Minderheitsbericht

der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und GenossInnen

gemäß § 42e Abs. 4 GOG

 

zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG

betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 01.01.2000, insbesonders unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den österreichischen Landwirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milchkontingente im Jahr 2003

1. Allgemeine Einleitung

Am 14. Jänner 2004 haben ein Viertel  der Abgeordneten gemäß § 32e Abs. 2 GOG des Nationalrates einen Antrag auf Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 01.01.2000, insbesonders unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den österreichischen Landwirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milchkontingente im Jahr 2003 gestellt.

Das Verlangen wurde wie folgt begründet:

„Die österreichische Bundesregierung lehnt grundlegende Reformen im Agrarförderungssystem ab und verhinderte – auf Kosten der Kleinbauern, der Konsumenten und der Steuerzahler – eine Reform der Agrarpolitik in Österreich.

Diese Regierung vertritt mit ihrer Agrarpolitik in erster Linie die Interessen der Großbauern. Das derzeitige Fördersystem, das die Höhe der Subventionen von der Größe der Flächen und der Anzahl der Nutztiere abhängig macht, soll beibehalten werden.

Bereits in der ersten Sitzung des Landwirtschaftsausschusses nach Antritt der Bundesregierung am 4. Februar 2000 gab der seinerzeitige Landwirtschaftsminister Molterer unmissverständlich die Richtung hinsichtlich der Verteilung von EU-Subventionen vor: ‚Er plane jedenfalls nicht die Möglichkeit der Staffelung innerösterreichisch vorzusehen...’  (OTS 3.2.2000).

Somit wurde die von der Europäischen Kommission eröffnete Möglichkeit, eine sozial gerechtere Verteilung der Subventionen im Agrarbereich in unserem Land umzusetzen, von ÖVP und FPÖ nicht aufgegriffen.

Die Prinzipien der inneragrarischen Solidarität sind unter der schwarz-blauen Regierung einer neoliberalen Politik, durch die Großbetriebe und die industrielle Landwirtschaft profitieren, gewichen. Die neue Regierungskoalition war offenbar angetreten, die Förderungen für Gutsbesitzer, Grafen, Fürsten und Stifte zu verteidigen bzw. auszuweiten.

Ein aktueller Fall der ungerechten Agrarpolitik dieser Regierung stellt die umstrittene Aufteilung der nationalen Milchquotenreserve dar.

Unter dem Eindruck eines breiten Unmutes innerhalb der bäuerlichen Betriebe, verwies der zuständige Landwirtschaftsminister, der die bezughabende Verordnung erlassen und damit zu verantworten hat, lapidar auf die mehrheitliche Entscheidung der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern.

Ein Abgeordneter der Regierungsparteien brachte im Rahmen des Landwirtschaftsausschusses die Einschätzung der Aufteilung der nationalen Milchquotenreserve auf den Punkt: ;Die Verteilung des Milchkontingents sei ‚eine Sauerei’, vor allem was die Vorgangsweise angeht (Parlamentskorrespondenz 24.11.2003).’ “

 

2. Ausschusssitzungen – Ablauf

Dem Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gehören

von der Österreichischen Volkspartei

die Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Peter Haubner, Erwin Hornek, Dipl.-Ing. Günther Hütl, Edeltraud Lentsch, Nikolaus Prinz, Alfed Schöls, Astrid Stadler, Ing. Josef Winkler und August Wöginger,

von der Sozialdemokratischen Partei Österreichs

die Abgeordneten Christian Faul, Mag. Kurt Gaßner, Heinz Gradwohl, Dr. Günther Kräuter, Dr. Christoph Matznetter, Stefan Prähauser, Mag. Ulrike Sima und Mag. Melitta Trunk,

von der Freiheitlichen Partei Österreichs

die Abgeordneten Mag. Dr. Magda Bleckmann und Detlev Neudeck

und von den Grünen

die Abgeordneten Mag. Werner Kogler und Dr. Gabriela Moser

an.

Obmann dieses Ständigen Unterausschusses ist der Abgeordnete Erwin Hornek, Stellvertreter sind die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Edeltraud Lentsch und Astrid Stadler, Schriftführer sind die Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Nikolaus Prinz und Alfred Schöls.

 

Abgeordneter Dipl.-Ing. Hannes Missethon wurde am 10. Mai 2004 als Mitglied anstelle des Abgeordneten Peter Haubner nominiert.

