Vorblatt
Problem:
Im Verhältnis
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union findet die Rechtshilfe in
Strafsachen im wesentlichen auf der Grundlage des Europäischen Übereinkommens
über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20.4.1959, BGBl. Nr. 41/1969 idgF
(in der Folge: Europ RH Übk), teilweise idF des Zusatzprotokolls zu diesem
Übereinkommen vom 17.3.1978, BGBl. Nr. 296/1983, im Verhältnis zu jenen
Mitgliedstaaten, die Vertragsstaaten des Schengener Durchführungsübereinkommens
vom 19.6.1990, BGBl. III Nr. 90/1997, sind, darüber hinaus auf der
Grundlage der Art. 48 – 53 SDÜ statt. Zusätzlich wurde im Rahmen der
Europäischen Union das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen
zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (in der Folge: EU RH Übk)
erarbeitet, das am 29.5.2000 vom Rat der Justiz- und Innenminister angenommen
und am selben Tag von allen (damaligen) Mitgliedstaaten der EU unterzeichnet
wurde ( Pkt. 4.2. des Beschl. Prot. 17 vom 23.5.2000).
Ziel:
Ratifikation des
Übereinkommens vom 29.5.2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den
Mitgliedstaaten der Europäischen Union.
Inhalt:
Das Übereinkommen
über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union, das das Europ RH Übk ergänzen soll, enthält sowohl
Bestimmungen verfahrensrechtlicher als auch materiellrechtlicher Art, welche
die Rechtshilfe zwischen den Mitgliedstaaten der EU erleichtern und durch
Einführung neuer Formen der Rechtshilfeleistung verbessern sollen.
Alternativen:
Keine.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:
Keine.
Finanzielle
Auswirkungen:
Die Ratifikation
des Übereinkommens wird auf den Bundeshaushalt voraussichtlich keine
nennenswerten belastenden Auswirkungen haben. In diesem Zusammenhang wird
darauf hingewiesen, dass Kosten, die Betreibern einer Telekommunikationsanlage
oder Diensteanbietern (Providern) anlässlich der Erledigung von Ersuchen um
Überwachung des Telekommunikationsverkehrs entstehen – abweichend von den
sonstigen Regelungen – von Österreich nur für den Fall zu tragen sind, dass ein
solches Ersuchen von einer österreichischen Justizbehörde gestellt wird.
Entsprechendes gilt für die vorgesehene Vernehmung im Wege einer
Telefonkonferenz oder einer Videokonferenz. Letztere wird schon deshalb zu
keinem Mehraufwand führen, weil die dafür erforderlichen technischen
Einrichtungen ohnehin im Zusammenhang mit den im Entwurf einer
Strafprozessnovelle 2005 vorgesehenen entsprechenden Regelungen für innerstaatliche
Verfahren zu installieren sind.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Die Vorlage dient
der Ratifikation und Umsetzung eines EU-Rechtsakts.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens:
Sonderkundmachung
gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG.
Erläuterungen
A. Allgemeiner
Teil
Das Übereinkommen
über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (in der Folge: EU RH Übk) hat gesetzändernden und
gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher der Genehmigung durch den
Nationalrat gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Es enthält keine
verfassungsändernden oder verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht
politischen Charakter. Sein Inhalt ist im wesentlichen der unmittelbaren
Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass eine
Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich
ist. Da durch das Übereinkommen keine Angelegenheiten des selbständigen
Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des
Bundesrats gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.
Im Rahmen der
Europäischen Union wurde das EU RH Übk erarbeitet, das am 29.5.2000 vom Rat der
Justiz- und Innenminister der EU angenommen (ABl. Nr. C 197 vom
12.7.2000, S.1) und am selben Tag von allen (damaligen) Mitgliedstaaten
unterzeichnet wurde (Pkt. 4.2. des Beschl. Prot. 17 vom 23.5.2000). Der
Erläuternde Bericht zum Übereinkommen (ABl. Nr. C 379 vom
29.12.2000, S. 7) wurde vom Rat am 30.11.2000 gebilligt.
Das Übereinkommen
soll die bestehenden Übereinkommen auf dem Gebiet der Rechtshilfe in
Strafsachen, insbesondere das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in
Strafsachen vom 20.4.1959, BGBl. Nr. 41/1969 idgF (in der Folge: Europ RH
Übk), und die im Schengener Durchführungsübereinkommen vom 19.6.1990,
BGBl. III Nr. 90/1997 (in der Folge: SDÜ), enthaltenen Bestimmungen
über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen ergänzen.
Der wesentliche
Inhalt des Übereinkommens betrifft Rechtshilfeleistung auch in Verfahren wegen
Verwaltungsdelikten, sofern gegen die Entscheidung ein auch in Strafsachen
zuständiges Gericht angerufen werden kann, unmittelbaren Behördenverkehr
zwischen den für die Stellung und Erledigung von Rechtshilfeersuchen
zuständigen Behörden als Regelfall, Informationsaustausch ohne Ersuchen,
Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen auch im Wege einer Videokonferenz;
hinsichtlich der Vernehmung auch von Beschuldigten auf diesem Weg besteht eine
Vorbehaltsmöglichkeit, Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen auch per
Telefonkonferenz, Vorschriften zur Einrichtung und zum Einsatz gemeinsamer
Ermittlungsgruppen zur Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen in einem oder
mehreren der beteiligten Mitgliedstaaten, wechselseitige Unterstützung der
Mitgliedstaaten durch den Einsatz verdeckter Ermittler, Durchführung
kontrollierter Lieferungen von Verbotswaren durch oder aus dem Hoheitsgebiet
eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaat ohne Einschreiten der
Sicherheitsbehörden sowie Vorschriften über die Überwachung des Telekommunikationsverkehrs
im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, die auch das
Telefonieren per Mobilfunk oder über Satellit umfassen.
Die Bestimmungen
über kontrollierte Lieferungen (Art. 12), gemeinsame Ermittlungsgruppen
(Art. 13) und verdeckte Ermittlungen (Art. 14), die keiner
unmittelbaren innerstaatlichen Anwendung zugänglich sind, wurden bereits durch
die §§ 60 bis 62, 71 bis 74 und 76 des Bundesgesetzes über die justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der EU (EU-JZG), BGBl. I
Nr. 36/2004, umgesetzt. Darüber hinaus erscheint eine Novellierung der
Bestimmung des § 55 Abs.1 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1979, BGBl
Nr. 529, über die Auslieferung und die Rechtshilfe in Strafsachen
(Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz – ARHG) idF BGBl I Nr. 135/2002
zweckmäßig, um hinsichtlich der Erledigung von Rechtshilfeersuchen um
Überwachung des Telekommunikationsverkehrs eine Zuständigkeit des Gerichtshofs
erster Instanz zu begründen. Weiters erweist sich eine Umsetzung der Regelung
des Informationsaustauschs ohne Ersuchen (Art.7) als erforderlich.
Diesbezüglich wurde der Entwurf eines § 59a ARHG („Datenübermittlung ohne
Ersuchen“) erarbeitet, der in die RV einer Strafprozessnovelle 2005 aufgenommen
werden soll.
In der Erklärung
des Europäischen Rats zum Kampf gegen den Terrorismus vom 25.3.2004 wurden die
Mitgliedstaaten aufgefordert, das Übereinkommen bis zum 31.12.2004 zu
ratifizieren.
Die Ratifikation
des Übereinkommens wird auf den Bundeshaushalt voraussichtlich keine
nennenswerten belastenden Auswirkungen haben. In diesem Zusammenhang ist darauf
hinzuweisen, dass Kosten, die Betreibern einer Telekommunikationsanlage oder
Diensteanbietern (Providern) anlässlich der Erledigung von Ersuchen um
Überwachung des Telekommunikationsverkehrs entstehen – abweichend von den
sonstigen Regelungen – von Österreich nur für den Fall zu tragen sind, dass ein
solches Ersuchen von einer österreichischen Justizbehörde gestellt wird.
Entsprechendes gilt für die vorgesehene Vernehmung im Wege einer Telefonkonferenz
oder einer Videokonferenz. Letztere wird schon deshalb zu keinem Mehraufwand
führen, weil die dafür erforderlichen technischen Einrichtungen ohnehin im
Zusammenhang mit den im Entwurf einer Strafprozessnovelle 2005 vorgesehenen
entsprechenden Regelungen für innerstaatliche Verfahren zu installieren sind.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel
1:
Abs. 1 regelt
das Verhältnis des Übereinkommens zu anderen internationalen Übereinkommen über
die Rechtshilfe in Strafsachen und stellt klar, dass es diese lediglich ergänzt
und ihre Anwendung zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern soll.
Es handelt
sich dabei – soweit für Österreich relevant – um folgende Übereinkommen:
- Europ RH Übk;
- Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über
die Rechtshilfe in Strafsachen vom 17.3.1978, BGBl. Nr. 296/1983; und
- jene Bestimmungen über die Rechtshilfe in Strafsachen
des SDÜ, die nicht durch im gegenständlichen Übereinkommen enthaltene Neuregelungen
ersetzt und daher nicht durch Art. 2 Abs. 2 dieses Übereinkommens
aufgehoben werden.
Bei Kollision
einzelner Vorschriften ist den Bestimmungen des EU RH Übk der Vorrang
einzuräumen.
Abs. 2
enthält eine Meistbegünstigungsklausel, wonach die Anwendung günstigerer
Vorschriften in bilateralen oder multilateralen Übereinkommen unberührt bleibt.
Zu Artikel
2:
Dieser Artikel
führt jene Bestimmungen des Übereinkommens an, die im Zusammenhang mit dem
Schengen-Besitzstand stehen.
