Vorblatt
Problem:
Art. IX des Übereinkommens zur Errichtung einer
Europäischen Organisation für Kernforschung samt Finanzprotokoll (CERN) sieht
vor, dass der Organisation jene Vorrechte und Immunitäten gewährt werden, die
für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Im Hinblick auf die
ständige Ausweitung der Tätigkeit der Organisation auf das Gebiet aller
Vertragsstaaten des Übereinkommens wurde eine umfassende und einheitliche
Regelung über den Status der Organisation und ihres Personals in den jeweiligen
Mitgliedstaaten erforderlich.
Ziel:
Durch das Protokoll über die Privilegien und Immunitäten der
Europäischen Organisation für Kernforschung werden der Organisation die
international üblichen Vorrechte und Befreiungen eingeräumt. Mit der
Ratifikation des Protokolls durch Österreich wird dieses internationale Regime
auch für Österreich in Kraft gesetzt.
Inhalt:
Wesentliche Grundzüge des Protokolls sind: Der Organisation
wird Rechtspersönlichkeit eingeräumt, ihre Amtsräume und Archive sind
unverletzlich. Sie genießt Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit. Die
Organisation und ihr Personal genießen Steuer- und Zollbefreiungen in einem
jeweils durch das Protokoll festgelegten Umfang. Die Vertreter der
Mitgliedstaaten, der Generaldirektor und die Angestellten der Organisation
genießen die für die unabhängige Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen
Privilegien und Immunitäten.
Alternativen:
Keine
Auswirkungen auf die Beschäftigung und den
Wirtschaftsstandort Österreich:
keine
Finanzielle Auswirkungen:
Im Hinblick
darauf, dass sich der Sitz der Europäischen Organisation für Kernforschung nicht
in Österreich, sondern in Genf befindet, ist nur mit geringen finanziellen
Auswirkungen des Protokolls auf Österreich zu rechnen.
Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Das Abkommen
entspricht den Vorgaben des Rechts der Europäischen Union, insb.
Art. 133 Zollbefreiungsverordnung (Verordnung (EWG) Nr. 918/83 idgF)
und Art. 14 und 15 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie (Richtlinie
Nr. 77/388/EWG idgF).
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50
Abs. 1 zweiter Satz B-VG;
Sonderkundmachung der französischen Sprachfassung gemäß Art. 49
Abs. 2 B-VG.
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
Das Protokoll
über die Privilegien und Immunitäten der Europäischen Organisation für
Kernforschung hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf
daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den
Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden
Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren
Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich
ist. Da durch dieses Protokoll Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs
der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates
gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.
Gemäß
Art. 49 Abs. 2 B-VG erfolgt die Kundmachung der authentischen
französischen Sprachfassung durch Auflage im Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten.
Österreich ist
Vertragspartei des Übereinkommens zur Errichtung einer Europäischen
Organisation für Kernforschung (CERN) samt Finanzprotokoll, BGBl.
Nr. 41/1960 idF BGBl. Nr.176/1971 (Übereinkommen). Ziel der in Genf angesiedelten
Organisation ist gemäß Art. II Abs. 1 des Übereinkommens „die
Zusammenarbeit europäischer Staaten auf dem Gebiet der rein wissenschaftlichen
und grundlegenden Kernforschung sowie der hiermit wesentlich zusammenhängenden
Forschung“. Organe der Organisation sind der Rat und für jedes Laboratorium ein
durch entsprechendes Personal unterstützter Generaldirektor. Alle
Vertragsstaaten sind Mitglieder der Organisation, weitere Staaten können vom
Rat durch einstimmigen Beschluss aller Mitgliedstaaten zur Organisation
zugelassen werden.
Art. IX des
Übereinkommens sieht vor, dass der Organisation und den Vertretern der
Mitgliedstaaten im Rat, den Mitgliedern aller nachgeordneten Gremien, den
Generaldirektoren sowie dem Personal der Organisation durch Vereinbarung
zwischen der Organisation und dem in Betracht kommenden Mitgliedstaat solche
Vorrechte und Immunitäten gewährt werden, die für die Wahrnehmung der Aufgaben
der Organisation erforderlich sind.
