Vorblatt

Problem:

Die Nichtbesteuerung von Zinsen im derzeitigen Ausmaß verursacht wirtschaftliche Verzerrungen, die mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes nicht vereinbar sind.

Die Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 sieht deshalb zwischen den Mitgliedstaaten der EU einen automatischen Informationsaustausch hinsichtlich der Sparzinsen, die an Ansässige eines anderen Mitgliedstaates gezahlt werden, vor. Österreich, Belgien und Luxemburg wurde zugestanden, während einer Übergangsperiode nur einen Quellensteuerabzug vorzunehmen.

Gemäß Art. 17 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten jedoch nur verpflichtet, diese Richtlinie anzuwenden, wenn bestimmte europäische Drittstaaten (Schweiz, Liechtenstein, Andorra, San Marino und Monaco) gleichwertige Maßnahmen anwenden und darüber hinaus auch noch Abkommen mit den abhängigen oder assoziierten Gebieten (Kanalinseln, Isle of Man und abhängige oder assoziierte Gebiete in der Karibik) bestehen, die die automatische Auskunftserteilung bzw. während des Übergangszeitraumes einen Quellensteuerabzug entsprechend der Richtlinie vorsehen. Die gleichwertigen Maßnahmen der Kanalinseln sollen durch entsprechende Abkommen mit allen Mitgliedstaaten der EU festgelegt werden.

Ziel:

Durch diese Abkommen sollen gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen zwischen Banken in der EU und auf den Kanalinseln ansässigen Banken hinsichtlich von in der EU ansässigen Kunden hergestellt werden.

Inhalt:

Das Abkommen sieht während der Übergangsperiode einen Quellensteuerabzug für Zinszahlungen an im anderen Vertragstaat ansässige natürliche Personen vor. Nach Ablauf der Übergangsfrist ist ein Informationsaustausch vorgesehen.

Alternativen:

Keine

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Es sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

Finanzielle Auswirkungen

Es sind keine nennenswerten finanziellen Auswirkungen zu erwarten.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Von einer Kompatibilität ist auszugehen.. Gemäß Art.17 der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 sind die Mitgliedstaaten zur Anwendung der Richtlinie nur verpflichtet, wenn Abkommen oder sonstige Regelungen mit den abhängigen oder assoziierten Gebieten (Kanalinseln, Isle of Man und abhängige oder assoziierte Gebiete in der Karibik) bestehen, die die automatische Auskunftserteilung bzw. während des Übergangszeitraumes einen Quellensteuerabzug entsprechend der Richtlinie vorsehen.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendbarkeit im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist die Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG nicht erforderlich.

Die Nichtbesteuerung von Zinsen im derzeitigen Ausmaß verursacht wirtschaftliche Verzerrungen, die mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes nicht vereinbar sind.

Da es an jeglicher Koordinierung der nationalen Systeme der Besteuerung von Zinserträgen fehlt, insbesondere was die steuerliche Behandlung von Zinsen betrifft, die von Gebietsfremden vereinnahmt werden, können Personen, die in einem Mitgliedstaat ansässig sind, derzeit häufig jegliche Besteuerung von in einem anderen Staat vereinnahmten Zinsen in ihrem Wohnsitzstaat vermeiden.

Die Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 (im Folgenden kurz mit „Richtlinie“ bezeichnet) sieht deshalb zwischen den Mitgliedstaaten der EU einen automatischen Informationsaustausch hinsichtlich der Sparzinsen, die an Ansässige eines anderen Mitgliedstaates gezahlt werden, vor. Österreich, Belgien und Luxemburg wurde zugestanden, während einer Übergangsperiode nur einen Quellensteuerabzug vorzunehmen.

