Vorblatt
Problem:
Österreich, das
durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 676/1978 und BGBl. I
Nr. 149/1999 auf die Nutzung der Kernspaltung für die Energieversorgung
verzichtet hat, tritt auch international dafür ein, dass möglichst weltweit,
vor allem aber in Mitteleuropa, auf die Energiegewinnung durch Kernspaltung
verzichtet wird. Da dieses Ziel in absehbarer Zeit nicht erreicht werden
dürfte, sollen Österreich und seine Bevölkerung vor den von der Kernspaltung
ausgehenden Gefahren bestmöglich geschützt werden.
Ziel:
Schaffung von
umfassenden Informations- und Konsultationssystemen für Fragen der nuklearen
Sicherheit und des Strahlenschutzes zwischen Österreich und seinen
Nachbarstaaten auch im weiteren Sinne durch bilaterale Abkommen, im
vorliegenden Falle mit der Republik Belarus.
Alternativen:
keine
Inhalt:
Das Abkommen
regelt den Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten auf drei Ebenen:
· Informationsaustausch über Störfälle, die
mit den in Art. 1 Abs. 2 genannten nuklearen Anlagen oder Tätigkeiten
zusammenhängen, in deren Folge es zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe über
das Hoheitsgebiet der Vertragspartei hinaus kommt oder kommen kann und die für
die andere Vertragspartei Folgen haben könnten (Art. 1 Abs. 1),
· Informationsaustausch über die
Nuklearprogramme der Vertragsstaaten, die aus dem Betrieb von nuklearen Anlagen
gewonnenen Erfahrungen und über die Rechtsgrundlagen für die nukleare
Sicherheit und den Strahlenschutz (Art. 6 Abs. 1) und
· Informationsaustausch über die bestehenden,
in Bau befindlichen und geplanten nuklearen Anlagen (Art. 6 Abs. 2).
Die
Vertragsparteien verpflichten sich ferner zur Durchführung eines
Strahlenmessprogramms auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet und zum jährlichen
Austausch der Messergebnisse (Art. 5). Ferner vereinbaren sie, sich um die
Errichtung eines gemeinsamen Strahlenfrühwarnsystems zu bemühen, an dem andere
Staaten teilnehmen können.
Auswirkungen auf
die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich: keine
Finanzielle
Auswirkungen:
An Kosten werden
aus diesem Abkommen vor allem die der alle zwei Jahre abzuhaltenden gemeinsamen
Expertentagungen gemäß Art. 7 erwachsen. Bei Abhaltung einer Tagung in
Österreich würden Veranstaltungskosten von etwa
2.500.- Euro , bei
Abhaltung einer Tagung in Belarus Dienstreisekosten von etwa Euro 7.500.-
anfallen. Weiters würden bei der Errichtung eines gemeinsamen
Strahlenfrühwarnsystems nach Art. 5 Abs. 3 Kosten anfallen. Diese
würden sich auf schätzungsweise 130.000.-Euro an Investitionskosten (Hardware,
Software, Datenleitung) und jährlich 47.000,- Euro an Datenleitungskosten
belaufen. Die Errichtung wird voraussichtlich nicht in den nächsten vier Jahren
begonnen werden. Sie wäre aus den Ansätzen des Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu bestreiten, die
Errichtungskosten aus Ansatz 61.253-0288.100 bzw. 61.258-7218 und die
Betriebskosten bei Ansatz 61.258-7280. Die Bedeckung ist derzeit nicht
vorhanden. Die Errichtung eines bilateralen Frühwarnsystems ist nicht
verpflichtend vorgesehen, sie ist vielmehr eine von den Vertragsparteien
offengehaltene Möglichkeit und wäre gegebenenfalls durch ein entsprechendes
Übereinkommen zu vereinbaren. Das bilaterale Frühwarnsystem könnte sodann mit anderen
bilateralen Systemen zu einem multilateralen zentraleuropäischen System
vernetzt werden. Der Nutzen des Frühwarnsystems läge in der frühzeitigen
Warnung der Bevölkerung der beteiligten Staaten vor Nuklearkatastrophen auf dem
Gebiet sowie auch außerhalb des Gebietes dieser Staaten.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:
Der Entwurf des
Abkommens wurde der EU-Kommission gemäß Art.103 des EURATOM-Vertrags vorgelegt,
diese hat keine Einwendungen erhoben..
