Anlage A
Anlage zum Bericht der parlamentarischen Enquete-Kommission
zum Thema „Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“
Auszugsweise Darstellung
„Architekturpolitik und Baukultur in Österreich“
Auszugsweise Darstellung
(verfasst vom Pressedienst/PK)
Dienstag,
30. März 2004
Nationalrats-Sitzungssaal
ENQUETE-KOMMISSION
"ARCHITEKTURPOLITIK UND BAUKULTUR IN ÖSTERREICH"
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Abgeordnete und Experten diskutieren
über moderne Architektur
Fragen der Architekturpolitik und
der Baukultur standen heute im Mittelpunkt einer parlamentarischen
Enquete-Kommission. Abgeordnete und Experten diskutierten dabei über die
Rahmenbedingungen zur Förderung einer zeitgenössischen Baukultur sowie über
Grundlagen einer ressortübergreifenden Architekturpolitik. Die Veranstaltung,
die auf Initiative aller vier Parlamentsfraktionen stattfand, wollte vor allem
auch die Basis für ein breites, nationales Programm zur Vermittlung von
Architektur-, Raum- und Lebensqualität legen.
BEGRÜSSUNG UND ERÖFFNUNG
Nationalratspräsident Dr. Andreas
Khol unterstrich
in seinen einleitenden Worten den Charakter von Architektur als
Querschnittsmaterie und meinte, Architektur sei ein Teil der Kreativwirtschaft,
Ausdruck der Lebenskultur und der Identität des Landes, aber auch wichtiger
Wirtschaftsfaktor. Die heutige Enquete-Kommission war für Khol eine
Entscheidungsvorbereitung für konkrete Beschlüsse des Nationalrats. Die
Tatsache, dass sich das Parlament mit diesem Thema so ausführlich
auseinandersetzt, zeige, wie wichtig der Gesetzgeber Architekturpolitik und
Baukultur nehme.
Abgeordnete Doris Bures
(S), die den Vorsitz führte, erinnerte daran, dass der Bautenausschuss und der
Kulturausschuss gemeinsam die Vorbereitungen für diese Enquete übernommen
hatten. Sie wertete dies ebenfalls als Zeichen dafür, dass ressortübergreifende
Lösungen durch den Gesetzgeber gefunden werden müssen.
I - EINFÜHRUNG
Die Reihe der Impulsreferate leitete
Univ.-Prof. Dr. Friedrich Achleitner mit der kritischen
Feststellung ein, das heutige Bauen zeige vielfach eine radikale Kürzung der
Lebenszyklen, man produziere immer mehr ökonomisch kalkulierten Abbruch, ein
großer Teil des Erbes werde keinen Cent wert sein. Die Wirtschaft sehe die
Architektur eher als Werbeträger und Imagepolitur, weniger aber als
Arbeitswelt. Den Architekten wiederum würden Schlingen komplizierter
Vertragswerke um den Hals gelegt.
Baukultur sei Wahrnehmung und Pflege
der kreativen Kräfte einer Gesellschaft, zeitgenössische Qualitätskultur
sichere das Kulturerbe von morgen. Dazu bedürfe es nach Meinung Achleitners
einer Politik, die fähig ist, die Gesellschaft als kulturelles Phänomen zu
begreifen, und einer Wirtschaft, die Respekt vor kultureller Arbeit hat.
Baukultur ohne Basis werde es nicht geben, mahnte er.
Direktor Dietmar Steiner (Architektur Zentrum
Wien) stellte fest, die österreichische Architektur genieße international einen
hervorragenden Ruf. Es seien gerade die Leistungen der österreichischen
Architekten, die heute den Begriff der Kulturnation Österreich begründen, sagte
er. Was man allerdings in den Städten an Bauwerken zu sehen bekomme, sei nicht
Architektur, sondern nicht vorhandene Baukultur, ein gebauter Ausdruck der
gesellschaftlichen Realität, für die alle verantwortlich sind.
Steiner verlangte von der Politik,
die Leistungen der österreichischen Architekten wirtschaftlich anzuerkennen und
Instrumente und Rahmenbedingungen zu entwickeln, um die weltweite Bedeutung der
architektonischen Spitzenleistungen Österreichs für die allgemeine Baukultur
wirksam zu machen. Österreich müsse sich des großen Potentials seiner
architektonischen Produktivität bewusst sein, betonte er, denn
"Architektur ist Lebensmittel, ist Überlebensmittel".
II - BAUHERRNVERANTWORTUNG UND ARCHITEKTURPOLITIK
IN ÖSTERREICH
DI Volker Dienst (Koordinator der
Plattform für Architektur und Baukultur) befasste in seinen Ausführungen mit
der Verantwortung der Bauherren und schickte voraus, niemand in Österreich sei
gegen Baukultur oder für minderwertige Architektur. Es fehle aber an
Rahmenbedingungen und innovativen strategischen Konzepten. Dienst verstand
Baukultur als qualitätsorientierte und interdisziplinäre Umweltgestaltung.
Deshalb gehe es, wie er zu bedenken gab, in der Architekturpolitik nicht um ein
paar Stararchitekten, sondern vielmehr um die Sicherung der Lebensqualität für
die Bevölkerung. Aus diesem Grunde müsse das Wissen über Architektur und
Raumqualität zum Selbstverständnis auch der kleinen Leute werden, es dürfe
nicht nur intellektuellen Eliten vorbehalten bleiben.
Darüber hinaus sprach Dienst auch
die finanzielle Seite der Baukultur an. Schlechte Architektur koste genauso
viel wie gute, stand für ihn dabei fest. Er trat dafür ein, 0,3 Promille des
Budgets in die Architekturpolitik zu investieren. Dies würde weniger als 7 €
pro Einwohner jährlich ausmachen und sei es wert, damit sich auch noch die
nächste Generation über das kulturelle Erbe Österreichs freuen kann, schloss
er.
DI Herbert Logar (BIG) präsentierte die
Bundesimmobiliengesellschaft als größten Architekturproduzenten in Österreich
und unterstrich, die Ausrichtung der BIG auf den Wettbewerb sei zwingend
gewesen. Trotz aller betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen glaube die BIG
aber an ihren gesellschaftlichen und kulturpolitischen Auftrag und fördere
Qualitätsarchitektur. Logar warnte allerdings, dass verordnete Regulative einen
einseitigen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Privatwirtschaft darstellen
könnten.
DI Christoph Stadlhuber (BIG) zeigte sich
überzeugt, dass gut bauen preiswerter sei als billig bauen. Als entscheidend
sah er es an, bereits in einer sehr frühen Phase Kontakt mit den Nutzern
aufzunehmen und ihre Bedürfnisse abzustecken. Gute Architektur entstehe nicht
erst in der Bauphase, sondern in der Vorbereitungsphase, war für Stadlhuber
klar. Wichtig sei es weiters, die Folgekosten der Projekte absehbar zu
gestalten. Er kündigte in diesem Zusammenhang die Herausgabe eines Weißbuches
"Wettbewerbe" als freiwillige Selbstverpflichtung der BIG an, um
Qualitätsstandards für gute Architekturproduktionen zu erarbeiten.
DI Helmut Reitter (Präsident der Kammer
für Architekten und Ingenieurskonsulenten für Tirol und Vorarlberg) eröffnete
die Diskussionsrunde mit der Bemerkung, Programme seien wichtig, ebenso wichtig
sei es aber, dass die richtigen Personen mit Begeisterung an der richtigen
Stelle tätig sind. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Beispiele in Tirol, wo
Lebensmittelmärkte in Zusammenarbeit mit Architekten architektonisch hochwertig
gestaltet wurden, aber auch auf die Architekturoffensive der ÖBB unter
Generaldirektor Draxler.
Mag. Roland Gruber (Landluft – Institut für
Architektur und Kommunikation außerhalb der Ballungszentren) sprach die Rolle
der Bürgermeister als erste Instanz in Bauverfahren an und trat für eine
Forcierung der diesbezüglichen Verfahren in den Gemeindeausschüssen, aber auch
für eine verstärkte Förderung von Vermittlungsinitiativen für die politischen
Entscheidungsträger ein. Anhand von Best-Practice-Projekten sollte den
Kommunalpolitikern die Entscheidung für Qualitätsarchitektur leichter gemacht
werden.
DI Sabine Gretner (Grüner Klub im Rathaus)
erwartete sich von der Enquete-Kommission eine Bewusstseinsänderung in Richtung
Baukultur. Es sollten Handlungsweisen gefunden werden, die dem kulturellen
Niveau Österreichs im Bereich der Architektur gerecht werden, meinte sie.
