Vorblatt

Ausgangslage:

Verkehrsunfälle und schwere Störungen in allen Bereichen des Verkehrsgeschehens stellen abgesehen vom menschlichen Leid des einzelnen Unfalles, der zur Verunsicherung der Nutzer des jeweiligen Verkehrsmittels führt, auch eine wichtige Erkenntnisquelle für eine mögliche Verhütung zukünftiger Vorfälle und damit für die Verbesserung der Verkehrssicherheit dar. Genaue technische Untersuchungen dieser Vorfälle können helfen, zukünftige vergleichbare Vorfälle zu verhindern. Bei der Auswertung von Unfalluntersuchungen stellt sich ein besonderes Problem dadurch, dass zurzeit die Ermittlungen nach Unfällen in erster Linie den Zweck verfolgen, Fragen des Verschuldens und der Haftung aufzuklären. Doch können diese Ermittlungen weitergehende technische Untersuchungen zur Erforschung der Ursachen von Unfällen- und Beinaheunfällen bzw. Störungen im Verkehrsgeschehen und damit der Unfallprävention nicht ersetzen. Solche weitergehenden Untersuchungen werden jedoch zunehmend als notwendig angesehen. Der Entwicklung der Verkehrssicherheitsarbeit sollte ein vorausschauendes Konzept zugrunde liegen, weshalb der Untersuchung von Störungen und schweren Störungen („Beinaheunfälle“) im Verkehrsgeschehen große Bedeutung zukommt.

Im Bereich der Luftfahrt führte die EU-Richtlinie 94/56/EG über Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt zu einer vollständigen Reorganisation der Vorgangsweise bei der Untersuchung von Unfällen. Seit Umsetzung dieser Richtlinie durch das Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz wird die Untersuchung von einer eigens dafür vorgesehenen, ständig eingerichteten Flugunfalluntersuchungsstelle nach den neuesten international anerkannten Richtlinien durchgeführt. Eine entsprechende gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung liegt auch für den Schienenverkehr vor (RL 2004/49/EG über die Eisenbahnsicherheit). Dem internationalen Standard entsprechend ist seitens der Europäischen Kommission geplant, die gleiche Art von Untersuchungen für den Seeverkehr vorzuschlagen und in einem weiteren Schritt auch für Straßenverkehrsunfälle zu entwickeln.

Ziele:

Der vorliegende Gesetzentwurf verfolgt gemäß dem internationalen Standard in der Unfallursachenerforschung sowie auf der Basis der Konzepte und Strategien der EU-Verkehrssicherheitspolitik das Ziel, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Sichergestellt wird, dass Unfälle und Störungen von einer eigens dafür vorgesehenen Stelle gründlich untersucht werden – mit dem alleinigen Ziel, Wiederholungen zu verhindern. Im Interesse der Unfallverhütung sollen die Ergebnisse rasch veröffentlicht werden. Um Interessenskonflikte und eine Verwicklung in die Ursachen des untersuchten Vorfalles zu vermeiden, ist die Unfalluntersuchungsstelle des Bundes auch auf der Basis der gemeinschaftsrechtlichen Anforderung als unabhängige Stelle einzurichten.

Die Unfalluntersuchungsstelle wird im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Teil der Bundesanstalt für Verkehr (eh. Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge) eingerichtet, wobei der Unfallforschung und Unfallprävention als ausschließliche Aufgabenstellung größte Bedeutung zukommt. Das Verfahren zur Untersuchung von Vorfällen soll eine optimale Ursachenerforschung ermöglichen und die daraus zu ziehenden Schlüsse ermitteln. Als Ergebnis sollen Sicherheitsempfehlungen als Maßnahmen zur Verbesserung der konkreten Verkehrssicherheit erarbeitet werden. Für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit ist von entscheidender Bedeutung, dass ein internationaler Informations- und Datenaustausch auf der Basis gemeinsamer, anerkannter Richtlinien erfolgt, wozu eine zentrale Ansprechstelle in den einzelnen (EU-Mitglied-) Staaten erforderlich ist.

Alternativen:

Die angestrebten Synergie- und Einsparungseffekte können nur durch den gewählten Ansatz einer verkehrsträgerübergreifenden Unfalluntersuchungsstelle erreicht werden. Eine derartige Unfalluntersuchungsstelle entspricht dem internationalen Standard und ist durch EU-Recht für den Bereich Luftfahrt und für den Bereich Schiene bereits vorgesehen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen sollen auch die von den Europäischen Gemeinschaften gemachten Vorgaben umsetzen. Im Bereich des Flugverkehrs führte die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung zur unabhängigen Unfalluntersuchung gemäß der Richtlinie 94/56/EG vom 21. November 1994 über Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt zu einer vollständigen Reorganisation der Vorgangsweise bei der Untersuchung von Unfällen im Bereich des Luftverkehrs. Zu beachten sind nunmehr auch die Richtlinie 2003/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juni 2003 über die Meldung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt – maßgeblich insbesondere für den 4. Abschnitt bzw. in § 136 LFG idF von Art. 3 des Entwurfes –, die Verordnung (EG) Nr. 622/2003 der Kommission vom 4. April 2003 zur Festlegung von Maßnahmen für die Durchführung der gemeinsamen grundlegenden Normen für die Luftsicherheit, geändert durch die Verordnung 68/2004 vom 15. Januar 2004, sowie die Verordnung (EG) Nr. 1217/2003 der Kommission vom 4. Juli 2003 zur Festlegung gemeinsamer Spezifikationen für nationale Qualitätskontrollprogramme für die Sicherheit der Zivilluftfahrt. Im Bereich Schiene ist die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit zu berücksichtigen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Unfalluntersuchungsstelle ist als Organisationseinheit des BMVIT vorgesehen; sie wird in der Bundesanstalt für Verkehr als relativ selbstständiges Hilfsorgan des BMVIT eingerichtet. Es wird keine neue Dienststelle im Bereich des BMVIT geschaffen, sondern vielmehr werden – anknüpfend an die in Bundesanstalt für Verkehr umbenannte Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge – auf bereits bestehende Organisationseinheiten zurückgegriffen. Für den Bereich der Länder ist festzustellen, dass aufgrund der gegenständlichen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen eventuell Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 24 des Entwurfes durchzuführen sind. Es kann allerdings derzeit noch nicht abgeschätzt werden, ob es überhaupt zu Strafverfahren kommen wird und falls ja, in welcher Anzahl. In den letzten 20 Jahren wurde in einem einzigen Fall die Untersuchungstätigkeit in der Form behindert, dass eine Anzeige erstattet werden musste. Von einer nennenswerten Zunahme derartiger Fälle kann nicht ausgegangen werden.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Aufgrund der in diesem Gesetz enthaltenen Verfassungsbestimmungen (Art. 1 § 4 Abs. 3, Art. 1 § 11 Abs. 4, Art. 1 § 26, § 32 Abs. 2) ist gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG ein Gesetzesbeschluss „nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen“ möglich.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Unfälle und schwere Störungen in allen Bereichen des Verkehrsgeschehens stellen abgesehen vom menschlichen Leid des einzelnen Unfalles, der zur Verunsicherung der Nutzer des jeweiligen Verkehrsmittels führt, auch eine wichtige Erkenntnisquelle für eine Verbesserung der Verkehrssicherheit dar. Eine genaue Untersuchung dieser Vorfälle kann helfen, zukünftige vergleichbare Vorkommnisse zu verhindern. Die derzeitige Situation bei der Aufklärung von Verkehrsunfällen stellt sich wie folgt dar:

Im Bereich der Luftfahrt findet sich aufgrund internationaler Vereinbarungen eine langjährige Untersuchungskultur. Die ICAO (International Civil Aviation Organization) hat mit dem 1944 unterzeichneten Abkommen über die internationale Zivilluftfahrt (AIZ) bereits die Untersuchung von Unfällen festgehalten und im Annex 13 dazu die Detailvorschriften geregelt. Diese Vereinheitlichung der Unfalluntersuchung führte im Bereich der Europäischen Union durch die EU-Richtlinie 94/56/EG betreffend Untersuchung von Unfällen und Störungen zu einer vollständigen Reorganisation der Vorgangsweise bei der Untersuchung von Unfällen im Bereich des Luftverkehrs. Seit Umsetzung dieser Richtlinie durch das Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz wird die Untersuchung von Unfällen und schweren Störungen im Bereich des Luftverkehrs von einer Flugunfalluntersuchungsstelle nach international anerkannten Richtlinien durchgeführt.

Die Richtlinie 2003/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2003 über die Meldung von Ereignissen in der Zivilluftfahrt geht über das derzeit in Österreich im Luftfahrtgesetz geregelte Meldewesen weit hinaus. Diese Richtlinie geht zutreffenderweise davon aus, dass erfahrungsgemäß häufig bereits vor Eintritt eines Unfalles eine Reihe von Störungen und Fehlern auf Sicherheitsmängel hinweisen. Weiters wird ausgeführt, dass eine Verbesserung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt eine bessere Kenntnis derartiger Ereignisse voraussetzt, um Analysen zu ermöglichen und Trends zu erkennen, sodass Gegenmaßnahmen getroffen werden können. Das dafür vorgesehene System zur Erfassung meldepflichtiger Ereignisse ist durch den gegenständlichen Gesetzentwurf und die darin vorgesehene Verordnungsermächtigung mitberücksichtigt.

Im Bereich des Schienenverkehrs untersuchen die Bahnbetreiber zahlreiche Vorfälle; sie werden in diesem Sinne auch ursachenorientiert präventiv tätig. Diese historisch gewachsene Situation wird mit zunehmender Internationalisierung und Liberalisierung des Bahnverkehrs problematisch, da die Untersuchung nicht in der gemeinschaftsrechtlich geforderten unabhängigen Form organisiert ist. Die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über die Eisenbahnsicherheit macht eine umfassende Neuorganisation der Unfalluntersuchung im Bereich Schiene erforderlich.

Für den Bereich der Schifffahrt auf Hoher See existieren seitens der IMO (International Maritime Organisation), einer seit 1948 unter den Vereinten Nationen tätigen Einrichtung, Empfehlungen für die Untersuchung von Vorfällen in der Schifffahrt auf der Hohen See, national sind diese aber nicht verpflichtend. Nach dem Schifffahrtsgesetz ist die Behörde verpflichtet, die näheren Umstände nach einem Unfall zu klären und allenfalls ein Verwaltungsstrafverfahren einzuleiten. Derzeit werden seitens der Schifffahrtspolizei Untersuchungen nach Havarien durchgeführt, die Ergebnisse gesammelt und dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie gemeldet. Die Berichte sind nicht öffentlich.

Ausgenommen im Bereich der Luftfahrt verfolgen derzeit Ermittlungen nach Unfällen in erster Linie den Zweck, Fragen des Verschuldens und der Haftung aufzuklären. Derartige damit verbundene Ermittlungen können nicht eigenständige Untersuchungen zu den Unfallursachen ersetzen, die zunehmend als notwendig angesehen werden. Mit deren Ergebnissen sollen die Ursachen von Unfällen bestimmt werden – mit dem ausschließlichen Ziel, die Verkehrssicherheit zu verbessern. Zu diesem Zweck sollen nicht bloß Unfälle, sondern auch Störungen untersucht werden, die bei leicht verändertem Verlauf zu schweren Unfällen hätten führen können. Diese Lücke zu schließen und damit die Verkehrssicherheit insgesamt zu verbessern, verfolgt der vorliegende Gesetzentwurf. Dabei kommt dem Umstand, dass die Unfalluntersuchungsstelle ausschließlich mit der Aufgabe der Unfallforschung und Unfallprävention betraut ist, größte Bedeutung zu.

Die neu zu errichtende Unfalluntersuchungsstelle wird im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Teil der nunmehr in Bundesanstalt für Verkehr umbenannten Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge eingerichtet. Die Aufgabe der Unfalluntersuchungsstelle ist die Untersuchung von Unfällen und Störungen. Das Verfahren zur Untersuchung von Vorfällen soll eine optimale Ursachenerforschung ermöglichen und die daraus zu ziehenden Schlüsse ermitteln. Der Untersuchungsbericht soll ein umfassendes, möglichst objektives Bild vom Vorfallshergang und den Ursachen ergeben. Er hat sich auf die Darstellung des Herganges und der Ursachen des Vorfalles zu beschränken und darf keinerlei Feststellungen bezüglich des Verschuldens oder der Haftung enthalten. Als Ergebnis sollen Sicherheitsempfehlungen als Maßnahmen zur Verbesserung der konkreten Verkehrssicherheit ausgehend von dem Einzelfall erarbeitet werden, wobei beim Umfang der Untersuchungen zu berücksichtigen ist, welche Erkenntnisse sich daraus für die Verbesserung der Sicherheit gewinnen lassen.