 

Anstelle der ausgeschiedenen Abgeordneten Mag. Ulrike Sima wurde am 15. Juli 2004 als Mitglied Abgeordneter Rainer Wimmer nominiert.

 

Zur Durchführung der gegenständlichen Prüfung bestand im Ständigen Unterausschuss Einvernehmen, den Präsidenten des Nationalrates gemäß § 39 Abs. 2 GOG zu ersuchen, durch den Stenographendienst eine auszugsweise Darstellung der Verhandlungen abfassen zu lassen.

Anlässlich der 10. Sitzung des Ständigen Unterausschusses in der XXII. GP am 11. Februar 2004 befasste sich dieser erstmalig mit dem gegenständlichen Prüfverlangen und beschloss mit Stimmenmehrheit, den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft gemäß § 40 Abs. 1 GOG um die Einleitung von Erhebungen und um schriftliche Äußerung in Berichtsform im Sinne des gegenständlichen Prüfverlangens – gemäß § 32e Abs. 3 GOG jene Teilbereiche ausgenommen, die Gegenstände betreffen, zu denen bereits ein Prüfungsverfahren beim Rechnungshof anhängig ist - bis 12. März 2004 zu ersuchen.

Anlässlich der 10. Sitzung am 11. Februar 2004 waren die Abgeordneten

 

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler

Franz Xaver Böhm

Erwin Hornek

Dipl.-Ing. Günther Hütl

Edeltraud Lentsch

Nikolaus Prinz

Christine Marek

Astrid Stadler

Ing. Josef Winkler

Gabriele Tamandl

 

Christian Faul

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Dr. Christoph Matznetter

Stefan Prähauser

Mag. Ruth Becher

Mag. Christine Lapp

 

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch

Klaus Wittauer

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

anwesend.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Nikolaus Prinz, Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Erwin Hornek, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Heinz Gradwohl, Franz Xaver Böhm, Astrid Stadler und Mag. Kurt Gaßner.

 

In der 11. Sitzung am 18. März 2004 waren die Abgeordneten

Mag. Heribert Donnerbauer

Peter Haubner

Erwin Hornek

Dipl.-Ing. Günther Hütl

Johann Kurzbauer

Nikolaus Prinz

Fritz Grillitsch

Astrid Stadler

Ing. Josef Winkler

Franz Xaver Böhm

 

Christian Faul

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Mag. Ruth Becher

Stefan Prähauser

Mag. Ulrike Sima

Mag. Melitta Trunk

 

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

 

anwesend, von denen die Abgeordneten Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, Dr. Günther Kräuter,  Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Nikolaus Prinz, Fritz Grillitsch, Christian Faul, Mag. Werner Kogler, Heinz Gradwohl, Mag. Heribert Donnerbauer, Stefan Prähauser, Mag. Kurt Gaßner, Fritz Grillitsch, Heinz Gradwohl, Mag. Ruth Becher und Bundesminister  Dipl.-Ing. Josef Pröll das Wort ergriffen.

In dieser Sitzung wurde für diesen Tag Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll geladen.

Diese Sitzung diente auch zur Beschlussfassung der Ladungen von SC Ing. Mag. Dr. Hans-Günter Gruber und von Mag. Georg Schöppl für die nächste sowie von Präs. ÖkR Rudolf Schwarzböck und Präs. ÖkR Walfried Wutscher für die übernächste Sitzung als Auskunftspersonen.

Im Zuge der weiteren Prüfung waren in der 12. Sitzung am 22. April 2004 die Abgeordneten

Mag. Heribert Donnerbauer

Norbert Sieber

Erwin Hornek

Anna Höllerer

Fritz Grillitsch

Nikolaus Prinz

Alfred Schöls

Astrid Stadler

Ing. Josef Winkler

Dr. Peter Sonnberger

 

Christian Faul

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Mag. Ruth Becher

Stefan Prähauser

Kai Jan Krainer

Mag. Ulrike Sima

Heidrun Walther

 

Anton Wattaul

Dipl.-Ing. Elke Achleitner

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

 

anwesend, von denen die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter, Nikolaus Prinz, Heinz Gradwohl, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Mag. Werner Kogler, Anton Wattaul, Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Peter Sonnberger, Astrid Stadler, Anna Höllerer, Mag. Kurt Gaßner, Heidrun Walther, Dipl.-Ing. Elke Achleitner, Mag. Ulrike Sima, Ing. Josef Winkler und Mag. Ruth Becher das Wort ergriffen.