Besonderheiten des
Normerzeugungsverfahrens: keine
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
Das Abkommen
zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Republik
Belarus über Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und
des Strahlenschutzes hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und
bedarf daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es
enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und
hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im
innerstaatlichen Rechtsbereich
zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2
B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des
selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner
Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.
Als oberster
Grundsatz der Außenpolitik Österreichs im Bereiche der Kernenergie gilt, dass
die österreichische Bevölkerung und Umwelt vorsorglich vor allen schädlichen
Einwirkungen aus dem Ausland zu schützen sind.
Im Rahmen der
österreichischen Kernenergiepolitik stellt die Weiterentwicklung und
Verbesserung des Völkerrechts zur Wahrung der Interessen der österreichischen
Bevölkerung und zum Schutz der Umwelt en wesentliches strategisches Element
dar. Konkret wird insbesondere im Verhältnis zu den Nachbarstaaten, aber auch
im Verhältnis zu anderen Staaten Europas zunächst die rechtlich verbindliche
Vereinbarung von Informations- und Konsultationsmechanismen angestrebt, nicht zuletzt,
da frühzeitige und umfassende Informationen eine wesentliche Voraussetzung für
die Optimierung österreichischer Vorsorge- und Schutzmaßnahmen darstellen.
Auf
internationaler Ebene ermöglicht das Übereinkommen vom 26.9.1986 (BGBl.
Nr. 86/1988) über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen,
dem Österreich angehört, den Vertragsparteien bei einem nuklearen Unfall in
einem anderen Staat möglichst frühzeitig Schutzmaßnahmen einzuleiten. Die
Benachrichtigungspflicht im Rahmen dieses Übereinkommens ist allerdings – wie
der Titel besagt – auf Unfälle beschränkt; zudem ist der Benachrichtigungsweg
über die IAEO relativ umständlich und unter Umständen zu langwierig. Österreich
ist daher bemüht in Ergänzung und Erweiterung dieses internationalen
Übereinkommens, Informationsabkommen im Bereich der Nuklearen Sicherheit und
des Strahlenschutzes vorrangig mit den unmittelbaren Nachbarstaaten und auch
solchen im weiteren Sinne abzuschließen. Durch diese bilateralen Abkommen soll
der durch das erwähnte Übereinkommen vorgesehene Informationsweg vor allem im
Verhältnis zu Österreichs Nachbarstaaten abgekürzt und die Vorbereitung bzw.
Durchführung von Schutzmaßnahmen durch ergänzende Informationen über
Kernanlagen in diesen Staaten erleichtert und verbessert werden. Derartige
bilaterale Übereinkommen bestehen bereits mit Deutschland, der Tschechischen
Republik, der Slowakischen Republik, Ungarn, Slowenien, der Schweiz, Polen, der
Russischen Föderation, der Ukraine und Tadschikistan.
Das Abkommen
zwischen der Republik Österreich und der Republik Belarus über
Informationsaustausch auf dem Gebiete der nuklearen Sicherheit und des
Strahlenschutzes wurde am 3. 12.1997 vom Ministerrat gemäß Pkt. 14 des
Beschl.Prot. Nr. 37 genehmigt und am 9. Juni 2000 von Österreich und
Belarus unterzeichnet.
Das Abkommen
regelt den Informationsaustausch zwischen den beiden Staaten auf drei Ebenen:
· Informationsaustausch über Störfälle, die
mit den in Art. 1 Abs. 2 genannten nuklearen Anlagen oder Tätigkeiten
zusammenhängen, in deren Folge es zu einer Freisetzung radioaktiver Stoffe über
das Hoheitsgebiet der Vertragspartei hinaus kommt oder kommen kann und die für
die andere Vertragspartei Folgen haben könnten (Art. 1 Abs. 1),
· Informationsaustausch über die
Nuklearprogramme der Vertragsstaaten, die aus dem Betrieb von nuklearen Anlagen
gewonnenen Erfahrungen und über die Rechtsgrundlagen für die nukleare
Sicherheit und den Strahlenschutz (Art. 6 Abs. 1) und
· Informationsaustausch über die bestehenden,
in Bau befindlichen und geplanten nuklearen Anlagen (Art. 6 Abs. 2).