Finanzielle Auswirkungen:

Die Unfalluntersuchungsstelle ist als Teil der Bundesanstalt für Verkehr (eh. Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge) im BMVIT, vorgesehen. Es handelt sich um die Umsetzung bestehender gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen in Bezug auf eine unabhängige Unfalluntersuchung. Im Interesse eines optimierten Ressourceneinsatzes sowie zur Realisierung einer klaren und effizienten Organisationsstruktur werden derzeit getrennt bestehende Einheiten des BMVIT in einer Organisationseinheit zusammengefasst, wodurch Synergie- und Einsparungseffekte erreicht werden können. Diese Vorteile können durch gemeinsame Fachgruppen (Humanfaktoren, Metallurgie, Meteorologie, Gefahrgut), durch eine Verstärkung der verkehrsträgerübergreifenden Unfallursachenforschung, gemeinsame Werkstätten, gemeinsame Overheadkosten, gemeinsame Nutzung des Verwaltungsbereiches (Sekretariate, Reisestellen) sowie gemeinsame Transportlösungen und insbesondere auch durch eine gemeinsame Meldestelle/24h-Bereitschaftsdienst erzielt werden. Das vorhandene Personal sowie die vorhandene Infrastruktur der bestehenden Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge bieten dafür einen optimalen Anknüpfungspunkt

Der Bereich Unfalluntersuchung umfasst derzeit 12 MitarbeiterInnen mit Personalkosten in der Höhe von € 661.498,--/Jahr. Für den Bereich Sachausgaben wird ein Aufwand in der Höhe von € 436.700,--/Jahr angenommen, der allerdings stark von der Anzahl und dem Umfang der zu untersuchenden Vorfälle/Unfälle in den Bereichen Luftfahrt und Eisenbahn abhängig ist. Die Sachausgaben im Bereich Unfalluntersuchung Luftfahrt belaufen sich derzeit auf € 214.000,--/Jahr. Für den Bereich Schiene wurde ein voraussichtlicher Untersuchungsaufwand von 177 Unfällen und Störungen p.a. auf der Basis der bisherigen von den österreichischen Eisenbahnunternehmen gemeldeten Ereignisse in den Jahren 1999 bis 2003 ermittelt. Bis zum geplanten Start des Vollbetriebes der Unfalluntersuchung Schiene mit 1.1.2006 ist eine Aufstockung des Personalstandes um weitere 6 Untersuchungsorgane mit einem Kostenaufwand in der Höhe von insgesamt € 255.060,--/Jahr notwendig. Es ist vorgesehen, dieses zusätzliche Personal im Wege von Arbeitskräfteüberlassungsverträgen mit österreichischen Eisenbahnunternehmen, wo dieses qualifizierte Personal bereits vorhanden ist, zu übernehmen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf stützt sich auf die Kompetenzen gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 9 „Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen und der Luftfahrt, soweit diese nicht unter Artikel 11 fällt; ... Strom- und Schifffahrtspolizei, soweit sie nicht unter Artikel 11 fällt“, auf Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG „Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ sowie auf Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG „Kraftfahrwesen“.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Aufgrund der in diesem Gesetz enthaltenen Verfassungsbestimmungen (Art. 1 § 4 Abs. 3, Art. 1 § 11 Abs. 4, Art. 1 § 26, Art. 1 § 32 Abs. 2) ist gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG ein Gesetzesbeschluss „nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen“ möglich.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Bundesgesetz über die Errichtung der Unfalluntersuchungsstelle des Bundes):

Allgemeines

Das Bundesgesetz über die Errichtung einer Unfalluntersuchungsstelle des Bundes ist der zentrale Kern dieses gesetzlichen Vorhabens. Mit diesem soll zum einen eine organisatorische Basis (§§ 3 und 4) geschaffen werden, um eine Untersuchung von Unfällen und Störungen durchführen zu können; und zum anderen soll das mit der Untersuchung verbundene Verfahren (§§ 5 bis 20) detailliert die Vorgehensweise dieser Bundesdienststelle determinieren.

Zu § 1:

Diese Bestimmung soll die örtliche Zuständigkeit im Sinne des Territorialitätsprinzips auf österreichisches Hoheitsgebiet beschränken.

Ausnahmsweise kann eine Untersuchung bei entsprechendem (wie in Abs. 2 vorgesehenem) Bezug zu Österreich auch dann unterstützt (z.B. durch Entsendung von Personen) oder sogar durchgeführt werden, wenn sich der Vorfall außerhalb des österreichischen Hoheitsgebietes ereignet hat. Im Bereich des Luftverkehrs handelt es sich sogar um eine gemeinschaftsrechtliche Anforderung, die innerstaatlich umgesetzt werden muss. (Vgl. Art. 2 der Richtlinie 94/56/EG).

Diese Bestimmung stellt eine innerstaatliche Ermächtigung für Untersuchungen bzw. für die Mitwirkung bei Untersuchungen im Ausland dar.

Zur Wahrung spezifischer militärischer Interessen, wie beispielsweise der Geheimhaltung klassifizierter Inhalte, ist eine allgemeine Ausnahme aller Vorfälle mit militärischen Fahrzeugen, wenn diese Vorfälle durch militärische Unfallkommissionen untersucht werden, notwendig.

Zu § 2:

Mit dieser Bestimmung sollen grundlegende Definitionen vorgenommen werden, die vor allem für den 3. Abschnitt über das Untersuchungsverfahren von Bedeutung sind. Teilweise sind diese Begriffsbestimmungen durch Art. 3 der Richtlinie des Rates über Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt (94/56/EG vom 21. November 1994) vorgegeben, teilweise auch aus Praktikabilitätserwägungen ergänzt. Außerdem wurde die Richtlinie 2004/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über die Eisenbahnsicherheit umgesetzt.

Die Zuständigkeit zur Untersuchung von Unfällen von Militärluftfahrzeugen durch die Flugunfallkommission des Bundesministeriums für Landesverteidigung sowie von sonstigen Unfällen, wie beispielsweise im Bereich des Kraftfahrwesens, durch militärisches Fachpersonal bleibt unberührt. Bei Unfällen, an denen zivile und militärische Fahrzeuge beteiligt sind, ist von den beiden Ressorts ein gemeinsamer Unfallbericht zu erstellen.

