V O R B L A T T

Problem:

Die wesentlichen Rechtsgrundlagen für die polizeiliche Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik Deutschland bestehen in der Handhabung des österreichischen Polizeikooperationsgesetzes (BGBl. I Nr. 104/1997), des Schengener Durchführungsübereinkommens (BGBl. III Nr. 90/1997) sowie des Regierungsübereinkommens über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und der Zollverwaltungen in den Grenzgebieten (BGBl. III Nr. 11/2000) vom 16.12.1997.

Die Inanspruchnahme und Leistung von polizeilicher Amtshilfe werden durch das Polizeikooperationsgesetz sowie durch Bestimmungen des Schengener Durchführungsübereinkommens geregelt. Durch das Schengener Durchführungsübereinkommen erfolgt die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen und als Ausgleichmaßnahmen dafür die Einräumung von bestimmten grenzüberschreitenden polizeilichen Befugnissen, insbesondere grenzüberschreitende Observation und grenzüberschreitende Nacheile. Das Regierungsübereinkommen vom 16.12.1997 bringt Verfahrenserleichterungen bei der Handhabung der grenzüberschreitenden Ermächtigung zu Observation und Nacheile und sieht auch eine verstärkte regionale Zusammenarbeit der Behörden in den jeweiligen Grenzgebieten vor.

Mit der Bundesrepublik Deutschland sollen nun aufgrund der im Rahmen von Schengen bereits erfolgten Abschaffung der Grenzkontrollen, aufgrund der ausgeprägten Tradition einer sehr engen Zusammenarbeit und letztlich auch aufgrund der gemeinsamen Sprache durch den vorliegenden Vertrag engere und weitreichendere polizeiliche und justizielle Kooperationsformen vereinbart werden.

Ziel:

Verbesserung der Zusammenarbeit der beiden Vertragsstaaten bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und der Vorbeugung und Bekämpfung von Straftaten durch die Schaffung einer zeitgemäßen rechtlichen Grundlage für die grenzüberschreitende informationelle und operative Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden) und Justizbehörden.

Inhalt:

Verstärkung und Vertiefung der grenzüberschreitenden polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit der beiden Nachbarstaaten; Schaffung weiterer verfahrensmäßiger Erleichterungen im grenzüberschreitenden Amtshilfeverkehr (z.B. Kreuzverkehr zwischen Polizei- und Justizbehörden) sowie neuer Ermächtigungen für grenzüberschreitendes polizeiliches Einschreiten (gemischte Streifen, grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen, grenzüberschreitendes Einschreiten zur Gefahrenabwehr); Verbesserung der Abstimmung polizeilicher Strategien und einzelner Ermittlungsschritte bei grenzüberschreitender Bedeutung; Beschleunigung des Informationsaustausches;

Alternativen:

Andere Wege zur Erreichung des angestrebten Zieles stehen derzeit nicht zur Verfügung.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der vorliegende Vertrag ist mit EU-Recht bzw. den verbindlichen Rechthandlungsformen der Dritten Säule vereinbar. Die Bestimmungen von Titel VI EU-V stehen dem Abschluss bilateraler Verträge über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten nicht entgegen. Der vorliegende Vertrag ist kompatibel mit dem Schengener Durchführungsübereinkommen.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.


E R L Ä U T E R U N G E N

Allgemeiner Teil

Der Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr und in strafrechtlichen Angelegenheiten ist gesetzändernd und gesetzesergänzend. Er bedarf daher der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG. Er enthält keine verfassungsändernden bzw. verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Er ist im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbar, weshalb die Erlassung von Gesetzen nach Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG ist nicht erforderlich, da Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder nicht berührt werden.

Im September 2000 wurden Vorgespräche zum Abschluss dieses Vertrages aufgenommen und mit der Paraphierung des Vertragsentwurfes nach Abschluss der dritten Verhandlungsrunde am 26. Juni 2003 in Berlin erfolgreich abgeschlossen. Der vorliegende Vertrag wurde von der Bundesregierung in ihrer Sitzung vom 9. September 2003 (sh. Pkt. 14 des Beschl. Prot. Nr. 21) genehmigt und auf österreichischer Seite am 10. November 2003 durch den Bundesminister für Inneres sowie am 19. Dezember 2003 durch den Bundesminister für Justiz unterzeichnet.

Der Vertrag verfolgt das Ziel, die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden  (Polizeibehörden) und Justizbehörden der Vertragsstaaten bei der Vorbeugung und Aufklärung von Straftaten zu verstärken. Er enthält sowohl Regelungen über eine Zusammenarbeit durch Informationsaustausch als auch über eine operative Kooperation durch grenzüberschreitendes Einschreiten von Organen der Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden) auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates. Von den Regelungen sind insbesondere die Ergänzungen der Bestimmungen des Übereinkommens vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (Schengener Durchführungsübereinkommen - SDÜ, BGBl. III Nr. 90/1997) zur grenzüberschreitenden Observation und Nacheile, die Ermächtigungen zur Durchführung von kontrollierten Lieferungen und grenzüberschreitenden verdeckten Ermittlungen sowie zum Einsatz gemeinsamer Streifen, aber auch die Verpflichtung zur wechselseitigen Unterstützung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen sowie - neu und bislang einzigartig - die Regelungen betreffend die Übermittlung und den Abgleich von DNA-Profilen und -Identifizierungsmustern und anderem erkennungsdienstlichem Material hervorzuheben.

Eine finanzielle Mehrbelastung für die Republik Österreich ist mit der Durchführung des Vertrages nicht verbunden.

Besonderer Teil

Zu Teil I (Vertragsgegenstand, Verhältnis zu sonstigen Regelungen, Behörden)

In den Bestimmungen dieses Teiles sind der Anwendungsbereich des Vertrages und seine Stellung in Beziehung zu bestehenden anderen rechtlichen Verpflichtungen festgelegt sowie die Behörden und Grenzgebiete im Sinne dieses Vertrages definiert.

Zu Art.1:

Art. 1 regelt den Gegenstand des Vertrages. Diesen bildet die Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten, sowie bei der Verfolgung von Straftaten.

Zu Art. 2:

Art. 2 bestimmt, dass die Zusammenarbeit im Rahmen des jeweiligen innerstaatlichen Rechts der beiden Vertragsstaaten sowie ihrer internationalen Verpflichtungen erfolgt, soweit der Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt.

Weiters wird festgelegt, dass die innerstaatlichen Unterrichtungspflichten gegenüber der jeweiligen nationalen polizeilichen Zentralstelle sowie die Verfahren der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Kriminalitätsbekämpfung durch die nationalen Zentralstellen vom vorliegenden Vertrag unberührt bleiben.

Zu Art. 3:

In diesem Artikel werden die Behörden und Grenzgebiete der beiden Vertragsstaaten im Sinne des Vertrages definiert.

Der Terminus „Sicherheitsbehörden“ stellt ein österreichisches Spezifikum dar. Im vorliegenden Vertrag findet daher die einheitliche Bezeichnung „Polizeibehörden“ Anwendung. Die Begriffsbestimmung dazu erfolgt in Abs. 1.

Die zuständigen österreichischen Sicherheitsbehörden sind die in Art. 78 a B-VG (sowie in den §§ 6-9 des Bundesgesetzes über die Organisation und Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei - Sicherheitspolizeigesetz - SPG) angeführten Behörden.

Grenzgebiete im Sinne dieses Vertrages sind in der Republik Österreich die örtlichen Zuständigkeitsbereiche der Sicherheitsdirektionen für die Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich.

Als Grenzgebiete nach diesem Vertrag gelten auch ein Eisenbahnzug von der Staatsgrenze bis zum ersten fahrplanmäßigen Anhaltebahnhof sowie ein Tagesausflugsschiff bis zur nächsten Anlegestelle.

