Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

des Abgeordneten Mag. Werner Kogler

zum Bericht des Budgetausschusses 670 der Beilagen über die Regierungsvorlage (650 der Beilagen): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2005 (Bundesfinanzgesetz 2005 – BFG 2005) samt Anlagen

Finanzminister Grasser präsentierte am 13. Oktober das Budget 2005 im Nationalrat. Mit dem Übertitel „Aufschwung durch Entlastung“ versuchte er die Abkehr von seinem „Nulldefizit“ zu rechtfertigen. Es sollte aber heißen: „Neue Schulden trotz Aufschwung“, da das Budgetdefizit genau mit dem prognostizierten, stark steigendem wirtschaftlichen Wachstum zusammenfällt.

Im Voranschlagsentwurf 2005 stehen Ausgaben von 64.001 Millionen Euro Einnahmen in Höhe von 58.866 Millionen Euro gegenüber. Daraus ergibt sich ein administratives Defizit in Höhe von 5.135 Millionen Euro. Das sind 2,1% des BIP. Das Maastricht-Defizit des Bundes liegt bei 2,3% des BIP.

Der Bundesvoranschlagsentwurf 2005 ist auf der Einnahmenseite geprägt von der 2. Etappe der sogenannten „Steuerreform“ mit einem Steuerausfall von 1,75 Mrd. Euro sowie von einem umfangreichen Paket an Einmalmaßnahmen. Es sind noch keine Ergebnisse der Finanzausgleichsverhandlungen im Entwurf enthalten, die das administrative Defizit des Bundes noch wesentlich höher werden lassen könnten.

Die sogenannte „Steuerreform“ 2004/2005 bringt einen minimalen expansiven Effekt auf das BIP in der Höhe von 0,27%. Mindestens dieser Effekt hätte mit anderen Maßnahmen, insbesondere einer Ausweitung der Infrastrukturinvestitionen, treffsicheren Investitionsförderungen und entsprechenden steuerlichen Maßnahmen erreicht werden können.

 

Budgetdefizit höher als dargestellt

Der Finanzminister spricht stets von 1,9% des BIP gesamtwirtschaftlichem Defizit (Maastricht-Defizit des Staates) im Jahr 2005. Diese Betrachtungsweise berücksichtigt aber bereits die Überschüsse der Länder und Gemeinden - es wird bei dem Voranschlag von einem Überschuss von 0,4% des BIP der Ländern und 0,1% des BIP der Gemeinden ausgegangen. Geht man von den derzeit chaotischen Diskussionen zu den Finanzausgleichsverhandlungen aus, so müssten die Länder einen Überschuss von 0,6% des BIP erwirtschaften und die Gemeinden ausgeglichen wirtschaften.

Im Nationalrat wird allerdings vorrangig das BUNDESbudget diskutiert; bei dieser Betrachtungsweise sind die Überschüsse der Länder und Gemeinden ausgeklammert und im Zentrum des Interesses steht die Haushaltsführung des Bundes.

Der maastricht-relevante Saldo des Bundes beläuft sich aber eben auf mindestens 5,6 Mrd. Euro oder zumindest 2,3% des BIP (Maastricht-Defizit des Bundes) und das Bundesbudget 2005 weist einen administrativen Abgang von 5,1 Mrd. Euro aus. Das entspricht 2,1% des BIP.

Soweit Budgetdefizite in vernünftiger Höhe in Phasen des verlangsamten Wachstums oder der Stagnation getätigt werden und konjunkturelle Impulse davon ausgehen, bzw. zukunftsweisende Investitionen damit finanziert werden, können Budgetdefizite ökonomisch durchaus vertretbar sein. Allerdings treffen beide Punkte für dieses Budget nicht zu - im Gegenteil:

 

Kaum zukunftsorientierte Impulse

Das Budget 2005 setzt die Schwerpunkte vor allem auf systemerhaltende Ausgaben und vernachlässigt die zukunftsorientierten Ausgaben. So steigen die Ausgaben gegenüber dem BVA 2004 vor allem bei Beamtenpensionen, Inneres, Äußeres und beim Familienlastenausgleichsfonds (Kinderbetreuungsgeld!), während die Ausgaben für Bildung, Universitäten und Forschung und Entwicklung nur leicht steigen, bzw. sogar sinken. Gerade im universitären Bereich bleibt die Situation dramatisch und es werden (inklusive Globalbetrag) nur rund 2 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt. Der Fokus müsste also auf vermehrten Investitionen in zukunftsorientierte Bereiche liegen.