Zu § 2 Abs. 1:

Der sachliche Anwendungsbereich dieses Gesetzes bzgl. Unfalluntersuchung bezieht sich auf die Bereiche Luftfahrt, Schiene und Schifffahrt. Um diese Verkehrsbereiche für dieses Gesetz entsprechend verwenden zu können, wird soweit möglich eine einheitliche Definition dieser vorgenommen. Die Definition knüpft an das Verständnis dieser Verkehrsbereiche in den entsprechenden Materiengesetzen an, um so den bestehenden rechtlichen Strukturen zu entsprechen. Der Bereich Schifffahrt ist auf jene Gewässer, die vom Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG umfasst sind, eingeschränkt.

Zu § 2 Abs. 2:

Störungen und Unfälle werden als Vorfälle zusammengefasst. Vorfälle stellen den zentralen Untersuchungsgegenstand der Unfalluntersuchung dar. In weiterer Folge knüpfen die folgenden gesetzlichen Bestimmungen an den Vorfallsbegriff an, der alle weiteren Unfalls- und Störungsdefinitionen in sich untersuchungsrelevant vereint.

Zu § 2 Abs. 3:

Mit dieser Begriffsbestimmung wird aus dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 105/1999 die Unfalldefinition aus dem Luftverkehr übernommen, die (wortwörtlich) der Definition gemäß Art. 3 lit. a der Richtlinie 94/56/EG entspricht.

Zu § 2 Abs. 4:

Für den Bereich Schiene ist die Begriffsdefinition an Art. 3 lit. k der Richtlinie 2004/49/EG angelehnt. Unter Steuerung von Sicherheit werden in diesem Zusammenhang Ausführungsmaßnahmen für die Sicherheit sowie auch die damit verbundene Technik verstanden. Mit der Infrastruktur werden Anlagen verstanden, die dem Eisenbahnverkehr bzw. dem Eisenbahnbetrieb dienen.

Zu § 2 Abs. 5:

Für den Bereich Schifffahrt wurde die Definition des Unfalls primär vom Eintritt einer tödlichen oder schweren Verletzung abhängig gemacht. Hier kann auch ohne Tötung oder Verletzung einer Person untersucht werden, wenn das unfallbeteiligte Fahrzeug einen schwerwiegenden Schaden erlitten hat. Diese Ausweitung ist im Sinne einer möglichst umfassenden Unfalluntersuchung geboten.

Zu § 2 Abs. 6:

Der Begriff der Störung ist ein Auffangbegriff für alle Ereignisse, die keine Unfälle gemäß den Definitionen der Abs. 3 bis Abs. 5 darstellen, die aber mit den Verkehrsbereichen gemäß § 2 Abs. 1 zusammenhängen und den sicheren Betrieb (potentiell) beeinträchtigen. Insoweit ist der Störungsbegriff auch Ausgangspunkt aller Untersuchungen im weitesten Sinne. Soweit es sich um keine Störung (bzw. um keinen Unfall) handelt, ist das Ereignis nicht weiter von Interesse. Auch dieser Begriff ist an die Störungsdefinition der Richtlinie 94/56/EG (Art. 3 lit. j.) bzw. des Flugunfall-Untersuchungs-Gesetzes (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999 angelehnt.

Zu § 2 Abs. 7 bis Abs. 10:

All diese Definitionen entstammen der Richtlinie 94/56/EG (Art. 3 lit. b bis d und lit. k) und in weiterer Folge dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999.

Der Begriff der schweren Störung soll all jene Ereignisse umfassen, in denen beinahe ein Unfall geschehen wäre. Auch und insbesondere jene Fälle, in denen kein Unfall geschehen ist, dieser z.B. noch verhindert werden konnte, sind für die Unfallursachenforschung relevant.

Ziel des Untersuchungsverfahrens ist die Erforschung von Unfallursachen. In diesem Sinne ist ein Ursachenbegriff (Abs. 8) von entscheidender Bedeutung, der vom europäischen Gemeinschaftsrecht ausgehend sehr weit gefasst ist.

Die Begriffsbestimmungen gemäß Abs. 9 und Abs. 10 sind für die Qualifikation eines Unfalls im Sinne des § 2 Abs. 3 bis Abs. 5 relevant.

Zu § 2 Abs. 11:

Grundlage für das Untersuchungsverfahren ist die begriffliche Festlegung des Wortes Untersuchung. Die Formulierung entspricht der Definition gemäß Art. 3 lit. e RL 94/56/EG. In dem Begriff der Untersuchung ist die Haupttätigkeit der Untersuchung in allgemeiner Weise umfasst, also:

             - die Sammlung und Auswertung von Information,

             - die Erarbeitung von Schlussfolgerungen,

             - die Feststellung von Ursachen sowie

             - die Erstellung von Sicherheitsempfehlungen.

Zu § 2 Abs. 12:

Die weite Definition des Untersuchungsorgans entspricht der Richtlinie 94/56/EG und wurde schon in § 2 Z 9 Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999 vorgesehen. Sie ist vor allem für die Untersuchungsbefugnisse gemäß § 11 relevant.

Zu § 2 Abs. 13:

Untersuchungsleiter ist jene Person, die das konkrete Untersuchungsverfahren (§§ 8 bis 15) leitet und letztlich auch für die konkreten Untersuchungshandlungen die Verantwortung trägt. Dies ergibt sich auch aus der Weisungsfreistellung der Untersuchungsorgane. Wurde eine Untersuchung eines Vorfalles angeordnet, so kann der Fachbereichsleiter diese Untersuchung selbst leiten oder einen geeigneten Untersuchungsleiter, der Bediensteter der Unfalluntersuchungsstelle sein muss, bestimmen. Der Fachbereichsleiter hat auch die Befugnis, jederzeit die Untersuchung an sich zu ziehen und somit die Funktion des Untersuchungsleiters auszuüben.

Zum 2. Abschnitt:

Dieser Abschnitt regelt die organisatorische Grundlage der Unfalluntersuchungsstelle. Die Unfalluntersuchungsstelle wird im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als Teil der Bundesanstalt für Verkehr eingerichtet. Die Unfalluntersuchungsstelle ist in Fachbereiche untergliedert.

Zu § 3:

Mit dieser Bestimmung wird die Unfalluntersuchungsstelle ex lege errichtet. Dies erfolgt unter ausdrücklichen Verweis auf den Zweck dieser Dienststelle.

