsvergleichende Betrachtung zeigt,
dass das Tierschutzrecht des deutschsprachigen Auslands - trotz
föderalistischer Verfassung der betreffenden Staaten - durch eine
Konsolidierung des Tierschutzrechts auf Bundesebene gekennzeichnet ist: In der
Schweiz wird die Materie Tierschutz seit 1981 in erschöpfender Weise durch das
Eidgenössische Tierschutzgesetz und die Eidgenössische Tierschutzverordnung
geregelt, in Deutschland trat 1972 das deutsche Tierschutzgesetz in Kraft, auf
dessen Grundlage acht Verordnungen auf Bundesebene erlassen wurden. Beide
Tierschutzgesetze regeln nicht nur den ‚Tierschutz im engeren Sinn’, sondern
auch das Tierversuchswesen und den Strafrechtstatbestand der Tierquälerei.
Nach Ansicht ausländischer Behördenvertreter
und Experten hat sich die bundeseinheitliche Regelung des Tierschutzes in der
Schweiz und in Deutschland bestens bewährt. In beiden Staaten, die aus
rechtshistorischer Sicht auf eine ähnlich zersplitterte Rechtslage
zurückblicken, wie Österreich sie derzeit aufweist, gilt die
Bundestierschutzgesetzgebung als geradezu unabdingbare Voraussetzung für die
Schaffung eines zeitgemäßen und effizient vollziehbaren Tierschutzrechts.
Regelungstechnik des
Entwurfs
Unter dem Begriff Tierschutz sind Maßnahmen
zu verstehen, die ausschließlich oder doch vorrangig zum Wohl einzelner Tiere
ergriffen werden. Auch wenn eine bestimmte Tierkategorie (z.B. Nutztiere) den
Anknüpfungspunkt einer Norm darstellt, ist es - im Gegensatz zum Artenschutz -
immer das tierliche Individuum, das den Schutzzweck der Norm darstellt.
Unter Tierschutzrecht ist daher jener
Bereich der Rechtsordnung zu verstehen, der auf juristisch-institutioneller
Ebene die Misshandlung von Tieren mit einem Unwerturteil und einer Sanktion
belegt (Verbotsnormen) bzw. durch die Definition rechtlicher Rahmenbedingungen
das Wohlergehen der Tiere zu sichern versucht.
Das Schutzrecht zählt zu den ‚klassischen
Schutzmaterien’, d.h. zu jenen Rechtsgebieten, deren prioritärer Regelungszweck
darin besteht, ein von der Rechtsordnung als schützenswert anerkanntes
Rechtsgut vor Ein- bzw. Übergriffen zu sichern. Für solche Materien gilt, dass
sie
1. der vertraglichen (Art.
15a-Vereinbarungen!) Disposition entzogen und seitens des Gesetzgebers mit
einem entsprechenden Unwerturteil zu belegen sind;
2. dass eine qualitative Deregulierung,
d.h. eine Reduktion der normativen Inhalte auf bloße Rahmenregelungen oder
Mindeststandards, als Regelungsmodell ungeeignet ist, da eine so verstandene
Deregulierung voraussetzt, dass alle Beteiligten über zumindest annähernd
gleiche Möglichkeiten zur Herbeiführung eines Interessenausgleichs verfügen.
Ist dies jedoch nicht der Fall, so geht die ‚Selbstregulierung’ zwangsläufig zu
Lasten derer, die des Schutzes bedürfen.
Anmerkung zur Grundkonzeption
des Entwurfs
Die ‚traditionelle’ Tierschutzgesetzgebung
betrachtet die Nutzung von Tieren gleichsam als Regelfall und postuliert den
Schutz der Tiere als Einschränkung dieser allgemeinen Nutzungsbefugnis. Eine
Tierschutzgesetzgebung, die sich konsequent zum Tier als Schutzobjekt und
Rechtsgut bekennt, muss einen anderen Weg gehen: Sie muss das Tier
grundsätzlich unter den Schutz des Menschen stellen und darf nur ausnahmsweise,
d.h. nur auf der Grundlage und im Rahmen besonderer rechtlicher Bestimmungen,
die Nutzung von Tieren zulassen.“
Antrag 127/A(E)
Die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Mag. Brigid
Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen
Entschließungsantrag am 8. Mai 2003 im Nationalrat eingebracht. Diesem Antrag
war die nachstehende Begründung beigegeben:
„Der österreichische Nationalrat hat - was
von den ProponentInnen des Tierschutzvolksbegehrens sehr honoriert wurde - sehr
ambitioniert bereits am 20.November 1996 mit einem großen öffentlichen Hearing
im Plenarsaal die Debatte für den Beschluss eines strengen und modernen
Bundestierschutzgesetzes begonnen. Nicht lange danach lagen zwei Entwürfe
seitens der Sozialdemokratischen und Grünen Fraktion vor. Diese waren mit allen
maßgeblichen Tierschutzorganisationen und deren Experten abgestimmt.
Seit diesem Zeitpunkt hat die ÖVP ein
Bundestierschutzgesetz verhindert. Erst wenige Tage vor der Nationalratswahl
2002 überraschte ÖVP-Obmann Dr. Wolfgang Schüssel die Wähler mit dem
Versprechen, nach der Wahl rasch ein Bundestierschutzgesetz zu beschließen.
Leider liegt bis zum heutigen Tag - also
nach einer sechs Jahre andauernden Debatte im Nationalrat - kein Entwurf der
Bundesregierung für ein Bundestierschutzgesetz vor.
Bei der Parlamentarischen
Enquete-Kommission, die am 10. April 2003 im Parlament stattgefunden hat, war
die Ungeduld der Tierschutzorganisationen bereits unüberhörbar. Die Fakten für
ein Bundestierschutzgesetz liegen seit langem am Tisch.“
Antrag 184/A(E)
Der vorliegende Entschließungsantrag wurde
von den Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen am 9. Juli
2003 im Nationalrat mit folgender Begründung eingebracht:
„Mehr als 410 000 Österreicher zählen sich
zu regelmäßigen Anglern. Besonders für Jugendliche kann die erzieherische
Bedeutung des Angelns gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Neben
Verständnis für Natur- und Tierschutz ist das Fischen bestens geeignet für die
Charakterbildung und die Förderung sozialer Beziehungen (Institut für
Schulungsentwicklungsforschung der Universität Dortmund und Institut für
Allgemeine Erziehungswissenschaft und Empirische Bildungsforschung an der
Pädagogischen Hochschule Erfurt).
