835 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Antrag 557/A(E) der Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Garantie der Schulgeldfreiheit
Die Abgeordneten
Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag
am 3. März 2005 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Noch im Sommer 2000 wurden jegliche Überlegungen zur Einführung einer Studiengebühr von Seiten der ÖVP strikt in Abrede gestellt. ‚Es ist nicht mein Anliegen, als Erstes Studiengebühren einzuführen. Ich meine, der Staat ist dafür verantwortlich, der Steuerzahler ist dafür verantwortlich, dass der junge Mensch eine gute Ausbildung erhält, dass der junge Mensch eine gute Erstausbildung erhält, dass der junge Mensch auch auf einer Universität studieren kann,’ Elisabeth Gehrer vor dem Nationalrat am 12.5.2000. Am 23.11.2000 wurden auf Initiative der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Studiengebühren in Höhe von 363 € pro Semester von ÖVP und FPÖ gemeinsam im Nationalrat beschlossen.
Neuester Vorstoß der ÖVP in Richtung Einführung eines Schulgeldes ist offenbar die Aussage von Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl vom 01.03.2005, der sich zur leistungsgerechten Bezahlung der LehrerInnen durchaus die Einführung eines Schulgelds vorstellen kann. Zwar wurde diese Idee von VertreterInnen der ÖVP als Missinterpretation der Intention Leitls dargestellt, eine Erinnerung an die Aussagen zu den Studiengebühren aus dem Jahr 2000 lässt sich jedoch nicht vermeiden.
Um sicherzustellen, dass Schulgeldfreiheit
auch künftig garantiert bleibt, haben die unterfertigten Abgeordneten den
gegenständlichen Entschließungsantrag eingebracht.“
Der
Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner
Sitzung am 10. März 2005 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter
im Ausschuss war Abgeordneter Dieter Brosz.
An der Debatte
beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters die
Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser, Mares Rossmann,
Josef Broukal und Dieter Brosz sowie
die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Elisabeth Gehrer und der Ausschussobmann Abgeordneter Werner Amon MBA.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Werner Amon MBA und Mares Rossmann einen Entschließungsantrag
eingebracht, der wie folgt begründet war:
„Die Schulgeldfreiheit ist heute bereits durch nachstehende in Kraft befindliche Gesetze garantiert:
1. Schulorganisationsgesetz
§ 5.
Schulgeldfreiheit
(1)
Außer der durch andere gesetzliche Vorschriften vorgesehenen Schulgeldfreiheit
an öffentlichen Pflichtschulen ist auch der Besuch der sonstigen unter dieses
Bundesgesetz fallenden öffentlichen Schulen unentgeltlich.
2.
Pflichtschulerhaltungs-Grundsatzgesetz
§ 14.
(1) Der Besuch der öffentlichen Pflichtschulen ist für alle Schüler
unentgeltlich.
Die unterfertigten Abgeordneten stehen für die verlässliche Schule, bekennen sich zu den oben erwähnten Gesetzen und sagen deshalb ein klares Ja zur Schulgeldfreiheit in der derzeit bestehenden Form - sie ist darüber hinaus durch internationale Verträge abgesichert, die Österreich unterzeichnet hat.
Österreich hat sich im Rahmen der UN-Kinderrechtskonvention gegenüber der Völkergemeinschaft verpflichtet, die Schulgeldfreiheit sicherzustellen. Dieses erreichte Ziel wird keine vernünftige Regierung rückgängig machen können.
Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention lautet:
‚Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen, werden sie insbesonders
a. den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und unentgeltlich machen;
b. die Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen.’
Mit dem Inkrafttreten der Europäischen Verfassung wird die Schulgeldfreiheit auf europäischer Ebene abgesichert. Im Artikel II-74 Abs. 2 des Grundrechtskatalogs, der die Europäischen Verfassung beinhaltet, heißt es dazu: Dieses Recht [Anm.: Recht auf Bildung] umfasst die Möglichkeit unentgeltlich am Pflichtschulunterricht teilzunehmen. Eine andere gesetzliche Bestimmung auf nationalstaatlicher Ebene – ob nun einfachgesetzlich oder mit 2/3-Mehrheit – steht somit der Europäischen Verfassung entgegen.
Im Österreich-Konvent wurde im
Rahmen eines Grundrechtskatalogs das Recht auf Bildung und die
Schulgeldfreiheit eingebracht. Die Formulierung lautet: ‚Der Staat hat den
Zugang zur Bildung unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten. Die Teilnahme am
Unterricht ist unentgeltlich.’ Dieser Vorschlag steht nach wie vor zur
Diskussion.“
Bei der Abstimmung
fand der Entschließungsantrag 557/A(E) keine Mehrheit.
Der von den
Abgeordneten Werner Amon MBA und Mares Rossmann eingebrachte
Entschließungsantrag betreffend Ja zur Schulgeldfreiheit wurde mit
Stimmenmehrheit angenommen.
Als
Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Wolfgang Großruck gewählt.
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. diesen Bericht
zur Kenntnis nehmen;
2. die angeschlossene Entschließung annehmen.
Wien, 2005 03 10
Wolfgang
Großruck Werner Amon MBA
Berichterstatter Obmann