629 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Wirtschaftsausschusses
über die Regierungsvorlage (616 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Gewerbeordnung 1994, das Maklergesetz, das Versicherungsvertragsgesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden
Änderungen der Gewerbeordnung 1994
Die Richtlinie
2002/92/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates über
Versicherungsvermittlung soll durch Änderungen der Gewerbeordnung 1994,
des Maklergesetzes, des Versicherungsvertragsgesetzes, des
Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Bankwesengesetzes in österreichisches
Recht umgesetzt werden.
Der Richtlinie
entsprechend enthält der vorliegende Gesetzentwurf folgende wesentliche
Regelungen:
1.1. Geltungsbereich der Regelungen (§ 2 Abs. 1 Z 14, § 136a, § 137 )
Die Bestimmungen
über Versicherungsvermittlung gelten für alle Rechtsträger, die die Tätigkeit
der Versicherungsvermittlung ausüben. Es können dies in Zukunft ausschließlich
zum Gewerbe Gewerbliche Vermögensberatung, zum Gewerbe Versicherungsvermittlung
oder zu einem Nebengewerbe zur Versicherungsvermittlung berechtigte Personen
sein. Auch Kreditinstitute können die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung
nur auf der Grundlage einer entsprechenden Berechtigung ausüben.
Vollzugsbehörde ist bei Kreditinstituten jedoch die Finanzmarktaufsicht.
1.2. „Versicherungsvermittlung“ (§§ 137 GewO 1994)
Tätigkeiten der
Vermittlung von Versicherungsverträgen im engen Sinn können zivilrechtlich nur
Tätigkeiten als Versicherungsagent im Sinne des Versicherungsvertragsgesetzes
oder Tätigkeiten als Versicherungsmakler im Sinne des Maklergesetzes sein.
Zentral ist die Beziehung zwischen Versicherungsunternehmen und
Versicherungsvermittler, die auch die Unterscheidung zwischen
Versicherungsmaklertätigkeiten und Versicherungsagententätigkeiten ausmacht. Es
wird verdeutlicht, dass die Begrifflichkeit der Gewerbeordnung mit der des
Zivilrechts übereinstimmt. Allenfalls das Mitwirken im Schadensfall oder
Tätigkeiten ohne Bezug zu einer Vermittlung im engen Sinn können außerhalb der
genannten zivilrechtlichen Figuren liegen und dennoch Umfang eines der zu
regelnden Gewerbe sein. § 137 übernimmt die umfassende Definition der
„Versicherungsvermittlung“ der Richtlinie als Grundlage einer korrekten
Umsetzung in das Gewerberecht.
1.3. §§ 137b bis 137h
Es handelt sich
beinahe vollständig um die Übernahme von Richtlinienbestimmungen. Das
vorzusehende Konzept der Haftpflichtabsicherung wird analog anderen
gesetzlichen Pflichtversicherungen, wie etwa der Berufshaftpflichtversicherung
der Rechtsanwälte, durch eine Meldeverpflichtung des haftenden Unternehmens bei
Endigung der Haftung ergänzt.
1.4. Sonstige Bestimmungen (§ 138 GewO)
Diese Bestimmungen
enthalten Elemente aus dem früheren § 138 GewO 1994 aber auch
zusätzliche Bestimmungen im Zusammenhang mit der Richtlinienumsetzung.
Abs. 1 soll
das bisherige Verbot des gleichzeitigen Tätigwerdens eines Beraters in Versicherungsangelegenheiten
als Makler in derselben Sache ersetzen.
Abs. 2
unterstreicht die Auswirkung des schutzgesetzlichen Charakters der
gegenständlichen Richtlinienumsetzungsbestimmungen.
Abs. 3 setzt
Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie um.
Abs. 4
erweitert die Rechte des Gewerbes Versicherungsvermittlung im Ausgleich zur
Erweiterung hinsichtlich Vermittlung von Lebens- und Unfallversicherungen bei
der Gewerblichen Vermögensberatung.