Als Auskunftspersonen waren an diesem Tag Herr SC Ing  Mag. Dr. Hans-Günter Gruber und Mag.   Georg Schöppl anwesend.

Die Beratungen wurden in der 13. Sitzung am 12. Mai 2004 fortgesetzt. Anwesend waren die Abgeordneten

Mag. Heribert Donnerbauer

Erwin Hornek

Norbert Sieber

Edeltraud Lentsch

Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Anna Franz

Nikolaus Prinz

Alfred Schöls

Fritz Grillitsch

Ing. Josef Winkler

August Wöginger

 

Christian Faul

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Dr. Christoph Matznetter

Mag. Ruth Becher

Heidrun Walther

 

Dipl.-Ing Uwe Scheuch

Klaus Wittauer

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

 

von denen die Abgeordneten Dr. Günther Kräuter,  Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber , Erwin Hornek, Mag. Heribert Donnerbauer, Nikolaus Prinz, Dipl.-Ing Uwe Scheuch, Heinz Gradwohl, Mag. Werner Kogler, Dr. Christoph Matznetter, Fritz Grillitsch, Mag. Kurt Gaßner, Christian Faul, Dr. Christoph Matznetter, Klaus Wittauer und Heidrun Walther das Wort ergriffen.

Als Auskunftspersonen wurden an diesem Tag Präs. ÖkR Rudolf Schwarzböck und Präs. ÖkR Walfried Wutscher beigezogen.

Diese Sitzung diente auch zur Beschlussfassung der Ladungen von MinR Heinz Hahn und Direktor Dr. Albert Wurzer.

 

Die Beratungen wurden in der 14. Sitzung am 8. Juli 2004 fortgesetzt. Anwesend waren die Abgeordneten

Mag. Heribert Donnerbauer

Erwin Hornek

Dipl.-Ing. Günther Hütl

Fritz Grillitsch

Dipl.-Ing. Hannes Missethon

Nikolaus Prinz

Georg Keuschnigg

Astrid Stadler

Ing. Josef Winkler

August Wöginger

 

Christian Faul

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Dr. Christoph Matznetter

Stefan Prähauser

Mag. Ruth Becher

Rainer Wimmer

 

Klaus Wittauer

Markus Fauland

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

 

von denen die Abgeordneten Heinz Gradwohl, Nikolaus Prinz, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Rainer Wimmer, Georg Keuschnigg, Klaus Wittauer, Mag. Kurt Gaßner, Erwin Hornek, Dr. Günther Kräuter, Mag. Heribert Donnerbauer und Mag. Werner Kogler das Wort ergriffen.

 

Die geladenen Auskunftspersonen MinR Heinz Hahn und Direktor Dr. Albert Wurzer waren an diesem Tag anwesend.

 

In dieser Sitzung wurden zwei Beschlüsse betreffend Ersuchen um schriftliche Äußerung der Generaldirektion Landwirtschaft der EU-Kommission gefasst.

 

Die Beratungen wurden in der 15. Sitzung am 5. Oktober 2004 fortgesetzt. Anwesend waren die Abgeordneten

Mag. Heribert Donnerbauer

Erwin Hornek

Dipl.Ing. Klaus Hubertauer

Georg Keuschnigg

Dipl.Ing. Hannes Missethon

Nikolaus Prinz

Alfred Schöls

Astrid Stadler

Ing. Josef Winkler

Gabriele Tamandl

 

Mag. Kurt Gaßner

Heinz Gradwohl

Dr. Günther Kräuter

Mag. Ruth Becher

Ing. Kurt Gartlehner

Mag. Melitta Trunk

Rainer Wimmer

 

Dipl.Ing. Uwe Scheuch

Mares Rossmann

 

Mag. Werner Kogler

Dipl.Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

 

von denen die Abgeordneten Dr. Günter Kräuter, Nikolaus Prinz, Heinz Gradwohl, Dipl.Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Georg Keuschnigg, Dipl.Ing. Uwe Scheuch, Mag. Werner Kogler und Mag. Kurt Gaßner das Wort ergriffen.