 

Änderungen in der Bezeichnung der zuständigen Behörden oder Änderungen der Zuständigkeit der Behörden im Sinne des vorliegenden Vertrages (die Grenzgebiete sind als örtliche Zuständigkeitsbereiche von Behörden definiert) werden dem anderen Vertragsstaat gemäß Abs. 3 mitgeteilt.

 

Zu Teil II (Allgemeine Formen der Zusammenarbeit)

Teil II regelt die informationelle polizeiliche Kooperation, also die sogenannte internationale polizeiliche Amtshilfe (vgl § 2 Abs. 1 sowie das 2. Hauptstück des Polizeikooperationsgesetzes – PolKG BGBl. I Nr. 104/1997) und enthält Bestimmungen zur operationellen Zusammenarbeit. Weiters wird die Kooperation bei der Aus- und Fortbildung sowie die Unterstellung von Polizeibeamten des anderen Vertragsstaates bei dringendem Bedarf festgelegt.

Zu Art. 4:

Dieser Artikel enthält eine beispielhafte Aufzählung von Maßnahmen für die Intensivierung des Informationsaustausches und eine Verbesserung der Kommunikationsstrukturen zwischen den beiden Vertragsstaaten sowie zur Kooperation bei Einsätzen und Ermittlungen zur Verfolgung von Straftaten und zur Gefahrenabwehr.

Z 1 führt etwa als Beispiele für eine Intensivierung des Informationsaustausches und der Kommunikationsstrukturen die Mitteilung von Informationen ohne Angabe personenbezogener Daten über Sachverhalte, Täterverbindungen und typisches Täterverhalten, die rechtzeitige Unterrichtung über bevorstehende polizeilich relevante Ereignisse zum Zwecke der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung und die gemeinsame Erstellung sowie Aktualisierung von Verzeichnissen mit Angaben über Zuständigkeiten und Erreichbarkeiten an.

In Z 2 wird die Intensivierung der Kooperation bei Einsätzen und Ermittlungen beispielhaft etwa durch den abgestimmten Einsatz von Kräften in den Grenzgebieten, die Abstimmung von Einsatz-, Fahndungs- und Streifenplänen, die Bildung gemeinsamer Einsatzleitungen und Befehlsstellen oder gemeinsamer Einsatz- oder Ermittlungsgruppen nach Bedarf dargestellt.

Zu Art. 5:

Die Regelung stellt auf eine Zusammenarbeit durch gegenseitige Bereitstellung von Lehrplänen, die Möglichkeit der Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen des jeweils anderen Vertragsstaates, bei der Erarbeitung gemeinsamer Fortbildungsprogramme und bei der Durchführung gemeinsamer grenzüberschreitender Seminare und Übungen ab. Damit erhält die Zusammenarbeit im Bereich der Aus- und Fortbildung zwischen den beiden Vertragsstaaten eine rechtliche Basis.

Zu Art. 6:

Zur Erfüllung von Aufgaben der Gefahrenabwehr sowie der Verfolgung von Straftaten können die Vertragsstaaten einander auch durch Entsendung von Beamten der Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden), die dem anderen Vertragsstaat ausnahmsweise zur Wahrnehmung polizeilicher Vollzugsaufgaben einschließlich hoheitlicher Befugnisse, also auch zur Ausübung von Hoheitsgewalt, unterstellt werden, unterstützen. Dies ist jedoch nur als ultima ratio zulässig, also wenn der Erfolg einer erforderlichen polizeilichen Maßnahme ohne einen solchen Einsatz vereitelt oder ernsthaft gefährdet oder die Ermittlung aussichtslos oder wesentlich erschwert würde. Es handelt sich um Ausnahmesituationen bei dringendem Bedarf. Beispiele sind etwa Großdemonstrationen, die von einem Vertragsstaat allein nicht (mehr) bewältigt werden können, oder Fälle der Bekämpfung von Straftaten, wenn für einzelne Ermittlungsschritte besondere Kenntnisse (Spezialwissen) erforderlich sind oder außergewöhnlich viele Beamte eingesetzt werden müssen.

 

Die entsandten unterstellten Beamten dürfen nur unter der Leitung von Beamten des anderen Vertragsstaates (Empfangsstaates) hoheitlich tätig werden. Sie sind dabei an das Recht des Empfangsstaates gebunden. Das in § 15 Abs. 2 PolKG normierte Prinzip der doppelten Gesetzesbindung bei Amtshandlungen, die in Rechte Betroffener eingreifen, kommt bei Entsendungen nach Art. 6 daher nicht zur Anwendung.

Zu Art. 7:

Art. 7 regelt die Hilfeleistung auf Ersuchen durch die Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden) nach Maßgabe des Art. 39 Abs. 1 Satz 1 SDÜ und enthält dazu in Abs. 2 eine demonstrative Aufzählung.

Die demonstrative Aufzählung in Abs. 2 soll den Anwendungsbereich jener Zusammenarbeitsformen bei Ermittlungen umschreiben, die derzeit in beiden Vertragsstaaten von den Sicherheitsbehörden in eigener Zuständigkeit und Verantwortlichkeit und regelmäßig ohne Zustimmung oder Beteiligung anderer Behörden, insbesondere von Justizbehörden, durchgeführt werden können. Der Justizvorbehalt nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 SDÜ bleibt jedoch auch hinsichtlich der Ermittlungen und der Austausch der Ergebnisse nach Abs. 2 unberührt.

Übermittlung und Erledigung von Ersuchen sowie Übermittlungswege:

Grundsätzlich erfolgt der Informationsaustausch über die nationalen Zentralstellen, das ist für die Republik Österreich das Bundesministerium für Inneres. Ersuchen können aber auch über den in Art. 39 Abs. 3 Satz 2 SDÜ geregelten Fall (wenn das Ersuchen sonst nicht rechtzeitig gestellt werden kann) hinaus unmittelbar zwischen den zuständigen Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden) übermittelt und erledigt werden, wenn der Schwerpunkt der Straftaten und ihrer Verfolgung in den Grenzgebieten (siehe dazu die Definition in Art. 3 Abs. 2; es umfasst auf österreichischem Territorium das Gebiet der Bundesländer Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich; der Bereich, in dem der unmittelbare Informationsaustausch im sog. „kleinen Grenzverkehr“ erfolgen darf, wird daher durch diesen Vertrag über den in den §§ 4 Abs. 1 zweiter Satz und 7 Abs. 2 PolKG bestimmten Bereich auf das gesamte Gebiet der Bundesländer ausgedehnt) liegt oder eine direkte Zusammenarbeit aufgrund von tat- oder täterbezogenen Zusammenhängen im Rahmen abgrenzbarer Fallgestaltungen zweckmäßig ist und das Einvernehmen der nationalen Zentralstellen vorliegt. Die nationale Zentralstelle ist nach Maßgabe des nationalen Rechts zu unterrichten.

 

Ist die ersuchte Behörde für die Erledigung des Ersuchens unzuständig, leitet sie das Ersuchen an die zuständige Behörde weiter. Dies gilt auch dann, wenn die zuständige Behörde eine Justizbehörde ist. Das in Art. 39 Abs. 2 SDÜ vorgesehene allgemeine Erfordernis der Zustimmung der Justizbehörden des ersuchenden Vertragsstaats zur Verwendung polizeilicher Informationen im Strafverfahren im ersuchenden Vertragsstaat hat sich nicht nur als wenig praktikabel, sondern auch als nicht notwendig erwiesen. Es bleibt der Strafprozessordnung des ersuchenden Vertragsstaats überlassen, ob und welche polizeiliche Informationen im Strafverfahren zugelassen werden. Der ersuchten Behörde ist es jedoch immer möglich, die Verwendung der übermittelten Informationen besonderen Bedingungen oder Auflagen zu unterwerfen.