Andreas Vass (IG-Architektur)
erläuterte die Interessenlage jüngerer Architekturschaffender und kleinerer
Architekturbüros. Es wäre ein Beitrag zur Verbesserung der Baukultur, würde ein
breiteres Spektrum von Architekten berücksichtigt. "Die Kreativwirtschaft
lebt nicht nur von Stars und großen Büros". In diesem Sinn appellierte
Vass an die Parlamentarier, die Entwürfe zum Ziviltechnikergesetz und zum
Ziviltechniker-Kammergesetz nicht in der vorliegenden Form zu beschließen, da
sie Verschlechterungen für kleine Architekturbüros mit sich brächten.
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (S) ging davon aus, dass
die Baukultur den Lebensraum der Menschen beeinflusse und Architektur ein
zentrales Element der Kultur darstelle. Sie unterstützte daher die Forderung
nach einer ressortübergreifenden Architekturpolitik und sah den Bund
aufgefordert, sich seiner architekturpolitischen Verantwortung nicht zu
entziehen, wenn auch klar sei, dass Länder und Gemeinden im Bauwesen
hauptsächlich zuständig seien. Muttonen mahnte die Vorbildwirkung des Bundes
bei seinen Bauprojekten ein und verlangte die Einsetzung eines Architekturrates
sowie die Herausgabe eines jährlichen Berichts zur Lage der Architektur und
Baukultur.
DI Reinhard Seiß (Verein URBAN) listete
auf, was schlechte Architektur und schlechte Bauplanung dem Bund an Folgekosten
verursache. Die Zersiedelung zwinge die öffentliche Hand, große Summen für
Straßenbau sowie für Wasserver- und Abwasserentsorgung aufzuwenden. Zugleich
werde der Bürger immer abhängiger vom Auto, die Städte immer unattraktiver und
eine immer größere Zahl von Stadtbewohnern ziehen in die
"Speckgürtel" rund um die Städte. Eine Fläche von der Größe
Vorarlbergs sei bereits für den Straßenverkehr versiegelt. Täglich werden 7 bis
12 Quadratmeter pro Kopf verbaut. Bei der Co2-Reduktion nehme Österreich
innerhalb der EU die vorletzte Stelle ein, kritisierte Seiß.
Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (G) schloss sich den
Ausführungen ihres Vorredners an und fügte hinzu, dass in Oberösterreich
täglich eine Fläche von zwei Fußballfeldern verbaut werde. Ihre Kritik galt
einer Raumplanung, die das Gebot der Nachhaltigkeit verletze. Mosers
Forderungen galten einem höheren Qualitätsbewusstsein sowie der Ausbildung der
Bürgermeister zur besseren Wahrnehmung ihrer Aufgaben als erste Bauinstanz,
außerdem erkundigte sich Moser nach der Zukunft der Wohnbauförderung.
Präsident DI Ortfried Friedreich (Kammer für Architekten
und Ingenieurskonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland)
unterstrich die Bedeutung einer hohen Qualität von Architekten- und
Ingenieurleistungen für die Gesellschaft, weil Architekten und Ingenieure hohe
Investitionen steuern und mit Gebäuden und Infrastruktureinrichtungen Bauwerke
schaffen, die mehreren Generationen zur Verfügung stehen. Es entspreche daher
gesellschaftlicher und kultureller Verantwortung, der Architektur- und
Ingenieurskunst die entsprechenden Rahmenbedingungen zu geben. Dazu gehören
klug vorbereitete und korrekt durchgeführte Vergabeverfahren sowie die Geltung
des Bestbieterprinzips.
Amtsführender Stadtrat DI Rudolf
Schicker (Amt der Wiener Landesregierung und Österreichischer Städtebund)
plädierte nachdrücklich für eine intensive Auseinandersetzung über
architekturpolitische Fragen und machte dabei auf Erfahrungen aufmerksam, die
Wien auf diesem Gebiet gemacht habe. Sein Bundesland habe durch Wettbewerbe
versucht, ein Höchstmaß an Transparenz und Breite zu gewinnen und dafür
gemeinsam mit der Architektenkammer einen Leitfaden ausgearbeitet. Dazu kam die
Bevorzugung junger Büros und das Bemühen um eine Erhöhung des Frauenanteils
unter den ArchitektInnen. Für wichtig hielt Schicker auch den internationalen
Austausch, den Wien durch die Ausstellung "Stand der Dinge" fördere.
Abschließend wandte sich der Stadtrat gegen die Absicht, die Wohnbauförderung
zu sistieren.
Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (V) berichtete von
positiven Erfahrungen seiner Heimatstadt Linz mit der Einrichtung eines
Beirates, der aus fünf ArchitektInnen zusammengesetzt sei, die aus dem In- und
Ausland kommen und dem mindestens eine Frau angehören müsse. Der Beirat tage
sechsmal jährlich an zwei Tagen und habe hunderte Projekte begutachtet, die
jeweils Auswirkungen auf das Stadtbild haben. Die Qualität der Architektur in
Linz sei durch die Arbeit dieses Beirates gestiegen, zeigte sich der
Abgeordnete überzeugt.
DI Markus Spiegelfeld (Architekturbeirat und Staatssekretariat
für Kunst und Medien) hielt es für falsch, Baukultur nur unter finanziellen
Gesichtspunkten zu diskutieren, da hochwertige Architektur einen Mehrwert für
die gesamte Gesellschaft bedeute. Konkret wies Spiegelfeld darauf hin, dass
Architektur ein wichtiger Standortfaktor sei, der bedeutende Auswirkungen auf
Gebiete wie Sicherheit, Fremdenverkehr und Umwelt habe. Er hoffe auf eine
Marketinginitiative für Architektur, die sich an eine breite Öffentlichkeit
richtet, sowie auf die Einsetzung eines Architekturbeauftragten im Nationalrat.
Univ.-Prof. Dr. Martin Treberspurg (Universität für
Bodenkultur Wien) machte darauf aufmerksam, wie viel Energie beim Bau und beim
Betrieb von Gebäuden verbraucht werde. Daher sei bei Gebäuden sehr viel Co2
einzusparen, und zwar - im Unterschied zu anderen Gebieten des Energiesparens -
mit äußerst positiven volkswirtschaftlichen Nebeneffekten. Die thermische
Optimierung von Gebäuden erhöhe die heimische Wertschöpfung, schaffe
Arbeitsplätze und sorge für die Zeit vor, in der die fossilen Energieträger
knapp werden. Treberspurg warnte davor, die österreichischen
Co2-Reduktionsaufgaben zu vernachlässigen, weil dies hohe Strafzahlungen an die
EU nach sich ziehen werde.
DI Dr. Jana Revedin (Amt der Kärntner
Landesregierung) hielt das Gespräch zwischen Architekten und Politikern für
wichtig, da diese die Rahmenbedingungen für das Bauwesen festlegen können.
Grundsätzlich meinte die Architekturlehrerin, dass man das Starsystem bei den
Architekten nicht zu fördern brauche, weil sich dieses selbst fördere. Man
sollte vielmehr dafür sorgen, dass junge Architekten die Möglichkeit bekommen,
Einfamilienhäuser zu bauen. Das Kammersystem kritisierte Revedin als ein
"Rauswurfsystem", das der Teambildung von Architekten entgegenwirke
sowie ihre Öffnung gegenüber anderen Disziplinen und die Weiterbildung
behindere. Junge Architekten sollten die Chance bekommen, in den zentralen
Problemen des modernen Bauens, bei der Gestaltung der Stadtzentren, im
Tourismus, im Bereich des Wassers und bei den Zufahrten zu den Ballungsräumen
tätig zu werden. Die Bürgermeister kleiner Gemeinden sah Revedin völlig
überfordert, ihre architekturpolitischen Aufgaben wahrzunehmen.
DI Franz Neuwirth (Bundesministerium für
Bildung, Wissenschaft und Kultur) plädierte dafür, die Bemühungen um die
Erhaltung des Bauerbes, also den Denkmal- und Landschaftsschutz in die
Diskussion über eine zeitgenössische Architektur einzubeziehen. Neuwirth sprach
sich für eine interdisziplinäre Vorgangsweise aus, wies auf die engen
Zusammenhänge zwischen der Erhaltung des Weltkulturerbes und des
Kulturtourismus hin, der mit zweistelligen Wachstumsraten rechnen könne.
Investitionen in die Denkmalpflege weisen einen Arbeitsplatzmultiplikator von
1:10 auf.
Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) wandte sich gegen
Schuldzuweisungen an Politiker und insbesondere an Bürgermeister, räumte aber
ein, dass man die geltende Pro-Kopf-Zuteilung von Ertragsanteilen überdenken
sollte, weil dies eine quantitativ ausgerichtete Ansiedelungspolitik der Gemeinden
fördere. Als erfolgreich sah Großruck die Abhaltung von Architektenwettbewerben
an, wobei er festhielt, dass es sich keine Gemeinde leisten könne, auf
fachliche Beratung zu verzichten. Hausaufgaben seien im Bereich der
Bebauungspläne zu lösen, sagte Großruck und brach eine Lanze für die Förderung
junger Architekten.