3. Probleme der Ausschussarbeit

Die Arbeit des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses war geprägt durch den Umstand, dass dem Kontrollrecht der Opposition nicht entsprochen wurde und die Ladung wesentlicher Auskunftspersonen bewusst von den Mehrheitsfraktionen verhindert wurde.

 

Nachfolgende Auskunftspersonen wurden durch die ÖVP/FPÖ-Ausschussmehrheit abgelehnt:

1.       Bundesminister für Finanzen Mag. Karl Heinz Grasser

2.      EU-Kommissar Dr. Franz Fischler

3.      DI Ladenhauf-Lieschnegg

4.      Dr. Windpichler, Hauptzollamt Salzburg

5.      Dr. Leopold Kierner, Bundesanstalt für Agrarwirtschaft

6.      Dr. Thomas Dachs, Bundesanstalt für Bergbauernfragen

7.      DI August Astl, Generalsekretär der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs

 

Die Befragung von EU-Landwirtschaftskommissar Dr. Franz Fischler wurde von der SPÖ-Fraktion dreimal beantragt und ebenso dreimal von der ÖVP/FPÖ-Mehrheitsfraktion abgelehnt.

Die Ausführungen der tatsächlich geladenen Auskunftspersonen ergaben im Zuge der Befragungen heftige Widersprüche, deren Ausräumung zumeist am Nichtbeschluss eines weiteren Ladungsantrages scheiterte.

Die Kontrollverhinderungspolitik manifestierte sich in der Vorgangsweise des Ausschuss-Vorsitzenden, den Bericht der Mehrheitsfraktionen in der Sitzung am 5. Oktober 2004 zuerst abzustimmen und erst nach der Abstimmung in die Tagesordnung einzugehen, um diesen Bericht zu diskutieren. Auch FPÖ-Abgeordneter Scheuch fand für diese Vorgangsweise entsprechende Formulierungen und er stellte fest, „dass im Endeffekt hier viele Fragen offen sind, die auch von Seiten der Freiheitlichen agrarpolitisch zu stellen wären, das habe er bereits am Anfang des Rechnungshofausschusses klargemacht. Das wissen auch jene, die meine Stellungnahmen zu Agrarpolitik der ÖVP kennen“, und weiter „dass er (gemeint der Bericht des Unterausschusses) natürlich inhaltlich agrarpolitische Fehlentscheidungen der ÖVP, welche die Agrarpolitik seit Jahrzehnten dominiert, nicht rechtfertigt“.

 

4. Inhaltliche Erörterung des Untersuchungsgegenstandes

A. GAP-Reform

Jene Stimmen, die seit Jahren für eine grundlegende Reform der Agrarpolitik in Europa eintreten – um die finanziellen Mitteln insgesamt zu reduzieren sowie deren ungerechte Verteilung zugunsten mehr Gerechtigkeit und Sinnhaftigkeit zu ändern – wurden immer zahlreicher und lauter (OECD, Europäischer Rechnungshof, etc.). Zahlreiche Subventionsbetrügereien, Lebens- bzw. Futtermittelskandale sowie grauenvolle Bilder über skandalöse Tiertransporte, die von diesem Förderungssystem profitieren, verstärkten die Kritik der Öffentlichkeit.

 

Aber auch in Österreich haben 17 Jahre ÖVP-Agrarminister eine katastrophale Bilanz hinterlassen:

      Wir haben in Österreich wie in der EU eine extrem ungerechte Verteilung der Agrarsubventionen, die kleine Familienbetriebe schwer benachteiligt.

      Gefördert wird die Menge und nicht die Qualität.

      Der Anteil der öffentlichen Gelder am landwirtschaftlichen Einkommen beträgt laut „Grünen Bericht“ mittlerweile für einen durchschnittlichen österreichischen Betrieb 80 %!

      Es hat sich eine äußerst komplizierte, praxisfremde Agrarbürokratie verfestigt.

      Ein Großteil der Bäuerinnen und Bauern ist mit dieser Situation unzufrieden.

 

Wie kann man mit so viel Geld für so viel Unzufriedenheit sorgen?