Mit einem Jahresumsatz von 200.000.000,-
Euro (2,7 Mrd. ATS) stellt die Angelfischerei einen bedeutenden
Wirtschaftsfaktor dar.
Die derzeitige zersplitterte Regelung der
Materie in 9 Ländergesetze bringt einen völlig unnötigen und letztlich
kostspieligen Verwaltungsaufwand mit sich. Einheitliche behördliche
Fischereiberechtigungen, gleiche Fischereiprüfungen österreichweit, eine
effiziente Umsetzung von EU-Bestimmungen und dieselben Fischereistandards bei
den vielen Landesgrenzen überschreitenden Fließgewässern und stehenden
Gewässern sind nur einige wenige Beispiele der verwaltungstechnischen
Sinnhaftigkeit eines Bundesrahmengesetzes. Aus ökologischer Sicht ist die
nachhaltige Pflege, Schaffung und Wiederherstellung eines natürlichen,
artenreichen und gesunden Bestandes an Fischen, Krustentieren und Muscheln
durch Planung und Gestaltung über Landesgrenzen hinweg ungleich besser möglich.
Auch im Zusammenhang mit dem Tierschutz tragen einheitliche Regelungen zur
bestmöglichen Schonung der Lebewesen bei. Der generelle Verzicht auf den
‚lebenden Köderfisch’ ist dringend österreichweit durchzusetzen, ebenso
weitestgehend das Fischen mit Schonhaken und das Verbot von
Wettfischveranstaltungen.
Durch den unnatürlichen und
explosionsartigen Anstieg der Kormoranpopulation in Europa sind aufgrund des
Fraßdruckes in Österreich bereits einzelne Fischarten ernsthaft vom Aussterben
bedroht, darüber hinaus hat die Aquakultur mit größten wirtschaftlichen Schäden
zu kämpfen. Die Äsche, von den beiden größten heimischen
Fischereiorganisationen zum Fisch des Jahres 2002 in Österreich erkoren, wurde
durch massiven Kormoraneinfall in der Enns bereits ausgerottet (Ennsstudie,
BOKU 1999). Eine wirksame Minderung des Kormoranproblems durch effiziente
Vergrämungsmaßnahmen ist nur bundeseinheitlich möglich.
Weiters gilt es dem drohenden Ausverkauf
von Fischereirechten an heimischen Gewässern an das Ausland zu Lasten der
Bevölkerung generell und wirksam zu begegnen. Nach großen Anstrengungen
heimischer Steuerzahler in den letzten Jahrzehnten zur Reinhaltung und
Wiederherstellung der österreichischen Gewässer und Einsatz von Besatzausgaben
in Milliardenhöhe durch Fischereipächter sind die Fischereirechte an Gewässern
der einheimischen Bevölkerung und kommenden Generationen vorzubehalten. In
diesem grundsätzlichen Sinne entspricht der einstimmige Beschluss des
Salzburger Landtages vom 12. Dezember 2001 den Intentionen der Antragsteller,
allerdings ist dieser Beschluss eben auf das Bundesland Salzburg beschränkt und
auf Fischereirechte der österreichischen Bundesforste.
Grundsätzlich sollte auch der Erwerb und
weitere Besitz von Fischereirechten durch sonstige Berechtigte wie die
Elektrizitätswirtschaft kritisch hinterfragt und soweit wie möglich aus
ökologischen Gründen vermieden werden.
Weitere einheitliche Rechtsregeln zu
Gunsten der wenigen verbliebenen Berufsfischer in Österreich wären ebenso
erforderlich wie bessere Rahmenbedingungen für die Teich- und Zuchtwirtschaft,
dies auch und vor allem im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung und damit
verbundenen Problemen.
Im Zuge der Arbeit des österreichische
Fischereibeirates, der zur Beratung des Bundesministers eingerichtet ist,
stellt sich klar heraus, dass nahezu alle gravierenden Probleme und Chancen der
heimischen Fischerei und Teichwirtschaft bundeseinheitlich zu behandeln sind.
Die gesetzliche Institutionalisierung dieses Beratungsgremiums ist überdies
noch ausständig.
Die Bereitschaft aller vier
Parlamentsfraktionen, diese Materie im Zuge der Verhandlungen des
Unterausschusses zum Bundestierschutzgesetz mitzuerledigen, wird von den
Antragstellern ausdrücklich begrüßt.“
446 der Beilagen
1.
Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:
Der Tierschutz stellt ein weithin
anerkanntes und bedeutsames öffentliches Interesse dar, das insbesondere auch
1996 im Volksbegehren zur Schaffung eines Bundes-Tierschutzgesetzes,
172 BlgNR XX. GP, seinen Ausdruck gefunden hat.
Auch auf Europäischer Ebene findet sich ein
Bekenntnis zum „Wohlergehen der Tiere“ (Erklärung Nr. 24 zur Schlussakte
des Vertrags von Maastricht zum Tierschutz, ABl. 1992 C 191/103, Protokoll 10
über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere zum Vertrag von Amsterdam,
ABl. 1997/C 340).
Dementsprechend hat sich die
Österreichische Bundesregierung in ihrem Regierungsprogramm für die
XXII. Gesetzgebungsperiode die Schaffung eines Bundestierschutzgesetzes
zum Ziel gesetzt.