Durch das
„Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation
für Kernforschung im Bereich der Sozialen Sicherheit“, BGBl. Nr. 217/1974
idF BGBl. Nr. 592/1989, ist die Reintegration von ehemals bei CERN tätigen
österreichischen Staatsbürgern in einzelne Zweige des österreichischen Systems
der Sozialen Sicherheit geregelt. Weiter wurde auch ein „Abkommen zwischen der
österreichischen Bundesregierung und der Europäischen Organisation für
Kernforschung (CERN) über die Befreiung von der staatlichen Einkommensteuer für
ehemalige Mitglieder des Personals der Europäischen Organisation für
Kernforschung“, BGBl. Nr. 26/1990, abgeschlossen.
Im Hinblick auf
die ständige Ausweitung der Tätigkeit der Organisation auf das Gebiet aller
Vertragsstaaten des Übereinkommens wurde eine umfassende und einheitliche
Regelung über den Status der Organisation und ihres Personals in den jeweiligen
Mitgliedstaaten erforderlich. Der Rat der Organisation beauftragte daher eine
Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines Entwurfs für ein multilaterales
Protokoll über die Privilegien und Immunitäten von CERN (Protokoll). Dieser
Entwurf wurde vom Rat auf seiner Sitzung vom 19. Dezember 2003 angenommen.
Gemäß Art. 23 Abs. 1 des Protokolls kann dieses vom 19. Dezember 2003
bis zum 19. Dezember 2004 von allen Vertragsstaaten des Übereinkommens sowie
allen Staaten, die eine Kooperations- oder Assoziierungsvereinbarung mit der
Organisation abgeschlossen haben, unterzeichnet werden. Österreich hat das
Übereinkommen am 17. Juni 2004 unterzeichnet. Gemäß seinem Art. 24 Abs. 1
wird das Protokoll dreißig Tage nach der Hinterlegung der zwölften
Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde in Kraft treten.
Ziel des
vorliegenden Protokolls ist es, die Funktionsfähigkeit der Organisation in
allen Mitgliedstaaten, darunter Österreich, sicherzustellen.
Wesentliche
Grundzüge des Protokolls sind: Der Organisation wird Rechtspersönlichkeit
eingeräumt, ihre Amtsräume und Archive sind unverletzlich. Sie genießt
Immunität von der staatlichen Gerichtsbarkeit. Die Organisation und ihr
Personal genießen Steuer- und Zollbefreiungen in einem jeweils durch das
Protokoll festgelegten Umfang. Die Vertreter der Mitgliedstaaten, der
Generaldirektor und das Personal der Organisation genießen die für die
unabhängige Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Privilegien und
Immunitäten.
Art. 11 des
Protokolls ist wie das Protokoll in seiner Gesamtheit eine multilaterale
Regelung. Derzeit gibt es in Österreich keine CERN–Einrichtungen, es sind auch
keine solchen geplant. Sollte es in der Zukunft zu einer Ansiedlung einer
Außenstelle von CERN in Österreich kommen, wäre es erforderlich, in einem
bilateralen Amtssitzabkommen spezifische Fragen, insbesondere die ausdrückliche
Befreiung der Organisation von der Leistung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds
für Familienbeihilfen und den Ausschluss von CERN-Angestellten von den
Geldleistungen aus dem Familienlastenausgleich, zu regeln.
Besonderer
Teil
Zur
Präambel:
Die Präambel
nimmt Bezug auf das Übereinkommen zur Errichtung einer Europäischen Organisation
für Kernforschung samt Finanzprotokoll (CERN), BGBl. Nr. 41/1960 idF BGBl.
