804 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Außenpolitischen Ausschusses
über den Antrag
494/A(E) der Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner,
Kolleginnen und Kollegen betreffend „SOS-Kinderdorf“, Nominierung für den
Friedensnobelpreis 2005
Die Abgeordneten
Dr. Michael Spindelegger, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen haben den
gegenständlichen Entschließungsantrag am 10. Dezember 2004 im Nationalrat
eingebracht und wie folgt begründet:
„1949 gründete
Hermann Gmeiner SOS-Kinderdorf. Das erste SOS-Kinderdorf wurde in Imst / Tirol
gebaut. Seitdem ging die SOS-Kinderdorf-Idee um die ganze Welt. Um 1960 gibt es
bereits zehn SOS-Kinderdörfer mit rund hundert Familien und eine Million
Freunde, die mit regelmäßigen Spenden die Organisation unterstützen. 1960 wird
in Strassburg SOS-Kinderdorf International als Dachorganisation von
SOS-Kinderdorf mit Hermann Gmeiner als erstem Präsident ins Leben gerufen. 1963
entsteht das erste nicht-europäische SOS-Kinderdorf in Daegu, Korea. In den
folgenden Jahren und Jahrzehnten folgen weitere in Afrika und Lateinamerika,
nach Ende des Kalten Krieges werden die ersten SOS-Kinderdörfer in Osteuropa
gebaut. Die Hermann-Gmeiner-Akademie in Innsbruck wird als Schulungseinrichtung
für Mitarbeiter aus der ganzen Welt, als ein internationaler Begegnungsort und
als Zentrum für die Entwicklung von SOS-Kinderdorf-Konzepten in der
Kinderbetreuung und Pädagogik errichtet. Am 26. April 1986 stirbt Hermann
Gmeiner.
Mittlerweile sind
in 132 Ländern der Welt 1.668 SOS-Kinderdorf-Einrichtungen aktiv, darunter 777
SOS-Kinderdörfer und Jugendwohneinrichtungen, in denen 56.300 Kinder und
Jugendliche leben, weiters 671 Kindergärten, Schulen und Berufsbildungszentren
sowie 311 Sozialzentren und medizinische Einrichtungen.
SOS-Kinderdorf ist
ein privates, weltweites, konfessionell und politisch unabhängiges Sozialwerk
für notleidende Kinder und Jugendliche. Im Zentrum der Arbeit steht das Kind
und sein Wohlergehen.
SOS-Kinderdorf
hilft langfristig in dem es verlassenen Kindern eine Familie, eine liebevolle
SOS-Kinderdorf-Mutter, eine Ausbildung und damit die Hoffnung auf eine positive
Zukunft ermöglicht. Die Kinder und Jugendlichen wachsen in familienähnlichen
Gemeinschaften auf bis sie selbstständig für sich sorgen können. SOS-Kinderdorf
ist darauf bedacht, dass die Kinder und Jugendlichen in ihrer eigenen Kultur
und Religion aufwachsen können und somit ihre "Wurzeln" kennen und
leben.
Durch den Bau
eines SOS-Kinderdorfes profitiert aber auch die Umgebung, vor allem in den
weniger entwickelten Ländern. Wenn das Schulsystem eines Landes mangelhaft und
die medizinische Versorgung nicht ausreichend ist oder aber auch zuwenig
Ausbildungsplätze für Jugendliche zur Verfügung stehen, hilft SOS-Kinderdorf
hier durch den Bau eines SOS-Kindergartens, einer SOS-Hermann-Gmeiner-Schule,
eines SOS-Ausbildungszentrums, eines SOS-Sozialzentrums oder eines
SOS-medizinischen Zentrums. SOS-Nothilfeprogramme helfen Menschen in akuten
Notsituationen rasch und unbürokratisch, zum Beispiel nach Naturkatastrophen,
Krieg oder Konflikten.
In jedem Land, wo
SOS-Kinderdorf tätig ist, ist es ein Ziel, einen nationalen Verein als eine
selbständige juristische Körperschaft mit eigenen Statuten und eigenem
Vereinsvorstand zu bilden. Alle nationalen Vereine sind Mitglieder des
internationalen Dachverbandes, die Vereinsvorstände arbeiten ehrenamtlich. Jede
Mitgliedsorganisation muss die internationalen Statuten und pädagogischen
Prinzipien der Kinderbetreuung von SOS-Kinderdorf International sowie die
Richtlinien hinsichtlich der finanziellen und administrativen Gebarung
einhalten.
Die umfassende und
langfristige Betreuung im Rahmen des SOS-Kinderdorfes hat in vielen Ländern
eine Modellfunktion für die Fremdunterbringung von Kindern, die aus
unterschiedlichen Gründen nicht in ihrer Ursprungsfamilie bleiben können oder
ihre leiblichen Eltern verloren haben. In der engen und erfolgreichen
Zusammenarbeit mit Behörden, wissenschaftlichen Fachkreisen, anderen
pädagogischen Institutionen und Hilfsorganisationen kommt diese langjährige
professionelle Erfahrung zum Ausdruck. Aber auch in der Tatsache, dass häufig
an SOS-Kinderdorf International mit der Bitte herangetreten wird, in einem
Land, einer Region oder an einem bestimmten Ort, wo die Zahl verwaister und
verlassener Kinder hoch ist und die Möglichkeit zu deren Betreuung unzureichend
sind, ein SOS-Kinderdorf zu errichten.
SOS-Kinderdorf
International unterhält seit vielen Jahren mit einer Reihe von
UN-Unterorganisationen Kontakte, sei es bei der Durchführung und Unterstützung
von Hilfsprogrammen oder im Rahmen langfristig angelegter humanitärer Projekte
vorrangig für Kinder, Mütter und Familien in Not.
Eine der größten
Auszeichnungen für geleistete Arbeit war die mehrmalige Nominierung der
Organisation SOS-Kinderdorf und ihres Gründers Hermann Gmeiner für den
Friedensnobelpreis. Während der vergangenen fünf Jahrzehnte erhielten Hermann
Gmeiner sowie sein Nachfolger und derzeitige Präsident Helmut Kutin in
Anerkennung der SOS-Kinderdorf-Arbeit eine Vielzahl an Auszeichnungen und
Ehrungen. In fast allen Ländern, in denen SOS-Kinderdorf aktiv ist, wurden der
Organisation bedeutende Preise verliehen.“
Der Außenpolitische
Ausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am
27. Jänner 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich
außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Michael Spindelegger die
Abgeordneten Dr. Caspar Einem, Herbert Scheibner, Mag. Ulrike Lunacek, Mag. Walter Posch,
Mag. Gisela Wurm sowie die Bundesministerin für
auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik.
Bei der Abstimmung
wurde der Entschließungsantrag mit Stimmenmehrheit angenommen.
Als Ergebnis
seiner Beratungen stellt der Außenpolitische Ausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene
Entschließung annehmen.
Wien, 2005 01 27
Dr. Michael Spindelegger Peter
Schieder
Berichterstatter Obmann