Nach dem Bundesministeriengesetz in der
geltenden Fassung ist seit 1. Mai 2003 für die allgemeinen Angelegenheiten
des Tierschutzes das Bundeskanzleramt zuständig, das dabei im Einvernehmen mit
dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, dem Bundesministerium für
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sowie dem
Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz
vorzugehen hat. Zum Zwecke der Vorbereitung des Tierschutzgesetzes des Bundes
wurde im Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern der
genannten Ressorts, des Bundesministeriums für Inneres sowie der Bundesländer,
eingerichtet. Mit der Einrichtung der Arbeitsgruppe wurde auch der in der
Sitzung des Nationalrates am 7. Mai 2003 angenommenen Entschließung
Rechnung getragen, derzufolge der Nationalrat es begrüßt, dass im
Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe eingerichtet wurde.
Der vorliegende Entwurf ist im Wesentlichen
aus den Beratungen dieser Arbeitsgruppe sowie unter Einbeziehung namhafter
Wissenschafter und Praktiker aus den Bereichen der Heim-, Wild- und
landwirtschaftlichen Nutztierhaltung hervorgegangen.
Die Ausgangsbasis für das vorgeschlagene Bundesgesetz bilden insbesondere das geltende Tierschutzrecht der Bundesländer (insb. Vereinbarung
gemäß Art. 15a B‑VG zur Verbesserung des Tierschutzes im allgemeinen und
im besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich; Vereinbarung zwischen den
Ländern gemäß Art. 15a B‑VG über den Schutz von Nutztieren in der
Landwirtschaft; Gesetz vom 18. Juni 1990 über den Schutz der Tiere gegen
Quälerei (Bgld. Tierschutzgesetz 1990), LGBl. Nr. 86/1990 idgF;
Kärntner Tierschutz- und Tierhaltungsgesetz 1996 – K-TTG 1996, LGBl.
Nr. 77/1996 idgF; NÖ Tierschutzgesetz 1985, LGBl. 4610-0
(50/1986) idgF; Landesgesetz vom 5. Oktober 1995 über den Schutz der Tiere
(Oö. Tierschutzgesetz 1995), LGBl. Nr. 118/1995 idgF; Gesetz vom
7. Juli 1999 über den Schutz und die Haltung von Tieren in Salzburg
(Salzburger Tierschutzgesetz 1999 – TSchG), LGBl. Nr. 86/1999 idgF;
Gesetz vom 3. Juli 1997 über den Schutz von Nutztieren ([Slbg.]
Nutztierschutzgesetz), LGBl. Nr. 76/1997 idgF; Gesetz vom 4. Juli
2002 zum Schutz der Tiere (Steiermärkisches Tierschutz- und
Tierhaltegesetz 2002), LGBl. Nr. 106/2002; Gesetz vom 3. Juli
2002 zum Schutz der Tiere (Tiroler Tierschutzgesetz 2002), LGBl.
Nr. 86/2002; Gesetz zum Schutz der Tiere vor Quälerei und mutwilliger
Tötung ([Vlbg.] Tierschutzgesetz), LGBl. Nr. 50/2002; Gesetz über den
Schutz von Tieren vor Quälerei und mutwilliger Tötung sowie die Haltung von
Tieren (Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetz), LGBl. Nr. 39/1987 idgF),
die von der Republik Österreich unterzeichneten einschlägigen
Europaratsabkommen (Europäisches Übereinkommen zum Schutz von Tieren in
landwirtschaftlichen Tierhaltungen, BGBl. Nr. 82/1993, Europäisches
Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren, BGBl. III Nr. 137/2000)
sowie der in § 46 genannten
EG-Rechtsakte.
Ziel des vorgeschlagenen Bundesgesetzes ist
der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen
Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf.
Das Bundesgesetz gliedert sich in vier
Hauptstücke:
Das 1. Hauptstück enthält allgemeine
Bestimmungen (Zielsetzung, Geltungsbereich, Verbot der Tierquälerei etc.) zum
Schutz der Tiere.
Das 2. Hauptstück ist dem Schutz der
vom Menschen gehaltenen Tiere gewidmet und regelt auch das Schlachten und Töten
von Tieren.
Das 3. Hauptstück regelt die
Vollziehung.
Das 4. Hauptstück enthält Straf- und
Schlussbestimmungen.
Zur näheren Ausgestaltung der gesetzlichen
Vorgaben sieht das Bundesgesetz Verordnungsermächtigungen vor, die durch die
allgemeinen Bestimmungen und durch ausdrückliche Regelungsaufträge näher
determiniert werden.
Das Bundesgesetz über den Schutz der Tiere
soll die tierschutzrechtlichen Vorschriften der Länder ersetzen. Da das
Bundesgesetz den Tierschutz zum Gegenstand hat, bleiben die in den
Landesgesetzen zum Schutz des Menschen enthaltenen Bestimmungen über die
Haltung gefährlicher Tiere (zB §§ 11, 15 des Kärntner Tierschutz- und
Tierhaltungsgesetzes, § 7a des NÖ Tierschutzgesetzes, § 16 des
Wiener Tierschutz- und Tierhaltegesetzes, § 2 des Vorarlberger Gesetzes
über Maßnahmen gegen Lärmstörungen und über das Halten von Tieren) sowie
sonstige sicherheitspolizeiliche Regelungen im Rahmen der örtlichen
Sicherheitspolizei (zB betreffend Maulkorbzwang, Leinenzwang) unberührt. Auch
die Tierzuchtgesetze der Länder bleiben unberührt.
2.
Kompetenzgrundlage, Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Das vorgeschlagene Bundesgesetz stützt
sich, soweit es sich nicht auf bereits bestehende Kompetenztatbestände des
Bundes (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie gemäß Art. 10
Abs. 1 Z 8 B‑VG, Verkehrswesen und Kraftfahrwesen gemäß Art. 10
Abs. 1 Z 9 B‑VG) stützen kann, auf den in seinem Art. 1
geschaffenen Kompetenztatbestand.
Art. 1 ist eine Verfassungsbestimmung
und kann gemäß Art. 44 Abs. 1 B‑VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit
von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei
Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden. Da durch diese Bestimmung
überdies die Zuständigkeit der Länder in der Gesetzgebung eingeschränkt wird,
ist gemäß Art. 44 Abs. 2 B‑VG auch die in Anwesenheit von mindestens
der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der
abgegebenen Stimmen zu erteilende Zustimmung des Bundesrates erforderlich.