Nr. 176/1971, (Übereinkommen), die bisher mit den beiden Sitzstaaten der
Organisation, der Schweiz und Frankreich, abgeschlossenen bilateralen
Amtssitzabkommen sowie das Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und
der französischen Regierung betreffend die Ausdehnung des Geländes auf
französisches Hoheitsgebiet. Sie erinnert ferner an Art. IX des
Übereinkommens, wonach der Organisation und den Vertretern der Mitgliedstaaten
im Rat, den Mitgliedern aller nachgeordneten Gremien, den Generaldirektoren
sowie den Angestellten der Organisation jene Vorrechte und Immunitäten gewährt
werden, die für die Wahrnehmung der Aufgaben der Organisation erforderlich
sind.
Zu
Art. 1:
Dieser Artikel
enthält Begriffsbestimmungen. Zur Fundstelle des in lit. a angeführten
Übereinkommens vgl. die Erläuterungen zur Präambel.
Zu
Art. 2:
Die Regelung der
Rechtspersönlichkeit entspricht Art. I Abschnitt 1 (im folgenden
Art. I/1) des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der
Vereinten Nationen, BGBl. Nr. 126/1957, im folgenden „PIVN“, und
Art. II Abschnitt 3 des Übereinkommens über die Privilegien und
Immunitäten der Spezialorganisationen, BGBl. Nr. 248/1950, im folgenden
„Art. II/3 PISO“ sowie auch den vergleichbaren Bestimmungen in jüngeren
multilateralen privilegienrechtlichen Regelungen, etwa Art. 2 des Übereinkommens über die
Vorrechte und Immunitäten des Internationalen Seegerichtshofs, BGBl. III
Nr. 51/2002, im folgenden „Art. 2 SGH“.
Dieser Artikel
verleiht der Behörde Rechtspersönlichkeit sowie ausdrücklich auch die Fähigkeit
zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte und -handlungen. Die in Abs. 2
angeführte Vertragsfähigkeit bezieht sich auf den privatrechtlichen Bereich.
Art. 2 ist keine abschließende Regelung, einerseits im Lichte der implied
powers-Lehre, andererseits auch deshalb, weil die Art. 20 und 22
Abs. 2 des Protokolls über Art. 2 hinausgehende Vereinbarungen
zwischen der Organisation und den Vertragstaaten des Protokolls vorsehen.
Zu
Art. 3:
Allgemeine
Regelungen über die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten enthalten
Art. II/3 erster Satz PIVN, Art. III/5 erster Satz PISO, Art. 22
Abs. 1 erster Satz des Wiener Übereinkommens über diplomatische und
konsularische Beziehungen (WDK), BGBl. Nr. 212/1967 sowie Art. 3 SGH.
Abs. 2 bis 4
enthalten darüber hinausgehende Spezialbestimmungen, die sich in ähnlicher Form
in den von der Republik Österreich mit den in Wien ansässigen internationalen Organisationen
abgeschlossenen bilateralen Amtssitzabkommen finden, vgl. insbesondere Artikel
III Abschnitt 17 (im folgenden Art. III/17) des Abkommens zwischen der
Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten
Nationen in Wien, BGBl. Nr. III Nr. 99/1998, im folgenden „VN-ASA“,
und Artikel III Abschnitt 17 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und
der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung über den
Amtssitz der Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung,
BGBl. III Nr. 100/1998, im folgenden „Art. III/17 UNIDO-ASA”.
Zu
Art. 4:
Die
Unverletzlichkeit der Archive ist in Art. II/4 PIVN, Art. III/6 PISO,
Art. 24 WDK und Art. 6 SGH ebenso geregelt.