Die
Vertragsparteien verpflichten sich zur Durchführung eines Strahlenmessprogramms
auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet und zum jährlichen Austausch der
Messergebnisse (Art. 5). Ferner vereinbaren sie, sich um die Errichtung
eines gemeinsamen Strahlenfrühwarnsystems zu bemühen, an dem auch andere
Staaten teilnehmen könnten.
Nach Art. 9
kann der Inhalt der erhaltenen Information zur Information der Öffentlichkeit
verwendet werden, soweit die andere Vertragspartei ihn nicht vertraulich
übermittelt hat.
Die Europäische
Kommission wurde gemäß Art. 103 des EURATOM-Vertrages vom Vertragstext
verständigt und hat keinen Einwand erhoben.
Besonderer
Teil
Zu Artikel 1
Zweck dieses
Artikels ist es, der jeweils anderen Vertragspartei möglichst rasch alle
Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigt, um die erforderlichen
Schutzvorkehrungen zu treffen.
Als Kontaktstelle
ist, wie bei allen anderen einschlägigen Verträgen auch, die Bundeswarnzentrale
im Bundesministerium für Inneres als permanent besetzte Zentrale für den
überregionalen und internationalen Katastrophenschutz vorgesehen.
Das Abkommen
umfasst nicht nur alle kerntechnischen Anlagen (im Folgenden: nukleare
Anlagen), sondern auch alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten und den
sonstigen Umgang mit radioaktiven Stoffen.
Zu Artikel 2
Als Kontaktstelle
fungiert die Bundeswarnzentrale im Bundesministerium für Inneres.
Der
Informationsaustausch im Wege der festgelegten Kontaktstellen soll den Zweck
haben, möglichst direkt und ohne Zeitverzug unabhängig von der jeweiligen
Tageszeit die benötigten Informationen dem jeweils anderen Staat zur Verfügung
zu stellen.
Die Verpflichtung,
das Übermittlungssystem zweimal jährlich zu testen, trifft beide
Vertragsstaaten und hat den Zweck, allfällige Änderungen oder Ergänzungen in
der Erreichbarkeit laufend zu überprüfen und nötigenfalls abzugleichen.
Österreich und
Belarus gehören den beiden im Rahmen der IAEO abgeschlossenen einschlägigen
Verträgen, nämlich dem Übereinkommen über die frühzeitige Benachrichtigung bei
nuklearen Unfällen, BGBl. Nr. 186/1988 (im Folgenden:
IAEO-Benachrichtigungsübereinkommen) und dem Übereinkommen über die
Hilfeleistung bei nuklearen Unfällen oder strahlungsbedingten Notfällen, BGBL.
Nr. 87/1990 (im Folgenden: IAEO-Hilfsübereinkommen), an. Das Abkommen
verweist in der Präambel auf diese Übereinkommen. Beide Übereinkommen sind nach
ihren Artikeln 10 (Benachrichtigung) bzw. 12 (Hilfeleistung) zum
gegenständlichen Abkommen subsidiär. Die Bestimmung, wonach die aufgezählten
Maßnahmen spätestens dann zu treffen sind, wenn die Vertragspartei entscheidet,
Maßnahmen zum Schutz oder zur Information der eigenen Bevölkerung einzuleiten,
ist als zusätzliche Absicherung zu verstehen und enthebt nicht von der Pflicht
zur unverzüglichen Benachrichtigung. Das Abkommen geht in diesem Punkt über das
IAEO-Benachrichtigungsübereinkommen hinaus. Gleiches gilbt für die
Verpflichtung, auch Ereignisse zu melden, die zu einem nuklearen Ereignis oder
Störfall führen könne.
Zu Artikel
3:
Zweck dieses
Artikels ist es, der jeweils anderen Vertragspartei alle Informationen zu
garantieren, die sie benötigt, um die erforderlichen Schutzvorkehrungen zu
treffen. Die Informationsinhalte sind in diesem Artikel nur beispielsweise angeführt.