1.5. Registerführung (Z 10, 11, 12, 13 und 17)
Es wird ein
eigenes „Versicherungsvermittlerregister“ eingeführt. Es handelt sich um einen
speziellen Zugang auf das für Zwecke der Richtlinie adaptierte Gewerberegister
soweit es Versicherungsvermittler betrifft. Der separate „view“ erfolgt
unentgeltlich über die Homepage des BMWA. Z 10, 11, 12, 13 und 17 regeln
den Registerinhalt und die Erfordernisse auf Grund der Richtlinie (Art 5
„Bestandsschutz“) für die registermäßige Weiterführung bestehender
Berechtigungen zur Versicherungsvermittlung.
1.6. Strafbestimmungen (Z 15 und 16)
Die Richtlinie
verlangt in Art 8 Sanktionen für die Nichteinhaltung von Verpflichtungen. Auch
zivilrechtlich sind Konsequenzen vorgesehen.
1.7. Artikel II bis V
Es handelt sich um
die notwendigen Adaptionen des Maklergesetzes, des
Versicherungsvertragsgesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des
Bankwesengesetzes. Die zivilrechtliche Bedeutung der Informationspflichten des
Art. 12 der RL zum Schutz von Kundenvermögen wird durch Verweis auf
die Gewerbeordnung klargemacht.
Änderungen des Betriebsanlagenrechts
A. Bundesverfassungsrechtliche Kompetenzgrundlage
Die Zuständigkeit
des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10
Abs. 1 Z 8 B-VG („Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie“).
B. Regelungsschwerpunkt
Die geplante Novelle zum Betriebsanlagenrecht der Gewerbeordnung 1994 enthält folgende Regelungsschwerpunkte:
1. Mit dem
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 88/2000 wurde die Richtlinie 96/61/EG
des Rates über die integrierte Vermeidung und Verminderung der
Umweltverschmutzung (nach dem englischen Titel in der Folge kurz: „IPPC-RL“)
für den Bereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechts umgesetzt.
Im
Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2001/2129 hat die Kommission
der Europäischen Union gemäß Art. 226 des Vertrags zur Gründung
der Europäischen Gemeinschaft eine mit Gründen versehene Stellungnahme
wegen unvollständiger bzw. unkorrekter Umsetzung der Richtlinie 96/61/EG an die
Republik Österreich gerichtet.
Was das
Gewerberecht betrifft, so hat die Kommission festgehalten, dass
- Art. 2 Nr. 4 der
IPPC-RL („bestehende Anlage“) nicht korrekt in die
Gewerbeordnung 1994 umgesetzt ist,
- Anhang IV der IPPC-RL (Festlegung
der besten verfügbaren Techniken) nicht in die österreichische
Gewerbeordnung 1994 umgesetzt ist,
- Art. 9 Abs. 4 (Berücksichtigung
ua der örtlichen Umweltbedingungen bei der Genehmigung) nicht vollständig in
die Gewerbeordnung 1994 umgesetzt ist.
Um einer
allfälligen Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof vorzubeugen, sollen
durch das geplante Bundesgesetz jene Korrekturen an den IPPC-relevanten
Regelungen der Gewerbeordnung 1994 vorgenommen werden, die die Kommission
der Europäischen Union in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme als
erforderlich erachtet hat.
Die
vorgeschlagenen Gesetzesänderungen folgen vor allem den einschlägigen
Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, die
von der Kommission als EU-konform erachtet wurden.
2. Mit dem
Bundesgesetz BGBl. I Nr. 88/2000 wurde die Richtlinie 96/82/EG des
Rates zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen
Stoffen (in der Folge kurz: „Seveso II - RL“) für den Bereich des gewerblichen
Betriebsanlagenrechts umgesetzt.