Zu
Art. 5:
Abs. 1
(Immunität von der Gerichtsbarkeit, worunter im immunitätsrechtlichen
Zusammenhang auch die Tätigkeit von Verwaltungsbehörden zu verstehen ist)
entspricht Art. II/2 PIVN,
Art. III/ 4 PISO und Art. 5 Abs. 1 SGH, ist aber insofern enger
gefasst, als er die Befreiung nur für die amtliche Tätigkeit der Organisation
vorsieht und weitergehende Ausnahmen von der Immunität normiert. Diese
Ausnahmen betreffen insbesondere Schadenersatzansprüche Dritter nach
Verkehrsunfällen oder infolge eines Verkehrsdelikts eines Kraftfahrzeugs der
Organisation (vergleichbare Regelungen haben auch in von der Republik
Österreich abgeschlossene bilaterale Amtssitzabkommen, etwa das Abkommen
zwischen der Republik Österreich und dem Joint Vienna Institute über den
Amtssitz des Joint Vienna Institute, BGBl. III Nr. 187/1997, im folgenden
„JVI – ASA“, Eingang gefunden - s. Art. 5 Abs. 1), die Durchsetzung
von Schiedssprüchen gemäß Art. 16 und 18 des Protokolls und Gegenansprüche
zu einem von der Organisation erhobenen Anspruch, die im selben
Verfahrensrahmen eingebracht wurden (vgl. dazu auch Art. 32 Abs. 3
WDK).
Abs. 2
(Schutz des Eigentums vor behördlichem Zugriff) entspricht weitgehend
Art. II/3 zweiter Satz PIVN, Art. III/5 PISO und Art. 5
Abs. 2 SGH. Auch hier sind weitergehende Ausnahmen normiert. Sie betreffen
Verkehrsunfälle mit einem Kraftfahrzeug der Organisation und den Fall der
Gehaltspfändung wegen der Schuld eines Angestellten der Organisation.
Zu
Art. 6:
Mit dieser Bestimmung über die Befreiung von direkten Steuern, Zöllen und
anderen Abgaben wurden Art. II/7 und 8 PIVN und Art. III/9 und 10
PISO weiterentwickelt, vgl. auch Art. 9 SGH.
Abs. 2 über die Befreiung oder Rückerstattung von indirekten Steuern,
Zöllen oder anderen Abgaben bei größeren Einkäufen der Organisation ist eine
Weiterentwicklung von Art. II/8 PIVN und Art. III/10 PISO. Anders als
bei den Vorgängerbestimmungen bezieht sich Abs. 2 auch auf
Dienstleistungen, ähnlich Art. 10 Abs. 1 SGH.
Die in Abs. 5 vorgesehene explizite Ausnahme von der Befreiung gemäß
Abs. 2 und 3 für Waren oder Dienstleistungen für den persönlichen Gebrauch
der Angestellten und des Generaldirektors stellt eine Weiterentwicklung des
Privilegienrechts dar und ist in dieser Form in anderen vergleichbaren
multilateralen Privilegienregelungen nicht zu finden.
In Abs. 6 wurde die Wiederveräußerungsbeschränkung, die die älteren
Regelungen nur für von Zöllen sowie von Ein- und Ausfuhrverboten und
-beschränkungen befreite Waren vorsehen (vgl. Art. II/7b zweiter Satz PIVN
und Art. III/9b zweiter Satz PISO), nun auch auf Waren ausgedehnt, die
unter Befreiung von indirekten Steuern erworben wurden (ähnlich Art. 10
Abs. 2 SGH).
Zu
Art. 7:
Diese Bestimmung, die die in Art. 5 Abs. 2 des Protokolls
enthaltenen Regelungen über die Immunität des Vermögens der Organisation u.a.
in kapital- und devisenrechtlicher Hinsicht präzisiert und entsprechende
Beschränkungen verbietet, entspricht weitgehend Art. II/5 PIVN und
Art. III/7 PISO. Sie ist insofern enger gefasst als sie die genannten
Rechte auf das für die Erfüllung der Verpflichtungen der Organisation
erforderliche Ausmaß und die amtliche Tätigkeit beschränkt.
Zu
Art. 8:
Eine ähnliche
Regelung betreffend das Recht zur Verbreitung von Veröffentlichungen und
Informationsmaterial enthalten Art. VI/22 a VN-ASA und VI/22 a UNIDO-ASA.
Zu
Art. 9.
