Minderheitsbericht

der Abgeordneten Dr. Cap, Heidrun Silhavy

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

zum Bericht des Budgetausschusses über das Budgetbegleitgesetz 2005

Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion lehnt die Regierungsvorlage des Budgetbegleitgesetzes 2005 (649 d.B.) in der Fassung des Abänderungsantrags der Abgeordneten Auer, Hofmann und Kollegen insbesondere aus folgenden Gründen ab:

 

Das Budget 2005 ist ein Eingeständnis der Vorwürfe, die die Opposition schon seit geraumer Zeit gegen die schwarzblaue Bundesregierung erhebt und die sich Tag für Tag durch neue, nicht zu leugnende Fakten rechtfertigen.

Die schwarzblaue Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2000 viel versprochen und nichts gehalten.

In Gegensatz dazu würde es die SPÖ besser machen und hat auch die besseren Alternativen zum verfehlten wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs der schwarzblauen Bundesregierung.

Schüssel und Grasser haben eine rosige Zukunft und eine Zeit der Ernte versprochen und eine gewaltige  Missernte eingefahren:

Sie haben die ÖsterreicherInnen belastet wie noch nie, mit der höchsten Steuer- und Abgabenquote in der Geschichte Österreichs.

Sie haben dennoch den höchsten Schuldenstand seit 1945 zu verantworten.

Sie haben das Familiensilber verscherbelt und zu Billigstpreisen die ÖIAG-Anteile an wichtigen österreichischen Leitbetrieben größtenteils ins Ausland verkauft und wollen mit diesem Kurs auch noch weitermachen.

Sie haben immer neue Höchststände bei der Arbeitslosigkeit zu verantworten, 2004 im Jahresdurchschnitt um fast 50.000 Arbeitslose mehr als noch 2000.

Sie haben Pensionen und Einkommen gekürzt wie noch nie zuvor in der 2. Republik.

Sie haben unsere Zukunft an den Universitäten jetzt schon verspielt, noch nie waren die Zustände an den Universitäten in Österreich so katastrophal wie jetzt.

Von 1996 bis 2000 ist das heimische Wachstum rund acht Prozent über dem EU-Durchschnitt gelegen, von 2001 bis 2003 aber dreizehn Prozent unter dem EU-Durchschnitt.

Beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf ist Österreich in den letzten Jahren um einige Plätze zurückgefallen.

Bei den öffentlichen Investitionen ist Österreich innerhalb der EU Schlusslicht.

Noch nie ist ein Finanzminister in der 2. Republik so gescheitert, seine Budgetziele zu erreichen, noch nie musste ein Finanzminister eingestehen, dass er sich einen Fehlbetrag von 1 Milliarde Euro selbst nicht erklären kann.

Noch nie wird ein Finanzminster seine Nachfolge so schwierig gemacht haben wie Minister Grasser.

Schüssel und Grasser versprachen eine „Zukunft ohne Schulden“ und ein stabiles Budget. Heute ist festzustellen, dass in den Jahren 2000 bis 2003 laut Bericht des Staatsschuldenausschusses die Bundesschulden um 13,7 Milliarden Euro gestiegen sind.  2004 werden noch mehr als 4 Milliarden und 2005 laut Bundesvoranschlag weitere 5,1 Milliarden Euro neue Schulden dazukommen. Insgesamt haben Schüssel und Grasser damit in den Jahren 2000 bis 2005 rund 23 Milliarden Euro neue Schulden des Bundes zu verantworten. Das sind fast 3.000 Euro neue Schulden für jede Österreicherin und jeden Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis.

Damit haben Schüssel und Grasser den höchsten Schuldenstand in Österreich seit 1945 zu verantworten. Im Jahr 2005 wird dank Schüssel und Grasser jede Österreicherin und jeder Österreicher, vom Kleinkind bis zum Greis, unglaubliche rund 19.000 Euro Schulden haben.

Schüssel und Grasser werden 2005 mit 5,1 Milliarden Euro mehr neue Schulden machen, als es Grassers Vorgänger, der sozialdemokratische Finanzminister Edlinger,  in den Jahren 1997 bis 1999 zu verantworten hatte. Dabei war die Entwicklung bei Wachstum, Beschäftigung und Einkommen wesentlich besser.