Abs. 1
enthält dabei eine Aufzählung jener Artikel, die auf der Grundlage des am
18.5.1999 vom Rat mit Norwegen und Island geschlossenen Übereinkommens über die
Assoziierung beider Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des
Schengen-Besitzstands (ABl L Nr. 176 vom 10.7.1999) als Weiterentwicklung
oder Änderung desselben zu betrachten sind und dementsprechend auch für
Norwegen und Island gelten.
Abs. 2
führt jene Bestimmungen des SDÜ an, die im Übereinkommen durch Neuregelungen
ersetzt und dementsprechend aufgehoben werden. Es handelt sich dabei um:
- Art. 49 lit. a SDÜ (Umfang der Rechtshilfe
in Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen);
- Art. 52 SDÜ (Übermittlung gerichtlicher Urkunden
auf dem Postweg);
- Art. 53 SDÜ (Unmittelbarer Behördenverkehr); und
- Art. 73 SDÜ (Kontrollierte Lieferungen).
Zu Artikel
3:
Abs. 1 geht
dadurch über den Anwendungsbereich des Europ RH Übk hinaus, dass – ebenso wie
nach Art. 49 lit. a SDÜ - die Verpflichtung zur Rechtshilfeleistung
auch für Verfahren vorgesehen wird, die nach dem innerstaatlichen Recht des
ersuchenden oder des ersuchten Mitgliedstaats oder beider Staaten als
Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften durch Verwaltungsbehörden geahndet
werden, sofern gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ein auch in
Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann. Im Hinblick auf die im
österreichischen Verwaltungsstrafverfahren bestehende Rechtsmittelmöglichkeit
an die Unabhängigen Verwaltungssenate (UVS), welche nach der Rechtsprechung des
EGMR als Tribunale im Sinne des Art. 6 Abs. 1 EMRK anzusehen sind,
wird es künftig im Sinne der bereits auf der Grundlage von Art. 49
lit. a SDÜ geübten Vorgangsweise möglich sein, auch in
Verwaltungsstrafverfahren um Rechtshilfe zu ersuchen, und zwar auch für den
Fall, dass der ersuchte Mitgliedstaat kein vergleichbares Verfahren kennt.
Abs. 2 trägt
dem Umstand Rechnung, dass eine Verantwortlichkeit juristischer Personen für
Straftaten nicht in allen Mitgliedstaaten vorsehen ist. Die Bestimmung stellt
klar, dass eine Verpflichtung zur Rechtshilfeleistung bei Vorliegen der übrigen
Voraussetzungen auch in Verfahren besteht, für die im ersuchenden Mitgliedstaat
eine juristische Person verantwortlich gemacht werden kann. Dies ist in
Österreich (als ersuchter Staat) bereits nach derzeitiger Rechtslage möglich.
Nach dem zur Zeit in Begutachtung befindlichen Entwurf eines Bundesgesetzes
über die Verantwortlichkeit von Verbänden für mit gerichtlicher Strafe bedrohte
Handlungen (Verbandsverantwortlichkeitsgesetz – VbVG) werden künftig im Rahmen
des gerichtlichen Strafverfahrens auch in Österreich Verbände sanktioniert
werden können, wenn eine Straftat im Rahmen der Tätigkeit des Verbands von
Personen, die für diesen handeln, begangen worden ist.
Zu Artikel
4:
Abs. 1
modifiziert Art. 3 des Europ RH Übk, wonach die Erledigung eines
Rechtshilfeersuchens grundsätzlich in der im Recht des ersuchten Staates
vorgesehenen Form erfolgt, und stellt klar, dass bei der Erledigung von
Rechtshilfeersuchen grundsätzlich die im Ersuchen ausdrücklich angegebenen
Formvorschriften und Verfahren des ersuchenden Mitgliedstaats zu
berücksichtigen sind.
Durch diese
Bestimmung soll vermieden werden, dass im Wege der Rechtshilfe erlangte
Beweismittel in der Folge nicht in das Hauptverfahren eingeführt werden können,
weil die Art und Weise der Beweiserlangung nicht den prozessualen
Erfordernissen des ersuchenden Staats entspricht.
Die Verpflichtung,
die angegebenen Form- und Verfahrensvorschriften des ersuchenden Staats zu
beachten, findet ihre Grenze in entgegenstehenden Grundprinzipien der
Rechtsordnung des ersuchten Staats und in solchen Fällen, in denen das
Übereinkommen besondere Verfahren festlegt, etwa in den Art. 17 ff.
(Überwachung des Telekommunikationsverkehrs).
Österreich ist auf
der Grundlage der Bestimmung des § 58 ARHG bereits derzeit in der Lage,
einem Ersuchen um Einhaltung eines bestimmten, von den eigenen
Rechtsvorschriften abweichenden Vorgangs zu entsprechen, wenn dies mit den
Grundsätzen des österreichischen Strafverfahrens vereinbar ist.
Die
österreichische Erklärung zu Art. 5 Europ RH Übk, wonach die Erledigung
von Rechtshilfeersuchen um Durchsuchung und Beschlagnahme mit seinem nationalen
Recht vereinbar sein muss, wird durch die Neuregelung nicht berührt.
Nach Abs. 2
sind auch die vom ersuchenden Staat angegebenen Verfahrensfristen und sonstigen
Fristen, die jeweils entsprechend zu begründen sind, soweit wie möglich zu
berücksichtigen.
Für den Fall, dass
Formvorschriften nicht erfüllt oder Fristen nicht eingehalten werden können,
sind in Abs. 3 und 4 zwingende Konsultationen vorgesehen, in deren Rahmen
Absprachen über die weitere Erledigung des Ersuchens getroffen werden können.
Zu Artikel
5:
Abs. 1 dieser
Bestimmung regelt die Zustellung von Verfahrensurkunden an Personen, die sich
im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhalten, auf dem Postweg. Der
Begriff der „Verfahrensurkunde“ ist - ebenso wie jener der „gerichtlichen
Urkunden“ in Art. 52 SDÜ – nicht definiert. Er sollte im Sinne der
österreichischen Erklärung zu Art. 52 SDÜ (siehe Erlass vom 21.10.1997,
JMZ 530.102/398-IV 1/97, JABl Nr. 42/1997) ausgelegt werden.
Die Vorschrift
geht über Art. 52 SDÜ hinaus, indem die Übermittlung von
Verfahrensurkunden auf dem Postweg zum Regelfall erklärt wird. Lediglich in den
in Abs. 2 abschließend angeführten Fällen können die zuständigen Behörden
des ersuchten Mitgliedstaats im Rechtshilfeweg um Veranlassung der Zustellung
ersucht werden.
Wenn Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger die Sprache, in der die Urkunde
abgefasst ist, nicht versteht, ist dieser nach Abs. 3 eine Übersetzung –
zumindest der wesentlichen Passagen – in die Sprache des ersuchten Staats oder
in eine andere Sprache, deren der Empfänger kundig ist, anzuschließen.
Darüber hinaus hat
jede auf dem Postweg übermittelte Verfahrensurkunde eine Rechtsbelehrung zu
enthalten, wobei auch diesbezüglich die Sprachenregelung des Abs. 3 zur
Anwendung gelangt.
Abs. 5 stellt
klar, dass die Art. 8 (Zeugenschutz), 9 (Zeugen- und
Sachverständigenentschädigung) und 12 (Freies Geleit) des Europ RH Übk durch
diese Regeln unberührt bleiben. Dementsprechend dürfen in Ladungen von Zeugen
und Sachverständigen weiterhin keine Zwangsmaßnahmen für den Fall des
Nichterscheinens angedroht werden.
Zu Artikel
6:
Art. 6 modifiziert Art. 15 Europ RH Übk, wonach
die Übermittlung eines Rechtshilfeersuchens in der Regel schriftlich auf dem
justizministeriellen Geschäftsweg zu erfolgen hat.
Abs. 1 sieht
dabei den unmittelbaren Geschäftsweg zwischen den für die Stellung und
Erledigung von Rechtshilfeersuchen sowie für die Übermittlung von Informationen
nach Art. 7 des Übereinkommens zuständigen Behörden vor. Die Übermittlung
kann dabei nicht nur auf dem Postweg erfolgen, sondern auch durch Mittel, die
die Erstellung einer schriftlichen Fassung unter Bedingungen ermöglichen, die
dem empfangenden Mitgliedstaat die Feststellung der Echtheit gestatten, d.h.
insbesondere per Telefax oder e-mail.
Der in Abs. 1
vorgesehene unmittelbare Behördenverkehr geht über Art. 53 Abs. 5 SDÜ
hinaus, indem er auch auf Anzeigen zum Zweck der Strafverfolgung gemäß
Art. 21 Europ RH Übk allgemein Anwendung findet.
Abs. 2
normiert Ausnahmen vom Grundsatz des unmittelbaren Behördenverkehrs in nicht
näher definierten „besonderen Fällen“. Eine Inanspruchnahme des in der
erwähnten Bestimmung vorgesehenen Geschäftswegs kann etwa dann angezeigt sein,
wenn für die Erledigung des Ersuchens im ersuchten Mitgliedstaat mehrere
Behörden zuständig sind. Aus Abs. 2 folgt nicht, dass andere als die darin
vorgesehenen Geschäftswege, etwa der diplomatische oder der justizministerielle
Geschäftsweg, ausgeschlossen sind.
Abs. 3
enthält Sonderregelungen für Großbritannien und Irland. Machen diese von der
ihnen eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, Abs. 1 durch eine Erklärung
dahingehend abzuändern, dass an sie gerichtete Ersuchen und Mitteilungen im
Wege einer Zentralbehörde zu übermitteln sind, so kann von jedem Mitgliedstaat
im Verhältnis zu den erwähnten Staaten der Grundsatz der Gegenseitigkeit
angewandt werden.