DI Cordula Loidl-Reisch setzte sich
dafür ein, die Landschaftsgestaltung in Architekturprojekte stärker
einzubeziehen. Es sollte bewusst gemacht werden, dass auch Freiräume
Lebensräume seien, die man nicht als "Restflächen" betrachten sollte,
auf die man am Schluss noch rasch ein paar Sträucher pflanze. Zarte Ansätze in
diese Richtung sah die Architektin in der Wiener Bauordnung.
Landschaftsarchitekten sollten in Bauprojekte einbezogen werden, die
Freiflächen enthalten und überdies sollte die Zahl der geschützten Parks
erweitert werden, resümierte Loidl-Reisch.
DI Utz Purr (Plattform
für Architektur und Baukultur) warnte eindringlich davor, auch in der
Architekturpolitik mit der in Österreich beliebten Ausrede zu operieren:
"Da kann man nichts machen, das hat die EU so beschlossen". Man könne
sehr wohl etwas tun, hielt der Architekt fest und machte darauf aufmerksam,
dass es an Österreich liege, dafür zu sorgen, dass Wettbewerbe in Österreich
nicht auf niedrigstem Niveau stattfinden.
DI Gerhard Mitterberger (Kammer für
Architekten und Ingenieurkonsulenten für Steiermark und Kärnten) warnte vor der
Vorstellung, man könne Häuser wie ein industriell gefertigtes Produkt aus dem
Katalog kaufen. "Häuser sind keine Autos". Jedes Haus stelle einen
Prototyp dar - erst wenn sich diese Erkenntnis durchgesetzt habe, werde es eine
qualitätsvolle Architektur geben.
DI Franz Kalwoda (Kammer der
Architekten) warf ein, dass Architektur- und Baukultur nicht nur von der
Qualität der künstlerischen Entwürfe abhänge, sondern auch von den zugehörigen
Ingenieurleistungen. Hier führe der oft ruinöse Wettbewerb zu
Qualitätsverschlechterungen, der dem Ruf der Architektur schade. Es sei daher
wichtig, den Stellenwert begleitender Ingenieurleistungen zu berücksichtigen.
Schließlich wandte sich Kalwoda der thermischen Sanierung zu, die großen
Einfluss auf die Architektur habe, und drängte darauf, die Energiebeauftragten
gut auszubilden.
Univ.-Prof. DI Volker Giencke
(Universität Innsbruck) hielt Qualitätskriterien wie Raumaufteilung als
Prämissen für die Architektur nicht für ausreichend. Es werde nicht genügen,
einen Grundkurs in Informatik oder in Management-Business-Administration zu
absolvieren. "Erbsenzähler sind keine Förderer der Architektur, das sind
Verhinderer der Architektur. Was wir brauchen sind faszinierte
Architekten". Die Abwertung der Stararchitektur sei für ihn
unverständlich, sagte Giencke, der die Vorbildlichkeit der Vorarlberger
Bauarchitektur nicht erkennen konnte, sie sei nur eine besondere Form des
Häuselbauens. "Wir brauchen die besten Entscheidungsträger in Wirtschaft,
Verwaltung und Politik. Die notwendige Reform der Architektur stellt auch eine
Reform der Politik dar", schloss Giencke.
III - ARCHITEKTURWETTBEWERBE UND
VERGABE
Zum Themenblock III -
Architekturwettbewerbe und Vergabe - hielten DI Georg Pendl, Vorsitzender der
Bundessektion Architekten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten,
und DI Walter Raiger, Direktor der Steiermärkischen Krankenanstalten
Gesellschaft (KAG), die Einleitungsreferate.
DI Georg Pendl setzte sich aus aktuellem
Anlass mit einer Entscheidung des Bundesvergabeamtes auseinander, welches die
Beschwerde zweier Architekten gegen das Vergabeverfahren im Zusammenhang mit
dem Bau des Klagenfurter Stadions, ein so genanntes
"Totalübernehmerverfahren", abgewiesen habe. Durch die
Gesamtausschreibung hätte sich nur die Bauindustrie am Verfahren beteiligen
können, jedoch kein einziger österreichischer Architekt oder Ziviltechniker,
skizzierte er. Solche Verfahren seien, meinte Pendl, nichts Gutes für die
Architekturqualität, dies sei so, als ob sich jemand ein Auto kaufe, ohne es
davor in einem Katalog gesehen zu haben.
Pendl sieht das österreichische
Parlament in zweifacher Hinsicht gefordert. Zum einen, weil das geltende
Bundesvergabegesetz offenbar solche Gesamtausschreibungen erlaube, zum anderen,
weil die neue Vergaberichtlinie der EU den Mitgliedsstaaten die Regelung der
Frage einer getrennten oder einen gemeinsamen Vergabe von Planung und
Ausführung überlasse.
Pendl erachtet es aber auch generell
für notwendig, dass sich die Politik zu Qualität beim Bauen bekennt. Die
derzeitige österreichische Gesetzeslage erlaube zwar Architekturwettbewerbe,
man müsse solche aber nicht durchführen, umriss er. Daher gebe es in Österreich
Gemeinden, wo Architektur entstehe, weil der Bürgermeister Sinn in der
Angelegenheit sehe, und andere Gemeinden, wo dies nicht der Fall sei. Die
Architektenkammer sei jedenfalls stets gerne bereit, bei der Vorbereitung von
Wettbewerbsausschreibungen oder bezüglich der Auswahl der Jury beratend zur
Seite zu stehen, betonte Pendl. Zur Honorarfrage merkte er an, die Abgeltung
geistiger Leistung dürfe sich nicht allein am Preis orientieren, es müsse immer
auch ein Qualitätswettbewerb sein.
Direktor DI Walter Raiger wies darauf hin, dass die
KAG 20 Krankenhäuser in der Steiermark verwalte und jährlich rund 100 Mill. €
in Neu-, Um- und Zubauten investiere. Selbstverständlich sei man der Sparsamkeit
und der Wirtschaftlichkeit verpflichtet, sagte er, dennoch räume die KAG der
Erhaltung der Baukultur breiten Raum ein und führe bei allen Neubauten
Architektenwettbewerbe durch. In einem gut vorbereiteten Wettbewerb entstünden
immer qualitativ hochwertige Bauten, bekräftigte Raiger.
Raiger hält es bei öffentlichen
Auftraggebern für ein Muss, Architekten- und Gestaltungswettbewerbe
durchzuführen. Nur so könne hochwertige Qualität und Baukultur entstehen.
Gleichzeitig ist es seiner Ansicht nach aber auch erforderlich, dass der
Bauherr seine Verantwortung voll wahrnimmt und sich Zeit für eine gründliche
Planung und Vorbereitung nimmt. Diese Verantwortung sei, so Raiger, nicht
delegierbar.
IV - BILDUNG UND VERMITTLUNG
Diesen Themenblock leitete Univ.-Prof. DI
Dr. Christian Kühn, Vorstand der Architekturstiftung Österreich, ein.
Er machte darauf aufmerksam, wie unterschiedlich und oft konträr die Interessen
und Ziele bei einem Bauwerk sind, die alle in irgendeiner Weise befriedigt
werden müssten, wobei die Herausforderung bei größeren Projekten wachse. Die
Fülle von Konflikten kann seiner Ansicht nach nicht zuletzt über das Medium der
Architektur verhandelt und gelöst werden.
Als Aufgabe der
Architekturvermittlung sieht es Kühn unter anderem, Bauherren und Nutzer mit
den vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten und Methoden der heutigen Architektur
vertraut zu machen, damit diese in einen produktiven Dialog mit den
Architekturschaffenden in weitestem Sinn eintreten könnten. Mittlerweile gebe
es in allen Bundesländern Institutionen, die Ausstellungen, Vorträge und
Führungen zu zeitgenössischer Architektur veranstalten, unterstrich er.
Besonders erfolgreich seien diese Institute dort, wo es ihnen gelungen sei,
Netzwerke zwischen engagierten Bauherren, Architekten, Beamten und Unternehmern
im Interesse der Baukultur aufzubauen.
Kühn zufolge ist die
Architekturvermittlung in Österreich, sowohl im Verhältnis zu ihren Leistungen
als auch im internationalen Vergleich, unterdotiert. Um in die Breite gehen und
Initiativen auf lokaler Ebene setzen zu können, fehlten die Mittel, ebenso für
die "unbedingt nötige" internationale Positionierung der
österreichischen Architektur, trotz vieler guter Einzelprojekte.