Gemäß Art. 17 der Richtlinie sind die Mitgliedstaaten jedoch nur verpflichtet, diese Richtlinie anzuwenden, wenn bestimmte europäische Drittstaaten (Schweiz, Liechtenstein, Andorra, San Marino und Monaco) gleichwertige Maßnahmen anwenden und darüber hinaus auch noch Abkommen mit den abhängigen oder assoziierten Gebieten (Kanalinseln, Isle of Man und abhängige oder assoziierte Gebiete in der Karibik) bestehen, die die automatische Auskunftserteilung bzw. während des Übergangszeitraumes einen Quellensteuerabzug entsprechend der Richtlinie vorsehen.

Das vorliegende Abkommen mit Jersey entspricht den Voraussetzungen der Richtlinie, Formulierungen einzelner Artikel sind großteils ident.


Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Nur Zinszahlungen einer Zahlstelle, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei hat, an einen wirtschaftlichen Eigentümer, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei hat, unterliegen während des Übergangszeitraums der Quellensteuer bzw. im Hoheitsgebiet von Jersey einem Steuerrückbehalt.

Zu Artikel 2

Dieser Artikel regelt den Umfang der Informationspflicht der Zahlstelle in den Fällen, in denen der wirtschaftliche Eigentümer seine Zahlstelle ausdrücklich ermächtigt, die Zinszahlung an die zuständige Behörde zu melden. Der Umfang der Informationspflicht entspricht den in  Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehenen Erfordernissen.

Zu Artikel 3

Die Vertragsparteien sind verpflichtet eines der beiden in diesen Artikel beschriebenen Verfahren vorzusehen, damit der wirtschaftliche Eigentümer die Möglichkeit erhält, die Quellensteuer dadurch zu vermeiden, dass er die Zinserträge in seinem Wohnsitzstaat erklärt.

Zu Artikel 4

Dieser Artikel regelt, wie bei der Einbehaltung der Quellensteuer auf die einzelnen Arten von Zinszahlungen gemäß Art. 8 zu verfahren ist. Lit. b verweist hinsichtlich von Zinszahlungen gem. Art.8 Abs. 1 lit. b und d auf eine „vom Empfänger zu entrichtende Abgabe gleicher Wirkung“. Jede Vertragspartei kann anstelle der Quellensteuer bzw. dem Steuerrückbehalt auf die Zinserträge eine Abgabe auf den vollen Erlös aus Verkauf, Rückzahlung oder Einlösung erheben. In Bezug auf Österreich ist eine inhaltliche Übereinstimmung mit § 6 Abs. 1 EU-QuStG gegeben.

Zu Artikel 5:

Abs.1 definiert  den Begriff des wirtschaftlichen Eigentümers.  Ist der Empfänger eine natürliche Person, gilt die widerlegbare Vermutung, dass sie wirtschaftlicher Eigentümer der Zinszahlung ist.

Kann der Empfänger der Zinszahlung nachweisen, dass sie selbst als Zahlstelle fungiert, unterliegt die Zinszahlung an sie nicht der Quellensteuer. Das gilt auch, wenn sie nachweist, dass sie im Auftrag einer juristischen Person, einer Einrichtung, deren Gewinne den allgemeinen Vorschriften über die Unternehmensbesteuerung unterliegen oder eines Organismus für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) im Sinne der Richtlinie 85/611/ EWG oder eines vergleichbaren Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz auf Jersey handelt. Der Zinsempfänger gilt ebenfalls nicht als wirtschaftlicher Eigentümer, wenn nachweist, dass er im Auftrag einer Einrichtung nach Artikel 7 Abs.2 handelt und in diesem Fall Name und Anschrift der betreffenden Einrichtung dem Wirtschaftsbeteiligten, der die Zinszahlung vornimmt, übermittelt.

Wenn eine natürliche Person als Treuhänder für eine andere natürliche Person handelt und deren Identität und Wohnsitz gegenüber der Zahlstelle offen legt, wird der Treugeber als wirtschaftlicher Eigentümer behandelt.

Abs. 2 sieht angemessene Schritte für die Zahlstelle zur Feststellung des tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümers der Zinszahlung vor, wenn es Hinweise dafür gibt, dass die Person, die die Zinsen vereinnahmt, nicht der wirtschaftliche Eigentümer ist. Dadurch wird für Banken, die bereits den Vorschriften des BWG unterliegen, keine zusätzliche Verpflichtung geschaffen.