Abs. 1 zählt die den an Treffen der Organisation teilnehmenden
Vertretern der Vertragsstaaten zustehenden Privilegien und Immunitäten auf. Er
ist weitgehend Art. IV/11und 12 PIVN und Art. IV/13 und 14 PISO
nachgebildet. Die unter lit. b normierte Ausnahme von der Befreiung von
der Gerichtsbarkeit im Fall von Verkehrsdelikten oder -unfällen entspricht den
jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet des Privilegienrechts.
Abs. 2 bestimmt, dass die Vertragsstaaten nicht verpflichtet sind, die
in Abs. 1 aufgezählten Privilegien und Immunitäten ihren eigenen
Staatsbürgern und Personen mit ständigem Aufenthalt auf ihrem Gebiet zum
Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit für die Organisation zu gewähren. Der
eingeschränkte Schutz für diese Personengruppe entspricht der österreichischen
Praxis - vgl. etwa Art. XI/34 VN-ASA, der dieser Personengruppe jedoch
zumindest funktionelle Immunität einräumt.
Zu
Art. 10:
Diese Bestimmung räumt den Angestellten der Organisation die dort
aufgezählten Privilegien und Immunitäten ein. Zweck der Vorrechte und
Befreiungen ist es, den Angestellten die Ausübung ihrer Tätigkeit in voller
Unabhängigkeit zu gewährleisten (Art. 13 Abs. 1).
Abs. 1 regelt die Befreiung der Angestellten der Organisation von der
Gerichtsbarkeit. Die Regelung ist Art. V/18a PIVN und Art. VI/19a
PISO nachgebildet; vgl. auch Art. 14 Abs. 2d SGH. Wie bei Art. 9
Abs. 1 lit. b sind Verkehrsdelikte und -unfälle von der Befreiung von
der Gerichtsbarkeit ausgenommen.
Abs. 2 zählt die Privilegien der Angestellten der Organisation auf.
Lit. a) Einfuhr von Möbeln und persönlicher Habe – vgl.
Art. V/18g PIVN,
Art. VI/19f PISO und Art. 14 Abs. 2b SGH;
Lit. b) Steuerbefreiungen für Gehälter und Bezüge – entspricht
Art. V/18b PIVN und Art. VI/19b PISO. Diese Bestimmung stellt aber zusätzlich klar, dass nur
solche Gehälter und Bezüge, für welche eine Steuer zugunsten der Organisation
zu leisten ist, von der Steuer befreit sind (lit. b i). Die
Vertragsstaaten sind zwar nicht
verpflichtet, an frühere Angestellte oder Generaldirektoren bezahlte Renten und
Pensionen von der Steuer zu befreien (lit. b ii), Österreich hat eine
solche Befreiung aber im Abkommen zwischen der österreichischen Bundesregierung
und der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) über die Befreiung
von der staatlichen Einkommensteuer für ehemalige Mitglieder des Personals der
Europäischen Organisation für Kernforschung, BGBl. Nr. 26/1990,
vorgesehen.
Lit. c) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen und der
Ausländerregistrierung – vgl. Art. V/18d PIVN, Art. VI/ 19c PISO und
Art. 14 Abs. 2f SGH;
Lit. d) Die Unverletzlichkeit der amtlichen Schriftstücke findet keine
Entsprechung in PIVN und PISO hinsichtlich der Beamten, ähnlich aber
Art. VI/22c PIVN hinsichtlich der beauftragten Sachverständigen;
Lit. d) – Befreiung vom nationalen Dienst – findet seine Entsprechung in
Art. V/18c PIVN und Art. 14 Abs. 2e SGH. Unter dem Begriff
„nationaler Dienst“ wird nur die Leistung des Wehr- oder Zivildienstes
verstanden. Sonstige, auf Wehr-
oder Zivildienst beruhende
Verpflichtungen, wie etwa Meldepflichten, fallen nicht unter diesen Begriff;
Lit. e) – Heimbeförderungserleichterungen – vgl. Art. V/18f PIVN,
Art. VI/19e PISO und Art. 14 Abs. 2h SGH;
Lit. f) – Geldwechselerleichterungen – vgl. Art. V/18e PIVN,
Art. VI/19d PISO und Art. 14 Abs. 2g SGH.