Zu Teil III (Besondere Formen der Zusammenarbeit in strafrechtlichen Angelegenheiten)

Teil III regelt die besonderen Zusammenarbeitsformen in strafrechtlichen Angelegenheiten. Es sind dies im wesentlichen die verdeckte Ermittlung, die kontrollierte Lieferung, die im vorliegenden Vertrag im Sinne einer möglichst engen Kooperation zwischen den beiden Nachbarstaaten über die Bestimmungen des SDÜ hinausgehenden Regelungen zur grenzüberschreitenden Observation und Nacheile sowie die im Hinblick auf eine weitere Intensivierung der Kriminalitätsbekämpfung als zukunftsorientiert anzusehenden Regelungen zur Übermittlung und zum Abgleich von DNA-Profilen und -Identifizierungsmustern.

Zu Art. 8:

Die Bestimmungen über die Beweissicherung bei Gefahr in Verzug richten sich nach dem innerstaatlichen Recht sowohl des ersuchenden als auch des ersuchten Vertragsstaates. Ziel der Bestimmung ist es, bei Vorliegen von Gefahr im Verzug besonders rasch notwendige Erhebungsschritte im anderen Vertragsstaat veranlassen zu können, um dort Spuren oder Beweise zu sichern einschließlich der Durchführung von körperlichen Untersuchungen sowie von Durchsuchungen und Beschlagnahmen. Solche Ersuchen können von den Staatsanwaltschaften und von den nach innerstaatlichem Recht befugten Vollzugsbeamten der Staatsanwaltschaften, sohin im Auftrag einer Staatsanwaltschaft, gestellt werden.

Es handelt sich allgemein um Fälle der justiziellen Rechtshilfe, wobei auf Grund der Dringlichkeit ein formgerechtes Rechtshilfeersuchen nicht zeitgerecht gestellt werden kann. Ersuchen um Beweissicherung bei Gefahr im Verzug können daher im unmittelbaren Behördenverkehr zwischen den zuständigen Polizei- oder Justizbehörden gestellt werden. Die zuständige Justizbehörde des ersuchenden Vertragsstaates ist daher unverzüglich von der Sicherheitsbehörde über die Stellung eines Ersuchens wegen Gefahr im Verzug in Kenntnis zu setzen, damit ein formgerechtes Rechtshilfeersuchen nachgereicht werden kann, auf Grund dessen die Ergebnisse der durchzuführenden Maßnahmen übermittelt werden.

Die Erledigung des Ersuchens richtet sich nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Vertragsstaates. Daher haben die ersuchten Behörden auch die Einholung einer allenfalls notwendigen gerichtlichen Bewilligung zu veranlassen und die ersuchende Behörde um die Vorlage einer entsprechenden Anordnung oder Erklärung des zuständigen Gerichts zu ersuchen.

Die Durchführung körperlicher Untersuchungen bei Gefahr in Verzug gegen den Willen des Betroffenen in Österreich wird erst nach dem 1.1.2008 zulässig sein, weil § 123 Abs. 3 StPO idF Strafprozessreformgesetz, BGBl. I Nr. 19/2004 (im Folgenden: „StPRG“) auch bei Gefahr in Verzug eine Anordnung der Staatsanwaltschaft voraussetzt.

In jedem Fall bedarf die Übermittlung der Beweisergebnisse der Zustimmung der zuständigen Justizbehörde des ersuchten Staates, auch wenn wegen Eilbedürftigkeit das formelle Rechtshilfeersuchen des ersuchenden Staates noch nicht vorliegt.

Zu Art. 9:

Die Zuständigkeit für die Vornahme von körperlichen Untersuchungen richtet sich nach der Maßgabe des Rechts des ersuchten Vertragsstaates.

Darüber hinaus wird ein Ersuchen um körperliche Untersuchung nur unter den Voraussetzungen des Abs. 2 bewilligt, sodass die Untersuchung zur Feststellung verfahrenserheblicher Tatsachen erforderlich sein und in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Tat stehen muss und eine Untersuchungsanordnung oder Erklärung der nach innerstaatlichem Recht der ersuchenden Vertragspartei zuständigen Stelle über das Vorliegen der Voraussetzungen für eine körperliche Untersuchung vorliegen muss, wenn sich die Person im Hoheitsgebiet des ersuchenden Vertragsstaates aufhält und überdies anzugeben ist, ob molekulargenetische Untersuchungen geplant sind.

Durch § 123 StPO idF StPRG werden die Voraussetzungen für die körperliche Untersuchung nach österreichischem Recht geregelt werden. Diese Bestimmungen stehen mit den Bewilligungsvoraussetzungen nach Abs. 2 im Einklang. Für solche Ersuchen um körperliche Untersuchung wird daher ab dem 1.1.2008 eine gerichtliche Entscheidung einzuholen sein.

Zu Art. 10:

Dieser Artikel regelt, dass die Vertragsstaaten einander in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht und unter bestimmten Bedingungen Amts- und Rechtshilfe durch die Gewinnung und Untersuchung molekulargenetischen Materials sowie die Übermittlung des gewonnenen DNA-Profils oder -Identifizierungsmusters oder den Abgleich von DNA-Profilen und -Identifizierungsmustern leisten.

 

Wenn kein Treffer vorliegt, also der Abgleich keine Übereinstimmung ergeben hat, und darum ersucht wird, speichert der ersuchte Vertragsstaat das übermittelte DNA-Profil und -Identifizierungsmuster für Zwecke des Abgleichs nach Maßgabe seines innerstaatlichen Rechts in seiner Datenbank. In Österreich wird die DNA-Datenbank vom Bundesministerium für Inneres geführt.

§ 67 SPG bestimmt, dass die DNA eines Menschen im Rahmen seiner erkennungsdienstlichen Behandlung ermittelt werden darf, wenn der Betroffene in Verdacht steht, einen gefährlichen Angriff (§ 16 SPG) begangen zu haben, und wenn im Hinblick auf diese Tat oder die Persönlichkeit des Betroffenen erwartet werden kann, dieser werde bei Begehung weiterer gefährlicher Angriffe Spuren hinterlassen, die seine Wiedererkennung auf Grund der ermittelten genetischen Information ermöglichen würden. Die DNA eines Menschen darf auch im Zusammenhang mit der Klärung der Umstände eines bestimmten gefährlichen Angriffs ermittelt werden, wenn dieser nicht im Verdacht steht, den gefährlichen Angriff begangen zu haben, aber Gelegenheit hatte, Spuren zu hinterlassen, soweit dies zur Auswertung vorhandener DNA-Spuren erforderlich ist. Es ist weiters zulässig, die DNA von Abgängigen zu ermitteln, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, dass diese Selbstmord begangen haben oder Opfer einer Gewalttat oder eines Unfalls geworden sind. Kann bei einem Abgängigen die DNA nur unter Mitwirkung einer dritten Person ermittelt werden, so darf dies ausschließlich auf freiwilliger Basis geschehen. Die Ermittlung der DNA ist auch bei einer Leiche zulässig, wenn die Identität des Toten nicht feststeht oder die Vermutung besteht, dass vorhandene Spuren eines gefährlichen Angriffs von jemanden hinterlassen worden sind, der danach verschollen ist. Die molekulargenetische Untersuchung erfolgt in Österreich durch die Heranziehung von Dienstleistern nach dem Bundesgesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999), das sind diesfalls die Gerichtsmedizinischen Institute der Universitäten Innsbruck und Salzburg, denen das Untersuchungsmaterial ausgefolgt wird, denen jedoch nicht die erkennungsdienstlichen Identitätsdaten (personenbezogenen Daten) des Betroffenen übermittelt werden. Es handelt sich um eine Überlassung von Daten mit verschlüsseltem, also für den Dienstleister nicht identifizierbarem Personenbezug. Die Proben werden ausschließlich in den nicht-codierenden Bereichen typisiert.