Da durch Art. 2 § 33 Abs. 2 in Angelegenheiten, die in die mittelbaren
Bundesverwaltung oder die Landesverwaltung fallen, ein unmittelbarer Rechtszug
zu den unabhängigen Verwaltungssenaten in den Ländern eröffnet wird, darf das
vorgeschlagene Bundesgesetz gemäß Art. 129a Abs. 2 B‑VG nur mit Zustimmung der beteiligten
Länder ‑ dies sind hier alle neun Länder ‑ kundgemacht werden.“
3.
Finanzielle Auswirkungen:
Durch den Übergang der Zuständigkeit zur
Gesetzgebung und zur Erlassung von Durchführungsverordnungen auf den Bund
entsteht bei den zuständigen Bundesministerien ein gewisser Mehraufwand. Eine
entsprechende Verminderung des Verwaltungsaufwandes tritt bei jedem Land ein.
Im Hinblick auf die für das gesamte Bundesgebiet geltende einheitliche
Rechtslage ist mit einer Vereinfachung der Vollziehung zu rechnen.
Die der Gesetzessystematik dienenden
§§ 1, 3 und 4 (Zielsetzung,
Geltungsbereich und Begriffsbestimmungen) begründen keine zusätzlichen Kosten.
Die §§ 5 bis 32 enthalten großteils
allgemeine Regeln für den Umgang mit Tieren und die Tierhaltung, wie sie auch
schon in den Landestierschutzgesetzen verankert sind. Die Vorschriften als
solche verursachen keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand, es sind
Verhaltensanordnungen, die sich unmittelbar an den Bürger wenden.
Etwas anders zu beurteilen ist § 30 (Entlaufene,
ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder
abgenommene Tiere). Entsprechend dem Wiener Modell soll die Tierschutzbehörde
für entlaufene udgl. Tiere – etwa durch Übergabe an Tierheime – sorgen.
Dies bedeutet für die Gemeinden, mit Ausnahme der Städte mit eigenem Statut,
eine Entlastung, da ein gleichgelagerter Aufwand im Bereich des Fundwesens
entfällt, für die Länder als Träger der Bezirkshauptmannschaften eine
Mehrbelastung. Auch für die Städte mit eigenem Statut ist insoweit mit einem
Mehraufwand zu rechnen, als die Vollziehung der in Rede stehenden Bestimmung
einen höheren Aufwand pro Fundtier usw. erfordert. Das Ausmaß der Be- bzw.
Entlastung ist allerdings je nach der geltenden Landesrechtslage und dem
örtlich verschiedenen Anfall an entlaufenen, ausgesetzten oder zurückgelassenen
Tieren als sehr unterschiedlich anzunehmen. So etwa ist für das Land Wien, da materiell
keine Änderung der Rechtslage eintritt, kein Mehraufwand zu veranschlagen. Auf
Länderseite hat nur das Amt der Kärntner Landesregierung detaillierte
Kostenüberlegungen angestellt; demnach werden als Kosten, die von der Behörde
unter Umständen (in Vorlage) zu tragen sind, 239.580 € (180 € pro
Tier und Jahr) angegeben (dies sind nicht Mehrkosten, sondern Gesamtkosten auf
der Basis des Jahres 2002) angesetzt.
In der Berechnung nicht berücksichtigt
wurden Einnahmen aus Strafverfahren, Verwaltungsabgaben, etc.
Durch die Strafbestimmungen und die
Bestimmungen betreffend Verbot der Tierhaltung und Verfall (§§ 38 bis 40), die sich an das
Landestierschutzrecht anlehnen, kann praktisch kein Mehraufwand für die Länder
entstehen.
Zusätzliche Kosten können durch zusätzliche
Bewilligungsverfahren entstehen und zwar insoweit, als bestimmte Tierhaltungen
– im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage – nunmehr bewilligungspflichtig oder
anzeigepflichtig sind. Soweit die betreffende Tierhaltung (zB Tierheim) in einzelnen
Bundesländern bloß anzeigepflichtig ist, bewirkt die Bewilligungspflicht keinen
nennenswerten Mehraufwand für die Vollziehung. Lediglich in Bezug auf die
nunmehrige Bewilligungspflicht von Tierhaltungen im Rahmen gewerblicher
Tierhaltungen ist ein gewisser Mehraufwand zu erwarten, der jedoch im Interesse
des Tierschutzes gerechtfertigt ist. Andererseits bewirkt der Übergang von
einem Bewilligungs- zu einem bloßen Anzeigesystem im Bereich der
Wildtierhaltung eine Verwaltungsentlastung.
Einen Mehraufwand für die Länder bewirkt
die Einrichtung der Tierschutzombudsmänner, einen geringfügigen Mehraufwand für
den Bund die des Tierschutzrates.
Ob in Bezug auf die Kontrollen (§§ 33 bis 37) ein Mehraufwand zu
gewärtigen ist, hängt von der Intensität der bisherigen behördlichen
Überwachung nach den Landestierschutzgesetzen ab. Hier wird von den Ländern
teilweise ein Mehraufwand gesehen.
Für die Städte mit eigenem Statut ist ein
geringfügiger Mehraufwand insoweit zu erwarten, als Bewilligungsverfahren,
deren Umfang ausgedehnt wird, auch von den Magistraten als
Bezirksverwaltungsbehörden durchzuführen sind. Für die übrigen Gemeinden
ergeben sich keine finanziellen Auswirkungen.
II.
Zusammenfassung der Beratungen
Der Verfassungsausschuss hat die
Initiativanträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A sowie den Entschließungsantrag 127/A(E)
in seiner Sitzung am 1. Juli 2003 in Verhandlung genommen. Die
Berichterstattung über die Vorlage 2/A erfolgte durch den Abgeordneten Karl Donabauer, jene über die Vorlagen 5/A, 9/A und 127/A(E) durch
die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima. Den Bericht über
den Antrag 12/A erstattete die Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig.