Eine Strategie zur Architekturvermittlung
sollte seiner Auffassung nach bei bestehenden Stärken ansetzen, etwa dem hohen
Niveau der österreichischen Architektur und dem wachsenden Interesse der
Öffentlichkeit am Thema. Ein regelmäßiger Bericht an das Parlament über den
Stand der Baukultur könnte, so Kühn, an dieses Interesse anknüpfen und zum
Ausdruck bringen, dass anspruchsvolle Architektur ein öffentliches Anliegen
ist. Gute Architektur sei meistens riskant und man könne aufgrund langer
Planungszeiten damit auch nicht die nächsten Wahlen gewinnen, meinte Kühn
abschließend, die übernächsten hingegen vielleicht schon.
Mag. Dr. Barbara Feller (Architekturstiftung
Österreich) setzte sich mit der Bewusstmachung von Gestaltungsqualitäten
auseinander und betonte, das Erkennen von Architektur wolle gelernt sein. Es
gebe nur wenige Menschen, die ihre Umwelt bewusst wahrnehmen würden, obwohl die
Gestaltung des Lebensraums Einfluss auf das Wohlbefinden des Einzelnen und Raum
Wirkung habe. Die Menschen müssten seh- und sprachfähig gemacht werden, forderte
Feller, man müsse Barrieren abbauen, den Dialog fördern und Menschen die Augen
für ihre Umwelt öffnen. Schließlich wohne und bewege sich jeder in gestalteten
Räumen.
Als wichtigen Ort, um den Menschen
Architektur näher zu bringen, sieht Feller die Schule. Sie wies auf positive
Erfahrungen in der Projektbetreuung in Schulen hin und erklärte, Kinder und
Jugendliche lernten, dass Architektur mehr sei, als Häuser zu bauen, dass
Architektur alle angehe und dass Architektur Spaß mache. In diesem Sinn sollten
alle SchülerInnen im Rahmen ihrer Schullaufbahn zumindest einmal mit dem Thema
Architektur und Umweltplanung in Kontakt kommen. Feller zufolge gilt es,
bestehende, ermutigende Projekte zu evaluieren, Unterrichtsmaterialien zu
entwickeln und auch die Lehreraus- und -weiterbildung auf ein neues Niveau zu
stellen.
Univ.-Prof. Mag. Roland Gnaiger (Universität für
künstlerische und industrielle Gestaltung Linz) schilderte, er habe für das
Fernsehen, zunächst österreichweit, später für Vorarlberg, zahlreiche Beiträge
über Architektur gestaltet und dabei positive und negative Beispiele von
Architektur gegenüber gestellt. Die Reaktionen sei enorm gewesen. Es habe auch
Beschwerden über seine Beurteilungen gegeben, zumeist hätten die Zuschauer aber
um Vertiefung, Konkretisierung, Unterstützung und Rat ersucht. Er sei von
Bürgerinitiativen kontaktiert, von Schulen zu Diskussionen eingeladen und von
Familien oder von Stammtischrunden zum Schiedsrichter in Bezug auf konkrete
Bauprojekte gemacht worden.
Gnaiger schließt daraus, dass das
Interesse an Architektur ein sehr breites und Architekturpolitik kein
"Minderheitenprogramm", sondern ein Lebensthema ist.
Spitzenarchitektur ist seiner Ansicht nach zudem ohne Breite nicht möglich,
genauso wie Spitzensport des Breitensports bedürfe.
Allerdings sei der "Alltag des
Bauens", so Gnaiger, abseits medialen Interesses enorm mühsam. Gut
gemachte Architekturvermittlung könnte seiner Meinung nach Unerwartetes und
Vieles bewegen, genauso wie Jamie Olivers Fernsehsendungen einen wesentlichen
Beitrag zur Esskultur geleistet hätten.
Univ.-Prof. DI Rüdiger Lainer (Institut für Kunst und
Architektur der Akademie der bildenden Künste Wien) führte aus, das Entwickeln
der Umwelt, sowohl der gebauten künstlichen wie auch der gestalteten
natürlichen, sei ein Prozess, der kontinuierlich entwicklungsfähig sei. Die
Architektur, die diese Entwicklung konkretisiere, sei notwendiger Teil des
täglichen Lebens. Das, was die Universität daher den Studierenden vermittle,
sei, dass die Architektur in der Realität einen kontinuierlichen
Optimierungsprozess herausfordere.
Das, was oft als gegeben angenommen
werde, wie z.B. die derzeit üblichen Wohnungs- und Hausgrundrisse, kollidiere
oft mit gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen, skizzierte Lainer.
In diesem Sinn gebe es enormen Handlungsbedarf. Ebenso erachtet er
städtebauliche Projekte für die zukunftsfähige Entwicklung einer Stadt oder
einer Region und für das Wohlbefinden der Bewohner für relevant. Es gehe, so
Lainer, um die Entwicklung von Strategien im Umgang mit Architektur, Städtebau,
Landschaft und Verkehr und um die Einbeziehung von sozialen Prozessen.
Das kreative Potential der
Universitäten könnte hier Lainer zufolge viel leisten. Die AbsolventInnen der
Architektur-Universitäten seien großteils in der Lage, auf
Strukturentwicklungen zu reagieren und könnten Wesentliches zur
gesellschaftlichen Dynamik und zur Qualität unserer Umwelt beitragen,
bekräftigte er. Wie die Praxis zeige, seien sie auch international gesucht und
international erfolgreich.
Lainer sieht allerdings die
Notwendigkeit, den Aufwand und die Mittel für die Universitäten effizient
einzusetzen, und gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass derzeit an der
Akademie der bildenden Künste das Verwaltungspersonal steige, während die Zahl
der Lehrenden stagniere. Als wichtig erachtet er darüber hinaus, den
architektonischen Diskurs an Schulen zu beleben und auch auf entsprechende
Erwachsenenbildung ein Augenmerk zu legen, da es im Bereich des Einsatzes von
Architektur viele Entscheidungsträger gebe, die nicht über das notwendige
Hintergrundwissen verfügten.
Im Anschluss an die Referate folgte
eine Reihe von Diskussionsbeiträgen. DI Max Nirnberger (Architekturforum
Oberösterreich) machte auf Schwierigkeiten junger Architekten aufmerksam und
meinte, eine noch so gute Ausbildung sei nichts Wert, wenn die ausgebildeten
Architekten nach ihrer Ausbildung keine Chance geboten bekämen. Wenn man von
Wettbewerben für junge Architekten spreche, meine man meistens Architekten zwischen
45 und 50 Jahren, skizzierte er. Wirklich jungen Architekten würde es schwer
gemacht, sich in das Berufsleben einzuklinken. Nirnberger wies in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass 90 % der Wettbewerbe Verhandlungsverfahren und
geladene Wettbewerbe seien bzw. junge Architekten nicht in der Lage seien, die
Ausschreibungskriterien zu erfüllen.
Abgeordneter Wolfgang Großruck (V) ersuchte die
Anwesenden im Namen des Behindertensprechers der ÖVP, Franz-Josef Huainigg, bei
architektonischem Planen und Bauen auch auf barrierefreies Bauen zu achten.
Barrierefreiheit sollte genauso berücksichtigt werden wie Ökologie, Ökonomie
und Ästhetik, betonte er. Die Politik sieht Großruck aufgefordert,
barrierefreies Bauen in den Bauordnungen zu verankern.
DI Ute Woltron (Plattform für
Architektur und Baukultur der BIG) vermisst bei der Diskussion, wie sie sagte,
die zuständigen Bundesminister und meinte, sie habe den Eindruck, als ob ein
Familien- und KollegInnentreffen der Architekten stattfinde. Ihrer Auffassung
nach ist es notwendig, präzise Anliegen an die Politik zu formulieren.
Bundesrat Gottfried Kneifel (V) betonte, alle seien
sich einig, dass im Bereich der Architektur und des Bauens mehr Qualität
einziehen solle. Für ihn ist es eine zentrale Frage, wie man Bauherren, vor
allem auch kleine, mit der Kompetenz und der Erfahrung der Architekten
zusammenbringen könne. In Oberösterreich wurde seiner Darstellung nach
gemeinsam mit der Architektenkammer ein Beratungsscheck eingeführt, mit dem man
eine Architektenleistung im fünffachen Wert des Schecks abrufen kann. Kneifel
kann sich vorstellen, dieses Anreizsystem weiterzuentwickeln.
Aus der Sicht eines Bauingenieurs
und langjährigen Kommunalpolitikers ging Abgeordneter DI Roderich Regler (V)
auf die Hauptprobleme ein, die bei Bauvorhaben in den Gemeinden auftreten. Da
es sehr wichtig sei, gute Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zu erstellen,
sollte auf diesem Bereich bei der Ausbildung der Architekten ein großer Wert
gelegt werden, meinte er. Außerdem müsse darauf geachtet werden., dass Altes
und Neues gut zusammenpasse. Insgesamt wünsche er den Architekten mehr Mut, um
die Bauherren davon zu überzeugen, dass nicht nur eingefahrene Wege beschritten
werden können.