 

Die Internationale Kriminalpolizeiliche Organisation (IKPO-Interpol) hat ein DNA-Datenformular entwickelt, das auch zwischen den Vertragsstaaten in seiner jeweils gültigen Fassung Anwendung finden soll.

Auf Ebene der Europäischen Union sind ebenfalls Bestrebungen im Gange, den Austausch von DNA-Analyseergebnissen als für strafrechtliche Ermittlungen von hohem Wert und für eine kontrollierte, wirksame und systematische Kriminalitätsbekämpfung unerlässlich zu fördern (vgl. Entschließung des Rates der Europäischen Union vom 09. Juni 1997 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen, ABl. Nr. C 193 vom 24.06.1997, S. 2 f, sowie Entschließung des Rates der Europäischen Union vom 25. Juni 2001 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen, ABl. Nr. C 187 vom 03.07.2001, S. 1 ff.).

Nach Abs. 3 Z 3 richtet sich die Gewinnung eines DNA-Profils oder –Identifizierungsmusters einer im ersuchten Vertragsstaat aufhältigen Person ausschließlich nach dem Recht dieses Staates. Dabei hat der ersuchende Vertragsstaat eine nach seinem Recht erforderliche Untersuchungsanordnung oder –erklärung vorzulegen. Soweit nicht die Vorschriften des SPG die Abnahme und Untersuchung der DNA eines Menschen zulassen, wird nach § 124 StPO idF StPRG die Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung eine molekulargenetische Untersuchung anordnen können.

 

Dieser immer wichtiger werdende Bereich hat hier erstmals in einem bilateralen Vertrag seinen Niederschlag gefunden und setzt gleichsam einen Meilenstein in der Zusammenarbeit der beiden Staaten.

Zu Art. 11:

Es gilt Art. 40 SDÜ mit den in dieser Bestimmung dargestellten Ergänzungen zur grenzüberschreitenden Observation.

Der zu observierende Personenkreis wird über die Person des Verdächtigen hinaus erweitert auf Personen, bei denen ernsthaft anzunehmen ist, dass sie zur Identifizierung oder Auffindung des Verdächtigen führen können. Dabei kann es sich etwa um Zeugen, Zufallspersonen oder Verwandte handeln, wenn diese im Zusammenhang mit dem im ersuchenden Staat eingeleiteten Ermittlungsverfahren stehen. Dies ist aus polizeifachlicher Sicht äußerst wünschenswert und darüber hinaus bereits Gegenstand einer erfolgten Änderung des Abs. 1 von Art. 40 SDÜ (siehe dazu den Beschluss 2003/725/JI des Rates der Europäischen Union vom 02. Oktober 2003 zur Änderung von Art. 40 Abs. 1 und 7 SDÜ, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union, Nr. L 260 vom 11.10.2003, S. 37 f.).

Ein grenzüberschreitende Observation ist unter der in Punkt 2. angeführten Einschränkung auch zulässig zum Zwecke der Vollstreckung einer rechtskräftig verhängten freiheitsentziehenden Sanktion.

Eine grenzüberschreitende Observation zur Strafverfolgung ist weiters bei Verdacht einer nicht in den Straftatenkatalog des Art. 40 Abs. 7 SDÜ angeführten Straftat zulässig, wenn es sich nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates um eine Tat handelt, die die Voraussetzung für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllt.

Beide Vertragsstaaten wenden bereits den Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten vom 13.6.2002, ABl L 190 vom 18.7.2002, S 1 – 20, an, in Geltung, der nach Art. 34 EUV durch die Mitgliedstaaten umzusetzen ist. In Österreich wurde dazu das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG), BGBl I Nr 36/2004, erlassen, das am 1.5.2004 in Kraft getreten ist.

Nach dem Recht des ersuchten Staates sind jene strafbaren Handlungen auslieferungsfähig, die im Anhang I zum EU-JZG angeführt sind, wenn sie nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer Freiheitsstrafe bedroht sind, deren Obergrenze mindestens 3 Jahre beträgt. Überdies ist nach dem Recht des ersuchten Staates jede andere Handlung auslieferungsfähig, wenn sie nach seinem Recht gerichtlich strafbar ist und nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer Freiheitsstrafe bedroht ist, deren Obergrenze mindestens 12 Monate beträgt. Ausnahmen für militärische, politische oder fiskalische strafbare Handlungen bestehen nicht.

§ 3 Abs. 3 EU-JZG bestimmt, dass sich Bestimmungen über die Auslieferung in anderen Bundesgesetzen auch auf die Übergabe zwischen den Mitgliedstaaten auf Grund eines Europäischen Haftbefehls und des EU-JZG beziehen.

Die Bewilligung für eine grenzüberschreitende Observation obliegt in Österreich nach § 55 Abs. 1 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) dem Gerichtshof erster Instanz, in dessen Sprengel die Grenze voraussichtlich überschritten wird.

Es besteht keine örtliche Einschränkung. Die Bewilligung zur Observation erstreckt sich geografisch auf das gesamte Hoheitsgebiet des bewilligenden Vertragsstaates.

Das Verfahren richtet sich nach Art. 40 Abs. 2 SDÜ.

Gemäß Z 11 dürfen die observierenden Beamten - in Ergänzung der Bestimmungen des SDÜ - eine Person festhalten, wenn diese auf frischer Tat bei der Begehung einer auslieferungsfähigen strafbaren Handlung betroffen wird.

Hingegen ist das Betreten von Wohnungen und öffentlich nicht zugänglichen Grundstücken nicht zulässig.

Der Artikel regelt weiters die Benachrichtigungs- und Unterrichtungspflichten, insbesondere hinsichtlich der mitgeführten oder einzusetzenden technischen Mittel.

 

Zu Art. 12:

Es gilt Art. 41 SDÜ mit den in dieser Bestimmung enthaltenen Ergänzungen zur Nacheile.

Voraussetzung ist die Betretung einer Person bei der Begehung einer oder der Teilnahme an einer Tat, hinsichtlich derer die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls und die Vollstreckung desselben im anderen Vertragsstaat vorliegen. Dabei genügt es, wenn die betreffende Handlung auch nur versucht wurde.

Die Nacheile ist auch zulässig, wenn die Person aus einer Untersuchungs- oder Strafhaft wegen Taten flieht, die die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls und die Vollstreckung desselben im anderen Vertragsstaat erfüllen.

Die Nacheile ist auch zur Sicherung der Vollstreckung einer freiheitsentziehenden Sanktion zulässig, wenn hinsichtlich derer die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls vorliegen. Nach Abs. 1 Z 4 muss der Strafrest mindestens 4 Monate betragen.

Die Nacheile ist weder zeitlich noch räumlich begrenzt und sie ist nicht auf den Landweg beschränkt, sondern kann auch über Luft- und Wassergrenzen, also etwa über den Bodensee, stattfinden.

Den nacheilenden Beamten kommt das Festhalterecht zu, bis die Beamten des Gebietsstaates, die unverzüglich zu unterrichten sind, die Identitätsfeststellung oder die Festnahme vornehmen.

Das Betreten von Wohnungen und öffentlich nicht zugänglichen Grundstücken ist nicht zulässig. Es dürfen jedoch öffentlich zugängliche Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume während der Arbeits-, Betriebs- und Geschäftszeiten betreten werden.