Einstimmig wurde beschlossen, für die Vorberatung der Anträge einen
Unterausschuss einzusetzen. Diesem Unterausschuss wies der Verfassungsausschuss
in weiterer Folge am 13. Jänner 2004 nach der Berichterstattung durch den
Abgeordneten Stefan Prähauser den Antrag 184/A(E) zu
und am 25. März 2004 die Regierungsvorlage 446 der Beilagen, über die von der
Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer
berichtet wurde.
Dem Unterausschuss gehörten seitens des
Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Karl Donabauer,
Maria Grander, Fritz Grillitsch
und Michael Praßl, seitens der Sozialdemokratischen
Parlamentsfraktion die Abgeordneten Mag. Elisabeth Grossmann,
Dr. Günther Kräuter, Katharina Pfeffer
und Mag. Ulrike Sima, vom Klub der Freiheitlichen
Partei Österreichs der Abgeordnete Klaus Wittauer
sowie vom Grünen Klub die Abgeordnete Mag. Brigid Weinzinger
an. Zur Vorsitzenden des Unterausschusses wurde die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima, zu ihrer Stellvertreterin die Abgeordnete Dr. Ulrike
Baumgartner-Gabitzer und zum Schriftführer der
Abgeordnete Klaus Wittauer gewählt.
Der Unterausschuss beschäftigte sich in
acht Sitzungen, nämlich am 1. Juli und 28. November 2003 sowie am 16. Jänner,
26. März, 27. und 30. April sowie am 11. und 25. Mai 2004 mit der ihm
zugewiesenen Materie.
An den Debatten nahmen die Abgeordneten Dr.
Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima,
Mag. Brigid Weinzinger, Katharina Pfeffer, Klaus Wittauer, Dr.
Günther Kräuter, Dr. Helene Partik-Pablé,
Heinz Gradwohl, Karl Donabauer,
Maria Grander, Ing. Hermann Schultes, Dietmar Keck, Fritz Grillitsch und, Michael Praßl
teil.
Den Beratungen wurden folgende
Ausschussexperten beigezogen: Mag.Dr. Gerald Eberhard,
Bundeskanzleramt, Mag. Hermann Gsandtner, MA
60-Veterinäramt und Univ. Prof. Dr. Josef Troxler,
Veterinärmedizinische Universität Wien.
Weiters standen den Fraktionen – in
alphabetischer Reihenfolge – folgende Experten zur Verfügung:
DDr. Regina Binder,
Veterinärmedizinische Universität Wien, Bundesrat Univ.-Prof.Dr. Peter Böhm, Michael Buchner, Verein
Vier Pfoten, Dr. Alfred Kallab, Tierarzt, DI Adolf Marksteiner, Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammern, Dr. Norbert Schauer,
Arbeitskreis „Juristen für Tierrechte“, Oberveterinärrat Dr. Peter Wagner, Landesregierung Steiermark und Dr. Marina Zuzzi-Krebitz, Tierärztin.
Die Verhandlungsergebnisse des
Unterausschusses bestanden in einer politischen Einigung über einen
gesamtändernden Abänderungsantrag zur Regierungsvorlage in 446 der Beilagen,
der eine Miterledigung der Anträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A ermöglicht. Über die
Anträge 127/A(E) und 184/A(E) wurde kein Einvernehmen erzielt.
Am 25. Mai 2004 berichtete die Vorsitzende
des Unterausschusses, Mag. Ulrike Sima dem
Verfassungsausschuss über die erzielten Verhandlungsergebnisse. In der daran
anschließenden Debatte ergriffen die Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Klaus Wittauer, Dr.
Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Brigid Weinzinger, Dr. Günther Kräuter,
Heinz Gradwohl, Mag. Karin Hakl
und Dr. Peter Wittmann das Wort.
Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten
Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima,
Mag. Brigid Weinzinger und Klaus Wittauer
zur Regierungsvorlage in 446 der Beilagen einen
gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Das hiemit vorgeschlagene Gesetz bringt in
zahlreichen Einzelheiten g egenüber der Regierungsvorlage Verbesserungen aus
der Sicht des Tierschutzes, daneben aber auch mehr Rechtssicherheit für
Tierhalter. Zu einzelnen Bestimmungen ist zu bemerken:
Zu
Art. 2 § 2 (Förderung des
Tierschutzes):
Die Förderung wird, wenn auch nach Maßgabe
budgetärer Möglichkeiten, zur Verpflichtung erklärt und auf alle (nicht bloß
die besonders) tierfreundlichen Haltungssysteme sowie auf Anliegen des
Tierschutzes ausgedehnt.
Zu
Art. 2 § 4 Z 7
(Begriffsbestimmungen – Futtertiere):
Eine Definition des Begriffs ‚Futtertiere’
fehlt bisher, eine Eingrenzung dieses Begriffs erscheint aber als notwendig, da
das Gesetz an diesen Begriff eine Ausnahme (§ 6 Abs. 4 Z 1) vom
für das wissentliche Töten von Wirbeltieren geltenden Tierärztevorbehalt
knüpft. Die altersmäßige Beschränkung bei Geflügel ergibt sich aus der
Tatsache, dass Tiere mit einem Alter bis zu vier Wochen als Küken gelten.
Zu
Art. 2 § 5 (Verbot der
Tierquälerei):
Zu Abs. 3 Z 4:
Die bezüglich der Ausbildung von
Diensthunden der Sicherheitsexekutive und des Bundesheeres vorgesehene Ausnahme
für die Anwendung technischer Geräte und sonstiger Hilfsmittel wird auf
Korallenhalsbänder eingeengt. Durch die Anwendung des Korallenhalsbandes wird
dem auszubildenden Diensthund nur im unbedingt notwendigen Ausmaß eine
kurzfristige Beeinträchtigung zugefügt, die keinesfalls Leiden, Schäden oder
schwere Angst verursacht.
