Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber und Mag. Werner Kogler

zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend die Prüfung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 1.1.2000, insbesondere unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den österreichischen Land­wirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milch­kontingente im Jahr 2003

Vorbemerkungen

Am 14. Jänner 2004 wurde seitens der SPÖ-Fraktion das Verlangen auf Prüfung der Förderungsvergaben im Agrarwesen hinsichtlich ihrer sozialen, ökonomischen und ökologischen Wirkung seit 01.01.2000 eingebracht, insbesondere unter Berücksichtigung der Nichtinanspruchnahme der Möglichkeit der Einführung der Modulation durch den österreichischen Landwirtschaftsminister sowie der Entscheidung hinsichtlich der Verteilung der Milchkontingente im Jahr 2003. Die Gründe dafür waren mehr als berechtigt:

       Wettbewerbsverzerrung durch eindeutige Bevorzugung großer, intensiv wirtschaftender Betriebe bei den agrarischen Förderungen

      keine Nützung des Instrumentes der Modulation, um damit besonders ökologische Formen der Landbewirtschaftung zu unterstützen

      keine Berücksichtung des Faktors Arbeit und Beschäftigung bei den Förderungen

      ungerechte Zuteilung der Milchquotenreserve 2003: 77 % der aktiven Milchbauern wurden von der Quotenzuteilung ausgeschlossen

      aktuelle Vorschläge der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Agrarreform, des sogenannten „Betriebsprämienmodells“, das die Ungerechtigkeiten über Jahre hinaus zementiert und Betriebe, die im Referenzzeitraum keine Prämien erhielten, durch eklatante Wettbewerbsverzerrungen ins Out zwingt

       Unregelmäßigkeiten im Bereich der Agrarexporte, speziell im Fleischbereich (Verdacht des Ausfuhrerstattungsbetrugs, missbräuchlicher Prämienbezug, falscher Angaben etc., sh. Anfrage 3272/J und -beantwortung 3251(AB XXI. GP)

Der Unterausschuss tagte insgesamt  4 Mal. Folgende Experten bzw. politisch Verantwortliche wurden gehört: Landwirtschaftsminister Dipl. Ing. Josef Pröll, Landwirtschaftskammerpräsident und Vorsitzender des Milchausschusses der PRÄKO ÖkR Walfried Wutscher, Sektionschef SC Ing. Mag. Hans-Günter Gruber vom BMLFUW, Vorstandsdirektor der AMA Mag. Georg Schöppl, Präsident ÖkR Rudolf Schwarzböck, Vorsitzender der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, MinR Heinz Hahn, Bayrisches Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, Ressortdirektor Dr. Albert Wurzer, Ressort für Landwirtschaft, Informationstechnik, Grundbuch und Kataster, Landhaus Bozen. Auf Anregung der Grünen die letztgenannten zwei Experten aus Südtirol und Bayern eingeladen, die ihre interessanten Modelle hinsichtlich der Milchquotenvergabe vorgestellt haben. Leider gab es seitens der ÖVP keinerlei Signale, Vorteile dieser Systeme auch in Österreich einzuführen.

Ladung von Auskunftspersonen und Unterlagen verweigert

Die Regierungsparteien, insbesondere die ÖVP, verweigerten die Möglichkeit der Ladung von bestimmten Auskunftspersonen und blockierten damit die Beantwortung gravierender Fragestellungen. So wurde zum Beispiel der Antrag der Oppositionsparteien, EU-Kommissar Franz Fischler einzuladen, verweigert.

Ebenso die Ladung des zuständigen Vertreters für Exportsubventionen, Hauptzollamt Salzburg. Dies ist umso bedauerlicher, als aus Berichten des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfungen (OLAF) hervorgeht, dass das System der Ausfuhrerstattungen sehr betrugsanfällig ist. Auch in Österreich wurden anlässlich des ersten BSE-Falles 2001 gravierende Unregelmäßigkeiten beim Export und Import von Fleisch festgestellt. Laut Anfragebeantwortung des Finanzministers 3251/AB XXI. GP wurden im Jahr 2000 von 35 Firmen Förderungen in Höhe von 1.218.157 Euro und im Jahr 2001 von 27 Firmen Förderungen in Höhe von 2.185.716 Euro zu Unrecht bezogen. Unter anderem wurden folgende Unregelmäßigkeiten festgestellt: nicht korrekte oder gefälschte Zollpapiere, falsche Angabe des Ursprungs, falsche Mengenangaben, Nichterreichen des angegebenen Bestimmungsortes, Wiedereinfuhr, Ungültigkeit der vorgelegten Ausfuhrlizenz.