Nach Abs. 4
können Rechtshilfeersuchen in dringenden Fällen auch über die Internationale
Kriminalpolizeiliche Organisation (Interpol) oder über eine andere Institution
übermittelt werden, die auf Grund von Bestimmungen, die gemäß dem EU-V
angenommenen wurden, zuständig ist.
Abs. 5 trifft
eine Sonderregelung für Rechtshilfeersuchen nach Art. 12 (Kontrollierte
Lieferungen), 13 (Gemeinsame Ermittlungsgruppen) und 14 (Verdeckte
Ermittlungen). Bei unterschiedlicher Kompetenzlage in den beteiligten Staaten
wird die unmittelbare Übersendung der Ersuchen zwischen den national
zuständigen Behörden, somit auch der Geschäftsweg zwischen einer Justizbehörde
in einem Mitgliedstaat und einer Polizei- oder Zollbehörde in einem anderen
Mitgliedstaat, ermöglicht.
Abs. 6
statuiert eine Abs. 5 vergleichbare Geschäftswegregelung für die Fälle des
Art. 3 Abs. 1, d.h. wenn es sich bei der zuständigen Behörde in einem
Mitgliedstaat um eine Justiz- oder Zentralbehörde und in dem anderen
Mitgliedstaat um eine Verwaltungsbehörde handelt.
Nach Abs. 7
hat jeder Mitgliedstaat die Möglichkeit, anlässlich der Notifizierung der
Ratifikation des Übereinkommens zu erklären, dass er die Abs. 5 und/oder 6
nicht anwendet. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich keine derartige
Erklärung abgibt.
Abs. 8 nimmt
Ersuchen um zeitweilige Überstellung oder Durchbeförderung inhaftierter
Personen gemäß Art. 9 des Übereinkommens und Art. 11 Europ RH Übk
sowie den Austausch von Strafnachrichten gemäß Art. 22 leg.cit. vom
unmittelbaren Behördenverkehr aus. Ersuchen um Übermittlung von Abschriften von
Urteilen und Maßnahmen im Sinne von Art. 4 des ZP zum Europ RH Übk können
jedoch den zuständigen Behörden direkt übermittelt werden.
Zu Artikel
7:
Dieser Artikel
regelt den Informationsaustausch ohne Ersuchen. Eine entsprechende Bestimmung
für den Bereich der Deliktsprävention und Gefahrenabwehr ist in Art. 46
Abs. 1 SDÜ enthalten.
Der Austausch
dieser „Spontaninformationen“ ist nicht verpflichtend und hat im Rahmen der
innerstaatlichen Rechtsvorschriften zu erfolgen.
Nach Abs. 2
kann die Verwendung der übermittelten Informationen an Bedingungen geknüpft
werden, an die die empfangende Behörde gebunden ist.
Im Hinblick
darauf, dass die Informationsübermittlung ohne Ersuchen weder im EU-JZG, noch
im ARHG oder in der StPO vorgesehen ist, ist nach österreichischem Recht eine
Umsetzung dieser Bestimmung erforderlich. Diesbezüglich wurde der Entwurf eines
§ 59a ARHG erarbeitet, der in die RV einer Strafprozessnovelle 2005
aufgenommen werden soll.
Zu Artikel
8:
Diese Bestimmung
regelt die Überlassung von durch eine Straftat erlangten Gegenständen zum Zweck
der Rückgabe an den rechtmäßigen Eigentümer. Sie erweitert Art. 3 Europ RH
Übk dadurch, dass ein Rechtshilfeersuchen einzig mit dem Ziel ermöglicht wird,
einen durch eine Straftat erlangten Gegenstand an dessen rechtmäßigen Eigentümer
zurückzustellen.
Abs. 1 stellt
klar, dass keine Verpflichtung besteht, einem derartigen Ersuchen zu
entsprechen. Dementsprechend kann das Ersuchen auch aufgeschoben oder abgelehnt
werden, wenn der Gegenstand etwa noch als Beweismittel in einem im ersuchten
Staat anhängigen Strafverfahren benötigt wird.
Eine Rückgabe soll
nur in Fällen erfolgen, in denen kein Zweifel über die Eigentumsverhältnisse
besteht (so ausdrücklich der Erläuternde Bericht).
Abs. 2
umfasst jene Fälle, in denen der Gegenstand zunächst auf der Grundlage von
Art. 3 oder 6 Europ RH Übk, d.h. als Beweismittel, an den ersuchenden
Staat übermittelt wird. In derartigen Fällen kann der ersuchte Staat vor oder
nach der Übergabe des Gegenstands auf dessen Rückgabe verzichten, wenn dies der
Ausfolgung an den rechtmäßigen Eigentümer dient und Rechte gutgläubiger Dritter
nicht entgegenstehen.
Ein Verzicht auf
die Rückgabe des übermittelten Gegenstands lässt das Recht des ersuchten
Mitgliedstaats unberührt, vom rechtmäßigen Eigentümer ausstehende Steuern oder
Abgaben zu erheben (Abs. 3, zweiter Satz).
Zu Artikel
9:
Art. 9 regelt die vorübergehende Überstellung
einer inhaftierten Person in einen anderen Mitgliedstaat für Zwecke eines dort
geführten Strafverfahrens. Diese Bestimmung soll Art. 11 Europ RH Übk
ergänzen, der die vorübergehende Überstellung als Zeuge oder zur
Gegenüberstellung für ein ausländisches Verfahren zum Gegenstand hat.
Nach Abs. 1
und 2 bedarf die Überstellung eines Inhaftierten gemäß Artikel 9 einer
Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden des ersuchten und des
ersuchenden Mitgliedstaats, welche auch die Modalitäten der Überstellung
umfasst.
Eine entsprechende
Möglichkeit ist in § 73 Abs. 2 ARHG unter den Voraussetzungen des
§ 54 ARHG vorgesehen.
Abs. 3 sieht
vor, dass in den Fällen, in denen die Zustimmung des Inhaftierten zu seiner
Überstellung erforderlich ist, diese Erklärung oder eine Abschrift derselben
dem ersuchten Staat unverzüglich zu übermitteln ist. Nach österreichischer
Rechtslage ist allerdings eine solche Zustimmung nicht erforderlich (§ 73
Abs. 2, letzter Satz ARHG).
Nach Abs. 4
wird die im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaats in Haft verbrachte Zeit
auf die Dauer des Freiheitsentzugs im ersuchenden Mitgliedstaat angerechnet.
Abs. 5 ordnet
die entsprechende Geltung der Art. 11 Abs. 2 und 3
(Durchbeförderung), 12 (Freies Geleit) und 20 (Kostenerstattung) des Europ RH
Übk an.
Nach Abs. 6
kann jeder Mitgliedstaat bei der Notifizierung der Ratifikation des Übereinkommens erklären, dass er die
Überstellung einer Person generell oder unter bestimmten Voraussetzungen von
der Zustimmung des Inhaftierten abhängig macht. Im Hinblick auf die erwähnte
Regelung des § 73 Abs. 2 ARHG wird eine derartige Erklärung von
Österreich nicht in Aussicht genommen.
Zu Artikel
10:
Art. 10 ermöglicht die Vernehmung einer Person,
die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, als Zeuge oder
Sachverständiger durch die Justizbehörden eines anderen Mitgliedstaats im Wege
einer Videokonferenz. In Österreich soll eine entsprechende, über die
§§ 179a und 247a StPO hinausgehende Möglichkeit durch die §§ 156
Abs. 2 und 198 Abs. 4 StPO idF des derzeit in Begutachtung
befindlichen Entwurfs einer Strafprozessnovelle 2005 vorgesehen werden.
Das Übereinkommen
unterscheidet zwischen der Videovernehmung von Zeugen und Sachverständigen
(Abs. 1 bis 8), hinsichtlich derer bei Vorliegen der übrigen
Zulässigkeitsvoraussetzungen die Verpflichtung besteht, dem Ersuchen zu
entsprechen, sowie der Beschuldigtenvernehmung im Wege der Videokonferenz, bei
der die Entscheidung über die Bewilligung des Ersuchens im Ermessen des
ersuchten Mitgliedstaats liegt (Abs. 9). Überdies kann jeder Mitgliedstaat
bei der Notifizierung der Ratifikation des Übereinkommens erklären, Abs. 9
nicht anzuwenden. Im Hinblick darauf, dass die Vernehmung eines Beschuldigten
im Wege der Videokonferenz in Österreich, jedenfalls im Stadium des
Vorverfahrens, zulässig ist (siehe insoweit auch § 179a StPO), wird die
Abgabe eines solchen Vorbehalts nicht in Aussicht genommen.
Nach Abs. 1
kann ein Ersuchen um Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen per
Videokonferenz gestellt werden, wenn ein persönliches Erscheinen der zu
vernehmenden Person auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaats nicht
zweckmäßig oder nicht möglich ist. In diesem Zusammenhang ist zu
berücksichtigen, dass aus dem Ausland geladene Personen zum Erscheinen grundsätzlich nicht gezwungen werden
können. Nicht „möglich“ kann das Erscheinen einer Person aber auch auf Grund
ihres Alters oder ihres Gesundheitszustands sein.