Im Widerspruch dazu lässt der Voranschlag 2005 genau bei Schlüsselfragen einer nachhaltigen Zukunft Österreichs jeden Gestaltungswillen vermissen. So im Bereich Infrastruktur: Bei den sogenannten "Aufstockungen" für "wichtige Maßnahmen der Verkehrsinfrastruktur" handelt es sich sämtlich um Luftschlösser: Angeblich zusätzliche Gelder für Nahverkehrsinvestitionen kompensieren nicht einmal die Kürzungen an anderer Stelle, trotz angeblich zusätzlicher Mittel für den Brennerbasistunnel sinken die vorgesehenen Mittel für die Schieneninfrastruktur insgesamt deutlich, und selbst im Bereich Wasserstraße entpuppen sich angeblich zusätzliche Gelder als Nicht-einmal-Nullsummenspiel. Mehrkosten nach Ausgliederungen etwa im Bereich der Luftfahrt, fehlende Mittel für wichtige Schwerpunkte etwa in der Verkehrssicherheit und der völlig unzureichende und gerade im Schlüsselsektor Verkehr überhaupt fehlende budgetäre Niederschlag der Klimaschutz-Problematik runden den Eindruck von Gestaltungsunwillen und Orientierungslosigkeit ab, wo ein Schwerpunkt öffentlicher Investitionen ökonomisch, ökologisch und sozial dringend geboten wäre.

Im Budgetbericht ist die Entlastung durch die sogenannte „Steuerreform“ für 2005 mit 2 Mrd. Euro angegeben. Netto (nach Abzug der Anteile der Länder, Gemeinden, Sozialversicherung und Fonds) ergibt sich für den Bund eine Reduzierung der Einnahmen um 1,3 bis 1,4 Mrd. Euro. Dies entspricht höchstens einem Viertel des Bundesdefizits. Dieses Defizit leitet sich also nur zu einem geringen Teil aus den beschlossenen Steuermindereinnahmen ab.

 

Quotenfetischismus und statistische Tricks

Im Rahmen der Budgetrede von Finanzminister Grasser wurde insbesondere die Reduktion der Abgabenquote auf 42,8% im Jahr 2004, 41,7% im Jahr 2005 und 40,6% im Jahr 2006 hervorgehoben.

Eurostat hat die Berechnungsvorschriften für das Bruttoinlandsprodukt dahingehend revidiert, dass nun die Wertschöpfung der Banken stärker als zuvor berücksichtigt wird. Daher steigt das Bruttoinlandsprodukt statistisch an, was die Abgabenquote unweigerlich sinken lässt.

Zusätzlich ist ein Sinken der Abgabenquote im übrigen dann nicht besonders begrüßenswert, wenn die Ursachen nicht wirklich geklärt sind – schließlich konnte von Seiten des Bundesministeriums für Finanzen bis jetzt keine schlüssige Erklärung für den dramatischen Rückgang des Umsatzsteueraufkommens 2004 um 700 Mio. Euro gegeben werden.

 

Spektakuläre Fehlprognosen bei Steuerschätzungen

Die Schätzung des Steueraufkommens, also der Haupteinnahmenquelle, ist wie bereits erwähnt mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Die Umsatzsteuer liegt schon für das Jahr 2004 mit 700 Mio. Euro hinter Plan. Die Gründe dafür kann sich der Finanzminister - in ungewohnt offenem Einbekenntnis - bis heute nicht erklären. Bei der Körperschaftsteuer sind die künftigen Mindereinnahmen aus dem Titel der Gruppenbesteuerung mit lediglich 100 Mio. Euro angegeben. Da keine Erfahrungswerte vorliegen, scheint diese Schätzung nicht ausreichend fundiert zu sein. Sollte diese Gruppenbesteuerung wirklich so attraktiv sein, wie von der Regierung allerorts verkündet und geht man von den Erfahrungen bei der spektakulären Fehlschätzung der Folgen der Investitionszuwachsprämie aus, dürfte der Steuerausfall aufgrund dieser neuen Regelung mit 100 Mio. Euro zu niedrig budgetiert sein.

 

Klientelbefriedigung statt „Entlastung für alle“

Zusätzlich zeigt sich, dass das Aufkommen der Körperschaftsteuer und der veranlagten Einkommenssteuer während das Aufkommen der Umsatzsteuer, Mineralölsteuer u.a. höher oder zumindest gleichbleibend budgetiert wurden als 2004. Diese letztgenannten indirekten Steuern sind jene, von denen ein regressiver Verteilungseffekt ausgeht.

Darüber hinaus werden weit über 2 Millionen Personen der untersten Einkommensgruppen nur schlechter gestellt, weil sie sämtliche Abgaben- und Gebührenerhöhungen seit 2000 zu tragen haben, aber definitiv nicht von Lohn- und Einkommenssteuersenkungen profitieren können.