In der schriftlichen und ergänzenden Beantwortung von Fragen des Abgeordneten der Grünen DI Dr. Wolfgang Pirklhuber (Sitzung des ständigen Unterausschuss des Rechnungshof-Ausschusses vom 22. April 2004) hat der Vorstandsvorsitzende der Agrarmarkt Austria (AMA) Mag. Georg Schöppl eine Liste aller Exportlizenzen aus den Jahren 2000 bis 2003 zur Verfügung gestellt und ausdrücklich darauf verwiesen, dass eine Auskunft über die jeweilige Höhe der Exporterstattung je Betrieb, Rückforderungen und allfällige Gerichtsverfahren nur vom für Exporterstattungen zuständigen Zollamt Salzburg gegeben werden könnten.

Ausfuhrlizenz-Genehmigungen wurden in den Jahren 2000-2003 unter anderem an folgende Firmen vergeben (exemplarische Aufzählung):

Exporteure Bereich Getreide:

Linzer Kraftfutter (Linz), Recheis Eierteigwaren (Linz), Rolli Pet Tiernahrung GmbH (Hargelsberg), Raiffeisen Ware Austria (Wien), Saatbau Linz reg. Gen. mbH (Linz), Spitz KG (Linz), Metall und Farben GmbH (Wien), Agra Tagger Kraftfutterwerke AG (Graz), Tagger Koch GmbH (Amstetten), F. Url & Co GmbH (Unterpremstätten), Voest Alpine Intertrading AG (Linz) u.a.

Exporteure Bereich Milch:

Gebrüder Woerle (Henndorf), Pinzgauer Molkerei (Maishofen), Lactoprot (Pasching), Berglandmilch (Pasching), Tirolmilch (Innsbruck) u.a.

Exporteure mit Bescheinigungen von nicht unter Anhang I fallenden Waren:

Agrana (Gmünd), Coca Cola Beverages (Wien), Eckes Granini Austria (Kröllendorf), Haribo Lakritzen Hans Riegel (Linz), Hofer KG ZNL Schokoladefabrik (Sattledt), Josef Manner & Comp. AG (Wien) Kelly GesmbH (Wien), Kraft Foods Österreich GmbH (Wien), Lizu Trading Handels GesmbH (Zeltweg), Master Foods (Breitenbrunn), Nestle Österreich GmbH (Wien), Osotspa Trading AG (Innsbruck), Rauch Fruchtsäfte (Rankweil), Suchard Schokolade GesmbH (Bludenz), u.a.

Exporteure Bereich Fleisch:

Bergmüller (Henndorf a.W.), Bull (Martinsberg), Großfurtner (Utzenaich), Handl Tyrol (Pians), Handlbauer Linz (Linz), Jöbstl (Straß i. Stmk.), Miko (Zipf), NÖ Vieh- Fleisch (Martinsberg), Schirnhofer (Kaindorf), Sorger (Frauenthal), Tiroler Vieh Marketing (Innsbruck), u.a.

Weitergehende Fragen zu den erteilten Ausfuhrlizenzen wurden durch die Ablehnung diesbezüglicher Ladungsantrag der Grünen von ÖVP und FPÖ nicht zugelassen und damit die Arbeit des Unterausschusses massiv eingeschränkt.

Auch etliche von den Oppositionsparteien verlangte Protokolle wie z.B. das Protokoll des Milchwirtschaftsausschusses der PRÄKO, Berechnungsmodelle und –grundlagen, Kalkulationen hinsichtlich Milchquotenzuteilung und Umsetzung der EU-Agrarreform wurden den Ausschussmitgliedern verweigert. Wesentliche Fragestellungen wurden nicht klar beantwortet. Es entsteht der Eindruck, dass die ÖVP-dominierte österreichische Agrarpolitik ihre Entscheidungen über die Förderungspolitik weiterhin hinter verschlossenen Türen treffen will und – obwohl es sich um öffentliche Gelder handelt - das Licht der Öffentlichkeit meidet. Aktuelles Beispiel ist die Umsetzung der EU-Agrarreform in Österreich, wo die in Brüssel vorgelegten Unterlagen weder den Ausschussmitgliedern geschweige denn der Öffentlichkeit zur Verfügung standen.