Schüssel und Grasser haben daher das höchste Defizit seit 1996 zustande gebracht. Darüber hinaus sind in den Jahren 1997 bis 1999 die Defizite in Realtion zum BIP gesunken, seit 2001 steigen sie unter Schüssel und Grasser wieder.

Das hätte die SPÖ besser gemacht. Dafür hätte Schüssel die SPÖ nicht aus der Regierung entfernen und sich selbst und die ÖVP ins Kanzleramt hineintricksen müssen.

Schüssel und Grasser versprachen im Jahr 2000, dass 75% aller ÖsterreicherInnen von der angeblichen Sanierung des Staatshaushaltes nicht belastet werden.

Heute ist festzustellen, dass mehr als 40 Belastungsmaßnahmen die österreichische Bevölkerung hart getroffen haben. Die Maßnahmen reichen von der Verdopplung der Energieabgabe, der Erhöhung der Versicherungs, Tabak- und anderer Steuern, Verdopplung der Vignette, Erhöhung zahlreicher Gebühren, Erhöhung von Krankenversicherungsbeiträgen und Pensionskürzungen, etc.

Schüssel und Grasser haben im Jahr 2000 versprochen, dass Vollbeschäftigung unter der schwarzblauen Regierung wieder Realität wird und Ziel der Wirtschaftspolitik ist.

Heute ist festzustellen, dass im Jahresdurchschnitt 2003 rund 50.000 Menschen mehr ohne Job in Österreich dastehen als noch im Jahr 2000. Von Vollbeschäftigung ist angeischts dieser Entwicklung ohnehin keine Rede mehr und die Zielsetzung der schwarzblauen Bundesregierung so rasch begraben wie das Nulldefizit.

Auch im nächsten Jahr wird daher die registrierte Arbeitslosigkeit weit über dem Niveau der Jahre 2001 und 2002 liegen. Es muss weiter davon ausgegangen werden, dass auch im Jahr 2005 die Betroffenheit von Arbeitslosigkeit zunehmen wird.

Die österreichische Arbeitsmarktpolitik steht in den nächsten Jahren zudem vor großen Herausforderungen, die hier nur stichwortartig festgehalten werden sollen: Bewältigung der Arbeitsmarktwirkungen der EU-Erweiterung sowie der Pensionsreformen, weitere Flexibilisierung und Dynamisierung des österreichischen Arbeitsmarktes, demographisch bedingtes weiteres Ansteigen der Erwerbsbevölkerung in Verbindung mit einem raschen Steigen des Durchschnittsalters der Beschäftigten, Bewältigung der geschlechtsspezifischen Segregation des österreichischen Arbeitsmarktes, Integration der ausländischen Wohnbevölkerung in den Arbeitsmarkt.

Es gibt überdies mehr als deutliche Hinweise – etwa über die Messung der Zufriedenheit der Arbeit Suchenden mit den Dienstleistungen des AMS –, dass die Ausweitung der Teilnahmemöglichkeiten in Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik mit ihrer die Registerarbeitslosigkeit senkenden Wirkung mit einem deutlichen Rückgang der Qualität (und damit wohl auch der Effektivität in Richtung nachhaltiger Integration in den Arbeitsmarkt) aufgrund der anhaltenden budgetären Mangelwirtschaft in der Arbeitsmarktpolitik abgetauscht werden musste.

Eine Ausweitung des Finanzniveaus für aktive Arbeitsmarktpolitik ist daher dringend erforderlich.

Schüssel und Grasser haben im Jahr 2003 versprochen, dass die Steuerreform 2005 „Österreich Flügel verleihen“ and daher „Investitionen und Wachstum“ beflügeln wird.