Die Unfalluntersuchungsstelle wird als Teil der Bundesanstalt für Verkehr (eh. BPA) im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie als relativ selbstständiges Hilfsorgan des Bundesministers eingerichtet.

Die von der Richtlinie gemäß Art. 6 Abs. 1 RL 94/56/EG geforderte funktionelle Unabhängigkeit der Unfalluntersuchungsstelle wird durch den letzten Satz zum Ausdruck gebracht. So hat beispielsweise die Unfalluntersuchungsstelle im Bereich Luftfahrt ihre Zuständigkeiten funktionell und organisatorisch unabhängig von jenen Luftfahrtbehörden wahrzunehmen, die für die Lufttüchtigkeit, die Zulassung, den Flugbetrieb, die Instandhaltung, die Erteilung von Erlaubnissen für das Luftfahrtpersonal, die Flugsicherung und den Flugplatzbetrieb zuständig sind.

Zu § 4:

Wie § 3 die Errichtung der Unfalluntersuchungsstelle vornimmt, normiert § 4 die Einrichtung dieser.[1] Die Unfalluntersuchungsstelle ist monokratisch ausgestaltet. An ihrer Spitze steht ein Leiter, dem im Rahmen der inneren Organisation von ihm bestellte Mitarbeiter zur Aufgabenerfüllung zur Seite stehen. Der Leiter wird gemäß Abs. 1 vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie bestellt. Seine Aufgabe liegt in der generellen Koordination.

Die Unfalluntersuchungsstelle ist in drei Fachbereiche untergliedert. Die Fachbereiche betreffen das Verkehrswesen bezüglich der Luftfahrt (1.), der Schiene (2.) und der Schifffahrt (3.).

Der einzelne Fachbereich besteht aus dem diesem vorstehenden Fachbereichsleiter und den diesem zugeordneten Mitarbeitern. Bei den Bestellungen ist auf die nötige fachliche Qualifikation zu achten, die notwendig ist, um die Untersuchungen gemäß den Bestimmungen des 3. Abschnittes durchzuführen. Der Fachbereichsleiter hat die Untersuchungen gemäß dem 3. Abschnitt dieses Gesetzes zu koordinieren bzw. zum Teil selbst durchzuführen und ist dafür verantwortlich.

Zum 3. Abschnitt:

Dieser Abschnitt bezieht sich auf das Untersuchungsverfahren, also auf die zentrale Aufgabe der Unfalluntersuchungsstelle. Das Verfahren zur Untersuchung von Vorfällen soll eine optimale Ursachenerforschung ermöglichen. Zu Beginn des Abschnittes (§§ 5 bis 7) sind allgemeine Fragestellungen in Bezug auf das Untersuchungsverfahren geregelt, insbesondere die Grundsätze des Verfahrens und Regeln zur Befangenheit. In den darauf folgenden Bestimmungen finden sich die Regelungen für das Verfahren im engeren Sinne (§§ 8 bis 14), von der Einleitung der Untersuchung (§ 8) über die Beiziehung von Sachverständigen und Dolmetschern (§ 10) bis hin zu den Untersuchungsbefugnissen (§ 11), Dokumentation (§ 13) und die Durchführung eines Stellungnahmeverfahrens (§ 14). Abschließend beschäftigt sich dieser Abschnitt mit den Ergebnissen des Verfahrens und deren Verwertung (Untersuchungsbericht gemäß § 15; Sicherheitsempfehlung gemäß § 16, Tätigkeitsbericht gemäß § 19, Aufbewahrungspflichten gemäß § 20).

Zu § 5:

Am Beginn der Grundsätze (Abs. 1) steht der Zweck des Untersuchungsverfahrens. Die Untersuchung dient der Feststellung der Ursache des Vorfalls. Insoweit gilt es für Untersuchungsorgane all jene relevanten Aspekte herauszufinden, die in der Feststellung der konkreten Ursache des Vorfalls liegen, und aus diesen Erkenntnissen Sicherheitsempfehlungen zu entwickeln. Weitergehende Untersuchungen, die nicht mit dem Untersuchungszweck korrelieren, sind somit gesetzwidrig und zu unterlassen. Dies gilt vor allem für Fragen der Schuld oder der Haftung (Abs. 2); vgl. auch Art. 4 Abs. 3 der RL 94/56/EG. Vorgänge im Bereich Such-, Rettungs- und Bergemaßnahmen sind auch nicht Gegenstand der Untersuchung, da diese nicht die Ursache des Vorfalls, sondern seine „Bewältigung“ betreffen.

Als Grundsätze des Untersuchungsverfahrens werden in weiterer Folge ein Verhältnismäßigkeitsprinzip (Abs. 3), ein Effizienzprinzip (Abs. 4), ein Grundsatz der Nichtöffentlichkeit (Abs. 5) aufgestellt; selbstverständlich gelten diese Richtlinien ebenso für ein nachträglich eingeleitetes Untersuchungsverfahren gem. § 8 Abs. 4. All diese Prinzipien dienen dem Zweck (Abs. 1) des Untersuchungsverfahrens. Gemäß Abs. 3 soll die Untersuchung sich im Rahmen des zu erwartenden Nutzens halten. Insoweit ist eine rasche und effektive Untersuchung erforderlich (Abs. 4). Die Nichtöffentlichkeit des Untersuchungsverfahrens ist aufgrund der Vertraulichkeit der Informationen notwendig; die Beteiligten selbst können sich natürlich äußern und erhalten Zugang zu den Ergebnissen (vgl. Art. 22 RL 2004/49/EG).

Zu § 6:

Das Untersuchungsverfahren soll möglichst objektiv den Grund des Vorfalles und die daraus zu ziehenden Schlüsse ermitteln. Dabei kommt der Unabhängigkeit der Untersuchungsstelle größte Bedeutung zu. Diese soll einerseits durch die Organisation der Untersuchungsstelle, insbesondere durch § 4 Abs. 3, darüber hinaus aber auch durch Bestimmungen über die Befangenheit der Untersuchungsorgane gewährleistet werden. Als „wichtige Gründe“ sind nicht nur die im AVG 1991 genannten Gründe anzusehen. Darüber hinaus kommen aber auch andere Befangenheitsgründe in Frage, wie etwa frühere Ausbildungsverhältnisse (Lehrer-Schüler-Verhältnis) oder auch berufliche Berührungspunkte. Zur Sicherstellung der Objektivität bezieht sich die Befangenheit auch auf die dem Untersuchungsverfahren beigezogenen Sachverständigen.