Mag. Maria Ranacher (Österreichische
Gesellschaft für Denkmal- und Ortsbildpflege) wies darauf hin, dass ihre
Organisation eine Resolution an die Bundesregierung richten wolle, um für einen
besseren und aktiveren Schutz des Natur- und Kulturerbes zu sorgen. Ihrer
Ansicht nach habe nämlich in den letzten Jahren ein schrankenloser Raubbau an
den Ressourcen eingesetzt. Österreich werde dadurch gerade jener Substanz
beraubt, von der es als Fremdenverkehrsland sehr gut leben könne, betonte sie.
Die Gesellschaft für Denkmalpflege setze sich daher dafür ein, dass das Natur-
und Kulturbewusstsein gebildet und die pflegliche Behandlung der Ressourcen
nicht auf einige mühsam erkämpfte Ausnahmen beschränkt bleibt, sondern dass
dies eine Selbstverständlichkeit wird. Ein klares Bekenntnis zu diesen Werten
sollte auch in einem Gesetz verankert werden, forderte sie.
Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (F) erinnerte zunächst
daran, dass in den siebziger und achtziger Jahren die Gestaltungsbeiräte in den
Städten eingerichtet wurden. Dies war eine gute Maßnahme, da vorher mitunter der
Freunderlwirtschaft und der Korruption Tür und Tor geöffnet waren. Allerdings
haben sich diese Beiräte teilweise in eine falsche Richtung entwickelt, da sie
manchmal nur mehr mit internationalen Architekten besetzt wurden, die nur für
einen Tag eingeflogen wurden und die Situation und die Bedürfnisse vor Ort
schwer beurteilen konnten.
V – STATEMENTS
Staatssekretär Franz Morak meinte, seit Beginn der
neunziger Jahre seien Architektur und Baukultur verstärkt zum Thema staatlicher
Politik in Europa geworden. Ausgangspunkt sei hierbei das Weißbuch
"Architecture in Europe tomorrow" gewesen, in welchem Architektur als
Wirtschaftssektor, aber auch als für die Gesellschaft insgesamt relevant
hervorgehoben wurde. Auch in Österreich steige der Stellenwert von Architektur
und Baukultur, und Österreichs Architekten hätten international einen
bedeutenden Ruf. Sein Ressort fördere Architektur und Baukultur in einem drei
Säulen umfassenden Modell. Hier seien zunächst Stipendien und Preise zu nennen.
Darüber hinaus gebe es in jedem Bundesland ein Architekturhaus und
vergleichbare Institutionen, schließlich gebe es entsprechende Publikationen.
Zudem habe er Expertengespräche initiiert, um die öffentliche Wahrnehmung der
österreichischen Architektur zu erhöhen. Der Staatssekretär ging sodann
gesondert auf das heimische Preiswesen ein und nannte u.a. die Träger des
Großen österreichischen Staatspreises für Architektur.
Bundesminister Dr. Martin
Bartenstein sagte, es gebe kaum einen Kreativitätsbereich, der so Identität stiftend
sei für Österreich wie die Architektur. Seit Jahrhunderten prägten
österreichische Architekten das in- und ausländische Landschafts- und
Städtebild, man erinnere sich an Hansen, Schmidt, Wagner, Olbrich, Hofmann und
Loos oder, um in die heutige Zeit zu kommen, Holzbauer, Peichl, Hollein und
viele andere mehr. Architektur spiele sich dabei erfreulicher Weise nicht nur
in Wien, sondern auch in ländlichen Gebieten ab. Gute Architektur sei ein
Markenzeichen und mithin auch wichtig für den Tourismus, betonte der Minister.
Die Verantwortlichen für diese Werke sollten daher auch entsprechend in die
Gestaltung der Rahmenbedingungen einbezogen werden, plädierte der Minister, der
auf die Initiativen seines Hauses in diesem Zusammenhang einging.
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (S) konstatierte, dass
Österreich am Beginn eines Prozesses stehe, Architektur tief in das Bewusstsein
der Bevölkerung zu verwurzeln. Diese Enquete solle ein Startschuss für eine
breit geführte Diskussion zum Thema sein, diesbezüglich sollte ein
Architekturrat eingerichtet, ein entsprechendes Leitbild erstellt werden und es
regelmäßige Berichte geben. Architektur solle Vorzeigeprojekte ebenso zu Tage
bringen wie eine Alltagskultur schaffen, wobei die Kluft zwischen diesen beiden
nicht zu groß sein dürfe. Ziel der Architekturpolitik sollte es daher sein,
Diskursräume zu diesen Fragen zu schaffen, wofür es auch entsprechende Mittel
brauche. Öffentlichkeits- und Vermittlungsarbeit hätten dabei einen besonderen
Stellenwert, so Muttonen, die auch dafür eintrat, dass Architektur
fächerübergreifend begriffen werden sollte. In fiskalischer Hinsicht plädierte
Muttonen für die Gleichstellung der Architekten mit den Künstlern.
Abgeordneter Mag. Eduard Mainoni (F) zeigte sich
begeistert von der hervorragenden Idee zu dieser Enquete. Es brauche einen
Dialog, und daher wolle er es nicht versäumen, sich auch in diesen Diskurs
einzubringen. Architektur sei eine klassische Querschnittsmaterie, weshalb er
zwei Schwerpunkte herausgreifen wolle; das Bekenntnis zum Schutz von Landschaft
und historischer Architektur einerseits, denn Architektur sei der kulturelle
Ausdruck eines Landes, der nicht durch Leichtsinn oder Profitgier zerstört
werden dürfe. Zum zweiten sei es ihm um die Architektur des sozialen Wohnbaus
zu tun, denn auch hier spiele Architektur eine vitale Rolle für die
Gesellschaft. Hier habe es in der Vergangenheit Fehler gegeben, die es pro
futuro zu vermeiden gelte. Es gebe eine Sehnsucht der Menschen nach mehr
Wohnqualität, und dem müsse man Rechnung tragen, so Mainoni.
Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (G) bekannte sich zu
Qualität und zu zeitgenössischer Architektur als Ausdruck einer modernen und
offenen Gesellschaft. Die Aufgabe der Parlamentarier sei es dabei, die
Anregungen der Experten aufzugreifen und entsprechend politisch aufzubereiten.
Hier sei der Bund gefordert, die Grundlagen für eine reibungslose Baukultur zu
schaffen. Die Rolle der öffentlichen Hand als Bauherr müsste hier eindeutig
definiert werden, so die Rednerin, die sodann auf die Wohnbauförderung einging,
wo sie sich präzisere Qualitätskriterien wünschte. Schließlich müsse man sich
zeitgemäß mit der Raumordnung auseinandersetzen, wo eine übergeordnete
Raumplanung auf Bundesebene überlegenswert sei. Diesbezüglich wäre ein Nachdenkprozess
unter Einbeziehung der Experten wünschenswert, schloss Glawischnig.
VI - EUROPÄISCHE MODELLE ZUR
ARCHITEKTURPOLITIK
Der Themenblock VI befasste sich mit
europäischen Modellen zur Architekturpolitik. Dr. Ullrich Schwarz,
Vorsitzender des Fördervereins für die Stiftung Baukultur, referierte sodann
die diesbezügliche Praxis in Deutschland ein und ging dabei auf einige Projekte
ein, die derzeit in seiner Heimat am Laufen seien. Er rekapitulierte die
Diskussion, die zur Schaffung einer eigenen Bundesstiftung Baukultur geführt
habe, und ging sodann auf die Aufgaben und Arbeitsfelder dieser Stiftung ein,
dabei auch Finanzierung und Struktur der Stiftung erläuternd.
Cilly Jansen, die Direktorin der
Architectuur Lokaal Holland, berichtete über die Verhältnisse der Architektur
in den Niederlanden, wo unabhängige Architekturstiftungen eine besondere Rolle
spielten. Schließlich ging Jansen auf die Aufgaben der diversen Stiftungen ein
und legte die Leitlinien der niederländischen Architekturpolitik dar. Von zentraler
Bedeutung sei dabei ein ansprechendes Klima für Architektur, meinte Jansen, zu
welchem die Politik maßgeblich beitragen könne.
Paula Huotelin (The Finnish Association
of Architects) informierte über das architekturpolitische Programm der
finnischen Regierung, dessen Ziel es ist, das verfassungsgemäße Recht der
Bürger auf eine lebensgerechte Umwelt zu realisieren. Aus diesem Grund werden
hohe Standards für öffentliche Gebäude festgelegt, um dadurch beispielhaft für
den gesamten Bausektor zu wirken. Der Staat suche die Architekten nicht nur
nach wirtschaftlichen Kriterien aus, der Zuschlag erfolge mehr denn je nach den
Kriterien der Qualität, betonte sie.