Festzustellen ist, dass Österreich laut statistischem Jahrbuch der WKÖ und Eurostat in den Jahren 1991 bis 1995 mit 2,0 % reales Wachstum über dem EU-Schnitt von 1,5% gelegen ist, in den Jahren 1996 bis 1999 mit 2,8% über dem EU-Schnitt von 2,6% gelegen ist, und seitdem schwarzblau Verantwortung hat in den Jahren 2000 bis 2003 mit 0,9% erheblich unter dem EU-Schnitt von 1,3% gelegen hat, und auch 2004 mit 1,8% unter dem EU-Schnitt von 2,0% liegen wird.

Festzustellen ist ferner, dass die Realeinkommen in Österreich seit dem Jahr 2000 bei durchschnittlich 25.200 im Jahr stagnieren und durch Angstsparen die Sparquote seit 2001 von 7,5% auf 8,8% des verfügbaren Einkommens im Jahr 2005 steigen wird. Damit fehlt Kaufkraft für Wachstum und Beschäftigung.

Daran wird auch die Steuerreform nichts ändern, weil diese die unteren und mittleren Einkommensbezieher nicht ausreichend entlastet und auch sonst eine erhebliche Schieflage aufweist.

Die Steuersenkung kommt konjunkturpolitisch nicht nur für die hunderttausenden Arbeitslosen in Österreich zu spät. Nur eine signifikante Steuersenkung für kleine und mittlere Einkommen schon im Jahr 2003 oder wenigstens spätestens im Jahr 2004, wie die SPÖ das vorgeschlagen hat, hätte die Massenkaufkraft erhöhen und damit für mehr Wachstum und Beschäftigung sorgen können.

Die von der Regierung geplante Steuersenkung erreicht daher die falschen Gruppen. Es profitieren nicht jene ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen, die eine Entlastung nach den zahlreichen schwarzblauen Belastungspaketen der letzten Jahre bräuchten. Auch die kleinen und mittleren UnternehmerInnen haben von dieser Reform nichts.

Der Bundesvoranschlag zeigt nun auch, dass die Lohnsteuer um rund 2% entlastet wird, die Körperschaftssteuer aber um rund 20% und damit um das 10-fache. Während es für LohnsteuerzahlerInnen 2005 eine durchschnittliche Entlastung von fünf (!) Euro pro Monat gibt, zahlen die großen Kapitalgesellschaften in Zukunft nirgends in Europa so wenig Steuern wie in Österreich. Zusätzlich können diese Betriebe aufgrund der Steuerreform ausländische Verluste noch einfacher mit inländischen Gewinnen gegenverrechnen und damit ihre Steuern reduzieren.

Die Kleinverdiener und der Mittelstand schauen durch die Finger. Es profitieren gut und best verdienende kinderreiche Familien mit einem Erhalter, dessen Frau zu Hause „am Herd“ bleiben soll sowie große Kapitalgesellschaften mit hohen Gewinnen.

Nach Gegenrechnung aller Belastungen und Entlastungen in den Jahren 2000 bis 2005  bleiben aufgrund der gewaltigen Bealstungsmaßnahmen der schwarzblauen Regierung in den Jahren 2000 bis 2003 auch nach der Steuerreform im Jahr 2005 unter dem Strich immer noch 330 Millionen Euro an Belastungen über. Dadruch bleibt Kaufkraft der Österreicherinnen und Österreichern nachhaltig geschwächt.

Schüssel und Grasser haben im Jahr 2000 angekündigt, dass die Regierung bei sich selbst anfangen wird zu sparen.

Heute ist festzustellen, dass die Schüssel und Grasser nur bei den Menschen in Österreich, nicht aber bei sich selbst gespart haben. Für Beratung und Eigenwerbung hat die schwarzblaue Regierung seit dem Jahr 2000 rund 75 Millionen Euro ausgegeben, davon allein Grasser rund 25 Millionen Euro und Schüssel rund 16 Millionen Euro. Mit Steuergeldern wurden auch rauschende Feste und Parties bezahlt, zuletzt die Geburtstagsparty von Staatssekretär Morak.