Zu § 8:

Mit dieser Bestimmung soll das Vorgehen nach Meldung eines Vorfalles an die Unfalluntersuchungsstelle geregelt werden. Dabei ist gewährleistet, dass nur der für den jeweiligen Fachbereich zuständige Leiter selbst oder ein von diesem bestimmter Mitarbeiter über das weitere Vorgehen entscheidet. Bei der Auswahl des federführenden Fachbereichs bei Beteiligung mehrerer Fachbereiche wird sich der Leiter der Unfalluntersuchungsstelle danach zu richten haben, aus welchem Fachbereich die Gefahr stammt. Der Fachbereichsleiter oder die von diesem beauftragte Person hat dabei vorerst zu prüfen, ob es sich bei dem gemeldeten Sachverhalt um einen Vorfall im Sinne des § 2 Abs. 2 handelt. Liegt diese Voraussetzung vor, so ist eine Untersuchung jedenfalls anzuordnen, wenn die Ursache des Vorfalls nicht bereits aufgrund der Meldung aufgeklärt scheint.

Eine Untersuchung ist – trotz Klarheit über die Ursache – auch dann anzuordnen, wenn eine gesonderte Untersuchung Erkenntnisse zur Vermeidung derartiger Vorfälle für die Zukunft erwarten lässt. Diese Anordnung einer Untersuchung des Vorfalls kann solange erfolgen, als dies sinnvoll erscheint, zum Beispiel auch, wenn sich spätere Vorfälle ereignen, die die Untersuchung früherer Vorfälle als aufschlussreich erscheinen lassen.

Im Verhältnis zu Exekutivorganen im Rahmen des SPG und im Dienste der Strafjustiz ist das Berücksichtigungs- und Kooperationsprinzip zu beachten.

Zu § 9:

Wenn auch keine Untersuchung eingeleitet wird, ist über jeden an den Fachbereich weitergeleiteten Vorfall ein Bericht zu erstellen, der den Sachverhalt und die Ursache des Vorfalles beschreibt. Ein derartiger Vorfallsbericht kann auch zum Grund für eine Sicherheitsempfehlung genommen werden; dies beispielsweise in den Fällen, da eine Untersuchung eines aufgeklärten Vorfalles keine weiteren Erkenntnisse bringen würde, aber aufgrund der medialen Aufmerksamkeit oder der besonderen Beispielhaftigkeit eines Vorfalls dieser jedoch als Exempel zur Vermeidung gleich gelagerter künftiger Unfälle dient.

Zu § 10:

Mit dieser Bestimmung soll sichergestellt werden, dass die Organisation der Unfalluntersuchungsstelle einerseits schlank und Kosten sparend bleiben kann, ohne dass andererseits Einbußen bei der Qualität der Untersuchung in Kauf genommen werden müssten. In der Unfalluntersuchungsstelle sollen nicht Sachverständige für alle Fachgebiete beschäftigt sein, vielmehr wird es je nach den Anforderungen der einzelnen Untersuchungen notwendig sein, Sachverständige beizuziehen. Die Gebührenansprüche der Sachverständigen orientieren sich an den §§ 53a und 53b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, BGBl Nr. 51/1991.

Zu § 11:

Diese Bestimmung soll sicherstellen, dass die Erfordernisse des Untersuchungsverfahrens weitestgehend erfüllt und durch Berücksichtigung aller Aspekte eine möglichst breite Basis für den Untersuchungsbericht geschaffen werden kann. Insbesondere bei Anwendung dieser Befugnisse hat die Unfalluntersuchungsstelle die Grundsätze des Untersuchungsverfahrens gemäß § 6 zu berücksichtigen. Die Ausübung dieser Befugnisse hat sich nach den Erfordernissen im Einzelfall zu richten und verhältnismäßig zu sein; sie muss im Hinblick auf den Untersuchungszweck in jedem Verfahren neu definiert werden. Sie hat jedenfalls unter möglichst weitgehender Schonung der Rechte Betroffener zu erfolgen.

In Bezug auf § 11 Abs. 2 Z 1 ist festzuhalten, dass vor dem Betreten einer militärischen Liegenschaft das Einvernehmen mit dem zuständigen Kommandanten herzustellen ist, wobei die Verweigerung des Zutritts aus wichtigen militärischen Interessen keine Behinderung der Untersuchungsorgane bei der Ausübung ihres Amtes im Sinne des § 24 darstellt. Hinsichtlich der Auswertung von Aufzeichnungen aus Aufzeichnungsanlagen (§ 11 Abs. 2 Z 3) wird eine enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Unternehmen angestrebt. Insoweit sollte die Auswertung durch dieses umgehend durchgeführt werden. Für die Befragung der Zeugen (§ 11 Abs. 2 Z 7) ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz sinngemäß anzuwenden.

Die Blutabnahme ist jedenfalls dann nicht mehr notwendig (§ 11 Abs. 4), wenn diese bereits im Zuge einer anderen behördlichen oder gerichtlichen Ermittlung erfolgt und das Ergebnis der Unfalluntersuchungsstelle zur Verfügung gestellt werden kann.

Aufgrund der zahlreichen Befugnisse der Untersuchungsorgane der Unfalluntersuchungsstelle erscheint es notwendig, diesen eine formelle Legitimation in Form eines Ausweises (§ 11 Abs. 5) zur Verfügung zu stellen, damit bei den Untersuchungen die Berechtigung zu den vorgesehenen Befugnissen schnell und unkompliziert nachgewiesen werden kann. Die Ausgestaltung dieses Ausweises der Untersuchungsorgane erfolgt durch Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Zu § 12:

Die Mitwirkung der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes – soweit notwendig – ist im Hinblick auf die Erreichung des Untersuchungszweckes unerlässlich, da die Unfalluntersuchungsstelle nicht über einen eigenen Exekutivdienst verfügt.

Zu § 13:

Zur internen Kontrolle und Übersicht sind Niederschriften im Sinne des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51 vorzunehmen. Die interne Protokollierung dient auch der Nachvollziehbarkeit der gemäß § 11 ausgeübten Untersuchungsbefugnisse. Da die hoheitlichen Befugnisse sehr weitgehend sind und die Rechtsschutzmöglichkeit dagegen gering (§ 14 – Stellungnahmeverfahren; Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG – Maßnahmenbeschwerde) sind, ist auch aus rechtsstaatlichen Überlegungen eine interne Protokollierung als zweckmäßig zu erachten.

