799 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über die
Regierungsvorlage (609 der Beilagen): Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten samt Anhängen
Das Übereinkommen
zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten hat gesetzändernden bzw.
gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1
B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter
und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich teilweise
nicht zugänglich, von einem Beschluss des Nationalrats gemäß Art. 50
Abs. 2 B-VG sollte aber abgesehen werden, da das Übereinkommen als
gemischtes Abkommen zum überwiegenden Teil in die Zuständigkeit der
Europäischen Gemeinschaft fällt. Das Übereinkommen enthält keine
verfassungsändernden Bestimmungen. Da es auch Angelegenheiten des selbständigen
Wirkungsbereiches der Länder regelt, ist gemäß Art. 50 Abs. 1 letzter
Satz B-VG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich.
Österreich ist
einer von nur zwei der 25 EU-Mitgliedstaaten, der noch nicht Vertragspartei des
Bonner Übereinkommens ist, das
bereits 85 Vertragsparteien aus allen fünf Kontinenten zählt. Österreich soll
durch den Beitritt zum Bonner Übereinkommen seine Verantwortung für die
internationale Zusammenarbeit im Bereich des Naturschutzes, insbesondere für
die Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten, wahrnehmen.
Das Ziel des
Bonner Übereinkommens ist der Ausbau der internationalen Zusammenarbeit zum
Zweck der Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten in ihrem gesamten
Verbreitungsgebiet, vor allem ihres Lebensraumschutzes in ihren Brut-, Rast-
und Überwinterungsstätten sowie auf ihren staatenüberschreitenden Zugrouten.
Vertragsparteien
des Bonner Übereinkommens anerkennen die Wichtigkeit der Erhaltung wandernder
Arten aus umweltbezogener, ökologischer, genetischer, wissenschaftlicher,
freizeitbezogener, kultureller, erzieherischer, sozialer und wirtschaftlicher
Sicht, und beachten, dass im Rahmen des Abschlusses von eigenen Abkommen
wandernden Tierarten mit ungünstigem Erhaltungszustand besondere Beachtung
gebührt.
Die
Vertragsparteien bemühen sich zu vermeiden, dass eine wandernde Art gefährdet
wird. Für dieses Ziel fördern und unterstützen sie Forschungen über wandernde
Arten, gewähren den in Anhang I des Übereinkommens angeführten Arten strengen
Schutz und schließen für Arten des Anhanges II des Übereinkommens Abkommen über
die Erhaltung, Hege und Nutzung.
Die unter die
Konvention fallenden Tierarten werden in den Anhängen I und II des
Übereinkommens angeführt. Diese Anhänge wurden bereits wiederholt durch
Beschlüsse der Konferenz der Vertragsparteien gemäß Art. XI des
Übereinkommens geändert. Für das Genehmigungsverfahren werden die Texte der
Anhänge herangezogen, die vom Depositär des Übereinkommens, Deutschland, 2003
im Anschluss an die letzte Konferenz der Vertragsparteien diesen übermittelt
wurden und gegen die keine Vertragspartei Widerspruch erhoben hat. Diese Texte
bilden somit authentische Fassungen der Anhänge.
Im Rahmen des
Bonner Übereinkommens sind bislang 107 Arten in Anhang I erfasst.
Während Anhang I
des Übereinkommens lediglich Tierarten auflistet, führt Anhang II neben 174
Tierarten zusätzlich auch Tierfamilien an, die noch einmal mehr als 600 Arten
umfassen.
Nach der
Artenliste des Sekretariates des Bonner Übereinkommens ist Österreich für 6
Arten des Anhanges I sowie für 117 Arten des Anhanges II Arealstaat.
Die Rechte
jeder Vertragspartei sind, zusammengefasst, folgende:
· Teilnahme an sämtlichen Tagungen der
Konferenz der Vertragsstaaten
· Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen
Tagung
· Stimmrecht auf allen Tagungen
· Benennung eines(r) wissenschaftlich
qualifizierten Sachverständigen als Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates,
einschließlich eines Stellvertreters(in)
· Einbringung von Änderungsvorschlägen zum Text
des Übereinkommens sowie ihrer Anhänge
· Erklärung besonderer Vorbehalte bei
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde
· Kündigung der Mitgliedschaft
Die
Pflichten jeder Vertragspartei sind, zusammengefasst, folgende:
· Strenge Schutzmaßnahmen für Arten des
Anhanges I des Übereinkommens (= vom Aussterben bedrohte Arten)
· Erhaltungs- und Managementmaßnahmen für
Arten des Anhanges II des Übereinkommens (= gefährdete Arten bzw. Arten mit
einem ungünstigen Erhaltungszustand)
· Forschung und Monitoring
Das Bonner
Übereinkommen stellt eine völkerrechtliche Übereinkunft dar. Ihre Bestimmungen
auferlegen den Vertragsparteien ein Bemühen, ohne eine Verpflichtung zu einer
bestimmten Zielerreichung zu begründen.
Für Anhang II-Arten,
die einen ungünstigen Erhaltungszustand haben und die von Schutz- und
Managementmaßnahmen profitieren können, sollen im Rahmen von internationalen
Abkommen spezielle Erhaltungsprogramme und Managementmaßnahmen ergriffen
werden. Diese Abkommen stellen eigenständige, völkerrechtliche Verträge dar.
Die
Verpflichtungen aus dem Übereinkommen sind zum größten Teil bereits durch die
Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen, die sich aus den beiden
EU-Naturschutzrichtlinien, der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992
zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und
Pflanzen und der Richtlinie 79/409/EG der Kommission vom 2. April 1979 über die
Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ergeben, erfüllt. Die nicht unter die
Gemeinschaftszuständigkeit fallenden Umsetzungsmaßnahmen sind durch
Landesgesetze zu treffen.
Der
Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 27. Jänner 2005
in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der Abgeordnete
Wolfgang Großruck. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Petra Bayr, Mag. Ulrike Lunacek,
Dipl.-Kfm. Dr. Hannes Bauer, Herbert Scheibner,
Ing. Hermann Schultes sowie die Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik.
Bei der Abstimmung
wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses
dieses Staatsvertrages zu empfehlen.
Im Hinblick
darauf, dass das Übereinkommen als gemischtes Abkommen zum überwiegenden Teil
in die Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft fällt, vertritt der
Außenpolitische Ausschuss weiters einstimmig die Auffassung, dass die
Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im
innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine
Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur
Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:
Der
Abschluss des Staatsvertrages: Übereinkommen zur Erhaltung der wandernden wild lebenden Tierarten samt Anhängen
(609 der Beilagen) wird genehmigt.
Wien,
2005 01 27
Wolfgang
Großruck Peter Schieder
Berichterstatter Obmann