Manche Maßnahmen im Budgetbegleitgesetz 2005 weisen allerdings auch in die richtige Richtung, wie zum Beispiel im Bereich der Sportförderung oder der Behinderten. Sie gleichen aber nicht die durch vorangegangene Budgets der schwarzblauen Bundesregierung entstandenen Belastungen für diese Gruppen aus, sodass ein entsprechend höheres Ausmaß an Förderung notwendig wäre. Angesichts der großzügigen Steuersubventionierung von Auslandsverlusten der in Österreich ansässigen internationalen Konzerne im Rahmen der durch die Steuerreform 2005 eingeführten Gruppenbsteuerung wären bei besserer Verteilung der Mittel großzügigere und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Situation jener zahlreichen Gruppen finanzierbar gewesen, die von den Sparpaketen besonders getroffen wurden und besondere Unterstützung benötigen.

 

Zu einzelnen Artikeln des Budgetbegleitgesetzes nimmt die Sozialdemokratische Fraktion wie folgt Stellung:

 

Zum 1. Abschnitt, Art. 1-4: Justiz

Im 1. Abschnitt des Budgetbegleitgesetzes (Justiz) wird festgelegt, dass der Rahmen für die Tagessätze bei den Geldstrafen angehoben wird und zwar soll die Obergrenze beim Tagessatz künftig nicht mehr 327 Euro sondern 500 Euro betragen. Weiters sollen die strafsatzbestimmenden Wertgrenzen angehoben werden. Vorgesehen ist auch, dass in der Strafprozessordnung und im Geschworenen-und Schöffengesetz 1990 die (Höchst-)Beträge von Ordnungsstrafen und Kostenersätzen „angepasst“ werden.

Die Erhöhung der strafsatzbestimmenden Wertgrenzen entsprechend der Inflationsentwicklung wird begrüßt. Die Erhöhung der Tagessatzobergrenze, die Hinaufsetzung von Ordnungsstrafen (z.B. in § 108 Abs.1 StPO von 726 Euro auf 1000 Euro) etc. verstärken den Eindruck, dass für diese Bundesregierung im Bereich der Justizgesetze nicht kriminalpolitische und vorausschauende strafrechtspolitische Aspekte im Vordergrund stehen, sondern das Ziel der Geldbeschaffung bzw. einer oft unsachlichen Kostenminimierung.

Es ist dies eine Tendenz, die bei den Justizgesetzen in jüngerer Zeit immer mehr zu beobachten ist wie beispielsweise auch beim Entwurf der Strafprozessnovelle 2005 (z.B. Reduktion der Berufsrichter im Schöffengericht u.a.), wo sogar die Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte in ihrer Stellungnahme bedauerte, dass „neuerlich primär rein budgetäre Erwägungen und nicht etwa das Bemühen um Qualitätssteigerung Anlass für Reformen im gerichtlichen Strafverfahren sind“.

Die recht drastischen Erhöhungen von Gebühren und Ordnungsstrafen etc. im vorliegenden Abschnitt, aber auch die Ausweitung der Kostenersatzpflichten bei der Diversion und die deutlich über die Inflationsabgeltung hinausgehende Erhöhung des Höchstbetrages des Pauschalkostenbeitrages beim außergerichtlichen Tatausgleich bestätigen diese Entwicklung.

 

Zu Artikel 8: Veräußerung von Bundesanteilen an der Gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft mbH Villach und der Entwicklungsgesellschaft Aichfeld-Murboden Gesellschaft m.b.H.

Erhebliche Zweifel bestehen an der betriebswirtschaftlichen Sinnhaftigkeit des Verkaufs von bewirtschafteten Immobilien und bundeseigenen Wohnbaugenossenschaften, da unklar ist, ob die Einnahmen aus dem Verkauf den Ertrag (und damit den geminderten Zinsendienst) übersteigen.

Außerdem ist nicht sichergestellt, dass die betroffenen Wohnungen nicht dem gemeinnützigen Wohnungskreislauf sowie entsprechenden Mietzinsbindungen entzogen werden.

 

Zu Artikel 10 und 11: Änderung des Bundesforstegesetzes und des Pensionsgesetzes

Die von den Österreichische Bundesforste AG getragenen Pensionsverpflichtungen wie auch –rechte werden wieder vom Bund übernommen, wofür als Gegenleistung die Gesellschaft 100 Millionen Euro an den Bund zu erbringen hat.