Nach Abs. 2
ist der ersuchte Mitgliedstaat verpflichtet, einem Ersuchen um Vernehmung per
Videokonferenz stattzugeben, sofern die Vernehmung in dem betreffenden
Einzelfall nicht den Grundprinzipien seiner Rechtsordnung zuwiderläuft und er
über die technischen Vorrichtungen für eine derartige Vernehmung verfügt. Sind
Letztere nicht vorhanden, können diese von dem ersuchenden Mitgliedstaat im
gegenseitigen Einvernehmen zur Verfügung gestellt werden.
Abs. 3 regelt
die formellen Voraussetzungen eines Rechtshilfeersuchens um Videovernehmung
eines Zeugen oder Sachverständigen. Neben den Informationen nach Art. 14
Europ RH Übk ist danach anzugeben, aus welchem der in Abs. 1 genannten
Gründe das persönliche Erscheinen der zu vernehmenden Person auf dem
Hoheitsgebiet des ersuchenden Mitgliedstaats nicht zweckmäßig oder nicht
möglich ist. Weiters sind die ersuchende Justizbehörde und die Namen der
Personen, die die Vernehmung durchführen werden, bekannt zu geben.
Die Ladung der zu
vernehmenden Person erfolgt nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staats
(Abs. 4). Die Rechtsfolgen im Falle des Nichterscheinens richten sich nach
nationalem Recht.
Die Vernehmung
wird unmittelbar von oder unter der Leitung eines Vertreters der Justizbehörde
des ersuchenden Staats nach dessen innerstaatlichen Rechtsvorschriften
durchgeführt (Abs. 5 lit. c).
Während der
gesamten Vernehmung hat ein Vertreter der Justizbehörde des ersuchten Staats
(bei Bedarf unterstützt durch einen Dolmetscher) anwesend zu sein, der die
Identität der zu vernehmenden Person festzustellen und darauf zu achten hat,
dass durch die Vernehmung die Grundprinzipien seiner Rechtsordnung nicht
verletzt werden. Im Fall einer solchen Verletzung sind sofort die zur Beachtung
dieser Prinzipien bei der weiteren Vernehmung erforderlichen Maßnahmen zu
treffen. Dies kann in besonderen Fällen dazu führen, dass eine Vernehmung
abzubrechen ist, wenn ein Einvernehmen über die weitere Vorgangsweise zwischen
den beteiligten Justizvertretern nicht erzielt werden kann.
Gegebenenfalls
sind Maßnahmen zum Schutz der zu vernehmenden Person zwischen den zuständigen
Behörden des ersuchenden und des ersuchten Staats zu vereinbaren.
Festzuhalten ist,
dass der zu vernehmenden Person die Aussageverweigerungsrechte nach dem Recht
sowohl des ersuchten als auch des ersuchenden Mitgliedstaats zustehen
(Abs. 5 lit. e). Dies setzt voraus, dass zuvor ordnungsgemäße Belehrungen erfolgen,
und zwar sowohl durch den anwesenden Vertreter der Justizbehörde des ersuchten
Mitgliedstaats, als auch durch den die Vernehmung leitenden Vertreter des
ersuchenden Mitgliedstaats.
Abs. 6
bestimmt, dass die Justizbehörde des ersuchten Mitgliedstaats ein Protokoll
über die Vernehmung per Videokonferenz zu erstellen hat, das die in dieser
Bestimmung angeführten Angaben zu enthalten hat.
Abs. 7
enthält eine über Art. 20 Europ RH Übk hinausgehende Kostenregelung.
Danach sind die Kosten für die Herstellung der Videoverbindung, die Kosten für
den Betrieb derselben im ersuchten Mitgliedstaat, die Vergütung der von diesem
beigestellten Dolmetscher und die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen
sowie deren Reisekosten vom ersuchenden Mitgliedstaat zu tragen, sofern der
ersuchte Mitgliedstaat nicht auf den Kostenersatz verzichtet.
Abs. 8 verpflichtet
die Mitgliedstaaten, ungerechtfertigte Aussageverweigerungen und
Falschaussagen, die im Rahmen einer Videokonferenz auf ihrem Hoheitsgebiet
erfolgen, in derselben Weise zu sanktionieren, wie wenn die Vernehmung in einem
innerstaatlichen Verfahren erfolgt wäre. Da die zu vernehmende Person von der
Justizbehörde des ersuchten Staates geladen wird (Abs. 4) und ein
Vertreter dieser Justizbehörde bei der Vernehmung anwesend ist und auf die
Einhaltung der Grundprinzipien der Rechtsordnung dieses Staats zu achten hat
(Abs. 5 lit. a), ist eine im Zuge einer solchen Vernehmung vor einer
österreichischen Justizbehörde gemachte falsche Aussage als gegen die
innerstaatliche Rechtspflege gerichtet anzusehen und kann nach § 288 StGB
(„vor Gericht“) bestraft werden.
Nach Abs. 9
besteht für die Mitgliedstaaten, wie erwähnt, die Möglichkeit, die Anwendung
des Artikels 10 auf Beschuldigtenvernehmungen auszudehnen. Es besteht jedoch
keine Verpflichtung zur Entsprechung eines solchen Ersuchens. Bei der
Entscheidung wird zu berücksichtigen sein, dass die Vernehmung eines
Beschuldigten im Wege der Videokonferenz für das Stadium des Vorverfahrens
unbeschränkt zulässig ist. Soweit die Beschuldigtenvernehmung per
Videokonferenz nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaats auch im Stadium
des Hauptverfahrens vorgesehen ist, bestehen ebenfalls grundsätzlich keine
Bedenken, einem derartigen Ersuchen zu entsprechen. Zur Wahrung der Rechte des
Beschuldigten ist vor der Vernehmung allerdings in jedem Fall dessen Zustimmung
einzuholen. Gegenüber jenen Mitgliedstaaten, die hinsichtlich der
Beschuldigtenvernehmung per Videokonferenz von der Vorbehaltsmöglichkeit des
Abs. 9, Unterabsatz 1, Gebrauch gemacht haben, kann der Grundsatz der
Gegenseitigkeit angewandt werden.
Die Abs. 1
bis 8 finden hinsichtlich der Voraussetzungen der Vernehmung keine unmittelbare
Anwendung. Vielmehr unterliegen die Modalitäten der Videovernehmung des
Beschuldigten einer Vereinbarung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten im
Einzelfall.
Zu Artikel
11:
Diese Bestimmung
soll einen allgemeinen Rahmen für Ersuchen um Vernehmung von Zeugen oder
Sachverständigen im Wege einer Telefonkonferenz schaffen. Ein entsprechendes
Ersuchen kann nach Abs. 1 nur unter der Voraussetzung gestellt werden,
dass die Vernehmung per Telefonkonferenz nach dem innerstaatlichen Recht des
ersuchten Mitgliedstaats vorgesehen ist. Im Hinblich darauf, dass dies nach der
StPO nicht der Fall ist, kommt die Stellung eines derartigen Ersuchens durch
eine österreichische Justizbehörde nicht in Betracht.
Festzuhalten ist,
dass die Vernehmung per Telefonkonferenz nur mit Zustimmung des Zeugen oder
Sachverständigen erfolgen kann (Abs. 2).
Die Vernehmung per
Telefonkonferenz ist nach Abs. 3 zu bewilligen, wenn der Rückgriff auf
dieses Verfahren den Grundprinzipien der Rechtsordnung des ersuchten Staats
nicht zuwiderläuft. Obwohl die StPO die telefonische Vernehmung eines Zeugen
oder Sachverständigen – wie erwähnt -
nicht ausdrücklich vorsieht, bestehen grundsätzlich keine Bedenken,
diese über entsprechendes Ersuchen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen
zu bewilligen, sofern eine Sachverhaltskonstellation vorliegt, die jener des
§252 Abs. 1 Z 4 StPO vergleichbar ist.
Ersuchen um
Vernehmung im Wege der Telefonkonferenz haben neben den in Art. 14 Europ
RH Übk genannten Angaben die in Abs. 4 vorgesehenen weiteren
Informationen, insbesondere die Bestätigung zu enthalten, dass der Zeuge oder
Sachverständige einer Vernehmung per Telefonkonferenz zustimmt. Alle weiteren
Modalitäten unterliegen einer Vereinbarung zwischen den betroffenen
Mitgliedstaaten (Abs. 5).
Der ersuchte
Mitgliedstaat „unterrichtet“ den Zeugen oder Sachverständigen von Zeitpunkt und
Ort der Vernehmung. Daraus folgt, dass eine förmliche Ladung nicht erforderlich
ist und ein unentschuldigtes Ausbleiben des Betroffenen dementsprechend für
diesen folgenlos bleibt. Dies ist eine Folge des Umstands, dass die Vernehmung
von der Zustimmung des Zeugen oder Sachverständigen abhängt. Der ersuchte Staat
überprüft, ob die erforderliche Zustimmung vorliegt.
Der ersuchte
Mitgliedstaat kann seine Bewilligung ganz oder teilweise an die in Art. 10
Abs. 5 und 8 festgelegten Bedingungen knüpfen.
Hinsichtlich der
Kosten gilt die Regelung des Art. 10 Abs. 7, wonach diese –
vorbehaltlich einer anderweitigen Absprache – vom ersuchenden Mitgliedstaat zu
tragen sind.
Zu Artikel
12:
Die Bestimmung
über die „kontrollierte Lieferung“ orientiert sich an Art. 73 SDÜ, geht
jedoch über den Bereich des unerlaubten Drogenhandels hinaus.
Der Begriff „kontrollierte
Lieferung“ ist im Übereinkommen nicht definiert. Er soll nach dem Willen der
Mitgliedstaaten in Übereinstimmung mit den internationalen Standards in der
Kriminalitätsbekämpfung und dem innerstaatlichen Recht der beteiligten Staaten
ausgelegt werden.
