635 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Justizausschusses
über die
Regierungsvorlage (518 der Beilagen): Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik
Polen über die Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe
in Strafsachen vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung
Das Europäische
Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 wurde
von der Republik Österreich am 2. Oktober 1968 (BGBl. Nr. 41/1969) und von der Republik Polen
am 19. März 1996 ratifiziert (BGBl. Nr. 230/1996). Desgleichen haben beide
Staaten das Zusatzprotokoll vom 17. März 1978 zum Europäischen Übereinkommen
über die Rechtshilfe in Strafsachen ratifiziert, und zwar Österreich am 2. Mai
1983 (BGBl. Nr. 296/1983) und Polen am 19. März 1996
(BGBl. Nr. 231/1996), sodass zwischen Österreich und Polen das
Stammübereinkommen in der Fassung des erwähnten Zusatzprotokolls zur Anwendung
kommt. Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Volksrepublik Polen
über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 27. Feber 1978, BGBl.
Nr. 145/1980, ist zufolge der Bestimmungen des Artikels 26 des
Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen weitgehend
außer Kraft getreten. Es ist daher zweckmäßig, von der im Europäischen
Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vorgesehenen Möglichkeit des
Abschlusses eines bilateralen Zusatzvertrags mit der Republik Polen Gebrauch zu
machen, wie dies bereits mit Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein,
Frankreich, Italien, Ungarn, der Tschechischen Republik und der Slowakischen
Republik geschehen ist.
Durch den
vorliegenden Zusatzvertrag, der sich weitgehend an den bereits bewährten
Regelungen mit den anderen schon erwähnten Staaten orientiert, wird den
besonderen Erfordernissen des Rechtshilfeverkehrs zwischen Staaten mit
entwickelter justizieller Zusammenarbeit entsprochen und den in den letzten
Jahren stark angestiegenen Bedürfnissen einer noch engeren Zusammenarbeit
zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen auf strafrechtlichem
Gebiet Rechnung getragen.
Wie bereits
angeführt hat die Republik Polen das Zusatzprotokoll zum Europäischen
Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 17. März 1978 mit seinen
Bestimmungen vor allem hinsichtlich der Rechtshilfe auch bei fiskalischen
strafbaren Handlungen ebenfalls ratifiziert. Entsprechende Bestimmungen mussten
daher in diesen Zusatzvertrag (anders als etwa in den Vertrag mit der
Tschechischen Republik, hingegen ähnlich wie im Vertrag mit der Republik
Ungarn) nicht mehr eingearbeitet werden.
Nach dem
vorliegenden Zusatzvertrag wird die Rechtshilfe auch wegen strafbarer
Handlungen zu leisten sein, die in einem Vertragsstaat in die Zuständigkeit
eines Gerichts und im anderen Vertragsstaat in die Zuständigkeit der
Verwaltungsbehörde fallen. Die schon bisher bestehenden Regelungen betreffend
die Übernahme der Strafverfolgung haben sich in der Praxis bewährt und werden
daher weitgehend übernommen. Eine wesentliche Erleichterung in der Abwicklung
solcher Übernahmeverfahren stellt die Eröffnung des direkten Geschäftswegs
zwischen den beiderseits zuständigen Staatsanwaltschaften dar, welche die
bisher erforderliche Einschaltung der Justizministerien überflüssig macht.
Grundsätzlich
stellt die generelle Möglichkeit des unmittelbaren Behördenverkehrs zwischen
den Staatsanwaltschaften und den Gerichten beider Staaten eine maßgebliche
Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs dar. Allgemein wird die Zustellung von
Schriftstücken im Postweg eingeführt, wobei sich aus dem Zusatzvertrag jene
Voraussetzungen ergeben, welche die Gültigkeit der Zustellung im Postweg mit
Rückschein begründen.
Auf Grund einer
polnischen Initiative des Jahres 1996 wurden im April 1999 in Wien
österreichisch-polnische Delegationsverhandlungen geführt. Die Texte des als
Ergebnis dieser Verhandlungen erstellten akkordierten Vertragsentwurfs, die
erstmals im November 1999 ausgetauscht wurden, mussten in der Folge - auf Grund
mehrerer polnischer Änderungswünsche - überarbeitet werden. Erst am 2. Juni
2003 wurde der Vertrag in Warschau von den Justizministern beider Staaten
unterzeichnet.
Die Ratifikation
des Vertrags wird auf den Bundeshaushalt keine belastenden Auswirkungen haben.
Der
gegenständliche Staatsvertrag hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden
Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung
durch den Nationalrat. Er enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden
Bestimmungen. Der Staatsvertrag hat nicht politischen Charakter und ist der
unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass
eine Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht
erforderlich ist.
Eine Zustimmung
des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht
erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich
der Länder betreffen, geregelt werden.
Der
Justizausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 6. Oktober 2004
in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligte sich im Anschluss an die
Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Mag. Tereszija Stoisits.
Bei der Abstimmung
wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses
dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Der
Justizausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die
Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im
innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine
Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur
Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag,
der Nationalrat wolle beschließen:
Der Abschluss des
Staatsvertrages: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über die
Ergänzung des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen
vom 20. April 1959 und die Erleichterung seiner Anwendung (518 der Beilagen) wird genehmigt.
Wien,
2004-10-06
Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler Mag.
Dr. Maria Theresia Fekter
Berichterstatter Obfrau