Der eingeschränkte Umfang an Privilegien und Immunitäten für eigene
Staatsbürger und Personen mit ständigem Aufenthalt auf dem Gebiet des
jeweiligen Vertragsstaates gemäß Abs. 3 entspricht auch der
österreichischen Praxis - vgl. etwa Art. XII/39a VN-ASA und UNIDO - ASA.
Zu
Art. 11:
Dieser Artikel normiert eine allgemeine Befreiung der Organisation und
ihrer Angestellten von den Pflichtbeiträgen zu nationalen
Sozialversicherungseinrichtungen, sofern sie einen entsprechenden
sozialversicherungsrechtlichen Schutz durch die Organisation genießen.
Art. 11 des Protokolls ist wie das Protokoll in seiner Gesamtheit eine
multilaterale Regelung, die nur im Fall der Ansiedlung einer CERN–Einrichtung
in Österreich zum Tragen kommen würde. Derzeit gibt es aber keine CERN
Außenstellen in Österreich, solche sind auch nicht geplant. Sollte es in der
Zukunft zu einer Ansiedlung einer CERN Einrichtung in Österreich kommen, wäre
es erforderlich, in einem bilateralen Amtssitzabkommen spezifische Fragen, insbesondere
die ausdrückliche Befreiung der Organisation von der Leistung des
Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den
Ausschluss von CERN-Angestellten von den Geldleistungen aus dem
Familienlastenausgleich, zu regeln.
Durch das „Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen
Organisation für Kernforschung im Bereich der Sozialen Sicherheit“, BGBl.
Nr. 217/1974 idF BGBl. Nr. 592/1989, ist die Reintegration von
ehemals bei CERN tätigen österreichischen Staatsbürgern in einzelne Zweige des
österreichischen Systems der Sozialen Sicherheit geregelt.
Zu
Art. 12:
Um der hohen Verantwortung der leitenden Angestellten gebührend Rechnung zu
tragen, werden diesen üblicherweise und daher auch in diesem Protokoll (vgl.
Abs. 1) diplomatische Privilegien und Immunitäten eingeräumt. Ähnliche
Bestimmungen enthalten Art. V/19 PIVN und Art. VI/21 PISO.
Gemäß Abs. 2 sind die Vertragsstaaten nicht verpflichtet, diese
Stellung eigenen Staatsbürger und Personen mit ständigem Aufenthalt
einzuräumen.
Zu
Art. 13:
Diese Bestimmung -Zweck der Gewährung von Privilegien und Immunitäten sowie
Verzicht auf die Immunität - ist
Art. V/20 PIVN, Art. VI/22 PISO und Art. 20 SGH
nachgebildet.
Zu
Art. 14:
Dieser Artikel normiert eine Verpflichtung der Organisation zur
Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten, um jeden
Missbrauch von Privilegien und Immunitäten nach diesem Artikel zu unterbinden-
vgl. Art. V/21 PIVN, Art. VI/23 PISO und Art. 24 SGH. Die
Bestimmung erwähnt darüber hinausgehend auch ausdrücklich die Beachtung von
Polizei- und Gesundheitsvorschriften, Vorschriften betreffend die Sicherheit am
Arbeitsplatz und Umweltvorschriften.
Zu
Art. 15:
Diese Bestimmung eröffnet den Vertragsstaaten die Möglichkeit, im Falle
einer Bedrohung der Sicherheit
oder der öffentlichen Ordnung Maßnahmen zu ergreifen, die die Immunitäten der
Organisation verletzen, ohne jedoch die Arbeit der Organisation zu
beeinträchtigen. Eine ähnliche Bestimmung findet sich in Art. 23 SGH.
