594 der Beilagen zu den Stenographischen
Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über die Regierungsvorlage (468 der
Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen
Königreich Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder
schweren Unglücksfällen
1. Das
Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich
Jordanien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren
Unglücksfällen ist gesetzändernd und gesetzesergänzend und bedarf daher der
Genehmigung durch den Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es hat
nicht politischen Charakter; seine Art. 3 Abs. 1 und Art. 8
Abs. 1 und 2 sind verfassungsändernd. Das Abkommen ist der unmittelbaren
Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine Erlassung
von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da das
Abkommen auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder
regelt, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50
Abs. 1 letzter Satz B-VG.
2. Österreich
hat am 13. August 2003 der jordanischen Seite einen Abkommensentwurf
übermittelt, der von der jordanischen Seite durch ein Schreiben des
Generaldirektors für Zivilschutz vom 19. Jänner 2004 angenommen und die
Bereitschaft der jordanische Seite zur Unterzeichnung des Abkommens erklärt
wurde.
3. Es bestehen international
verbreitet Bemühungen, die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder
schweren Unglücksfällen völkerrechtlich zu regeln. In diesem Sinne ist auch auf
österreichischer Seite beabsichtigt, derartige Abkommen abzuschließen.
4. Das Abkommen regelt die
ständige und enge Zusammenarbeit der Vertragsparteien zur Vorbeugung möglicher
und Bekämpfung eingetretener Katastrophen oder schwerer Unglücksfälle, insbesondere
durch die Festlegung von Ansprechstellen, die Erleichterung des Grenzübertritts
von Personen im Dienste der Katastrophenbekämpfung und der Ein- und Ausfuhr von
Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen, die Regelung von Schadensfällen, den
grundsätzlichen Verzicht auf gegenseitige Kostenerstattung sowie die
Verstärkung des einschlägigen wissenschaftlich-technischen Informationsaustausches
und die Durchführung gemeinsamer Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall.
Das Abkommen hat folgende
Regelungsschwerpunkte:
– Festlegung
von zuständigen Behörden für die Stellung und die Entgegennahme von Hilfeersuchen,
– einvernehmliche
Festlegung von Art und Umfang der Hilfeleistung im Einzelfall,
– Befreiung
vom Erfordernis eines Einreisetitels oder eines Aufenthaltstitels während des
Einsatzes,
– Erleichterung
des Grenzübertritts für die bei Hilfeleistungen notwendigen Ausrüstungsgegenstände
und Hilfsgüter,
– Einsatz
von Luftfahrzeugen für die schnelle Heranführung von Hilfsmannschaften,
– Koordination
und Gesamtleitung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch die Behörden des
hilfeersuchenden Staates,
– Regelung
der Einsatzkosten,
– Regelung
des Schadenersatzes und der Entschädigung,
– demonstrative
Aufzählung von weiteren Formen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit,
– Ergreifen
aller notwendigen Maßnahmen durch die zuständigen Behörden zur Gewährleistung
sicherer Fernmeldeverbindungen zu den Hilfsmannschaften am Einsatzort.
Das Abkommen normiert zunächst, dass die
Hilfeleistung bzw. Einsätze im Falle einer Katastrophe oder schwerer
Unglücksfälle seitens österreichischer Kräfte grundsätzlich freiwillig erfolgen
(Art. 1). Es steht somit jedem innerstaatlich zuständigen Rechtsträger,
der über zur Hilfeleistung im konkreten Fall geeignete Personal- und
Sachressourcen verfügt, frei, seine Hilfskräfte auf Ersuchen des Bundesministers
für Inneres zur Durchführung der Hilfsaktionen im Ausland zur Verfügung zu
stellen.
Der Bundesminister für Inneres wird daher
einem Hilfeersuchen des Haschemitischen Königreiches Jordanien nur dann
entsprechen können, wenn seitens der maßgeblichen Trägerorganisationen (z. B.
Feuerwehren und deren Verbände, Österreichisches Rotes Kreuz,
Arbeiter-Samariterbund, Rettungsflugorganisationen) und der hiefür politisch
und rechtlich Verantwortlichen die Bereitschaft zur Erbringung von
Hilfeleistungen besteht.