Nach Abs. 1
sind die Mitgliedstaaten zur Schaffung der Voraussetzungen für die Durchführung
einer kontrollierten Lieferung auf ihrem Hoheitsgebiet verpflichtet. Diese
Verpflichtung besteht jedoch nur im Zusammenhang mit Ersuchen wegen
auslieferungsfähiger Straftaten im Sinne von Artikel 2 des Rahmenbeschlusses
über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den
Mitgliedstaaten der EU vom 13.6.2002, ABl. L 190 vom 18.7.2002. Diese
Bestimmung wurde in Österreich durch § 4 Abs. 1 und 3 EU-JZG
umgesetzt.
Die Entscheidung
über die Durchführung kontrollierter Lieferungen wird im Einzelfall von der
zuständigen Behörde des ersuchten Mitgliedstaats unter Beachtung der
innerstaatlichen Rechtsvorschriften getroffen (Abs. 2).
In Abs. 3
wird abweichend von Art. 4 Abs. 1 festgelegt, dass derartige
Lieferungen im Einklang mit den nach dem Recht des ersuchten Mitgliedstaats
vorgesehenen Verfahren durchzuführen sind.
Diese Bestimmung
wurde durch die §§ 71 f. EU-JZG umgesetzt, aus welchen sich die Zuständigkeit
für die Bewilligung kontrollierter Lieferungen und das vorgesehene Verfahren
ergeben.
Zu Artikel
13:
Dieser Artikel
legt die Rahmenbedingungen für die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe
durch die zuständigen Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten zur
Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen in einem oder mehreren der
beteiligten Mitgliedstaaten fest. Hinsichtlich der Mitglieder der gemeinsame
Ermittlungsgruppe enthält die Vorschrift keine Regelungen. Es obliegt daher den
Mitgliedstaaten, die nach ihrem nationalen Recht für die konkreten Ermittlungen
jeweils zuständigen Beamten zu entsenden. Die Gruppe kann daher aus Richtern,
Staatsanwälten, Exekutivbeamten, aber auch sonstigen Personen bestehen. Neben
dem Leiter der Ermittlungsgruppe, der ein Vertreter des Mitgliedstaats ist, in
dem der Einsatz der Gruppe erfolgt (Art. 13 Abs. 3 lit. a),
gehören ihr „entsandte Mitglieder“ aus den übrigen beteiligten Mitgliedstaaten
an (Art. 13 Abs. 4).
Abs. 1
enthält die Grundregeln für die Bildung einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe.
Diese wird durch eine Vereinbarung der zuständigen Behörden der beteiligten
Mitgliedstaaten zu einem bestimmten Zweck für einen begrenzten Zeitraum, der im
gegenseitigen Einvernehmen verlängert werden kann, gebildet. Eine
Mustervereinbarung, die die notwendigen und fakultativen Angaben zur Bildung
einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe enthält, ist aus Anhang IV zum EU-JZG
ersichtlich.
Die Bildung einer
gemeinsamen Ermittlungsgruppe kommt insbesondere dann in Betracht, wenn
schwierige und aufwändige Ermittlungen mit Bezügen zu anderen Mitgliedstaaten
durchzuführen sind oder wenn sich koordinierte Ermittlungen in mehreren
Mitgliedstaaten als erforderlich erweisen (Abs. 1 lit. a und b).
Der Leiter der
Ermittlungsgruppe handelt im Rahmen seines innerstaatlichen Rechts, unter
dessen Vorbehalt auch der Einsatz der übrigen Gruppenmitglieder steht.
Zusätzlich sind die weiteren Bedingungen maßgeblich, die in der Vereinbarung
zur Bildung der Gruppe festgelegt wurden (Abs. 3).
Nach Abs. 5
sind die in die gemeinsame Ermittlungsgruppe entsandten Mitglieder berechtigt,
bei Ermittlungsmaßnahmen im Einsatzmitgliedstaat anwesend zu sein. Aus
besonderen Gründen kann der Einsatzleiter jedoch den Ausschluss der entsandten
Mitglieder verfügen. Der Ausdruck „besondere Gründe“ wurde dabei nicht
definiert, doch können diese etwa im Fall einer Zeugenvernehmung bei
Sexualdelikten vorliegen, insbesondere wenn die Opfer Kinder sind.
Nach Maßgabe der
Rechtsvorschriften des Einsatzmitgliedstaats können entsandte Mitglieder vom
Gruppenleiter mit der Durchführung bestimmter Ermittlungsmaßnahmen betraut
werden. Eine derartige Vorgangsweise muss allerdings von den zuständigen
Behörden des Einsatzmitgliedstaats und jenen des entsendenden Mitgliedstaats gebilligt
worden sein (Abs. 6). Die strafrechtliche und zivilrechtliche
Verantwortung der entsandten Beamten richtet sich nach Art. 15 f. (siehe
unten).
Abs. 7 trifft
eine Regelung, die eine Neuerung im Bereich der Rechtshilfe darstellt. Sind
Ermittlungshandlungen in einem der Mitgliedstaaten erforderlich, die an der
Gruppe teilnehmen, so kann das entsandte Mitglied des betreffenden Staates
seine zuständigen Behörden ersuchen, das Erforderliche zu veranlassen. Über die
Durchführung der erbetenen Maßnahmen wird nach den Kriterien entschieden, die
auch für ein rein innerstaatliches Verfahren gelten würden.
Abs. 8
behandelt den Fall, dass Unterstützungsmaßnahmen eines Mitgliedstaats, der
nicht an der Gruppe beteiligt ist, oder eines Drittstaats erforderlich werden.
In einem derartigen Fall besteht nach den allgemeinen Regelungen die
Möglichkeit zur Stellung eines Rechtshilfeersuchens an die zuständigen Behörden
des betreffenden Staats.
Abs. 9 bietet
die Grundlage für das Zur-Verfügungstellen von Informationen eines beteiligten
Mitgliedstaats durch das entsandte Mitglied des betreffenden Staats.
Abs. 10
enthält Spezialitätsregelungen für die Verwendung erlangter Informationen.
Abs. 11
stellt klar, dass bereits bestehende Bestimmungen oder Vereinbarungen über die
Bildung und den Einsatz gemeinsamer Ermittlungsgruppen, insbesondere im Bereich
der Sicherheitsbehörden, nicht berührt werden.
Abs. 12
eröffnet die Möglichkeit, dass neben Angehörigen der Strafverfolgungsbehörden
der Mitgliedstaaten auch andere Personen an der gemeinsamen Ermittlungsgruppe
teilnehmen. Dadurch wird eine allfällige Beiziehung von Vertretern von
EUROJUST, EUROPOL oder der Europäischen Kommission (zB OLAF) ermöglicht, wobei
diese in der Regel nur beratend oder koordinierend tätig werden.
Diese Bestimmungen
wurden durch die §§ 60 ff. und 76 EU-JZG umgesetzt.
Zu Artikel
14:
Diese Bestimmung
stellt den rechtlichen Rahmen für die wechselseitige Unterstützung der
Mitgliedstaaten durch den Einsatz verdeckt oder unter falscher Identität
handelnder Ermittler bei strafrechtlichen Ermittlungen im Rahmen einer
entsprechenden Vereinbarung zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten
Mitgliedstaat dar.
Art. 14 umfasst folgende Konstellationen:
- Ein Mitgliedstaat stellt ein Rechtshilfeersuchen, um
einen eigenen verdeckten Ermittler im ersuchten Mitgliedstaat einzusetzen;
- ein Mitgliedstaat ersucht um Einsatz eines verdeckten
Ermittlers eines anderen Mitgliedstaats auf dem Hoheitsgebiet des ersuchenden
Staats; und
- ein Mitgliedstaat ersucht einen anderen Mitgliedstaat
um Einsatz eines verdeckten Ermittlers des betreffenden Mitgliedstaats auf dem
Hoheitsgebiet des ersuchten Staats.
Die Entscheidung
über das Ersuchen wird nach Abs. 2 in jedem Einzelfall von den zuständigen
Behörden des ersuchten Mitgliedstaats unter Beachtung der innerstaatlichen
Rechtsvorschriften und Verfahren getroffen. Auf die Festlegung weiterer
Verfahrensvoraussetzungen wurde zwecks Gewährleistung größtmöglicher
Flexibilität bei der Anwendung verzichtet.
Der Einsatz des
verdeckten Ermittlers unterliegt nach Abs. 3 den Rechtsvorschriften des
Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Ermittlungen durchgeführt werden.
Abs. 4
eröffnet jedem Mitgliedstaat die Möglichkeit, anlässlich der Notifikation der
Ratifikation des Übereinkommens zu erklären, dass er durch diesen Artikel nicht
gebunden ist. Die betreffende Bestimmung wurde durch die §§ 73 f. EU-JZG
umgesetzt. Danach ist Grundlage für den Einsatz verdeckter Ermittler ein
Ersuchen einer Justizbehörde eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen eines dort
eingeleiteten Straf- oder Ermittlungsverfahrens. Bewilligungsvoraussetzung sind
Taten, die die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls
erfüllen, soweit die Aufklärung ohne den Einsatz des verdeckten Ermittlers
aussichtslos oder erheblich erschwert wäre. Der verdeckte Ermittler steht unter
der Aufsicht des Bundesministeriums für Inneres, Bundeskriminalamt, und ist an
die österreichische Rechtsordnung, insbesondere die Bestimmung des § 25 StPO,
gebunden. Im Hinblick auf die erwähnten Regelungen wird vorgeschlagen, dass
Österreich keine Erklärung gemäß
Art. 14 Abs. 4 abgibt.