Die Auftragsvergabe wiederum folge
einem transparenten Verfahren nach einheitlichen nationalen Wettbewerbsregeln,
die als Qualitätssicherung zum Schutz der Bauherren, der Konsumenten und der
Architekten verstanden werden. Überdies setze das Umweltministerium Regionalarchitekten zur Betreuung von
ländlichen Gemeinden ein, um auch in entlegeneren Gebieten das Wissen über
Architektur und Baukultur zu erweitern.
In der anschließenden
Diskussionsrunde plädierte Abgeordnete Dr. Andrea Wolfmayr (V)
für die Entwicklung einer ökosozialen Architektur in Anlehnung an die
ökosoziale Marktwirtschaft, um allen Bevölkerungsgruppen Freiräume zu bieten
und Form und Funktion des Bauens zu vereinigen. Dazu werden innovative Lösungen
notwendig sein, war sie überzeugt.
DI Volker Dienst mahnte die
ressortübergreifende Verantwortung ein. Architektur sollte Teil der
Kreativwirtschaft werden und Imagecharakter für Österreich ausüben.
DI Georg Pendl forderte eine
Auflockerung der derzeit restriktiven Zugangsbestimmungen zur Architektenkammer
und kritisierte, das Abstellen auf lange Praxiserfordernisse entspreche nicht
mehr der Realität.
DI Robert Krapfenbauer, Präsident der
Bundeskammer der Architekten und Ingenieurskonsulenten, führte ins Treffen,
Österreich benötige Hilfe seitens der Politik, um der Qualität in der
Architektur zum Durchbruch zu verhelfen. Vorstellbar waren für ihn etwa klare
übergreifende Förderungsprogramme in Verbindung mit der Wohnbauförderung sowie
entsprechende Definitionen, um einen bloßen Preiswettbewerb zu vermeiden. Im
Übrigen trat er dafür ein, diese Fragen im Rahmen der Bundesstaatsreform zu
überdenken.
Dr. Josef Ostermayer (Büro Stadtrat Faymann)
betonte, in Wien werde nur dort gebaut, wo es eine entsprechende Infrastruktur
gibt. Geförderter Wohnbau finde nur dann statt, wenn das Projekt von einer
interdisziplinären Jury positiv bewertet wurde.
DI Utz Purr regte für die Zeit der
österreichischen EU-Präsidentschaft die Abhaltung einer europäischen Enquete
über Fragen der Architekturpolitik an.
Marie-Helene Lucas (Vizepräsidentin des ACE)
rief nach klaren politischen Aussagen zur Architektur und meinte, gesetzliche
Vergabekriterien sollten Qualitätsvoraussetzungen festschreiben. Europäische
Direktiven seien dabei ebenso notwendig wie nationale Regeln.
Wirtschaftsminister Dr: Martin
Bartenstein zeigte sich skeptisch hinsichtlich der Forderung, Qualität als
Gesetzesauftrag zu formulieren. Mit unscharfen Begriffen wie Qualität beim Bau
würden vergaberechtliche Fragen bloß noch schwieriger werden als sie es ohnehin
schon sind, argumentierte er. Was die Zugangsregelungen zum Architektenberuf
betrifft, verwies der Minister auf die kommende Dienstleistungsrichtlinie der
EU, die einen Liberalisierungsschub für die freien Berufe bringen werde.
Mag. Michaela Mischek (Mischek BAU AG) teilte
mit, Qualitätskriterien seien in der Wohnbauförderung bereits weitgehend
eingeführt. Ein nicht unwesentlicher Teil der Gelder werde heute dazu
verwendet, Gebäude nach hohen architektonischen und ökologischen Standards zu
errichten. Eine Senkung der Wohnbauförderungsmittel würde diese Standards in
Frage stellen, warnte sie.
Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger
(G)
erinnerte an die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand in Sachen Baukultur. Der
Wettbewerb müsse entsprechend ausgerichtet werden, damit nicht nur
Preiskriterien bei der Vergabe zur Geltung kommen. Lichtenberger sah in diesem
Zusammenhang vor allem auch politischen Handlungsbedarf.
Präsident DI Helmut Reitter (Kammer für Architekten
und Ingenieurkonsulenten für Tirol und Vorarlberg) zeigte sich betroffen von
der Aussage des Wirtschaftsministers, Qualität sei nicht definierbar, und
betonte demgegenüber die Notwendigkeit, die üblichen Preiswettbewerbe durch
Qualitätswettbewerbe zu ersetzen. Reitter sprach sich gegen Bau-
Totalunternehmer sowie gegen Amtsplanungen aus und unterstützte das Verlangen
nach einer Förderung junger Architekten.
Wolfgang Feyferlik (Ingenieurkammer Graz)
zeigte sich enttäuscht von der bisherigen Diskussion, in der er nur Gemeinplätze
gehört habe. Zudem bemängelte Feyferlik das geringe Interesse der Politiker
gegenüber der Architektur.
Mag. Maria Ranacher bekannte sich
schließlich nachdrücklich zur modernen Architektur, die ihren Platz haben soll,
wandte sich aber aus der Sicht des Denkmalschutzes ebenso entschieden gegen die
Errichtung von Hochhäusern in Wien.
VII – ÖKOLOGIE UND NACHHALTIGKEIT
Univ.-Prof. DI Dr. Gerlind Weber (Universität für
Bodenkultur, Institut für Raumplanung und ländliche Neuordnung) hielt im
Zusammenhang mit dem Thema Ökologie und Nachhaltigkeit fest, dass jede
Bauplanung eine Antwort auf die Frage voraussetze, wo gebaut werden solle. Der
Raumplanung komme dabei die Aufgabe zu, Bauland von unbebauter Kulturlandschaft
zu trennen. Hierbei ortete Weber in Österreich eine tiefe Kluft zwischen
Anspruch und Praxis. Das Problem heiße "Zersiedelung" und
"ausgefranste Siedlungsränder". Die Folge seien lange Wege, die von
den Menschen zurückgelegt werden müssen, Zersiedelung torpediere auch den
Klimaschutz und zwinge die öffentliche Hände zu hohen
Infrastrukturaufwendungen. Zersiedelung sei Raubbau am Lebenselement Boden,
sagte Weber, sie verstoße gegen die Grundsätze der Ökologie und der
Generationengerechtigkeit und zerstöre mit den Ortsbildern kulturelles Erbe.
Webers Appell an den Bund lautete auf Prüfung der Kompetenzverteilung zwischen
den Gebietskörperschaften, auf Stärkung der Aufsicht über die Gemeinden, auf
stärkere Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften, auf Bindung von
Finanzausgleichsmitteln und Kommunalkrediten an raumplanerische Auflagen und
auf die Einrichtung einer Stiftung für Baukultur.
DI Erich Steinmayr (Denkmalbeirat des
BMfBWK) erinnerte daran, dass die aktuellen Architekten und Städteplaner im
Gegensatz zum ausschließlich progressiven Zukunftsdenken der Avantgarde in den
ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ihr Schaffen nun bewusst eng mit
dem gegenwärtigen soziokulturellen Kontext und Hintergrund verknüpfen. Dazu
gehört die Verbindung mit der aus der Vergangenheit überlassenen
Architektursubstanz. Basis für die Zukunft ist auch in der Architektur das
historische Bewusstsein. "Es geht darum, an der Welt weiterzubauen, nicht,
eine neue zu erfinden". Das Restaurieren und Revitalisieren historischer
Substanz müsse auf wissenschaftlicher Grundlage erfolgen. Dazu komme eine
vielschichtige Gegenwartsbetrachtung, die unterschiedliche Bewertungen, auch
wirtschaftliche, einschließe. Man müsse zeigen, ob die Geschichte einer
historischen Baustruktur weiter geschrieben werden könne. Wo Architektur im
ursprünglichen Zusammenhang nicht mehr nutzbar oder finanzierbar sei, sei auch
die Überlegung auf den Verzicht auf das Vorhandene und der Impuls für einen
Neuansatz legitim. Doch auch solche Entscheidungen müssen nach dem Grundsatz
getroffen werden, aus gegenwärtiger Sicht am Vorhandenen weiterzudenken, sagte
der Experte.
Direktor DI Markus Berchtold (Vorarlberger
Architekturinstitut) berichtete den Teilnehmern an der Enquete über die vielen
Aspekte der Vorarlberger Architekturbewegung, die große internationale
Aufmerksamkeit errege. Zentraler Ansatz der verschiedenen Richtungen
Vorarlberger Architektur sei die Gestaltung des Lebensraumes. "Baukultur
wird zur Lebensraumkultur". Die Vorarlberger Architekturbewegung schaffe
Freiräume für Kreativität, in denen Beiträge entstehen, die in die
internationale Architekturdiskussion eingebracht werden können.