In Abs. 3 Z 4 ist u.a.
vorgeschrieben, die Verhältnismäßigkeit zu wahren. Verhältnismäßigkeit
bedeutet, dass der Einsatz in einer Weise zu erfolgen hat, die zur Ausbildung
geeignet und erforderlich ist sowie den auszubildenden Diensthund am wenigsten
beeinträchtigt.
Zu Abs. 4:
Als flankierende Maßnahme zum Verbot der
Verwendung von Stachelhalsbändern, Korallenhalsbändern und elektrisierenden
sowie chemischen Dressurgeräten erscheint auch ein Verbot des Erwerbs und
Besitzes solcher Gegenstände erforderlich.
Auf Grund der erforderlichen
Detailregelungen verpflichtet Abs. 4 Z 2 zur Erlassung einer
Verordnung betreffend die Diensthundeausbildung.
Zu
Art. 2 § 7 (Verbot von Eingriffen an Tieren):
Abs. 4 verbietet bestimmte Methoden
zur Durchführung von Eingriffen, wie etwa das Entfernen der Hornanlage mit
Hilfe ätzender Substanzen (Ätzstifte, Ätzsalben) oder das Amputieren von
Körperteilen, z.B. von Schwänzen durch das Anlegen elastischer Ringe, da diese
Methoden, die zum langsamen Absterben von Körpergewebe führen und damit
erwiesenermaßen besonders lang anhaltende Schmerzen und Leiden verursachen.
Zu
Art. 2 § 16
Um insbesondere Rindern ein bestimmtes Maß
an Bewegungsmöglichkeit zu geben, normiert Abs. 4, dass Rindern
grundsätzlich an mindestens 90 Tagen pro Jahr die Möglichkeit zur freien
Bewegung zu geben ist.
Zu
Art. 2 § 18 Abs. 3 Z 2
und 3 (Käfige und andere Haltungssysteme zur Haltung von Legehennen):
Abs. 3 Z 2 verbietet nach Ablauf
einer fünfzehnjährigen Übergangsfrist das Halten von Legehennen in sogenannten
‚ausgestalteten Käfigen’, dh in Käfigen im Sinne des Art. 6 der Richtlinie
1999/74/EG.
Grundsätzlich müssen Haltungssysteme für
Legehennen nach Ablauf der in Abs. 3 Z 1 lit. b und Abs. 3
Z 2 lit. b vorgesehenen Übergangsfristen den Anforderungen des
Art. 4 der Richtlinie 1999/74/EG (Alternativsysteme) entsprechen. Werden
jedoch Käfigtypen (zB „Kleinvolieren“) entwickelt, die den Bedürfnissen der
Tiere besser entsprechen als die ausgestalteten Käfige, so besteht die
Möglichkeit, diese nach Prüfung im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens gemäß
Abs. 6 als zulässiges Haltungssystem anzuerkennen.
Zu
Art. 2 § 18 Abs. 6
(Zulassungsverfahren für neue serienmäßig hergestellte Aufstallungssysteme und
technische Ausrüstungen):
Nach dem Modell des schwedischen
Tierschutzgesetzes soll ein Zulassungsverfahren für neuartige technische
Systeme und neuartige technische Ausrüstungen für die Tierhaltung geschaffen
werden. Das Nähere wird durch Verordnung insbesondere unter Beachtung des
gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Warenverkehrsfreiheit zu regeln sein.
Zu
Art. 2 § 21 (Aufzeichnungen):
Die Aufbewahrungsmindestdauer gemäß
Abs. 2 soll nicht drei, sondern fünf Jahre betragen.
Die Behörde hat tierhaltende Betriebe und
Einrichtungen auf Grundlage einer Verordnung gemäß § 35 dieses
Bundesgesetzes Kontrollen zu unterziehen. Dabei werden sich für die einzelnen
Betriebe zwangsläufig unterschiedliche zeitliche Abstände zwischen den
Kontrollen ergeben. Mit einer Aufbewahrungsfrist für Aufzeichnungen von fünf
Jahren soll diesem Umstand Rechnung getragen und sichergestellt werden, dass
den Behördenorganen auch bei längeren Kontrollintervallen auswertbare Aufzeichnungen
zur Verfügung stehen.
Zu
Art. 2 § 25 Abs. 4 (Haltung von Wildtieren, die keine besonderen
Anforderungen an Haltung und Pflege stellen, in gewerbsmäßig betriebenen
Einrichtungen):
In der Fassung der Regierungsvorlage
besteht für die Gehegehaltung von Schalenwild ausschließlich zur
Fleischgewinnung eine bloße Anzeigepflicht (Abs. 1, zweiter Satz), für die
Haltung von Wildtieren, die keine besonderen Anforderungen an Haltung und
Pflege stellen, in gewerbsmäßig betriebenen Einrichtungen hingegen eine Bewilligungspflicht
(Abs. 4). Da diese Differenzierung nicht einsichtig erscheint, soll auch
in letzterem Fall (Abs. 4) eine bloße Anzeigepflicht bestehen.
Zu
Art. 2 § 31 Abs. 5 (Verbot
der Haltung von Hunden und Katzen in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen
Einrichtungen):
Die artgemäße und verhaltensgerechte
Haltung von Hunden und Katzen ist in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen
Einrichtungen, in denen Tiere angeboten werden, nicht zu gewährleisten. Dies
gilt insbesondere für Welpen und Jungtiere. Die Tiere werden in der Regel in
einem Alter zum Verkauf angeboten, in der sie sich in einer sensiblen
Entwicklungsphase befinden und durch die Umwelt dauerhaft in ihrem Verhalten
geprägt werden. Gleichzeitig werden Hunde- und Katzenwelpen durch die
Vergesellschaftung mit Tieren aus anderen Würfen und die Umstände der
Zurschaustellung einer Stressbelastung ausgesetzt, die nicht nur Einfluss auf
die spätere Entwicklung des einzelnen Individuums haben kann, sondern auch
häufig die im Welpenalter an sich nur bedingt belastbare Immunabwehr der Tiere
weiter schwächt, was zu schweren Infektionskrankheiten, unter Umständen sogar
mit Todesfolgen, führen kann.
