Vorblatt

Problem:

Das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 sieht in Artikel 26 Absatz 3 vor, dass die Vertragsparteien Vereinbarungen zur Ergänzung dieses Übereinkommens oder zur Erleichterung der Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze schließen können. Im Verhältnis zwischen Staaten mit hoch entwickelten Beziehungen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit und mit ähnlichen Rechtssystemen erweist sich das Übereinkommen oft als unnötig formalistisch und schwerfällig. Sein Anwendungsbereich ist auf Rechtshilfe für strafbare Handlungen beschränkt, die in beiden Vertragsstaaten gerichtlich strafbar sind. Zustellungen im Postweg sind ausgeschlossen. Rechtshilfeersuchen und deren Beilagen bedürfen zumeist kostspieliger Übersetzungen. Der Geschäftsweg hat über die Justizministerien zu laufen; der direkte Schriftverkehr zwischen den agierenden Justizbehörden, also den Gerichten und Staatsanwaltschaften, ist nicht vorgesehen.

Ziel:

Wesentliches Ziel des Zusatzvertrags ist die Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs. Die Rechtshilfe wird auch auf strafbare Handlungen ausgedehnt, die in einem der beiden Vertragsstaaten in die Zuständigkeit des Gerichts und im anderen Vertragsstaat in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde fallen. Übersetzungen müssen nur mehr in den im Vertrag selbst vorgesehenen Fällen angeschlossen werden; der direkte Schriftverkehr zwischen den für die Verfahrensführung zuständigen Justizbehörden wird zugelassen, Zustellungen im Postweg werden ermöglicht.

Inhalt:

Der Rechtshilfeverkehr wird im beschriebenen Umfang ausgedehnt. Der unmittelbare Verkehr zwischen den österreichischen Gerichten und Staatsanwaltschaften einerseits und den polnischen Gerichten und Staatsanwaltschaften andererseits wird eingeführt. Auch Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung werden unmittelbar zwischen den Staatsanwaltschaften gestellt. Die Zustellung von Schriftstücken kann im Weg der Post erfolgen. Die Ausfolgung von Gegenständen an den Geschädigten wird erleichtert. Übersetzungen sind nur mehr in den im Vertrag selbst vorgesehenen Fällen (hauptsächlich bei zuzustellenden Schriftstücken, wenn der Empfänger zur Annahme unübersetzter Dokumente nicht bereit ist) erforderlich.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Als bilateraler Vertrag mit einem (noch) Nicht EU-Staat auf einem nicht durch EU-Recht geregelten Sachgebiet ist der Vertrag mit EU-Recht vereinbar, er wird es aber auch nach dem Beitritt der Republik Polen zur Europäischen Union sein. Vergleichbare Verträge stehen mit den EU-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich und Italien in Kraft.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine

ERLÄUTERUNGEN

Allgemeiner Teil

Der Vertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Der Vertrag enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen.

Das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 wurde von der Republik Österreich am 2. Oktober 1968  (BGBl. Nr. 41/1969) und von der Republik Polen am 19. März 1996 ratifiziert (BGBl. Nr. 230/1996). Desgleichen haben beide Staaten das Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen ratifiziert, und zwar Österreich am 2. Mai 1983 (BGBl. Nr. 296/1983) und Polen am 19. März 1996 (BGBl. Nr. 231/1996), sodass zwischen Österreich und Polen das Stammübereinkommen in der Fassung des erwähnten Zusatzprotokolls zur Anwendung kommt. Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Feber 1978, BGBl. Nr. 145/1980, ist zufolge der Bestimmungen des Artikels 26 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen weitgehend außer Kraft getreten. Es ist daher zweckmäßig, von der im Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vorgesehenen Möglichkeit des Abschlusses eines bilateralen Zusatzvertrags mit der Republik Polen Gebrauch zu machen, wie dies bereits mit Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein, Frankreich, Italien, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakischen Republik geschehen ist.

Durch den vorliegenden Zusatzvertrag, der sich weitgehend an den bereits bewährten Regelungen mit den anderen schon erwähnten Staaten orientiert, wird den besonderen Erfordernissen des Rechtshilfeverkehrs zwischen Staaten mit entwickelter justizieller Zusammenarbeit entsprochen und den in den letzten Jahren stark angestiegenen Bedürfnissen einer noch engeren Zusammenarbeit zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen auf strafrechtlichem Gebiet Rechnung getragen.