Im
Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2002/2083 hat die EU-Kommission ein
Mahnschreiben an die Republik Österreich gerichtet, in dem die EU-Kommission
unter anderem für den Bereich des gewerblichen Betriebsanlagenrechts auf
Umsetzungsmängel bzw. Umsetzungsdefizite aufmerksam gemacht hat. In diesem
Mahnschreiben, aber auch in einer einschlägigen Paketsitzung, die Mitte
November 2003 stattgefunden hat, hat die EU-Kommission wiederholt die
Wichtigkeit einer möglichst ausdrücklichen, klaren und genauen Umsetzung der
Seveso II - RL betont.
Um einer
allfälligen Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof vorzubeugen, sollen
durch das geplante Bundesgesetz jene Korrekturen an den Seveso II - relevanten
Regelungen der Gewerbeordnung 1994 vorgenommen werden, die die Kommission
der Europäischen Union in ihrem Mahnschreiben und in der Paketsitzung
aufgezeigt hat.
3. Mit dem
geplanten Bundesgesetz sollen in der Praxis aufgetretene Missverständnisse
beseitigt und redaktionelle Versehen bereinigt werden.
Sonstige Änderungen
Neben den
Änderungen zur Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG über
Versicherungsvermittlung und den Änderungen im Betriebsanlagenrecht der
Gewerbeordnung 1994 werden auch einzelne kleinere nötige Anpassungen
anderer gewerblicher Regelungen vorgenommen: Es handelt sich um Regelungen im
Berufsrecht der Bestatter, eine weitere im Hinblick auf die Anrechnung bestimmter
Schulen bezüglich Befähigungsprüfungen, die Aufhebung des Verbotes des
Versandhandels mit Nahrungsergänzungsmitteln sowie die Neugestaltung einer
Verfahrensbestimmung. Weiters erfolgt eine bessere Abstimmung zwischen der
Gewerbeordnung einerseits und dem Seilbahngesetz 2003 bzw. dem
Berufsausbildungsgesetz andererseits. Es entstehen dadurch keine zusätzlichen
Kosten und keine Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich. Es
besteht keinerlei Widerspruch zu EU - Recht.
Änderung des Maklergesetzes, des Versicherungsvertragsgesetzes, des Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Bankwesengesetzes (Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG über Versicherungsvermittlung)
Es handelt sich um
die zur Umsetzung der Richtlinie 2002/92/EG notwendigen Änderungen des
Maklergesetzes, des Versicherungsvertragsgesetzes, des
Versicherungsaufsichtsgesetzes und des Bankwesengesetzes.
Der
Wirtschaftsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner
Sitzung am 5. Oktober 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte
beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin die
Abgeordneten Dr. Christoph Matznetter, Michaela Sburny, Mag.
Werner Kogler sowie der Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit Dr. Martin Bartenstein und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr.
Reinhold Mitterlehner.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Dr. Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing.
Maximilian Hofmann einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt
begründet war:
„Zu 1.
Art 4 Abs. 1 3. Unterabsatz der EU- Versicherungsvermittler-Richtlinie sieht für „vertraglich gebundene Versicherungsvermittler“ (Art 2 Z 7 RL) die Möglichkeit vor, dass Versicherungsunternehmen prüfen, ob die Kenntnisse und Fertigkeiten von „vertraglich gebundenen Versicherungsvermittlern“ den Anforderungen der Richtlinie entsprechen. Art 2 Z 7 RL kennt 2 Fälle von „vertraglich gebundenen Versicherungsvermittlern“:
1. Alle Versicherungsagenten, die weder Prämien, noch die für den Kunden bestimmten Beträge in Empfang nehmen und hinsichtlich der Produkte der jeweiligen Versicherungsunternehmen unter deren uneingeschränkter Verantwortung handeln.
2. Versicherungsvermittler, die ihre Versicherungsvermittlung zusätzlich zu einer anderen Haupttätigkeit verrichten.
Es soll nur vom zweiten Teil der Option des Art 4 Abs. 1 3. Unterabsatz der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie Gebrauch gemacht werden, um zu vermeiden, dass bei hauptberuflich tätigen Versicherungsagenten der Vertretene (das Versicherungsunternehmen) die Qualifikation seines Vertreters (des Versicherungsagenten) prüft. Nur so können mögliche Interessenkollisionen und Probleme bei der Feststellung der Befähigung von Versicherungsagenten, auch im Sinne des Kundenschutzes, vermieden werden.