Die Haltung und Zurschaustellung von Hunden
und Katzen in Zoofachgeschäften und anderen gewerblichen Einrichtungen, in
denen Tiere zum Zwecke des Verkaufes angeboten werden, soll daher verboten
werden. Dieses Verbot der Haltung und Zurschaustellung ist aber nicht mit einem
generellen Verkaufsverbot von Hunden und Katzen gleichzusetzen. Dem Gewerbetreibenden
bleibt es unbenommen, in jeder anderen geeigneten Weise eine Geschäftsanbahnung
herbeizuführen.
Zu
Art. 2 § 32 Abs. 3 bis 6
(Schlachtung oder Tötung):
Rituelle Schlachtungen, die ohne
vorausgegangene Betäubung stattfinden, stellen ein besonders sensibles
tierschutzrelevantes Unterfangen dar. Die Tierschutzrelevanz liegt dabei in der
Stressbelastung, der die Tiere im Zusammenhang mit dem Fixieren und dem
Verbringen in die für die Vornahme der rituellen Schlachtung notwendigen
Position ausgesetzt sind, sowie in der Tatsache, dass das Tier den Schnitt
durch die Weichteile des Halses bei vollem Bewusstsein erlebt. Andererseits
erscheint ein generelles Verbot dieser Praktiken aus Gründen der
Religionsfreiheit (VfSlg. 15.394/1998) nicht möglich.
Die Bestimmungen des § 32 sollen
sicherstellen, dass rituelle Schlachtungen nur im unbedingt notwenigen Ausmaß
im Rahmen der Religionsausübung anerkannter Religionsgemeinschaften und unter
geringstmöglicher Belastung für die zur rituellen Schlachtung bestimmten Tiere
durchgeführt werden. Die Bewilligung gemäß Abs. 5 ist dabei primär auf die
jeweilige Tierart bezogen, da zur Durchführung der rituellen Schlachtung von
Rindern, von Schafen und Ziegen sowie von Geflügel unterschiedliche
Einrichtungen zur Verfügung stehen müssen. Weiters soll damit der Behörde die
Möglichkeit gegeben werden, bei Wegfall einer der in Abs. 5 Z 1 bis 7
genannten Voraussetzungen die Bewilligung zur Durchführung von rituellen
Schlachtungen jederzeit zurückzuziehen.
Zu
Art. 2 § 35 Abs. 4 (Behördliche
Überprüfungen):
Die Behörde soll berechtigt sein,
Tierhaltungen sowie die Einhaltung von Tierhaltungsverboten unter Wahrung der
Verhältnismäßigkeit jederzeit zu kontrollieren.
Zu
Art. 2 § 37 Abs. 1
(Sofortiger Zwang):
Die Organe der Behörde sollen zur Ausübung
ihrer Zwangsbefugnisse nicht bloß berechtigt, sondern auch verpflichtet sein.
Zu
Art. 2 § 38 Abs. 1
(Strafbestimmungen):
Für schwere Tierquälerei wird eine
Mindeststrafe von 2 000 Euro vorgesehen.
Zu Art. 2 § 41 (Tierschutzombudsmann):
Die Rechtsstellung des
Tierschutzombudsmanns wird in mehrfacher Weise modifiziert und gestärkt, wobei
nach diesem Bundesgesetz eine Parteistellung in Verwaltungsverfahren, eine
Unterstützungspflicht der Behörden und eine Berichtspflicht gegenüber der
Landesregierung verankert wird.
Zu Art. 2 § 42 (Tierschutzrat, Tierschutzbericht):
Der Bundesminister für Gesundheit und
Frauen wird verpflichtet, dem Nationalrat nach Befassung des Tierschutzrates
alle zwei Jahre einen Tierschutzbericht vorzulegen.
Zu § 44 (In-Kraft-Treten und Übergangsbestimmungen):
Zu Abs. 5:
Nach (dem unverändert bleibenden)
Abs. 4, zweiter Satz gelten die Anforderungen dieses Bundesgesetzes und
der auf dessen Grundlage erlassenen Verordnungen für bei In-Kraft-Treten dieses
Bundesgesetzes bestehende Anlagen oder Haltungseinrichtungen nur insoweit, als
deren Einhaltung ohne bauliche Maßnahmen, die über die Instandsetzung oder über
die Ersetzung einzelner Elemente hinausgehen, möglich ist oder darüber
hinausgehende bauliche Maßnahmen an von diesen Anforderungen betroffenen Teilen
der Anlagen oder Haltungseinrichtungen durchgeführt werden. Die zeitlichen
Begrenzungen dieser Geltungsbeschränkung werden in Abs. 4a gegenüber der
Regierungsvorlage neu konzipiert, indem für unterschiedliche Kategorien von
Tierhaltungen unterschiedliche Fristen festgesetzt werden, bei deren Ablauf das
Übergangsregime endet.
Für landwirtschaftliche Tierhaltungen ist
dabei zu berücksichtigen, dass diese durch die Landesgesetze, die die zwischen
den Ländern gemäß Art. 15a B‑VG abgeschlossene Vereinbarung über den
Schutz von Nutztieren in der Landwirtschaft durchführten, neuen Anforderungen
unterworfen wurden und dass hiefür Übergangsfristen festgesetzt wurden, die
noch nicht abgelaufen sind. Übergangsfristen für die Anpassung bereits
bestehender Anlagen für die Haltung von Rindern und Schweinen können nach der
Vereinbarung bis zu fünfzehn Jahren, für die Haltung von Hausgeflügel (z.B.
Hühner, Truthühner, Gänse) bis zu zehn Jahren betragen. Die in den einzelnen
Ländern festgesetzten Übergangsfristen differieren je nach Land und Tierarten.