Zweck des Abkommens ist es, rasch und
unbürokratisch Hilfeleistungen zu ermöglichen; dieses Prinzip gilt auch für den
Bereich des Ausgleiches für während der Einsätze rechtmäßig oder rechtswidrig
zugefügte Schäden (Art. 10). Einsätze im Partnerstaat sollen nicht durch
langwierige gegenseitige Abrechnungen nach ihrem Abschluss erschwert werden.
Hingegen sollen die freiwilligen Helfer, die für den anderen Staat und dessen
Angehörige beträchtliches Risiko an Leib, Leben, Gesundheit und
Arbeitsfähigkeit auf sich nehmen, vor Ansprüchen des hilfeersuchenden Staates
wie auch solchen Dritter geschützt werden (Art. 10 Abs. 1 bis 3).
Die Frage der Kostentragung ist zunächst
hinsichtlich der Beziehungen der beiden Vertragsparteien von Bedeutung. Das
Abkommen geht davon aus, dass die Hilfeleistung kostenlos erfolgt.
Ausgangspunkt für die Beurteilung der
innerstaatlichen Kostenfrage ist die Tatsache, dass die Hilfeleistungen bzw.
Einsätze seitens österreichischer Kräfte grundsätzlich freiwillig erfolgen
(Art. 1).
Dies gilt sowohl für die Zusage von
Hilfeleistungen durch die zuständigen österreichischen Behörden gegenüber dem
Haschemitischen Königreich Jordanien als auch für die Bereitschaft
österreichischer Stellen, an einem Hilfseinsatz im Haschemitischen Königreich
Jordanien mitzuwirken.
Für österreichische staatliche Stellen
besteht somit keine rechtliche Möglichkeit, unmittelbar auf Grund dieses
Vertrages andere Rechtsträger zur Teilnahme an Hilfseinsätzen zu verpflichten;
dies gilt insbesondere für die Beziehungen des Bundes zu den Ländern. Eine
unmittelbare Entsendung von Hilfskräften durch den Bundesminister für Inneres
ist nur in jenen Fällen möglich, in denen die entsendende Behörde auf Grund
österreichischer Rechtsvorschriften über eigene Hilfskräfte verfügt.
Die Zusage von Hilfeleistungen im konkreten
Anlassfall setzt voraus, dass die Tragung der mit dem Hilfseinsatz verbundenen
Kosten jeweils im Vorhinein geklärt wird.
Für die Tragung der Kosten der auf
österreichischem Staatsgebiet von jordanischen Organisationen erbrachten
Hilfseinsätze gilt der Kostentragungsgrundsatz gemäß § 2 F-VG 1948.
Dies bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass die auf Grund dieses Vertrages
den Körperschaften erwachsenden Kosten für die Leistung von Entschädigungen
oder Ersätzen sowie die Kosten bestimmter Unterstützungsleistungen (etwa gemäß
Art. 9 Abs. 3) von jener Gebietskörperschaft zu tragen sind, deren
Vollziehungsbereich die Bekämpfung der Katastrophe im Einzelfall zuzuordnen
ist.
Bei konkreten Rettungs- und Hilfsmaßnahmen,
die wegen ihres freiwilligen Charakters jeweils auf Grund einer ihr
vorausgehenden ausdrücklichen politischen Entscheidung der in Art. 3
Abs. 1 genannten zuständigen Behörden erfolgen, ist in jedem Fall mit
Kosten zu rechnen, deren Höhe nach den zugrunde gelegten Szenaria variiert; in
der hier erforderlichen politischen Entscheidung werden sich die zuständigen
Behörden demgemäß – wie bereits erwähnt – auch mit der Frage der Aufbringung
der notwendigen finanziellen Mittel auseinander setzen müssen.
Der Außenpolitischer Ausschuss hat den
gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 30.
Juni 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Caspar Einem, Herbert Scheibner und
Marianne Hagenhofer sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr.
Benita Ferrero-Waldner.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig
beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses
Staatsvertrages zu empfehlen.
Der Außenpolitischer Ausschuss vertritt
weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages
zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend
determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß
Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt
der Außenpolitischer Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
beschließen:
Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen
zwischen der Republik Österreich und dem Haschemitischen Königreich Jordanien
über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen
(468 der Beilagen) – dessen Art. 3 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 und 2
verfassungsändernd sind – wird genehmigt.
Wien, 2004 06 30
Carina
Felzmann Peter
Schieder
Berichterstatterin Obmann