802 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Außenpolitischen Ausschusses

über die Regierungsvorlage (689 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse

 

I. Das Abkommen enthält gesetzändernde und gesetzergänzende Bestimmungen und bedarf daher gemäß Artikel 50 Abs. 1 B‑VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter und ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zu­gänglich, sodass eine Erlassung von weiteren Gesetzen gemäß Artikel 50 Abs. 2 B‑VG nicht erforderlich ist. Verfassungsändernde Bestimmungen sind im Abkommen nicht enthalten. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten geregelt werden, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen. Die Zuständigkeit des Bundes zum Abschluss des Abkommens ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG („äußere Angelegenheiten„).

II. Österreich hat bis zu seinem Beitritt zur EU im Rahmen von Gastarbeitnehmerabkommen mit zehn europäischen Staaten einen gegenseitigen Austausch junger Arbeitnehmer zum Zweck der Erweiterung ihrer Berufs‑ und Sprachkenntnisse gepflogen. Diese Abkommen sind - mit Ausnahme jenes mit der Schweiz – als Folge der mit dem EU-Beitritt Österreichs wirksam gewordenen Arbeitnehmerfreizügigkeit erloschen. Im Bestreben, die bilateralen Beziehungen zu den östlichen Nachbarländern zu intensivieren und dabei angesichts einer zunehmenden wirtschaftlichen Verflechtung auch Wege einer engeren Zusammenarbeit im Bereich des Arbeitsmarktes zu suchen, hat das seinerzeitige Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch mit dem tschechischen Ministerium für Arbeit und Sozialangelegenheiten Gespräche über Möglichkeiten eines Arbeitskräfteaustausches begonnen. Diese Gespräche waren längere Zeit unterbrochen und wurden erst im Februar 1997 wieder aufgenommen. Dabei wurden mehrere Ansätze über eine engere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beschäftigung erörtert. Nachdem die tschechischen Vorschläge eines möglichst umfassenden, alle Arbeitsmarktbereiche betreffenden Abkommens über den Austausch von Arbeitskräften wegen seiner weit reichenden Auswirkungen auf den österreichischen Arbeitsmarkt als zu weitgehend erschienen, wurden die Gespräche mit einer eingeschränkteren Zielsetzung fortgeführt und schließlich - mit Blick auf die gleichzeitig mit Ungarn erfolgreich geführten Verhandlungen - Einvernehmen erzielt, den Arbeitskräfteaustausch vorerst - im Rahmen von Jahreskontingenten - und eingeschränkt auf Praktikanten und Grenzgänger (dazu wurde ein eigenes Abkommen ausgearbeitet) zu beschränken.

III. 1998 wurde mit der Republik Ungarn als erstem Nachbarland ein Praktikantenabkommen abgeschlossen. Gegenstand dieses Abkommens ist der erleichterte Austausch von jungen Arbeitskräften mit abgeschlossener Berufsausbildung für ein befristetes Praktikum im anderen Land. Als Vorbild dienten die seinerzeitigen Gastarbeitnehmerabkommen. Mit dem nunmehr vorliegenden Abkommen soll der Austausch junger österreichischer und tschechischer Arbeitnehmer zur Förderung und Erweiterung ihrer bereits erworbenen Berufs‑ und Sprachkenntnisse durch eine befristete Beschäftigung im jeweils anderen Vertragsstaat ermöglicht werden. Dementsprechend sollen im Rahmen eines jährlich durch Notenwechsel festzusetzenden Kontingentes Praktikanten, die nicht älter als 35 Jahre sind, zu einer befristeten Beschäftigung zugelassen werden. Die Festsetzung der Kontingentzahl soll unter Bedachtnahme auf bestehende Höchstzahlen für die Ausländerbeschäftigung und die jeweilige Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes erfolgen. Bei der Zulassung der Praktikanten im Einzelfall wird keine Arbeitsmarktprüfung mehr vorgenommen. Die Beschäftigungsdauer des Praktikanten richtet sich nach der beruflichen Tätigkeit, ist jedoch mit einem Jahr befristet und kann ausnahmsweise auf bis zu 18 Monate verlängert werden. Die Beschäftigung als Praktikant soll zu keiner weiteren Integration auf dem Arbeitsmarkt führen. Der Praktikant erwirbt mit seiner Beschäftigung keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung beim selben oder bei einem anderen Arbeitgeber. Die Arbeitsverhältnisse von Praktikanten müssen unter den gleichen Lohn‑ und Arbeitsbedingungen sowie unter Einhaltung sämtlicher sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften, die für vergleichbare inländische Arbeitnehmer gelten, eingegangen werden.

 

Der Außenpolitische Ausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 27. Jänner 2005 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss war der Abgeordnete Mag. Dr. Alfred Brader. An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Herbert Scheibner, Marianne Hagenhofer, Dr. Michael Spindelegger, Mag. Ulrike Lunacek, Dipl.-Kfm. Dr. Hannes Bauer, Dr. Caspar Einem sowie die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Der Außenpolitische Ausschuss vertritt weiters einstimmig die Auffassung, dass die Bestimmungen des Staatsvertrages zur unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Bereich ausreichend determiniert sind, sodass sich eine Beschlussfassung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG zur Erfüllung des Staatsvertrages erübrigt.

 

Ferner beschloss der Außenpolitische Ausschuss einstimmig folgende Ausschussfeststellung:

 

„Gemäß Artikel 2 Abs. 3 des Grenzgängerabkommens und gemäß Artikel 1 Abs. 4 des Praktikantenabkommens wird zur Erörterung von Fragen, die mit der Durchführung der Abkommen zusammenhängen, jeweils eine gemischte tschechisch-österreichische Kommission eingesetzt, welche aus je fünf Mitgliedern beider Staaten besteht. Diesen Kommissionen soll jedenfalls mindestens ein Vertreter der jeweiligen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer angehören. Der Außenpolitische Ausschuss geht davon aus, dass in den gemischten Kommissionen regelmäßig auch sozialrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Zulassung von Grenzgängern und Praktikanten zu erörtern sind und daher der jeweiligen Kommission von Beginn an auch ein Vertreter des Bundesministeriums für Soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz angehören soll.“

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

Der Abschluss des Staatsvertrages: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Tschechischen Republik über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse (689 der Beilagen) wird genehmigt.

Wien, 2005 01 27

Mag. Dr. Alfred Brader         Peter Schieder

       Berichterstatter                  Obmann