Zu § 14:

Im Hinblick auf die Forderung nach Objektivität des Untersuchungsergebnisses soll dieses nicht einseitig ohne Beiziehung Betroffener entstehen. Das Stellungnahmeverfahren bedeutet aber keine Parteistellung der Betroffenen im Verfahren. Es soll vor allem dazu dienen, ein möglichst umfassendes Bild vom Hergang des Vorfalls, den Ursachen des Vorfalls und den beteiligten Personen zu gewinnen. Um das Untersuchungsverfahren möglichst rasch zu einem Abschluss bringen zu können, soll der Entwurf des Berichtes im Falle ausländischer Empfänger an deren Bevollmächtigte im Inland zugestellt werden. Neben dem Umfang des Untersuchungsberichtes wird die Unfalluntersuchungsstelle auch den Umstand, wohin die Zustellung erfolgen soll, bei der Festsetzung der Frist für die Stellungnahmen zu berücksichtigen haben. Den im Bereich der Luftfahrt international vorgegebenen Regelungen wird durch den Abs. 2 entsprochen.

Zu § 15:

Der Untersuchungsbericht soll ein umfassendes, möglichst objektives Bild vom Vorfallshergang und den Ursachen ergeben. Er hat sich auf die Darstellung des Herganges und der Ursachen des Vorfalles zu beschränken und darf keinerlei Feststellungen bezüglich des Verschuldens oder der Haftung enthalten. Weiters soll der Bericht auch die durchgeführten Untersuchungen und eventuelle Beeinträchtigungen der Untersuchung enthalten. Der Untersuchungsbericht hat dabei die Anonymität aller Beteiligten derart sicherzustellen, dass jedenfalls keine Namen der beteiligten (natürlichen und juristischen) Personen enthalten sind. Soweit dies möglich ist, ohne die Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Untersuchungsberichts zu beeinträchtigen, sollte der Bericht auch keine topographischen Angaben enthalten, sodass die Anonymität der beteiligten Personen möglichst gewährleistet bleiben kann. Das Verschulden an dem Vorfall beziehungsweise die Haftung für den Vorfall zu klären, obliegt anderen Verfahren und soll nicht durch das Verfahren der Unfalluntersuchungsstelle präjudiziert werden. Die Übermittlung des Untersuchungsberichtes soll in jedem Fall an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie und an alle Teilnehmer des Stellungnahmeverfahrens erfolgen; zusätzlich ist eine Übermittlung im Bereich der Luftfahrt an die bereits in § 11 Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. Nr. I 105/1999 vorgesehenen Stellen, im Bereich Schiene an die Eisenbahnagentur (Art. 24 EisenbahnRL) vorgesehen.

Zu § 16:

Sicherheitsempfehlungen sollen als Maßnahmen auf den Einzelfall beschränkt bleiben. Sie sollen nur dann in Betracht kommen, wenn z.B. technische Umstände eines Vorfalls darauf hindeuten, dass sich derartige Unfälle in Zukunft wiederholen könnten. Gemäß dem Zweck des Untersuchungsverfahrens (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2) dürfen keine Vermutungen über Schuld oder Haftung in den Sicherheitsempfehlungen geäußert werden (Abs. 1 zweiter Satz).

„Ohne weiteren Aufschub“ im Sinne dieser Bestimmung (Abs. 2) bedeutet, dass aus Gründen der Sicherheit eine sofortige Maßnahme zu ergreifen sein wird. Adressaten sind gem. Art. 25 EisenbahnRL andere Stellen oder Behörden (z.B. Sicherheitsbehörden) Österreichs oder anderer Mitgliedsstaaten.

Mit Abs. 3 wird im Bereich der Luftfahrt die gemeinschaftsrechtlich gebotene Abschrift an die Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Art. 9 RL 94/56/EG), im Bereich Schiene an das BMVIT als zuständige Sicherheitsbehörde (Art. 25 EisenbahnRL) vorgesehen.

Zu § 17:

Aufgrund des Konzeptes der Unfalluntersuchungsstelle wird die Wiederaufnahme vom Leiter der Unfalluntersuchungsstelle angeordnet und nicht vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie. Die Tatsachen, welche zu einer allfälligen Wiederaufnahme der Untersuchung führen, sind solche, welche bei Abschluss der Untersuchung und Erstellung des ursprünglichen Untersuchungsberichtes bereits vorhanden, aber noch nicht bekannt waren und erst danach hervorgekommen sind.

Zu § 18:

Die Aufbewahrung und strukturierte Archivierung der Untersuchungsakten und anderen Akten des Vorfalls hat vor allem den Zweck, die bisherigen Ereignisse zu langfristigen Studien heranzuziehen, um so auch über längere Zeiträume hinweg Erkenntnisse aus der Ursachenforschung zu ziehen.

Zu § 19:

Der Tätigkeitsbericht der Unfalluntersuchungsstelle ist Teil des Kommunikationsprozesses. Primäre Aufgabe der Unfalluntersuchungsstelle ist die Untersuchung von Vorfällen in den einzelnen Verkehrsbereichen, um den Zweck einer nachhaltigen Verbesserung der Verkehrssicherheit zu erreichen.

Zu § 20:

Die Vorfallstatistik (gemäß EU-Vorgaben für Störungen und Unfälle im Bereich Luftfahrt und Eisenbahn) verfolgt den Zweck, das Gesamtausmaß der Vorfälle zu erfassen. Der gesetzliche Mindestinhalt der Statistik (Abs. 2) soll ein Basisniveau an Informationen schaffen. Die Statistik dient daher vor allem dazu, die gewonnenen Daten statistisch zu verwerten, (gem. Art. 6 RL 2003/42/EG) zu speichern und ein Gesamtbild über die Entwicklung der Sicherheit des Verkehrswesens – vor allem auch verkehrsträgerübergreifend – zu gewinnen. Durch ihre Veröffentlichung wird die Statistik allen Stellen entsprechend Art. 7 RL 2003/42/EG zugänglich gemacht.

Zum 4. Abschnitt:

Der 4. Abschnitt übernimmt für den Flugbereich die entsprechenden Bestimmungen aus dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999. Die Zusammenarbeit mit anderen Staaten ist im Bereich der Luftfahrt auf besondere Weise institutionalisiert. Diese speziellen luftfahrtspezifischen Regelungen sollen aber eine Kooperation mit anderen Staaten in anderen Verkehrsbereichen nicht verhindern.