Diese Maßnahme ist Teil eines Gesamtmaßnahmenpakets von Einmalmaßnahmen im Gesamtausmaß von rund 1,2 Milliarden Euro (= 0,5% des BIP), mit dem das tatsächliche Budgetloch verschleiert weden soll. Ohne diese Maßnahmen, zu denen etwa auch Erlöse aus der ÖIAG im Ausmaß von 250 Millionen Euro, Erlöse durch Veräußerung von Bundeswohnbaugesellschaften im Ausmaß von 377 Millionen Euro oder eine Sonderdividende der Buwog im Ausmaß von 100 Millionen Euro zählen, wäre das Budgetdefizit entsprechend höher ausgefallen.

Derartige Maßnahmen zur Budgetkosmetik, die zu Lasten einer positiven Entwicklung der jeweiligen Unternehmen gehen oder den blindwütigen Ausverkauf öffentlichen österreichischen Kerneigentums fortsetzen, werden abgelehnt.

 

Zu Artikel 12: Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz

Die Abgangsdeckung in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik durch den Bund ist grundsätzlich zu befürworten.

Diese Maßnahme rechtfertigt aber in keiner Weise die in den Erläuterungen angeführte Absicht, einen „Spielraum für weitere Lohnnebenkostensenkungen bei späteren Überschüssen in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik“ schaffen zu wollen.

Zunächst ist davon auszugehen, dass angesichts der ungebrochen schwierigen Arbeitsmarktentwicklung nennenswerte Überschüsse mittelfristig nicht erreicht werden können. Der Einsatz der im Jahr 2000 erreichten Überschüsse für ein Sonderprogramm für Jugendliche ab dem Herbst 2002 zeigt, wie wichtig ein Mindestmaß an schnell verfügbaren Finanzreserven für eine rasche Reaktion auf überraschende Arbeitsmarktentwicklungen ist.

Die aktuelle finanzielle Unterdeckung und die Herausforderungen für die österreichische Arbeitsmarktpolitik in den nächsten Jahren sind so hoch, dass die ausschließliche Finanzierungsbasis für dieses Politikfeld – die Beitragseinnahmen der Arbeitslosenversicherung – auch bei möglicherweise in einzelnen Jahren auftretenden Überschüssen in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik nicht verringert werden kann.

Im Gegenteil: Die Umsetzung einer Politik des Lebenslangen Lernens für Arbeitskräfte macht eine Ausweitung der finanziellen Grundlagen für arbeitsmarktbezogene Weiterbildung von Beschäftigten und Arbeit Suchenden im Rahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik notwendig, die über eine Schwerpunktsetzung im gesamten Bundeshaushalt auch den Einsatz von Mitteln aus dem Steueraufkommen erforderlich macht. Außerdem muss davon ausgegangen werden, dass ab dem Jahr 2007 kaum mehr Mittel des Europäischen Sozialfonds für die österreichische Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen werden – dieser Einnahmenentfall in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik muss ausgeglichen werden, soll zumindest das aktuelle Aktivitätsniveau in der Arbeitsmarktpolitik gehalten werden können.

Der Hinweis auf „spätere Lohnnebenkostensenkungen“ in den Erläuterungen zum BBG 2005 geht daher in die völlig falsche Richtung. Er erweckt bzw. bestärkt Erwartungshaltungen, die nicht eingelöst werden können, soll in Österreich auch nach 2007 eine einigermaßen ausreichend finanzierte Arbeitsmarktpolitik weiter betrieben werden können.

Dass das AMS aufgrund der vorgeschlagenen Neufassung des § 6 Abs. 3 auf Rücklagen aus der betriebsbezogenen Arbeitsmarktpolitik bei der Finanzierung von Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen zurückgreifen kann, ist grundsätzlich zu unterstützen.