Von diesen Übergangsfristen, und zwar jeweils von dem spätesten
Endigungszeitpunkt, wird in der hier vorgesehenen Übergangsregelung
ausgegangen, wobei es durch Festsetzung auf das Jahresende zu einer
geringfügigen Verlängerung kommen kann. Entspricht eine Tierhaltung zum
Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Tierschutzgesetzes daher entweder dem
Standard der Art. 15a‑Vereinbarung oder dem einschlägigen Landesrecht, so
besteht eine Verpflichtung zur Anpassung der Haltungseinrichtungen nicht,
soweit die Voraussetzungen gemäß Abs. 4, zweiter Satz vorliegen.
Zu Abs. 9:
Während die Regierungsvorlage (Abs. 5
Z 2 und Abs. 6) einen Weiterbestand bestehender Berechtigungen (wenn
auch mit einer amtswegigen Anpassungsmöglichkeit) vorsieht, wird nunmehr einer
generellen Neudurchführung von Bewilligungs- und Anzeigeverfahren der Vorzug
gegeben. Es sind daher auch für bestehende Tierhaltungen die vorgesehenen
Bewilligungen zu beantragen und die vorgesehenen Anzeigen zu erstatten, auch
wenn solches nach der früheren landesgesetzlichen Rechtslage oder nach
gewerberechtlichen Vorschriften bereits geschehen ist.
Zu Abs. 11:
Für die Erreichung der nunmehr
erforderlichen Qualifikationen durch die Betreuungspersonen bzw. sonstigen
sachkundigen Personen wird eine Übergangsfrist eingeräumt.
Zu Abs. 12:
Eine Übergangsfrist erscheint auch für die
durch Verordnung einzuführende Kennzeichnung von Hunden und Katzen
erforderlich. Sie soll ein Jahr ab dem In-Kraft-Treten der Verordnung betragen.
Zu
Art. 2 § 47 (Notifikation):
Da das vorgeschlagene Gesetz verschiedene
als technische Vorschriften einzustufende Regelungen enthält (insbesondere
§ 5 Abs. 2 Z 3 und Abs. 4 betreffend das Verbot der
Verwendung, des Erwerbs und des Besitzes bestimmter Gegenstände sowie im
1. Abschnitt des 2. Hauptstückes enthaltene technische
Spezifikationen, soweit sie für Tierhaltungen außerhalb des Anwendungsbereiches
der Richtlinie 98/58/EG über den Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere gelten)
ist das Verfahren nach der Informationsrichtlinie einzuhalten.“
Bei der Abstimmung wurde die
Regierungsvorlage in der Fassung des gesamtändernden Abänderungsantrages der
Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima,
Mag. Brigid Weinzinger und
Klaus Wittauer einstimmig angenommen. Damit gelten
die Anträge 2/A, 5/A, 9/A und 12/A als miterledigt. Dem Entschließungsantrag
127/A(E) wurde damit entsprochen.
Ferner brachten die Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer,
Mag. Ulrike Sima und Mag. Brigid Weinzinger einen Entschließungsantrag betreffend eine
Staatszielbestimmung Tierschutz mit folgender Begründung ein:
„Ziel des Bundestierschutzgesetzes ist es,
das Leben und Wohlbefinden der Tiere als Mitgeschöpfe zu schützen. Die
Verankerung des Tieres als Mitgeschöpf im Bundestierschutzgesetz ist bereits
ein erster Schritt, um die hohe ethische Verpflichtung und Verantwortung des
Einzelnen gegenüber dem Tier als leidensfähiges Wesen hervorzuheben.
Um den besonderen Stellenwert des
Tierschutzes in der österreichischen Rechtsordnung zu dokumentieren, sprechen
sich alle im Nationalrat vertretenen Fraktionen für die verfassungsmäßige
Verankerung des Tierschutzes in Form einer Staatszielbestimmung aus.“
Ein weiterer Entschließungsantrag der
Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima
und Mag. Brigid Weinzinger betreffend eine
tiergerechte Vornahme von rituellen Schlachtungen enthielt nachstehende
Begründung:
„Mit dem
Bundestierschutzgesetz setzen die im Nationalrat vertretenen
Nationalratsfraktionen den entscheidenden Schritt für einen bundesweit
einheitlichen Tierschutz. Die
intensive wissenschaftliche Beratung bei der Erarbeitung des
Bundestierschutzgesetzes unterstreicht das Ziel, alle Tiere in Österreich
bestmöglich zu schützen.
Das
Bundestierschutzgesetz sieht vor, dass das Schlachten von Tieren ohne Betäubung
vor dem Blutentzug grundsätzlich verboten ist. Stehen einer Betäubung jedoch
zwingende religiöse Gebote oder Verbote einer anerkannten Religionsgesellschaft
entgegen (rituelle Schlachtung), so ist die Schlachtung so vorzunehmen, dass
dem Tier nicht unnötig Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zugefügt
werden. Die Nationalratsfraktionen stimmen überein, dass auch im Bereich der
rituellen Schlachtung Tierschutz auf sehr hohem Niveau gewährleistet sein
muss.“
Die beiden oben
erwähnten Entschließungsanträge der Abgeordneten Klaus Wittauer, Dr.
Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Mag. Ulrike Sima und Mag. Brigid Weinzinger
wurden jeweils einstimmig beschlossen.
Der Antrag 184/A(E) der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,
Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines Bundesrahmengesetzes für die
Fischerei durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.
Ferner beschloss der Verfassungsausschuss
einstimmig folgende Ausschussfeststellung:
„Der Verfassungsausschuss geht davon aus,
dass die erforderlichen Verordnungen zum Bundestierschutzgesetz mit 1. Jänner
2005 erlassen werden.“
Als Berichterstatterin für das Plenum wurde
die Abgeordnete Mag. Ulrike Sima gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der
Nationalrat wolle
1. dem
angeschlossenen Gesetzentwurf (Anlage 1) die
verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;
2. die
angeschlossene Entschließung (Anlage 2) annehmen;
3. die
angeschlossene Entschließung (Anlage 3) annehmen;
4. den
Bericht betreffend den Antrag 184/A(E) zur Kenntnis nehmen.
Wien, 2004 05 25
Mag.
Ulrike Sima Dr. Peter Wittmann
Berichterstatterin Obmann