Der österreichische Agrarkommissar Fischler hat den immensen Reformstau erkannt und einen ambitionierten Vorschlag zur substanziellen Änderung des europäischen Agrarsystems und seiner Förderungen eingebracht. Hintergrund dafür waren neben dem dringenden Reformbedarf auch die Zielsetzung, mit einer „echten“ Reform für die WTO-Verhandlungen im Sinne Europas gute Verhandlungsvoraussetzungen zu schaffen und darüber hinaus zu berücksichtigen, dass bei den steuerzahlenden Konsumenten die Grenzen der Akzeptanz und damit zur gesellschaftlichen Toleranz zur Aufbringung hoher Steuermittel erreicht sind.

Bedauerlicherweise haben die österreichischen ÖVP-Agrarminister die von Kommissar Fischler vorgelegten Reformpläne auf EU-Ebene im Agrar-Ministerrat, im Auftrag der Spitze des Bauernbundes und der Präsidentenkonferenz (PRÄKO) mitverhindert. Dabei wurde der österreichische Agrarkommissar seitens der Vertreter der PRÄKO und des ÖVP-Bauernbundes sowohl in den Medien als auch bei öffentlichen Auftritten in Österreich heftig und nicht immer auf rein fachlicher Ebene angegriffen. Die Reaktion Fischlers war eine professionelle Darlegung der sinnvollen Konzepte, die durchaus – und davon konnte sich auch das Parlament überzeugen – einer „geduldigen Nachhilfestunde“ für Mandatare gleich kam. An Klarheit und Sachlichkeit für eine Reform hat es dabei nie gemangelt. Dies war aber offensichtlich der Hauptgrund, dass für die ÖVP eine Ladung Fischlers von Anfang an grundsätzlich nie in Frage gekommen ist. Unvorstellbar, dass der Agrarkommissar aus Brüssel und die Oppositionsparteien einer Meinung sein könnten.

In Österreich selbst hatte der Landwirtschaftsminister kein Interesse gezeigt, die Oppositionsparteien bzw. das Parlament bei der konkreten Erarbeitung der österreichischen Position wirklich einzubinden.

Sowohl die EU-Agrarreform als auch deren nationale Umsetzung haben daher allein diese Regierung und die ÖVP-Landwirtschaftsminister zu verantworten!

Österreich hatte die Möglichkeiten die Marktordnungszahlungen zu entkoppeln. Dies wurde nicht genutzt. Österreich hat somit eine große Chance verspielt und dafür ist die österreichische Volkspartei, sind die ÖVP-Landwirtschaftsminister, alleine verantwortlich.

Der Befund über die ÖVP-Agrarpolitik und vor allem die Agrarpolitik dieser Regierung fällt negativ aus. Kein Reformwille wohin man blickt, keine weiteren Schritte zu mehr sozialer Gerechtigkeit durch nationale Einführung der sozialen Staffelung, keine Ansätze zum effizienteren Mitteleinsatz durch Vereinfachung der Förderungsabwicklung, keine Schwerpunkte für mehr Ökologie und mehr Biolandbau durch eine Biooffensive.

Die Regierungslinie des ÖVP-Landwirtschaftsministers lautet weiterhin: „Gebt uns mehr Geld – wir machen weiter so!“ – dies im Sinne der Großbauern in den Gunstlagen.

Aus diesem Grund kann diese Regierung für die Mehrheit der bäuerlichen Betriebe keine wirtschaftlichen Perspektiven, keine soziale Sicherheit und keine berechtigten Hoffnungen bieten.

Nicht überraschend spricht daher die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem 2004 erschienenen ersten Bericht über die Agrarpolitik der Mitgliedsländer („Agriculturel policies 2000“), dass die Reformen nur bescheidene Resultate gebracht haben. „Jedoch führten die Reformen weder zu einer signifikanten Reduzierung des Subventionsniveaus noch öffneten sie die EU-Märkte für außereuropäische Agrarproduzenten. Außerdem kritisierte die OECD, dass die EU-Subventionen weiterhin vor allem die reicheren Bauern mit den größeren Landbesitz begünstigten“ (Neue Züricher Zeitung, 12/13.6.04).

So wie es aussieht, liegen die größten Hürden also noch vor den bäuerlichen Produzenten. Die Umsetzung der sogenannten nationalen „Agrarreform“ bringt wenig bis keine Hoffnung für die Mehrheit der österreichischen kleinbäuerlichen Agrarbetriebe – weil sie eben keine Reform ist! Vor allem das ungerechte Förderungssystem bietet gerade Kleinbetrieben in den benachteiligten Regionen wenig Chancen, etwa die Herausforderung der EU-Erweiterung erfolgreich zu meistern.