Zu Artikel
4:
Dieser Artikel
sieht keine Pflicht zur Hilfeleistung vor, sondern überlässt Art und Ausmaß der
Hilfe der Entscheidung der Vertragsparteien im Einzelfall.
Zu Artikel
5:
Dieser Artikel
regelt die Überwachung der Umwelt des jeweiligen nationalen Territoriums im
Hinblick auf mögliche großräumige radioaktive Verunreinigungen. Es ist Stand
von Wissenschaft und Technik hierzu automatisch messende und registrierende
Messsysteme und ein laborgestütztes Messsystem zu verwenden. Das automatische
System liefert in regelmäßigen kurzen Zeitintervallen Messergebnisse, die an
einen Vertragspartner automatisch weitergeleitet werden können. Grundsätzlich
wäre aus österreichischer Sicht die Online-Verfügbarkeit von Messdaten aus dem
osteuropäischen Raum eine wertvolle Hilfe für die Notfallplanung bei einem
nuklearen Ereignis in Osteuropa. Die Messdaten des laborgestützten Systems
werden üblicherweise in Jahresberichten zusammengefasst, die dann im Rahmen der
regelmäßigen Expertengespräche an den Vertragspartner übergeben werden.
Die Errichtung
eines bilateralen Frühwarnsystems ist nicht verpflichtend vorgesehen, sie ist
vielmehr eine von den Vertragsparteien offengehaltene Möglichkeit und wäre
gegebenenfalls durch ein entsprechendes Übereinkommen zu vereinbaren.
Zu Artikel
6:
Dieser Artikel
regelt den Austausch von Informationen betreffend Kernanlagen. Informationen
über Nuklearprogramme, Erfahrungen beim Betrieb von nuklearen Anlagen und über
einschlägige Rechtsvorschriften werden einmal jährlich übermittelt (Absatz 1).
Absatz 2 regelt Details der Informationserteilung über nukleare Anlagen. Absatz
3 bestimmt, zu welchem Zeitpunkt Informationen gemäß Absatz 2 zu übermitteln
sind.
Zu Artikel
7:
Im Rahmen der Expertentagungen, die mindestens
einmal alle zwei Jahre abzuhalten sind, werden u.a. die nach Artikel 5 und
Artikel 6 erteilten Informationen erörtert. Das Ergebnis dieser Erörterungen wird den jeweils
zuständigen nationalen Organen übermittelt. Diese Vereinbarung eröffnet einen
Konsultationsmechanismus, der es Österreich u.a. ermöglicht zu Planung, Bau
oder Abänderung von Kernanlagen Stellung zu nehmen, ohne dass dies als
Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates
interpretiert werden kann.
Zu Artikel
8:
Die im
Außenverhältnis zu Belarus erfolgte Aufteilung der Funktionen nach diesem
Abkommen auf Koordinatoren und Kontaktstellen entspricht den Erfordernissen der
Verwaltungsökonomie. Eine Zweigleisigkeit ist aufgrund der Verschiedenartigkeit
der Aufgaben nicht zu befürchten.
Zu Artikel 9
Nach Art. 9
kann der Inhalt der erhaltenen Informationen zur Information der Öffentlichkeit
verwendet werden, soweit die andere Vertragspartei ihn nicht vertraulich
übermittelt hat. Diese Bestimmung dient zum Schutz von Geschäfts- und
Betriebsgeheimnissen. Sie entspricht dem Art. 5 Abs. 3 des
Übereinkommens über die frühzeitige Benachrichtigung bei nuklearen Unfällen.
Zu Artikel
10:
Aus dem
Informationsaustausch werden voraussichtlich, abgesehen von Kosten für
Übersetzung, Beiziehung von Experten oder Reisen nach Belarus, die von den
jeweils tätigen Ressorts zu tragen sind, keine ins Gewicht fallenden Kosten
erwachsen.
zu Artikel 11
Gemäß dieser
Bestimmung werden Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien über die
Auslegung oder Anwendung des Vertrages durch Verhandlungen beigelegt.
Zu Artikel
12:
Diese Bestimmung
enthält die üblichen Schlussklauseln.