Wie bereits angeführt hat die Republik Polen das Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 17. März 1978 mit seinen Bestimmungen vor allem hinsichtlich der Rechtshilfe auch bei fiskalischen strafbaren Handlungen ebenfalls ratifiziert. Entsprechende Bestimmungen mussten daher in diesen Zusatzvertrag (anders als etwa in den Vertrag mit der Tschechischen Republik, hingegen ähnlich wie im Vertrag mit der Republik Ungarn) nicht mehr eingearbeitet werden.

Nach dem vorliegenden Zusatzvertrag wird die Rechtshilfe auch wegen strafbarer Handlungen zu leisten sein, die in einem Vertragsstaat in die Zuständigkeit eines Gerichts und im anderen Vertragsstaat in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde fallen. Die schon bisher bestehenden Regelungen betreffend die Übernahme der Strafverfolgung haben sich in der Praxis bewährt und werden daher weitgehend übernommen. Eine wesentliche Erleichterung in der Abwicklung solcher Übernahmeverfahren stellt die Eröffnung des direkten Geschäftswegs zwischen den beiderseits zuständigen Staatsanwaltschaften dar, welche die bisher erforderliche Einschaltung der Justizministerien überflüssig macht.

Grundsätzlich stellt die generelle Möglichkeit des unmittelbaren Behördenverkehrs zwischen den Staatsanwaltschaften und den Gerichten beider Staaten eine maßgebliche Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs dar. Allgemein wird die Zustellung von Schriftstücken im Postweg eingeführt, wobei sich aus dem Zusatzvertrag jene Voraussetzungen ergeben, welche die Gültigkeit der Zustellung im Postweg mit Rückschein begründen.

Auf Grund einer polnischen Initiative des Jahres 1996 wurden im April 1999 in Wien österreichisch-polnische Delegationsverhandlungen geführt. Die Texte des als Ergebnis dieser Verhandlungen erstellten akkordierten Vertragsentwurfs, die erstmals im November 1999 ausgetauscht wurden, mussten in der Folge - auf Grund mehrerer polnischer Änderungswünsche - überarbeitet werden. Erst am 2. Juni 2003 wurde der Vertrag in Warschau von den Justizministern beider Staaten unterzeichnet.

Die Ratifikation des Vertrags wird auf den Bundeshaushalt keine belastenden Auswirkungen haben.

 

Besonderer Teil

Zu Artikel I:

Nach dieser Bestimmung ist Rechtshilfe auch in Verfahren wegen strafbarer Handlungen zu leisten, die in einem der beiden Vertragsstaaten in die Zuständigkeit des Gerichts und im anderen Vertragsstaat in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde fallen. Hinsichtlich der Zustellung von Schriftstücken ist es nicht erforderlich, dass im ersuchten Staat eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde zur Verfolgung zuständig wäre. Wegen dieses weiten Anwendungsbereichs wurde eine Klausel eingeführt, die es möglich macht, Rechtshilfe abzulehnen, wenn die zugrunde liegende Handlung keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat oder die Rechtshilfe einen unverhältnismäßig hohen Aufwand nach sie ziehen würde. Dieser Ablehnungsgrund wird schon nach seinen Voraussetzungen nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen zum Tragen kommen.

Zu Artikel II:

Das Übereinkommen wird auch in jenen Verfahren angewandt, die mit Strafverfahren in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Das betrifft die Wiederaufnahme des Verfahrens, die Gnadensachen sowie die Verfahren über strafrechtliche Entschädigungsansprüche. Diese Bestimmung des Zusatzvertrags ergänzt  die sich schon aus Artikel 3 des Zusatzprotokolls zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 17. März 1978, BGBl. Nr. 296/1983, ergebende Erweiterung der Rechtshilfeverpflichtung.