Aus der Regierungsvorlage zum BBG 2005 ist jedenfalls abzuleiten, dass in der unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung Rücklagen im Ausmaß von mindestens drei Jahresdotierungen existieren müssen (Laut BM Grasser 120 Mio)  Das AMS erhält für die Jahre 2005 und 2006 eine Zugriffsoption von insgesamt rund 28 Mio. Euro, gleichzeitig soll die Dotierung in ähnlicher Höhe in diesen Jahren unterbleiben, ohne dass gleichzeitig die mit diesen Mitteln finanzierten Förderungen nach den §§ 27 und 34 AMFG ausgesetzt würden.

Entgegen dem in der Regierungsvorlage zum BBG 2005 vorgeschlagenen § 6 Abs. 4 AMPFG (der eine Dotierung der unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung erst ab dem Jahr 2007 vorsieht) sind im Budgetvoranschlag rund 28 Mio. Euro für diesen Bereich der Arbeitsmarktpolitik vorgesehen.

Vor dem Hintergrund dieser bestehenden Rücklagen ist die im Voranschlag 2005 vorgesehene Dotierung völlig unverständlich. Das gilt auch für die vorgesehene Überführung von Mitteln aus der unternehmensbezogenen Arbeitsmarktförderung in die Subjektförderung durch das AMS durch Einräumung einer Zugriffsoption und nicht durch ordentlichen Budgetansatz. Gleichzeitig weist der Aufbau derartiger Rücklagen in einer äußerst angespannten Arbeitsmarktlage auf massive Vollzugsdefizite in der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik hin.

Wir fordern daher ausdrücklich Information über Finanzvolumen und -verwendung in der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik. Ziel dieser Information und Diskussion ist die Herstellung von Transparenz über die Förderstrategie, Mittelausstattung und -verwendung in der betrieblichen Arbeitsmarktpolitik im Hinblick auf die notwendige Verzahnung mit den über das AMS umgesetzten arbeitsmarktpolitischen Strategien.

 

Zu Artikel 14: Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes

Einer weiteren Ausdehnung der grundsätzlich abgelehnten Regelung des § 18 Abs. 3 AuslBG wird nicht zugestimmt.

Praktische Erfahrungen zeigen, dass das Entsendeprivileg des § 18 Abs. 3 AuslBG zu einem weiteren Unterlaufen der mit dem AuslBG eigentlich intendierten Regulierungen des Zuganges zum Arbeitsmarkt in Österreich führt. Die Gefahr besteht, dass unter dem Titel des § 18 Abs. 3 nach Österreich geholte ArbeitnehmerInnen nicht ausgebildet sondern als Arbeitskräfte in ihren Betrieben eingesetzt werden. Insbesonders der Begriff Einschulung schließt eine tatsächliche erbrachte Arbeitsleistung nicht aus!

Gleichzeitig ist die so genannte „Schlüsselkraft-Quote“ regelmäßig nur zur Hälfte ausgeschöpft. Wirkliches Weiterbildungsinteresse von Konzernen und im Rahmen von joint ventures kann daher problemlos im Rahmen dieser Quote abgedeckt werden, es gibt keine reale Veranlassung für die angesprochenen Entsendeprivilegien. Hier plant jedoch die Bundesregierung eine Absenkung der unselbständigen Schlüsselkräfte von 2.030 auf 1475. Es hat daher den Anschein, dass ein Teil der Absenkung, über die geplante Neuregelung im § 18 Abs.3,  unter kaum kontrollierbaren Konditionen wieder wettgemacht werden soll.

Wir verlangen daher eine unabhängige und umfassende Evaluierung der Wirkungen dieses Privilegs unter Einbeziehung der Sozialpartner sowie eine öffentliche Diskussion über die Ergebnisse dieser Evaluierung, bevor eine Aufrechterhaltung und Ausdehnung des Entsendeprivilegs des § 18 Abs. 3 AuslBG erfolgt.

 

Zu Artikel 15: Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes

Laut den letzten Personalbedarfsrechnungen (deren Verlässlichkeit von externen Gutachtern ja bestätigt wurde) fehlen dem AMS rund 500 Planstellen. Das führt zur Notwendigkeit einer Reduktion der Dienstleistungspalette des AMS, die derzeit schon diskutiert wird. Dass ein solch eklatanter Personalfehlbestand mittlerweile auch dokumentierte negative Auswirkungen auf die Dienstleistungsqualität im AMS hat, ist immanent. Auf diese Mängel wird – wie schon in den letzten Jahren – keine Rücksicht genommen.

