720 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über die Regierungsvorlage (675 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicher­heitsgesetz, das Arzneimittelgesetz, das Medizinproduktegesetz, das Arzneiwaren­einfuhrgesetz 2002, das Blutsicherheitsgesetz 1999 und das Behörden-Überleitungs­gesetz  geändert werden

Österreichs Pharma- und Biotechnolgieindustrie erzielte 2002 mit 9.194 Beschäftigten einen Bruttoproduktionswert von 1,78 Milliarden Euro. Mit einer Forschungsquote von beträchtlichen 14% ist diese Branche auch ein Pfeiler in der österreichischen Forschungslandschaft.

Berücksichtigt man über die direkten Indikatoren auch noch die Verflechtungen mit Zulieferbetrieben sowie die durch Zulieferungen ausgelösten Investitionen und den bewirkten Konsum, so hängen direkt und indirekt 27.567 Beschäftigte von der Pharmawirtschaft ab.

Die Pharmawirtschaft erbrachte im Jahr 2002 insgesamt eine Steuerleistung von 307,7 Millionen Euro.

Durch den Anstieg der Exporte in eine Höhe von 3,041 Milliarden Euro werden die Aufwendungen für Importe in einer Höhe von 3,091 Milliarden Euro für 2002 nahezu vollständig gedeckt.

Eine Befragung – bei international verankerten Großunternehmen – hat in einigen Aspekten durchaus Zufriedenheit mit den österreichischen Standortbedingungen wie Ausbildungsstand, Forschungsleistung, Nähe zur medizinischen Forschung und Prüfung ergeben.

Im Bereich der behördlich wahrzunehmenden Aufgaben bestehen allerdings Defizite, die zum Nachteil für die pharmazeutischen Industrie im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit führen können.

In einem immer härter werdenden Konkurrenzkampf ist die Zeit von der Antragstellung für eine Zulassung bis zur tatsächlichen Zulassung von großer Bedeutung. Rasch arbeitende und fachlich kompetente Zulassungsstellen sind für eine rasche Marktverfügbarkeit von Arzneimitteln von vorrangiger Bedeutung.

Eine detaillierte Schwachstellenanalyse im Bereich des Arzneimittelwesens und im Bereich des Medizinproduktewesens haben die Probleme in diesen Bereichen aufgezeigt.

Die bisherigen Lösungsansätze (Aufnahme zusätzlichen Personals im Bundesinstitut für Arzneimittel bzw. Heranziehung externer Gutachter) haben zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt. Die Aufnahme zusätzlichen Personals war unter den Vorgaben für  Personalabbau im Bund nicht realisierbar, durch die Heranziehung externer „Teilzeitgutachtern“ konnte dieses komplexe Problem, das sich aus exakter Terminarbeit, um die entsprechenden Fristen einhalten zu können, und aus der Bereitstellung der entsprechenden Expertise, die für eine Erstellung von Zulassungsgutachten notwendig ist, zusammensetzt, nicht gelöst werden.

Für die Personalrekrutierung ergibt sich ein weiteres Problem, das nur mit Hilfe der Ausgliederung gelöst werden kann. Experten, die in der Lage sind, entsprechende Gutachten zu erstellen, sind nur schwer zu den Konditionen, die im Bundesdienst angeboten werden, zu finden. Mit der Erlassung des Medizinproduktegesetzes und der Änderung der Bestimmungen für klinische Prüfungen wurden zwei weitere Themenfelder in österreichisches Recht umgesetzt, ohne die entsprechenden personellen Vorkehrungen auf Bundesebene treffen zu können.

Die dargestellten Probleme können effektiv daher nur durch eine Reorganisation des Bundesinstitutes für Arzneimittel sowie sämtlicher Aufgaben im Bereich der Arzneimittelzulassung, der klinischen Prüfungen von Arzneimitteln und Medizinprodukten, der Pharmakovigilanz und Vigilanz im Bereich der Medizinprodukte und des Inspektionswesens erfolgen (PharmMed-Austria).

Dies entspricht auch der Struktur in den meisten Mitgliedstaaten der EU, die den operativen Bereich im Arzneimittelwesen an eine Agentur ausgelagert haben.

Mit der Reorganisation werden folgende Zielsetzung verfolgt:

         1.       Einhaltung der gesetzlichen Fristen bei der Erledigung von Anträgen im Rahmen des Arzneimittelgesetzes, EU-konforme Abwicklung der Verfahren.

         2.       Dauerhafte Sicherung ausreichender Fach- und Gutachterkapazitäten für die Zulassung von Arzneimittelen, die Genehmigung von klinischen Prüfungen, der Durchführung von Qualitätskontrollen und der Sicherstellung des Inspektionswesen.

         3.       Zeitgerechte Erfüllung der operativen und strategischen Anforderungen aus dem Medizinproduktegesetz, seinen Verordnungen und aus den europäischen Richtlinien für Medizinprodukte, um die Sicherheit von Medizinprodukten in den österreichischen Gesundheitseinrichtungen zu erhöhen und den Wirtschafts- und Forschungsstandort Österreich im Bereich der Medizin- und Biotechnologie zu festigen.