Zu Artikel
15:
Diese Bestimmung
regelt die strafrechtliche Verantwortung für eine Straftat, die von einem oder
gegen einen Beamten eines Mitgliedstaats, der gemäß den Art. 12, 13 oder
14 in einem anderen Mitgliedstaat tätig ist, begangen wird. Es wird
klargestellt, dass ein solcher Beamter einem Beamten des Mitgliedstaats, auf
dessen Hoheitsgebiet er tätig wird, gleichgestellt ist.
Die Bestimmung ist
als zwischenstaatliche Vereinbarung im Sinn des § 74 Abs. 1 Z 4,
letzter Halbsatz, StGB anzusehen, durch die eine Gleichstellung ausländischer
Beamter mit österreichischen Beamten angeordnet wird.
Für den Bereich
der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten des SDÜ enthält
Art. 42 SDÜ eine gleichlautende Regelung.
Zu Artikel
16:
Diese Bestimmung
regelt die zivilrechtliche Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten bei der
Tätigkeit von Beamten, die gemäß den Art. 12, 13 und 14 in einem anderen
Mitgliedstaat tätig sind, für einsatzbegleitende Schäden. Die Regelung ist
Art. 43 SDÜ nachgebildet.
Zu Artikel
17:
Die Rechtshilfe
durch Überwachung des Telekommunikationsverkehrs wird im gegenständlichen
Übereinkommen erstmals ausdrücklich und umfassend geregelt, weil nicht alle
Mitgliedstaaten das Europ RH Übk als Grundlage für die Durchführung einer
Telefonüberwachung anerkannt haben. Überdies handelt es sich bei
Telefonüberwachungen nach dem erwähnten Übereinkommen nicht – wie hier – um
eine „Echtzeitüberwachung“, sondern lediglich um eine Aufzeichnung und deren
Weiterleitung an die ersuchende Behörde.
Art. 17 trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich
bei den für die Anordnung der Überwachung des Telekommunikationsverkehrs nach
den Art. 18 bis 20 zuständigen Behörden nicht in allen Mitgliedstaaten um
eine Justizbehörde handelt. So können etwa in Großbritannien auch die
Nachrichtendienste auf Grund Kompetenzzuweisung im Rahmen strafrechtlicher
Ermittlungen und bei bestimmten Deliktsgruppen, insbesondere bei Straftaten mit
terroristischem Hintergrund, Abhörmaßnahmen veranlassen.
Dementsprechend
wird in dieser Bestimmung festgelegt, dass die Mitgliedstaaten nach
Art. 24 Abs. 1 lit. e verpflichtet sind, die für die Anwendung
der Art. 18, 19 und 20 Abs. 1 bis 5 nach nationalem Recht zuständigen
Behörden zu benennen.
Einem Ersuchen,
das von einer Justizbehörde oder einer nach der erwähnten Bestimmung
notifizierten zuständigen Behörde, die zum Zweck einer strafrechtlichen
Ermittlung tätig ist, gestellt wurde, ist nach Maßgabe der Art. 18 ff. zu
entsprechen.
Zu Artikel
18:
Diese Bestimmung
regelt die Voraussetzungen für die Bewilligung von Ersuchen um (technische)
Hilfe zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs in Echtzeit oder von
Ersuchen um Aufzeichnung und nachfolgende Übermittlung der Aufnahme zum Zweck
einer strafrechtlichen Ermittlung.
Auf eine
Definition des Begriffs „Überwachung des Telekommunikationsverkehrs“ wurde
verzichtet. In diesem Zusammenhang wird auf die nach § 149a Abs. 1
StPO zulässigen Überwachungsarten (Feststellung des Standortes, Ermittlung von
Vermittlungsdaten und Inhaltsüberwachung) hingewiesen.
Hinsichtlich
der Modalitäten der Überwachung unterscheidet Abs. 1 – wie erwähnt – zwei
Fälle:
- Ersuchen nach lit. a zielen darauf ab, dass der
zu überwachende Telekommunikationsverkehr unmittelbar an die zuständige Behörde
des ersuchenden Mitgliedstaats weiter geleitet wird, die diesen abhören und
aufzeichnen kann.
Diese Art der
Überwachung, die dem Europ RH Übk fremd ist, soll künftig den Regelfall
darstellen.
- Ersuchen nach lit. b entsprechen der bereits
derzeit möglichen Vorgangsweise bei Überwachungsersuchen. Dabei zeichnet der
ersuchte Mitgliedstaat den zu überwachenden Telekommunikationsverkehr auf und
übermittelt die Aufnahme in der Folge an den ersuchenden Staat, der diese
auswertet. Derartige Ersuchen, die einen erheblichen Mehraufwand im Verhältnis
zu den in lit. a beschriebenen Verfahren darstellen, sollen künftig die
Ausnahme bilden.
Ersuchen
nach Abs. 1 können in folgenden Fällen gestellt werden:
- Die Zielperson hält sich im ersuchenden Mitgliedstaat
auf, dieser benötigt jedoch zur
Durchführung der Überwachung die technische Hilfe des ersuchten Mitgliedstaats
(Abs.2 lit. a);
- die Zielperson hält sich im ersuchten Mitgliedstaat
auf und ihre Telekommunikation soll überwacht werden (Abs.2 lit. b);
- die Zielperson hält sich in einem dritten
Mitgliedstaat auf und der ersuchende Mitgliedstaat benötigt die technische
Hilfe des ersuchten Mitgliedstaats, um die Überwachung durchzuführen (Abs.2
lit. c). In einem derartigen Fall ist der dritte Mitgliedstaat nach
Art. 20 Abs. 2 lit. a von der Überwachungsmaßnahme in Kenntnis
zu setzen.
Abs. 3 führt
den notwendigen Inhalt von Rechtshilfeersuchen um Überwachung der Telekommunikation
an. Die Vorschrift ist abschließend und ersetzt insoweit Art. 14 Europ RH Übk.
Für den Fall, dass
sich die zu überwachende Person im Hoheitsgebiet des ersuchten Staats befindet,
hat der ersuchende Staat neben den in Abs. 3 angeführten Informationen
eine kurze Sachverhaltsdarstellung zu übermitteln. Weiters kann der ersuchte
Staat zur Entscheidung über die Zulässigkeit der erbetenen Maßnahme zu jedem
Zeitpunkt um ergänzende Informationen ersuchen (Abs. 4).
Befindet sich die
Zielperson im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaats, so kann dieser –
neben dem Vorliegen der formellen Voraussetzungen nach Abs. 3 und 4 - die Bewilligung des Ersuchens davon
abhängig machen, dass die erbetene Maßnahme in einem vergleichbaren
innerstaatlichen Fall angeordnet werden könnte. Dabei können zusätzliche
Bedingungen gestellt werden, die in einem derartigen Fall zu erfüllen wären,
etwa hinsichtlich der weiteren Verwendung der gewonnenen Erkenntnisse
(Abs. 5 lit. b).
In den Fällen des
Art. 18 Abs. 2 lit. a und c, also wenn sich entweder die
Zielperson im ersuchenden Staat befindet oder eine Bodenstation im ersuchten
Staat tätig werden soll, ist dem
Ersuchen nach Übermittlung der in Abs. 3 genannten Unterlagen ohne weitere
Formalitäten zu entsprechen. Eine Überprüfung, ob die Überwachungsmaßnahme in
einem gleich gelagerten innerstaatlichen Verfahren zulässig wäre, hat dabei zu
unterbleiben (Abs. 5 lit. a).
Festzuhalten ist,
dass die Regelungen im Zusammenhang mit den Bestimmungen der Art. 18
Abs. 2 lit. a und c auf Österreich als ersuchten Staat keine
Anwendung finden, weil die Einrichtung einer Bodenstation für die
Satellitentelekommunikation nicht
geplant ist. Auch in den übrigen Mitgliedstaaten ist derzeit keine Bodenstation
vorhanden.
Befindet sich die
Zielperson hingegen in Österreich als ersuchtem Staat (Art. 18 Abs. 2
lit. b), so kommen die §§ 149a ff. StPO zur Anwendung. Die
Überwachung ist dabei vom zuständigen österreichischen Gericht nach Prüfung des
Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen anzuordnen. Ein solches von einem
inländischen Gericht in Gang gesetztes Rechtshilfeverfahren entspricht einem
eingeleiteten gerichtlichen Verfahren nach § 38 Abs. 2 Z 1 BWG
(OGH vom 9.3.1995, 15 Os 126, 127/94), weshalb gemäß § 94 Abs. 2
erster Satz TKG eine Mitwirkungsverpflichtung des Betreibers besteht. In dem
Beschluss zur Durchführung der Überwachung gemäß § 149c Abs. 1 StPO
wird dem zur Mitwirkung verpflichteten Betreiber die unmittelbare Weiterleitung
des zu überwachenden Telekommunikationsverkehrs an die ersuchende Behörde
besonders aufzutragen sein. Auf die im derzeit in Begutachtung befindlichen
Entwurf einer Strafprozessnovelle 2005 vorgeschlagene Änderung des § 55
Abs. 1 ARHG, wonach für die Anordnung der Überwachung einer Telekommunikation
stets der Gerichtshof erster Instanz zuständig ist, wird hingewiesen.
Die derzeit den
Regelfall bildende Aufzeichnung und nachträgliche Übermittlung aufgezeichneter
Telekommunikation kommt nach Abs. 6 nur für den Fall in Betracht, dass
eine unmittelbare Weiterleitung des Telekommunikationsverkehrs (Art. 18
Abs. 1 lit. a) nicht möglich ist. Einem derartigen Ersuchen ist nach
Erhalt der in Abs. 3 und 4 angeführten Informationen zu entsprechen,
sofern die erbetene Maßnahme in einem vergleichbaren innerstaatlichen Fall
durchgeführt werden könnte. Dabei kann die Entsprechung des Ersuchens von
jeglicher Bedingung abhängig gemacht werden, die in einem derartigen Fall zu
erfüllen wäre.