Anstelle dessen wird dem AMS eine Ermächtigung zur Aufnahme von Krediten für die Finanzierung von Aufwendungen gegeben, die „kurzfristig und vorübergehend“ zusätzliche Geldmittel verlangen. Damit soll das AMS wohl eine Art „Betriebsführungskredit“ aufnehmen können, um kurzfristige Liquiditätsengpässe zu überbrücken. Selbstverständlich kann das keine ernsthafte Alternative zu einer deutlichen Aufstockung der budgetären Mittel für das AMS-Personal darstellen, noch dazu, wenn, wie vorgesehen, die Gebarung Arbeitsmarktpolitik die vollen Kreditkosten zu tragen hat.

 

Zu Artikel 16: Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes

Die vorgesehene Ausweitung der Transfers von der Arbeitslosenversicherung in die Krankenversicherung wird in den Erläuterungen einerseits mit einer Gleichstellung der Beitragsbelastung bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit sowie damit begründet, dass die Arbeitslosenversicherung sowie die Arbeitgeber gleichsam zu einer „Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“ verhalten werden soll. Hintergrund für diese Regelungen sind natürlich die Finanzierungsprobleme im Gesundheitssystem.

Die Anpassung des Krankenversicherungsbeitrages ist selbstverständlich ein Gebot der Stunde. Unter dem Aspekt der „Kostenwahrheit“ ist auch eine Übernahme der Kosten für Krankengeld an Arbeit Suchende durch die Arbeitslosenversicherung im vorgeschlagenen Rahmen vorstellbar.

Diese Maßnahmen führen zu einem Mehraufwand in der Gebarung Arbeitsmarktpolitik von über 233 Mio. Euro. Hinzu kommt auch noch die Umstellung der Bemessung der Pensionsversicherungsabgaben von der jeweiligen Leistung auf 70% der Bemessungsgrundlage (laut Regierungsvorlage zum Pensionsharmonisierungsgesetz eine Erhöhung der von der Arbeitslosenversicherung zu leistende Pensionsversicherungsbeiträge um 300 bis 350 Mio. Euro). Der im Bundesvoranschlag vorgesehene Bundesbeitrag von 311 Mio. Euro, der offensichtlich der Abgangsdeckung dient, ist daher viel zu gering dotiert.

 

Zu Artikel 19: Bundespflegegeldgesetz

Die Valorisierung des Bundespflegegeldes ist natürlich positiv zu beurteilen. Allerdings hat das Pflegegeld seit seiner Einführung 1993  16% an Kaufkraft verloren; die Problematik, dass die Pflegegeldleistungen und die zugrundeliegenden Stundensätze nicht annähernd in der Lage sind, professionelle Pflegehilfe einzukaufen, ist durch die langjährige Nichtanpassung dramatisch verschärft worden. Die vergleichsweise unbedeutende Valorisierung ändert am Problem faktisch nichts.

Das durchschnittliche Pflegegeld beträgt 386 Euro monatlich im Jahr 2004, eine Anhebung um 2% sind also lediglich rund 7,7 Euro monatlich.

 

Zu Artikel 20: Bundessozialamtsgesetz

Die in Personalunion erbrachte Wahrnehmung von Landes- und Bundesgeschäftsstellenleitung hat bis dato keine offensichtlichen Probleme erbracht. Die neun LeiterInnen der Landesstellen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen verfügen aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in diesem Bereich über hohe fachliche Qualifikationen und einschlägige Erfahrungen, die sie zweifellos für die Amtsleitung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen qualifizieren.

Die vorgesehene Änderung, dass Bereichsfremde die Führung des Bundesamtes übernehmen könnten, erscheint aufgrund der komplexen Materie nicht sinnvoll. Die in den Erläuterungen enthaltene lapidare Begründung, dass auch Dritten die Wahrnehmung dieser Funktion ermöglicht werden soll, verkennt, dass fachspezifische Erfordernisse in diesem Bereich essenziell sind. Weiters sei angemerkt, dass durch die vorgesehene Bestimmung eine zusätzliche Führungsposition installiert wird, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Leider wird auf diesen Punkt in den Erläuterungen nicht eingegangen.