Aufteilung der Direktzahlungen seit dem Jahr 2000

Die jährlich erscheinenden Grünen Berichte zeigen einen bedenklichen Trend in der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Entwicklung der österreichischen Landwirtschaft. Die Förderungen nehmen durchschnittlich pro Betrieb zu, aber die Anzahl der Betriebe und die Arbeitskräfte in der Landwirtschaft verringern sich laufend. Das bedeutet, dass die Förderungen keinerlei beschäftigungswirksamen Effekt haben, sondern - im Gegenteil – durch die Verteilung der Förderung die Abwanderung aus der Landwirtschaft beschleunigt wird.

Laut Grünem Bericht 2002 betrug der Anteil der öffentlichen Gelder an den Einkünften im Durchschnitt aller Betriebe 72,4 %. Bei den Marktfruchtbetrieben betrug dieser Anteil bereits 90,3 %. Im Durchschnitt erhielten Marktfruchtbetriebe nicht nur insgesamt wesentlich höhere Förderungen als die Bergbauern der Zone 1-3 und die Biobetriebe, sondern sogar höhere Förderungen aus dem Umweltprogramm.

Da bisher für fast alle Direktzahlungen die Fläche oder die Tierzahl die Bemessungsgrundlage bildete, erhielten große Betriebe hohe Summen, während kleine Betriebe mit geringen Zahlungen abgespeist wurden. Dies wird durch die im Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses auf S. 12 angeführte Tabelle über die Entwicklung der Gruppe der Direktzahlungen bis zu € 3.634 ,- zu jener Gruppe mit mehr als € 36.336,-- in den Jahren 2000 bis 2002 eindrucksvoll belegt. Dieser Trend setzte sich auch im Jahr 2003 fort. Der Grüne Bericht 2003 ergibt folgende Verteilung der Förderungsmittel in Österreich:

 

88 Betriebe erhielten im Jahr 2003 mehr als 163.239 Euro

27 Betriebe zwischen 65.406 und 72.673 Euro

30 Betriebe zwischen 58.138 und 65.406 Euro

39 Betriebe zwischen 50.871 und 58.138 Euro

84 Betriebe zwischen 43.604 und 50.871 Euro

152 Betriebe zwischen 36.336 und 43.604 Euro

 

hingegen erhalten im unteren Bereich

 

57.664 Betriebe (67,2 % der Betriebe) zwischen 0 und 3.634 Euro; sie werden mit einem Förderungsanteil von nur 20,4 Prozent abgespeist.

 

Seitens der österreichischen Bundesregierung und insbesondere des damaligen Landwirtschaftsministers Molterer gab es keinerlei Absichten, die im Rahmen der Agenda 2000 vorgesehenen Möglichkeiten  im Rahmen der VO (EG) 1259/1999) für die Modulation oder die Knüpfung der Direktzahlungen an Umweltstandards („cross compliance“) zu nützen:

      es wurden keine Förderobergrenzen pro Betrieb eingeführt

      es wurden kaum Marktordnungsprämien umgelenkt zu umweltorientierten Maßnahmen oder zur Förderung der ländlichen Entwicklung

      die ökologische Mehrarbeit von Biobetrieben mit einer kleinflächigen, ökologischen und damit besonders nachhaltigen Wirtschaftsweise wurde nicht entsprechend abgegolten

      es wurde bei den Förderungen kein Arbeitskraft – Bezug hergestellt, wodurch die Abwanderung aus der Landwirtschaft hätte abgemildert werden können.

 

Dass man auch in Hinkunft nicht um die Erhaltung kleinerer, extensiv wirtschaftender Betriebe bemüht ist, wird auch vom derzeitigen Landwirtschaftsminister  Pröll durch die Umsetzung der neuen EU-Agrarreform signalisiert.

Umsetzung der EU-Agrarreform: Besitzstandswahrung statt Interessensausgleich zwischen Regionen und landwirtschaftlichen Betriebszweigen

Die Luxemburger Beschlüsse des EU-Agrarrates vom Juni 2003 haben mit ihren Kernelementen (Entkopplung der Direktzahlungen von der Produktion, Cross Compliance sowie obligatorische Modulation) eine grundlegende Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik eingeleitet. Sie geben in vielen Bereichen lediglich einen Rahmen vor, den die Mitgliedstaaten durch ihre nationale Gesetzgebung auszufüllen haben. Eine relativ hohe Flexibilität besteht bei der Einführung der Einheitlichen Betriebsprämie nach dem historischen oder nach dem Regionalmodell. 