 

Weiters ist die Nacheile auch bei der Verfolgung von Personen zulässig, die sich innerhalb einer Entfernung von höchstens 150 km bis zur Staatsgrenze einer Kontrolle zum Zwecke der Fahndung nach Personen entziehen, die der Begehung einer Straftat verdächtig sind, hinsichtlich derer die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls vorliegen oder die zu einer freiheitsentziehenden Sanktion verurteilt worden sind, derentwegen die Vollstreckung eines Europäischen Haftbefehls im anderen Staat zulässig erscheint. In erster Linie ist bei diesen einzelfallbezogenen Fahndungsmaßnahmen an grenznahe Banküberfälle oder Fluchten aus grenznahen Vollzugsanstalten zu denken. Damit wird der Nacheilefall der Betretung auf frischer Tat oder der Flucht aus der Straf oder Untersuchungshaft auch auf die deshalb eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen ausgedehnt. Es handelt sich aber nur um einzelfallbezogene Kontrollen im Zusammenhang mit der Verfolgung solcher Straftaten.

Der Artikel schreibt auch die Benachrichtigungs- und Unterrichtungspflichten fest.

 

Zu Art.13:

Dieser Artikel nimmt die in verschiedenen völkerrechtlichen Übereinkommen (der Vereinten Nationen, Schengen, der Europäischen Union) entwickelten Grundsätze auf und regelt die kontrollierte Lieferung auch zwischen den beiden Vertragsstaaten.

Die kontrollierte Ein-, Aus- und Durchfuhr kann auf Ersuchen bewilligt werden, wenn der ersuchende Vertragsstaat darlegt, dass ohne diese Maßnahme die Ermittlung von Hinterleuten und anderen Tatbeteiligten oder die Aufdeckung von Verteilerwegen aussichtslos oder wesentlich erschwert würde. Eine Beschränkung auf besondere Gegenstände findet nicht statt. Es sind jedoch beispielsweise der unerlaubte Handel mit Suchtmitteln, Waffen, Sprengstoffen, Falschgeld, Diebesgut und Hehlerware sowie die Geldwäsche angeführt.

Die Bewilligung erstreckt sich dabei auf das gesamte Hoheitsgebiet des ersuchten Vertragsstaates.

Die kontrollierte Lieferung kann nach Absprache zwischen den beiden Vertragsstaaten abgefangen und derart zur Weiterbeförderung freigegeben werden, dass sie unangetastet bleibt, entfernt oder ganz oder teilweise ersetzt wird.

Der ersuchte Vertragsstaat übernimmt die Kontrolle der Lieferung beim Grenzübertritt oder an einem vereinbarten Übergabepunkt, um eine Kontrollunterbrechung zu vermeiden. Der ersuchte Vertragsstaat stellt im weiteren Verlauf der Lieferung deren ständige Überwachung sicher, und zwar in der Form, dass er zu jeder Zeit die Möglichkeit des Zugriffs auf die Täter oder die Waren hat.

Beamte des ersuchenden Vertragsstaates können in Absprache mit dem ersuchten Vertragsstaat die kontrollierte Lieferung nach der Übernahme zusammen mit den übernehmenden Beamten des ersuchten Vertragsstaates weiter begleiten. Abs. 5 beschreibt einen Sonderfall.

Wenn von der Ware ein besonderes Risiko für die an der Lieferung beteiligten Personen oder für die Allgemeinheit ausgeht, kann der ersuchte Vertragsstaat das Ersuchen unter weiteren Bedingungen bewilligen oder es ablehnen.

 

Abs. 8 enthält die Behördenzuständigkeiten. Eine kontrollierte Lieferung bedeutet in jedem Fall, dass der die kontrollierte Lieferung bewilligende Vertragsstaat dadurch auf die Ausübung seines Strafanspruchs aufgrund des Territorialitätsprinzips verzichtet. Dem gemäß sind Ersuchen um kontrollierte Ausfuhr in Österreich (über die nationale Zentralstelle) an die Staatsanwaltschaft zu richten, in deren Sprengel der Transport beginnt.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer kontrollierten Lieferung richten sich nach den Bestimmungen der §§ 71 und 72 EU-JZG. Voraussetzung für die kontrollierte Lieferung durch Österreich ist, dass die der kontrollierten Lieferung zugrundeliegende Straftat die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllt. Damit sind die „Kann-Bestimmungen“ des Art. 13 innerstaatlich hinreichend determiniert worden.

Zu Art. 14:

Die Durchführung verdeckter Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung kann bewilligt werden, wenn der ersuchende Vertragsstaat darlegt, dass ohne diese Maßnahme die Aufklärung des Sachverhalts aussichtslos oder wesentlich erschwert würde. Die Bedingungen, unter denen verdeckte Ermittler eingesetzt werden, richten sich nach dem Recht des ersuchten Vertragsstaates.

Verdeckte Ermittlungen beschränken sich auf einzelne Einsätze. Es gibt keine räumliche, sehr wohl aber eine zeitliche Beschränkung. Ist bei der Stellung des Ersuchens erkennbar, dass sich die verdeckten Ermittlungen über einen bestimmten Zeitraum erstrecken werden, können sie zunächst für die Dauer von bis zu einem Monat bewilligt werden. Eine Verlängerung ist zulässig.

Der Einsatz wird von einem Beamten des ersuchten Vertragsstaates geleitet. Der ersuchte Vertragsstaat kann jederzeit die Beendigung der verdeckten Ermittlung verlangen.

Abs. 5 legt fest, dass der ersuchte Vertragsstaat den ersuchenden Vertragsstaat bei der Durchführung personell, logistisch und technisch unterstützt und dessen Beamte während ihres Einsatzes schützt.

 

Abs. 6 regelt den Eilfall. Im Falle besonderer Dringlichkeit und wenn ernsthaft zu befürchten ist, dass ohne grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen die Identität der eingesetzten Beamten aufgedeckt würde, ist der Einsatz ausnahmsweise ohne vorherige Bewilligung zulässig, wenn im übrigen die notwendigen Voraussetzungen vorliegen. Der Einsatz ist dann unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen und das Ersuchen nachzureichen. Das Tätigwerden des verdeckten Ermittlers ist in diesen Fällen auf das zur Aufrechterhaltung der Legende unumgänglich notwendige Maß beschränkt.

Abs. 9 regelt die Behördenzuständigkeiten.

Der Einsatz verdeckter Ermittler im Bundesgebiet richtet sich nach den §§ 73 und 74 EU-JZG. Voraussetzung ist auch hier, dass die dem Verfahren des anderen Vertragsstaates zugrundeliegenden Taten die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllen.

Der Einsatz ist vom Gerichtshof erster Instanz zu bewilligen, in dessen Sprengel der Einsatz voraussichtlich beginnen soll. Das Ersuchen um den Einsatz eines verdeckten Ermittlers muss von einer Justizbehörde des anderen Vertragsstaates gestellt werden.

Die §§ 73 und 74 EU-JZG entsprechen im Wesentlichen den Vorgaben der „Kann- Bestimmung“ des Art. 14. Sie stellen die rechtlichen Grundlagen für den Einsatz verdeckter Ermittler in Österreich dar. Die Bestimmungen des EU-JZG entsprechen den am 1.1.2008 in Kraft tretenden Bestimmungen über den verdeckten Ermittler nach § 131 StPo idF StPRG und hinsichtlich des Scheinkaufes den Bestimmungen des § 132 StPo idF StPRG. Die zwischenstaatliche Zusammenarbeit hat es erforderlich gemacht, schon jetzt im bilateralen Bereich den Einsatz verdeckter Ermittler gesetzlich zu regeln.

Zu Art.15:

Im Interesse einer verbesserten Kriminalitätsbekämpfung soll die Möglichkeit bestehen, einander auch ohne Ersuchen Informationen, einschließlich personenbezogene Daten, mitzuteilen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Kenntnis der Informationen für die Verfolgung von Straftaten durch den Empfänger erforderlich ist.