Zu Artikel III:

Diese Bestimmung geht darauf zurück, dass zwischen Österreich und Polen auf Grund des Zusatzprotokolls zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 17. März 1978, BGBl. Nr. 296/1983, Rechtshilfe auch wegen fiskalischer strafbarer Handlungen geleistet wird, und legt in Absatz 1 lediglich fest, dass bei der Beurteilung, ob für die Verfolgung im ersuchten Staat eine Justiz- oder Verwaltungsbehörde zuständig wäre, nicht geprüft wird, ob in diesem Staat eine Abgabe oder Steuer, ein Zoll oder Monopol gleicher Art besteht. Die in Absatz 2 vorgesehenen Geheimhaltungspflichten entsprechen der österreichischen Erklärung zu Artikel 1 des genannten Zusatzprotokolls.

Zu Artikel IV:

Diese Bestimmung regelt die Ausfolgung von Gegenständen und anderen Vermögenswerten zum Zweck der Aushändigung an die geschädigte Person oder zu anderen gerichtlichen Verfügungen im ersuchenden Staat. Durch den Begriff „Vermögenswerte“ soll klargestellt werden, dass auch die Übermittlung von Bankguthaben oder Sparbüchern möglich ist, wenn diese aus strafbaren Handlungen herrühren oder durch strafbare Handlungen erlangt worden sind. Die Rechte des ersuchten Staates auf Einziehung oder Verfall (Absatz 1 lit. b) oder die geltend gemachten Rechte dritter Personen (Absatz 1 lit. c) bleiben unberührt und schließen eine Übermittlung der Gegenstände aus. Gleiches gilt, wenn die Gegenstände im ersuchten Staat noch als Beweisstücke bei einem Gericht oder bei einer Verwaltungsbehörde benötigt werden (Absatz 1 lit. a). Die Rückstellung von Gegenständen an die geschädigte Person soll einfach vor sich gehen, weshalb eine richterliche Anordnung auf Sicherstellung nicht erforderlich ist. Es genügt in der Regel ein Ersuchen der zuständigen Justizbehörde. Sachliche Haftungen nach dem Zoll- und Steuerrecht hindern die Rückgabe nur, wenn der Geschädigte selbst Abgabenschuldner ist (Absatz 3).

Zu Artikel V:

Sowohl in Artikel 4 des Übereinkommens als auch in § 59 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) ist die Möglichkeit vorgesehen, dass Behördenvertreter und andere Prozessbeteiligte an den Rechtshilfehandlungen teilnehmen können. Ihnen steht das Recht zu, Fragen oder die Durchführung ergänzender Handlungen anzuregen. Die Zustimmung zur Dienstverrichtung der Behördenvertreter erteilt in der Republik Österreich der Bundesminister für Justiz und in der Republik Polen der Justizminister (Absatz 2).

Zu Artikel VI:

Sicherstellungen von Gegenständen und Durchsuchungen stellen Eingriffe in die Grundrechte dar. Rechtshilfe in diesen Fällen wird daher nur geleistet, wenn zum Zeitpunkt des Ersuchens für die zugrunde liegenden strafbaren Handlungen im ersuchten Staat eine Justizbehörde zuständig wäre. Es gilt daher in diesem Bereich abweichend zu Artikel I der Grundsatz der beiderseitigen gerichtlichen Strafbarkeit.

Zu Artikel VII:

Der ersuchte Staat kann auf die Rückgabe von Beweisstücken und Schriftstücken verzichten. Dadurch sollen aber die Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden, weshalb ein solcher Verzicht unzulässig ist, wenn Dritte, die Rechte an den Beweisstücken oder Schriftstücken geltend gemacht haben, dem Verzicht nicht zustimmen.

Zu Artikel VIII:

Im Fall der Ladung von Zeugen oder Sachverständigen ist stets die annähernde Höhe der Entschädigung sowie der Reise- und Aufenthaltskosten anzugeben. Um die Gewährung eines Vorschusses können neben der ersuchenden Behörde auch die geladenen Zeugen oder Sachverständigen ersuchen.

Zu Artikel IX:

In Ergänzung zu Artikel 11 des Übereinkommens, der die Möglichkeit der Überstellung eines Häftlings aus dem ersuchten in den ersuchenden Staat vorsieht, ermöglicht diese Bestimmung die Überstellung einer im ersuchenden Staat in Haft befindlichen Person in den ersuchten Staat. Dies kann etwa bei Rechtshilfeersuchen um Gegenüberstellung von Beteiligten oder Durchführung von Lokalaugenscheinen erforderlich werden. Auch ist die Möglichkeit der Durchbeförderung von Häftlingen an einen dritten Staat vorgesehen (Absatz 2).