Diese den Mitgliedstaaten zugestandenen Möglichkeiten der Ausgestaltung des Entkopplungsmodells hätten BM Pröll die Chance geboten, sie als wichtiges agrarpolitisches Instrument zu mehr Ausgewogenheit bei den agrarischen Förderungen zu nutzen. Insbesondere hätten deutliche Maßnahmen für einen Interessensausgleich zwischen den Regionen und landwirtschaftlichen Betriebszweigen ergriffen werden können, um Ungleichgewichte bei den bisherigen Förderungen zu verringern und eine Verbesserung der Förderung von Grünlandstandorten und extensiv bewirtschafteten Standorten erreichen zu können.

Bei der Umsetzung der GAP-Reform hätte es im wesentlichen zwei Modelle bzw. die Möglichkeit einer Kombination dieser Modelle gegeben:

      Die historische Betriebsprämie, die sich aus früher erhaltenen Prämien im Referenzzeitraum 2000 – 2002 errechnet. Bei der Anwendung dieses Modells gibt es kaum Umverteilungen zwischen Betrieben, Regionen und Sektoren und die bisherigen Ungleichgewichte und die Benachteiligung von Grünland- gegenüber Ackerbaubetrieben würden fortgesetzt.

      Die regional einheitliche Flächenprämien, bei der innerhalb einer definierten Region eine bestimmte Prämie je Hektar bezahlt wird. Über die Höhe pro Betrieb entscheidet der Umfang der prämienberechtigten Nutzfläche eines Betriebes. Bei Anwendung dieses Modells kommt es zu einer Umverteilung zwischen Betrieben und Regionen, wobei die bestehende Benachteiligung von Grünland abgebaut werden könnte.

      Eine Kombination aus referenzbezogener Betriebsprämie und regional einheitlicher Flächenprämie als Übergangslösung zu regional einheitlichen Flächenprämien.

Andere EU-Mitgliedsländer wie z.B. Deutschland, Schweden oder England haben das Regionalmodell umgesetzt.

Die einheitliche Flächenprämie hätten den Vorteil geboten, dass die Leistungen aller Bäuerinnen und Bauern zur Erhaltung der Kulturlandschaft honoriert werden - und zwar auf jedem Hektar ihres Betriebes, nicht nur für bestimmte Früchte und Tiere.

Ein Kombinationsmodell aus Betriebs- und Flächenprämie, das mittelfristig in eine einheitliche Flächenprämie mündet, wäre aus Sicht der Grünen ein gangbarer Ansatz gewesen mit dem Ziel, die einheitliche Flächenprämie im Jahr 2012 zu erreichen.

Stattdessen hat sich die Bundesregierung – ohne Alternativen wie das Regionalmodell entsprechend zu prüfen - für das historische Betriebsprämienmodell entschieden und damit die großen Förderungsdifferenzen innerhalb der österreichischen Landwirtschaft über Jahre hinaus zementiert.

Konkret bedeutet das: Im Bundesvoranschlag 2005 sind für die einheitliche Betriebsprämie 292 Mio. Euro veranschlagt. Dabei erhalten:

      82 Betriebe mehr als 70.000 Euro

      141 Betriebe mehr als 55.000 Euro

      2.234 Betriebe mehr als 20.000 Euro

      147.778 Betriebe weniger als 9.000 Euro

      103.072 Betriebe weniger als 2.000 Euro an Betriebsprämie.

Diese ungleiche Verteilung verursacht eine existenzbedrohende Wettbewerbsverzerrung. Auch werden innovative Betriebe, die sich im Referenzzeitraum vom 2000 - 2002 mit der Produktion und Vermarktung von nicht prämienfähigen Alternativkulturen beschäftigt haben (z.B. Ölkürbis, Gewürzpflanzen, Kräuter etc.) damit krass benachteiligt.

Beispiel Kürbisbauern bzw. Betriebe mit alternativen Kulturen

Betriebe, die sich im Referenzzeitraum von 2000 bis 2002 mit der Produktion und Vermarktung von nicht prämienfähigen alternativen Kulturen wie Ölkürbis, Gewürzpflanzen, Heilkräutern etc. beschäftigt haben, statt für Interventionslager und Exportstützung zu produzieren, werden durch die unreflektierte Einführung von scheinbar gerechten Betriebsprämien (á la ÖVP-Bauernvertreter) nachhaltig für ihren Einsatz bestraft.