Eine Evaluierung des Bundessozialamtsgesetzes auf die in Rede stehende Leitungstätigkeit ist nicht geschehen und es ist daher völlig unverständlich, dass eine Trennung der bisher effizienten Personalunion von LeiterIn des Bundesamtes und LeiterIn einer Landesstelle erfolgt. Diese Vorgangsweise lässt das Motiv einer zusätzlichen politischen Postenbesetzung vermuten.

 

Zu Artikel 24: Änderung des Altlastensanierungsgesetzes

Ziel der Novelle ist die Fortschreibung der Ermächtigung, Altlastenbeiträge für Ersatzvornahme bei Altlasten zu verwenden. Das eigentliche Problem liegt aber daran, dass die Einnahmen aus dem ohnehin erhöhten Altlastensanierungsbeiträgen viel niedriger sind als ursprünglich geschätzt.

Offensichtlich sind die Kontrollmöglichkeiten zu eingeschränkt für die Behörden und werden Abfälle in zunehmende Maße illegal entsorgt bzw. exportiert. Ein verstärktes Kontrollwesen, das letztlich auf einen SP-Antrag zurückgeht, wird es erst ab 2005 geben.

Da bereits durch Vorgriffe die Mittel für die Altlastensanierung 2005 und 2006 ausgegeben wurden, steht die umweltpolitisch wichtige Altlastensanierung vor dem finanziellen Zusammenbruch. Inwieweit Sanierungszusagen 2005 möglich sind, bleibt vor diesem Hintergrund abzuwarten.

 

Zu Artikel 25: Änderung des Umweltförderungsgesetzes

Durch das Budgetbegleitgesetz 2005 sollen auch nach den umfangreichen Forderungsverkäufen in den Vorjahren 2005 und 2006 jeweils 100 Mio. € aus dem Vermögen des  Umwelt- und Wasserwirtschaftsfonds zur Bedeckung des gesamten Liquiditätsbedarfs der Siedlungswasserwirtschaft herangezogen werden. Der Zusagerahmen wird für die Jahre 2005 bis 2008 mit 218 Mio. € festgelegt. Damit wird der zugesagt Förderbarwert auf dem Niveau der Jahre 2002 bis 2004 verbleiben.

Ziel wäre die Erfüllung der kommunalen Siedlungswasserwirtschaftsrichtlinie und die notwendigen Investitionen ausreichend zu fördern, was von der Bundesregierung mit dieser Strategie des Aufzehrens von Reserven mittelfristig nicht sichergestellt wird.

Entsprechend einer im Jahr 2003 durchgeführten Erbebung ergibt sich ein geschätzter Investitionsbedarf im Zeitraum 2005 bis 2008 in der Höhe von ca. 4 Mrd. € und ein Förderbedarf in der Höhe von knapp 900 Mio. €.

Ab 2007 ist daher die Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft durch den Bund ungewiss, weil keine Forderungsverkäufe mehr möglich sein werden. Offen ist auch die Dotierung durch die Finanzausgleichspartner in den Jahren 2007 und 2008, die im Rahmen des nächsten FAG zu klären ist.

Darüber hinaus möchte die Bundesregierung in immer größerem Ausmaß (offiziell 40 %) die Kyoto-Vereinbarungen durch Umweltschutzmaßnahmen im Ausland erbringen. Dazu wird das Umweltförderungsgesetz erneut geändert. In Zukunft soll die Möglichkeit geschaffen werden, auch Emissionsreduktionen aus Projekten in Industrieländern bzw. neuen EU-Mitgliedsstaaten aufzukaufen, die formal nicht als Joint Implementations-Projekte durchgeführt werden. Mit dieser Strategie wird die Chance vertan, in Österreich die Umweltqualität weiter zu steigern, gleichzeitig konjunkturelle Impulse zu setzen und damit Arbeitsplätze im Inland zu schaffen, weil die Fördergelder ins Ausland fließen.