Zu Artikel 6

Dieser Artikel regelt die Mindestanforderungen an die Zahlstellen in den Vertragsstaaten hinsichtlich der Feststellung der Identität und des Wohnsitzes des wirtschaftlichen Eigentümers. Für österreichische Zahlstellen entsprechen diese Mindestanforderungen jenen die in der Richtlinie 2003/48/EG bzw. im EU-QuStG vorgesehen sind

Zu Artikel 7

Dieser Artikel definiert die Zahlstelle, welche zum Quellensteuerabzug verpflichtet ist. Sie entspricht dem Art. 4 der Richtlinie.

Abs.1 enthält die allgemeine Definition der Zahlstelle.

Abs. 2 erweitert die Definition der Zahlstelle. Eine von dieser Bestimmung erfasste Zahlstelle gilt bei der Vereinnahmung der Zinsen als Zahlstelle, und nicht bei der Auszahlung an den wirtschaftlichen Eigentümer. Diese Einrichtungen werden in lit. a bis c negativ abgegrenzt.

Für eine Einrichtung, die nicht unter die aufgezählten Kategorien fällt, besteht darüber hinaus gemäß Abs.3 die Optionsmöglichkeit, wie ein OGAW behandelt zu werden. Damit dürfte der Anwendungsbereich des Zahlstellenbegriffs im Sinne des Abs.2 auf einige wenige Fälle beschränkt bleiben.

Abs.5 zählt taxativ finnische und schwedische juristische Personen auf, die als Einrichtung im Sinne von Abs.2 anzusehen sind, sofern diese keine Option zur Behandlung als OGAW ausüben.

Zu Artikel 8

Die Definition der Zinszahlung in Art. 8 entspricht jener in Art. 6 der Richtlinie. In Bezug auf Österreich ist eine inhaltliche Übereinstimmung mit § 6 EU-QuStG gegeben.

Abs.1 lit. a regelt, welche Forderungen vom Abkommen erfasst sind. Diese Bestimmung entspricht der Definition von Zinsen in Artikel 11 Abs.3 des OECD- Musterabkommens über Einkommens- und Kapitalsteuern.

Gemäß lit. b werden auch aufgelaufene oder kapitalisierte Zinsen, die beim Verkauf, Rückzahlung oder Einlösung von Forderungen im Sinne von lit. a – einschließlich Nullkuponanleihen und ähnlichen Schuldtiteln –realisiert werden, von der Definition der Zinszahlung erfasst.

Lit. c bezieht in die Definition der Zinszahlung auch Erträge ein, die von OGAW im Sinne der Richtlinie 85/611/ EWG oder eines vergleichbaren Organismus für gemeinsame Anlagen mit Sitz auf Jersey, von Einrichtungen, die gemäß Art.7 Abs. 3 für die Behandlung als OGAW optiert haben, und von außerhalb der EU und außerhalb Jerseys niedergelassenen Organismen für gemeinsame Anlagen ausgeschüttet werden.

Lit. d: diese Bestimmung soll gewährleisten, dass aufgelaufene oder kapitalisierte Zinsen, die bei Verkauf, Rückzahlung oder Einlösung von Anteilen an angeführten Organismen und Einrichtungen realisiert werden, ebenfalls von der Richtlinie erfasst werden.

Voraussetzung ist allerdings, dass diese Organismen und Einrichtungen mehr als 40% ihres Vermögens in Forderungen im Sinne von Abs.1 a angelegt haben.

Abs. 2 dient der Verwaltungsvereinfachung für die Zahlstellen bei Erträgen von ausschüttenden oder thesaurierenden Fonds.

Abs. 3: Hat die Zahlstelle bei thesaurierenden Fonds keine Informationen über den Anteil an Forderungen im Sinne von Abs.1 lit. a, gilt dieser Prozentanteil als über 40% liegend.