Nach Abs. 7
kann ein Mitgliedstaat bei der Notifizierung der Ratifikation des Übereinkommens erklären, dass er
Abs. 6 nur anwendet, wenn er nicht in der Lage ist, einem Ersuchen um
unmittelbare Weiterleitung zu entsprechen. Gegenüber einem Mitgliedstaat, der
eine derartige Erklärung abgibt, kann der Grundsatz der Gegenseitigkeit angewandt
werden.
Die Abgabe einer
entsprechenden Erklärung durch Österreich ist nicht in Aussicht genommen.
Nach Abs. 8
kann der ersuchende Mitgliedstaat im Fall eines Ersuchens nach Art. 18
Abs. 1 lit. b vom ersuchten Mitgliedstaat auch eine Abschrift der
Aufnahme des Telekommunikationsverkehrs begehren; ein derartiges Ersuchen darf
jedoch nur bei Vorliegen besonderer Gründe gestellt werden. Die Entsprechung
derartiger Ersuchen richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten
Mitgliedstaats, ist also nicht verpflichtend.
Abs. 9
behandelt die Vertraulichkeit der übermittelten Daten und ergänzt insoweit die
allgemeine Datenschutzklausel des Art. 23.
Zu Artikel
19:
Abs. 1
verpflichtet den Mitgliedstaat, in dem sich die Bodenstation befindet, die
Einrichtung einer „Fernbedienung“ zu ermöglichen, die den Diensteanbietern
(Providern) der anderen Mitgliedstaaten zugänglich ist.
Im Hinblick
darauf, dass die Einrichtung einer Bodenstation für die
Satellitentelekommunikation in Österreich – wie erwähnt – nicht geplant ist,
trifft Österreich (als ersuchten Staat) keine entsprechende Verpflichtung.
Überwachungen
zum Zweck einer strafrechtlichen Ermittlung können auf diese Weise von einem
Mitgliedstaat in folgenden Fällen durchgeführt werden:
- Wenn sich die Zielperson auf seinem Hoheitsgebiet
befindet und die Überwachung für eigene strafrechtliche Ermittlungen erfolgt
(Abs. 2). In einem derartigen Fall ist es nicht erforderlich, den
Mitgliedstaat, der über die Bodenstation verfügt, vom Zugriff in Kenntnis zu setzen.
- In
Erledigung eines Ersuchens eines anderen Mitgliedstaats gemäß Art. 18
Abs. 2 lit. b. In einem derartigen Fall befindet sich die Zielperson
im Hoheitsgebiet des ersuchten Mitgliedstaats, der selbst über keine
Bodenstation verfügt, sondern den Telekommunikationsverkehrs mittels einer
Fernbedienung aus einem dritten Mitgliedstaat überwacht.
Auch in diesen
Fällen ist die Überwachung vom zuständigen österreichischen Gericht nach
Prüfung des Vorliegens der erforderlichen Voraussetzungen anzuordnen, weshalb von
einem eingeleiteten gerichtlichen (Inlands-)Verfahren iSd § 38 Abs. 2
Z 1 BWG mit bestehender Mitwirkungspflicht der Betreiber nach § 94
Abs. 2 erster Satz TKG auszugehen ist. Diesbezüglich wird auf die
Ausführungen zu Art. 18 verwiesen.
Abs. 4 stellt
klar, dass durch die in Abs. 1 festgelegte Verpflichtung die Möglichkeit
der Stellung eines Ersuchens um Überwachung des Telekommunikationsverkehrs
gemäß Art. 18 an denjenigen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich
die Bodenstation befindet, nicht ausgeschlossen wird.
Zu Artikel
20:
Das Übereinkommen
soll auch für Situationen gelten, in denen ein Mitgliedstaat die Überwachung
einer in einem anderen Mitgliedstaat befindlichen Person ohne dessen technische
Unterstützung durchführen kann.
Abs. 1
begrenzt den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Überwachungsanordnungen, die
im Zuge strafrechtlicher Ermittlungen erlassen oder genehmigt wurden. Dabei
muss es sich um Ermittlungen handeln, die „infolge der Begehung oder versuchten
Begehung einer bestimmten Straftat durchgeführt werden, um die verantwortliche
Person festzustellen und strafrechtlich zu verfolgen.“
Diese Abgrenzung
stellt keine Definition der „strafrechtlichen Ermittlungen“ dar, sondern erwies
sich deshalb als erforderlich, weil in Großbritannien auch Nachrichtendienste
in bestimmten Fällen im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen tätig werden
dürfen und das britische Recht keine Abgrenzung zwischen repressiven und
präventiven Maßnahmen kennt. Hinsichtlich der Einbeziehung der
Nachrichtendienste hat Großbritannien zu Art. 20 des Übereinkommens eine
Erklärung abgegeben (ABl C 379, 23), die von den übrigen Mitgliedstaaten
akzeptiert wurde. Diese lautet wie folgt:
„ Im Vereinigten
Königreich gilt Art. 20 für ministerielle Überwachungsanordnungen, die an den
Polizeidienst oder die Zoll- und Steuerbehörde gerichtet sind, wenn im Einklang
mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Überwachung des
Kommunikationsverkehrs der Zweck der Anordnung in der Aufdeckung schwerer
Straftaten besteht. Er gilt ferner für Überwachungsanordnungen, die an den
Sicherheitsdienst gerichtet sind, wenn dieser im Einklang mit den
innerstaatlichen Rechtsvorschriften bei einer Ermittlung unterstützend tätig
wird, die die in Art. 20 Abs. 1 beschriebenen Merkmale aufweist.“
Nach Abs. 2
hat der die Überwachung anordnende Mitgliedstaat den Mitgliedstaat, in dessen
Hoheitsgebiet sich die Zielperson, deren Telekommunikationsverkehr überwacht
wird, befindet („unterrichteter Mitgliedstaat“), zu unterrichten.
Die
Unterrichtung hat zu erfolgen:
- vor der Überwachung, sofern der überwachende
Mitgliedstaat bereits bei Anordnung der Überwachung davon Kenntnis hat, dass
sich die Zielperson auf dem Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaats befindet;
oder
- sonst unmittelbar nachdem der die Überwachung
anordnende Mitgliedstaat davon Kenntnis erlangt, dass sich die Zielperson auf
dem Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaats befindet.
In Abs. 3
werden die Informationen angeführt, die der überwachende Mitgliedstaat dem
unterrichteten Mitgliedstaat gleichzeitig mit der in Abs. 2 erwähnten
Hauptinformation zu übermitteln hat. Darüber hinaus kann der unterrichtete
Mitgliedstaat eine kurze Sachverhaltsdarstellung und jede weitere Information
verlangen, die er zur Beurteilung der Frage benötigt, ob in einem
vergleichbaren innerstaatlichen Fall eine Überwachung genehmigt würde
(Abs. 4 lit. c).
Nach Erhalt der in
Abs. 2 und 3 genannten Informationen muss der unterrichtete Mitgliedstaat
nach Abs. 4 innerhalb von 96 Stunden reagieren. Dabei kann er
- die Durchführung oder Fortsetzung der Überwachung,
gegebenenfalls unter bestimmten Bedingungen, die in einem vergleichbaren
innerstaatlichen Fall zu erfüllen wären, bewilligen;
- verlangen, dass die Überwachung nicht durchgeführt
oder beendet wird, wenn sie nach seinem innerstaatlichen Recht oder aus den in Art. 2 Europ RH
Übk angeführten Gründen unzulässig wäre. Eine solche Entscheidung ist
schriftlich zu begründen;
- verlangen, dass das bereits gesammelte Material nicht
oder nur unter den vom unterrichteten Mitgliedstaat festzulegenden Bedingungen
verwendet werden darf. Derartige Bedingungen sind zu begründen;
- verlangen, dass die ursprüngliche Frist von 96 Stunden
um eine kurze, mit dem überwachenden Mitgliedstaat zu vereinbarende Frist von
höchstens 8 Tagen verlängert wird.
Solange keine
Entscheidung des unterrichteten Mitgliedstaats über die Bewilligung oder
Ablehnung der Durchführung bzw. Fortsetzung der Überwachung vorliegt, kann der
überwachende Mitgliedstaat zwar die Überwachung fortsetzen, darf aber das
bereits gesammelte Material nicht verwenden, es sei denn
- es
wurde etwas anderes vereinbart; oder
- zwecks Ergreifung dringender Maßnahmen zur Abwehr
einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
Der unterrichtete
Mitgliedstaat ist von einer solchen Vorgangsweise unter Angabe der Gründe in
Kenntnis zu setzen.
Zur Ermöglichung
der Einhaltung der 96 Stunden-Frist richten die Mitgliedstaaten Kontaktstellen
ein, die rund um die Uhr besetzt sind. Für Österreich werden die ohnehin für
Überwachungen des Telekommunikationsverkehrs zuständigen Untersuchungsrichter
bei den Gerichtshöfen erster Instanz als Kontaktstellen namhaft gemacht.
Infolge der bestehenden Rufbereitschaft- und Journaldienstregelungen ist deren
ständige Erreichbarkeit gewährleistet.
Nach Abs. 5
hat der unterrichtete Mitgliedstaat die ihm zugehenden Informationen nach
Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts vertraulich zu behandeln. Die
Verständigung der betroffenen Person erfolgt daher nur insoweit, als sie nach
innerstaatlichem Recht vorgesehen ist.