§ 21 übernimmt die Bestimmung des § 5 Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999. Nach dem Territorialitätsprinzip ist gemäß Abs. 1 jeder Vorfall in- und ausländischer Luftfahrzeuge, der sich in österreichischem Hoheitsgebiet ereignet hat, zu untersuchen. Dies entspricht auch der Konzeption gemäß § 1. Durch internationale Zusammenarbeit, sei es durch Untersuchung einzelner Teile oder durch Übertragung einer Untersuchung als Ganzes, sollen im Interesse eines umfassenden Untersuchungsergebnisses international vorhandene Ressourcen bestmöglich genützt werden.

§ 22 entspricht § 13 Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUG), BGBl. I Nr. 105/1999.

Zum 5. Abschnitt:

Zu § 23 (Verkehrssicherheitsbeirat):

Es soll ein Beratungsorgan für den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie in Verkehrssicherheitsfragen installiert werden, um auf institutionalisierter und möglichst breiter Basis Entscheidungsgrundlagen zu Fragen der österreichischen Verkehrssicherheitsarbeit, so insbesondere anknüpfend an das österreichische Verkehrssicherheitsprogramm, für den Bundesminister aufzubereiten (Evaluierung und Weiterentwicklung).

Das Amt eines Mitgliedes des Beirates ist ein unentgeltliches Ehrenamt. Der Beirat selbst übernimmt keine Kosten.

Zum 6. Abschnitt:

Der 6. Abschnitt regelt die Schlussbestimmungen dieses Gesetzes, enthält also die Festlegung der umgesetzten Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft (§ 24), eine Strafbestimmung (§ 25), die Aufhebung des Flugunfall-Untersuchungs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 105/1999 (§ 26), eine Übergangsbestimmung für Untersuchungen von Flugunfällen vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes sowie für Vorfälle im Bereich Schifffahrt (§ 27), eine Regelung über den Dienststellenwechsel im BMVIT für Bedienstete der Zentralstelle des Ressorts aus den dort bestehenden Bereichen der Unfalluntersuchung Luftfahrt und Eisenbahn in die Dienststelle Bundesanstalt für Verkehr (§ 28), eine allgemeine Verweisungsregelung (§ 29), eine Bestimmung zur sprachlichen Gleichbehandlung (§ 30) eine Vollzugsklausel (§ 31) sowie eine Bestimmung zum Inkrafttreten dieses Gesetzes (§ 32).

Zu Art. 2 (Änderung des Luftfahrtgesetzes):

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf findet in der Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG „Verkehrswesen bezüglich ... der Luftfahrt“ seine rechtliche Grundlage.

Zu Z 1 (§ 136):

Die entsprechenden Meldungen sind weiterhin an die Austro Control GesmbH als für die Lufttüchtigkeit zuständige Stelle zu richten. Aufgrund der EU-Richtlinie 2003/42/EG über Meldungen von Ereignissen in der Zivilluftfahrt wird der Kreis der zur Meldungslegung verpflichteten Personen oder Unternehmen noch erweitert. Da sich im LFG aber abgesehen von den Flugsicherungsorganen keine Begriffsbestimmungen dafür finden und auch Format und Umfang der Meldungen festgelegt werden müssen, hat die Festlegung näherer Bestimmungen in einer Verordnung zu erfolgen.

Zu Z 2 (§ 137 Abs. 1):

Diese Bestimmung stellt den schon bisher bestehenden Verweis richtig.

Zu Art. 3 (Änderung des Eisenbahngesetzes 1957):

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf findet in der Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG „Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen“ seine rechtliche Grundlage.

Zu Z 1 (§ 19 Abs. 2a):

Um das Untersuchungsverfahren der Unfalluntersuchungsstelle einleiten zu können (§ 8 Unfalluntersuchungsgesetz), benötigt diese die entsprechenden Meldungen von Vorfällen in den jeweiligen Verkehrsbereichen. So wird im Eisenbahngesetz in systematisch entsprechender Weise eine Verpflichtung der zuständigen Stellen vorgesehen, die ihnen gemeldeten Vorfälle an die Unfalluntersuchungsstelle weiterzuleiten.

Gemäß Abs. 2a besteht eine Verordnungsermächtigung für den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie, die Form und den Umfang der Meldungen genauer festzulegen.

Zu Z 2 (§ 114 Abs. 5):

Es werden überdies die Eisenbahnunternehmen verpflichtet, die ihnen gemeldeten Vorfälle an die Unfalluntersuchungsstelle weiterzuleiten.

Zu Art. 4 (Änderung des Schiffahrtsgesetzes):

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf findet in der Kompetenzbestimmung des Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG „Verkehrswesen ... bezüglich der Schifffahrt“ sowie „Strom- und Schifffahrtspolizei“ seine rechtliche Grundlage.

Zu Z 1 (§ 31 Abs. 3a):

Um das Untersuchungsverfahren der Unfalluntersuchungsstelle einleiten zu können (§ 8 Unfalluntersuchungsgesetz), benötigt diese die entsprechenden Meldungen von Vorfällen in den jeweiligen Verkehrsbereichen. So wird im Schiffahrtsgesetz in systematisch entsprechender Weise eine Verpflichtung der Sicherheitsdienststellen vorgesehen, die ihnen gemeldeten Vorfälle an die Unfalluntersuchungsstelle weiterzuleiten.

Zu Art. 5 (Änderung des Kraftfahrgesetzes 1967):

Die Eingliederung der Unfalluntersuchungsstelle für die Verkehrsbereiche Luftfahrt, Schiene und Schifffahrt macht eine Umbenennung der bisher auf Kraftfahrzeuge ausgelegten Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge erforderlich. Daher wird in den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes die Wortfolge „Bundesprüfanstalt für Kraftfahrzeuge“ durch „Bundesanstalt für Verkehr“ ersetzt.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG „Kraftfahrwesen“.



[1] Während unter Errichtung die normative Anordnung zu verstehen ist, dass eine bestimmte Organisationseinheit bestehen soll, versteht man unter Einrichtung „jedenfalls weite Teile der inneren Organisation“. Vgl. Matzka, Organkreation in der österreichischen Verwaltungsrechtsordnung, JBl 1980, 511.