Charakteristisch für die
Vorarlberger Architekturbewegung sei die Kooperation aller am Baugeschehen
Beteiligten, so auch die Einbeziehung der Banken und der Gemeinden, wobei
Berchtold nicht ohne Stolz anmerkte, dass mittlerweile jede Vorarlberger
Gemeinde ein Architekturbüro habe.
VII – IMAGE UND NACHHALTIGKEIT
Der letzte Themenblock befasste sich
mit dem Image und den wirtschaftlichen Effekten. DI Jakob Dunkl (IG
Architektur) nannte das Ziel der Interessengemeinschaft, das Image der
Architektur zu korrigieren und bewusst zu machen, dass Architektur kein Luxus
sei, sondern ein notwendiger Baustein des Lebensraumes. "Wir brauchen
Spitzenarchitektur, aber gleichzeitig auch Alltagsarchitektur". Dass beide
Ansprüche zusammenkommen können, bewies Dunkl an Beispielen von Zweckbauten der
Weinwirtschaft, die bewusst Spitzenarchitekten heranziehe, um ihren Aufstieg
vom Glykolskandal zu Weltspitzenprodukten mit den Mitteln der Architektur
darzustellen und bewusst zu machen.
Doris Burtscher (IG Architektur) kehrte
noch einmal zur Vorarlberger Architekturbewegung zurück, die es sich zum Ziel
setze, Perfektion, Modernität, Innovation und Know-How zum Ausdruck zu bringen.
Dies seien auch die Begriffe, mit denen sich die ganze Region definiere. Die
Architektur schaffe auf diese Weise Identität und transportiere Images. An
einer solchen regionalen Imagebildung, für die es auch hervorragende Beispiele
in der Schweiz oder im spanischen Bilbao gebe, müsse Öffentlichkeit, Politik
und Verwaltung mit der Architektur zusammenwirken.
Jakob Dunkl resümierte schließlich
die Forderungen der IG Architektur, indem er auf die Förderung junger
Architekten hinwies, die Absicht zurückwies, jungen Architekten beim Eintritt
in eine Kammer den Verzicht auf geleistete Pensionsbeiträge zuzumuten, und
verlangte, junge Architekten bei Wettbewerben zu fördern.
Abgeordnete Carina Felzmann (V, ARGE Kreativwirtschaft
in der WKÖ) gab Eindrücke einer Reise nach Athen wieder, wo neben die
Architektur der klassischen Antike nun das Bemühen trete, für die Olympischen
Spiele moderne Architektur zu schaffen, von der zu hoffen sei, dass auch sie in
die Geschichtsbücher eingehe.
Als Ziel der ARGE Kreativwirtschaft
nannte Felzmann, Österreich im erweiterten Europa mit seinen kreativen Köpfen
zu positionieren. Da Österreich weder billige Rohstoffe noch ein
Billiglohnstandort sei, müsse es die vielen Begabungen auf den Gebieten
Architektur, Design, Musik, Literatur und Film nützen. Die ARGE will ein
Netzwerk und eine Plattform schaffen, um kreativen Köpfen die Türen zu Gewerbe
und Industrie zu öffnen. "Die einen brauchen Ideen, die anderen
Aufträge". Schon heute beschäftigen die 3000 Unternehmen der
Kreativwirtschaft 11.000 Beschäftigte und erlösen 1,2 Mrd. € jährlich.
Schließlich machte Carina Felzmann darauf aufmerksam, dass die österreichische
EU-Präsidentschaft 2006 im Zeichen der Kreativwirtschaft stehen werde.
Mag. Michaela Mischek fragte als Vertreterin
der Bauwirtschaft nach den Bedingungen, die notwendig wären, damit Architekten
wesentliche Impulsgeber für die Bauwirtschaft sein könnten. Sie sind es derzeit
nicht, wenn man von dem positiven Beispiel Vorarlbergs absieht. Grundsätzlich
bekannte sich Mischek zum Dreieck Planer – Bauherr - Bauwirtschaft und führte
aus, dass überall dort, wo es dieses Dreieck nicht gebe, nur ein schlechtes
Produkt herauskommen könne. Dieses Dreieck funktioniere nicht, daher träten
immer mehr Totalunternehmen auf. "Bauen ist mühsam", sagte Mischek
und führte darauf die Neigung vieler Bauherrn zurück, es sich mit
Totalunternehmern einfacher zu machen. Auf der anderen Seiten gebe es viele
Architekten, die meinten, der Bauherr verstehe ohnedies nichts von Architektur.
Baukultur sei eine gemeinsam zu lösende Aufgabe - erst durch die Kooperation
sei eine Qualitätssteigerung möglich. Im Einzelnen forderte Mischek das Abgehen
vom Billigstbieterprinzip und einen Übergang zum Bestbieterprinzip, eine
Forschungs- und Innovationsinitiative, um die KMU in direkten Kontakt mit
Baukünstlern zu bringen, die Errichtung von Kompetenzzentren und mehr Kontakte
zwischen Hochschulen, Professoren und Bauwirtschaft.
Univ.-Prof. Mag. Hans Hollein, Präsident der
Zentralvereinigung der Architekten Österreichs, nahm vor Beginn seiner
Ausführungen die Glückwünsche der Vorsitz führenden Abgeordneten Christine
Muttonen und der Teilnehmer der Enquete zu seinem heutigen 70. Geburtstag
entgegen. Zum Thema Architektur als "Exportschlager" ins Ausland
sagte Hollein, Österreich sei ein Land mit hervorragenden Architekten, die im
Ausland Spitzenpositionen erreichen, außerdem verfüge Österreich über eine
international renommierte Architektenausbildung sowie über sehr gute Architekturlehrer
und -studenten. Da Österreich zu klein sei, um das Potential seiner Architekten
auszuschöpfen, müssen österreichische Architekten international mitspielen.
Grundlagen für erfolgreichen Architekturexport schaffen Einzelpersonen und
Institutionen, wobei derzeit Einzelarbeiten im Vordergrund stehen. Um
erfolgreich zu sein, braucht die österreichische Architektur ein kreatives
Umfeld, hervorragende Lehrer von der Volksschule bis zur Universität und eine
entsprechende Ausstattung der Lehranstalten. Die Lehre sei global zu
orientieren, der internationale Austausch zu fördern und Englischkenntnisse
seien eine wichtige Voraussetzung für internationalen Erfolg. Berufsständischem
Denken erteilte Hollein eine Absage, es sei im Hinblick auf Exporterfolge nicht
zielführend, da Wettbewerbe EU-weit oder weltweit offen seien, wesentlich sei
hingegen oft das Follow-Up nach erzieltem Gewinn bei einem Wettbewerb. Von
internationalen Aufträgen können nicht nur österreichische Architekten
profitieren, sondern im Gefolge auch österreichische Firmen, hielt Hans Hollein
fest.
IX – ZUSAMMENFASSENDES STATEMENT
DI Mag. Max Rieder, Mitglied des
Architekturbeirats des Bundeskanzleramtes, betonte als letzter Referent,
Baukultur brauche engagierte PartnerInnen. Voraussetzung für Partnerschaft sei
aber Gleichberechtigung, diese fehle derzeit jedoch. Man befinde sich in einer
win-loose-Beziehung, skizzierte Rieder, die Architekten seien auf der
Looser-Seite. Ihr jahrzehntelanges Engagement für Baukultur habe eine Dimension
der Selbstzerstörung erreicht, sie seien mit Auftragsmangel, Preiswettbewerben
und unfinanzierbaren Vorleistungen konfrontiert. Architekten würden vom
Baugeschehen verdrängt und immer mehr als "Imageproduzenten für
Oberflächen und als Fassadengestalter" missbraucht.
Rieder hob die - uneigennützige -
Bereitschaft der Architektenschaft hervor, unentgeltlich und freiwillig dem
Wettbewerb "zu frönen". Ihm zufolge beträgt der Dienstleistungswert
der rund 5.400 jährlich bei Wettbewerben eingereichten Projekte - Rieder geht
bei seinen Berechnungen von 180 Verfahren mit je 30 TeilnehmerInnen aus - einen
Wert von 64,8 Mill. €. Die Architekten wollten diesen Beitrag in Zukunft
refundiert bekommen, sagte Rieder, derzeit erreiche die Bundes- und
Landesförderung für Architektur nicht einmal annähernd diesen eingesetzten
Betrag.