Denn die nachträgliche Einführung eines Referenzzeitraumes bewirkt die zukünftige Entwertung dieser o.a. Flächen. Betroffen sind hauptsächlich kleine und mittlere Betriebe, welche versuchten, durch Nischenprodukte eine höhere Wertschöpfung zu erzielen. Dieser Versuch wird nun als freiwilliger Verzicht auf notwendige Unterstützung bis ins Jahr 2012 interpretiert.

Das bedeutet:

      Nachhaltige Benachteiligung und Bestrafung von innovativen Berieben

      schwere Marktstörung durch verschiedene Prämienniveaus

      hohes Konfliktpotential am Pacht- und Grundstücksmarkt

      Schaffung eines Marktes für Zahlungsansprüche und Spekulationen

Die Forderungen der Grünen nach keinerlei Benachteiligungen der innovativen Betriebe bei der Umsetzung der GAP-Reform und danach, dass für jeden Hektar Spezialkulturen (Ölkürbis, Gemüse, Alternativkulturen, Wechselwiesen) Prämienanspruch bestehen muss, wurde von den Regierungsparteien nicht aufgegriffen.

Der massive Protest (u.a. eine Petition an den Bürgerinitiativen- und Petitionsausschuss des österreichischen Parlaments) hat jedoch zumindest bewirkt, dass im nationalen Umsetzungsprogramm zumindest folgende Ausnahmeregelung vorgesehen wird: Falls der Anteil an Alternativkulturen (Kürbis, Kleinalternativen) sowie Gemüse, Speisekartoffeln und Beerenobst mehr als 25 % der Ackerfläche beträgt, werden für die über 25 % liegende Fläche Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugeteilt. Biobetriebe mit einen Anteil von mehr als 25 % Ackerfutterfläche und „Alternativkulturen“ an der gesamten Ackerfläche und einem geringen RGVE-Besatz erhalten ebenfalls für die über 25 % liegende Fläche Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve.

Grüne Position

Die Grünen sind schon in der Vergangenheit für eine konsequente Umorientierung der Agrarförderungen eingetreten. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der jüngsten  EU-Agrarreform wurde ein Antrag mit folgenden Forderungen eingebracht:

      Abbau der Unausgewogenheit bei den Prämienzahlungen und Sicherstellung eines Interessensausgleichs zwischen den Regionen und landwirtschaftlichen Betriebszweigen durch Entkoppelung der Direktzahlungen und schrittweise Einführung einer regional einheitlichen Flächenprämie bis zum Jahr 2012

       Berücksichtigung des Faktors Arbeit und Beschäftigung bei den entkoppelten Prämien

      Bindung der Prämien an KonsumentInnen-, Umwelt- und Tierschutzkriterien (Cross Compliance) sowie Einführung eines gentechnikfreien Produktionsstandards im Rahmen des ÖPUL als über die gute landwirtschaftliche Praxis hinausgehendes Förderkriterium

      maximale Nützung des Instruments der möglichen Einbehaltung von bis zu zehn Prozent der Direktzahlungen, um damit besonders ökologische Formen der Landbewirtschaftung zu unterstützen

      die durch die Modulation frei werdenden Gelder sollen explizit für den biologischen Landbau und besonders tierfreundliche Stall-Haltungssysteme unter besonderer Berücksichtigung der Freilandhaltung zur Verfügung gestellt werden.

Leider fand keiner der Punkte die Zustimmung der Regierungsfraktionen, wodurch klar wird, dass die derzeitige Bundesregierung keine neuen Akzente in der österreichischen Agrarpolitik setzen will. Im Gegenteil: Es wurde dezidiert die Absicht geäußert, möglichst wenig Umverteilungen im landwirtschaftlichen Fördersystem haben zu wollen (Anfragebeantwortung 1390/Abm XXII GP).

Weitere Fehlentscheidungen tragen dazu bei, dass sich die inneragrarischen Disparitäten verschärfen:

Ungerechte Milchquotenvergabe

Besonders tragische Bedeutung für die milchwirtschaftenden Betriebe in Österreich hat die jüngste Vergabe der Milchquotenreserve 2003. Bei der Vergabe der 36.000 t A-Quote an bestimmte Milchviehbetriebe kam es zur willkürlichen Bevorzugung von Betrieben, die in den letzten drei Jahren Quoten zugekauft oder (durchgehend) geleast haben. Diese Aufteilung der Quote - es handelt sich immerhin um allgemeines Vermögen - wurde von der Präsidentenkonferenz der Landwirtschafts­kammern im Milchwirtschaftsausschuss vorgeschlagen und mittels Verordnung vom Landwirtschaftsminister im August 2003 abgesegnet. Damit wurden 77 Prozent der aktiven Milchbäuerinnen und –bauern von der Quotenzuteilung ausgeschlossen. Dass ab 2007 die zugeteilten Quoten auch verkauft werden können, bedeutet in einzelnen Fällen einen Marktwert von über 30.000 €.