 

Einmalerlöse verdecken die großen Zukunftsprobleme

Die Maßnahmen, die Erlöse in Höhe von 1.176 Millionen Euro (das sind knapp 0,5% des BIP) einmalig einbringen, sind ein Beleg dafür, wie wenig Nachhaltigkeit ein Prinzip dieser Bundesregierung ist. Diese setzen sich aus hauptsächlich aus Dividenden der ÖIAG und der BUWOG, Erlöse durch Verkauf von Bundeswohnbaugesellschaften und Mitteln der Bundesforste zusammen. Diese Einmaleffekte zeigen die Mängel in der Struktur des Budgets.

 

Bundesregierung bleibt größter Frühpensionierungssünder

Der Bundesbeitrag des Bundes in der Pensionsversicherung erhöht sich bei Gewerbetreibenden und Beamten. Im ASVG Bereich ist er rückgängig. Die Erhöhung des Beitrages bei den Beamten ist unter anderem auch auf 7.000 Beamte zurückzuführen, die angesichts der bevorstehenden Harmonisierung in die Pension wechselten; ganz zu schweigen von den verschiedenen Frühpensionierungswellen, die die schwarz/blaue Bundesregierung seit 2000 entweder durch entsprechende Anreize oder durch brutales Hinausdrängen zu verantworten hat.

 

„Gender Budgeting“ auch vom Frauenressort nicht einmal ansatzweise ernst genommen

Die vom Bundesministerium für Finanzen vorgestellte Gender-Budgeting-Initiative im Budget ist an sich begrüßenswert. Es wurden in einem ersten Schritt die einzelnen Ministerien vom BMF eingeladen, ein Beispiel für ihr Ressort unter der Überschrift „Gender Budgeting“ anzugeben. Leider sind nur die wenigsten Ressorts dieser Einladung auch ernsthaft gefolgt – von einer geschlechtergerechten Darstellung des Budgets kann daher kaum etwas erkannt werden. Ein Ausbau und eine Vertiefung dieser Initiative für die kommenden Budgets ist zwingende Voraussetzung um überhaupt weiter den Begriff „Gender Budgeting“ mit dem Budgetausweis in Zusammenhang zu bringen.

 

„Null-Reform“ bei Finanzausgleich und Gesundheitswesen

Um das geplante gesamtwirtschaftliche Defizit von 1,9%, wie im Voranschlag für 2005 vorgesehen, erreichen zu können, wird davon ausgegangen, dass die Länder einen veranschlagten Überschuss von 0,4% des BIP und die Gemeinden einen veranschlagten Überschuss von 0,1% des BIP erwirtschaften. Geht man aber von den chaotischen Diskussionen zum Finanzausgleich aus, so müssten die Länder sogar einen Überschuss von 0,6% des BIP erwirtschaften und die Gemeinden ausgeglichen wirtschaften. Es kann daher damit gerechnet werden, dass insbesondere die Länder diese Beiträge zum gesamtstaatlichem Budget nicht bringen können oder wollen, was wiederum eine zusätzliche Erhöhung des Maastrichtdefizits nach sich ziehen würde.

 

Abschließende Einschätzung

Die Verhandlung des Budgetvoranschlags vor Abschluss der Verhandlungen zum Finanzausgleich zu beenden, ist eine völlig verkehrte Vorgangsweise, die zu offenkundigen Unterbudgetierungen im hier vorliegenden Entwurf des Bundesfinanzgesetz und es damit zu einem schwerwiegenden Verstoß gegen elementare Budgetgrundsätze führt.

Die Erstellung eines de facto Doppelbudgets auf Ministerratsebene ohne gleichzeitiger parlamentarischer Befassung, bedeutet einerseits eine inakzeptable Intransparenz gegenüber dem Parlament und führt in der Sache zu den bekannten Problemen wie vorzeitig überholter Grundannahmen, etc..

Die eingehende Analyse des vorliegenden Bundesvoranschlags hat klar ergeben, dass dieser wesentliche Rahmenbedingungen (Stichwort: Finanzausgleich) nicht berücksichtigt, mangelnde Lernfähigkeit aus den aktuellen dramatischen Fehlschätzungen beweist und eine Dominanz der Einmaleffekte bei den Mehreinnahmen zeigt. Weiters wird damit ein wahltaktisch motivierter Budgetzyklus und somit ein künftiger Sanierungsbedarf erzeugt und lässt zu schlechter letzt höchst ungerechte Verteilungswirkungen entstehen.

Damit kann in keiner Weise von einer vorausschauenden Budgetpolitik gesprochen werden.

Aus den genannten Gründen wird die gegenständliche Regierungsvorlage abgelehnt.