 

Dies erfolgt ausschließlich nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts und nur im Einzelfall.

Der empfangende Vertragsstaat ist verpflichtet, nicht erforderliche Daten zu löschen, zu vernichten oder rückzuübermitteln sowie im Falle der Unrichtigkeit der Informationen Mitteilung an den übermittelnden Vertragsstaat zu machen.

Es soll ermöglicht werden, nicht nur reaktiv, sondern auch aktiv grenzüberschreitend tätig zu sein.

Die Bestimmung stellt ein wesentliches Element einer wirksamen partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den beiden Vertragsstaaten dar.

 

Auch im Hinblick auf die beabsichtigte Ratifikation des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union vom 29.5.2000, ABl C 197 vom 12.7.2000, ist es erforderlich, die Informationsübermittlung ohne Ersuchen durch österreichische Justizbehörden innerstaatlich zu regeln. Daher ist eine Novellierung des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG) durch Aufnahme einer entsprechende Bestimmung erforderlich.“

Zu Teil IV (Besondere Formen der Zusammenarbeit zur polizeilichen Gefahrenabwehr)

Dieser Teil enthält Formen der Zusammenarbeit zur Verhinderung von Straftaten. Diese Zusammenarbeit erfolgt dem Zweck angepasst restriktiv und ausschließlich im Rahmen des jeweils geltenden nationalen Rechts.

In diesem Teil finden sich auch die vertraglichen Grundlagen zur Bildung gemeinsamer Streifen.

Ebenso geregelt sind hier die gegenseitige Unterstützung und Hilfeleistung bei Großereignissen, im Falle von Katastrophen und schweren Unglücksfällen sowie die Einrichtung von Bedarfskontrollstellen.

 

Zu Art. 16:

Diese Regelung wurde im Sinne einer effizienten Zusammenarbeit beider Staaten zum Zwecke der Verhinderung von Taten, die die Voraussetzung für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllen, getroffen. Die Observation unterliegt bestimmten Einschränkungen. Sie ist nur im Rahmen des jeweils geltenden innerstaatlichen Rechts der Vertragsstaaten und nur dann zulässig, wenn ein Ersuchen nicht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gestellt und der Zweck der Observation nicht durch die Übernahme der Amtshandlung durch Organe des anderen Vertragsstaates oder durch Bildung gemeinsamer Observationsgruppen gemäß Art. 19 erreicht werden kann.

Es finden gemäß Abs. 2 die einschlägigen Bestimmungen des SDÜ sowie des vorliegenden Vertrages Anwendung.

Zu Art. 17:

Die grenzüberscheitende Nacheile soll auch zur Verfolgung von Personen, die sich im Falle einer Grenzkontrolle nach Art. 2 Abs. 2 SDÜ entziehen, sowie dann, wenn sich eine Person einer polizeilichen oder zollamtlichen Kontrolle innerhalb einer Entfernung von höchstens 150 Kilometern bis zur Grenze entzieht und dabei eindeutige Anhaltezeichen missachtet werden und in der Folge eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit herbeigeführt wird, zulässig sein.

Die Nacheile unterliegt bestimmten Einschränkungen. So ist sie abzubrechen, wenn die zuständige Behörde des Gebietsstaates dies anordnet oder die Fortsetzung zu einer konkreten Gefährdung von Leib, Leben oder Gesundheit der verfolgten Person oder Dritter führt und diese Gefährdung in einem offenkundigen Missverhältnis zu der abzuwehrenden Gefahr steht.

Es handelt sich hier um einen ausschließlich im Rahmen des innerstaatlichen Rechts zulässigen Sonderfall der Nacheile.

Zu Art. 18:

Im Sinne einer möglichst effizienten Zusammenarbeit bei der Kriminalitätsbekämpfung sollen, jedoch nur soweit es das jeweilige innerstaatliche Recht zulässt, auch verdeckte Ermittlungen zur polizeilichen Gefahrenabwehr auf Grundlage eines zuvor gestellten Ersuchens zulässig sein. Die Bestimmungen des Art. 14 über die verdeckten Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung finden sinngemäß Anwendung.

Auslieferungsfähige Straftaten liegen vor, wenn sie die Voraussetzungen für die Erlassung eines Europäischen Haftbefehls erfüllen.

Zu Art. 19:

Unter den Artikel über gemeinsame Einsatzformen zur polizeilichen Gefahrenabwehr fallen unter anderem gemeinsame Streifen, gemeinsam besetzte Kontroll-, Auswertungs- und Observationsgruppen, in denen Beamte des einen Vertragsstaates bei Einsätzen im Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates mitwirken. Die Ausübung hoheitlicher Befugnisse ist dabei nur unter der Leitung von Beamten des Gebietsstaates zulässig. Die Beamten sind an das Recht des anderen Vertragsstaates gebunden. Ihr Handeln ist dem Vertragsstaat zuzurechnen, dem sie unterstellt worden sind. Das in § 15 Abs. 2 PolKG normierte Prinzip der doppelten Gesetzesbindung bei Amtshandlungen, die in Rechte Betroffener eingreifen, kommt daher hier entsprechend nicht zur Anwendung.

Zu Art. 20:

Im Interesse einer verbesserten Gefahrenabwehr sollen die Polizeibehörden die Möglichkeit haben, einander im Einzelfall auch ohne Ersuchen jene Informationen zu übermitteln, die zur Erfüllung der genannten Aufgaben bedeutsam sind. Es haben jedenfalls Anhaltspunkte dafür vorzuliegen, dass die Kenntnis der Informationen zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch den Empfänger erforderlich ist.

Der empfangende Vertragsstaat ist verpflichtet, nicht erforderliche Daten zu löschen, zu vernichten oder rückzuübermitteln sowie im Falle der Unrichtigkeit der Informationen Mitteilung an den übermittelnden Vertragsstaat zu machen.

Entsprechend der korrespondierenden Regelung des Art. 15 des vorliegenden Vertrages soll ermöglicht werden, nicht nur im Bereich der Verbrechensbekämpfung, sondern auch im Bereich der Gefahrenabwehr aktiv grenzüberschreitend tätig zu sein.

 

Diese Bestimmung trägt wesentlich zu einer wirkungsvollen grenzüberschreitenden Kooperation bei.

Zu Art. 21:

Im Falle dringenden Bedarfs, dessen Vorliegen sich nach Abs. 2 richtet (bei Abwarten oder vorherigem Herstellen des Einvernehmens droht die Verwirklichung der Gefahr), dürfen Beamte der Polizeibehörden ohne vorherige Zustimmung des anderen Vertragsstaates die gemeinsame Staatsgrenze überschreiten, um im grenznahen Bereich vorläufige Maßnahmen zu setzen, die zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich sind. Der Gebietsstaat ist darüber unverzüglich zu unterrichten und hat unverzüglich die notwendigen Maßnahmen zu treffen, die zur Abwehr der Gefahr und zur Übernahme der Lage erforderlich sind. Die einschreitenden Beamten dürfen dabei auf dem Gebiet des anderen Vertragstaates nur so lange tätig sein, bis der andere Vertragsstaat die notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen hat. Die Maßnahmen der einschreitenden Beamten werden dem Vertragsstaat zugerechnet, auf dessen Hoheitsgebiet sie tätig sind.

Zu Art. 22:

Die Unterstützung nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts bei Massenveranstaltungen und ähnlichen Großereignissen, Katastrophen sowie schweren Unglücksfällen ist auf drei Arten möglich:

                         -    durch Informationsaustausch bzw. gegenseitige Unterrichtung,

                         -    durch Vornahme und Koordination der erforderlichen polizeilichen Maßnahmen und/oder

                         -    durch Entsendung von Spezialisten und Beratern sowie Bereitstellung von Ausrüstungsgegenständen auf Ersuchen.