Abs. 4 erweitert die Definition der Zinszahlungen auf Zinsen, die von einer Einrichtung im Sinne von Art.7 Abs.2 vereinnahmt werden. Die Vereinnahmung der Zinsen gilt also als Zinszahlung. Die spätere Auszahlung der Zinsen an den wirtschaftlichen Eigentümer löst keine weiteren Verpflichtungen aus.

Abs. 5 bietet den Vertragsparteien die Möglichkeit im Falle von Stückzinsen oder kapitalisierten Zinsen bzw. von thesaurierende Organismen für gemeinsame Anlagen den  Zahlstellen vorzuschreiben, Zinsen auf einem Zeitraum von höchstens 1 Jahr umzurechnen. Dadurch werden diese umgerechneten Zinsen auch als Zinszahlung behandelt, wenn in diesem Zeitraum keine Abtretung, Rückzahlung oder Einlösung erfolgt ist.

Abs.6 bietet beiden Vertragsparteien die Möglichkeit die Erträge von Organismen und Einrichtungen vom Zinsbegriff auszunehmen, sofern diese höchstens 15 % ihres Vermögens in Forderungen im Sinne von Abs. 1 a angelegt haben. Macht eine Vertragspartei von dieser Möglichkeit in Bezug auf einen in seinem Gebiet niedergelassenen OGAW Gebrauch, so ist die Wahl für die andere Vertragspartei verbindlich, d.h. sie kann von Zahlstellen in ihrem Gebiet nicht verlangen, dass diese Erträge der Quellensteuer unterwerfen.

Abs.8 regelt die Grundlagen für die Ermittlung der Prozentanteile gem. Abs.1 lit. d und Abs.6.

Zu Artikel 9

75% der Einnahmen aus der Quellensteuer bzw. dem Steuerrückbehalt müssen an die andere Vertragspartei übermittelt werden. Diese Aufteilung entspricht jener die in Art. 12 der Richtlinie zwischen EU-Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

Zu Artikel 10

Dieser Artikel entspricht Art. 14 der Richtlinie und regelt die Anrechnung bzw. die Erstattung durch den Wohnsitzstaat des wirtschaftlichen Eigentümers. Die Vertragspartei, in deren Hoheitsbereich der wirtschaftliche Eigentümer seinen Wohnsitz hat, ist verpflichtet eine Doppelbesteuerung aufgrund der Quellensteuer auszuschließen. In Bezug auf Österreich ist eine inhaltliche Übereinstimmung mit § 11 EU-QuStG gegeben.

Zu Artikel 11

Anleihen und andere umlauffähige Schuldtitel fallen bei Erfüllung von zwei Voraussetzungen nicht in den Anwendungsbereich dieses Abkommens. Sie müssen vor dem 1. März 2001 emittiert worden sein und es dürfen nach dem 1. März 2002 keine Aufstockungen vorgenommen worden sein.

Zu Artikel 12

Dieser Artikel regelt das Verständigungsverfahren zwischen den Vertragsparteien

Zu Artikel 13

Dieser Artikel enthält eine Vertraulichkeitsklausel.

Zu Artikel 14

Die Regelung des Übergangszeitraums entspricht Art. 10 der Richtlinie.

Zu Artikel 15

Diese Bestimmung regelt das Inkrafttreten.

Zu Artikel 16

Das Abkommen kann durch eine schriftliche mit Gründen versehene Notifikation an die andere Vertragspartei gekündigt werden. In diesem Fall tritt das Abkommen zwölf Monate nach Zustellung der Notifikation außer Kraft.

Zu Artikel 17

Die Voraussetzungen für die Anwendung des Abkommens orientieren sich an Art. 17 der Richtlinie 2003/48/EG. Gemäß Abs. 2 entscheiden die Vertragsparteien einvernehmlich mindestens 6 Monate vor dem Inkrafttreten, ob die Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten der EU, den genannten Drittländern und den betroffenen abhängigen oder assoziierten Gebieten erfüllt sind.

Abs.3 und 4 regeln die Aussetzung der Anwendung.