Darüber hinaus wird die Umsetzung mit einem enormen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verbunden sein.

Obwohl die auf EU-Ebene beschlossene GAP-Reform den Mitgliedsstaaten einen hohen Handlungsspielraum im Bezug auf die Agrarförderungen einräumt, werden Familienbetriebe in benachteiligten Gebieten und Berggebiete weiterhin benachteiligt. Selbst über die Kosten des weiteren Aufblähens des Verwaltungsaufwandes gibt es unterschiedliche bzw. widersprüchliche Aussagen seitens des Ministeriums bzw. der AMA, was sich u.a. im Rahmen der Befragung im Ausschuss zeigte.

Wohin weitere Reformverweigerungen führen, hat im Rahmen eines Bergbauernkongresses, Univ.Prof. Welan, als Experte der Universität für Bodenkultur skizziert, in dem er vor einer weiteren Abhängigkeit der Subventionen warnt. „Nur so könne vermieden werden, dass die zukünftigen Bauern zu Parkwächtern werden.“ „Eine Art Zubehör zu einem Nationalpark ... zu dauernden Pfleglingen der Regierung ... die auf Kosten der übrigen Bevölkerung leben und in ihrem Lebensunterhalt von dauerpolitischen Entscheidungen abhängig sind“.

Der Rechnungshof-Unterausschuss hat sich somit leider als ein weiteres Glied in der Beweiskette der Reformunwilligkeit und der Reformunfähigkeit der ÖVP-Agrarier herausgestellt.

Als Ergebnis der Befragungen von Auskunftspersonen und Diskussionen darüber ist festzuhalten, dass die Angst der ÖVP Agrariern – selbst in einem vertraulichen Ausschuss offen über die Zukunft der österreichischen Agrarpolitik zu diskutieren – im Ringen um Zukunftslösungen obsiegte.

Auskunftspersonen, die sich – unter Berufung auf den Landwirtschaftsminister – weigerten auf konkrete Fragen zu antworten, ein Landwirtschaftsminister, der nicht gewillt ist, sich den Fragen der Zukunft außerhalb des geschützten Bereiches seiner Fraktion zu stellen und sich durch die Mehrheit der Regierungsfraktionen verleugnen lässt (mehrfache Ablehnung der Ladung als Auskunftsperson), sowie die Weigerung, den amtierenden Agrarkommissar in den Ausschuss einzuladen sind beredte Zeichen der Ignoranz gegenüber den demokratischen, parlamentarischen Spielregeln einerseits, aber auch für die Zukunftsangst der ÖVP-Agrarier andererseits.

Dass es den Mehrheitsfraktionen nicht gelungen ist, den als vorgeschlagenen Ersatz für den Agrarkommissar in Person eines Beamten der GD Landwirtschaft der EK – sofern dies überhaupt möglich ist, diesen als Ersatz zu sehen – als Auskunftsperson zu gewinnen, ist eine weiterer Beweis für die unterdurchschnittliche Akzeptanz der österreichischen und damit der PRÄKO und ÖVP Agrarpolitik seitens Brüssel.

Hochachtung gebührt jedoch den internationalen Gästen, welche als Auskunftspersonen ihre nationalen Wege in eine bessere und effizientere Agrarzukunft ihrer Staaten – im Rahmen der GAP-Beschlüsse aufzeigten. Leider blieben die Regierungsfraktionen von diesen Möglichkeiten der GAP-Reform-Umsetzung völlig unberührt und beharrten auf ihrem Weg der vertanen Chancen.

Selbst die Möglichkeit, Licht ins Dunkel der Erstattungszahlungen zu bringen, wurde von den Regierungsfraktionen – wieder voran von der ÖVP – ungenutzt gelassen. Eine beantragte, fachkundige Auskunftsperson (nach übereinstimmender Einschätzung des Ausschusses die einzige Person, die über umfassendes Wissen in diesem Bereich verfügt) zu laden, wurde von der Regierungsmehrheit abgelehnt. Wer so wie hier die ÖVP agiert, hat im Regelfall etwas zu verbergen!

 

Fazit aus sozialdemokratischer Sicht:

Die ÖVP konnte – trotz Bemühungen – den Unterausschuss nicht verhindern. Die ÖVP-Fraktion im Ausschuss hat aber mit Hingabe daran gearbeitet, eine effiziente Ausschussarbeit zu verhindern.