Dabei bleiben das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Dezember 1988 über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (BGBl. Nr. 489/1992) sowie die durch Notenwechsel vom 01. Juli/03. August 1993 zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vereinbarte (Weiter-)Anwendung des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik über Informations- und Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des Strahlenschutzes in der den veränderten Umständen angepassten Fassung zwischen Österreich und dem gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (BGBl. Nr. 892/1994) vom vorliegenden Vertrag unberührt.

Zu Art. 23:

Eine Bedarfskontrollstelle dient der Grenzkontrolle. Da im Verhältnis der beiden Vertragsstaaten keine Grenzkontrollen mehr durchgeführt werden, wurden die dafür vorgesehen gewesenen Einrichtungen (Gebäude) bereits vielfach entfernt oder anderen Zwecken gewidmet. Eine Bedarfskontrollstelle auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates kann daher eingerichtet werden, wenn keine geeignete Örtlichkeit auf dem eigenen Hoheitsgebiet zur Verfügung steht, dies zur Durchführung einer Grenzkontrolle nach Art. 2 Abs. 2 SDÜ erforderlich ist und die zuständige Behörde des anderen Vertragsstaates der Maßnahme im Einzelfall zugestimmt hat.

 

Art. 2 Abs. 2 SDÜ regelt, dass, wenn die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit es erfordern, eine Vertragspartei - nach Konsultation der anderen Vertragsparteien - beschließen kann, für einen begrenzten Zeitraum an den Binnengrenzen den Umständen entsprechende nationale Grenzkontrollen durchzuführen.

Die Bedarfskontrollstelle darf nicht weiter als fünf Kilometer von der Grenzlinie entfernt liegen, soll jedoch möglichst grenznah sein.

Diese Bestimmung trägt somit praktischen Erfordernissen Rechnung, die die Aufhebung der Grenzkontrollen zwischen den beiden Vertragsstaaten nach sich gezogen hat.

Zu Teil V (Allgemeine Bestimmungen für die Zusammenarbeit)

Dieser Teil enthält grundlegende Regelungen betreffend den Datenschutz, die Befugnisse von Beamten des anderen Staates und deren Rechtsstellung, auch im Bereich des Strafrechts, sowie die Haftungsbestimmungen und die Beistands- sowie die Ausnahmeklausel, aber auch Bestimmungen zu weiteren Formen der Zusammenarbeit, wie den gemeinsamen Zentren, dem Einsatz von Luft- und Wasserfahrzeugen und der Übergabe von Personen an der Grenze.

Zu Art. 24:

Zweck dieser Bestimmung über gemeinsame Zentren ist, dass Beamte beider Vertragsstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeit räumlich unmittelbar zusammenarbeiten können, um so möglichst effizient Informationen auszutauschen, zu analysieren und weiterzuleiten sowie bei der Koordinierung der Zusammenarbeit unterstützend tätig zu sein. Die Beamten unterstehen dabei der Weisungs- und Disziplinargewalt ihrer nationalen Behörden.

Den gemeinsamen Zentren obliegt nicht die selbständige Durchführung operativer Einsätze.

Der vorliegende Vertrag schafft die Rechtsgrundlage für die Einrichtung gemeinsamer Zentren. Deren Anzahl und Sitz sowie die gleichmäßige Verteilung der Kosten sind gesonderten Vereinbarungen vorbehalten.

 

Zu Art. 25:

Diese Regelung ermöglicht, dass bei grenzüberschreitenden Einsätzen nach diesem Vertrag auch Luft- und Wasserfahrzeuge eingesetzt werden dürfen, etwa bei einer grenzüberschreitenden Observation, Nacheile, einer kontrollierten Lieferung oder bei der Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen oder schweren Unglücksfällen.

Es gelten hierbei die luft- und wasserverkehrsrechtlichen Bestimmungen des Einsatzstaates. Abweichungen von den Vorschriften für den Luftverkehr sind nur im Rahmen der Regelungen des Abs. 2 möglich. So entfällt bei Flügen nach Sichtflugregeln bei Tag die Flugplanpflicht. Flüge nach  Instrumentalflugregeln sowie nach Sichtflugregeln bei Nacht dürfen nur im kontrollierten Luftraum durchgeführt werden. Sie werden von der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle überwacht.

Mit der in Abs. 4 erfolgten Festschreibung des Erfordernisses der Zulassung der Luftfahrzeuge für die jeweilige Einsatzart im Herkunftsstaat werden etwaige Anerkennungserfordernisse für die Lufttüchtigkeitszeugnisse vermieden.

Zu Art. 26:

Der Schutz personenbezogener Daten richtet sich nach dem SDÜ (Art. 126 bis 130) und, soweit dort keine bezughabenden Regelungen enthalten sind, nach dem Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (ABl. C 197 vom 12.07.2000, S. 3 ff.)

Auf behördliche Sammlungen personenbezogener Daten darf Beamten, die auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates tätig werden, nur unter Leitung eines Beamten dieses Vertragsstaates Zugriff gewährt werden.

 

Der personenbezogene Informationsaustausch zwischen den beiden Vertragsstaaten bedarf nicht der Zustimmung durch die Datenschutzkommission (vgl. § 12 des Bundesgesetzes über den Schutz personenbezogener Daten - Datenschutzgesetz 2000 - DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999).

Zu Art. 27:

Beamten stehen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates keine hoheitlichen Befugnisse zu, außer es ist explizit im vorliegenden Vertrag anders geregelt.

 

Beamte können im anderen Vertragsstaat im Rahmen der Zusammenarbeit nach diesem Vertrag ihre nationale Dienstkleidung tragen und ihre Dienstwaffen, Zwangsmittel und sonstigen Ausrüstungsgegenstände mitführen.

Die Dienstwaffen dürfen nur im Falle der Notwehr, einschließlich der Nothilfe, also der Notwehr zugunsten Dritter, gebraucht werden. Die einzige Ausnahme besteht darin, dass der sachleitende Beamte des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet der Einsatz erfolgt, ausdrücklich im Einzelfall nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts eine darüber hinausgehende Anwendung von Dienstwaffen genehmigt.

 

Die Beamten unterliegen beim Einsatz von Kraftfahrzeugen, Wasserfahrzeugen und Luftfahrzeugen denselben verkehrsrechtlichen Bestimmungen wie die Beamten des Einsatzstaates.

Abs. 2 regelt die Entsendung von Beamten aufgrund dieses Vertrages zu einer Dienststelle des anderen Vertragsstaates. Diese Beamten sind Verbindungsbeamte im Sinne des SDÜ. Ihre Stellung bestimmt sich nach den einschlägigen Regelungen des SDÜ, soweit der Vertrag nichts anderes festlegt.

Zu Art. 28:

Art. 28 zur Rechtsstellung der Beamten im Bereich des Strafrechts unterstellt grenzüberschreitend tätige Beamte in aktiver und passiver Hinsicht den strafrechtlichen Bestimmungen jenes Vertragsstaates, auf dessen Territorium sie einschreiten. Diese Bestimmung entspricht Art. 42 SDÜ.

Zu Art. 29:

Dieser Artikel regelt, dass Beamte das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates befahren dürfen, um das eigene Hoheitsgebiet auf möglichst kurzem Wege wieder zu erreichen. Dies ist zu den in diesem Vertrag geregelten Zwecken, soweit es verkehrsbedingt erforderlich ist, zulässig. Wenn es zwingend erforderlich ist, dürfen dabei ausnahmsweise Sonder- und Wegerechte in Anspruch genommen werden. Die zuständigen Behörden des Vertragsstaates, auf dessen Hoheitsgebiet die Sonder- und Wegerechte in Anspruch genommen werden, sind unverzüglich zu unterrichten. Sonderrechte befreien die Polizei bei der Wahrnehmung dringender hoheitlicher Befugnisse - unter entsprechender Bedachtnahme auf die öffentliche Sicherheit und Ordnung - von der Einhaltung der Straßenverkehrsvorschriften (etwa das Einfahren in eine ampelgeregelte Kreuzung bei Rotlicht). Wegerechte dürfen nur unter Einsatz von Blaulicht und Folgetonhorn in Anspruch genommen werden.