         4.    EU-konforme Optimierung des Pharmakovigilanz-Meldesystems und Schutz der Bevölkerung vor unerwünschten Arzneimittelwirkungen.

         5.       Schaffung der Voraussetzungen für E-Government, durch ein elektronisches Probenbegleitsystem, der Schaffung eines elektronischen Kanzleiverbundes für die Begutachtung und Zulassung/Änderung von Arzneimitteln, sowie die Einführung der verpflichtenden Antragstellung auf CD.

         6.       Verbesserungen im E-Government zur Erhöhung der Kundenfreundlichkeit gegenüber der Pharmaindustrie, den Medizinprodukteherstellern und der Öffentlichkeit.

         7.       Optimierung des Standortkonzeptes für die PharmMed-Austria unter Berücksichtigung des Aufbaues eines elektronischen Archivs für die Verwaltung der Zulassungs- und Inspektionsakten.

Allgemeine Organisation der PharmMed-Austria:

Die Ausgliederung der Aufgaben im Bereich des Arzneimittel-, Medizinprodukte- und Inspektionswesens sieht die Nutzung von bestehenden Strukturen vor. Im Sinne der Sparsamkeit betreffend den Umgang mit Steuermitteln ist es ein vorrangiges Ziel, Overhead-Kosten, die sich in einem ausgegliederten Unternehmen ergeben, so gering wie möglich zu halten.

Mit dem Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz wurden bereits sämtliche Bundesanstalten für Veterinärmedizin, Lebensmitteluntersuchungen und Humanmedizin in der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) mit mehreren Anstalten des BMLFUW zusammengeführt.

Im Zuge dieses Gründungsvorganges wurde eine gut funktionierende Verwaltungsstruktur in der AGES aufgebaut. Eine Ausgliederung der Aufgaben des Arzneimittel-, Medizinprodukte- und Inspektionswesen soll sich dieser Strukturen bedienen.

Es ist daher beabsichtigt, die PharmMed-Austria als ein Geschäftsfeld der AGES zu etablieren. An der Spitze dieses Geschäftsfeldes hat ein entsprechend fachlich qualifizierter Leiter zu stehen. Innerhalb der

AGES wird dieses Geschäftsfeld gleichberechtigt gegenüber den bereits etablierten Geschäftsfeldern und somit auch der bereits bestehenden Geschäftsführung unterstellt sein.

Die bereits aufgebauten internen Verwaltungsdienstleistungen, wie Personalverrechnung, Buchhaltung, Einkauf, EDV-Wartung etc. müssen daher nicht zusätzlich aufgebaut werden, da diese Leistungen von den Einrichtungen der AGES übernommen werden können.

Um eine tatsächliche Vereinfachung und damit verbundene Beschleunigung der Verwaltungstätigkeit zu erreichen, ist aber auch eine sinnvolle Annäherung von gutachterlicher Tätigkeit und hoheitlicher Vollzugstätigkeit unbedingt erforderlich. Zur Erreichung dieser Synergie bedarf es der Übertragung der hoheitlichen Aufgaben an ein Amt für Sicherheit im Gesundheitswesen, das auf die Ressourcen der Agentur zurückgreifen kann. Dieses Amt wird als Kollegialbehörde mit zwei fachlich qualifizierten Bediensteten des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen und dem Leiter des Geschäftsfeldes PharmMed-Austria konstruiert. Im Hinblick auf die Vielzahl der Aufgaben, die übertragen werden, ist ein abgestuftes Konzept des Aufgabenüberganges vorgesehen (die Aufgaben im Zusammenhang mit der Zulassung von Arzneispezialitäten und die Betriebsbewilligungen und Inspektionen im Arzneimittelbereich werden mit 1. Jänner 2006, die Aufgaben im Zusammenhang mit der Pharmakovigilanz und mit klinischen Prüfungen sowie die Aufgaben nach dem Medizinproduktegsetz werden mit 1. Jänner 2007 übertragen).

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 1. Dezember 2004 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Elmar Lichtenegger, Dr. Kurt Grünewald sowie die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen Maria Rauch-Kallat.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Elmar Lichtenegger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Es ist notwendig, für die Mitglieder des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen Stellvertreter vorzusehen, um für den Fall der Verhinderung eines oder mehrerer Mitglieder eine entsprechende Arbeitsfähigkeit des Amtes zu gewährleisten. Weiters ist eine Übergangsregelung hinsichtlich der Weitergeltung der bestehenden Gebührentarife nach den Materiegesetzen (zB Arzneimittelgesetz) für die Verfahren vorzusehen, die nach der alten Rechtslage fort- und zu Ende zu führen sind.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger und Elmar Lichtenegger mit Stimmenmehrheit angenommen.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2004-12-01

Dr. Peter Sonnberger                 Barbara Rosenkranz

       Berichterstatter                     Obfrau