Diese Vorgangsweise ist eine willkürliche Bevorzugung jener Betriebe, die in den letzten drei Jahren die Preise für den Quotenzukauf in die Höhe getrieben haben, wobei die Landwirtschaftskammern offiziell in den letzten Jahren vom Quotenzukauf aufgrund zu hoher Preise abgeraten haben. Durch die o.a. Zuteilung bekommen große Milchbauern (Milchbauern mit hoher Quote) unverhältnismäßig mehr, es kommt zur Konzentration und zu eklatanten Wettbewerbsverzerrungen. So wurde z.B. einem oberösterreichischen Betrieb mit einer Referenzmenge von 970 000 kg eine Milchquote von 31 000 Kilogramm zugeteilt! Nach einer parlamentarischen Anfragebeantwortung haben 70 % aller Betriebe über 100 000 Milchquote eine Quotenzuteilung erhalten, während all jene Betriebe unter 100 000 nur zu 17 % davon profitieren konnten. Das ist eine eindeutige Bevorzugung großer Betriebe.

Aus diversen Beantwortungen der geladenen Verantwortlichen ging hervor, dass ein wesentliches Kriterium der Quotenzuteilung offenbar war, ob es sich um „Entwicklungsbetriebe“ (Betriebe, die Quoten zugekauft haben) handelt. Andere Betriebe hätten durch den Nichtkauf von Quoten signalisiert, dass sie in den nächsten Jahren voraussichtlich aus der Milchproduktion aussteigen wollen. Die Entscheidung sei seitens der bäuerlichen Interessensvertretung auch auf Basis der Annahme getroffen worden, bei Betrieben mit einer Quote von weniger als 50.000 Kilo sei in den nächsten Jahren mit einem Ausstieg aus der Milchproduktion zu rechnen (Schwarzböck, 12. Mai 2004, S. 19). Damit wurde der betriebliche Niedergang kleinerer milchliefernder Betriebe von der eigenen Interessensvertretung vorangetrieben, deren Aufgabe es gewesen wäre, ein Modell vorzuschlagen, das sicherstellt, dass diese Betriebe eine Überlebenschance bekommen!

Darüber hinaus wurde vom Ökonomierat Walfried Wutscher Präs. d. Kärntner Landwirtschaftskammer und Vertreter des Milchausschusses der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern in der Sitzung vom 12. Mai 2004 behauptet, dass sich „sozusagen fünf Bundesländer für diese zweite Variante“ , bei der Milchquoten-Vergabe entschieden hätten. Das den Grünen vorliegende Protokoll (das offiziell nicht zur Verfügung gestellt wurde!) spricht nur von vier Bundesländern, womit offensichtlich auch keine Mehrheit für die gewählte Variante innerhalb der gesetzlichen Interessensvertretung vorgelegen hat.

Der Landwirtschaftsminister hat die Vorschläge der Präsidentenkonferenz schließlich übernommen und damit verabsäumt, dem Trend zur Hofaufgabe entgegenzuwirken und die für den alpinen Raum und für den Tourismus so wichtigen Klein- und Mittelbetriebe zu stärken.

Kontrollverweigerung

Auch dieser Ausschuss war von der Weigerung der Regierungsparteien geprägt, effiziente Kontrolle zuzulassen.  Beispielhaft dafür war etwa eine Auskunftsverweigerung von Präsident Schwarzböck betreffend Umsetzung der EU-Agrarreform mit dem Hinweis, dass diese Auskunft vom Ministerium einzuholen sei, wohingegen BM Pröll in der folgenden Sitzung darauf verwies, dass diese Information nur bei den Landwirtschaftskammern vorliege.

Die Ladung einer kundigen Auskunftsperson aus dem Zollamt Salzburg wurde mehrfach verweigert.

Auf Grund dieser Verweigerungshaltung konnte der Untersuchungsgegenstand nicht vollständig aufgeklärt werden.