Abs. 7
eröffnet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, im Rahmen der Notifizierung der
Ratifikation des gegenständlichen Übereinkommens oder zu einem späteren
Zeitpunkt zu erklären, dass sie auf eine Unterrichtung nach Art. 20
verzichten. Es wird vorgeschlagen, dass Österreich keine solche Erklärung
abgibt.
Zu Artikel
21:
Diese Bestimmung
regelt die Frage der Tragung der Kosten, die Betreibern einer
Telekommunikationsanlage oder Diensteanbietern (Providern) durch die
verpflichtende Mitwirkung an der Durchführung einer gerichtlich angeordneten
Überwachung des Telekommunikationsverkehrs entstehen. Erledigung von Ersuchen
um Überwachung des Telekommunikationsverkehrs entstehen. Dabei wird
klargestellt, dass diese vom ersuchenden Mitgliedstaat zu tragen ( und den
Betreibern zu erstatten) sind. Diesbezüglich wird auf die Bestimmungen der
Überwachungskostenverordnung, BGBl. II Nr. 322/2004, hingewiesen.
Nicht umfasst sind allerdings solche Kosten, die der Betreiber dafür aufwenden
muss, dass er sein System so einrichtet, dass eine Überwachung möglich ist.
Zu Artikel
22:
Nach dieser
Bestimmung können die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die technische
Weiterentwicklung der Telekommunikation jederzeit multilaterale oder bilaterale
Vereinbarungen schließen, die die strafrechtliche Zusammenarbeit bei der
Überwachung der Telekommunikation erleichtern.
Zu Artikel
23:
Das vorliegende
Übereinkommen enthält als erstes Instrument über die Rechtshilfe in Strafsachen
umfassende datenschutzrechtliche Bestimmungen.
Abs. 1
begrenzt den Anwendungsbereich der Vorschrift auf „personenbezogene“ Daten. Es
handelt sich dabei um Daten im Sinne von Art. 2 lit. a des
Übereinkommens des Europarats zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung
personenbezogener Daten vom 28.1.1981. Danach sind „personenbezogene Daten“
alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person
(„Betroffener“), ungeachtet der Art der Speicherung oder der Verarbeitung der
personenbezogenen Daten. Art. 23 findet daher sowohl auf automatisch als
auch auf nicht automatisch verarbeitete Daten Anwendung.
Als „bestimmbar“
wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann,
insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer.
Personenbezogene
Daten, die auf Grund dieses Übereinkommens übermittelt werden, dürfen ohne
vorherige Zustimmung des übermittelnden Mitgliedstaats für folgende Zwecke
verwendet werden:
- für Verfahren, auf die das Übereinkommen Anwendung
findet. Es handelt sich dabei um Verfahren, die von Art. 1 und 3 erfasst
werden (Verfahren nach dem Europ RH Übk idF des ZP vom 17.3.1978, nach den
Bestimmungen über die Rechtshilfe in Strafsachen des SDÜ sowie um
Verwaltungsverfahren, sofern gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde ein
auch in Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann);
- für sonstige justizielle und verwaltungsbehördliche
Verfahren, die mit Verfahren, auf die das Übereinkommen Anwendung findet,
unmittelbar zusammenhängen (zB Verfahren in Handelssachen im Zusammenhang mit
einem Kridadelikt, Verfahren betreffend den Entzug des Sorgerechts im
Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Kindesmisshandlung oder Verfahren
betreffend den Entzug eines Waffenscheins im Zusammenhang mit einem Strafverfahren
wegen eines Gewaltdelikts mit Waffen);
- zur Abwehr einer unmittelbaren und ernsthaften Gefahr
für die öffentliche Sicherheit (vgl. Art. 20 Abs. 4 lit. b
Z ii).
Für jede andere
Verwendung personenbezogener Daten ist nach Abs. 1 lit. d die vorherige
Zustimmung des übermittelnden Mitgliedstaats erforderlich, es sei denn, der
Betroffene stimmt der Verwendung der Daten zu.
In Abs. 2
wird klargestellt, dass die Bestimmungen des Art. 23 auch auf
personenbezogene Daten Anwendung finden, die nicht „übermittelt“, sondern im
Rahmen des Übereinkommens „auf andere Weise erlangt“ worden sind. Darunter
fallen etwa Daten, die im Zusammenhang mit Maßnahmen nach Art. 9
(zeitweilige Überstellung inhaftierter Personen zu Ermittlungszwecken),
Art. 10 (Vernehmung per Videokonferenz), Art. 11 (Vernehmung per
Telefonkonferenz) und Art. 20 (Überwachung des Telekommunikationsverkehrs
ohne technische Hilfe eines anderen Mitgliedstaats) erlangt wurden. Diese Daten
wurden dem ersuchenden Mitgliedstaat nämlich nicht im Wege einer
zielgerichteten Übermittlung, sondern anlässlich der Durchführung einer
Rechtshilfemaßnahme zur Kenntnis gebracht.
Nach Abs. 3
kann der übermittelnde Mitgliedstaat den ersuchenden Mitgliedstaat um Auskunft
über die Verwendung der Daten ersuchen. Eine derartige Möglichkeit besteht
jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Umstände des konkreten Falles dies
erfordern. Damit sollen systematische Anfragen, die zu einer erheblichen
Belastung des ersuchenden Mitgliedstaats führen würden, vermieden werden.
Abs. 4 regelt
das Verhältnis von Art. 23 zu jenen Bestimmungen des Übereinkommens, die
dem ersuchten Mitgliedstaat die Möglichkeit einräumen, die Bewilligung des
Ersuchens an bestimmte (datenschutzrechtliche) Bedingungen zu knüpfen
(Art. 7 Abs. 2, 18 Abs. 5 lit. b, 18 Abs. 6 und 20
Abs. 4). Sofern derartige Bedingungen zum Zeitpunkt der Datenübermittlung
gestellt werden, haben sie Vorrang vor der Regelung des Art. 23.
Nach Abs. 5
haben die Datenschutzbestimmungen des Art. 13 Abs. 10 (Verwendung der
von einem Mitglied einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe rechtmäßig erlangten
Informationen) Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften des Art. 23.
Art. 23 findet nicht auf personenbezogene Daten
Anwendung, die ein Mitgliedstaat im Rahmen dieses Übereinkommens erlangt hat,
die jedoch aus diesem Mitgliedstaat stammen (Abs. 6).
Abs. 7
enthält eine Sonderregelung für Luxemburg.
Zu Artikel
24:
Diese Bestimmung
verpflichtet die Mitgliedstaaten, zum Zeitpunkt der Notifizierung der
Ratifikation des Übereinkommens die Behörden zu benennen, die für die Anwendung
des Übereinkommens zuständig sind, soferne diese nicht schon in der Erklärung
zu Art. 24 Europ RH Übk benannt wurden.
Zu Artikel
25:
Nach diesem
Artikel sind Vorbehalte zum Übereinkommen nur in den ausdrücklich vorgesehenen
Fällen (Art. 6 Abs. 3 und 7, 9 Abs. 6, 10 Abs. 9, 14
Abs. 4, 18 Abs. 7 und 23 Abs. 7) zulässig.
Es wird
vorgeschlagen, dass Österreich von den Vorbehaltsmöglichkeiten keinen Gebrauch
macht.
Zu Artikel
26:
Diese Bestimmung
betrifft den territorialen Geltungsbereich. Sie sieht vor, dass die Anwendung
des Übereinkommens auf Gibraltar von der Ausdehnung des Anwendungsbereichs des
Europ RH Übk auf dieses Gebiet abhängt.
Zu Artikel
27:
Dieser Artikel
regelt das In-Kraft-Treten des Übereinkommens.
Dieses tritt 90
Tage nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde durch den achten Staat, der zum
Zeitpunkt der Annahme des Übereinkommens (29.5.2000) Mitglied der EU war, in
Kraft.
Nach Abs. 5
können die Mitgliedstaaten eine Erklärung zur vorläufigen Anwendbarkeit des
Übereinkommens abgeben. Danach wird das Übereinkommen in den Beziehungen zu
anderen Mitgliedstaaten, die eine entsprechende Erklärung abgegeben haben,
vorzeitig angewandt.
Es wird
vorgeschlagen, dass Österreich eine entsprechende Erklärung abgibt.
Zu Artikel
28:
Dieser Artikel
eröffnet allen Staaten, die Mitglied der EU werden, die Möglichkeit, dem
Übereinkommen beizutreten, und regelt die Einzelheiten des Beitritts.
Zu Artikel
29:
Dieser Artikel
regelt das In-Kraft-Treten der in Art. 2 Abs. 1 genannten
Bestimmungen des Übereinkommens für Norwegen und Island.
Diese treten 90
Tage nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem diese Länder die Erfüllung ihrer
verfassungsrechtlichen Voraussetzungen notifiziert haben.
Zu Artikel
30:
Dieser Artikel
statuiert, dass der Generalsekretär des Rates der EU Verwahrer des
Übereinkommens ist. Er hat die Mitgliedstaaten über alle Notifizierungen in
Verbindung mit dem Übereinkommen zu unterrichten.
Die
Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der
Genehmigung des Übereinkommens gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu
beschließen, dass dessen dänische, englische, finnische,
französische, griechische, irische, italienische, niederländische,
portugiesische, schwedische und spanische Sprachfassungen dadurch kundgemacht
werden, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für
auswärtige Angelegenheiten aufliegen.
Daran anknüpfend
wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß
§ 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser
Sprachfassungen Abstand genommen.
Die gesamte
Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.