Zu
Art. 16:
Abs. 1 unterscheidet vier Arten von privatrechtlichen Streitigkeiten,
für welche von der Organisation geeignete Beilegungsverfahren vorzusehen sind:
Streitigkeiten aus privatrechtlichen Verträgen der Organisation mit Ausnahme
von arbeitsrechtlichen Streitigkeiten (lit. a), schadenersatzrechtliche
Streitigkeiten (lit. b), privatrechtliche Streitigkeiten, in denen ein
Immunität von der Gerichtsbarkeit genießender Angestellter der Organisation
Partei ist, sofern die Immunität nicht aufgehoben wurde (lit. c) und
arbeitsrechtliche Streitigkeiten (lit. d).
Ähnliche, wenn auch nicht so detaillierte Bestimmungen enthalten Art
VIII/29 PIVN, Art. IX/31 PISO, Art. 26 Abs. 1 SGH und Art. XIV/45 VN – ASA und
UNIDO-ASA.
Abs. 2 schafft die Möglichkeit, Streitigkeiten, für die kein
bestimmtes Beilegungsverfahren (lit. d) vorgesehen ist, durch jedes
geeignet erscheinende Verfahren, insbesondere ein Schiedsgerichtsverfahren oder
ein Verfahren vor einem nationalen Gericht, beizulegen.
Zu
Art. 17:
Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsstaaten über die Auslegung oder
Anwendung dieses Protokolls, die
nicht auf anderem Wege ausgetragen werden können, sind dem in Art. 19
vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten. Eine vergleichbare
Schiedsgerichtsbarkeitsklausel enthält auch Art. 26 Abs. 2 SGH.
Zu
Art. 18:
Meinungsverschiedenheiten zwischen der Organisation und Vertragsstaaten
über die Auslegung oder Anwendung dieses
Protokolls, die nicht auf anderem Wege ausgetragen werden können, sind
ebenso dem in Art. 19 vorgesehenen Schiedsgericht zu unterbreiten (vgl.
auch Art. XIV/46 des VN- ASA und des UNIDO-ASA und Art. 26
Abs. 2 SGH).
Zu
Art. 19:
Dieser Artikel
regelt die Bildung und Tätigkeit des in den Art. 17 und 18 erwähnten
Schiedsgerichts. Vergleichbare Bestimmungen finden sich in Art. XIV/46 des VN-
ASA und des UNIDO-ASA und Art. 26 Abs. 2 SGH.
Zu
Art. 20:
Dieser Artikel
sieht die Möglichkeit des Abschlusses von Zusatzvereinbarungen vor, soweit dies
für die Anwendung des Protokolls erforderlich ist.
Zu
Art. 21:
Dieser Artikel
regelt die einzuhaltende Vorgangsweise im Fall einer beabsichtigten Änderung
des Protokolls.
Zu
Art. 22:
Dieser Artikel
regelt das Verhältnis der Bestimmungen des Protokolls zu jenen von
Amtssitzabkommen. Im Fall eines Konflikts gilt der Grundsatz der lex
specialis und die Bestimmungen des Amtssitzabkommens gehen vor
(Abs. 1), vgl. auch Art. 25 SGH. Den Vertragsstaaten steht es auch
offen, mit der Organisation zusätzliche Vereinbarungen zur Bestätigung,
Ergänzung, Ausweitung oder Ausdehnung des Protokolls zu schließen
(Abs. 2).
Zu
Art. 23 bis 27:
Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussklauseln. Eine Unterzeichnung
des Protokolls ist vom 19. Dezember 2003 bis zum 19. Dezember 2004 möglich
(Art. 23 Abs. 1). Das Protokoll wird dreißig Tage nach dem Datum der
Hinterlegung der zwölften Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder
Beitrittsurkunde in Kraft treten (Art. 24 Abs.1). Eine Kündigung des
Protokolls ist durch schriftliche Notifikation an den Generaldirektor der
UNESCO möglich (Art. 27).
Die Bundesregierung hat beschlossen, dem
Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Protokolls gemäß
Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass dessen französische
Sprachfassung dadurch kundgemacht wird, dass sie zur öffentlichen
Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.
Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf
eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von
der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassung Abstand genommen.
Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der
Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.