Eingefordert wurde von Rieder auch
mehr Planungskultur. Er wies darauf hin, dass die 6.000 Ziviltechniker und
3.500 Architekten lediglich 17 % des Hoch- und Tiefbaus Österreichs
"beplanen" und weder im Wohnbau noch sonst wo tatsächlichen Einfluss
hätten. Das sei so, als ob 83 % aller Herzoperationen von Allgemeinmedizinern
statt von Kardiologen durchgeführt würden, veranschaulichte er.
Rieder fragt sich, wieso könne man
"monofunktionalen" Wohnbau und die in Österreich
"herumstehenden" Tourismus- und landwirtschaftlichen Bauten noch
fördern. Das Kultur- und Tourismusland Österreich vernachlässige massiv den
touristischen Raum, beklagte er, Österreich habe nur noch "unglaubliche,
öde Lärmschutzkorridore durch das ganze Land, skurrile Raststätten, kitschige
Alpenhotels, Seilbahnstationen, Zollstationswüsten, Einkaufszentren auf der
grünen Wiese, unsägliche Techno- und Gewerbeparks" zu bieten. Förderungen
und Finanzausgleichszahlungen müssten in Hinkunft an Grundsätze der Qualität
gebunden werden, forderte Rieder, diese seien sehr wohl formulierbar.
DI Martin Höbarth (Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammern Österreichs) unterstrich in der anschließenden
Diskussion, wesentlich sei nicht nur, wie und wo was gebaut werde, sondern
auch, welcher Baustoff verwendet wird. Die Sicherung der Lebensqualität beginne
mit der Wahl der Baustoffe, bekräftigte er. Nach Ansicht Höbarths kommt man,
beschäftigt man sich mit ökologischem und nachhaltigem Bauen, um den Baustoff
Holz nicht herum, nicht zuletzt sei dieser ein wichtiger Beitrag für den
Klimaschutz. Ansetzen könnte die Politik ihm zufolge bei der Wohnbauförderung
oder bei der Ausschreibung von Wettbewerben.
Dr. Andreas Lehne (Bundesdenkmalamt)
erklärte, Substanzerhaltung und kreatives neues Bauen müssten nicht strikt
getrennt sein. Seiner Meinung nach gibt es aber einen breiten
gesellschaftlichen Konsens darüber, dass wertvolles Altes erhalten bleiben
müsse. Verantwortungsvoller Umgang mit dem Erbe gehöre zur Kultur dazu.
Auch Bundesrat Dr. Georg
Spiegelfeld-Schneeburg (V) wies auf die Notwendigkeit hin, das
kulturelle Erbe der Vergangenheit für die Zukunft zu bewahren. Er trat für eine
steuerliche Entlastung privater Eigentümer von Kulturdenkmalen ein. In der
Ausbildung von Architekten wünsche er sich ein größeres Augenmerk für
Denkmalpflege an sich, sagte Spiegelfeld-Schneeburg.
DI Volker Dienst wandte sich dagegen,
moderne Architektur gegen Denkmalschutz auszuspielen. Auch mit qualitativ
hochwertiger moderner Architektur könne man durchaus Reiselust fördern, wie das
Beispiel Bilbao zeige, meinte er in Richtung der Denkmalschutz-Verfechter.
Zudem betonte er, Städte sollten nicht nur touristische Objekte, sondern für
die Menschen da sein.
Dienst zufolge könnte das Parlament
selbst Bauherrnverantwortung wahrnehmen und für eine Neugestaltung des
Plenarsaals sorgen. Weitere Vorschläge betrafen eine Qualifizierung der
Wohnbauförderung, die Bereitstellung von Mitteln für Architekturforschung, die
Erstellung eines Schwarz-Weiß-Buchs und das Aufzeigen von
Best-Practise-Modellen.
Andreas Vass, Vertreter der
IG-Architektur, wies darauf hin, dass derzeit zwei Gesetze im Parlament liegen
bzw. demnächst dem Parlament vorgelegt werden, die für den Faktor
Kreativwirtschaft von großer Bedeutung sind. Zum einen geht es um die
Sozialversicherungsbeiträge österreichischer Architekten und Zivilingenieure,
die seiner Ansicht nach in Österreich unverhältnismäßig hoch und für junge
Architekten bzw. für Architekten, die Auftragseinbrüche erleiden, nicht
leistbar seien. Zum zweiten sehe ein neues Ziviltechnikergesetz, das die
Bedingungen für den Berufszugang regelt, noch restriktivere Bestimmungen als
bisher vor.
Bundesrat Wolfgang Schimböck (S) bedauerte, dass
oftmals weder die Verantwortlichen in Gemeindestuben noch in
Wohnbaugesellschaften wüssten, dass es eine Wohnsoziologie gebe. Seiner
Auffassung nach müssen die Planungen ein größeres Maß an Funktionalität
berücksichtigen. Menschen möchten in ihrer gewohnten Umgebung älter werden,
umriss Schimböck eines der Probleme. Darüber hinaus forderte er eine
Demokratisierung der Architektur ein, z.B. durch Mitspracherechte der
Betroffenen bei Kinderspielplätzen.
Univ.-Prof. DI Dr. Christian Kühn, Vorstand der
Architekturstiftung Österreich, äußerte die Befürchtung, dass der in Amerika
herrschende Trend des "Marktpopulismus", wo man bei Bauten aus zehn
Standardmodellen wählen müsse, auch nach Europa kommen werde. Gleichzeitig
drohe alles, was älter als 80 Jahre ist, "einbalsamiert" zu werden,
konstatierte er. Kühn wünscht sich, dass Österreich "gegen den Strom
rudert", und zeigte sich überzeugt, dass sich das bezahlt mache.
Univ.-Prof. DI Dr. Volker Giencke (Institut für Hochbau und
Entwerfen der Leopold-Franzens Universität Innsbruck) nahm zu einzelnen
Wortmeldungen Stellung und meinte, das Statement von Staatssekretär Morak habe
ihn "nicht ganz hoffnungslos gestimmt". Kritik übte er hingegen an
Wirtschaftsminister Bartenstein, der ihm zufolge "kulturelle
Bewusstlosigkeit auf den Tisch gelegt hat". Stärker berücksichtigt wissen
will Giencke den Qualitäts-Aspekt in der Architekturdebatte.
Mag. Maria Ranacher (Gesellschaft für
Denkmal- und Ortsbildpflege) warnte davor, alte Architektur durch neue zu
ersetzen, und meinte, neue Architektur solle dort entstehen, wo sie hingehöre.
Ihrer Auffassung nach kann man alte Architektur nicht nur durch Abriss oder
Entkernung "umbringen", sondern auch, indem man sie mit moderner
Architektur "umbaut".
Dr. Hannes Pflaum, Präsident des
Architekturzentrums Wien, wies auf immer wieder auftretende Schwierigkeiten bei
Vertragsverhandlungen zwischen dem Bauherrn und dem Sieger eines
Architekturwettbewerbs hin. Vertragsverhandlungen im eigentlichen Sinn könnten
gar nicht mehr geführt werden, skizzierte er, vielmehr würden den Architekten
oftmals "Knebelungsverträge" vorgelegt, die kaum kalkulierbare Risken
enthielten und zum Teil extreme Preisnachlässe durch kostenlose
Zusatzleistungen erzwingen würden. Eine der Ursachen des Problems sieht Pflaum
darin, dass Auftraggebern das von der Jury ausgewählte Projekt nicht gefalle
und sie fälschlicher Weise glaubten, durch eine entsprechende
Vertragserstellung "das Ärgste" verhindern zu müssen.
Pflaum hat, wie er ausführte, keine
generelle Lösung für das Problem, er regte aber an, Ausschreibungen ausgewogene
Vertragsmuster zugrunde zu legen und eventuell eine Schlichtungsstelle
einzurichten. Zumindest die öffentliche Hand könnte ihm zufolge entsprechende
Musterverträge verwenden und in diesem Sinn auch auf ausgegliederte Unternehmen
einwirken. Dann könnten solche Verträge, wie sie derzeit beispielsweise die ÖBB
für Architekten verwendeten, nicht mehr vorkommen, erklärte er.
DI Jakob Dunkl, Vertreter der IG
Architektur, machte geltend, dass die finanzielle Komponente außerordentlich
wichtig sei. Seiner Meinung nach macht es sich Wirtschaftsminister Bartenstein
zu einfach, wenn er sage, er sehe sich außerstande, Qualität zu definieren oder
der Gesellschaft Qualitätsrichtlinien mit auf den Weg zu geben. Dunkl betonte,
es gehe um die Qualität von Prozessen, solche Wettbewerbe wie in Klagenfurt
dürften nicht mehr passieren.
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (S) bedankte sich vom
Vorsitz aus bei den ReferentInnen und TeilnehmerInnen der Diskussion und hielt
fest, mit der heutigen Veranstaltung sei ein Prozess in Gang gesetzt worden,
der im Parlament in den Ausschüssen weitergeführt werde. (Schluss)