Abs. 2 regelt die Fortsetzung von (Kontroll-)Maßnahmen auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates. Wenn diese nicht im Grenzgebiet im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des vorliegenden Vertrages abgeschlossen werden können und zu erwarten ist, dass andernfalls der Zweck einer solchen Maßnahme nicht erreicht werden kann, ist eine Fortsetzung auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates so lange möglich, wie dies unabdingbar zum Abschluss der Maßnahmen erforderlich ist.

Zu Art. 30:

Die Regelung des Art. 30 soll zu einer Verbesserung und Erleichterung für die Behörden und deren Organe  betreffend die Übergabe von Personen führen, indem diese Übergabe auch an geeigneten Örtlichkeiten bzw. Einrichtungen in Grenznähe oder auf Flughäfen stattfinden kann. Es ist dies eine pragmatische Regelung für die Dienstverrichtung in Anbetracht der erfolgten Aufhebung der Grenzkontrollen zwischen den beiden Vertragsstaaten und der damit verbundenen Entfernung der entsprechenden Einrichtungen und Baulichkeiten.

Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten auch für die Übergabe von Personen über Veranlassung der Justizbehörden beider Staaten, insbesondere bei Auslieferungen und Überstellungen zum Strafvollzug. Damit soll vermieden werden, dass die Übergabe von Personen an den ehemaligen Grenzübertrittsstellen stattfindet, wo seit Abschaffung der Grenzkontrollen entsprechende Gebäude und Infrastrukturen nicht mehr bestehen. Der Vertragsstaat, in dessen Einrichtung die Übergabe stattfindet, hat dieser Vorgangsweise im Einzelfall zuzustimmen. Daher wird die Übergabe in Zukunft in geeigneten grenznahen Vollzugsanstalten oder Anhaltezentren stattfinden. Die Regelung lässt nicht nur die Übergabe auch auf Flughäfen zu, sondern ermöglicht es auch, dass mit Zustimmung der österreichischen Behörden Personen von Italien an Deutschland am Brenner oder in Innsbruck übergeben werden können.

Zu Art. 31:

Die Beistandsklausel besagt, dass der Vertragsstaat gegenüber den zu ihm vom anderen Vertragsstaat entsandten Beamten zu dem gleichen Schutz und Beistand verpflichtet ist wie gegenüber den eigenen Beamten.

In Abs. 2 wird klargestellt, dass bei grenzüberschreitendem Einschreiten die dienst- und disziplinarrechtlichen Kompetenzen beim Heimatstaat verbleiben. Dies gilt auch in haftungsrechtlicher Hinsicht.

Zu Art. 32:

Verursachen Beamte eines Vertragsstaates in Vollziehung einer Maßnahme nach Art. 13 (kontrollierte Lieferung) oder Art.14 (verdeckte Ermittlungen zum Zwecke der Strafverfolgung) dieses Vertrages oder im Rahmen einer gemeinsamen Ermittlungsgruppe auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einen Schaden, haftet der Vertragsstaat, dessen Beamte auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates diesen Schaden verursacht haben, nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts des Vertragsstaates, in dessen Hoheitsgebiet der Schaden verursacht wurde, für diesen Schaden.

Der Vertragsstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Schaden verursacht wurde, ersetzt diesen Schaden, wie er ihn ersetzen müsste, wenn seine eigenen Beamten ihn verursacht hätten. Der Vertragsstaat, dessen Beamte den Schaden verursacht haben, erstattet nach Abs. 3 dem anderen Vertragsstaat den Gesamtbetrag des Schadenersatzes, den dieser an die Geschädigten oder ihre Rechtsnachfolger geleistet hat.

Bei Schäden zu Lasten der Vertragsstaaten verzichten diese mit Ausnahme der Regelung des Abs. 3 sowie unbeschadet der Ausübung der Rechte gegenüber Dritten darauf, den erlittenen Schaden geltend zu machen.

Zu Art. 33:

Art. 33 enthält eine Ordre Public-Klausel zugunsten der eigenen Sicherheit oder anderer wesentlicher Interessen des Vertragsstaates.

Zu Teil VI (Durchführungs- und Schlussbestimmungen)

Dieser Teil enthält die für internationale Verträge üblichen Schlussbestimmungen sowie Regelungen hinsichtlich der Einbeziehung der Zollverwaltung.

Zu Art. 34:

Hier wird geregelt, dass zur verwaltungsmäßigen Durchführung des vorliegenden Vertrages von den zuständigen Stellen der Vertragsstaaten Vereinbarungen getroffen werden können.

Zu Art. 35:

Art. 35 legt fest, dass eine gemeinsame Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der beiden Vertragsstaaten auf Antrag eines Vertragsstaates die Umsetzung des Vertrages sowie einen allfälligen Ergänzungs- oder Fortschreibungsbedarf überprüft.

Zu Art. 36:

Dieser Artikel bestimmt, dass jede der beiden Vertragsstaaten die Kosten, die ihm aus der Anwendung des Vertrages entstehen, selbst trägt. Ausnahmen sind im Einzelfall zu vereinbaren. Eine grundsätzliche Ausnahme stellt Art. 22 (Hilfeleistung bei Großereignissen, Katastrophen und schweren Unglücksfällen) dar. Für aufgrund dieser Bestimmung entstandene Kosten finden die Vorschriften des Abkommens vom 23. Dezember 1988 zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen oder schweren Unglücksfällen (BGBl. Nr. 489/1992) Anwendung. Art. 10 dieses Abkommens besagt, dass der Entsendestaat (das ist gemäß Art. 2 pact. cit. derjenige Vertragsstaat, dessen zuständige Behörden einem Ersuchen des anderen um Hilfeleistung, insbesondere um Entsendung von Hilfsmannschaften oder -material, stattgeben) gegenüber dem Einsatzstaat (das ist gemäß Art. 2 pact. cit. derjenige Vertragsstaat, dessen zuständige Behörden um Hilfeleistung, insbesondere um Entsendung von Hilfsmannschaften oder -material aus dem anderen, ersuchen) keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Hilfeleistung hat. Dies gilt nicht im Falle der gänzlichen oder teilweisen Wiedereinbringung der Kosten der durchgeführten Hilfsmaßnahmen. Der Entsendestaat wird dann vorrangig entschädigt.

Zu Art. 37:

Dieser Artikel legt die Befugnisse der Zollverwaltung im Rahmen dieses Vertrages fest. Die Behörden der Zollverwaltungen stehen den Sicherheitsbehörden (Polizeibehörden) im Sinne von Art. 3 Abs. 1 gleich, soweit sie Aufgaben im Zusammenhang mit Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen des grenzüberschreitenden Warenverkehrs wahrnehmen.

Zuständige Beamte auf Seiten der Republik Österreich sind die Angehörigen der Zollfahndungen.

Zu Art. 38:

Dieser Artikel bestimmt das Inkrafttreten und die Kündigung. Der Vertrag bedarf gemäß Abs. 1 der Ratifikation. Der auf unbestimmte Zeit geschlossene Vertrag kann unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist gekündigt werden. Die Registrierung des Vertrages beim Generalsekretariat der Vereinten Nationen wird von Deutschland wahrgenommen.