Zu Artikel X:

Diese Bestimmung ermöglicht es den Polizeibehörden des ersuchenden Staates, zum Zweck der Strafrechtspflege Auskünfte aus dem Strafregister in jenem Umfang zu erteilen, wie sie von den eigenen Polizeibehörden in ähnlichen Fällen erlangt werden können.

Zu Artikel XI:

Diese Bestimmung ergänzt Artikel 14 des Übereinkommens hinsichtlich der den Rechtshilfeersuchen anzuschließenden Unterlagen. Wesentlich ist, dass einem Ersuchen um Durchsuchung oder Sicherstellung von Beweisstücken oder Schriftstücken eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der richterlichen Anordnung beigefügt werden muss.

Zu Artikel XII:

Als Geschäftsweg ist grundsätzlich der unmittelbare Verkehr zwischen den Justizbehörden der beiden Vertragsstaaten vorgesehen. Die Gerichte und Staatsanwaltschaften der Republik Österreich sowie der Republik Polen können daher unmittelbar miteinander verkehren. Dadurch wird aber der Geschäftsweg zwischen den Justizministerien nicht ausgeschlossen (Absatz 1).

Ersuchen um Vornahme von Durchsuchungen und Sicherstellungen, um Übermittlung von Gegenständen oder um Überstellung oder Durchbeförderung von Häftlingen werden immer im Weg der Justizministerien übermittelt. In dringenden Fällen ist aber auch hier der unmittelbare Behördenverkehr zulässig, wobei eine Abschrift des Ersuchens auch im Weg der Justizministerien zu übermitteln ist (Absatz 2).

(Zu beachten ist jedoch das bereits zu Artikel V Absatz 2 Gesagte: Für die Teilnahme ausländischer Behördenvertreter an begehrten Rechtshilfehandlungen ist nach Artikel V Absatz 2 die Zustimmung des Bundesministers für Justiz der Republik Österreich bzw. des Justizministers der Republik Polen erforderlich. Das bedeutet aber nicht, dass solche Ersuchen im Weg der Justizministerien übermittelt werden müssen. Da der unmittelbare Behördenverkehr auch in diesen Fällen zulässig ist, muss die befasste Justizstelle des ersuchten Staates selbst die Zustimmung ihres Justizministers einholen.)

Die Zustellung von Schriftstücken ist unmittelbar durch die Post mit Rückschein möglich (Artikel XII Absatz 3). Eine derartige Zustellung gilt jedoch als nicht bewirkt, wenn die Zustellung nach dem Übereinkommen und diesem Vertrag unzulässig wäre. In beiden Vertragsstaaten gilt daher in einem solchen Fall das Schriftstück als dem Empfänger nicht zugekommen. Zu einer weiteren  Zulässigkeitsvoraussetzung ist auf die noch folgenden Ausführungen zu Artikel XIII Absatz 4 (Übersetzungsfrage) zu verweisen.

Für die Übermittlung von Auskünften aus dem Strafregister für Polizeibehörden nach Artikel X ist der Geschäftsweg zwischen dem Bundesministerium für Inneres der Republik Österreich und dem Ministerium für Inneres und Administration der Republik Polen vorgesehen. In dringenden Fällen ist auch hier der unmittelbare Verkehr zwischen den Polizeibehörden und den zuständigen Strafregisterbehörden zulässig.

Zu Artikel XIII:

Grundsätzlich werden Übersetzungen der Rechtshilfeersuchen und ihrer Beilagen nicht angeschlossen (Absatz 1).

Zuzustellenden Schriftstücken ist gemäß Absatz 2 aber grundsätzlich eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates anzuschließen. Wurde diese Vorschrift nicht beachtet, so kann sich die ersuchte Justizbehörde darauf beschränken, die Zustellung an den Empfänger nur zu bewirken, wenn dieser zur Annahme des fremdsprachigen Schriftstückes bereit ist (Absatz 3).