Einerseits wurde die Möglichkeit verhindert, die Umsetzung der GAP-Reform (als Teil des Verhandlungsgegenstandes) sowie andererseits die Förderpolitik, Erstattungs- und Quotenzuteilungspolitik intensiv zu diskutieren und zu beleuchten. Damit wurde aber gleichzeitig die Chance vertan, zu einer breit getragenen Verständigung für die zukünftige Agrarpolitik zu kommen. Denn nur wenn die Schwachstellen und Euro-Fresser der derzeitigen Förderpolitik aufgezeigt und verändert werden, kann die zukünftige Agrarpolitik zielgerichtet die österreichische Landwirtschaft unterstützen. Das Motto hätte lauten können: „Aus der Vergangenheit lernen, in der Gegenwart arbeiten und für die Zukunft wirken!“ Doch das geht leider mit dieser ÖVP nicht.

Leider wird diese, die Pfründe einiger ÖVP-Funktionäre und nur diese sichernde Zukunftsverweigerung auf dem Rücken der österreichischen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, der Konsumentinnen und Konsumenten ausgetragen und schadet diesen, dem Wirtschaftsstandort Österreich, der Landwirtschaft und der Umwelt.

Die SPÖ-Fraktion bedauert diese Weigerung und wird die Verantwortlichen dafür nie aus ihrer Verantwortung entlassen.

 

B. Exkurs: Aufteilung der nationalen Milchquotenreserve

Die Europäische Union bezahlt im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik ab 2004 an alle Milchbauern eine Prämie (abhängig von der einzelbetrieblichen Milchquote). Diesbezüglich wurde durch den Landwirtschaftsminister entschieden, diese sogenannte „nationale Reserve“ im Ausmaß von 36.000 Tonnen aufzuteilen. Die Aufteilung soll aber nur unter jenen Milchbauern erfolgen, die ihre Milchquote zwischen 1.4.2000 und 31.7.2003 um mindestens 1.000 kg (auch durch Zukauf) erhöht haben. Zwar wird die Mindestmenge der Zuteilung von der Europäischen Union vorgegeben, welche Betriebe aber einen Antrag auf eine Quotenzuteilung stellen können, wird national festgesetzt. Die gegebene Aufteilung der Quote, dabei handelt es sich um allgemeine Steuermittel, wurde von der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs vorgeschlagen und mittels Verordnung von BM Dipl.Ing. Pröll festgesetzt. Diese Verteilung begünstigt Milchbauern, die einen extrem expansiven Weg beschritten haben, unverhältnismäßig hoch.

 

Aus dieser Vorgangsweise resultieren die grundsätzlichen Kritikpunkte der SPÖ, die sich wie folgt gliedern:

1.      Milchbauern werden ungleich behandelt, widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz, da keine sachlich gerechtfertigte Differenzierung.

2.      Kleinere Betriebe werden extrem benachteiligt.

3.       Unbegründeterweise wird die sogenannte „nationale Reserve“ nur auf diejenigen Milcherzeuger aufgeteilt, die im Zeitraum vom 1.4.2000 und 31.7.2003 ihre Milchquote durch Kauf oder Leasing um mindestens 1.000 kg erhöht haben. Milcherzeuger, bei denen dies nicht zutrifft, sind nicht antragsberechtigt und erhalten demnach keine Zuteilung.

4.      Dem wirtschaftlich Stärkeren (nur dieser kann 1.000 kg zukaufen oder leasen) wird eine zusätzliche Unterstützung mit Subventionscharakter gewährt.

5.      Es sind keine objektiven Unterscheidungsmarkmale zu erkennen, die eine Einschränkung der Zuteilung an Milcherzeuger, die ihre Quote erhöht haben, rechtfertigt.

6.      Die Verordnung widerspricht geltendem EU-Recht: bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte mit einer linearen Beteiligung sämtlicher Milcherzeuger nach sachlichen Kriterien vorgegangen werden müssen.

7.      Die Verordnung und der Vollzug dieser Verordnung greift in das Grundrecht der Erwerbsfreiheit ein, da den Milcherzeugern, die von der Zuteilung ausgenommen sind, nicht die gleichen Erwerbsmöglichkeiten eingeräumt werden, wie jenen, die von der Zuteilung profitieren.