Zu 2.
Im Rahmen eines Beratungsgespräches soll zur Verbesserung der Transparenz und der Klarheit für die Kunden jeder Versicherungsvermittler deklarieren, ob er in der Form „Versicherungsagent“ oder in der Form „Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten“ tätig wird. Damit wird die in der Richtlinie vorgesehene Informationspflicht verstärkt.
Zu 3.
Der § 138 Abs. 2 der Regierungsvorlage sah vor, dass der Versicherer, der einen Versicherungsvertrag abschließt, der von einer nicht zur Versicherungsvermittlung berechtigten Person vermittelt wurde, dem Versicherungsnehmer für den aus einer sorgfaltswidrigen Vermittlung entstandenen Schaden haftet. Dieser Sonderhaftungstatbestand ist nicht notwendig, da sich dies aus dem schutzgesetzlichen Charakter der Registerbestimmungen ohnehin ergibt.
Zu 4.
Es soll ausdrücklich klargestellt werden, dass Lebens- und Sozialberater auch zur sportwissenschaftlichen Beratung berechtigt sind, wenn sie einschlägig qualifiziert sind. Mit einer derartigen Bestimmung könnte für Sportwissenschafter und diplomierte Sporttrainer ein Weg in die Selbständigkeit, der über die bestehenden freien Gewerbe, die dadurch nicht beeinträchtigt werden (zB Sportberatung oder Sportberatung im Bereich Training, Wettkampf und Geräteauswahl), hinausgeht, geöffnet werden.
Zu 5.
Der in der Regierungsvorlage vorgeschlagene neue § 22 Abs. 2 schreibt vor, dass Prüfungsordnungen auch die Ausbilderprüfung als Modul in die Befähigungsprüfung einzubeziehen haben. Dies stärkt die Lehrlingsausbildung. § 352 Abs. 10 ist an diese geänderte Rechtslage anzupassen. Ein (Gesamt)Befähigungsprüfungszeugnis sollte nur dann ausgestellt werden, wenn neben den fachlichen Modulen auch die allenfalls zu absolvierenden Module Unternehmerprüfung und Ausbilderprüfung nachgewiesen wurden. Positiv absolviert haben die Unternehmerprüfung und die Ausbilderprüfung auch jene Personen, denen diese Prüfungen gemäß der Unternehmerprüfungsordnung (BGBl 1993/453) oder die Ausbilderprüfungsgleichhaltungsverordnung (BGBl II 1998/262) ersetzt werden.
Das Gesamtprüfungszeugnis sollte jene Module bestätigen, die in der jeweiligen Befähigungsprüfungsordnung enthalten sind. Dies hilft den Prüfungskandidaten sowohl bei der Gewerbeanmeldung als auch bei der Aufnahme eines Lehrlings.
Durch die Formulierung wird auch berücksichtigt, dass die Module der Prüfungsordnung sowohl in Form einer Prüfung abgelegt als auch durch andere Ausbildungen ersetzt werden konnten.
Zu 6.
Die bestehenden Rücktrittsrechte des § 5b
Abs. 2 Z 3 VersVG sollen beibehalten werden. Eine Ausweitung der geltenden
Rücktrittsrechte wegen unterlassener Informationen ist lediglich für
Versicherungsvermittler in der Form „Versicherungsagent“ gerechtfertigt, da nur
sie Vertreter des Versicherungsunternehmens sind.“
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter
Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr.
Reinhold Mitterlehner und Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann mit Stimmenmehrheit
angenommen.
Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Christine Marek gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Wirtschaftsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.
Wien, 2004-10-05
Christine Marek Dr. Reinhold Mitterlehner
Berichterstatterin Obmann