Absatz 4 sieht vor, dass in jedem Fall dem im Postweg zuzustellenden Schriftstück eine Übersetzung in die Sprache des ersuchten Staates anzuschließen ist. Fehlt eine solche Übersetzung, so gilt die Zustellung in beiden Staaten als nicht bewirkt. Lediglich bei der Zustellung von Schriftstücken im Postweg an eigene Staatsangehörige kann auf diese Übersetzung verzichtet werden. Die Zustellung ist mittels internationalen Rückscheins durchzuführen. Zu letzterem ist auf Artikel 135 und 136 der Ausführungsvorschrift zum Weltpostvertrag vom 27. Juli 1984 hinzuweisen.

Zu Artikel XIV:

Diese Bestimmung ergänzt Artikel 20 des Übereinkommens dahingehend, dass auch für weitere als die dort genannten Fälle der Rechtshilfe (dort: Beiziehung von Sachverständigen im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates; Überstellung von Häftlingen als Zeugen oder zur Gegenüberstellung)  eine Kostentragung durch den ersuchenden Staat vorgesehen wird.

Zu Artikel XV:

Dieser Artikel betrifft die Ergänzung des Artikels 21 des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen. Auf Grund eines Ersuchens um Übernahme der Strafverfolgung wird von den zuständigen Justizbehörden des ersuchten Staates ein Strafverfahren in gleicher Weise eingeleitet und geführt, als wäre die strafbare Handlung im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates begangen worden (Absatz 1).

Wie in § 74 ARHG vorgesehen, soll ein Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung dann gestellt werden, wenn dies im Interesse der Wahrheitserfindung, aus anderen für das Strafverfahren wichtigen Gründen, aus Gründen der Strafzumessung oder des Strafvollzugs oder im Interesse der Resozialisierung der beschuldigten Person geboten ist (Absatz 2). Auch für Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung ist nunmehr der unmittelbare Behördenverkehr zwischen den Staatsanwaltschaften zulässig (Absatz 3); die durch die Anwendung dieses Artikels iZm Artikel 21 des Stammübereinkommens entstandenen Kosten werden nicht ersetzt (Absatz 9).

Der Beurteilung von Verkehrsstrafsachen sind die am Tatort geltenden Verkehrsregeln zu Grunde zu legen (Absatz 4). Diese Bestimmung wurde aus dem seinerzeitigen Rechtshilfevertrag zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen übernommen. So sind etwa die Bestimmungen über das Verbot der Alkoholisierung im Straßenverkehr jedenfalls Verkehrsregeln. Die österreichischen Behörden sind aber bei der Beurteilung des Gesichtspunktes des § 81 Z 2 StGB an eine allfällige, in der Republik Polen bestehende gesetzliche Vermutung der Fahruntüchtigkeit bei jeder Form der Alkoholisierung nicht gebunden, weil diese Vermutung keine Verkehrsregel im Sinn des Artikels XV ist.

Eine Anzeige gemäß Artikel 21 der Stammkonvention hemmt den Fortlauf der Verjährung in Österreich und unterbricht ihn in Polen als jeweils ersuchter Staat. Maßgebend dafür ist der Zeitpunkt der Absendung des Ersuchens (Absatz 8).

Zu Artikel XVI:

Artikel XVI begründet eine „ne bis in idem“- Wirkung bei Entscheidungen auf Grund von Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung. Diese Bestimmung orientiert sich an § 65 Absatz 4 StGB. Ein Freispruch oder eine endgültige Einstellung im ersuchenden Staat entfaltet nur dann eine „ne bis in idem“- Wirkung, wenn dieser Freispruch oder diese Einstellung aus Beweisgründen erfolgt ist.

Zu Artikel XVII:

Dieser Artikel stellt eine Ergänzung zu Artikel 22 des Stammübereinkommens in der Fassung des Zusatzprotokolls dar. Der automatische Strafnachrichtenaustausch soll mindestens einmal halbjährlich stattfinden und kann dadurch ergänzt werden, dass der Vertragsstaat, der eine solche Auskunft übermittelt hat, auf Ersuchen des anderen Vertragsstaats im Einzelfall eine Abschrift des betroffenen rechtskräftigen Strafurteils bzw. Auskünfte über die angewandten Maßnahmen übersendet.

Zu Artikel XVIII:

Artikel XVIII stellt klar, welche Behörden in den Vertragsstaaten als Justizbehörden im Sinn des Artikels 24 des Stammübereinkommens zu betrachten sind.

Zu Artikel XIX und XX:

Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussbestimmungen.