Vorblatt

 

 

Problem:

Gemäß der dem Vertrag von Nizza angeschlossenen Erklärung Nr. 23 „zur Zukunft der Union“ sollten nach einer breit angelegten Diskussion insbesondere die Fragen einer genaueren, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten, der künftige Status der Charta der Grundrechte, die Vereinfachung der Verträge und die Rolle der nationalen Parlamente Gegenstand einer Regierungskonferenz im Jahr 2004 werden. Die Einleitung einer solchen breiten Debatte im Frühjahr 2001 führte im Dezember 2001 zur Erklärung des Europäischen Rates von Laeken, die das Mandat zur Einberufung des Europäischen Konvents am 28.Februar 2002 beinhaltete. Im Zuge der Arbeiten des Konvents bildete sich ein Konsens, dass die auf mehr Demokratie, Effizienz und Transparenz ausgerichteten Reformen des Vertragswerks der EU in einem neuen Verfassungsvertrag zusammengeführt werden sollten. Der Konvent legte im Juli 2003 einen Entwurf für eine Verfassung für Europa vor, der in weiterer Folge die Ausgangsbasis für eine von Oktober 2003 bis Juni 2004 durchgeführte Regierungskonferenz bildete. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa wurde am 29. Oktober 2004 in Rom von den Staats- und Regierungschefs und den Außenministern der Union unterzeichnet.

 

Lösung:

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa (Verfassungsvertrag) enthält das gesamte Primärrecht der Union (mit Ausnahme des Euratom-Vertrages), hebt die Säulenstruktur der bisherigen Verträge auf und gibt der Europäischen Union eine einheitliche Rechtspersönlichkeit.

Der Verfassungsvertrag definiert die Ziele und Werte der Union, schafft eine klare Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, erlaubt eine bessere Kontrolle der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit und vereinfacht die Rechtsinstrumente und Rechtsetzungsverfahren. Durch weitere Reformen werden die Effizienz und die demokratische Legitimität des institutionellen Rahmens sowie der Entscheidungsprozesse der Union erhöht. Die Stellung der Bürgerinnen und Bürger in der Union wir dabei gestärkt. Ebenso werden unter anderem die Voraussetzungen für eine bessere außenpolitische Handlungsfähigkeit und für einen weiteren Ausbau des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts geschaffen.

 

Alternativen:

Keine

 

Kosten:

Die Kosten institutioneller Neuregelungen des Verfassungsvertrages sind im Rahmen der bestehenden Obergrenzen des Eigenmittelsystems zu finanzieren.

 

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der EU:

Der Verfassungsvertrag enthält das gesamte Primärrecht der Europäischen Union mit Ausnahme des Euratom-Vertrages.

 

 

 

Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich:

Der Verfassungsvertrag wird die europäische Integration wesentlich voranbringen. Daraus sind positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und für den Wirtschaftsstandort Österreich, wie dies schon bisher Folge der zehnjährigen Mitgliedschaft der Union war, zu erwarten.

 

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Die Genehmigung des Verfassungsvertrages erfolgt auf Grundlage eines besonderen Bundesverfassungsgesetzes (789 BlgNR XXII. GP).


Abkürzungsverzeichnis

 

 

Abs.

Absatz/Absätze

AdR

AKP

Ausschuss der Regionen

Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (Mitgliedstaaten des Lomé-Abkommens)

Art.

Artikel

AStV

Ausschuss der Ständigen Vertreter

BGBl.

BIP

BNP

Bundesgesetzblatt

Bruttoinlandsprodukt

Bruttonationalprodukt

BVG

Bundesverfassungsgesetz

B-VG

Bundes-Verfassungsgesetz

bzw.

COSAC

beziehungsweise

Konferenz der Ausschüsse für europäische Angelegenheiten der Parlamente der Europäischen Union

dh.

EAD

EAGV

das heißt

Europäischer Auswärtiger Dienst

Europäische Atomgemeinschaft

EG

Europäische Gemeinschaft

EGKS

EGMR

Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EGV

EK

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

Europäische Kommission

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EP

Europäisches Parlament

EU

Europäische Union

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EuGI

Gerichtshof 1. Instanz

Eurojust

Europäische Stelle für justizielle Zusammenarbeit

Europol

Europäisches Polizeiamt

EUV

Vertrag über die Europäische Union

GASP

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

GSVP

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

idF

in der Fassung

idgF

In der geltenden Fassung

iSd

im Sinne des

iVm

NATO

in Verbindung mit

North Atlantic Treaty Organisation

Nr.

OSZE

Nummer

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

PSK

Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee

ua.

unter anderem

UAbs.

Unterabsatz/Unterabsätze

va.

vor allem

vgl.

vergleiche

vZ

verstärkte Zusammenarbeit

WEU

Westeuropäische Union

WSA

WTO

Wirtschafts- und Sozialausschuss

World Trade Organization

WWU

Wirtschafts- und Währungsunion

z. B.

zum Beispiel


Erläuterungen

zum

VERTRAG ÜBER EINE

VERFASSUNG FÜR EUROPA

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

ALLGEMEINER TEIL

 

 

I.                EINLEITUNG

 

II.            DIE NEUE ARCHITEKTUR DER EUROPÄISCHEN UNION

 

III.           WERTE, ZIELE UND GRUNDSÄTZE DER UNION

 

1) Werte

 

2) Ziele

 

IV.          DIE GRUNDSÄTZE UND DAS KOMPETENZSYSTEM DER UNION

 

1) Grundsätze

 

2) Kompetenzkategorien

 

V. GRUNDRECHTE

 

VI. INSTITUTIONENREFORM

 

1) Das Europäische Parlament

 

2) Der Europäische Rat und der Präsident des Europäischen Rates

 

3) Der Ministerrat

 

4) Beschlussfassungsmodalitäten im Rat und im Europäischen Rat

 

5) Die Europäische Kommission

Zusammensetzung

Verfahren zur Bestellung der Kommission und ihres Präsidenten

 

6) Der Außenminister der Union             

 

7) Der Europäische Gerichtshof und das Rechtsschutzsystem in der Union  

 

8) Sonstige Organe und Einrichtungen der Union             

 

VII. DEMOKRATIE UND BÜRGERNÄHE

 

1) Die Rechte der nationalen Parlamente und die Grundsätze der Subsidiarität und der

Verhältnismäßigkeit

Protokoll über die Anwendung des Subsidiaritäts-

und Proportionalitätsprinzips

Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente

 

2) Grundsätze des demokratischen Lebens, Bürgerinitiative

 

VIII. DIE VERFAHREN UND HANDLUNGSINSTRUMENTE DER UNION

 

IX. DIE FINANZEN DER UNION

 

X. VERSTÄRKTE ZUSAMMENARBEIT

 

XI. AUSGEWÄHLTE POLITIKBEREICHE

 

1) Horizontale Bestimmungen

 

2) Das auswärtige Handeln der Union

 

3) Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

 

4) Die Wirtschafts- und Währungspolitik der Union

Stärkung der autonomen Handlungsfähigkeit der Eurozone

Koordinierung der Wirtschaftspolitiken / Stabilitäts- und Wachstumspakt

5) Neue Rechtsgrundlagen in den Politikbereichen

 

6) Sonstige ausgewählte Rechtsgrundlagen mit materiellen Änderungen und/oder

Verfahrensänderungen

Koordination der sozialen Sicherheitssysteme (Art. III-136, ex Art. 42 EGV)

Territoriale Kohäsion und Regionalpolitik (Art. III-220, ex Art. 158 EGV)

Öffentliche Gesundheit (Art. III-278, ex-Art. 152 EGV):

XII. ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN SOWIE

ÜBERGANGSREGELUNGEN

 

1) Aufhebung des Primärrechts

 

2) Sicherung der rechtlichen Kontinuität und Übergangsbestimmungen

 

3) Änderungsverfahren        

 

XIII. RECHTLICHE ASPEKTE DES VERFASSUNGSVERTRAGES UND

GEHNEMIGUNGSVERFAHREN DES VERFASSUNGSVERTRAGES

 

XIV. KOSTEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEM VERFASSUNGSVERTRAG

 

XV. FRAGEN IM ZUSAMMENHANG MIT DEN SPRACHFASSUNGEN

SOWIE DER KUNDMACHUNG

 

 

 

BESONDERER TEIL

 

Inhaltsverzeichnis

 

PRÄAMBEL

 

TEIL I

 

TITEL I

Definition und Ziele der Union

 

TITEL II

Grundrechte und Unionsbürgerschaft

 

TITEL III

Die Zuständigkeiten der Union

 

TITEL IV

Die Organe und Einrichtungen der Union

                Kapitel I

Institutioneller Rahmen

                Kapitel II

Die sonstigen Organe und die beratenden

Einrichtungen der Union

TITEL V

Ausübung der Zuständigkeiten der Union

                Kapitel I

                Gemeinsame Bestimmungen

                Kapitel II

                Besondere Bestimmungen

                Kapitel III

                Verstärkte Zusammenarbeit

 

TITEL VI

Das demokratische Leben der Union

 

TITEL VII

Die Finanzen der Union

 

TITEL VIII

Die Union und ihre Nachbarn

 

TITEL IX

Zugehörigkeit zur Union            

 

TEIL II

Die Charta der Grundrechte der Union

 

TITEL I

Würde des Menschen

 

TITEL II

Freiheiten

 

TITEL III

Gleichheit

 

TITEL IV

Solidarität

 

TITEL V

Bürgerrechte

 

TITEL VI

Justizielle Rechte

 

TITEL VII

Allgemeine Bestimmungen über die Auslegung und

Anwendung der Charta

 

TEIL III

Die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union

 

TITEL I

Allgemeine anwendbare Bestimmungen

 

TITEL II

Nichtdiskriminierung und Unionsbürgerschaft

 

TITEL III

Interne Politikbereiche und Maßnahmen

                Kapitel I

                Binnenmarkt

                                Abschnitt 1

                                Verwirklichung und Funktionieren des Binnenmarktes

                                Abschnitt 2

                                Freizügkigkeit und freier Dienstleistungsverkehr

                                Abschnitt 3

                                Freier Warenverkehr

                                Abschnitt 4

                                Kapital- und Zahlungsverkehr

                                Abschnitt 5

                                Wettbewerbsregeln

                                Abschnitt 6

                                Steuerliche Vorschriften

                                Abschnitt 7

                                Gemeinsame Bestimmungen

                Kapitel II

                Wirtschafts- und Währungspolitik

                                Abschnitt 1

                                Wirtschaftspolitik

                                Abschnitt 2

                                Währungspolitik               

                                Abschnitt 3

                                Institutionelle Bestimmungen

                                Abschnitt 4

                                Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten,

                                deren Währung der Euro ist

                                Abschnitt 5

                                Übergangsbestimmungen

                Kapitel III

                Die Politik in anderen Bereichen

                                Abschnitt 1

                                Beschäftigung

                                Abschnitt 2

                                Sozialpolitik

                                Abschnitt 3

                                Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt

                                Abschnitt 4

                                Landwirtschaft und Fischerei

                                Abschnitt 5

                                Umwelt 

                                Abschnitt 6

                                Verbraucherschutz

                                Abschnitt 7

                                Verkehr 

                                Abschnitt 8

                                Transeuropäische Netze

                                Abschnitt 9

                                Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt

                                Abschnitt 10

                                Energie

                Kapitel IV

                Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts           

                                Abschnitt 1

                                Allgemeine Bestimmungen

                                Abschnitt 2

                                Politik betreffend Grenzkontrollen Asyl und Einwanderung

                                Abschnitt 3

                                Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen

                                Abschnitt 4

                                Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

                                Abschnitt 5

                                Polizeiliche Zusammenarbeit

                Kapitel V

                Bereiche, in denen die Union beschließen kann, eine

                Koordinierungs-, Ergänzungs- oder Unterstützungs-

                maßnahme durchzuführen

                                Abschnitt 1

                                Öffentliche Gesundheit

                                Abschnitt 2

                                Industrie

                                Abschnitt 3

                                Kultur

                                Abschnitt 4

                                Tourismus

                                Abschnitt 5

                                Allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung

                                Abschnitt 6

                                Katastrophenschutz

                                Abschnitt 7

                                Verwaltungszusammenarbeit

 

TITEL IV

Die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete

 

TITEL V

Auswärtiges Handeln der Union    

                Kapitel I

                Allgemein anwendbare Bestimmungen

                Kapitel II

                Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

                                Abschnitt 1

                                Gemeinsame Bestimmungen

                                Abschnitt 2

                                Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

                                Abschnitt 3

                                Finanzbestimmungen

                Kapitel III

                Gemeinsame Handelspolitik

                Kapitel IV

                Zusammenarbeit mit Drittländern und humanitäre Hilfe

                                Abschnitt 1

                                Entwicklungszusammenarbeit

                                Abschnitt 2

                                Wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit

                                mit Drittländern

                                Abschnitt 3

                                Humanitäre Hilfe

                Kapitel V

                Restriktive Maßnahmen  

                Kapitel VI

                Internationale Übereinkünfte

                Kapitel VII

                Beziehungen der Union zu Internationalen Organisationen

                und Drittländern und Delegationen der Union

                Kapitel VIII

                Anwendung der Solidaritätsklausel

 

TITEL VI

Arbeitsweise der Union

                Kapitel I

                Institutionelle Bestimmungen

                                Abschnitt 1

                                Die Organe

                                               Unterabschnitt 1

                                               Das Europäische Parlament

                                               Unterabschnitt 2

                                               Der Europäische Rat

                                               Unterabschnitt 3

                                               Der Ministerrat

                                               Unterabschnitt 4

                                               Die Europäische Kommission

                                               Unterabschnitt 5

                                               Der Gerichtshof der Europäischen Union

                                               Unterabschnitt 6

                                               Die Europäische Zentralbank

                                               Unterabschnitt 7

                                               Der Rechnungshof

                                Abschnitt 2

                                Die beratenden Einrichtungen der Union

                                               Unterabschnitt 1

                                               Der Ausschuss der Regionen

                                               Unterabschnitt 2

                                               Der Wirtschafts- und Sozialausschuss

                                Abschnitt 3

                                Die Europäische Investitionsbank

                                Abschnitt 4

                                Gemeinsame Bestimmungen für die Organe,

                                Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union

                Kapitel II

                Finanzvorschriften

                                Abschnitt 1

                                Der mehrjährige Finanzrahmen

                                Abschnitt 2

                                Der Jahreshaushaltsplan der Union       

                                Abschnitt 3

                                Ausführung des Haushaltsplanes und Entlastung

                                Abschnitt 4

                                Gemeinsame Bestimmungen

                                Abschnitt 5

                                Betrugsbekämpfung

                Kapitel III

                Verstärkte Zusammenarbeit

 

TITEL VII

Gemeinsame Bestimmungen

 

TEIL IV

Allgemeine und Schlussbestimmungen

 

 

A. Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

 

1. Protokoll

Über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union

 

2. Protokoll

Über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und

der Verhältnismäßigkeit

 

3. Protokoll

Zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union

 

4. Protokoll

Zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentral-

Banken und der Europäischen Zentralbank

 

5. Protokoll

Zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank

 

6. Protokoll

Über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter

Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der

Europäischen Union

 

7. Protokoll

Über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union    

 

8. Protokoll

Betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des

Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten

Königreiches Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen

Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen

Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und

des Königreichs Schweden

 

9. Protokoll

Betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der

Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik

Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen,

der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen,

der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik

 

10. Protokoll

Über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

 

11. Protokoll

Über die Konvergenzkriterien

 

12. Protokoll

Betreffend die Euro-Gruppe

 

 

13. Protokoll

Über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte

Königreich Großbritannien und Nordirland hinsichtlich

der Wirtschafts- und Währungsunion

 

14. Protokoll

Über einige Bestimmungen betreffend Dänemark

hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion

 

15. Protokoll

Über bestimmte Aufgaben der Natiomalbank Daänemarks

 

16. Protokoll

Über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft

 

17. Protokoll

Über den im Rahmen der Europäischen Union einbezogenen

Schengenbesitzstand

 

18. Protokoll

Über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130

Der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland             

 

19. Protokoll

Über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands

Hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und

Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammen-

Arbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit

 

20. Protokoll

Über die Position Dänemarks

 

21. Protokoll

Über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich

des Überschreitens der Außengrenzen

 

22. Protokoll

Über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten

 

23. Protokoll

Über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit gemäß

Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung

 

24. Protokoll

Zu den Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung

 

25. Protokoll

Über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen

raffinierten Erdölerzeugnissen in die Europäische Union

 

26. Protokoll

Betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark

 

27. Protokoll

Über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten

 

28. Protokoll

Zu Artikel III-214 der Verfassung

 

29. Protokoll

Über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt

 

30. Protokoll

Über die Sonderregelung für Grönland

 

31. Protokoll

Über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands

 

32. Protokoll

Zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt

der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der

Menschenrechte und Grundfreiheiten

 

33. Protokoll

Über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung

des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

und des Vertrages über die Europäische Union

 

34. Protokoll

Über die Übergangsbestimmungen für die Organe und

Einrichtungen der Union

 

35. Protokoll

Über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrages über

Die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und

Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl

 

36. Protokoll

Zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen

Atomgemeinschaft

B. Anhänge zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

A. Erklärungen zu den Bestimmungen der Verfassung

 

A. Erklärungen zu den Bestimmungen der Verfassung:

 

1. Erklärung zu Artikel I-6

 

2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2

 

3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28

 

4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des

Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat

 

5. Erklärung zu Artikel I-25

 

6. Erklärung zu Artikel I-26

 

7. Erklärung zu Artikel I-27

 

8. Erklärung zu Artikel I-36

 

9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329

Siehe die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.

 

10. Erklärung zu Artikel I-51

 

11. Erklärung zu Artikel I-57

 

12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte

 

13. Erklärung zu Artikel III-116: Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

 

14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

 

15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322

 

16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c

 

17. Erklärung zu Artikel III-184

 

18. Erklärung zu Artikel III-213

 

19. Erklärung zu Artikel III-220

 

20. Erklärung zu Artikel III-243

 

21. Erklärung zu Artikel III-248

 

22. Erklärung zu Artikel III-256

 

23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2

 

24. Erklärung zu Artikel III-296

 

25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung

und den Abschluss internationaler Übereinkünfte

betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des

Rechts durch die Mitgliedstaaten  

 

26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4

 

27. Erklärung zu Artikel III-419

 

28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7               

 

29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2               

 

30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrages über die

Verfassung für Europa

 

 

B. Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen:

 

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend die Verträge

und die Akten über den Beitritt des Königreiches

Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs

Großbritannien und Nordirland, der Hellinischen Republik,

des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik,

der Republik Österreich, der Republik Finnland und des

Königreichs Schweden

 

31. Erklärung zu den Ålandinseln

 

32. Erklärung zu den Samen

 

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend den Vertrag

und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik,

der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik

Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der

Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien

und der Slowakischen Republik:            

 

33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten

Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

 

34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen

des Vereinigten Königreichs Großbritannien und

Nordirland auf Zypern

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

 

36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem

Landweg zwischen dem Kaliningrader gebiet und

den übrigen teilen der Russischen Föderation

 

37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerkes

Bohunice V1 in der Slowakei

 

38. Erklärung zu Zypern

 

39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks

 

40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbe-

stimmung für die Organe und Einrichtungen der Union

 

41. Erklärung betreffend Italien:

Die Konferenz hat ferner die nachstehend aufgeführten

Erklärungen zur Kenntnis genommen, die dieser

 chlussakte beigefügt sind:

 

42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55

 

43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440

 

44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands,

der Republik Ungarn, der Republik Österreich und des

Königreichs Schweden

 

45. Erklärung des Königreichs Spanien und des

Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

 

46. Erklärung des Königreichs Großbritannien und

Nordirland zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

 

47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition

des Begriffs „Staatsbürger“

 

48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien

und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum

Europäischen Parlament

 

49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen

Parlamenten

 

50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn

zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in

dem Vertrag über eine Verfassung für Europa


ALLGEMEINER TEIL

 

 

I. Einleitung

Am 18. Juli 2003 wurde dem Präsidenten des Europäischen Rates in Rom der vom Europäischen Konvent zur Zukunft Europas, nach über 17-monatiger Arbeit im Konsensverfahren angenommene Entwurf eines „Vertrages über eine Verfassung für Europa" (in der Folge „Verfassungsvertrag“), überreicht. Dieser Entwurf stellte entsprechend dem Auftrag des Europäischen Rates von Laeken (Dezember 2001) eine Empfehlung für die anschließenden Beratungen im Rahmen einer Regierungskonferenz dar.

 

Während der Konvent zur Zukunft Europas über weite Teile des Verfassungsvertrages tatsächlich einen Konsens herstellen konnte, blieben einige Aspekte der institutionellen Reform der Union (v.a. die Definition der qualifizierten Mehrheit, die Zusammensetzung der Europäischen Kommission, das System der Präsidentschaft im Europäischen Rat und im Ministerrat) sowie einzelne Bestimmungen zu den konkreten Politiken der Union in Teil III (v.a. das Ausmaß des Übergangs zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen) bis zuletzt umstritten. Diese Teile des Konvententwurfs für einen Verfassungsvertrag wurden von einer beträchtlichen Zahl von Konventmitgliedern, zu denen auch der Beauftragte des österreichischen Bundeskanzlers zählte, zuletzt unter der Prämisse akzeptiert, dass die vorgeschlagenen Lösungen von der Regierungskonferenz einer nochmaligen Diskussion unterzogen werden.

 

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 20. Juni 2003 wurde der Konvententwurf als eine gute Ausgangsbasis für die bevorstehende Regierungskonferenz bezeichnet.

 

Im Juli 2003 wurde das formelle Verfahren zur Einberufung der Regierungskonferenz gemäß Art. 48 EU-Vertrag (in der Folge EUV) in die Wege geleitet. Nachdem die Europäische Kommission (am 17. September 2003), die EZB (am 19. September 2003), das Europäische Parlament (am 24. September 2003) und der Rat (am 29. September 2003) die erforderlichen Stellungnahmen abgegeben hatten, wurde die Regierungskonferenz am 4. Oktober 2003 in Rom durch die Staats- und Regierungschefs im Beisein der Außenminister eröffnet.

 

Die zehn neuen Mitgliedstaaten, deren Beitritt am 1.Mai 2004 erfolgte, nahmen bereits von Beginn an völlig gleichberechtigt an der Regierungskonferenz teil. Die Kommission war bei allen Tagungen vertreten. Das Europäische Parlament war bei allen Sitzungen auf Ministerebene durch zwei Beobachter repräsentiert. Auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs nahm EP-Präsident Cox eine Beobachterrolle ein. Die Sekretariatsaufgaben für die Konferenz wurden vom Generalsekretariat des Rates übernommen.

 

Im Gegensatz zu früheren Regierungskonferenzen wurden die Verhandlungen im Wesentlichen auf die politische Ebene beschränkt und von den Staats- und Regierungschefs mit Unterstützung der Außenminister, jedoch ohne vorgelagerte, kontinuierlich zusammentretende Beamtengruppe geführt.

 

Nach der Eröffnung fanden unter italienischer Ratspräsidentschaft im Jahr 2003 fünf Sitzungen der Außenminister (13. Oktober, 27. Oktober, 18. November, 28./29. November und 9. Dezember) sowie zwei Tagungen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs statt (16./17. Oktober und 12./13. Oktober). Lediglich zwei Mal (23. Oktober und 20./21. November) wurden zur Vorbereitung bzw. Vertiefung der Verhandlungen auf politischer Ebene auch Sitzungen der von den Mitgliedstaaten als „Focal Points“ nominierten Beamten einberufen. Parallel zu den politischen Verhandlungen tagte eine Arbeitsgruppe von Rechtsexperten, die den gesamten Konvententwurf aus juristischer Perspektive überprüfte, wobei vom Konventtext nur dann abgewichen wurde, wenn keine Delegation einen Einwand erhob. Diese Rechtsexpertengruppe legte eine juristisch bereinigte Fassung des Konvententwurfs sowie technisch adaptierte Fassungen der sonstigen, dem Verfassungsvertrag anzuschließenden Akte des Primärrechts (Protokolle zum EG- Vertrag und zum EU-Vertrag, Beitrittsverträge und deren Protokolle sowie Erklärungen) vor.

 

Allgemein akzeptierter Ausgangspunkt der Regierungskonferenz war, dass die Grundstruktur des Konventvorschlags nicht in Frage gestellt und die Verhandlungen der Regierungskonferenz auf eine begrenzte Zahl von Themen konzentriert werden sollten. Dessen ungeachtet konnten alle von einzelnen Delegationen als nicht zufrieden stellend gelöst erachteten Bestimmungen des Konvententwurfes bei der Regierungskonferenz zur Diskussion gestellt werden.

 

Die italienische Ratspräsidentschaft legte im Laufe des Herbstes 2003 mehrmals überarbeite Textentwürfe zu den Themen Ministerratsformationen, Vorsitz in den Ministerratsformationen, Außenminister der Union, strukturierte und engere Zusammenarbeit im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zu einer Reihe von Einzelbestimmungen des Teils III des Verfassungsvertrags über die Politiken der Union vor. Dem Außenministertreffen am 28./29. November 2003 in Neapel unterbreitete die italienische Präsidentschaft ein Kompromisspaket („Neapel- Paket“), auf dessen Basis man bereits in vielen dieser Punkte einem Konsens nahe kam. In nochmals überarbeiteter Fassung („Neapel II-Paket“) dienten diese Vorschläge als Grundlage für die – ursprünglich als abschließend vorgesehenen - Beratungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 12./13. Dezember. Zu den höchst kontroversiellen Fragen der Zusammensetzung der Europäischen Kommission und der Definition der qualifizierten Mehrheit unterließ es die italienische Präsidentschaft allerdings bis zuletzt, konkrete Kompromissvorschläge zu unterbreiten.

 

Beim Europäischen Rat in Brüssel am 12./13. Dezember gelang es schließlich nicht, die geplante endgültige Einigung über den Verfassungsvertrag zu erzielen. Vor allem in der Frage der Definition der qualifizierten Mehrheit (Beibehaltung der Stimmgewichtung entsprechend dem Vertrag von Nizza oder Einführung eines Systems der doppelten Mehrheit entsprechend dem Konventvorschlag) konnte kein Kompromiss gefunden werden. Während insbesondere Deutschland und Frankreich auf der doppelten Mehrheit beharrten, waren Polen und Spanien nicht bereit, von der in Nizza vereinbarten Stimmgewichtung abzugehen.

 

Beim Europäischen Rat von Brüssel wurde daher eine Unterbrechung der Regierungskonferenz beschlossen und die irische Ratspräsidentschaft des ersten Halbjahrs 2004 aufgefordert, in informellen Konsultationen die Möglichkeiten für einen erfolgreichen Abschluss der Regierungskonferenz zu sondieren. Erst nach den spanischen Parlamentswahlen am 14. März 2004 ergaben sich erneut realistische Aussichten, die Pattsituation in den Verhandlungen zu überwinden. Von allen Teilnehmern der Regierungskonferenz wurde akzeptiert, dass von der Nizza- Stimmgewichtung abgegangen und die qualifizierte Mehrheit als eine doppelte Mehrheit von noch näher zu bestimmenden Prozentsätzen von Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten definiert wird.

 

Dies ermöglichte es, dass die irische Ratspräsidentschaft beim Europäischen Rat am 26. März 2004 aufgefordert werden konnte, die formellen Verhandlungen der Regierungskonferenz so bald wie möglich wieder aufzunehmen mit dem Ziel, spätestens im Rahmen der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2004 eine Einigung über den Verfassungsvertrag zu erreichen. Ausgangsbasis für die Fortsetzung der Verhandlungen waren der Konvententwurf in der von den Rechtsexperten bearbeiteten Fassung und das „Neapel II-Paket“ vom Dezember 2003.

 

Am 4. Mai 2004 fand ein letztesTreffen auf „Focal Point-Ebene“ statt, bei dem abgeklärt wurde, inwieweit das „Neapel II-Paket“ einer nochmaligen Überarbeitung bedurfte. In der Folge tagte die Regierungskonferenz noch drei Mal auf Außenministerebene (17./18. Mai 2004, 24. Mai 2004 und 14./15. Juni 2004). Im Zuge dieser Tagungen legte die irische Ratspräsidentschaft überarbeitete Fassungen des „Neapel II-Pakets“ sowie erste Kompromissvorschläge zu den offen gebliebenen institutionellen Fragen vor. Auf diese Weise konnte für die Tagung der Staats- und Regierungschefs am 17./18. Juni 2004 ein Kompromisspaket mit einer umfangreichen „geschlossenen Liste“ von bereits außer Streit gestellten Vorschlägen und einer relativ kurzen „offenen Liste“ von Vorschlägen, die der abschließenden Klärung auf höchster Ebene bedurften, vorgelegt werden.

 

Zu den letzten offenen Fragen zählten insbesondere die Einzelheiten der Definition der qualifizierten Mehrheit als einer doppelten Mehrheit von Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten, die Zusammensetzung der Kommission, die Parameter für die Zusammensetzung des Europäische Parlament, die Ausdehnung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen auf einzelne sensible Politikbereiche und Finanzbestimmungen der Union sowie gewisse Verfahrensregelungen im Rahmen der Wirtschafts- und Währungspolitik. Auf Grund der Vorarbeiten der irischen Ratspräsidentschaft gelang es den Staats- und Regierungschefs, sich am 18. Juni 2004 auf eine alle Delegationen zufrieden stellende Paketlösung zu einigen.

 

Grundlage für die österreichische Verhandlungsposition in der Regierungskonferenz war die „Österreichische Grundsatzposition für die Regierungskonferenz“, die nach einem breiten Begutachtungsverfahren am 23. September 2003 vom Ministerrat beschlossen und vom Hauptausschuss des Nationalrates am 30. September 2003 begrüßt wurde. Auf dieser Basis erteilte der Bundespräsident dem Bundeskanzler und der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten das Verhandlungsmandat für die Regierungskonferenz.

 

Österreich begrüßte den größten Teil der Konventvorschläge, war aber der Auffassung, dass die Vorschläge zur institutionellen Reform noch einer Überarbeitung bedürften, damit das institutionelle Gleichgewicht und die Balance zwischen den Prinzipien der Gleichheit der Mitgliedstaaten und der Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger zufrieden stellend gewahrt bleiben. Zudem sollten Bemühungen um die Verbesserung von einzelnen konkreten Bestimmungen zu den Politikbereichen in Teil III des Verfassungsvertrages unternommen und eine Perspektive für die Reform des Euratom-Vertrages eröffnet werden.

 

Aus österreichischer Sicht konnte in der Regierungskonferenz ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis erzielt werden, das sowohl die wesentlichen Errungenschaften des Konvententwurfs unangetastet lässt als auch eine Reihe von Verbesserungen enthält, die der österreichischen Verhandlungsposition entsprechen. Die folgenden Ausführungen dieser Erläuterungen zielen darauf ab, dies im Einzelnen darzulegen.

 

Die Genese des neuen Verfassungsvertrages der Europäischen Union zeigt, dass – entgegen vielfach laut gewordener Kritik - die Verknüpfung von Konventmethode und Regierungskonferenz erlaubt, innovative Schritte im europäischen Integrationsprozess zu setzen. Diese innovativen Schritte basieren auf dem Grundkonsens, dass die EU weder ein Bundesstaat noch ein Staatenbund ist, sondern sich als ein Gebilde „sui generis“ weiterentwickeln soll. Die Europäische Union bleibt sowohl eine Union der Staaten als auch der Bürgerinnen und Bürger. Beide Legitimationsstränge kommen in der Entstehungsgeschichte und im Text des Verfassungsvertrags zum Ausdruck.

 

 

II. Die neue Architektur der Europäischen Union

 

Der Europäische Konvent und die nachfolgende Regierungskonferenz haben mit dem nun vorliegenden Verfassungsvertrag die bisherige Architektur der Europäischen Union in rechtlicher und institutioneller Hinsicht neu geordnet.

 

Die wichtigsten Charakteristika des Verfassungsvertrags sind:

 

-       Die durch den Verfassungsvertrag neu konstituierte Europäische Union erhält eine eigene, alle Politiken umspannende einheitliche Rechtspersönlichkeit und tritt die Rechtsnachfolge der Europäischen Gemeinschaft und der bisherigen Europäischen Union an.

-       Die mit dem EU-Vertrag 1993 eingeführte Säulenstruktur wird abgeschafft. Die verschiedenen bisherigen Gemeinschaftspolitiken, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie die polizeiliche Kooperation und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen werden in einem einheitlichen rechtlichen und institutionellen Gefüge zusammengeführt. In einzelnen Punkten bleiben jedoch gewisse Unterschiede hinsichtlich der Handlungsformen und der Verfahren zur Erlassung von Maßnahmen in den verschiedenen Politikbereichen aufrecht. Sämtliche Übereinkünfte der Europäischen Union mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen werden nach einem einheitlichen Verfahren ausgehandelt und abgeschlossen.

 

Als logische Folge der Abschaffung der Säulen werden die bisherigen Gründungsverträge vereinfacht und neu geordnet. Der EG-Vertrag und der EU-Vertrag werden formell aufgehoben und ihre Bestimmungen werden in einem einzigen Vertragstext zusammengefasst. Um die allgemeinen und institutionellen Grundsatzbestimmungen sowie die Charta der Grundrechte gegenüber den Detailbestimmungen zu den Organen und Politiken sowie den Schlussbestimmungen sichtbar hervorzuheben, wird der Vertrag über eine Verfassung für Europa in vier Teile gegliedert.

 

-       Bedingung und Voraussetzung für diese Neuordnung der Verträge sind die in den diversen Schluss- und Übergangsbestimmungen gefundenen Lösungen für die Neugründung der Europäischen Union, die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität.

-       Der Euratom-Vertrag bleibt als selbständiger Vertrag mit eigener Rechtspersönlichkeit erhalten. In einem Protokoll zum Verfassungsvertrag werden lediglich die im Hinblick auf den mit der Union gemeinsamen Haushalt und die gemeinsamen Organe unumgänglichen technischen Anpassungen vorgenommen.

 

Aus Gründen der Vereinfachung, Transparenz und Effizienz hat Österreich diese Neuordnung des Vertragswerkes inhaltlich voll mitgetragen. Aus österreichischer Sicht bleibt dabei aber ein wesentliches Manko, dass sich eine substantielle Reform des Euratom-Vertrages trotz nachdrücklicher Bemühungen vorerst nicht als konsensfähig erwies. Dennoch gelang es Österreich, die Perspektive einer umfassenden Reform des Euratom-Vertrages offen zu halten. In einer gemeinsamen Erklärung von Österreich, Deutschland, Irland, Schweden und Ungarn zur Schlussakte des Verfassungsvertrags wird am Ziel einer ehestmöglichen Einberufung einer Euratom-Revisionskonferenz festgehalten.

 

Den vier Teilen des Verfassungsvertrages ist eine Präambel vorangestellt.

 

Teil I enthält u.a. Bestimmungen über die Gründung, Ziele, Werte und Symbole der Union, Grundrechte und Unionsbürgerschaft, die Rechtspersönlichkeit, den Vorrang des Unionsrechts, die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Organe und Einrichtungen, die Rechtsakte und Rechtssetzungsverfahren für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union, das demokratische Leben der Union, die Finanzen und die Zugehörigkeit zur Union einschließlich der Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union sowie eine Bestimmung über den freiwilligen Austritt aus der Union.

Teil II enthält die – mit einigen Ergänzungen insbesondere in den „horizontalen“ Schlussbestimmungen versehene – Charta der Grundrechte der Union.

Teil III ist der umfangreichste Teil des Verfassungsvertrags. Er enthält die Bestimmungen über die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union. In weiten Teilen werden hier die Rechtsgrundlagen der geltenden Verträge übernommen. Die umfassendsten Neuerungen werden bei den Bestimmungen vorgenommen, die bislang (im EUV) die zweite und dritte Säule der EU regelten.

Teil IV enthält u. a. Bestimmungen über die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität im Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft und zur Europäischen Union, Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe, die Bestimmungen über das In-Kraft-Treten, die Geltungsdauer sowie über das Verfahren bei künftigen Änderungen des Verfassungsvertrags.

Dem Verfassungsvertrag sind ferner 36 Protokolle und 50 Erklärungen, die gemäß Art. IV-442 Bestandteil des Vertrags sind, und Erklärungen beigefügt. Diese sind teilweise neu, zumeist aber an den Verfassungsvertrag angepasste Protokolle und Erklärungen zum EGV und zum EUV und deren Änderungsakten.

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt auf unbegrenzte Zeit und bedarf zum In-Kraft-Treten der Ratifikation durch alle Vertragsparteien gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

 

III. Werte, Ziele und Grundsätze der Union

 

1) Werte

Die Werte, auf die sich die Union gründet, werden in Art. I-2 des Verfassungsvertrages ausdrücklich verankert: die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten „in einer Gesellschaft gemeinsam“, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.

 

Im Vergleich zum Konvententwurf sind in diese Bestimmung die Werte Minderheitenrechte, Nichtdiskriminierung sowie Gleichheit von Frauen und Männern zusätzlich aufgenommen worden. Aus österreichischer Sicht ist dies eine klare Verbesserung. Zusätzlich ist in Art. III-116 vorgesehen, dass die Union bei allen in diesem Teil genannten Maßnahmen darauf hinwirkt, Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern. Außerdem wird der Schlussakte eine Erklärung beigefügt, gemäß der jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen ist und die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen sollten, um diesbezügliche Straftaten zu verhindern, unter Strafe zu stellen sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen.

 

Die Aufnahme eines ausdrücklichen „Gottesbezuges“ in die Präambel des Verfassungsvertrags erwies sich in der Regierungskonferenz als nicht konsensfähig. Allerdings wird in der Präambel auf das „religiöse und humanistische Erbe Europas“ verwiesen.

Die dem Vertrag von Amsterdam angefügte Erklärung Nr. 11 zum Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften wird dem Vorschlag des Konvents folgend in Art. I-52 Abs. 1 zu einer Bestimmung des Verfassungsvertrags erhoben. Demgemäß achtet die EU den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.

Ergänzt wird dies durch die Bestimmung des Art. I-52 Abs. 3, wonach die Union in Anerkennung der Identität und des besonderen Beitrags dieser Kirchen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen pflegt. Diese Bestimmungen wurden im Verlauf der Regierungskonferenz nicht geändert.

 

2) Ziele

Als Ziele, welche die Union mit geeigneten Mitteln entsprechend den ihr zugewiesenen Zuständigkeiten zu verfolgen hat, werden in Art. I-3 definiert:

 

-       Förderung des Friedens, der Werte der Union und des Wohlergehens ihrer Völker (Abs. 1).

 

-       ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und ein Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb (Abs. 2).

 

-       die nachhaltige Entwicklung Europas, auf der Grundlage eines ausgewogenen Wirtschaftswachstums und der Preisstabilität, eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und sozialen  Fortschritt abzielt, ein hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität; sowie die Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts (Abs. 3, 1. UAbs.).

 

-       Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und von Diskriminierungen sowie Förderung von sozialer Gerechtigkeit und sozialem Schutz, Gleichstellung von Frauen und Männern, Solidarität zwischen den Generationen und Schutz der Rechte des Kindes (Abs. 3, 2. UAbs.).

 

-       Förderung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten (Abs. 3, 3. UAbs.).

 

-       Wahrung des Reichtums der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union und Schutz und Entwicklung des kulturellen Erbes Europas (Abs. 3, 4. UAbs.).

 

-       In ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und Interessen. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, weltweiter nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den Völkern, freiem und gerechtem Handel, Beseitigung der Armut und Schutz der Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen (Abs. 4).

 

IV. Die Grundsätze und das Kompetenzsystem der Union

Entsprechend einem Auftrag des Europäischen Rates von Laeken, dem Österreich besondere Priorität zugemessen hat, wird eine bessere Aufteilung und Festlegung der Zuständigkeiten in der EU vorgenommen.

 

1) Grundsätze

Bei der Verfolgung der Ziele der Union und bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten gelten nachstehende Grundsätze:

-       Der Vorrang des Verfassungsvertrags und des Unionsrechts, das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzt wird, gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten wird ausdrücklich festgelegt (Art. I-6). In einer Erklärung zu diesem Artikel wird festgehalten, dass diese Bestimmung die bestehende Judikatur des EuGH reflektiert.

-       Die Mitgliedstaaten sind (weiterhin) „Herren des Vertrags über eine Verfassung für Europa“ und übertragen der Union Zuständigkeiten zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele (Art. I-1).

-       Die Union hat die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor dem Verfassungsvertrag zu achten (Art. I-5 Abs.1).

-       Die Union hat die nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Ebenso zu achten hat sie die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit (Art. I-5 Abs. 1).

-       Nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen die Union und die Mitgliedstaaten einander gegenseitig bei der Erfüllung der Aufgaben, die sich aus dem Verfassungsvertrag ergeben (Art. I-5 Abs. 2).

-       Die der Union übertragenen Kompetenzen sind konkret aufgezählt (Art. I-12 bis I-18). Gemäß dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der Grenzen der ihr zugewiesenen Zuständigkeiten tätig. Alle der Union nicht im Verfassungsvertrag ausdrücklich zugewiesenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten (Art. I-11 Abs. 2).

-       Die Union hat die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten zu achten (Art. I-11 Abs. 3 und 4). Der Verfassungsvertrag enthält neue Mechanismen zur Kontrolle der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (siehe unten Kapitel VII. Punkt 1).

-       Der Verfassungsvertrag berücksichtigt in der Definition des Subsidiaritätsprinzips (Art. I-11 Abs. 3) und im Protokoll über dessen Anwendung ausdrücklich, dass einzelne Mitgliedstaaten eine Reihe ihrer Zuständigkeiten den Regionen und Kommunen übertragen haben.

 

In der Regierungskonferenz wurden der Grundsatz der Gleichheit der Mitgliedstaaten und die Erklärung zum Vorrang des Unionsrechtes ergänzt. Die weiteren Grundsätze wurden entsprechend dem Entwurf des Konvents in den Verfassungsvertrag übernommen.

 

2) Kompetenzkategorien

In Art. I-12 bis I-18 werden die Arten der Zuständigkeiten der Union definiert und die diesen jeweils zugeordneten Politikbereiche genannt:

-       Ausschließliche Zuständigkeiten der Union (Art. I-12 Abs. 1 und Art. I-13), bei denen die Mitgliedstaaten nur noch über ausdrückliche Ermächtigung der Union, oder um Rechtakte der Union umzusetzen, tätig werden dürfen. Die darunter fallenden Bereiche werden taxativ aufgezählt:

                  -            für das Funktionieren des Binnenmarkts nötige Wettbewerbsregeln,

                  - Zollunion,

                  - gemeinsame Handelspolitik,

                  - Währungspolitik für Euro-Staaten,

                  -            Bewahrung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik.

                  - Ebenso wird die Rechtsprechung des EuGH zum Abschluss internationaler Abkommen kodifiziert („wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder wenn er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“).

 

-       Geteilte Zuständigkeiten (Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14): Diese umfassen alle der Union in Teil I oder Teil III zugewiesenen Zuständigkeiten, die nicht ausdrücklich als ausschließliche oder  ergänzende Kompetenzen genannt sind. In einer demonstrativen Liste werden die Hauptpolitikbereiche genannt:

                  -           Binnenmarkt,

                  - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

                  -           Landwirtschaft und Fischerei (ausgenommen Erhaltung der biologischen Meeresschätze),

                  -           Verkehr und Transeuropäische Netze,

                  -           Energie,

                  - in Teil III genannte Aspekte der Sozialpolitik,

                  -           wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt,

                  -           Umwelt,

                  -           Verbraucherschutz,

                  -           gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich des Gesundheitswesens.

 

Den Mitgliedstaaten verbleibt in diesen Bereichen ihre Zuständigkeit, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt oder entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben.

In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung, Raumfahrt, Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe hindert die Wahrnehmung der geteilten Zuständigkeit durch die Union die Mitgliedstaaten nicht, ihre Zuständigkeit weiter auszuüben.

 

-        Unterstützende, koordinierende und ergänzende Maßnahmen (Art. I-12 Abs. 5 und Art. I-17): In den unter diese Zuständigkeitsart fallenden, taxativ aufgezählten Politikbereichen sind nur solche rechtsverbindliche Akte zulässig, die keine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten: Industrie, Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit, allgemeine und berufliche Bildung, Jugend, Sport, Kultur, Tourismus und Zivilschutz.

Gesondert geregelt werden noch zwei spezifische Zuständigkeiten der Union:

-       Maßnahmen zur Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten durch die Union und Unionsinitiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten (Art. I-15).

-       die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik (Art. I-16).

 

Weiters übernimmt eine Flexibilitätsklausel (Art. I-18) die bisherige Kompetenzabrundungsbestimmung des Art. 308 EGV in adaptierter Form: Die Union kann im Rahmen der in Teil III des Verfassungsvertrags festgelegten Politikbereiche auch dann tätig werden, wenn dies notwendig ist, um eines der Ziele des Verfassungsvertrags zu erreichen, und die dazu erforderlichen konkreten Handlungsbefugnisse im Vertrag nicht vorgesehen sind. Eine Rechtsharmonisierung in Bereichen, in denen dies vom Vertrag über eine Verfassung für Europa ausgeschlossen wird, darf damit jedoch nicht bewirkt werden. Das Einstimmigkeitserfordernis im Ministerrat bei der Anwendung dieser Klausel bleibt erhalten, das Europäische Parlament erhält das Zustimmungsrecht. Für einige häufige Anwendungsbereiche der bisherigen Kompetenz- Abrundungsbestimmung werden zudem spezifische neue Rechtsgrundlagen in Teil III des Verfassungsvertrags eingeführt. Dies gilt u.a. für die Koordination der sozialen Sicherheitssysteme von Selbständigen (Art. III-136) und den einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums (Art. III-176).

 

V. Grundrechte

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (einschließlich Präambel) wurde in ihrer Gesamtheit als Teil II im Verfassungsvertrag verankert. Damit wird die Charta, die sowohl die „klassischen“ bürgerlichen und politischen Rechte als auch soziale Rechte und Grundsätze enthält, rechtlich verbindlich.

 

Die Charta der Grundrechte wurde dabei im Wesentlichen unverändert in der vom Grundrechte-Konvent (im Jahr 2000) beschlossenen Form aufgenommen. Es wurden jedoch einige Ergänzungen zu den „horizontalen“ Schlussbestimmungen aufgenommen, die unter anderem sicherstellen sollen, dass der Anwendungsbereich der Charta auf die Anwendung und Durchführung von Unionsrecht beschränkt bleibt und die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten nicht berührt wird.

 

Außerdem wurde – einem beharrlichen britischen Wunsch entgegenkommend - vorgesehen, dass die Erläuterungen zur Charta, die unter der Leitung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta (im Jahr 2000) formuliert und unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents zur Zukunft Europas (im Jahr 2003) aktualisiert wurden, bei der Auslegung der Charta berücksichtigt werden: So enthält ein neuer Absatz in den Schlussbestimmungen die Verpflichtung für die Gerichte der Union und der Mitgliedstaaten, die Erläuterungen gebührend zu berücksichtigen; in die Präambel des Teil II des Verfassungsvertrags wurde ebenfalls ein Verweis auf die Erläuterungen aufgenommen. Zudem wird der Text der Erläuterungen der Schlussakte beigefügt.

Die Erläuterungen, die insbesondere auch Hinweise auf die Herkunft der einzelnen Chartabestimmungen, ihr Verhältnis zu anderen Bestimmungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa und die geltende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs enthalten, müssen damit bei der Interpretation der Charta hergezogen werden.

Wenngleich Österreich den diesbezüglichen britischen Wünschen bis zum Ende der Regierungskonferenz skeptisch gegenüberstand, da die Erläuterungen weder vom Grundrechte- noch vom Europäischen Konvent zur Zukunft Europas diskutiert wurden, konnte die Bezugnahme auf die Erläuterungen in Art. II-112 Abs. 7 im Lichte des Gesamtpaketes akzeptiert werden. Für Österreich war entscheidend, dass die Charta zu einem rechtsverbindlichen Bestandteil des Vertrags über eine Verfassung für Europa wird.

 

In Teil I des Verfassungsvertrags wurde eine Bestimmung aufgenommen (Art. I-9 Abs. 2), wonach die Union der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten beitritt. Auch dabei wird klargestellt, dass der Beitritt zu dieser Konvention die im Verfassungsvertrag festgelegten Zuständigkeiten der Union nicht ändert. Mit einem Protokoll zu Art. I-9 Abs. 2 und einer der Schlussakte beigefügten Erklärung soll sichergestellt werden, dass der Beitritt der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention unter Bedingungen erfolgt, die den besonderen Merkmalen der Union und des Unionsrechts Rechnung tragen. Mit diesem Protokoll zu Art. I-9 Abs. 2 soll unter anderem auch die Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit des EuGH für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung des Verfassungsvertrags gemäß Art. III-375 Abs. 2 sichergestellt werden.

 

Die verbindliche Verankerung der Charta der Grundrechte sowie die Rechtsgrundlage für einen Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention entsprechen langjährigen österreichischen Forderungen und werden daher besonders begrüßt.

 

VI. Institutionenreform

 

1) Das Europäische Parlament

Das Europäische Parlament ist das in allgemeinen, freien und geheimen Wahlen - jeweils für eine Amtsperiode von fünf Jahren - direkt gewählte Vertretungsorgan der Bürgerinnen und Bürger der Union.

 

Das Europäische Parlament übt gemeinsam mit dem Ministerrat die Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse aus, erfüllt bestimmte Kontroll- und Beratungsfunktionen und wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission.

 

Durch den Verfassungsvertrag werden die Befugnisse des Europäische Parlament v.a. auf folgende

Weise ausgedehnt bzw. gestärkt:

 

-        Ausdehnung des Mitentscheidungsrechtes des Europäische Parlament im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf weitere Politikbereiche: v. a. Gemeinsame Agrarpolitik, Justiz und Inneres ("Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes") und Handelspolitik.

 

-       Kommt die Kommission einer Aufforderung des Europäischen Parlaments zur Vorlage eines Vorschlages für einen Rechtsakt nicht nach, so muss sie dies begründen.

 

-       Erweiterung der Entscheidungsrechte des Europäische Parlament bei der Festlegung der Finanzen der Union (Zustimmungsrecht beim mehrjährigen Finanzrahmen, genuines Mitentscheidungsrecht und eingeschränktes 'letztes Wort' im gesamten jährlichen Haushaltsverfahren).

 

-        Zustimmungsrecht beim Abschluss internationaler Übereinkommen in Bereichen, die dem Gesetzgebungsverfahren unterliegen.

-       Wahl des unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Europäischen Parlaments-Wahlen vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Präsidenten der Europäischen Kommission (anstelle der bisherigen Zustimmung zur Ernennung durch die Staats- und Regierungschefs).

 

Für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments gibt der Verfassungsvertrag folgende Parameter vor, auf die man sich in der Schlussphase der Regierungskonferenz unter gewissen Abänderungen des Konvententwurfes einigte:

 

-       das Prinzip der (im Verhältnis zur Bevölkerungsstärke der einzelnen Mitgliedstaaten) degressiv proportionalen Vertretung der Bürgerinnen und Bürger.

-       die maximale Gesamtanzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten beträgt 750.

-       die maximale Anzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten eines Mitgliedstaates  beträgt 96.

-       die Mindestanzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten eines Mitgliedstaates beträgt sechs (Erhöhung gegenüber vier im Konventvorschlag; Malta verfügt entsprechend der Beitrittsakte derzeit nur über fünf Sitze).

 

Die genaue Sitzaufteilung zwischen den Mitgliedstaaten wird in einem Protokoll zum Verfassungsvertrag für die bereits angelaufene Legislaturperiode 2004 – 2009 vorgegeben. Für diesen Zeitraum bleibt in der EU-25 die in den Beitrittsakten mit  den zehn neuen Mitgliedstaaten festgelegte Sitzaufteilung unverändert. Treten Bulgarien und Rumänien in diesem Zeitraum der Union bei, so erhöht sich die Gesamtzahl der Europäischen Parlaments-Sitze entsprechend einer Erklärung zum genannten Protokoll vorübergehend auf 785.

 

Die Sitzaufteilung ab 2009 wird in einem - rechtzeitig vor den nächsten EP-Wahlen – auf Vorschlag des Europäischen Parlaments einstimmig anzunehmenden Beschluss des Europäischen Rates zu regeln sein. Die Sitzaufteilung muss dabei unter Wahrung der obgenannten Parameter erfolgen.

 

Die Erhöhung der demokratischen Legitimität der Entscheidungsprozesse in der EU durch eine Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments entspricht einem vorrangigen österreichischen Anliegen. Darüber hinaus hat Österreich besonderen Wert darauf gelegt, dass hinsichtlich der Aufteilung der Europäischen Parlaments-Sitze das Prinzip der degressiven Proportionalität beibehalten wird.

 

2) Der Europäische Rat und der Präsident des Europäischen Rates

Der Europäische Rat wird mit dem Verfassungsvertrag erstmals formal zu einem Organ der Union (Art. I-19). Die Detailbestimmungen zu diesem Organ sind daher überwiegend neu.

 

Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, seinem gewählten Präsidenten und dem Präsidenten der Kommission zusammen (Art. I-21). Ferner wird der Außenminister der Union in die Arbeit des Europäischen Rates eingebunden. Entsprechend der Tagesordnung kann vorgesehen werden, dass sich die Mitglieder des Europäischen Rates durch einen Minister – im Falle des Kommissionspräsidenten durch einen Kommissar – unterstützen lassen. Technische Unterstützung erhält der Europäische Rat durch das Generalsekretariat des Rates.

 

Der Europäische Rat tagt vierteljährlich, wobei sein Präsident erforderlichenfalls zusätzliche Tagungen einberufen kann (Art. I-21)

 

Wie bereits im EUV vorgesehen, gibt der Europäische Rat der Union auch weiterhin die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und definiert ihre allgemeinen politischen Ziele und Prioritäten. Neu ist allerdings, dass er zu diesem Zweck in den im Verfassungsvertrag vorgesehenen Fällen auch bindende Rechtsakte in der Form Europäischer Beschlüsse erlassen kann (Art. I-35). Dabei darf er jedoch keine Gesetzgebungsfunktionen ausüben (Art. I-21).

Die bindenden Rechtsakte des Europäischen Rates unterliegen – wie Österreich nachdrücklich forderte – der Kontrolle des Europäischen Gerichtshofes, sofern sie nicht die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik betreffen (Art. III-365, Art. III-367, Art. III- 369, Art. III-376).

 

Der Präsident des Europäischen Rates:

Der Verfassungsvertrag regelt den Vorsitz im Europäischen Rat erstmals grundlegend anders als die Vorsitzführung in den Ministerratsformationen.

 

Der Präsident des Europäischen Rates wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit für zweieinhalb Jahre gewählt und kann ein weiteres Mal wiedergewählt werden (Art. I-22). Der Präsident darf kein einzelstaatliches Amt innehaben.

 

Dem Präsidenten fallen folgende Aufgaben zu (Art. I-22):

-       Er führt den Vorsitz im Europäischen Rat und leitet seine Beratungen. Er sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf Grundlage der Arbeiten des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für die angemessene Vorbereitung und Kontinuität der Beratungen. Dabei wirkt er darauf hin, dass Zusammenarbeit und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden. Zusammen mit dem Vorsitz im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ und der Kommission sichert er das Follow-Up der Tagungen des Europäischen Rates (Art. I-24 Abs. 2).

-       Er vertritt die Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf seiner Ebene – unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers der Union – nach außen.

-       Nach jeder Tagung des Europäischen Rates legt er dem Europäischen Parlament einen Bericht vor.

 

Österreich hat sich sowohl im Konvent als auch in der Regierungskonferenz zusammen mit gleichgesinnten Partnern nachdrücklich dafür eingesetzt, dass die Zuerkennung des Organstatus an den Europäischen Rat und die Schaffung eines gewählten Präsidenten nicht zu einer übermächtigen neuen Institution und einer nachhaltigen Verzerrung des institutionellen Gleichgewichts in der Union führt.

Schon in der Schlussphase des Konvents gelang dies vor allem durch die Einfügung folgender Kautelen: Keine Legislativfunktion für den Europäischen Rat, Vorbereitung und Follow-Up der Tagungen des Europäischen Rates in enger Abstimmung mit der Kommission sowie dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ bzw. deren Vorsitzenden, Beschränkung des Außenvertretungsanspruchs des Präsidenten auf den Bereich der Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik und die Ebene der Staats- und Regierungschefs unter Wahrung der Zuständigkeiten des Außenministers der Union. In der Regierungskonferenz konnte Österreich schließlich sicherstellen, dass bindende Europäische Beschlüsse des Europäischen Rates den Kontrollinstrumenten des Europäischen Gerichtshofes unterliegen – auch der Nichtigkeitsklage gemäß Art.III-365.

Außerdem wird in die Schlussakte der Regierungskonferenz eine Erklärung aufgenommen, wonach bei der Auswahl der Personen für die Ämter des Präsidenten des Europäischen Rates, des Präsidenten der Kommission und des Außenministers auf die geographische und demographische Vielfalt der Union entsprechend Rücksicht zu nehmen ist.

 

3) Der Ministerrat (Rat)

Der Rat übt zusammen mit dem Europäischen Parlament die Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse aus. Außerdem erfüllt er die ihm vom Verfassungsvertrag zugewiesenen Aufgaben der Politikfestlegung und der Koordinierung (Art. I-23).

 

Er besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf Ministerebene, der befugt ist, für seinen Mitgliedstaat verbindlich zu handeln (für Österreich kann dies weiterhin auch durch einen Vertreter der Bundesländer geschehen) und das Stimmrecht auszuüben. Falls nicht anders geregelt, entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit (Art. I-23).

 

Ausdrücklich festgelegt wird in, dass der Rat öffentlich tagt, wenn er über Gesetzgebungsvorschläge berät oder beschließt. Aus diesem Grund wird der Rat – in allen seinen Formationen – in zwei Teile geteilt: gesetzgeberische und nichtgesetzgeberische Beratungen (Art. I-24 Abs. 6 und Art. I-50).

 

Der Rat kann die Kommission auffordern Vorschläge für Rechtsakte zu unterbreiten. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, muss sie ihre Entscheidung hinkünftig begründen (Art. III-345).

 

Ratsformationen (Art. I-24):

Während im EGV vom Rat im Allgemeinen die Rede ist, nennt der Verfassungsvertrag zwei konkrete Ratsformationen:

 

-       Der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ trägt für die Kohärenz der Arbeiten der verschiedenen Ratsformationen Sorge und ist zusammen mit den Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission für Vorbereitung und Follow-Up zu den Tagungen des Europäischen Rates verantwortlich.

-       Der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ formuliert die Außenpolitik der Union auf der Basis strategischer Leitlinien des Europäischen Rates und gewährleistet die Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union.

 

Die Liste der übrigen Ratsformationen wird in einem mit qualifizierter Mehrheit zu verabschiedenden Beschluss des Europäischen Rates festgelegt.

 

Für die Vorbereitung der Arbeiten des Rates ist der Ausschuss der Ständigen Vertreter zuständig. Ferner wird der Rat vom Generalsekretariat unterstützt. Der Rat entscheidet über die Organisation des Generalsekretariats und über verfahrensrechtliche Bestimmungen mit einfacher Mehrheit (Art. III-344).

 

Die Euro-Gruppe und ihr für zweieinhalb Jahre zu wählender Vorsitzender werden in einem gesonderten Protokoll festgelegt.

 

Vorsitzführung in den Ratsformationen:

Die Vorsitzführung wird im Verfassungsvertrag selbst in Art. I-24 Abs. 7 festgelegt. Der Vorsitz wird von Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat auf der Basis gleichberechtigter Rotation ausgeübt. Das diesbezügliche System wird in einem vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmenden Beschluss festgelegt, für den die Regierungskonferenz einen Entwurf vorlegt, der am Tag des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags angenommen werden soll.

 

Eine Sonderregelung gibt es – abgesehen vom Europäischen Rat (siehe oben den Abschnitt über den Präsidenten des Europäischen Rates) – für den Rat Auswärtige Angelegenheiten, dem gemäß Art. I-28 Abs. 3 der Außenminister der Union vorsitzt.

 

Der genannte Entwurf eines Beschlusses über die Ausübung des Vorsitzes in den Ministerratsformationen sieht Folgendes vor:

 

-       Das Prinzip der gleichberechtigten Vorsitzrotation zwischen den Mitgliedsstaaten wird, ähnlich wie bisher, beibehalten. Vorgesehen ist eine Teampräsidentschaft von drei Mitgliedstaaten, wobei jeweils ein Mitgliedstaat sechs Monate lang den Vorsitz in allen Ratsformationen innehat, dabei aber im Rahmen eines gemeinsamen Programms Aufgaben an die beiden anderen Mitglieder der Teampräsidentschaft delegieren kann.

-       Die Teams werden auf der Grundlage einer gleichberechtigten Rotation unter den Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung der Vielfalt und der geographischen Ausgewogenheit innerhalb der Union zusammengestellt.

-       Der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter wird jeweils von dem Teammitglied ausgeübt, das dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ vorsitzt.

-       Der Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des Außenministers der Union ausgeübt.

-       Die Vorsitzführung in den einzelnen Ratsarbeitsgruppen obliegt demjenigen Teammitglied, das den Vorsitz in den jeweils korrespondierenden Ratsformationen ausübt, sofern in einem Durchführungsbeschluss zur Vorsitzregelung nicht anderes festgelegt wird.

-       Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Durchführungsbeschluss zu diesem Beschluss.

 

Das Verfahren zur Durchführung des obigen Beschlusses soll gemäß einer gemeinsamen Erklärung in der Schlussakte der Regierungskonferenz bereits nach Unterzeichnung des Verfassungsvertrags vom Europäischen Rat mit dem Ziel vorbereitet werden, innerhalb von sechs Monaten eine politische Einigung zu erzielen.

 

Die Regelungen zur Vorsitzführung in den Ministerratsformationen, die im Zuge der Regierungskonferenz grundlegend überarbeitet wurden, entsprechen durchgehend den folgenden österreichischen Anliegen:

-       Festigung der Koordinationsrolle des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“; Sicherstellung einer stabilen Vorsitzführung im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“.

-       Aufrechterhaltung der bestehenden Formationen des Rates (kein einheitlicher Legislativrat).

-       Gewährleistung der Öffentlichkeit, wenn die Ratsformationen als Gesetzgeber tätig werden.

-       Festschreibung des Grundsatzes, dass für die Vorsitzregelung das System gleichberechtigter Rotation unter den Mitgliedstaaten gilt;

-       Ermächtigung, die Details der Vorsitzregelung nötigenfalls zu einem späteren Zeitpunkt anders zu gestalten.

-       vorläufige Beibehaltung der bewährten sechsmonatigen, parallelen Rotation in allen Ratsformationen unter Stärkung der Kontinuität und Flexibilität durch die Bildung von Teams.

-       Sicherung der vertikalen Kohärenz durch korrespondierende Vorsitzführung im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ und im Ausschuss der Ständigen Vertreter, im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ und im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee sowie in den Fachräten und den diesen jeweils zugeordneten Ratsarbeitsgruppen.

 

4) Beschlussfassungsmodalitäten im Rat und im Europäischen Rat

Der Verfassungsvertrag sieht Folgendes vor:

-       Der Ministerrat (Rat) entscheidet in der Regel – d.h. sofern nicht im konkreten Fall etwas Anderes (also Einstimmigkeit) vorgesehen ist – mit qualifizierter Mehrheit.

-       Der Europäische Rat entscheidet in der Regel – d.h. sofern nicht im konkreten Fall etwas Anderes (also Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheit) vorgesehen ist – im Konsens. Beschlüsse im Konsens kommen dann zustande, wenn sich kein Mitglied des Europäischen Rates explizit gegen einen bestimmten Beschluss ausspricht. Bei Abstimmungen sind die Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission nicht stimmberechtigt (Art. I-25 Abs. 4).

 

Ist Einstimmigkeit in einem der beiden Organe erforderlich, so stehen Stimmenthaltungen anwesender oder vertretener Mitgliedern dem Zustandekommen von Beschlüssen nicht entgegen (Art. III-343 Abs. 3).

 

Gemäß einem dem Verfassungsvertrag beigefügten Protokoll gilt für das Zustandekommen von Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit bis zum 31.Oktober 2009 die „Nizza-Stimmgewichtung“. Die diesbezüglichen Stimmgewichte der einzelnen Mitgliedstaaten werden in ein Protokoll zum Verfassungsvertrag unverändert übernommen.

 

Ab 1. November 2009 wird das System der doppelten Mehrheit gelten. Die Festlegung der Schwellenwerte für die doppelte Mehrheit erwies sich als schwierigste Frage der Regierungskonferenz, da es für den diesbezüglichen Vorschlag des Konvents (Mehrheit der Mitgliedstaaten und mindestens 60% der Unionsbevölkerung) keinen Konsens gab. Erst bei der Abschlusstagung der Regierungskonferenz konnte man sich auf folgende Formel einigen:

 

-       Die qualifizierte Mehrheit ist dann gegeben, wenn 55% der Mitgliedstaaten, die mindestens 15 Mitgliedstaaten umfassen und mindestens 65% der Unionsbevölkerung repräsentieren, ihre Zustimmung zu einem Beschluss ausdrücken. Damit wurden die Schwellenwerte gegenüber dem Konventvorschlag erhöht, der relative Abstand zwischen den beiden Kriterien bleibt aber mit 10% unverändert. Der in der Regierungskonferenz zur Diskussion gestellte Vorschlag, Stimmenthaltungen bei der Kalkulation der qualifizierten Mehrheit nicht zu berücksichtigen, wurde zuletzt nicht aufgegriffen.

 

-       Eine Sperrminorität – die das Zustandekommen eines Beschlusses verhindert – muss dabei zumindest vier Mitgliedstaaten umfassen. Drei große Mitgliedstaaten können somit auch dann nicht allein einen Beschluss blockieren, wenn sie mehr als 35% der Unionsbevölkerung repräsentieren.

 

-       Erfolgt ein Beschluss nicht auf Grundlage eines Vorschlages der Kommission oder des Außenministers der Union, so ist für das Zustandekommen der qualifizierten Mehrheit ein erhöhtes Staatenquorum von 72% bei einem gleich bleibenden Bevölkerungsquorum von 65% erforderlich.

 

-       Außerdem wird bei Inkrafttreten des Verfassungsvertrags – einer beharrlichen Forderung Polens entgegenkommend – ein Ratsbeschluss angenommen werden, der beim Übergang zur doppelten Mehrheit ab 1. November 2009 einen dem „Ioannina-Kompromiss“ aus 1994 nachgebildeten Mechanismus vorsieht: Sprechen sich Mitgliedstaaten, die hinsichtlich einer der beiden Schwellen zumindest 75% der für die Sperrminorität erforderlichen Prozentsätze erreichen, gegen die Annahme eines Rechtsaktes durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit aus, wird der Rat versuchen, auf breiterer Basis eine zufrieden stellende Lösung zu finden. Dabei ist jedoch die Geschäftsordnung des Rates zu respektieren, d.h. eine Abstimmung kann nicht unbefristet aufgeschoben werden. Der „Ioannina-Mechanismus“ wird mindestens bis zum Jahr 2014 gelten und kann dann durch einen mit qualifizierter Mehrheit gefassten Ratsbeschluss aufgehoben werden.

 

Für die Beurteilung dieser Kompromissformel aus österreichischer Sicht ist maßgeblich, dass sowohl die Effizienz der Entscheidungsfindung in der Union erhöht, als auch die Machtbalance zwischen großen, mittleren und kleinen Mitgliedstaaten gewahrt bleibt. Trotz der Erhöhung der Schwellenwerte gegenüber dem Konventvorschlag ermöglicht es die vereinbarte Kompromissformel,

-       dass die Wahrscheinlichkeit der Annahme eines Beschlusses im Vergleich zur Nizza-Stimmgewichtung deutlich steigt,

-       ohne damit die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich eine Entscheidung beeinflussen kann, signifikant abzusenken.

Dazu kommt, dass die Effizienz der Entscheidungsfindung auch durch die Ausdehnung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen auf weitere Politikbereiche erhöht wird.

Für quasi-konstitutionelle Beschlüsse und in einigen besonders sensiblen Politikbereichen wird aber weiterhin am Einstimmigkeitserfordernis festgehalten.

 

5) Die Europäische Kommission (Kommission)

Der Verfassungsvertrag bekräftigt die Rolle der Kommission als Förderin der allgemeinen, europäischen Interessen der Union und Hüterin der Anwendung des Unionsrechtes (Art. I-26).

Die Kommission nimmt ihre Tätigkeiten in voller Unabhängigkeit wahr. Ihre Mitglieder dürfen keine Anweisungen von Regierungen oder anderen Stellen entgegennehmen (Art. I-26) und müssen sich jeglicher mit ihren Pflichten unvereinbarer Tätigkeiten enthalten (Art. III-347).

Die Kommission agiert als Kollegium (Art. I-26) und trifft ihre Entscheidungen mit der Mehrheit ihrer Mitglieder, wobei sie das Quorum in ihrer Geschäftsordnung festlegt (Art. III-351).

 

Das Initiativmonopol erstreckt sich - abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen wie dem EP-Direktwahlakt und dem EP-Abgeordnetenstatut - auf alle Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze und Rahmengesetze), den mehrjährigen Finanzrahmen (Art. I-55) und den Jahreshaushalt (Art. I-56 und Art. III-404). Nur für den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen bleibt ein paralleles Initiativrecht eines Viertels der Mitgliedstaaten bestehen.

Außerdem erhält die Kommission das Vorschlagsrecht für die auf den Abschluss interinstitutioneller Vereinbarungen ausgerichtete jährliche und mehrjährige Programmplanung der Union (Art. I-26).

Abänderungen eines Rechtsaktvorschlages der Kommission können vom Rat nur einstimmig beschlossen werden, sieht man von bestimmten fortgeschrittenen Verfahrensstufen im ordentlichen Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren ab.

 

Neben ihren Vorschlagsrechten obliegen der Kommission die Außenvertretung der Union mit Ausnahme der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die Ausführung des Haushaltsplanes, die Verwaltung der Programme sowie die ihr im Verfassungsvertrag übertragenen Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen (Art. I-26).

 

Zusammensetzung

Während der Vertrag von Nizza (in Art. 4 des Protokolls Nr. 10 zum EUV und EGV) vorsieht, dass eine „Verkleinerung“ der Kommission bereits ab der ersten Amtsperiode nach dem Beitritt des 27. Mitgliedstaates zur Union erfolgt (d.h. voraussichtlich ab 2009), schiebt der Verfassungsvertrag in Art. I-26 Abs. 5 diese „Verkleinerung“ um eine weitere Amtsperiode (d.h. voraussichtlich bis 2014) auf.

 

Bis 2014 - d. h. für die derzeitige Amtsperiode (1. November 2004 bis 31. Oktober 2009) sowie die darauf folgende (d.h. die erste unter Anwendung des Verfassungsvertrags nominierte Kommission) – wird das Prinzip beibehalten, dass sich die Europäische Kommission (einschließlich ihres Präsidenten und des Außenministers der Union) aus je einem Staatsangehörigen pro Mitgliedstaat zusammensetzt.

 

Danach wird die Zahl der Mitglieder der Kommission auf zwei Drittel der Anzahl der Mitgliedstaaten verkleinert, sofern der Europäische Rat nicht einstimmig eine Änderung dieser Zahl beschließt. Die Auswahl der Mitglieder der Kommission erfolgt dann auf der Grundlage eines Systems der gleichberechtigten Rotation, dessen genaue Modalitäten in einem vom Europäischen Rat einstimmig zu erlassenden Beschluss festzulegen sind. Bei diesen Modalitäten sind folgende aus dem Vertrag von Nizza übernommene Prinzipien zu beachten:

-       Die Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich behandelt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines voneinander abweichen.

-       Vorbehaltlich obigen Prinzips ist jedes der aufeinander folgenden Kollegien so zusammengesetzt, dass das demographische und geographische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union auf zufrieden stellende Weise zum Ausdruck kommt.

 

Darüber hinaus wurde auf Wunsch von Dänemark und Österreich in einer gemeinsamen Erklärung zu Art. I-26 festgehalten, dass die Kommission künftig eine besondere Verpflichtung zur Gewährleistung der Transparenz und der engen Verbindung mit jenen Mitgliedstaaten trifft, die in einem reduzierten Kollegium nicht vertreten sind. Dieser Verpflichtung soll durch „geeignete organisatorische Vorkehrungen“ entsprochen werden.

 

Verfahren zur Bestellung der Kommission und ihres Präsidenten:

Der Verfassungsvertrag hebt hervor, dass der Kommissionspräsident vom Europäischen Parlament gewählt (und nicht – wie im EGV – vom Europäischen Rat ernannt) wird.

 

Art. I-27 sieht vor, dass der Europäische Rat (mit qualifizierter Mehrheit) dem Europäischen Parlament einen Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission vorschlägt, wobei er das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament berücksichtigt. Dieser Kandidat wird vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt. Kommt die erforderliche Mehrheit nicht zustande, so muss der Europäische Rat dem Europäischen Parlament innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten vorschlagen, wobei die gleichen Verfahrenregeln zur Anwendung kommen.

 

Die übrigen Mitglieder der Kommission werden von den Mitgliedstaaten vorgeschlagen und vom Rat mit qualifizierter Mehrheit im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidenten ausgewählt, wobei folgende Kriterien zu berücksichtigen sind:

-       Kompetenz, Engagement für Europa und Gewähr für Unabhängigkeit der Kandidaten.

-       obgenanntes System der gleichberechtigten Rotation (ab der für 2014 vorgesehenen „Verkleinerung“ der Kommission).

 

Für die Bestellung des – der Kommission angehörenden – Außenministers der Union gelten Sonderregeln (siehe den Abschnitt zum Außenminister).

 

Das gesamte auf diese Weise designierte Kommissionskollegium (einschließlich seines Präsidenten und des Außenministers) hat sich sodann dem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlamentes zu stellen. Erhält das Kollegium die Mehrheit der im Europäischen Parlament abgegebenen Stimmen, wird die Kommission vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.

 

Das Europäische Parlament kann die gesamte Kommission durch ein Misstrauensvotum zum Rücktritt verpflichten, wenn dieses mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, die die Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlamentes ausmachen, angenommen wird.

 

Einzelne Mitglieder der Kommission müssen auf Verlangen des EK-Präsidenten zurücktreten.

 

Gemäß Art. I-27 Abs. 3 hat der EK-Präsident folgende – im Wesentlichen bereits in Art. 217 EGV dargelegte – Aufgaben:

 

-       Festlegung der Leitlinien für die Aufgabenerfüllung der Kommission.

-       Festlegung der internen Organisation der Kommission, wobei die Effizienz, Kohärenz und das Kollegialitätsprinzip zu wahren sind.

-       Ernennung der Vizepräsidenten – abgesehen vom Außenminister – aus dem Kreis des Kollegiums.

 

Die Bestimmungen über die Kommission stellen aus österreichischer Sicht eine ausgewogene Kompromisslösung dar, die sowohl im Vergleich zum Vertrag von Nizza als auch zum Konvententwurf substantielle Verbesserungen vorsieht:

 

-       Das Prinzip ein Kommissar pro Mitgliedstaat wird um eine volle Amtsperiode länger beibehalten als im Vertrag von Nizza und im Konvententwurf vorgesehen (bis 2014 statt bis 2009).

-       Die vom Konvent für die Zeit ab 2009 vorgeschlagene Zweiteilung der Kommissionsmitglieder in stimmberechtigte und nicht-stimmberechtigte, die eine ‚Zweiklassengesellschaft’ in der Kommission bedeutet hätte, wurde von der Regierungskonferenz verworfen und nicht in den Verfassungsvertrag übernommen.

-       Bei der „Verkleinerung“ der Kommission ab 2014 kommt das bereits im Vertrag von Nizza festgeschriebene Prinzip der gleichberechtigten Rotation mit drei neuen Verbesserungselementen zur Anwendung:

-       Die Zahl der Kommissionsmitglieder wird mit zwei Dritteln der Anzahl der Mitgliedstaaten festgesetzt.

-       Es besteht die Möglichkeit, dass diese Zahl im Lichte der Erfahrungen von zwei Amtsperioden einstimmig revidiert wird.

-       Für die Berücksichtigung der Anliegen von Mitgliedstaaten, die jeweils kein Kommissionsmitglied nominieren, sind gemäß einer Erklärung geeignete organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Die demokratische Legitimierung des Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament wird gestärkt (Wahl durch das Europäische Parlament statt Ernennung durch Europäischen Rat, Vorschlag des Europäischen Rats berücksichtigt das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament).

 

6) Der Außenminister der Union

Der Außenminister der Union wird die bisherigen Funktionen des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und des Kommissars für auswärtige Beziehungen in einer Person („Doppelhut“) vereinen.

Er ist Mitglied der Kommission, einer ihrer Vizepräsidenten, ständiger Vorsitzender des Rats für Auswärtige Angelegenheiten und soll für die Kohärenz des gesamten auswärtigen Handelns der Union sorgen. Die Delegationen der Union (in Drittstaaten und bei internationalen Organisationen) stehen unter seiner Leitung.

-       Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik) ist er dem Rat verantwortlich, unterbreitet Vorschläge zur Entwicklung dieser Politik und sorgt für deren Durchführung im Auftrag des Rates. In der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vertritt er die Union nach außen (gegenüber Drittstaaten und internationalen Organisationen) – soweit dies nicht dem Präsidenten des Europäischen Rates auf dessen Ebene obliegt – er empfiehlt dem Rat Verhandlungsmandate und führt Verhandlungen über internationale Abkommen.

-       In den übrigen Bereichen des auswärtigen Handelns, in denen er der Kommission zufallende Zuständigkeiten ausübt (Handelspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, wirtschaftliche, finanzielle und technische Kooperation mit Drittländern, humanitäre Hilfe) handelt er als – für die Koordination der Außenaspekte verantwortliches – Mitglied der Kommission und ist an deren kollegiale Verfahren gebunden, soweit sich dies mit seinen Verantwortlichkeiten im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vereinbaren lässt.

 

Der Außenminister der Union wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission ernannt und kann nach dem gleichen Verfahren – gegebenenfalls auch auf Verlangen des Kommissionspräsidenten – entlassen werden. Er hat sich gemeinsam mit dem Kommissionspräsidenten und den übrigen Mitgliedern der Kommission dem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments zu stellen.

 

Der Außenminister wird bei der Erfüllung seines Mandats von einem Europäischen Auswärtigen Dienst unterstützt, der sich aus Beamten der relevanten Einheiten von Ratssekretariat und Kommission sowie aus von den Mitgliedstaaten abgestellten Diplomaten zusammensetzt. Dieser Dienst wird durch einen Europäischen Beschluss des Rates, auf Vorschlag des Außenministers und nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und Zustimmung der Kommission eingerichtet. In einer Erklärung wird festgehalten, dass mit den Vorbereitungsarbeiten zur Einrichtung dieses Dienstes schon nach der Unterzeichnung des Verfassungsvertrags begonnen werden soll.

 

7) Der Europäische Gerichtshof und das Rechtsschutzsystem in der Union

Mit dem Verfassungsvertrag werden auch mehrere das Unionsorgan Europäischer Gerichtshof (EuGH) betreffende Änderungen und Verbesserungen an den Gründungsverträgen vorgenommen. Diese zählten im Konvent und in der Regierungskonferenz zu den am wenigsten umstrittenen institutionellen Fragen.

Neben der Bezeichnung des Organs – nunmehr „Gerichtshof der Europäischen Union“– werden auch die Bezeichnungen seiner Bestandteile geändert (das „Gericht erster Instanz“ wird zum „Gericht“, die beigeordneten „gerichtlichen Kammern“ zu „Fachgerichten“). Hinsichtlich der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem „Gerichtshof“ und dem „Gericht“ nimmt der Verfassungsvertrag keine Änderung gegenüber der Rechtslage des Vertrags von Nizza vor (Art. III-358 übernimmt den Wortlaut von Art. 225 EGV).

 

Die allgemeine Regelung über die Zuständigkeit des EuGH bleibt unverändert, er entscheidet

-       über Klagen eines Mitgliedstaats, eines Organs oder juristischer oder natürlicher Personen;

-       im Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die Auslegung des Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union;

-       sowie in allen anderen im Verfassungsvertrag vorgesehenen Fällen.

 

Der sachliche Zuständigkeitsbereich des Gerichtshofs hingegen wird infolge der Abschaffung der Säulenarchitektur der Europäischen Union ausgeweitet und erstreckt sich grundsätzlich auf alle Organe und Politikbereiche.

Die derzeit gemäß Art. 35 EUV und Art. 68 EGV bestehenden Ausnahmen, Abweichungen und geringfügigen Ergänzungen zu den Regelzuständigkeiten des EuGH im Bereich Justiz und Inneres werden weitgehend abgeschafft. Der EuGH wird in Hinkunft somit auch für sämtliche Klagen, Vorabentscheidungsverfahren und Gutachtenanträge im Bereich Justiz und Inneres zuständig sein. Von der Zuständigkeit des EuGH weiterhin ausgenommen (vgl. Art. 35 Abs. 5 EUV und Art. 68 Abs. 2 EGV) bleibt gemäß Art. III-377 in den Bereichen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.

 

Eine Bereichsausnahme gibt es nach wie vor für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Gemäß Art. III-376 fallen nicht in die Zuständigkeit des EuGH die Art. I-40 und I-41 sowie der Teil III Titel V Kapitel II (Art. III-294 bis III-313) und die GASP-relevanten Aspekte derjenigen Europäischen Beschlüsse, mit denen der Europäische Rat gemäß Art. III-293 die strategischen Interessen und Ziele des auswärtigen Handelns der Union festlegt. Für ausdrücklich zuständig erklärt wird der EuGH jedoch gemäß Art. III-376 Abs. 2 für die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Europäischen Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage des GASP-Kapitels erlassen hat (Art. III-322) sowie für die Kontrolle der Einhaltung der gegenseitigen

Rücksichtnahme zwischen der GASP und den internen Politikbereichen (‚Unberührtheitsklausel’ in Art. III-308).

 

Ein für Österreich besonders wichtiges rechtsstaatliches Anliegen im Zuge der Einrichtung des Europäischen Rates als Unionsorgan (Art. I-19 iVm Art. I-21) betrifft die Überprüfbarkeit der Handlungen des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten durch den EuGH, welche durch Art. III-365 Abs. 1 sichergestellt wird. Ferner wird die Zuständigkeit des EuGH für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten geschaffen. Auch die Unterlassungen des Europäischen Rates und der Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union werden nach Art. III-367 Abs. 1 anfechtbar.

 

Eine Errungenschaft des neuen Verfassungsvertrags stellt die Verbesserung des Rechtsschutzes Einzelner gegen Rechtsakte der Union dar. Diese Verbesserung wurde – basierend auf einer österreichischen Forderung – mittels einer Neuformulierung des Art. 230 EGV bezüglich der Klagemöglichkeit von Einzelpersonen erreicht.

 

In Zukunft kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.

 

Diese Formulierung bedeutet, dass die Klagebefugnis gegen generelle Rechtsakte in Bezug auf Rechtsakte mit Verordnungscharakter insofern ausgedehnt wird, als gegen diese auch dann vorgegangen werden kann, wenn nur unmittelbare und nicht auch individuelle Betroffenheit vorliegt. Dies stellt eine wesentliche Verbesserung des Rechtschutzes Einzelner dar, was Österreich ausdrücklich begrüßt.

 

Im Zusammenhang mit der Einführung eigener Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (siehe auch Kapitel VII) wird die Zuständigkeit des EuGH auf die in Art. 7 des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeits-Protokolls vorgesehenen Klagebefugnisse erweitert. Nach Inkrafttreten eines Rechtsaktes können die Mitgliedstaaten, sofern deren nationale Rechtsordnung dies vorsieht, auch im Namen ihres nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments, Klage wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips erheben. Dieses Recht erhält auch der Ausschuss der Regionen bei denjenigen Rechtakten, bei denen der Verfassungsvertrag eine Konsultation vorsieht.

 

Ferner wird das Ernennungsverfahren für die Richter und Generalanwälte am Gerichtshof sowie die Richter am „Gericht“ durch Einschaltung eines Ausschusses zur Prüfung der Eignung der Bewerber ergänzt, der eine Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für die Ausübung des betreffenden Amts abzugeben hat. Hinsichtlich der Verfahrensbestimmungen sowie der Satzung des Gerichtshofs werden punktuelle Änderungen vorgenommen.

8) Sonstige Organe und Einrichtungen der Union

Der Verfassungsvertrag regelt in Teil I, Titel IV, Kapitel II (Art. I-30 bis I-32), die „sonstigen Organe“ und Einrichtungen der Union“. Darunter versteht man konkret die Europäische Zentralbank, den Rechnungshof sowie die beratenden Einrichtungen Ausschuss der Regionen und Wirtschafts- und Sozialausschuss. Hinsichtlich Aufgaben und Zusammensetzung dieser Organe und Einrichtungen hat sich gegenüber dem Status Quo durch den Verfassungsvertrag nichts Substantielles geändert.

 

Die Europäische Zentralbank besitzt Rechtspersönlichkeit und ist gemeinsam mit den Zentralbanken der Mitgliedstaaten für die Währungspolitik der Union (genauer der Eurozone) zuständig. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des Euro zu genehmigen. Das vorrangige Ziel der Europäischen Zentralbank ist die Gewährleistung der Preisstabilität. Im Übrigen unterstützt die Europäische Zentralbank die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse unabhängig.

 

Der Europäische Rechnungshof ist für die Gebarungskontrolle der Union zuständig. Er prüft die Einnahmen und Ausgaben der Union sowie die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Ihm kommt – wie bereits bisher – Organeigenschaft zu.

 

Dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss wird ausdrücklich die Aufgabe der Beratung des europäischen Parlaments, des Rats und der Europäische Kommission übertragen. Der Ausschuss der Regionen setzt sich aus Vertretern regionaler und lokaler Gebietskörperschaften, die entweder ein Wahlamt innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind, zusammen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss besteht aus Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie anderen Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Mitglieder der Ausschüsse üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus.

 

VII. Demokratie und Bürgernähe

 

1) Die Rechte der nationalen Parlamente und die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit

Zwei Protokolle zum Verfassungsvertrag beinhalten eine Übernahme der Kernbestimmungen der Protokolle zum Amsterdamer Vertrag über die Anwendung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips (Protokoll Nr. 30 zum EGV) und über die Rolle der nationalen Parlamente (Protokoll Nr. 9 zu EUV und EGV) – in vereinfachter und verkürzter Form – und verbinden diese mit vom Konvent vorgeschlagenen neuen Elementen zur Einbeziehung der nationalen Parlamente einschließlich eines neuen Verfahrens zur Kontrolle der Anwendung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips.

 

Diese wesentlichen Neuerungen des Konvententwurfs, die die Rolle der nationalen Parlamente in der Union beträchtlich stärken, wurden im Zuge der Regierungskonferenz – mit Ausnahme einer Klarstellung hinsichtlich nationaler Parlamente mit mehr als einer Kammer – unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen.

Darüber hinaus sieht der Verfassungsvertrag eine Befassung der nationalen Parlamente bei Anträgen europäischer Staaten auf Beitritt zur Union, allen Änderungen des Verfassungsvertrags, Beschlüssen des Europäischen Rates betreffend den Übergang zur qualifizierten Mehrheit („Passerelle“) und Evaluierungen im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (ehemalige „Dritte Säule“) vor. Die Rechte der nationalen Parlamente bei der Inanspruchnahme der „Passerelle“ wurden durch die Regierungskonferenz (gegenüber dem Konvententwurf) ausgeweitet, so dass der Einspruch eines einzigen nationalen Parlaments genügt, um den Übergang zur qualifizierten Mehrheit zu blockieren.

 

Das (im EGV vorgesehene) Ratifikationserfordernis für die Rechtsakte betreffend die Eigenmittel, die Ausdehnung der Rechte der Unionsbürger sowie den Direktwahlakt zum Europäischen Parlament wird beibehalten.

 

Das Subsidiaritätsprinzip wird in Art. I-11 des Verfassungsvertrags definiert und besagt, dass die Union in den Bereichen, für die sie nicht ausschließlich zuständig ist, nur dann tätig wird, „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend erreicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser erreicht werden können.“ Zu der bisherigen Definition dieses Prinzips in Art. 5 EGV kommt die Hervorhebung der regionalen und lokalen Ebene hinzu.

 

Weiters heißt es in Art. I-11, dass den nationalen Parlamenten im Rahmen eines im „Protokoll über die Anwendung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzip“ dargelegten Verfahrens eine Überwachung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ermöglicht wird. Ein solches Verfahren war im bisher geltenden, dem EGV durch den Amsterdamer Vertrag aus 1997 beigefügten Protokoll zur Anwendung dieser Prinzipien noch nicht vorgesehen.

 

Protokoll über die Anwendung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips:

Alle Legislativvorschläge der Kommission werden den nationalen Parlamenten direkt und zur gleichen Zeit wie den gesetzgebenden Organen der Union zugeleitet. Auf Vorschläge, die auf der Grundlage der Flexibilitätsklausel (Art. I-18) unterbreitet werden, ist dabei speziell aufmerksam zu machen.

Die Kommission muss ihre Vorschläge in Hinblick auf das Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzip spezifisch begründen.

 

-       Frühwarnmechanismus:
Innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt eines Vorschlags können die nationalen Parlamente – nach Konsultation von Regionalparlamenten - dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission eine begründete Stellungnahme übermitteln, in der sie darlegen, warum sie den entsprechenden Vorschlag als mit dem Subsidiaritätsprinzip unvereinbar erachten. Jede Kammer eines nationalen Parlaments kann, nach Konsultation von Regionalparlamenten mit Gesetzgebungskompetenzen, solche Stellungnahmen abgeben.
Werden solche begründete Stellungnahmen von mindestens einem Drittel der nationalen Parlamente bzw. deren Kammern abgegeben, muss die Kommission ihren Vorschlag überprüfen. Jedes Parlament verfügt dabei über zwei Stimmen, die auf zwei Kammern aufgeteilt werden können. Mit entsprechender Begründung kann die Kommission sodann den Vorschlag entweder aufrechterhalten oder abändern oder zurückziehen („gelbe Karte“, keine „rote Karte“). Bei Vorschlägen im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Politikbereich Justiz und Inneres) beträgt die Schwelle nur ein Viertel der den nationalen Parlamenten und deren Kammern zustehenden Stimmen.

 

-       Klagerechte:
Nach Inkrafttreten eines Rechtsaktes können die Mitgliedstaaten, sofern deren nationale Rechtsordnung dies vorsieht, auch im Namen ihres nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments, Klage wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips erheben. Dieses Recht erhält auch der Ausschuss der Regionen bei denjenigen Rechtsakten, bei denen der Verfassungsvertrag seine Konsultation vorsieht.

 

Protokoll über die Rolle der nationalen Parlamente:

Alle Konsultationsdokumente und Legislativvorschläge sowie Tagesordnungen und Ergebnisprotokolle von Ratssitzungen werden direkt an die nationalen Parlamente übermittelt. Der zeitliche Abstand zwischen Übermittlung und Beschlussfassung im Rat muss mindestens sechs Wochen betragen.

 

Darüber hinaus ist auch die direkte Übermittlung des jährlichen Legislativprogramms und anderer Planungsdokumente sowie des jährlichen „Subsidiaritätsberichts“ der Kommission und des Jahresberichts des Europäischen Rechnungshofes an die nationalen Parlamente vorgesehen.

 

Auch die COSAC (Konferenz der Ausschüsse für europäische Angelegenheiten der Parlamente der EU) kann Beiträge an das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission übermitteln. COSAC soll außerdem den Austausch von „best practices“ für die Einbeziehung der Parlamente in Angelegenheiten der Union fördern. Weiters können im COSAC-Rahmen interparlamentarische Konferenzen insbesondere zu Themen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik organisiert werden.

 

Österreich begrüßt die dargestellten Regelungen des Verfassungsvertrags in besonderem Maße, da diese folgenden Kernanliegen gerecht werden:

 

-       Die Voraussetzungen für die Kontrolle der nationalen Regierungen durch ihre Parlamente werden wesentlich gestärkt. Die konkreten Informations- und Kontrollrechte der Parlamente in Angelegenheiten der Union werden weiterhin von den einzelnen Mitgliedstaaten in ihren nationalen Verfassungen festgelegt. Durch einen verstärkten Austausch von „vorbildhaften Praktiken“ sollen die Standards in dieser Hinsicht aber allgemein angehoben werden. Den hohen österreichischen Standards könnte dabei Vorbildwirkung zu kommen.
Der neue Frühwarnmechanismus und die zusätzlichen Klagerechte erlauben eine bessere Überwachung der tatsächlichen Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und können daher einer exzessiven Ausdehnung von Unionsregelungen und der Beschneidung mitgliedstaatlicher Kompetenzen Einhalt gebieten.

-       Die wesentliche Rolle, die Gemeinden und Regionen bei der Wahrnehmung nationaler Kompetenzen in gewissen Mitgliedstaaten – wie Österreich – spielen, findet explizite Anerkennung und Berücksichtigung.

 

2) Grundsätze des demokratischen Lebens, Bürgerinitiative

Der Verfassungsvertrag enthält in seinem Teil I erstmals Regelungen betreffend das demokratische Leben der Union. Drei tragende Grundsätze werden in Titel VI des Teiles I des Verfassungsvertrags dazu festgelegt:

-       der Grundsatz der demokratischen Gleichheit,

-       der Grundsatz der repräsentativen Demokratie und

-       der Grundsatz der partizipativen Demokratie.

 

Gemäß dem erstgenannten Grundsatz achtet die Union in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Dieser wird durch die Regeln über die Unionsbürgerschaft ergänzt, die inhaltlich unverändert aus dem EGV übernommen werden. Gemäß dem zweiten Grundsatz beruht die Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene durch das Europäische Parlament unmittelbar vertreten. Europäische politische Parteien tragen zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins bei. Weiters besteht eine mittelbare demokratische Legitimation des Rates über die nationalen Parlamente oder Direktwahl.

 

Der dritte Grundsatz manifestiert sich einerseits dadurch, dass die Organe der Union einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden der Zivilgesellschaft pflegen. Neu eingeführt wird das Instrument der Bürgerinitiative:

 

Bürgerinnen und Bürger der Union, deren Zahl mindestens eine Million beträgt, die Staatsangehörige einer erheblichen Zahl von Mitgliedstaaten umfassen, können eine Initiative ergreifen und die Kommission auffordern, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsaktes der Union bedarf, um den Verfassungsvertrag umzusetzen. Die näheren Durchführungsbestimmungen zur Bürgerinitiative sind in einem Europäischen Gesetz festzulegen.

 

Die Einführung eines direktdemokratischen Elements, das Österreich gemeinsam mit Italien bereits im Rahmen der Regierungskonferenz zum Vertrag von Amsterdam vorgeschlagen hat, verstärkt in der „neuen“ Union die demokratische Legitimation und Bürgernähe.

 

VIII. Die Verfahren und Handlungsinstrumente der Union

Zur Verwirklichung der Ziele Transparenz und Bürgernähe definiert der Vertrag über eine Verfassung für Europa einheitliche Verfahren und Rechtsinstrumente. Die Instrumente der Union werden vereinfacht, zahlenmäßig beschränkt und genau festgelegt, die besonderen Handlungsformen der ehemaligen zweiten und dritten Säule werden abgeschafft.

 

Es werden sechs Rechtsakttypen unterschieden (Art. I-33 – Art. I-39).

 

Gesetzgebungsakte sind das Europäische Gesetz (entspricht der bisherigen Verordnung) und das Europäische Rahmengesetz (entspricht der bisherigen Richtlinie). Diese werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf Initiative der Kommission erlassen.

 

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter sind die Europäische Verordnung und der Europäische Beschluss. Die Europäische Verordnung hat einen „Doppelcharakter“ und ist entweder direkt anwendbar oder von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Der Europäische Beschluss wird im Vergleich zum dzt. Beschluss weiter definiert, da er sich nicht nur an bestimmte einzelne Adressaten richten kann, sondern auch an einen unbestimmten Adressatenkreis. Der Beschluss ersetzt auch die bisherigen Rechtsakte der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.

 

Sonderformen sind die Delegierte Europäische Verordnung sowie die Europäische Durchführungsverordnung und der Europäische Durchführungsbeschluss (Art. I-36 und Art. I-37). Der Kommission kann die Befugnis übertragen werden, mittels einer Delegierten Europäischen Verordnung einige nicht wesentliche Vorschriften von Gesetzgebungsakten näher auszuführen oder zu ändern. Dazu kann im Fall, dass eine einheitliche Durchführungsmaßnahme notwendig ist, eine „Europäische Durchführungsverordnung“ oder ein „Europäischer Durchführungsbeschluss“ durch die Kommission oder durch den Rat erlassen werden, wobei aber grundsätzlich, wie bislang, die Mitgliedstaaten für die Durchführung der rechtlich bindenden Rechtsakte der Union zuständig bleiben. Delegierte Europäische Verordnungen und Durchführungsmaßnahmen müssen sich auf Gesetzgebungsakte stützen, womit implizit eine Normenhierarchie eingeführt wird.

 

Rechtlich nicht bindende Rechtsakte sind Empfehlungen und Stellungnahmen.

 

Zusätzlich werden die Entscheidungsprozesse der Union dadurch vereinfacht, dass das bisherige Mitentscheidungsverfahren unter der neuen Bezeichnung „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ als Regelfall der Gesetzgebung etabliert wird. Daneben bleiben als Modelle der Beteiligung des Europäischen Parlamentes am Gesetzgebungsprozess nur noch das Anhörungsverfahren und das Zustimmungsrecht erhalten. Das Verfahren der Zusammenarbeit wird abgeschafft. Das Initiativmonopol der Kommission im Bereich der Gesetzgebung bleibt zur Wahrung der Gesamtinteressen der Union erhalten und gilt grundsätzlich für alle Politikbereiche.

 

Nur in genau determinierten Fällen kann vom ordentlichen Gesetzgebungsverfahren abgewichen werden. Sonderverfahren ermöglichen etwa die Annahme von Gesetzen allein durch Rat oder Parlament (unter Beteiligung des jeweils anderen Mitgesetzgebers). Besondere Vorschriften regeln die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik und den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Art. I-40 bis Art. I-42). Für die strafrechtliche und polizeiliche Zusammenarbeit im Bereich Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat, neben der Kommission, ein Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht. Im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) haben die Mitgliedstaaten, der Außenminister oder der Außenminister mit Unterstützung der Kommission ein Initiativrecht. Es gilt die Einstimmigkeitsregel, mit einigen Ausnahmen im Bereich der GASP (vgl. Kapitel XI. 2). Das Europäische Parlament hat hier generell ein Anhörungsrecht.

 

Die sprachliche Abfassung der einzelnen Bestimmungen zielt, soweit dies die rechtliche Komplexität der Materie erlaubt, auf bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger ab. So werden in sämtlichen Bestimmungen, die als Rechtsgrundlagen für die Erlassung von Rechtsakten herangezogen werden können, die in Frage kommenden Rechtsakttypen und die jeweils anzuwendenden Verfahren angegeben. Zusammen mit der neuen Typologie der Handlungsinstrumente trägt dies zu größerer Transparenz und mehr Rechtssicherheit bei. Damit wird einer wesentlichen österreichischen Forderung Rechnung getragen.

 

Die Regierungskonferenz hat lediglich redaktionelle Verbesserungen und juristische Korrekturen an diesen schon im Konventsentwurf enthaltenen Bestimmungen vorgenommen.

 

IX. Die Finanzen der Union

Der Verfassungsvertrag führt eine Normenhierarchie für die Finanzbestimmungen der Union ein: Die Eigenmittelobergrenze bindet den Finanzrahmen, der die jährlichen Obergrenzen für Ausgabenkategorien festlegt. Diese sind gesetzlich bindend für den Jahreshaushalt der Union. Damit werden Haushaltsdisziplin und ausgewogene Balance zwischen den beiden die Haushaltsbefugnisse ausübenden Unionsorganen Rat und Europäisches Parlament sichergestellt.

Die Obergrenze für Finanzmittel der Union und die Mittelkategorien werden in einem Europäischen Gesetz (bislang "Eigenmittelbeschluss") einstimmig vom Ministerrat nach Anhörung des Europäischen Parlaments festgelegt. Das Ratifikationserfordernis wird beibehalten (Art. I-54).

 

Die Finanzielle Vorschau, derzeit ein Interinstitutionelles Abkommen, wird unter der Bezeichnung „mehrjähriger Finanzrahmen“ (Art. I-55 und Art. III-402) vertraglich verankert. Die Beschlussfassung über den mehrjährigen Finanzrahmen war bis zuletzt Gegenstand der Verhandlungen in der Regierungskonferenz: Der Konvententwurf sah Einstimmigkeit für den ersten Finanzrahmen nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags und danach einen automatischen Übergang zur qualifizierten Mehrheit vor. Als Ergebnis der Regierungskonferenz bleibt es bei Einstimmigkeit im Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlamentes. Der Europäische Rat kann aber einstimmig einen Beschluss erlassen, wonach der Rat zur qualifizierten Mehrheit übergehen kann. In der Regierungskonferenz scheiterte die Einführung der qualifizierten Mehrheit vor allem am Widerstand der Niederlande. Die Niederlande gaben allerdings eine einseitige Erklärung zur Schlussakte ab, gemäß der sie dem Übergang  zur qualifizierten Mehrheit zustimmen werden, wenn im Rahmen der derzeit laufenden Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau ab 2007 eine zufrieden stellende Lösung für Mitgliedstaaten mit exzessiver Nettozahlerposition erreicht wird (allgemeiner Korrekturmechanismus).

 

Europäisches Parlament und Rat erlassen auf Vorschlag der Kommission ein Europäisches Gesetz zur Feststellung des Jahreshaushaltes der Union (Art. I-56 und Art. III-404). Die Unterscheidung zwischen obligatorischen und nichtobligatorischen Ausgaben und die daran geknüpften unterschiedlichen Verfahrensbestimmungen (letztes Wort des Rats bei den obligatorischen Ausgaben, letztes Wort des Europäischen Parlaments bei den nicht obligatorischen Ausgaben) werden aufgehoben. Das neue Gleichgewicht zwischen Rat und Europäischem Parlament wird durch ein Mitentscheidungsverfahren eigener Art hergestellt, das ein eingeschränktes „letztes Wort“ des Europäischen Parlaments vorsieht:

-       Kommt es im Vermittlungsausschuss zu keiner Einigung zwischen Parlament und Rat, muss die Kommission einen neuen Vorschlag für den strittigen Jahreshaushalt vorlegen.

-       Wird das Ergebnis des Vermittlungsausschusses entweder von Europäischem Parlament und Rat oder nur vom Europäischen Parlament abgelehnt, so muss die Kommission einen neuen Haushaltsvorschlag unterbreiten.

-       Wenn jedoch der Rat das Ergebnis des Vermittlungsausschusses im Nachhinein ablehnt, das Europäische Parlament aber zustimmt, kann das Europäische Parlament seine Abänderungsvorschläge mit der Mehrheit seiner Mitglieder und 60% der abgegebenen Stimmen bestätigen.

Der Vorschlag des Konvents, das derzeitige Verfahren für die nicht-obligatorischen Ausgaben auf alle Ausgaben zu übertragen, fand keinen Konsens in der Regierungskonferenz. Aus österreichischer Sicht stellt die erzielte Einigung einen tragfähigen Kompromiss dar, zumal er auch von den Vertretern des Europäischen Parlaments in der Regierungskonferenz mitgetragen werden konnte.

 

X. Verstärkte Zusammenarbeit

Die im Verfassungsvertrag vorgenommenen Änderungen an den bisherigen Vertragsbestimmungen über die verstärkte Zusammenarbeit (vZ) ergeben sich zum überwiegenden Teil aus der Abschaffung der Säulenstruktur bei gleichzeitiger Beibehaltung des Sondercharakters der GASP (einschließlich der GSVP). Gleichzeitig wird das Prinzip der Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten bekräftigt.

 

Neu ist, dass auch für die vZ eine „Passerelle“ geschaffen wird, die es erlaubt, dass durch einen einstimmigen Ratsbeschluss der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten in Bereichen, in denen der Verfassungsvertrag Einstimmigkeit vorsieht, zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen übergegangen werden kann. Ausgenommen davon ist der Militär- und Verteidigungsbereich, aber nicht generell die GASP (Art. III-422).

Diese sogenannte „kleine Passerelle“ war in der Regierungskonferenz bis zuletzt umstritten, wurde aber schließlich als Ausgleich dafür akzeptiert, dass in bestimmten Politikbereichen (v.a. Steuern) das Einstimmigkeitsprinzip aufrechterhalten wird. In einer Erklärung zu Art. III-419 wird in diesem Zusammenhang festgehalten, dass die Mitgliedstaaten, die eine vZ begründen wollen, bereits von Beginn an bekannt geben sollen, wenn sie beabsichtigen, von der „kleinen Passerelle“ Gebrauch zu machen.

Die allgemeinen Bedingungen für die Begründung einer verstärkten Zusammenarbeit (vZ) und für die spätere Aufnahme in eine solche werden aus Art. 43-45 EUV (in Art. I-44 und Art. III-416 bis III-423) mit folgenden Änderungen übernommen:

-       Die Mindestanzahl der beteiligten Mitgliedstaaten muss mindestens ein Drittel der Gesamtanzahl der EU-Mitgliedstaaten betragen. Dies bedeutet, dass in der EU-27 eine Mindestanzahl von neun Mitgliedstaaten erforderlich sind, während es gemäß geltendem EUV (Art. 43 lit. f) acht Mitgliedstaaten unabhängig von der Gesamtanzahl der EU-Mitgliedstaaten sein müssen.

 

-       Das bislang für die Erste Säule gültige Verfahren für die Ermächtigung zur Einleitung einer vZ (Art. 11 EGV) wird auch auf den Bereich justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation (Dritte Säule) ausgedehnt, wobei das Vorschlagsrecht – auf Ersuchen der die vZ begründen wollenden Mitgliedstaaten – generell nur noch bei der Kommission liegt (in der derzeitigen dritten Säule können gemäß Art. 40a EUV auch mindestens acht Mitgliedstaaten die Initiative ergreifen). Die Annahme des Ermächtigungsbeschlusses erfolgt – wie bisher – durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit. Das Europäische Parlament erhält ein generelles Zustimmungsrecht (Art. III-419). Bislang gilt dieses nur für Bereiche, in denen das Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung kommt.

 

-       In das Verfahren betreffend spätere Beitritte weiterer Mitgliedstaaten zu einer bereits eingerichteten vZ werden zusätzliche Sicherungen zugunsten beitrittswilliger Staaten eingebaut. Wie bislang obliegt es der Kommission, die Erfüllung aller notwendigen Aufnahmevoraussetzungen festzustellen. Der Grundsatz der Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten wird aber noch dadurch betont, dass die Kommission bei einer ablehnenden Stellungnahme zu einer neuerlichen Prüfung innerhalb einer von ihr gesetzten Frist verpflichtet wird und beitrittswillige Staaten bei einer zweiten ablehnenden Stellungnahme der Kommission dennoch eine Ratsentscheidung beantragen können. In diesem Fall ist für einen Ratsbeschluss die qualifizierte Mehrheit der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten erforderlich. (Art. III-420 Abs. 2)

 

-       Für die qualifizierte Mehrheit innerhalb der vZ sind mindestens 55% der beteiligten Staaten und 65% der Bevölkerung des Teilnehmerkreises erforderlich. Eine Sperrminorität muss mindestens einen Mitgliedstaat mehr umfassen, als für die Erreichung einer Bevölkerungsschwelle von mehr als 35% innerhalb des Teilnehmerkreises erforderlich ist. In Fällen, in denen nicht auf der Grundlage eines Vorschlages der Kommission oder des Außenministers der Union entschieden wird, muss eine Staatenschwelle von mindestens 72% der teilnehmenden Mitgliedstaaten erreicht werden. (Art. I-44 Abs. 3)

 

Eine Erleichterung für die Einleitung einer vZ enthalten die Bestimmungen über die ‚Notbremse’ im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (siehe diesbezügliches Kapitel): Kann im Rahmen dieses Mechanismus kein Konsens gefunden werden, dann ist die Ermächtigung für die Begründung einer vZ mit dem Einverständnis von mindestens einem Drittel der MS automatisch erteilt.

 

Für die Begründung und spätere Aufnahme in eine vZ im Bereich der GASP werden die diesbezüglichen Sonderregelungen in Art. 27a bis Art. 27e EUV (Antrag zur Ermächtigung ist an den Rat zu richten) mit folgenden Änderungen übernommen:

-       Die vZ kann auch Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen umfassen.

 

-       Die Ermächtigung zur Einleitung einer vZ erfolgt einstimmig durch den Rat, nachdem neben der Kommission auch der Außenminister der Union Stellung genommen hat (Art. III-419 Abs.2). Das wird Europäische Parlament wird unterrichtet.

 

-       Die Feststellung, dass ein später beitrittswilliger Mitgliedstaat die notwendigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllt, obliegt dem Rat in der Zusammensetzung der teilnehmenden Mitgliedstaaten, der nach Anhörung des Außenministers einstimmig entscheidet. Im Falle einer negativen Entscheidung muss sich der Rat eine Frist für eine neuerliche Überprüfung des Antrags setzen und dem antragstellenden Mitgliedstaat angeben, welche Bedingungen er noch zu erfüllen hat.

 

Im Bereich der GSVP gibt es neben der Möglichkeit der „regulären“ vZ auch die permanente strukturierte Zusammenarbeit einer Gruppe von Mitgliedstaaten, für die spezifische Regelungen gelten (siehe Kapitel Auswärtiges Handeln, GSVP).

 

Österreich begrüßt die in den Verfassungsvertrag aufgenommenen Bestimmungen über die vZ, da

-       bekräftigt wird, dass die vZ als ‚letztes Mittel’ anzuwenden ist, wenn ihre im Einklang mit dem Verfassungsvertrag stehenden Ziele nicht innerhalb einer vernünftigen Periode von der gesamten Union erreicht werden können;

-       die Offenheit und Inklusivität der vZ sichergestellt wird.

-       die ‚kleine Passerelle’ in Bereichen, in denen in absehbarer Zukunft ein Abgehen vom Einstimmigkeitsprinzip in der gesamten Union nicht wahrscheinlich ist, im Rahmen einer vZ die Einführung effizienterer Entscheidungsmechanismen erlaubt.

 

XI. Ausgewählte Politikbereiche

 

1) Horizontale Bestimmungen

Neben den bereits im EGV enthaltenen horizontalen Bestimmungen betreffend die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen Mann und Frau (Art. III-116, Art. 3 Abs. 2 EGV) und die Integration der Erfordernisse des Umweltschutzes (Art. III-119, Art. 6 EGV) bzw. des Konsumentenschutzes (Art. III-120, Art. 153 Abs. 2 EGV) in die Definition und Durchführung aller Unionspolitiken enthält der Verfassungsvertrag eine bereits vom Konvent vorgeschlagene horizontale Verpflichtung zur Bekämpfung von Diskriminierungen in allen Politikbereichen (Art. III-118).

 

In der Regierungskonferenz wurden – mit Unterstützung Österreichs – zwei weitere horizontale Bestimmungen hinzugefügt:

 

-       Sozialklausel (Art. III-117): In allen Politiken der Union ist auf die Erfordernisse eines hohen Beschäftigungsniveaus und einen adäquaten Sozialschutz Rücksicht zunehmen.

 

-       Tierschutzklausel (Art. III-121 entspricht dem Amsterdamer Protokoll Nr. 33 zum EGV): In den relevanten Politikbereichen ist den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere Rechnung zu tragen.

 

-       Dazu kommen substantielle Ergänzungen des Querschnittsartikels III-122 über Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („Daseinsvorsorge“), die auf von Österreich der Regierungskonferenz unterbreiteten Vorschlägen beruhen:

 

                  -           Entsprechend dem Konventvorschlag wird eine Rechtsgrundlage für im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu erlassende Europäische Gesetze über die Prinzipien und Bedingungen für die Erbringung dieser Dienste aufgenommen.

 

                  - Im Zuge der Regierungskonferenz wurde ein Verweis auf Art. I-5 hinzugefügt, gemäß dem die Union die regionale und kommunale Selbstverwaltung als Teil der nationalen Identität der Mitgliedstaaten zu respektieren hat.

 

                  - Im Zuge der Regierungskonferenz wurde ergänzt, dass die obgenannten Europäische Gesetze nicht die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten berühren, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Einklang mit dem Verfassungsvertrag zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren.

 

                  -           Zudem wird in Art. II-96 der Charta der Grundrechte auch verankert, dass die Union den Zugang zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, wie er von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Verfassungsvertrag vorgesehen wird, anerkennt und achtet.

 

2) Das auswärtige Handeln der Union

Der Verfassungsvertrag definiert einerseits die grundlegenden Werte und Ziele, die die Europäische Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene verfolgt und schafft andererseits die Voraussetzungen für mehr Effizienz und Kohärenz in der Gestaltung der gesamten auswärtigen Beziehungen.

 

Zu diesem Zweck werden die bislang teils im EGV („Erste Säule“) und teils im EUV („Zweite Säule“) geregelten Aspekte der Außenbeziehungen unter dem Titel „Auswärtiges Handeln der Union“ zusammengefasst und die Säulenstruktur abgeschafft. Unter diesen Titel fallen:

 

1.      die sogenannten „vergemeinschafteten“ Bereiche: In diesen verfügt die Union über eine ausschließliche (in der Handelspolitik) oder geteilte Zuständigkeit (z.B.: Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe) und es gilt in der Regel das Initiativmonopol der Kommission, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren mit qualifizierten Mehrheitsentscheidungen im Rat und dem Mitentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments sowie die gerichtliche Kontrolle aller Rechtsakte durch den EuGH.

2.      die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), in der die Unionsstrukturen weiterhin in hohem Maße auf zwischenstaatlichen Kooperationsformen und Entscheidungsmechanismen aufbauen und supranationale Strukturen erst ansatzweise zum Tragen kommen.

 

Obgleich für diese Bereiche eine Reihe unterschiedlicher Regeln bestehen bleiben, wird auf folgende Weise ein stärkerer und konsistenterer übergreifender Rahmen geschaffen:

 

-       Festlegung übergeordneter Zielsetzungen für das Wirken der Union in der Welt: Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten; Friedenssicherung, Konfliktverhütung, nachhaltige Entwicklung, Umweltschutz, Beseitigung der Armut, Integration aller Länder in die Weltwirtschaft, etc.;

 

-       Schaffung eines Außenministers der Union, der von einem Europäischen Auswärtigen Dienst unterstützt wird. Der Außenminister vereinigt in Personalunion die Funktionen des koordinierenden Außenkommissars und des bisherigen Hohen Vertreters für die GASP und soll so für die Kohärenz des gesamten auswärtigen Handelns und eine einheitliche Vertretung der EU in der Welt sorgen.

 

-       Festlegung der strategischen Interessen und Ziele der Unionspolitik durch Beschlüsse des Europäischen Rates und gemeinsame Vorschläge des Außenministers und der Kommission.

 

-       Einheitliche Regelung des Verfahrens für Verhandlung und Abschluss von internationalen Übereinkommen. Die Verhandlungsführung steht je nach Materie dem Außenminister oder der Kommission zu. Das Europäische Parlament erhält beim Abschluss internationaler Übereinkommen zusätzliche Kompetenzen (Zustimmungsrecht zu Abkommen in Bereichen, die dem Gesetzgebungsverfahren unterliegen).

 

Dazu kommt eine generelle Solidaritätsklausel, gemäß der die Union von Terroranschlägen oder Katastrophen menschlichen oder natürlichen Ursprungs betroffenen Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen mit von den Mitgliedstaaten bereitgestellten Mitteln beisteht. Dies schließt militärische Mittel ein. Die Wahl der jeweiligen Mittel, die zur Verfügung gestellt werden, obliegt aber den einzelnen Mitgliedstaaten.

 

Für die klassische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik – die GASP und die GSVP – wird das Prinzip der Einstimmigkeit weitgehend aufrechterhalten. Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit sind nur – wie schon bislang – für bestimmte Durchführungsmaßnahmen und Ernennungen von Sonderbeauftragten sowie – neu – in Fällen, in denen der Außenminister auf spezielles Ersuchen des Europäischen Rates einen Vorschlag unterbreitet, vorgesehen.

Der Außenminister erhält ein Vorschlagsrecht allerdings kein Initiativmonopol. Rechtsakte der GASP unterliegen nicht der Kontrolle durch den EuGH. Dem Europäischen Parlament kommt lediglich ein Anhörungs- bzw. Informationsrecht zu.

Für die GSVP gelten weitere Sonderbestimmungen. Operative Ausgaben für militärische Aktivitäten werden – im Unterschied zu sonstigen GASP-Ausgaben – nicht aus dem Unionshaushalt beglichen, sondern gemäß BNP-Schlüssel zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt. Wesentliche Bestimmungen im GSVP-Bereich sind:

 

-       das Ziel der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führt. Eine gemeinsame Verteidigung kann aber nur durch einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates eingeführt werden, der der Ratifikation durch alle Mitgliedstaaten bedarf.

 

-       die Ausrichtung der GSVP auf die so genannten – erweitert definierten – „Petersberg-Aufgaben(Operationen mit zivilen und militärischen Mitteln außerhalb der Union zur Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit).

 

-       die Möglichkeit der Betrauung einer Gruppe von Mitgliedstaaten mit anspruchsvolleren Missionen durch den Rat (durch Beschluss aller Mitgliedstaaten).

 

-       die Begründung einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit, die allen Mitgliedstaaten offen steht, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die militärischen Kapazitäten erfüllen und im Hinblick auf Missionen mit höchsten Anforderungen festere Verpflichtungen auf der Grundlage von in einem Protokoll festgehaltenen Kriterien eingegangen sind, durch einen Beschluss des Rates mit qualifizierter Mehrheit.

 

-       Die in Art. I-41 Abs. 7 vorgesehene wechselseitige Beistandsgarantie aller EU-Mitgliedstaaten sieht vor, dass einem Mitgliedstaat, der Opfer eines bewaffneten Angriffs auf seinem Territorium wurde, Hilfe und Unterstützung nach Art. 51 Charta der Vereinten Nationen geleistet werden, wobei der spezifische Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gewisser Mitgliedstaaten mit Neutralitätsverpflichtungen ebenso unberührt bleibt wie die Beistandspflichten der der NATO angehörenden Mitgliedstaaten. Es bleibt den neutralen und bündnisfreien Mitgliedstaaten im Einzelfall vorbehalten, über allfällige Beistandsleistungen dem Grunde nach bzw. über Art und Umfang zu entscheiden.

 

-       eine eigene Rechtsgrundlage für die „Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung“ (kurz „Europäische Verteidigungsagentur“).

 

Was die „vergemeinschafteten“ Bereiche des auswärtigen Handelns der Union betrifft, so sind folgende Regelungen im Verfassungsvertrag hervorhebenswert:

 

Die Handelspolitik einschließlich von Dienstleistungen, Handelsaspekten des geistigen Eigentums sowie Direktinvestitionen wird unter die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union eingeordnet (Art.I-13 und Art. III-315).

 

Der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik wird durch Europäische Gesetze festgelegt, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (qualifizierte Mehrheit im Rat und Mitentscheidung des Europäischen Parlamentes) erlassen werden. Dies bedeutet einen wesentlichen Fortschritt für das Europäische Parlament, das bisher nur anzuhören war.

 

Bei der Festlegung von Verhandlungsmandaten und dem Abschluss von Handelabkommen entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wobei aber – unter Straffung der bisherigen Ausnahmebestimmungen - in folgenden Bereichen Einstimmigkeit erforderlich ist:

-       Dienstleistungen, Handelsaspekte des geistigen Eigentums und Direktinvestitionen – sofern Abkommen Bestimmungen inkludieren, die Regelungen betreffen, die von der Union intern einstimmig angenommen werden müssen.

-       kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen, sofern das Risiko der Beeinträchtigung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Union besteht.

-       Dienstleistungen des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn Abkommen die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung berühren könnten.

 

Für Verkehrsabkommen gilt das Verkehrskapitel des Verfassungsvertrags in Verbindung mit Art. III-325 über internationale Abkommen. Die Ausübung der Unionskompetenzen in der die gemeinsame Handelspolitik darf keine Auswirkungen auf die Kompetenzabgrenzung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten haben und nicht zu Harmonisierungen führen, wo der Verfassungsvertrag dies ausschließt.

 

Die Entwicklungszusammenarbeit ist eine geteilte Kompetenz „sui generis“, da die Mitgliedstaaten auch dann weiter tätig werden können, wenn die Union ihre Zuständigkeit wahrnimmt. Generelle Ziele der Entwicklungszusammenarbeit sind Friedenssicherung, Schutz und Erhalt von Umwelt und natürlichen Ressourcen, Förderung der nachhaltigen Entwicklung und – als Hauptziel – die Armutsbekämpfung.  Diese sollen auch horizontal in allen anderen Politikbereichen berücksichtigt werden.

 

3) Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

Unter diesem Titel – für den eine geteilte Zuständigkeit zwischen der Union und der Mitgliedstaaten gilt (Art. I-14 Abs. 2 lit. j) – werden der schon mit dem Amsterdamer Vertrag vergemeinschaftete Titel IV des EGV betreffend Visa, Asyl, Einwanderung und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen sowie die bisher im EUV geregelte „Dritte Säule“ betreffend die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die Polizeikooperation zusammengeführt.

 

Die Handlungsermächtigungen der Union in diesen Bereichen werden neu gegliedert, teilweise umformuliert und ergänzt. Übergreifende strategische Leitlinien des Europäischen Rates (Art. III-258) sollen die Kohärenz des Handelns der Union in diesen Bereichen sicherstellen.

 

Für den Bereich Visa, Asyl, Einwanderung und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen gelten das Initiativmonopol der Kommission, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren und die vollständige Kontrolle aller Rechtsakte durch den Europäischen Gerichtshof. Das Recht der Mitgliedstaaten festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittstaaten in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige Arbeit zu suchen, bleibt ausdrücklich unberührt (Art. III-267 Abs. 5). Einstimmigkeit im Rat und Anhörung des Europäischen Parlamentes ist nur noch bei zivilrechtlichen Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüberschreitenden Bezügen vorgesehen.

 

Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren und die Zuständigkeit des EuGH werden grundsätzlich auch auf die Bereiche justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation ausgedehnt, allerdings mit bestimmten Sonderregelungen bzw. Einschränkungen, über die teilweise erst in der letzten Phase der Regierungskonferenz ein Kompromiss erzielt wurde und die den besonderen Sensibilitäten der Mitgliedstaaten Rechnung tragen sollen:

 

-       Neben dem Vorschlagsrecht der Kommission behält in diesen Bereichen auch ein Viertel der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.

 

-       Die Auslöseschwelle im Frühwarnmechanismus zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiariträtsprinzips beträgt nur ein Viertel – anstelle eines Drittels – der den nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.

 

-       In den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation sind Maßnahmen der Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden und dem innerstaatlichen Recht unterstehende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und zum Schutz der inneren Sicherheit nicht der Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs unterworfen.

 

-       Im Strafrechtsbereich (Art.III-270 und Art. III-271) werden Europäische Rahmengesetze betreffend Mindestvorschriften in taxativ festgelegten Bereichen grundsätzlich im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (qualifizierte Mehrheit im Rat und Mitentscheidung des Europäisches Parlament) erlassen. Eine Ausdehnung auf weitere Bereiche bedarf jedoch eines einstimmigen Ratsbeschlusses und der Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

-       Dazu kommt eine „Notbremse“: Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass der Entwurf einer dieser Rechtsvorschriften grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung berührt, kann er die Befassung des Europäischen Rats beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann vier Monate ausgesetzt, während derer der Europäische Rat im Konsens entscheiden kann,

                  - dass der Entwurf an den Rat rückverwiesen und das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt wird oder

                  - dass die Kommission oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten einen neuen Entwurf vorlegen soll und damit der ursprüngliche Entwurf als nicht erlassen gilt.

 

-       Trifft der Europäische Rat binnen vier Monaten keine Entscheidung oder wird das Europäische Rahmengesetz binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs nicht erlassen, so gilt auf Wunsch von mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten – die dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mitteilen – die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage des Entwurfs des Rahmengesetzes als erteilt.

-       Dieser Notbremsemechanismus stellt sicher, dass kein für die gesamte Union verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen eines Mitgliedstaates angenommen werden kann.

 

Außerdem werden Voraussetzungen für eine Erweiterung des Tätigkeitsbereichs von Eurojust durch Europäische Gesetze geschaffen (Art. III-273), wobei sich die Regierungskonferenz zuletzt auf den Kompromiss einigte, dass Eurojust im Zusammenhang mit schwerwiegenden, mehrere Mitgliedstaaten betreffenden Straftaten zwar die Einleitung von Strafermittlungen („investigations“) veranlassen könnte, hinsichtlich der Einleitung von Strafverfolgungen („prosecutions“) aber auf ein Vorschlagsrecht beschränkt bleibt.

 

Weiters enthält der Verfassungsvertrag eine Ermächtigungsklausel zur Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft durch ein vom Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig zu erlassendes Europäisches Gesetz. Die Zuständigkeit dieser Staatsanwaltschaft würde sich auf die Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union beschränken, sofern der Europäische Rat nicht bei der Einrichtung oder später einstimmig eine Ausdehnung der Zuständigkeiten auf andere schwerwiegende Straftaten mit grenzüberschreitender Dimension beschließt.

 

In der Polizeikooperation wird zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren übergegangen, Einstimmigkeit im Rat und Anhörung des Europäischen Parlaments sind aber bei Folgendem erforderlich:

 

-       Maßnahmen betreffend die operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden (Art III-275 Abs. 3).

-       Festlegung von Bedingungen und Grenzen für die Tätigkeit von Behörden eines Mitgliedstaats auf dem Territorium eines anderen Mitgliedstaates (Art. III-277).

 

Dänemark erhält im Protokoll Nr. 20 zum Verfassungsvertrag – durch eine Änderung des Amsterdamer Protokolls Nr. 5 zum EUV und EGV – ein auf den gesamten Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ausgedehntes Opt-Out (bislang gilt dieses Opt-Out nur für Titel IV EGV: Visa, Asyl, Migration und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen). Gleichzeitig wird aber die Möglichkeit verankert, diese Opt-Outs – auf eigenen Wunsch – in Opt-In-Regelungen überzuführen, wie sie für Großbritannien und Irland bestehen (Teilnahme an bestimmten Maßnahmen kann dann innerhalb einer bestimmten Frist nach Vorlage des konkreten Vorschlags notifiziert werden).

 

Das Protokoll Nr. 19 zum Verfassungsvertrag übernimmt die Bestimmungen des „Amsterdamer Protokolls Nr. 4 zu EUV und EGV über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands“ und dehnt den Anwendungsbereich der darin festgelegten Opt Out / Opt In-Regelungen betreffend Grenzkontrollen, Asyl, Migration und Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen (die Titel IV des EGV entsprechenden Art. III-265 bis Art. III-269) auf jene Aspekte der gemäß Art. III-263 erlassenen Rechtsakte zur Festlegung von Einzelheiten für die Bewertung der gesamten Unionspolitik im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes aus,

-       die die vorgenannten Politikbereiche (Art. III-265 bis Art. III-269) betreffen,

-       die Verwaltungszusammenarbeit gemäß Art. III-263 im gesamten Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes betreffen,

-       die den Informationsaustausch in der Polizeikooperation gemäß Art. III-275 Abs. 2 lit. a betreffen.

 

4) Die Wirtschafts- und Währungspolitik der Union

Die Bestimmungen zur Wirtschafts- und Währungspolitik bleiben in weiten Bereichen, insbesondere der Währungspolitik, materiell unverändert, wurden aber umstrukturiert und bereinigt. Zahlreiche obsolete Bestimmungen des EGV (v. a. betreffend die Vorstufen zur Einführung der Währungsunion) wurden gestrichen.

 

Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik wird als Kompetenz besonderer Art definiert (Art. I-15).

Die Verfahrensregelungen spiegeln die primäre Zuständigkeit des Rats im Bereich der Wirtschaftspolitik wider, der die Grundzüge dieser Politik für die Mitgliedstaaten, die sich innerhalb der Union koordinieren, beschließt, und sind – wie schon im EGV – überwiegend auf nicht-legislative Rechtsakte (Beschlüsse, Empfehlungen) ausgerichtet. Gegenüber dem EGV werden mehrere Verfahrensregelungen geändert, um v. a. der Eurozone in verstärktem Maße autonome Handlungsfähigkeit zu verleihen; die Rolle der Kommission bei der Koordination der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und insbesondere im Verfahren bei übermäßigen Defiziten zu stärken und das bisherige – nunmehr völlig abgeschaffte – Kooperationsverfahren zu ersetzen.

 

Stärkung der autonomen Handlungsfähigkeit der Eurozone:

In der Regierungskonferenz einigte man sich zuletzt darauf, den Euro- Staaten ein stärkeres Mitspracherecht bei der Aufnahme neuer Mitglieder in die Eurozone zu geben.

 

Im Einzelnen sieht der Verfassungsvertrag folgende maßgebliche Änderungen vor:

 

-       In einem neuen Protokoll (Protokoll Nr. 12 betreffend die Euro-Gruppe) wird festgehalten, dass die Euro-Gruppe (unter Teilnahme der Kommission) informelle Tagungen abhält und mit einfacher Mehrheit einen Vorsitzenden für 2,5 Jahre wählt.

 

-       Ein Europäischer Beschluss des Rates, der auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit über die Aufnahme neuer Euro-Mitglieder entscheidet, wird erst nach einer Empfehlung durch die qualifizierte Mehrheit der Euro-Gruppe getroffen. Eine solche Empfehlung muss innerhalb von 6 Monaten nach Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag abgegeben werden (Art.III-198 Abs. 2).

 

-       Das Direktorium der EZB wird mit qualifizierter Mehrheit vom Europäischen Rat von den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bestellt, während im EGV eine einvernehmliche Entscheidung der Euro-Mitglieder vorgesehen war (Art. III-382 iVm Art. III-197).

 

-       Die Bereiche, in denen nur die Eurostaaten stimmberechtigt sind (Art. III-197 und III-196), wurden in der Regierungskonferenz weiter ausgeweitet und betreffen nun u. a.:

                  -           Empfehlungen an die Euro-Mitgliedstaaten zu den Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen (Art. III-179 Abs. 4 iVm Art. III-194);

                  -           Maßnahmen bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (Art. III-184 Abs. 6, 7, 8 und 11 iVm Art. III-194);

                  -           Europäische Beschlüsse betreffend eine einheitliche Position und Maßnahmen bezüglich der einheitlichen Vertretung der Eurostaaten in internationalen Finanzinstitutionen (Art. III-196, vgl. bereits Art. 122 Abs 3 EGV);

                  -           Rechtsakte der Europäischen Zentralbank (Art. III-326 iVm Art. III-197);

                -                Währungsvereinbarungen und andere Maßnahmen bezüglich der Wechselkurspolitik (Art. III-326 iVm Art. III-197).

 

-       Darüber hinaus hat der Konvent zusätzliche besondere Bestimmungen für Euro-Staaten (Art. III-194) eingeführt: Die Euro-Staaten können die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltspolitik verstärken und die Grundzüge ihrer Wirtschaftspolitik ausarbeiten. Damit wird dem im Euroraum besonderen wirtschaftspolitischen Abstimmungsbedarf Rechnung getragen.

 

Koordinierung der Wirtschaftspolitik / Stabilitäts- und Wachstumspakt:

Bei den Instrumenten zur Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten wird die Rolle der Kommission teilweise gestärkt und das Stimmrecht betroffener Staaten bei gewissen Entscheidungen suspendiert:

 

Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Art. III-179)

-       Die Kommission kann an einen Mitgliedstaat eine Verwarnung richten, wenn im Rahmen der multilateralen Überwachung festgestellt wird, dass seine Wirtschaftspolitik nicht mit den gemeinsamen Grundzügen der Wirtschaftspolitik vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht (Art. III-179 Abs. 4).

-       Bei der anschließenden Empfehlung des Rats an den Mitgliedstaat auf Empfehlung der EK ist der betroffene Mitgliedstaat nicht stimmberechtigt (Art. III-179 Abs. 4).

 

Verfahren bei übermäßigem Haushaltsdefizit (Art. III-184)

-       Neu eingeführt wird ein Vorschlagsrecht (statt - wie im EGV - Empfehlung) der Kommission bei der Feststellung eines übermäßigen Defizits (Art. III-184 Abs. 6). Dies bedeutet, dass der Rat einen solchen Vorschlag – gegen den Willen der Kommission – nur einstimmig abändern kann (vgl. Art. III-395 Abs. 1).

-       Die folgenden Empfehlungen an den betroffenen Mitgliedstaat werden vom Rat allerdings weiterhin auf Empfehlung (und nicht ebenfalls auf Vorschlag, wie im Konvententwurf vorgesehen) der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen.

-       Die Verfahrensschritte, bei denen ein betroffener Mitgliedstaat bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist, werden auf die Feststellung des Defizits ausgeweitet.

 

Die Regierungskonferenz einigte sich auch auf eine Erklärung (zu Art. III- 184) zum Stabilitäts- und Wachstumspakt, in der das Ziel, „in Zeiten günstiger Konjunktur schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, um in Zeiten der konjunkturellen Abschwächung über den nötigen Spielraum zu verfügen und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen“, bekräftigt wird. Außerdem erklären die Mitgliedstaaten ihre Offenheit für Änderungsvorschläge der EK sowie für Beiträge aus ihren eigenen Reihen zwecks Verbesserung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

 

Das Sekundärrecht zum Verfahren bei übermäßigen Defiziten kann auch künftig nur von allen Mitgliedstaaten  erlassen werden (Art. III-194 Abs. 1 iVm Art. III-184 Abs. 13). Hinsichtlich des in Europäischen Gesetzen festzulegenden Sekundärrechtes betreffend die multilaterale Überwachung  erhält die Eurogruppe hingegen die Möglichkeit, autonome Regelungen zu erlassen (vgl. Art. III-194 Abs. 1 iVm Art. III-179 Abs. 6).

 

Österreich hat sich in der Regierungskonferenz für die Beibehaltung der Konventvorschläge zur Stärkung der Rolle der Kommission bei der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten ausgesprochen und für einen Ausbau der autonomen Handlungsfähigkeit der Eurozone eingesetzt. Die Bestimmungen, auf die man sich letzten Endes geeinigt hat, stellen aus österreichischer Sicht einen ausgewogenen Kompromiss dar.

 

Steuern:

Zu dem vom Konvent vorgeschlagenen und von Österreich unterstützten Übergang zur qualifizierten Mehrheit für Bereiche wie der administrativen Zusammenarbeit oder Bekämpfung der Steuerhinterziehung fand sich in der Regierungskonferenz kein Konsens. Die Bestimmung des Art. III-171 sieht nun – unverändert zum EGV – generell Einstimmigkeit im Steuerbereich vor.

 

5) Neue Rechtsgrundlagen in den Politikbereichen

Der Verfassungsvertrag ergänzt die aus dem EGV übernommenen Bestimmungen zu den Politikbereichen durch folgende neue Rechtsgrundlagen:

 

-       Geistiges Eigentum (Art. III-176),

-       Weltraumpolitik (Art. III-254),

-       Energie (Art. III-256),

-       Tourismus (Art. III-281),

-       fiskalischer Natur vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlamentes anzunehmen sind.

 

Der Energieartikel trägt nicht nur zu einer größeren Transparenz der Unionskompetenzen im Allgemeinen bei, sondern schafft auch bessere Voraussetzungen für eine umfassende, nachhaltige und auf die Förderung erneuerbarer Energien ausgerichtete Energiepolitik der Union. Zwar wurde der Energieartikel im Vergleich zum Konventsvorschlag - auf Grund britisch – niederländischer Bedenken hinsichtlich ihrer Verfügungsrechte über die Erdöl- und Erdgasressourcen in der Nordsee - abgeändert, doch wird durch den expliziten Hinweis, dass auch andere Rechtsgrundlagen des Verfassungsvertrags weiterhin für spezifische energiepolitische Maßnahmen herangezogen werden können, abgesichert, dass das Spektrum der Handlungsfähigkeit der Union dadurch keineswegs minimiert wird.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Bereich Nuklearenergie weiterhin vom Euratom-Vertrag erfasst wird und nicht unter den Anwendungsbereich des Energieartikels fällt. Die Rechtsgrundlage für Energie eröffnet aber die Möglichkeit, den Nuklearbereich bei einer zukünftigen Revision des Euratom-Vertrags in den Anwendungsbereich des Artikels einzubeziehen.

 

6) Sonstige ausgewählte Rechtsgrundlagen mit materiellen Änderungen und/oder Verfahrensänderungen

 

Koordination der sozialen Sicherheitssysteme:

Dieser Artikel ist die Rechtsgrundlage für die zur Herstellung der Freizügigkeit der  Arbeitnehmer auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit notwendigen Maßnahmen. Diese umfassen insbesondere ein System zur Wahrung von in verschiedenen Mitgliedstaaten erworbenen Rechten und Anwartschaften im Bereich der sozialen Sicherheit für Personen, die von der Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch machen.

Der Anwendungsbereich für Maßnahmen zur Koordination der sozialen Sicherheitssysteme wird von Arbeitnehmern auf Selbständige (jeweils mit Familienangehörigen) erstreckt. Drittstaatsangehörige und Nicht-Erwerbstätige sind weiterhin nicht von diesem Artikel erfasst. Für die Sicherstellung solcher Rechte für nichterwerbstätige Unionsbürger wird weiterhin auf Art. III-125 Abs. 2 zurückzugreifen sein, in dem einstimmige Beschlussfassung des Rates nach Anhörung des Europäische Parlament vorgesehen ist.

Der EGV sieht für diesen Artikel Einstimmigkeit im Rat und Mitentscheidung des Europäischen Parlaments vor. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren (mit qualifizierter Mehrheit im Rat) wird auf diesen Artikel ausgedehnt, allerdings vorbehaltlich einer in der Regierungskonferenz eingeführten „Notbremse“: Wenn ein Mitgliedstaat die Grundprinzipien seines sozialen Sicherheitssystems – einschließlich seines Anwendungsbereichs, seiner Kosten oder Finanzstruktur – oder das finanzielle Gleichgewicht durch eine Rechtsvorschrift berührt sieht, kann er die Befassung des Europäischen Rates beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann binnen vier Monaten ausgesetzt. Der Europäische Rat, der im Konsens entscheidet, kann den Entwurf zwecks Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens an den Rat rückverweisen oder die Kommission auffordern, einen neuen Vorschlag vorzulegen. (Anders als im Bereich der strafjustiziellen Zusammenarbeit gibt es hier keinen automatischen Übergang zu einer verstärkten Zusammenarbeit).

 

Außerdem wird in einer von Österreich initiierten Erklärung festgehalten, dass die im Zusammenhang mit der „Notbremse“ festgelegten Bedingungen auch bei der Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf der Basis von Art. III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene Berücksichtigung der Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die Grundprinzipien ihres sozialen Sicherheitssystems oder dessen finanzielles Gleichgewicht beeinträchtigt sehen).

 

Der in der letzten Phase der Regierungskonferenz erzielte Kompromiss entspricht den österreichischen Interessen, da einerseits durch die Einführung der qualifizierten Mehrheit eine effizientere Entscheidungsfindung gewährleistet wird und andererseits durch die ‚Notbremse’ sowie die Erklärung sichergestellt wird, dass Gesetzgebungsakte der Union nicht Elemente enthalten, die die Finanzierbarkeit bestimmter österreichischer – von anderen EU-Staaten nicht oder in erheblich geringerem Ausmaß gewährter – Sozial- oder Familienleistungen gefährden würden.

 

Territoriale Kohäsion und Regionalpolitik:

Gemäß Art. I-14 fällt die Kohäsionspolitik unter die Bereiche mit geteilter Zuständigkeit.

 

Die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Kohäsion) war schon bisher ein Ziel bzw. eine Aufgabe der Union (Art. 3 lit. k sowie Art. 158 EGV). Dieses Ziel findet sich im Verfassungsvertrag nunmehr in Art. I-3 Abs. 3 sowie Art. III-220 wieder.

 

Neu ist in den beiden Artikeln der Begriff des „territorialen“ Zusammenhalts. Der Begriff findet sich erstmals im Art. 16 EGV und steht hier im Zusammenhang mit der Sicherung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Er wird jedoch mittlerweile im Kontext der EU in einem weiteren Sinn verwendet und verweist einerseits auf räumlich – physische Aspekte der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion (naturräumliche Faktoren wie Topographie, Klima etc., räumliche Verteilung sozio–ökonomischer Aktivitäten mit Auswirkungen auf Distanzen, Dichte etc.), anderseits auf die notwendige Einbindung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften (Territorien im institutionellen Sinn).

 

Im bisherigen Art. 158 EGV waren bereits Inseln und ländlichen Gebiete ausdrücklich als „benachteiligte Gebiete“ erwähnt. Diese Liste ist nun – als Ergebnis der Regierungskonferenz – in Art. III-220 erweitert worden. Der Verfassungsvertrag bestimmt nunmehr, dass „unter den betroffenen Gebieten … den ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt“ werden soll. Für Österreich ist die Erwähnung der Grenz- und Bergregionen zweifellos von Interesse.

 

Die übrigen Artikel betreffend die Kohäsionspolitik (d.h. die bisherigen Art. 159 bis 162 EGV) werden – abgesehen von redaktionellen Anpassungen zur Verbesserung der Lesbarkeit und Berücksichtigung der geänderten institutionellen Rahmenbedingungen – unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen.

 

Öffentliche Gesundheit:

Dieser Artikel sieht teils geteilte, teils ergänzende Kompetenzen der Union vor. In Ergänzung der Bestimmungen im EGV betrifft die geteilte Zuständigkeit nunmehr auch die in Abs. 4 lit. c genannte Festlegung von Qualitätsstandards für medizinische Produkte und die in Abs. 4 lit. d angeführte Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Eine neue, als ergänzende (Harmonisierung ausschließende) Kompetenz definierte Ermächtigung, sieht Unionsmaßnahmen zum Schutz vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch vor. Explizit wird klargestellt, dass die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik und die Organisation ihres Gesundheitswesens unberührt bleibt.

 

XII. Allgemeine und Schlussbestimmungen sowie Übergangsregelungen

Teil IV des neuen Verfassungsvertrags ist jener Teil, der im Vergleich zum Konventstext die umfangreichsten Ergänzungen erfahren hat. Diese Überarbeitungen und die Erstellung eines Protokolls zu den Übergangsbestimmungen waren deshalb erforderlich, weil der Konvent sich diesem Teil aus Zeitgründen nicht mehr mit der erforderlichen Präzision widmen konnte.

Wesentliche Punkte des Teils IV:

 

1) Aufhebung des Primärrechts

Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags wird das gesamte Primärrecht – mit Ausnahme des Euratom-Vertrages – aufgehoben und durch den Verfassungsvertrag ersetzt werden. Die Europäische Union tritt die Rechtsnachfolge der bisherigen Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft an. Aus diesem Grund war die Schaffung detaillierter Bestimmungen erforderlich, die die rechtliche Kontinuität beim Übergang von EUV/EGV zum neu geschaffenen Verfassungsvertrag im Sinne der Rechtssicherheit sicherstellen.

 

Dementsprechend regelt Artikel IV-437, dass mit dem Verfassungsvertrag der EGV und der EUV sowie – nach Maßgabe des „Protokolls über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union“ – die Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder Änderung aufgehoben werden.

 

Die Beitrittsverträge werden durch Art. IV-437 Abs. 2 aufgehoben. Jene Bestimmungen aus den Beitrittsverträgen, die weiterhin rechtliche Wirkungen entfalten bzw. sich auf weiter geltendes Sekundärrecht beziehen (z.B.: Art. 10 und 11 des Protokolls Nr. 9 aus dem Beitrittsvertrag mit Österreich), sind in zwei Protokollen aufgelistet:

 

1.      Protokoll betreffend die Verträge und die Akte über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden.

 

2.      Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik.

 

2) Sicherung der rechtlichen Kontinuität und Übergangsbestimmungen

Durch Art. IV-438 wird der Weiterbestand der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, die Weitergeltung des gesamten „acquis communautaire“ sowie die Kontinuität der administrativen und gerichtlichen Verfahren (Vertragsverletzungsverfahren, Beihilfeverfahren, Klagsverfahren usw.) sichergestellt.

Ebenfalls gewährleistet ist, dass die Rechtsprechung des EuGH und des Europäischen Gerichts 1. Instanz mutatis mutandis auch weiterhin maßgeblich für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer Bestimmungen des Verfassungsvertrags ist.

 

Aus Gründen der Übersicht und der besseren Lesbarkeit wurden gemäß Art. IV-439 sämtliche im Konventstext bereits vorhandenen bzw. neu geschaffenen Übergangsbestimmungen (z.B.: zur Zusammensetzung des Europäische Parlament, zur Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat und zur Zusammensetzung der Kommission einschließlich des Außenministers der Union) in einem eigenen „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ zusammengefasst.

 

3) Änderungsverfahren

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle vier Teile des Vertrags über eine Verfassung für Europa formal gleichgestellt sind. Eine Änderung von Bestimmungen des Verfassungsvertrags ist nur unter Einhaltung der im Verfassungsvertrag vorgesehenen Verfahren möglich. Im Regelfall ist dabei die Konventmethode zur Vorbereitung einer Regierungskonferenz vorgesehen (Art. IV-443).

 

Gemäß dieser Bestimmung kann in Zukunft neben der Regierung jedes Mitgliedstaats bzw. neben der Kommission auch das Europäische Parlament dem

Rat Entwürfe zur Änderung des Verfassungsvertrags vorlegen. Derartige Entwürfe werden dem Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten der Mitgliedstaaten zur Kenntnis gebracht. Wenn der Europäische Rat in der Folge mit einfacher Mehrheit die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen beschließt, beruft der Präsident des Europäischen Rates einen Konvent ein, der diese Prüfung vornimmt und Empfehlungen für die im Anschluss tagende Regierungskonferenz abgibt.

 

Der Europäische Rat kann jedoch mit einfacher Mehrheit und Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließen, keinen Konvent, sondern gleich eine Regierungskonferenz einzuberufen, falls die Einberufung eines Konvents aufgrund des Umfangs der geplanten Änderungen nicht gerechtfertigt ist.

 

Wenn die Regierungskonferenz die vorgeschlagenen Änderungen vereinbart, treten diese in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.

 

In zwei Fällen sind vereinfachte Änderungsverfahren vorgesehen:

 

-       Art. IV-444: Die sogenannte „Passerelle“-Bestimmung ist für Rechtsgrundlagen des Teil III vorgesehen und ermöglicht einen Übergang einerseits von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit für jene Bestimmungen, in denen im Verfassungsvertrag eine einstimmige Beschlussfassung vorgesehen ist (mit Ausnahme der Bestimmungen über die gemeinsame Verteidigungspolitik und Bestimmungen mit militärischen Implikationen), bzw. andererseits von besonderen auf das ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Wird eine solche Initiative innerhalb von sechs Monaten von keinem nationalen Parlament abgelehnt, kann der Europäische Rat einstimmig und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einen diesbezüglichen Beschluss fassen.

 

-       Art. IV-445: Gemäß diesem Artikel ist für die Bestimmungen des Titels III, Teil III des Verfassungsvertrags („Interne Politikbereiche und Maßnahmen“) ein insofern vereinfachtes Vertragsänderungsverfahren vorgesehen, als weder ein Konvent noch eine Regierungskonferenz erforderlich sind. Es obliegt allein dem Europäischen Rat, diese Bestimmungen mit Beschluss einstimmig abzuändern. Auf diese Weise zustande gekommene Änderungen treten jedoch erst in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften angenommen worden sind.

 

Aus österreichischer Sicht ist zu den Bestimmungen über die Änderung des Verfassungsvertrags festzuhalten, dass die nunmehr vorgesehenen Bestimmungen zwar insofern unterschiedliche Vertragsänderungsverfahren vorsehen, als nicht für jede Änderung ein Konvent und eine Regierungskonferenz erforderlich sind; die grundsätzliche Forderung Österreichs, dass Vertragsänderungen nicht gegen die Ablehnung durch ein nationales Parlament bzw. nur mit Zustimmung aller Mitgliedstaaten vorgenommen werden dürfen, ist im Verfassungsvertrag erfüllt. Teil IV des Verfassungsvertrags ermöglicht die rechtliche Kontinuität und den reibungslosen Übergang beim Wechsel vom aktuellen Vertragswerk zum Vertrag über eine Verfassung für Europa. Zusätzlich garantiert das „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ eine bessere Lesbarkeit sowie eine gute Übersicht über jene Änderungen, die nicht unmittelbar mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags Wirksamkeit entfalten.

 

XIII. Rechtliche Aspekte des EU-Verfassungsvertrages, Genehmigungsverfahren des EU-Verfassungsvertrages:

Der EU-Verfassungsvertrag schafft neues Primärrecht und hebt gleichzeitig grundsätzlich (siehe die diesbezüglichen Erläuterungen) das durch den EU-Beitrittsvertrag, BGBl. Nr. 45/1995, und durch die nachfolgenden Änderungen (Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza, Beitrittsvertrag 2003/4) von Österreich übernommene Primärrecht der Europäischen Union auf.

 

Für das parlamentarische Genehmigungsverfahren zum Abschluss des EU-Beitrittsvertrags wurde mit Art. II des Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, BGBl. Nr. 744/1994, eine eigenständige Rechtsgrundlage geschaffen. Darin wurden im Hinblick auf die besondere Bedeutung des EU-Beitrittsvertrags sowohl für die Genehmigung durch den Nationalrat als auch für die Zustimmung durch den Bundesrat jeweils erhöhte Präsenz- und Konsensquoren (Zweidrittelmehrheit) vorgesehen. Die gleiche Vorgangsweise wurde auch anlässlich des Abschlusses des Vertrags von Amsterdam, des Vertrags von Nizza sowie des EU-Beitrittsvertrages 2003/4 gewählt.

 

Damit wurde – im Hinblick auf den besonderen Charakter des EU/EG-Rechts – die Anwendung des Art. 50 Abs. 1 bis 3 B-VG ausgeschlossen. Von einer Beschlussfassung über die Erlassung von Erfüllungsgesetzen konnte daher ebenso abgesehen werden wie von einer gesonderten Bezeichnung allfälliger verfassungsändernder Bestimmungen des Beitrittsvertrags bzw. des Vertrags von Amsterdam.

 

Es wurde als zweckmäßig erachtet, die eingeschlagene Vorgangsweise auch beim EU-Verfassungsvertrag beizubehalten (siehe das Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des Vertrags über eine Verfassung für Europa).

 

Wie bisher wird auch hier im Hinblick auf den besonderen Charakter des EU-Rechts – abweichend von Art. 50 B-VG – eine verfassungsrechtliche Sonderregelung für das parlamentarische Genehmigungsverfahren geschaffen. In dieser Sonderregelung ist vorgesehen, dass sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat ihre Beschlüsse jeweils mit erhöhten Zustimmungs- und Anwesenheitsquoren zu fassen haben. Die Bezeichnung einzelner Vertragsbestandteile oder des ganzen Vertrags als „verfassungsändernd“ – abweichend von Art. 50 Abs. 3 letzter Satz B-VG – kann unterbleiben. Das zitierte BVG sieht jedoch vor, dass, soweit es nicht besondere Bestimmungen enthält, auf den Verfassungsvertrag die Bestimmungen des B-VG über Staatsverträge (z.B. Art. 49 Abs. 1) anzuwenden sind.

 

XIV. Kosten im Zusammenhang mit dem Verfassungsvertrag:

Die Kosten institutioneller Neuregelungen des Verfassungsvertrages sind im rahmen der bestehenden Obergrenzen des Eigenmittelsystems zu finanzieren. Der Beitrag Österreichs zum Haushalt der  Union wird im Eigenmittelsystem festgelegt.

Der Verfassungsvertrag belässt die primärrechtlichen Bestimmungen zur Festlegung des Eigenmittelsystems (siehe Art. I-54) im Wesentlichen unverändert. Insbesondere bleiben weiterhin einstimmige Beschlussfassung im Rat und das Erfordernis der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Der derzeit geltende Eigenmittelbeschluss, BGBl III Nr. 70/2002, geändert mit BGBl III Nr. 50/2003 legt die Eigenmittelobergrenze für Zahlungen auf 1,24% des Bruttonationalproduktes der Gemeinschaft und für Verpflichtungen auf 1,31% des Bruttonationalprodukts der Gemeinschaft fest.

Der Europäische Rat billigte am 16./17. Dezember 2004 den Vorschlag der Kommission, die Obergrenze für Eigenmittel von derzeit 1,24% des Bruttonationalprodukts der EU im Zeitraum 2007 bis 2013 beizubehalten.

 

XV. Fragen im Zusammenhang mit den Sprachfassungen sowie der Kundmachung:

Der EU-Verfassungsvertrag ist in deutscher Sprache sowie in Dänisch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Schwedisch, Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch gleichermaßen authentisch.

 

Gegenstand der Beschlussfassung des Nationalrats sowie des Bundesrats werden alle Sprachfassungen des EU-Verfassungsvertrages sein. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wird jedoch nur die deutsche Sprachfassung samt Erläuterungen in gedruckter Form vorliegen. Die übrigen authentischen Sprach­fassungen werden in je einem Exemplar zur Auflage in der Parlamentsdirektion zwecks allfälliger Einsichtnahme bereitgestellt (vgl. § 23 Abs. 2 Geschäftsordnungsgesetz 1975). Der EU-Verfassungsvertrag wurde im Übrigen bereits im ABl. Nr. C 310 vom 16. Dezember 2004 kundgemacht.

 

Die Genehmigung des EU-Verfassungsvertrages erfolgt nach dem Verfahren auf Grund einer verfassungsrechtlichen Sonderbestimmung. Diese Regelung lässt jedoch (Art. 1 Abs. 3) die Kundmachungsbestimmungen des B-VG (Art. 49) unberührt. Folglich wird die Kundmachung der deutschen Fassung des EU-Verfassungsvertrages im Bundesgesetzblatt III und die Kundmachung der übrigen Sprachfassungen gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG erfolgen.


BESONDERER TEIL

 

 

PRÄAMBEL

 

In der Präambel werden die Beweggründe für den europäischen Integrationsprozess und für die Ausarbeitung des Vertrages über eine Verfassung für Europa in Erinnerung gerufen. Da der Verfassungsvertrag die Union auf eine neue völkerrechtliche Grundlage stellt, werden die Erwägungsgründe aus den Präambeln des EUV und EGV nicht übernommen.

 

Zum ersten Erwägungsgrund:

Der erste Erwägungsgrund verweist auf das gemeinsame kulturelle, religiöse und humanistische Erbe Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als universelle Werte entwickelt haben. Diese Werte sind auch in Art. I-2 aufgelistet und stellen die Grundlage dar, auf die sich die Union gründet. Ein konkreter Gottesbezug oder Bezug auf das christliche Erbe Europas wurde in die Präambel nicht aufgenommen (Siehe dazu die Erläuterungen zu Art. I-52).

 

Zum zweiten Erwägungsgrund:

Der zweite Erwägungsgrund verleiht der Überzeugung Ausdruck, dass ein nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa auf dem Weg der Zivilisation, des Fort­schritts und des Wohlstands zum Wohl aller seiner Bewohner, auch der Schwächsten und der Ärmsten, weiter voranschreiten will, dass es ein Kontinent bleiben will, der offen ist für Kultur, Wissen und sozialen Fortschritt, dass es Demokratie und Transparenz als Grundlage seines öffentlichen Lebens stärken und auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in der Welt hinwirken will.

 

Zum dritten Erwägungsgrund:

Der dritte Erwägungsgrund weist darauf hin, dass die Völker Europas, stolz auf ihre nationale Identität und Geschichte, entschlossen sind, die alten Gegensätze zu überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten. Dieser Erwägungsgrund ist an den ersten Erwägungsgrund des EGV („in dem festen Willen, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker zu schaffen“) sowie an den zweitletzten Erwägungsgrund des EUV (entschlossen, den Prozess der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas ...weiterzuführen“) angelehnt.

 

Zum vierten Erwägungsgrund:

Der vierte Erwägungsgrund ergänzt den dritten und stellt fest, dass Europa, "in Vielfalt geeint", den Völkern Europas die besten Möglichkeiten bietet, unter Wahrung der Rechte des Einzelnen und im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber den künf­tigen Generationen und der Erde dieses große Unterfangen fortzusetzen, das einen Raum eröffnet, in dem sich die Hoffnung der Menschen entfalten kann.

 

Zum fünften Erwägungsgrund:

Der fünfte Erwägungsgrund weist darauf hin, dass der Verfassungsvertrag das Werk der europäischen Integration, das im Rahmen der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags über die Europäische Union geschaffen wurde, unter Wahrung der Kontinuität des gemeinschaftlichen Besitzstands fortsetzt.

 

Zum sechsten Erwägungsgrund:

Im sechsten Erwägungsgrund werden die Leistungen der Mitglieder des Europäischen Konvents gewürdigt, die den Entwurf des Verfassungsvertrages erarbeitet haben.

 

TEIL I

TITEL I

Definition und Ziele der Union

 

Gründung der Union

 

Zu Artikel I-1:

Gemäß Abs. 1 wird die Europäische Union neu gegründet. Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Teils IV, welche die Rechtsnachfolge und die Kontinuität im Verhältnis zur bisherigen Europäischen Union und zur Europäischen Gemeinschaft bestimmen, zu lesen (vgl. die Erläuterungen zu Art. IV-437 ff. sowie zum Protokoll Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union).

 

In der Bestimmung kommt die doppelte Legitimationsgrundlage der Union, die sowohl eine Union der Bürgerinnen und Bürger (vertreten im direkt gewählten Europäischen Parlament) als auch eine Union der Staaten Europas (vertreten im Rat) ist, zum Ausdruck. Die Mitgliedstaaten bleiben jedoch „Herren des Vertrags“. Der Form nach ist der Verfassungsvertrag ein völkerrechtlicher Vertrag, für dessen Zustandekommen Art. 48 EUV die Grundlage darstellt.

 

Zur Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele werden der Union Zuständigkeiten übertragen. Die Feststellung, dass die Union die ihr übertragenen Zuständigkeiten „in gemeinschaftlicher Weise“ ausübt, verweist auf die supranationale Gemeinschaftsmethode, für die das Initiativmonopol der Europäischen Kommission, die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat, die Mitentscheidung des Europäischen Parlaments und die Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof charakteristisch sind. Allerdings gilt die Gemeinschaftsmethode für die Ausübung der Zuständigkeiten nicht uneingeschränkt, die Verfassung definiert diesbezüglich konkrete Ausnahmen. Verwiesen wird auch auf die Rolle der Union bei der Koordinierung der Politiken zur Erreichung der Unionsziele.

 

Gemäß Abs. 2 steht die Union allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich verpflichten, sie gemeinsam zu fördern. Diese Feststellung steht in Zusammenhang mit Art. I-58 über den Beitritt zur Union und ist Art. 49 EUV nachempfunden.

 

Die Werte der Union

 

Zu Artikel I-2:

Dieser Artikel nennt die Werte, auf die sich die Union gründet: Die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.

 

Diese Bestimmung ist inhaltlich Art. 6 Abs. 1 EUV nachgebildet, wo bereits einige dieser Grundsätze – nun „Werte“ der Union – genannt werden (Freiheit, Demokratie, Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit). Den bereits in Art. 6 Abs. 1 EUV genannten Grundsätzen werden die Werte Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Nichtdiskriminierung und Gleichheit von Frauen und Männern hinzugefügt.

 

Die Achtung der in diesem Artikel genannten Werte ist Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in der Union und Grundlage für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Union und der Mitgliedstaaten. Daher ist die Achtung und die Förderung der Werte Voraussetzung für den Beitritt zur Union (vgl. Art. I-1 Abs. 2 und Art. I-58 Abs. 1). Die Verletzung der Werte kann die Einleitung eines Sanktionsverfahrens (vgl. Art. I-59, Aussetzung bestimmter, mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte) nach sich ziehen.

 

Die Ziele der Union

 

Zu Artikel I-3:

In diesem Artikel, der Art. 2 EUV und Art. 2 EGV ersetzt, werden die allgemeinen Ziele der Union genannt. Inhaltlich werden die Ziele des EUV und des EGV zwar übernommen, sind aber im Vergleich zum EUV und zum EGV übersichtlicher und kompakter wiedergegeben und um einige Ziele ergänzt: Neu sind die Hinweise auf eine wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft; die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und von Diskriminierungen, Förderung von sozialer Gerechtigkeit und sozialem Schutz, Solidarität zwischen den Generationen und Schutz der Rechte des Kindes; die Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts und des territorialen Zusammenhalts; die Wahrung des Reichtums der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union und die Sorge für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas und im Bereich der Außenbeziehungen auf die weltweite nachhaltige Entwicklung, die Solidarität und gegenseitige Achtung unter den Völkern, den freien und gerechten Handel, die Beseitigung der Armut und den Schutz der Menschenrechte. Auf die Nennung einzelner Politikbereiche wird in der Zielbestimmung verzichtet, diese finden sich nun in den Kompetenzbestimmungen. Weitere, spezifische Ziele ergeben sich aus einzelnen Bestimmungen zu den Politikbereichen in Teil III.

 

Abs. 5 legt fest, dass die Union diese Ziele mit geeigneten Mitteln und entsprechend den Zuständigkeiten, die ihr in der Verfassung übertragen sind, zu verfolgen hat und enthält damit einen Hinweis auf die Regeln für die Ausübung der Kompetenzen der Union (siehe Erläuterungen zu Art. I-11 bis I-18). Zusammen mit den Kompetenzregeln dienen die Ziele zur Abgrenzung der durch die Verfassung der Union übertragenen Zuständigkeiten, stärken den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (vgl. Art. I-11 Abs. 1) und definieren die Grenzen der Flexibilitätsklausel (vgl. Art. I-18).

 

Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung

 

Zu Artikel I-4:

Die Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot sind für das Funktionieren des Binnenmarktes – wie schon im EGV – grundlegend und werden in der Verfassung an prominenter Stelle genannt.

 

Abs. 1 bestimmt, dass der freie Personen‑, Dienstleistungs‑, Waren‑ und Kapitalverkehr sowie die Niederlassungsfreiheit von der Union und innerhalb der Union nach Maßgabe der Verfassung gewährleistet werden. Im Unterschied zu Art. 14 Abs. 2 EGV wird auch die Niederlassungsfreiheit erwähnt.

 

Abs. 2 entspricht Art. 12 EGV und verbietet, unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung, jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Anwendungsbereich der Verfassung.

 

Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten

 

Zu Artikel I-5:

In diesem Artikel werden die wesentlichsten Grundsätze des Verhältnisses zwischen der Union und den Mitgliedstaaten festgelegt: Gleichheit der Mitgliedstaaten, die Achtung ihrer nationalen Identität und den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit.

 

Abs. 1 übernimmt inhaltlich Art. 6 Abs. 3 und Art. 33 EUV. Neu ist der Hinweis auf die „Gleichheit der Mitgliedstaaten vor der Verfassung“, welche einen Verweis auf die souveräne Gleichheit der Mitgliedstaaten darstellt. Die Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten wird aus Art. 6 Abs. 3 EUV übernommen, jedoch präzisiert durch die Ergänzung „die in deren grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“. Damit ist klargestellt, dass die Union auch auf die föderalen und regionalen Strukturen der Mitgliedstaaten und auf die Ebene der Gemeinden Rücksicht zu nehmen hat.

 

Der zweite Satz entspricht Art. 33 EUV. Er enthält den Grundsatz der Achtung der „grundlegenden Funktionen des Staates“ durch die Union. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Schutz der nationalen Sicherheit werden im Vergleich zum EUV durch das Prinzip der Wahrung der territorialen Unversehrtheit ergänzt. Diese Ergänzung sowie die Änderung von „innere“ auf „nationale“ Sicherheit ist dadurch begründet, dass dieser Grundsatz auf alle Politikbereiche, einschließlich die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, und nicht mehr nur auf die frühere Dritte Säule bezogen ist (vgl. Art. III-262 und III-377).

 

Abs. 2 übernimmt inhaltlich Art. 10 EGV. Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gilt im Anwendungsbereich des Verfassungsvertrages entsprechend der zu Art. 10 EGV ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und ist nicht nur für die Mitgliedstaaten gegenüber der Union, sondern auch für die Union gegenüber den Mitgliedstaaten wirksam.

 

Das Unionsrecht

 

Zu Artikel I-6:

Diese Bestimmung stellt fest, dass die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzte Recht Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten haben. Damit wird die langjährige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz zur Vorrangwirkung in die Verfassung aufgenommen. Dies unterstreicht auch die Erklärung Nr. 1 zur Schlussakte des Vertrages nochmals.

 

Rechtspersönlichkeit

 

Zu Artikel I-7:

Im aktuellen Primärrecht besitzt die Europäische Gemeinschaft gemäß Art. 281 EGV Rechtspersönlichkeit. Der EUV enthält keine Bestimmung über die Rechtspersönlichkeit der Union, obwohl ihr gemäß Art. 24 EUV eine völkerrechtliche Vertragsabschlußkompetenz zukommt und von Teilen der Lehre wegen der Befugnis der EU-Organe zur Erlassung von für die Mitgliedstaaten verbindlichen Rechtsakten (im Rahmen der GASP und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen) bereits jetzt eine Rechtspersönlichkeit angenommen wird.

 

In Entsprechung der Aufhebung der Säulenstruktur besitzt die Union nun gemäß Art. I-7 eine einheitliche Rechtspersönlichkeit.

 

Die Symbole der Union

 

Zu Artikel I-8:

Diese Bestimmung nennt die Symbole der Union, die bislang nicht formell im Primärrecht der Union verankert waren (gemeinsame Währung Euro, Flagge, Hymne, Leitspruch und Europatag).

 

TITEL II

Grundrechte und Unionsbürgerschaft

Grundrechte

 

Zu Artikel I-9:

Abs. 1 legt fest, dass die Union die in Teil II des Verfassungsvertrages (Charta der Grundrechte) verankerten Rechte und Grundsätze anerkennt.

 

Abs. 2 stellt die Rechtsgrundlage für den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) dar. Es wird klargestellt, dass der Beitritt zu dieser Konvention die in der Verfassung festgelegten Zuständigkeiten der Union nicht ändert. Die Union besitzt daher im Bereich der Grundrechte nur dort eine Rechtssetzungskompetenz, wo ihr der Verfassungsvertrag eine solche ausdrücklich zuweist. Mit einem der Verfassung beigefügten Protokoll (sie Erläuterungen zu Protokoll Nr. 32) wird sichergestellt werden, dass der Beitritt der Union zur EMRK unter Bedingungen erfolgt, die den besonderen Merkmalen der Union und des Unionsrechts Rechnung tragen. In diesem Zusammenhang ist weiters auf die der Schlussakte beigefügte Erklärung Nr. 2 zu Art. I-9 Abs. 2 hingewiesen, wonach der EMRK-Beitritt der Union unter Bedingungen erfolgen soll, die es gestatten, die Besonderheiten der Rechtsordnung der Union zu wahren und zu achten. In dieser Erklärung wird der regelmäßige Dialog zwischen dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und dem EuGH hervorgehoben.

 

Abs. 3 entspricht im Wesentlichen Art. 6 Abs. 2 EUV. Diese Bestimmung ermöglicht, dass zusätzlich zu dem durch die Charta der Grundrechte gegebenen Schutz künftige Entwicklungen der EMRK und der Menschenrechtsgesetzgebung der Mitgliedstaaten in das Unionsrecht einfließen können.

 

Unionsbürgerschaft

 

Zu Artikel I-10:

Abs. 1 übernimmt Art. 17 Abs.1 EGV. Es wird klargestellt, dass Staatsangehörige eines Mitgliedstaats auch die Unionsbürgerschaft besitzen. Diese ergänzt die nationale Staatsbürgerschaf, ersetzt diese aber nicht.

 

In Abs. 2 werden die wesentlichen mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten aufgelistet, die inhaltlich den in Art. 18 bis 21 EGV genannten entsprechen:

 

Das Recht sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

 Die Detailbestimmung dazu findet sich in Art. III-125.

Das aktive und passive Wahlrecht bei Wahlen zum Europäischen Parlament und bei Kommunalwahlen, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat.

 Die Detailbestimmung dazu findet sich in Art. III-126.

Das Recht auf diplomatischen und konsularischen Schutz durch die Behörden eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Staats.

Die Detailbestimmung dazu findet sich in Art. III-127.

Das Petitionsrecht an das Europäische Parlament und an den Europäischen Bürgerbeauftragten sowie das Recht, sich in einer der 21 Sprachen der Verfassung an die Organe der Union zu wenden und eine Antwort in derselben zu erhalten.

Die Detailbestimmungen dazu finden sich in Art. III-128 und IV-448 Abs. 1.

 

Diese Rechte und Pflichten können unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der Verfassung und durch die in Anwendung der Verfassung erlassenen Maßnahmen festgelegt sind, ausgeübt werden.

 

 

TITEL III

Die Zuständigkeiten der Union

 

Dieser Titel regelt die vertikale Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten (Kompetenzordnung). Die in EGV und in EUV verstreuten bzw. nur implizit enthaltenen und/oder aus der ständigen Rechtssprechung des EuGH erwachsenen Kompetenzbestimmungen werden erstmals systematisch zusammengefasst, primärrechtlich vollständig kodifiziert und in Einzelaspekten substantiell (in materieller oder formaler Hinsicht) ergänzt.

 

Grundprinzipien

Zu Artikel I-11:

Abs. 1 nennt drei Grundsätze für die Abgrenzung bzw. die Ausübung der Zuständigkeiten der Union, die aus Art. 5 EGV übernommen werden. Für die Abgrenzung gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, für die Ausübung gelten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.

 

In Abs. 2 wird der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung in Anlehnung an die Formulierung von Art. 5 EGV definiert. Die Tätigkeit der Union wird auf die Zuständigkeiten begrenzt, die die Mitgliedstaaten der Union zur Verwirklichung der in der Verfassung niedergelegten Ziele übertragen haben. Zur Klarstellung wird ergänzend darauf hingewiesen, dass somit alle der Union in der Verfassung nicht übertragenen Zuständigkeiten bei den Mitgliedstaaten verbleiben.

 

Abs. 3 UAbs. 1 enthält die Definition des Subsidiaritätsprinzips und grenzt dessen Anwendungsbereich – wie Art. 5 EGV – auf die Bereiche ein, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen. In diesen Bereichen wird die Union nur tätig „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“ Die Definition übernimmt aus Art. 5 EGV das Negativkriterium der nicht ausreichenden Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene (erster Satzteil) sowie das Positivkriterium der besseren Erreichbarkeit auf Unionsebene (zweiter Satzteil). Neu gegenüber der Formulierung in Art. 5 EGV ist die zusätzliche Erwähnung der regionalen und lokalen Ebene im Kriterium der nicht ausreichenden Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene. Außerdem heißt es im zweiten Satzteil „sondern vielmehr“ an Stelle von „und daher“ im EGV, womit deutlich gemacht wird, dass die Kriterien der nicht ausreichenden Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene und der besseren Erreichbarkeit auf Unionsebene kumulativ vorliegen müssen. Das Erfordernis der Erfüllung beider Kriterien stellt allerdings keine materielle Neuerung dar, da es schon derzeit in Ziffer 5 des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ primärrechtlich eindeutig festgeschrieben ist.

In UAbs. 2 wird festgehalten, dass die Organe der Union das Subsidiaritätsprinzip gemäß den Bestimmungen des „Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ anzuwenden haben. Besonders hervorgehoben wird die Rolle der nationalen Parlamente in den in diesem Protokoll vorgesehenen Verfahren zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips (siehe Erläuterungen zu den Protokollen Nr. 1 und Nr. 2).

 

In Abs. 4 wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit definiert. Die Maßnahmen der Union dürfen „inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß hinaus“ gehen. Ergänzt zur Formulierung in Art. 5 EGV wird die Wortfolge „inhaltlich wie formal“, womit betont wird, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht nur hinsichtlich des Inhalts, sondern auch hinsichtlich des Typus des Rechtsinstruments (vgl. Art. I-38) zu beachten ist. Dieses doppelte Kriterium stellt allerdings keine materielle Neuerung dar, da auch die Beachtung des formalen Aspekts des Verhältnismäßigkeitsprinzips schon derzeit in den Ziffern 6 und 7 des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ primärrechtlich verlangt wird.

 

Genauso wie beim Subsidiaritätsprinzip wird in Abs. 4 auch bei der Anwendung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch die Organe der Union auf die Bestimmungen des „Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ verwiesen.

 

Arten von Zuständigkeiten

 

Zu Artikel I-12:

Der Artikel nennt die Arten von Zuständigkeiten, die durch die Verfassung der Union übertragen werden und gibt für diese jeweils generell gültige Wesensmerkmale an.

 

Abs.1 legt fest, dass in den Bereichen, in denen die Union über eine ausschließliche Zuständigkeit verfügt, nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und verbindliche Rechtsakte erlassen kann. Ein Tätigwerden der Mitgliedstaaten ist nur auf der Basis einer spezifischen Ermächtigung durch die Union oder zur Durchführung von Rechtsakten der Union zulässig.

 

Gemäß Abs. 2 sind in den Bereichen geteilter Zuständigkeit die Union und die Mitgliedstaaten gleichermaßen befugt, gesetzgeberisch tätig zu werden und rechtlich bindende Rechtsakte zu erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeiten wahr, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder entschieden hat, diese nicht mehr auszuüben. Demnach liegt die Zuständigkeit zunächst bei den Mitgliedstaaten und geht erst nach Maßgabe des Tätigwerdens der Union an diese über. Sofern, soweit und solange die Union ihre Zuständigkeit ausübt, dürfen die Mitgliedstaaten nur nach Maßgabe der einschlägigen Unionsrechtsakte rechtlich verbindlich tätig werden. In Art. I-14 Abs. 3 und  4, für die geteilte Zuständigkeit gilt,  werden allerdings Ausnahmen von dieser generellen Regel festgelegt.

 

In Abs. 3 wird festgehalten, dass die Mitgliedstaaten ihre Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik koordinieren. Diese Koordinierung erfolgt im Rahmen von Regelungen, die die Union auf der Basis der in Teil III des Verfassungsvertrages enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen festlegt.

 

Gemäß Abs. 4 ist die Union dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwirklichen. Die Formulierung „einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik“ ist Art. 17 EUV entnommen.

 

Aus Abs. 5 geht hervor, dass in den Bereichen, in denen die Verfassung Maßnahmen der Union zur Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten vorsieht, die Ausübung von Zuständigkeiten durch die Union keinen Verlust von Zuständigkeiten für die Mitgliedstaaten bedingt. Außerdem dürfen die verbindlichen Rechtsakte der Union, die auf der Basis der in Teil III des Verfassungsvertrags für diese Bereiche enthaltenen Handlungsermächtigungen erlassen werden, keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.

 

Der konkrete Umfang der jeweiligen Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer Ausübung ergeben sich gemäß Abs. 6 allerdings erst aus den in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den jeweiligen Einzelbereichen.

 

In Zusammenhang mit Art. I-14 Abs.1 ergibt sich, dass es grundsätzlich nur die drei in den Abs. 1, 2 und 5 genannten Arten von Zuständigkeiten gibt (ausschließliche, geteilte und unterstützende/koordinierende/ergänzende Zuständigkeit). Bei den in den Abs. 3 und 4 genannten Zuständigkeiten (Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik sowie Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) handelt es sich allerdings um Sonderformen, die keiner dieser Kategorien zugeordnet wurden und deren Besonderheiten in Art. I-15 bzw. I-16 ausgeführt werden.

 

Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit

 

Zu Artikel I-13:

Der Artikel führt taxativ diejenigen Bereiche an, in denen der Union ausschließliche Zuständigkeit im Sinne von Art. I-12 Abs. 1 zukommt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeit und die Einzelheiten seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den jeweiligen Einzelbereichen ergeben:

 

Abs.1 nennt als solche Bereiche:

-       die Zollunion,

-       die Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln,

-       die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,

-       die Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik und

-       die gemeinsame Handelspolitik.

 

Abs. 2 kodifiziert im Wesentlichen die ständige Rechtsprechung des EuGH zur ausschließlichen Zuständigkeit der Union für den Abschluss internationaler Übereinkünfte. Demnach hat die Union ausschließliche Zuständigkeit auf diesem Gebiet, wenn der Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte.

 

Die Bereiche ausschließlicher Zuständigkeit werden gemäß der ständigen Rechtssprechung des EuGH präzisiert und hinsichtlich der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Wettbewerbsregeln sowie von Einzelaspekten der gemeinsamen Handelspolitik erweitert. Der genaue Umfang der ausschließlichen Zuständigkeit für die gemeinsame Handelspolitik ergibt sich allerdings erst aus den korrespondierenden, konkreten Handlungsermächtigungen in Teil III des Verfassungsvertrages. Auf Grund der Auflösung der Säulenstruktur gilt ferner die ausschließliche Vertragsschlusskompetenz unter den genannten Voraussetzungen des Abs. 2 auch für die GASP (Zweite Säule im EUV) und die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Dritte Säule im EUV).

 

Bereiche mit geteilter Zuständigkeit

 

Zu Artikel I-14:

In diesem Artikel wird festgelegt, welche Bereiche unter die geteilte Zuständigkeit fallen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeit und die Einzelheiten seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den jeweiligen Einzelbereichen ergeben.

 

Abs.1 enthält eine Generalklausel, gemäß der in allen denjenigen Bereichen eine geteilte Zuständigkeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten besteht, die nicht in Art. I-13 taxativ als in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallende Bereiche und nicht in Art. I-17 taxativ als Bereiche, in denen die Union für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen zuständig ist, genannt werden.

 

In Abs. 2 werden die Hauptbereiche geteilter Zuständigkeit im Sinne von Art. I-12 Abs. 2 demonstrativ angeführt:

-       Binnenmarkt,

-       Sozialpolitik hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte,

-       wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt,

-       Landwirtschaft und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,

-       Umwelt,

-       Verbraucherschutz,

-       Verkehr,

-       transeuropäische Netze,

-       Energie,

-       Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,

-       gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich der öffentlichen Gesundheit hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte.

 

Gemäß Abs. 3 und Abs.  4 fallen auch die Bereiche Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt sowie Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe unter die geteilten Zuständigkeiten. Allerdings gilt für diese Bereichskomplexe eine Ausnahme von dem in Art. I-12 Abs. 2 festgelegten Wesensmerkmal geteilter Zuständigkeit, indem die Ausübung der Zuständigkeit durch die Union die Mitgliedstaaten nicht daran hindert, ihre Zuständigkeit weiter parallel auszuüben. Der Unterschied zwischen dieser Sonderform geteilter Zuständigkeit und der in Art. I-12 Abs. 5 definierten unterstützenden, koordinierenden und ergänzenden Zuständigkeit besteht darin, dass bei Ersterer eine Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen wird.

 

Die der geteilten Zuständigkeit zugeordneten Hauptbereiche spiegeln im Wesentlichen die derzeit, auf der Basis des EGV im Einklang mit der ständigen Rechtssprechung des EuGH geltende Kompetenzlage wider. Dies gilt auch für den Bereich „Energie“, der bislang lediglich in Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV als ein Tätigkeitsbereich der Gemeinschaft genannt wird, für den es aber keine spezifische Handlungsermächtigung im EGV gibt. Energiepolitische Maßnahmen der Gemeinschaft basieren aber auch derzeit auf Rechtsgrundlagen, die eine geteilte Zuständigkeit begründen. Neu ist hingegen, dass auf Grund der Auflösung der Säulenstruktur auch die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die polizeiliche Zusammenarbeit unter die geteilten Zuständigkeiten fällt.

 

Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik

 

Zu Artikel I-15:

Dieser Artikel enthält spezifische Bestimmungen für die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik, die eine Ergänzung zu Art. I-12 Abs. 3 darstellen.

 

Gemäß dem ersten Satz des Abs. 1 koordinieren die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik innerhalb der Union, wobei der Ministerrat zu diesem Zweck Maßnahmen erlässt und insbesondere die Grundzüge dieser Politik beschließt. Aus dieser Formulierung geht in Zusammenhang mit Art. I-34 und Art. I-35 hervor, dass bei der Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik nicht das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, sondern entweder besondere Gesetzgebungsverfahren oder Rechtsakte ohne Gesetzescharakter Anwendung finden.

 

Der zweite Satz von Abs. 2 schafft die Kompetenzgrundlage dafür, dass für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, in Teil III des Verfassungsvertrages festgelegte, besondere Regelungen gelten.

 

Gemäß Abs. 2 ist die Union dafür zuständig, Maßnahmen zur Koordinierung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten zu treffen, wobei insbesondere die Festlegung von Leitlinien für diese Politik erwähnt wird.

 

Gemäß Abs. 3 kann die Union ferner Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen.

 

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

Zu Artikel I-16:

Dieser Artikel enthält spezifische Bestimmungen für die Zuständigkeit der Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Er stellt eine Ergänzung zu Art. I-12 Abs. 4 dar.

 

Gemäß Abs.1 erstreckt sich die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann. Der Absatz entspricht im Wesentlichen dem materiellen Inhalt des ersten Satzes von Art. 17 Abs. 1 EUV. Die formalen Regelungen für den eventuellen Übergang zu einer gemeinsamen Verteidigung finden sich in Art. I-41 Abs. 2.

 

Gemäß Abs. 2 unterstützen die Mitgliedstaaten die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen Solidarität und achten das Handeln der Union in diesem Bereich. Sie enthalten sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer Wirksamkeit schaden könnte. Dieser Absatz entspricht dem ersten Satz und dem ersten Teil des dritten Satzes von Art. 11 Abs. 2 EUV.

 

Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahmen

 

Zu Artikel I-17:

Der Artikel nennt taxativ „Tätigkeitsfelder mit europäischer Zielsetzung“, bei denen die Union für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen im Sinne von Art. I-12 Abs. 5 zuständig ist:

-       Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit – sofern nicht konkrete Handlungsermächtigungen in Teil III des Verfassungsvertrages in Einklang mit Art. I-14 Abs. 2  lit. k eine geteilte Zuständigkeit für bestimmte gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich des Gesundheitswesens betreffende Aspekte festlegen;

-       Industrie;

-       Kultur;

-       Tourismus;

-       allgemeine Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung;

-       Katastrophenschutz;

-       Verwaltungszusammenarbeit.

 

Zu berücksichtigen ist dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeiten und die Einzelheiten seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den jeweiligen Einzelbereichen ergeben.

 

Die in diesem Artikel genannten Zuständigkeitsbereiche entsprechen im Wesentlichen der derzeitigen Kompetenzlage. Für den Tourismus und den Katastrophenschutz erfolgt eine Klarstellung der Kompetenzlage, da „Fremdenverkehr“ und „Katastrophenschutz“ zwar in Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV als Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft genannt werden, sich im EGV jedoch keine konkreten Handlungsermächtigungen dafür finden. Neu hinzugefügt wird der Bereich Sport.

 

Flexibilitätsklausel

 

Zu Artikel I-18:

Die „Flexibilitätsklausel“ tritt an die Stelle der bisherigen Kompetenzabrundungsbestimmung des Art. 308 EGV.

 

Der Wortlaut des Abs. 1 entspricht im Wesentlichen Art. 308 EGV. Die Union kann die Flexibilitätsklausel anwenden, wenn dies im Rahmen der in Teil III des Verfassungsvertrages festgelegten Politikbereiche erforderlich erscheint, um eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, in der Verfassung aber die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind. Die Bedingungen für die Anwendung der Klausel sind daher grundsätzlich die gleichen wie bei Art. 308 EGV: Fehlen einer konkreten Rechtsgrundlage, Erforderlichkeit des Tätigwerdens, um ein Ziel der Union zu verwirklichen. Die Einschränkung auf die „im Rahmen der in Teil III festgelegten Politikbereiche“ tritt an die Stelle der EGV-Wortfolge „im Rahmen des Gemeinsamen Marktes“, die vom EuGH in seiner ständigen Rechtssprechung mittlerweile als Verweis auf die gesamten EGV-Bestimmungen ausgelegt wird. Die neue Wortfolge steht zwar einem Tätigwerden der Union für den Fall, dass in Teil I des Verfassungsvertrages genannte Ziele keinem der in Teil III angeführten Politikbereichen zugeordnet werden könnten, entgegen. Allerdings fallen unter die Politikbereiche des Teils III auch die bislang außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 308 EGV befindlichen Bereiche GASP bzw. polizeiliche und strafrechtliche Zusammenarbeit.

 

In formaler Hinsicht wird das Einstimmigkeitserfordernis im Rat beibehalten; allerdings ist nicht mehr nur Anhörung, sondern Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich. Darüber hinaus schreibt Abs. 2 vor, dass die Kommission die nationalen Parlamente im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach Art. I-11 Abs. 3 auf Vorschläge, die sich auf die Flexibilitätsklausel stützen, besonders aufmerksam zu machen hat. Damit wird die Kontrollfunktion der nationalen Parlamente erheblich gestärkt (vgl. Art. 6 bis 8 des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit).

 

Abgesehen von diesen formalen Neuerungen wird eine weitere Grenze für die Anwendung der Flexibilitätsklausel gezogen: Gemäß Abs. 3 dürfen Maßnahmen, die sich auf die „Flexibilitätsklausel“ stützen, nicht dazu dienen, ein in der Verfassung vorgesehenes Verbot der Harmonisierung von Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zu umgehen.

 

Die detaillierte Regelung der Kompetenzbestimmungen in Teil I Titel III sowie neue Rechtsgrundlagen in Teil III des Verfassungsvertrages sollen dazu beitragen, dass ein Rückgriff auf die Flexibilitätsklausel in wesentlich weniger Fällen erforderlich wird als dies bei Art. 308 EGV der Fall ist.

 

 

TITEL IV

Die Organe und Einrichtungen der Union

KAPITEL I

Institutioneller Rahmen

Die Organe der Union

 

Zu Artikel I-19:

Abs. 1 legt die Zwecke, auf die die Tätigkeit des „institutionellen Rahmens“ der Union ausgerichtet ist, und die Organe die von ihm umfasst werden, fest. Der „institutionelle Rahmen“ der Union dient vier Hauptaufgaben:

Er hat den Werten der Union Geltung zu verschaffen,

                         -    ihre Ziele zu verfolgen

                         -    den Interessen der Union, der Bürger und der Mitgliedstaaten zu dienen sowie

                         -    die Kohärenz, Effizienz und Kontinuität der Unionspolitik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.

 

Der institutionelle Rahmen setzt sich aus dem Europäischen Parlament, dem Europäischen Rat, dem Ministerrat (im Folgenden „Rat“), der Europäischen Kommission (im Folgenden „Kommission“) und dem EuGH zusammen.

 

Festzuhalten ist, dass Artikel I-19 unter dem Begriff des institutionellen Rahmens nicht alle Organe der Union erfasst. Nicht genannt werden die Europäische Zentralbank und  der Rechnungshof der Union. Diese und die beiden beratenden Einrichtungen, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen, werden in Teil I Titel IV Kapitel 2 gesondert geregelt.

 

Die Hervorhebung der genannten fünf Organe durch den Ausdruck „institutioneller Rahmen“ ergibt sich aus der zentralen Bedeutung dieser für alle Politikbereiche der Union zuständigen Organe. Ein eigenständiger normativer Gehalt kommt dem Begriff des „institutionellen Rahmens“ nicht zu.

 

Abs. 2 bestimmt, dass jedes Organ – und nicht nur die gemäß Abs. 1 im institutionellen Rahmen genannten - nach Maßgabe der ihm in der Verfassung zugewiesenen Befugnisse, nach den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt sind, handelt. Der 2. Satz von Art. I-19 Abs. 2 normiert die Verpflichtung der Organe zur loyalen Zusammenarbeit.

 

Abs. 2 gibt den derzeitigen Rechtsbestand, wie er sich aus Artikel 5 EUV und Artikel 7 EGV ergibt, wieder. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, dessen Definition sich in Artikel I-11 Abs. 2 findet, wird ausdrücklich als die leitende Handlungsmaxime für die Organe der Union festgelegt.

 

Das Europäische Parlament

 

Zu Artikel I-20:

Gemäß Abs. 1 übt das Europäische Parlament gemeinsam mit dem Ministerrat die Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse aus, erfüllt bestimmte Kontroll- und Beratungsfunktionen und wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission. Neu in dieser Aufzählung der wichtigsten Funktionen ist die Wahl des Präsidenten der Kommission. Die Modalitäten dieser Wahl sind in Art. I-27 Abs. 1 geregelt.

 

Gemäß Abs. 2 setzt sich das Europäische Parlament aus Vertretern der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen. Für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments werden das Prinzip der degressiven Proportionalität, eine maximale Gesamtanzahl von 750 Sitzen, eine Mindestanzahl von sechs Sitzen pro Mitgliedstaat und eine Maximalanzahl von 96 Sitzen pro Mitgliedstaat vorgegeben.

 

Das Prinzip der degressiven Proportionalität, das die im EGV verankerte konkrete Aufteilung der Sitze auf die Mitgliedstaaten seit Gründung der EG bestimmt und aus der Formulierung in Art.190 Abs. 2, UAbs. 2, EGV abgeleitet werden konnte, wonach „durch die Zahl der in jedem Mitgliedstaat gewählten Abgeordneten eine angemessene Vertretung der Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten gewährleistet sein“ muss, wird im Verfassungsvertrag erstmals explizit angeführt.

 

Im Unterschied zu Art. 190 Abs. 2 EGV wird die konkrete Zusammensetzung des Europäischen Parlaments im Verfassungsvertrag nicht festgelegt. Die maximale Gesamtanzahl der Sitze erhöht sich im Vergleich zu Art.189 EGV (i. d. F. von Art. 11 Beitrittsvertrag 2004) von 736 auf 750. Die Mindest- und die Maximalanzahl der Sitze pro Mitgliedstaat werden neu eingeführt.

 

Die konkrete Zusammensetzung auf der Basis dieser Grundsätze ist in einem Europäischen Beschluss zu regeln, der vom Europäischen Rat einstimmig auf Initiative des Europäischen Parlamentes und mit dessen Zustimmung erlassen wird.

 

Bis zum Ende der Wahlperiode 2004-2009 ist die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes in Art. I des Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union geregelt (siehe Erläuterungen zum Protokoll Nr. 34).

 

Gemäß Art. I-20 Abs. 3 werden die Mitglieder des Europäischen Parlamentes in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Als Prinzipien für die Wahl werden gegenüber Art. 190 EGV die Grundsätze des freien und geheimen Wahlrechts ergänzt. Die Wahlperiode bleibt unverändert.

 

Gemäß Abs. 4 wählt das Europäische Parlament seinen Präsidenten und sein Präsidium aus seiner Mitte. Dies entspricht Art. 197 Abs. 1 EGV.

 

Detailbestimmungen zum Europäischen Parlament finden sich in Art. III-330 bis III-340.

 

In der einseitigen Erklärung Nr. 48 stellt das Vereinigte Königreich fest, dass durch Art. I-20 und andere Bestimmungen des Verfassungsvertrages die Grundlagen des Wahlrechts zum Europäischen Parlament nicht geändert werden sollen.

 

Der Europäische Rat

 

Zu Artikel I-21:

Die Bestimmung ist in vier Abs. gegliedert und übernimmt den wesentlichen Regelungsgehalt des derzeitigen Art. 4 EUV. Dazu kommt eine neue Bestimmung über die Beschlussfassung im Europäischen Rat.

 

Abs. 1 definiert die Aufgaben des Europäischen Rates. Er gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest. Gemäß Art. I-40 Abs. 2 und Art. III-295 bestimmt er die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele der GASP fest. Gemäß Art. III-258 legt er weiters die strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung im Raum der Freiheit der Sicherheit und des Rechts fest.

Der Europäische Rat kann bindende Rechtsakte in Form von Europäischen Verordnungen oder Europäischen Beschlüssen erlassen (vgl. Art. I-35), darf jedoch nicht gesetzgebend tätig werden, d.h. keine Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze beschließen.

 

Abs.  2 legt die Zusammensetzung des Europäischen Rates fest. Dieser setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten sowie den Präsidenten des Europäischen Rates und der Europäischen Kommission zusammen. Der Außenminister der Union nimmt an den Arbeiten des Europäischen Rates teil.

 

Abs.  3 normiert, dass der Europäische Rat vierteljährlich zusammentritt. Die Einberufung obliegt seinem Präsidenten. Dieser kann, wenn es die Lage erfordert, auch außerordentliche Tagungen einberufen.

Über eine allfällig erforderliche fachliche Unterstützung entscheiden die Staats- und Regierungschefs, wenn dies die Tagesordnung erfordern sollte. Diese Unterstützung kann durch zuständige Minister der Mitgliedstaaten erfolgen. Im Unterschied zu Art. 4 Abs. 2 EUV kommt den Ministern für auswärtige Angelegenheiten in diesem Zusammenhang keine gesonderte Erwähnung zu. Auch der Präsident der Kommission kann ein weiteres Kommissionsmitglied zu seiner Unterstützung beiziehen.

 

Abs.  4 bestimmt, dass der Europäische Rat im Konsens entscheidet, sofern in konkreten Bestimmungen des Verfassungsvertrages nicht anderes festgelegt ist. Der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nehmen an der Abstimmung im Europäischen Rat nicht teil (Art. I-25 Abs. 4). Dasselbe gilt für den Außenminister der Union.

 

Weitere Detailbestimmungen zum Europäischen Rat finden sich in Art. III-341.

 

Durch die Anführung des Europäischen Rates unter den Organen (siehe die Erläuterungen zu Art. I-19), trägt der Verfassungsvertrag der tatsächlichen politischen Bedeutung des Europäischen Rates Rechnung. Durch Einräumung des Organstatus an den Europäischen Rat werden die Zusammenkünfte der Staats- und Regierungschefs aus einem rechtlich unterdeterminierten Raum in das institutionelle Gefüge der Union eingebunden. Somit wird der zunehmenden Formalisierung des Europäischen Rates in den letzten Jahren entsprechend Rechnung getragen.

 

Die Organstellung des Europäischen Rates hat zur Folge, dass die horizontalen Vorschriften über die Organe auch auf den Europäischen Rat Anwendung finden. Es sind dies unter anderem der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Artikel I-19 Abs. 2), die Vorschriften über die Transparenz, insbesondere das Recht auf Zugang zu Dokumenten (Artikel I-50, insb. Abs. 3), das Recht der Unionsbürger sich in einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union zu wenden und eine Antwort in dieser Sprache zu erhalten (Artikel I-10 Abs. 2 lit. d, der Schutz personenbezogener Daten (Art. I-51) sowie die Vorschriften, wonach die Organe einen regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft führen sollen (Artikel I-47 Abs. 2). Eine wichtige Konsequenz ist auch, dass Rechtsakte des Europäischen Rates mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten der gerichtlichen Kontrolle durch den EuGH (Artikel III-365 Abs. 1) unterliegen.

 

Der Europäische Rat erfüllt weiters Funktionen bei der Ernennung bestimmter besonders wichtiger Amtsträger (z.B. der Kommission gemäß Art. I-27 Abs. 1 und Abs. 2, des Außenministers der Union gemäß Art. I-28 Abs. 1, der Mitglieder des Direktoriums der Europäischen Zentralbank gemäß III-382 Abs. 2).

 

Von Bedeutung ist auch die Rolle, die der Verfassungsvertrag dem Europäischen Rat im Rahmen des ordentlichen Änderungsverfahrens gemäß Artikel IV-443 einräumt sowie die Funktion, die der Europäische Rat im vereinfachten Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche (Teil III Titel III des Verfassungsvertrages – z. B. Binnenmarkt, Wirtschafts- und Währungspolitik, Beschäftigung, Sozialpolitik, Landwirtschaft, Umwelt, Verkehr u. a.) der Union gemäß Artikel IV-445 besitzt. (näheres siehe Erläuterungen zu den angeführten Bestimmungen).

 

Art. IV-444 regelt die so genannte „Passerelle“. In Fällen, in denen der Verfassungsvertrag noch Einstimmigkeit vorsieht, kann der Europäische Rat gemäß Abs. 1 einstimmig den Übergang zur qualifizierten Mehrheitsentscheidung beschließen. In Fällen, in denen der Verfassungsvertrag noch ein besonderes Gesetzgebungsverfahren vorsieht, kann der Europäische Rat gemäß Abs. 2 einstimmig den Übergang zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen. Ausgenommen von der Ermächtigung nach Abs. 1 sind Beschlüsse mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen.

Gemäß Abs. 3 kann der Widerspruch nur eines einzigen nationalen Parlamentes die Inanspruchnahme der „Passerelle“ durch den Europäischen Rat verhindern (Vetorecht der nationalen Parlamente).

 

Schließlich räumt der Verfassungsvertrag dem Europäischen Rat im Rahmen des Raums der Freiheit der Sicherheit und des Rechts sowie im Bereich der GASP eine spezifische Funktion ein (sog. „Notbremse“ – siehe dazu die Erläuterungen zu den Art. III-270 und III-271).

 

Der Präsident des Europäischen Rates

 

Zu Artikel I-22:

Diese Bestimmung des Verfassungsvertrages bringt eine ganz wesentliche institutionelle Neuerung gegenüber dem derzeitigen Vorsitzsystem im Europäischen Rat, das sich nach dem Rotationsprinzip des Art. 203 EGV richtet, mit sich.

 

Abs. 1 legt den Wahlmodus, die Amtsdauer und die Bedingungen für die vorzeitige Beendigung der Funktion des Präsidenten des Europäischen Rates fest. Er wird vom Europäischen Rat für die Dauer von zweieinhalb Jahren (mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit) mit qualifizierter Mehrheit gewählt. Im Falle einer Verhinderung oder einer schweren Verfehlung kann der Europäische Rat den Präsidenten im Wege des gleichen Verfahrens von seinem Amt auch wieder entbinden.

 

Abs.  2 bestimmt fünf Aufgabenbereiche, die der Präsident des Europäischen Rates wahrzunehmen hat:

-       Er führt den Vorsitz bei den Arbeiten des Europäischen Rates und gibt ihnen die erforderlichen Impulse.

-       Er sorgt in Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf der Grundlage der Arbeiten des „Rates Allgemeine Angelegenheiten“ für die Vorbereitung und Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates.

-       Er wirkt darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden.

-       Er legt dem Europäischen Parlament am Ende jeder Tagung des Europäischen Rates einen Bericht vor.

-       Er nimmt auf seiner Ebene – unbeschadet der Befugnisse des Außenministers der Europäischen Union – die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der GASP wahr.

 

Abs.  3 nennt als einzige Voraussetzung für die Ausübung des Präsidentenamtes, dass der Präsident des Europäischen Rates kein einzelstaatliches Amt ausüben darf.

 

Die Erklärung Nr. 3 zu den Schlussakten des Verfassungsvertrages sieht vor, dass bei der Auswahl der Personen, die das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, des Präsidenten der Kommission und des Außenministers der Union ausfüllen sollen, die geographische und demographische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen ist. Diese Erklärung hält fest, dass die genannten Amtsinhaber aus verschiedenen und hinsichtlich ihrer geographischen Lage und Bevölkerungszahl unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen sollen.

 

Die dem Präsidenten des Europäischen Rates zukommende Außenvertretungsfunktion ist sowohl in inhaltlicher, als auch in organisatorischer Weise eingeschränkt. Der Präsident besitzt lediglich im Bereich der GASP Außenvertretungskompetenz und auch das nur auf „seiner“ Ebene (gemeint auf Ebene der Staats- und Regierungschefs), unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers. Die Union verfügt somit über drei hochrangige Repräsentanten, denen Außenvertretungsbefugnis zukommt:

-       den Präsident des Europäischen Rates,

-       den Präsident der Kommission und

-       den Außenminister der Union.

 

Der Ministerrat

 

Detailbestimmungen zum Ministerrat finden sich in den Art. III-342 bis III-346.

 

Zu Artikel I-23:

Art. I-23 des Verfassungsvertrages definiert die Zusammensetzung, die Aufgaben und die generellen Beschlussfassungsregeln des Rates. Gemäß Abs. 1 ist der Rat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament:

-       der Gesetzgeber der Union und

-       übt die Haushaltsbefugnisse aus.

Weiters gehört zu seinen Aufgaben:

-       die Festlegung der Politik und

-       die Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.

 

Gegenüber Art. 202 EGV umschreibt Abs. 1 des Art. I-23 die Funktionen und Befugnisse des Rates klarer. Nicht mehr angeführt werden in Abs. 1 die exekutiven Befugnisse des Rates. Gemäß Art. I-37 Abs. 2 hat der Rat jedoch weiterhin in begründeten Sonderfällen und im Bereich der GASP Durchführungsbefugnisse.

 

Gemäß Abs. 2 besteht der Rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene, der befugt ist, für die Regierung des von ihm vertretenen Staates verbindlich zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.

 

Abs. 2 entspricht weitgehend Art. 203 Abs. 1 EGV. Damit ist sichergestellt, dass für bundesstaatlich organisierte Mitgliedstaaten – wie Österreich – auch weiterhin die Möglichkeit besteht, Regional- bzw. Ländervertreter in den Rat zu entsenden.

 

Anders als Art. 205 Abs. 1 EGV – der einfache Mehrheit vorsieht – bestimmt Abs. 3, dass der Rat seine Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit trifft, sofern die Verfassung nichts anderes festlegt. Das Regelquorum für die Beschlussfassung im Rat ist also nach dem Verfassungsvertrag die qualifizierte Mehrheit, während es nach dem EGV die einfache Mehrheit ist (siehe Erläuterungen zu Art. III-343).

 

Eine durch den Verfassungsvertrag festgelegte Ausnahme gilt gemäß Art. III-300 Abs. 1 für das gesamte Kapitel II (GASP) von Teil III Titel V des Verfassungsvertrags. In diesem Kapitel gilt die Einstimmigkeit als Regel, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird.

 

Gemäß III-344 Abs. 3 beschließt der Rat weiterhin mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen sowie über den Erlass seiner Geschäftsordnung.

 

Die Zusammensetzung des Ministerrates

 

Zu Artikel I-24:

Der Rat ist auch künftig ein einheitliches Organ, das gemäß Abs. 1 in verschiedenen Zusammensetzungen tagt. Daraus folgt, dass auch weiterhin alle Ratsformation alle Aufgaben des Rates wahrnehmen können. Zwei Ratsformationen werden jedoch ausdrücklich primärrechtlich verankert. Es sind dies der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ und der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“. Weitere Ratsformationen sind sekundärrechtlich gem. Abs. 4 festzulegen (siehe unten).

 

Gemäß Abs. 2 sorgt der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen. In Verbindung mit dem Präsidenten des Europäischen Rates und mit der Kommission bereitet er die Tagungen des Europäischen Rates vor und sorgt in deren Anschluss für das weitere Vorgehen. Diese Bestimmung spiegelt die derzeit in der Geschäftsordnung des Rates niedergelegte Rechtslage wider.

 

Gemäß Abs. 3 gestaltet der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ das auswärtige Handeln der Union entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des Handelns der Union.

Den Vorsitz in dieser Ratsformation führt der Außenminister der Union.

 

Abs. 4 ermächtigt den Europäischen Rat – wie oben erwähnt – zur Festlegung weiterer Ratsformationen in einem mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Europäischen Beschluss. Bislang erfolgt die Festlegung der Ratsformationen im Rahmen der Geschäftsordnung des Rates, die gemäß Art. 205 EGV mit einfacher Mehrheit beschlossen wird.

 

Abs. 5 entspricht in Verbindung mit Art. III-344 Abs. 1 dem Art. 207 Abs. 1 EGV.

 

Im Sinne größerer Transparenz bestimmt Abs. 6 in Verbindung mit I-50 Abs. 2 und III-399 Abs. 2, dass der Rat stets öffentlich tagt, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt. Damit werden die Bestimmungen der Art. 7 bis 9 der Geschäftsordnung des Rates weiterentwickelt und erstmals primärrechtlich verankert. Zu diesem Zweck wird jede Ratstagung in zwei Teile unterteilt. Ein Teil dient der Beratungen und der Abstimmung über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten, der andere ist den nicht die Gesetzgebung betreffenden Tätigkeiten gewidmet.

 

Abs. 7 legt das Präsidentschaftssystem im Rat fest. Der Vorsitz wird von Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat auf Grundlage eines vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit zu verabschiedenden Europäischen Beschlusses nach einem System der gleichberechtigten Rotation ausgeübt. Das System der gleichberechtigten Rotation gilt für alle gemäß Abs. 4 festgelegten Ratsformationen sowie den Rat „Allgemeine Angelegenheiten“. Im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ führt – wie bereits erwähnt – der Außenminister den Vorsitz.

 

Die Regierungskonferenz hat zu Art. I-24 Abs. 7 die Erklärung Nr. 4 abgegeben, der der Entwurf für den dort genannten Europäischen Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat angeschlossen ist. Dieser Beschluss soll am Tag des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages förmlich durch den Europäischen Rat angenommen werden.

 

Art. 1 des Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Vorsitz im Rat (ausgenommen in der Formation „Auswärtige Angelegenheiten“) von zuvor festgelegten Gruppen von drei Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten wahrgenommen wird. Die Zusammenstellung der Gruppen erfolgt „unter Berücksichtigung ihrer Verschiedenheit und des geographischen Gleichgewichtes innerhalb der Union“ (Abs. 1). Innerhalb der Gruppe übernimmt jeder Mitgliedstaat für die Dauer von je sechs Monaten den Vorsitz in allen Zusammensetzungen des Rates (ausgenommen den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“). Der jeweils den Vorsitz führende Mitgliedstaat wird durch die anderen Mitglieder der Gruppe auf Grundlage eines gemeinsamen Programms unterstützt. Innerhalb der Gruppe können jedoch auch alternative Regelungen vereinbart werden (Abs. 2).

 

Art. 2 des Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter jeweils von dem Mitgliedstaat wahrgenommen wird, der den Vorsitz im Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ innehat. Der Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des Außenministers der Union wahrgenommen. Der Vorsitz in den vorbereitenden Gremien des Rates wird von dem Mitglied der Gruppe wahrgenommen, das den Vorsitz in der entsprechenden Zusammensetzung des Rates führt. Es kann jedoch im Anwendungsbeschluss zum gegenständlichen Beschluss anderes festgelegt werden (siehe unten zu Art. 4).

 

Art. 3 des Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ im Rahmen einer Mehrjahresplanung in Zusammenarbeit mit der Kommission für die Kohärenz und die Kontinuität der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen verantwortlich ist. Die den Vorsitz führenden Mitgliedstaaten werden durch das Generalsekretariat des Rates unterstützt.

 

Schließlich bestimmt Art. 4 Beschlussentwurf, dass der Rat einen weiteren Europäischen Beschluss zur Anwendung des gegenständlichen Beschlusses zu erlassen hat. Gemäß der Erklärung ist über diesen Anwendungsbeschluss binnen sechs Monaten nach Unterzeichnung des Verfassungsvertrages politische Einigung zu erzielen. Diesem Auftrag wurde bereits durch Beschluss des Rates vom 13. Dezember 2004 entsprochen. In diesem Entwurf wird die Reihenfolge, in denen die Mitgliedstaaten in Dreiergruppen den Vorsitz des Rates ab 1. Jänner 2007 wahrnehmen werden sollen, bis 2020 festgelegt.

 

Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat

 

Zu Artikel I-25:

Zu beachten ist, dass die Abs. 1 bis 3 dieses Artikels gemäß Art.  2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 34 „über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ erst ab 1. November 2009 wirksam werden. Gemäß Art. 2 Abs. 2 dieses Protokolls werden für die Dauer vom Inkrafttreten des Verfassungsvertrages bis zum 1. November 2009 die in Art.205 EGV enthaltenen Bestimmungen übernommen. Damit bleibt die Nizza-Stimmgewichtung in der Fassung des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten bis 31. Oktober 2009 in Geltung.

 

Gemäß Art. I-25 Abs. 1, UAbs.1, kommt die qualifizierte Mehrheit dann zustande, wenn folgende beiden Schwellenwerte erreicht werden („doppelte Mehrheit“):

Staatenschwelle: Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedstaaten.

Bevölkerungsschwelle: Diese Staatenmehrheit bildenden Mitgliedstaaten müssen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union repräsentieren.

Aus der Tatsache, dass für das Zustandekommen der qualifizierten Mehrheit beide Schwellenwerte erreicht werden müssen, ergibt sich implizit, dass eine Sperrminorität schon über eine der beiden Schwellen erzielt werden kann:

Mehr als 45% der Mitglieder des Rates stellen automatisch eine Sperrminorität dar.

Für die Sperrminorität über das Bevölkerungskriterium definiert Abs.1, UAbs. 2, jedoch ein Zusatzerfordernis: Für das Erreichen der Bevölkerungssperrminorität sind mindestens vier Mitglieder des Rates erforderlich, andernfalls die qualifizierte Mehrheit jedenfalls als erreicht gilt. Das bedeutet, dass drei Mitgliedstaaten auch dann nicht einen Beschluss blockieren können, wenn sie über mehr als 35 % der Unionsbevölkerung verfügen.

 

Abs. 2 sieht eine erhöhte Staatenschwelle von 72 % (bei unveränderter Bevölkerungsschwelle von 65%) vor, wenn der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union beschließt.

 

Abs. 3 legt fest, dass die in Abs.1 und Abs. 2 enthaltenen Definitionen der qualifizierten Mehrheit sowohl für die Beschlussfassung im Rat als auch im Europäischen Rat gilt.

 

Gemäß Abs. 4 nehmen der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nicht an den Abstimmungen des Europäischen Rates teil (siehe Erläuterungen zu Artikel I-22).

 

An einer Reihe von Stellen sieht der Verfassungsvertrag spezifische Definitionen der qualifizierten Mehrheit vor, durch die die generelle Definition von Art. I-25 Abs. 1 und Abs. 2 an Umstände angepasst werden, unter denen nicht alle Mitglieder des Rates an bestimmten Abstimmungen teilnehmen. Es sind dies insbesondere folgende Bestimmungen:

-       Art. I-44 Abs. 3 betreffend die verstärkte Zusammenarbeit;

-       Art. III-179 und III-184 betreffend Verfahren in der Wirtschaftspolitik, bei denen in bestimmten Phasen betroffene Mitgliedstaaten nicht stimmberechtigt sind.

-       Art. III-197 und III -198 betreffend bestimmte Maßnahmen der Eurostaaten;

-       Art. III-312 betreffend die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit

-       Protokoll Nr. 19 über die Position des Vereinigten Königreich und Irlands;

-       Protokoll Nr. 20 über die Position Dänemarks.

 

Zu den Bestimmungen des Art. I-25 ist ferner in der Erklärung Nr. 5 eine an den „Kompromiss von Ioannina“ (ABl. C1 vom 1. Jänner 1995) aus dem Jahr 1994 angelehnte ergänzende Regelung vorgesehen, die am Tag des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages vom Rat in Form eines Europäischen Beschlusses angenommen werden soll. Der Entwurf dieses Beschlusses wird in der Erklärung Nr. 5 wiedergeben:

Gemäß Art. 1 dieses Beschlusses wird der Rat in den Fällen, in denen Mitglieder des Rates entweder im Bereich der Bevölkerungs- oder der Staatenschwelle mindestens 75% der für die Sperrminorität erforderlichen Schwellenwerte erreichen und erklären, dass sie die Annahme eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit ablehnen, die betreffende Frage weiter erörtern.

Gemäß Art. 2 des Beschlusses wird der Rat dabei alles in seiner Macht stehende tun, um eine zufrieden stellende Lösung für die von den Mitgliedstaaten, die den Mechanismus nach Art. 1 ausgelöst haben, vorgebrachten Anliegen zu finden. Diese Lösungssuche hat jedoch innerhalb einer angemessenen Zeit zu erfolgen und jedenfalls unter Einhaltung der für das Rechtsetzungsverfahren zwingend vorgeschriebenen Fristen. Diesbezüglich sind insbesondere die für das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Art. III-396 festgelegten Fristen zu beachten.

Gemäß Art. 3 des Beschlusses haben die Bemühungen um eine breitere Einigungsgrundlage im Rat außerdem unter Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates zu erfolgen. Demnach setzt die Geschäftsordnung des Rates, die gemäß Art. III-344 Abs. 3 mit einfacher Mehrheit vom Rat erlassen wird, den Rahmen für die Anwendung des Beschlusses.

Gemäß Art. 4  wird der Beschluss mit dem Inkrafttreten des neuen Systems der doppelten Mehrheit am 1. November 2009 wirksam und bleibt mindestens bis 2014 in Kraft. Danach kann der Beschluss vom Rat mit qualifizierter Mehrheit aufgehoben werden.

 

Artikel I-25 bringt eine grundsätzliche Änderung des Systems der qualifizierten Mehrheitsentscheidung mit sich. Das bisherige – seit den Gründungverträgen der Europäischen Gemeinschaften in Geltung stehende System - sieht grundsätzlich vor, dass eine vertraglich bestimmte Anzahl der gewogenen Stimmen der Ratsmitglieder für eine Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat erforderlich ist. Bei der Festlegung der Stimmgewichte der Ratsmitglieder und deren Anpassung im Rahmen der jeweiligen Beitrittsverträge wurde die Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten zwar berücksichtigt, den kleineren Mitgliedstaaten aber ein überproportionales Stimmgewicht eingeräumt.

Dieses System wird – sowohl für den Rat als auch für den Europäschen Rat – durch das System der doppelten Mehrheit ersetzt werden. Durch die abstrakten Kriterien der doppelten Mehrheit im Vertrag wird verhindert, dass bei jedem künftigen Beitritt erneut über die Stimmgewichtung verhandelt und die Schwelle für qualifizierte Mehrheitsentscheidungen neu festgelegt werden muss. Das neue System wird auch dem demokratischen Postulat gerecht, der jeweiligen Bevölkerungsmehrheit ein hohes Gewicht einzuräumen, wobei den Interessen der bevölkerungsärmeren Mitgliedstaaten durch das Erfordernis der Zustimmung der 55%-igen bzw. der 72%-igen Mehrheit der Ratsmitglieder ebenfalls Rechnung getragen wird.

 

Die Europäische Kommission

 

Detailbestimmungen zur Europäischen Kommission finden sich in Art. III-347 bis III-352.

 

Zu Artikel I-26:

Dieser Artikel enthält die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend die Europäische Kommission.

 

Abs. 1 nennt die Aufgaben der Kommission. Sie übt nach Maßgabe der Verfassung Koordinierungs-, Exekutiv- und Verwaltungsfunktion aus. Sie fördert die allgemeinen Interessen der Union, sorgt für die Anwendung der Verfassung sowie der von den Organen kraft Verfassung erlassenen Maßnahmen, führt die Haushaltsplanung aus und initiiert die jährliche und mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel, interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen. Mit Ausnahme der GASP und der übrigen in der Verfassung vorgesehenen Fälle übernimmt sie die Vertretung der Union nach außen.

 

Abs. 2 normiert das Initiativmonopol der Kommission. Soweit von der Verfassung nicht anders festgelegt, darf ein Gesetzgebungsakt (Europäisches Gesetz oder Europäisches Rahmengesetz) nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Für die übrigen Rechtsakte (Beschlüsse und Verordnungen) gilt das Initiativmonopol der Kommission nur dann, wenn es ausdrücklich festgelegt ist.

 

Abs. 3 legt für die Kommission – wie bisher Art. 214 Abs. 1 EGV – eine Amtszeit von fünf Jahren fest.

 

Abs. 4 entspricht Art. 213 Abs. 1 EGV. Die Mitglieder der Kommission werden auf Grund ihrer allgemeinen Befähigung ausgewählt und müssen ihre Unabhängigkeit gewährleisten. Neu hinzu kommt als Auswahlkriterium der „Einsatz für Europa“.

 

Abs. 5 und Abs. 6 enthalten die Bestimmungen über die Kommission nach dem 31. Oktober 2009. Die Zusammensetzung der Kommission bis 2009 ergibt sich aus Art. 4 des Protokolls Nr. 34. Demgemäß bleibt die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages amtierende Kommission bis einschließlich 31. Oktober 2009 im Amt.

Gemäß Abs. 5 besteht die erste Kommission die nach den Bestimmungen des Verfassungsvertrages ernannt wird, aus je einem Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaates.

Gemäß Abs. 6 entspricht nach Ablauf der Amtszeit dieser Kommission (also frühestens 2014) die Zahl der Mitglieder der Kommission zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten, es sei denn, der Europäische Rat beschließt einstimmig eine Änderung. Die Mitglieder der Kommission werden dann nach einem System der gleichberechtigten Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt. Dieses System wird durch einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates geschaffen, in dem zu berücksichtigen ist, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Reihenfolge und Dauer der Amtszeit völlig gleich behandelt werden und dass in der jeweiligen Zusammensetzung der Kommission das demografische und geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union zum Ausdruck kommt.

 

Für den Zeitpunkt, ab dem der Kommission nicht mehr Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten angehören, ist besonders die Erklärung Nr. 6 zu Art. I-26 zu beachten. Demnach muss die Kommission ab diesem Zeitpunkt besonders darauf achten, dass in den Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten vollständige Transparenz gewährleistet ist. Dementsprechend sollte die Kommission enge Verbindungen zu allen Mitgliedstaaten unterhalten und besonders darauf achten, dass Informationen mit allen Mitgliedstaaten geteilt und alle Mitgliedstaaten konsultiert werden. Des Weiteren sollte die Kommission gemäß dieser Erklärung alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten in allen Mitgliedstaaten in vollem Umfang berücksichtigt werden; also auch in jenen, die kein Kommissionsmitglied stellen.

 

Abs. 7 entspricht den Bestimmungen des Art. 213 Abs. 2 EGV zur Unabhängigkeit der Kommissionsmitglieder und enthält Unvereinbarkeitsregeln (die in Art. III-347 näher ausgeführt werden; siehe die Erläuterungen dazu).

 

Abs. 8 legt – entsprechend Art. 201 EGV – fest, dass die Kommission als Kollegium dem Europäischen Parlament verantwortlich ist. Nimmt das Parlament einen Misstrauensantrag an, so legen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt nieder. Der Außenminister legt dabei sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt nieder.

 

Der Präsident der Europäischen Kommission

 

Zu Artikel I-27:

Abs. 1 dieses Artikels ersetzt Art. 214 Abs. 2 EGV und sieht vor, dass der Präsident der Europäischen Kommission auf Vorschlag des Europäischen Rates, den dieser in Form eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit fasst, vom Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt wird. Der Europäische Rat hat bei seinem Vorschlag das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament zu berücksichtigen. Erhält der vom Europäischen Rat vorgeschlagene Kandidat nicht die erforderliche Mehrheit, so schlägt der Europäische Rat innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten vor.

 

In diesem Zusammenhang ist besonders auf die Erklärung Nr. 7 zu Art. I-27 hinzuweisen, wonach das Europäische Parlament und der Europäische Rat gemeinsam für den reibungslosen Ablauf der Wahl des Kommissionspräsidenten verantwortlich sind. Dementsprechend werden Vertreter des Europäischen Parlaments und des Europäischen Rates die erforderlichen Konsultationen durchführen. Die Konsultationen betreffen das Profil der Kandidaten. Die Einzelheiten dieser Konsultationen werden zu gegebener Zeit einvernehmlich zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat festgelegt werden.

 

Abs. 2 legt fest, dass der Rat - im Einvernehmen mit dem gewählten Kommissionspräsidenten - die Liste jener Persönlichkeiten annimmt, die er, auf Grundlage der Vorschläge der Mitgliedstaaten, als Mitglieder der Kommission vorschlägt.

 

Abs. 3 normiert die Aufgaben und Befugnisse des Kommissionspräsidenten. Er legt die Leitlinien fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt, beschließt über die interne Organisation der Kommission und ernennt, mit Ausnahme des Außenministers der Union, die Vizepräsidenten der Kommission aus dem Kreis der Kommissionsmitglieder (entspricht Art. 217 Abs. 3 EGV). Des Weiteren ist in Art. I-27 vorgesehen, dass ein Mitglied der Kommission sein Amt niederlegt, wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird. Für den Außenminister gilt gemäß Art. I-28 ein spezielles Verfahren.

 

Der Außenminister der Union

 

Zu Art. I-28:

Der Artikel enthält grundlegende Bestimmungen zur Bestellung und zu den Aufgabenbereichen der neu geschaffenen Funktion des Außenministers der Union. Ein Gesamtbild über alle Aspekte seiner Bestellung und Aufgaben ergibt sich aber nur in Zusammenhang mit Art. I-22 über den Präsidenten des Europäischen Rates, Art. I-26 und I-27 sowie Art. III-347 bis III-353 über die Europäische Kommission und mit dem gesamten Titel V von Teil III des Verfassungsvertrages (Art. III-292 bis Art. III-329) über das auswärtige Handeln der Union (siehe dortige Erläuterungen).

 

Gemäß Abs.1 wird der Außenminister der Union vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission ernannt und kann nach dem gleichen Verfahren – gegebenenfalls auch auf Verlangen des Kommissionspräsidenten – entlassen werden. Zudem ergibt sich aus Art. I-27 Abs. 2, dass er sich gemeinsam mit dem Kommissionspräsidenten und den übrigen Mitgliedern der Kommission dem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments zu stellen hat.

 

Gemäß Abs. 2 leitet der Außenminister der Union die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Diese (einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik) führt er im Auftrag des Rates durch. Außerdem trägt er durch seine Vorschläge zur Entwicklung dieser Politik bei.

 

Abs. 3 legt fest, dass der Außenminister der Union ständig den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ führt. Gemäß Abs. 4 ist der Außenminister auch einer der Vizepräsidenten der Kommission. Er sorgt – durch seine Verankerung in Rat und Kommission – für die Kohärenz des gesamten auswärtigen Handelns der Union. Innerhalb der Kommission ist er mit deren Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen betraut – d.h. er  übernimmt das Portfolio des „Außenkommissars“ – und koordiniert die übrigen Aspekte des auswärtigen Handelns der Union. Als Mitglied der Kommission ist er an deren kollegiale Verfahren gebunden, soweit sich dies mit seinen Verantwortlichkeiten im Bereich der Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik vereinbaren lässt.

 

Der Gerichtshof der Europäischen Union

 

Zu Artikel I-29:

Die Bezeichnung des gerichtlichen Unionsorgans in seiner Gesamtheit wird in Abs. 1 zu „Gerichtshof der Europäischen Union“ geändert (bislang: „Gerichtshof“), jene seiner Bestandteile in „Gerichtshof“ (für den EuGH, bislang: „Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften“) und „Gericht“ (für das EuGI, bislang „Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften“). Die beigeordneten „gerichtlichen Kammern“ werden zu „Fachgerichten“. Es wird ferner ausdrücklich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten verankert, die erforderlichen Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.

Die Zahl der Richter und Generalanwälte am Gerichtshof und am Gericht bleibt in Abs. 2 ebenso unverändert wie die Ernennungsvoraussetzungen und weitgehend das Ernennungsverfahren (mit Ausnahme der Einschaltung eines Ausschusses, siehe dazu Art. III-357).

Abs. 3 enthält eine gegenüber dem geltenden Recht inhaltlich unveränderte abstrakte Umschreibung der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach verschiedenen Verfahrensarten (Klageverfahren, Vorabentscheidung, sonstige Verfahren). Hinter dieser allgemeinen Formulierung verbergen sich allerdings die im allgemeinen Teil der Erläuterungen umschriebenen Ausweitungen der Zuständigkeiten des Gerichtshofs der Europäischen Union, welche sich aus der weitgehenden Abschaffung der bisherigen Besonderheiten der Dritten Säule, der Erweiterung der Politikbereiche, in denen gemäß Art. III-365 anfechtbare Rechtsakte erlassen werden, sowie der Einführung eines neuen Verfahrens zur Überprüfung der Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit ergeben.

 

 

KAPITEL II

Die sonstigen Organe und die beratenden Einrichtungen der Union

Die Europäische Zentralbank

 

Zu Artikel I-30:

Diese Bestimmung übernimmt zentrale Bestimmungen des EGV und verweist auf – gegenüber dem EGV inhaltlich unverändert übernommene – nähere Bestimmungen im Teil III und im „Protokoll zur Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ (siehe Erläuterung zum Protokoll Nr. 4).

 

Abs. 1 normiert entsprechend Art. 107 Abs. 1 EGV, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) bilden. Erstmals definiert wird der Begriff „Eurosystem“, den der  EZB-Rat seit 1998 in seiner Kommunikation mit der Öffentlichkeit verwendet. Die EZB und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten deren Währung der Euro ist, bilden das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik der Union. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gemäß Art. I-13 Abs. 1 lit. c unter die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union fällt. Bereits in Art. I-8 wird der Euro als Währung der Union unter den Symbolen der Union aufgelistet.

 

Abs. 2 normiert entsprechend Art. 107 Abs. 3 EGV, dass das ESZB von den Beschlussorganen der EZB (Rat und Direktorium) geleitet wird und mit seiner Tätigkeit das vorrangige Ziel der Preisstabilität verfolgt. Unbeschadet dieses Zieles unterstützt es die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union, um zur Verwirklichung der Ziele der Union beizutragen (entspricht Art. 105 Abs. 1 EGV). Die Bestimmung wird in Art. III-185 wiederholt.

 

Abs. 3 normiert entsprechend Art. 107 Abs. 2 EGV die Organstellung der EZB und weist ihr Rechtspersönlichkeit zu. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des Euro zu genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und in der Verwaltung ihrer Mittel unabhängig. Die Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.

 

Abs. 4 verweist hinsichtlich aller weiteren Aufgaben der EZB auf Teil III des Verfassungsvertrages und auf das  Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (siehe die Erläuterung zum Protokoll Nr. 4). Festgehalten wird, dass entsprechend diesen näheren Bestimmungen Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, sowie deren Zentralbanken ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich behalten.

 

Abs. 5 entspricht der Bestimmung des Art. 105 Abs. 4 EGV (Recht auf Anhörung und Stellungnahme der EZB). Diese Bestimmung wird durch Art. III-185 konkretisiert.

 

Abs. 6 verweist auf Detailregelungen zur Zusammensetzung und Arbeitsweise der Beschlussorgane in Teil III des Verfassungsvertrages und auf das „Protokoll zur Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ (siehe Erläuterung zum Protokoll Nr. 4).

 

Der Rechnungshof

 

Zu Artikel I-31:

Abs. 1 gibt dem Rechnungshof – wie bislang Art. 7 Abs. 1 EGV – Organstatus und definiert als seine Aufgabe – wie bisher Art. 246 EGV – „die Rechnungsprüfung der Union“. Abs. 2 greift folgende Leitelemente aus Art. 248 EGV heraus:

-       Der Rechnungshof prüft die Einnahmen- und Ausgabenrechnung der Union;

-       Er überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.

 

Abs. 3 entspricht Art. 247 Abs. 1 EGV (der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je Mitgliedstaat) und Art. 247 Abs. 4, 1. Satz, EGV (Mitglieder des Rechnungshofes üben ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union aus).

 

Weitere Detailbestimmungen zum Rechnungshof finden sich in den Art. III-384 und III-385.

 

 

Die beratenden Einrichtungen der Union

 

Zu Artikel I-32:

Die Bestimmung enthält einige grundsätzliche Regelungen zum Ausschuss der Regionen und zum Wirtschafts- und Sozialausschuss, die in den Art. III-386 bis III-392 näher ausgeführt werden.

 

Gemäß Abs. 1 beraten die beiden Ausschüsse das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission.

 

Die Abs. 2 bis 5 sind in Zusammenhang mit den Art. III-386 bis III-392 zu lesen (siehe die diesbezüglichen Erläuterungen).

 

 

TITEL V

Ausübung der Zuständigkeiten der Union

KAPITEL I

Gemeinsame Bestimmungen

Die Rechtsakte der Union

 

Zu Artikel I-33:

In den derzeitigen Verträgen gibt es neben den verschiedenen Instrumenten der Ersten Säule (Verordnung, Richtlinie, Entscheidung, Empfehlung und Stellungnahme), der Zweiten Säule (Allgemeine Leitlinie, Gemeinsame Strategie, Gemeinsame Aktion, Gemeinsamer Standpunkt) und der Dritten Säule (Gemeinsamer Standpunkt, Rahmenbeschluss, Beschluss, Übereinkommen) eine Vielzahl an Handlungsformen und Instrumenten, deren Rechtswirkungen oft unklar sind und die relativ beliebig verwendet werden. Im Interesse der Transparenz und der Rechtssicherheit wird genauer festgelegt, wie, wann und mit welchen Mitteln die Union handeln kann: Daher werden die Instrumente der Union vereinfacht, zahlenmäßig beschränkt und genau festgelegt. Die besonderen Handlungsformen der Zweiten und Dritten Säule werden abgeschafft. Die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Instrumente der Union gehört zu den wichtigsten formalen Neuerungen der Verfassung.

 

Art. I-33 definiert sechs Rechtsaktformen, welche die Organe der Union ausschließlich zu verwenden haben:

 

Gesetzgebungsakte sind das Europäische Gesetz und das Europäische Rahmengesetz. Diese werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag der Europäischen Kommission erlassen.

 

Das Europäische Gesetz entspricht der bisherigen Verordnung. Es besitzt allgemeine Geltung, ist in allen seinen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Das Europäische Rahmengesetz entspricht der bisherigen Richtlinie: Es ist für jeden Mitgliedstaat, an den es ge­richtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

 

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter sind die Europäische Verordnung und der Europäische Beschluss. Die Europäische Verordnung ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung; sie dient der Durchführung der Gesetzgebungsakte und einzelner Bestimmungen der Verfassung. Sie gilt entweder unmittelbar, wie die derzeitige Verordnung, oder aber ist von den Mitgliedstaaten umzusetzen, wie die heutige Richtlinie. Allein aus seiner Bezeichnung ist somit die Rechtswirkung einer Verordnung – ob direkt anwendbar oder nicht – nicht mehr ableitbar. Der Europäische Beschluss wird im Vergleich zum dzt. Beschluss (bzw. der Entscheidung) weiter definiert, da er sich nicht nur an bestimmte einzelne Adressaten richten kann, sondern auch an einen unbestimmten Adressatenkreis; in ersterem Fall ist er nur für diese verbindlich. Der Europäische Beschluss tritt auch an Stelle der bisherigen Rechtsakte der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und ist die im Bereich der GASP zu verwendende Rechtsaktform.

 

Mit der Unterscheidung zwischen Gesetzgebungsakten und Rechtsakten ohne Gesetzescharakter, die hauptsächlich zur Durchführung von Gesetzgebungsakten dienen, wird eine Normenhierarchie eingeführt.

 

Nicht verbindliche Rechtsakte der Union sind die Empfehlung und die Stellungnahme.

 

Gemäß Abs. 2 dürfen das Europäische Parlament und der Rat wenn sie mit dem Entwurf eines Gesetzgebungsaktes befasst worden sind, keine anderen Akte annehmen als die ausdrücklich vorgesehenen. So kann der Rat  z.B. keine Empfehlungen annehmen, wenn ausdrücklich die Annahme eines Gesetzes vorgesehen ist.

 

Gesetzgebungsakte

 

Zu Artikel I-34:

Abs. 1 präzisiert, dass Europäisches Gesetz und Rahmengesetz im ordentlichen Gesetzgebungsverfah­ren nach Artikel III-396 auf Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament und vom Rat gemeinsam erlassen werden. Rat und Parlament sind gleichberechtigte Mitgesetzgeber. Gelangen die beiden Organe nicht zu einer Einigung, so kommt der betref­fende Gesetzgebungsakt nicht zustande.

 

Abs. 2 definiert die Ausnahmen vom Grundsatz des Abs. 1. Nur in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen kann ein Gesetzgebungsakt anders als im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Im Fall eines solchen besonderen Gesetzgebungsverfahrens wird der Gesetzgebungsakt vom Euro­päischen Parlament mit Betei­ligung des Rates oder vom Rat mit Beteili­gung des Europäischen Parlaments erlassen.

 

Abs. 3 sieht Ausnahmen vom grundsätzlichen Initiativmonopol der Europäischen Kommission im Gesetzgebungsverfahren vor. Nur in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen können Europäisches Gesetz und Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Euro­päischen Investitionsbank erlassen werden. Die wesentlichste Ausnahme gilt für die strafrechtliche und polizeiliche Zusammenarbeit im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts; hier hat, neben der Kommission, ein Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht. Bei den anderen Ausnahmen handelt es sich großteils um Fälle, in denen ein Organ ein Initiativrecht für einen Rechtsakt hat, der seine innere Organisation betrifft. Das im EGV vorgesehene Initiativmonopol der Kommission im Bereich der Gesetzgebung bleibt somit zur Wahrung der Gesamtinteressen der Union bis auf wenige, konkret definierte Ausnahmen erhalten und gilt grundsätzlich für alle Politikbereiche (vgl. auch Erläuterungen zu Art. III-395).

 

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter

 

Zu Artikel I-35:

Die Bestimmung legt fest, welche Rechtsakte ohne Gesetzescharakter von welchem Organ erlassen werden können. Für Rechtsakte ohne Gesetzescharakter gilt das Initiativmonopol der Europäischen Kommission nicht allgemein, die Kommission hat ein Vorschlagsrecht, wenn die konkrete Rechtsgrundlage dies festhält. Auch das jeweils anzuwendende Verfahren (einstimmige Beschlussfassung oder qualifizierte Mehrheit, Beteiligung des Europäischen Parlaments oder anderer Organe etc.) ergibt sich für Rechtsakte ohne Gesetzescharakter aus der jeweiligen Rechtsgrundlage.

 

Die „Delegierte Verordnung (Art. I-36) und „Durchführungsrechtsakte“ (Art. I-37) – Durchführungsverordnung und Durchführungsbeschluss – sind Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, für die besondere Entstehungsbedingungen gelten.

 

Der Europäische Rat wird gemäß Art. I-21 Abs. 1 nicht gesetzgeberisch tätig und hat auch keine durchführenden Aufgaben, entsprechend sieht Abs. 1 vor, dass er in den in der Verfassung vorge­sehenen Fällen Europäische Beschlüsse erlässt.

 

Gemäß Abs. 2 können der Rat, die Kommission und in bestimmten, in der Verfassung vorge­sehenen Fällen die Europäische Zentralbank Europäische Verordnungen und Europäische Beschlüsse erlassen.

 

Empfehlungen können gemäß Abs. 3 der Rat, die Kommission und – wiederum in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen Fällen – die Europäische Zentralbank abgeben; der Rat ist in Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verfassung Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission erlässt, auch bei der Abgabe von Empfehlungen an die Vorschläge der Kommission gebunden.

 

Delegierte Europäische Verordnungen

 

Zu Artikel I-36:

Delegierte Europäische Verordnungen sind Europäische Verordnungen, welche die Kommission erlassen kann, wenn ihr dazu die Befugnis in einem Europäischen Gesetz oder Rahmengesetz übertragen wird. Der Zweck einer solchen Delegation ist die Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes. Eine Befugnisübertragung für die wesentlichen Aspekte eines Bereichs ist ausgeschlossen. Die delegierte Verordnung steht somit in der Normenhierarchie unter dem jeweiligen delegierenden Gesetzgebungsakt und wird durch diesen bedingt. Ziele, Inhalt, Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung werden im delegierenden Gesetzgebungsakt ausdrücklich festgelegt.

 

Um die Kontrolle des Gesetzgebers über delegierte Verordnungen zu wahren, bestimmt Abs. 2, dass die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, in Europäischen Geset­zen oder Rahmengesetzen ausdrücklich festgelegt werden. Zwei konkrete Möglichkeiten für die Ausübung der Kontrolle werden vorgegeben: Erstens, der Widerruf der Delegation durch den Gesetzgeber; zweitens die Möglichkeit, dass eine delegierte Verordnung nur in Kraft treten kann, wenn das Europäische Parlament oder der Rat innerhalb einer im delegierenden Gesetzgebungsakt festgelegten Frist keine Einwände dagegen erhebt. Als Beschlussfassungserfordernis für die in Abs. 2 definierten Möglichkeiten wird qualifizierte Mehrheit im Rat und die Mehrheit der Mitglieder des Parlaments vorgeschrieben.

 

Durchführungsrechtsakte

 

Zu Artikel I-37:

Gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung verbleibt die Zuständigkeit zur Durchführung des Unionsrechts, wie schon gemäß Art. 10 Abs. 1 erster Satz des EGV, grundsätzlich bei den Mitgliedstaaten. Diese ergreifen alle zur Durchführung der verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach innerstaatlichem Recht.

 

Wenn es jedoch einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechts­akte der Union bedarf, gibt es nach Abs. 2 die Möglichkeit, der Kommission im jeweiligen Rechtsakt Durchführungsbefugnisse zu übertragen. Dem Rat können solche Durchführungsbefugnisse nur in ent­sprechend begründeten Sonderfällen und in den Fällen nach Artikel I-40 übertragen werden. Diese Bestimmung ersetzt Art. 202 EGV (dritter Anstrich) und entspricht der Auslegung dieser Bestimmung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs insofern, als der Rat nur in Ausnahmefällen Durchführungsbefugnisse sich selbst vorbehalten darf.

 

Die konkrete Ausgestaltung der Modalitäten für die Übertragung von Durchführungsbefugnissen, insbesondere allge­meine Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durch­führungs­befugnisse durch die Kommission kontrollieren, werden gemäß Abs. 3 im Voraus in einem Europäischen Gesetz festgelegt.

 

Durchführungsrechtsakte sind Europäische Durchführungsverordnungen oder Europäische Durchführungsbeschlüsse.

 

Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union

 

Zu Artikel I-38:

Im Allgemeinen schreibt jede Rechtsgrundlage der Verfassung die Art des Rechtsakts vor, der auf seiner Grundlage erlassen werden kann. Auch das stellt eine wichtige Neuerung der Verfassung im Sinne der Transparenz und der Vorhersehbarkeit dar, da im EUV und im EGV zumeist die Form des zu erlassenden Rechtsakts offen bleibt und die Organe daher beliebig die jeweiligen Instrumente wählen können.

 

Für die Fälle, in denen die Verfassung in einer Rechtsgrundlage kein konkretes Rechtsinstrument vorschreibt, gilt gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung, dass die Organe über die Art des Rechtsakts von Fall zu Fall, jedoch unter Einhaltung der geltenden Verfahren und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel I-11 entscheiden.

 

Abs. 2 entspricht Art. 253 EGV. Die Rechtsakte sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen auf die in der Verfas­sung vorgesehenen Vorschläge, Initiativen, Empfehlungen, Anträge oder Stel­lungnahmen Bezug.

 

Veröffentlichung und Inkrafttreten

 

Zu Artikel I-39:

Diese Bestimmung entspricht Art. 254 EGV und wird lediglich den formellen Vorgaben der Verfassung (Unterscheidung zwischen Gesetzgebungsakten und Rechtsakten ohne Gesetzescharakter) angepasst.

 

Für Gesetzgebungsakte ist vorgeschrieben, dass sie vom Präsidenten des Europäischen Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet werden, wenn sie im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden; wurden sie in einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so unterzeichnet der Präsident des jeweiligen Gesetzgebungsorgans. Ebenso werden Europäische Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen vom Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet.

 

In Kraft treten Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen sowie Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung.

 

Europäische Beschlüsse mit einem bestimmten Adressatenkreis werden denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam (sie werden nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

 

 

KAPITEL II

Besondere Bestimmungen

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

 

Zu Artikel I-40:

Dieser Artikel enthält die besonderen Bestimmungen zur Ausübung der der Union entsprechend Art. I-12 Abs. 4 und Art. I-16 übertragenen Zuständigkeiten im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Auf der Basis dieses Artikels und der Detailbestimmungen in Teil III, Titel V, Kapitel II des Verfassungsvertrages gelten für die GASP einschließlich der GSVP – unbeschadet der Abschaffung der Säulenstruktur – eine Reihe von formalrechtlichen Sonderbestimmungen, die mit gewissen Abänderungen aus dem EUV übernommen werden.

 

Abs. 1 bestimmt, dass die Union eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verfolgt, die auf einer Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten beruht, und der Ermittlung von Fragen allgemeiner Bedeutung und der Erreichung einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht.

 

Abs. 2 entspricht Art. 13 EUV Abs. 1 und Abs. 3 UAbs. 1. Der Europäische Rat bestimmt die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele der GASP fest. Der Rat gestaltet diese Politik im Rahmen der vom Europäischen Rat festgelegten strategischen Leitlinien in Übereinstimmung mit Teil III. Die formalen Detailbestimmungen hiezu finden sich in Art.III-295 (siehe dortige Erläuterungen).

 

Gemäß Abs. 3 bedienen sich der Europäische Rat und der Rat bei der Festlegung der Unionspolitik im Bereich der GASP der nicht-legislativen Rechtsaktform des Europäischen Beschlusses.

 

Gemäß Abs. 4 obliegt die Durchführung der GASP dem Außenminister der Union und den Mitgliedstaaten, wobei diese sowohl auf einzelstaatliche Mittel als auch auf Mittel der Union zurückgreifen.

 

Abs. 5 ergänzt und präzisiert Art. 11 Abs. 2 und Art.16 EUV, indem festgelegt wird, dass sich die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat und im Rat zu jeder gemeinsamen- und außenpolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung abstimmen, um ein gemeinsames Vorgehen festzulegen. Bevor ein Mitgliedstaat auf internationaler Ebene auf eine Weise tätig wird, die die Interessen der Union berühren könnte, oder eine Verpflichtung eingeht, konsultiert er die anderen Mitgliedstaaten im Europäischen Rat oder im Rat. Auf diese Weise gewährleisten die Mitgliedstaaten durch konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und ihre Werte auf internationaler Ebene geltend machen kann. Die Mitgliedstaaten sollen untereinander solidarisch sein.

 

Gemäß Abs. 6 unterliegt die Annahme von Europäischen Beschlüssen im Bereich der GASP – sofern keiner der in Art. III-300 Abs. 2 angeführten Sonderfälle vorliegt oder in einem konkreten Verfassungsartikel ausdrücklich anderes bestimmt wird der Einstimmigkeit. Diese formale „lex specialis“ derogiert für den Bereich der GASP (Titel V, Kapitel II von Teil III des Verfassungsvertrages) den allgemeinen Regeln von Art. I-21 Abs. 4 und Art. I-23 Abs. 3, wonach der Europäische Rat im Konsens und der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließt, soweit in der Verfassung nicht ausdrücklich anderes festgelegt ist. Das Initiativrecht kommt in der GASP den einzelnen Mitgliedstaaten, dem Außenminister der Union und dem Außenminister der Union mit Unterstützung der Kommission zu. Dies wird in Art. III-299 Abs.1 nochmals bekräftigt. Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze oder Rahmengesetze) werden für die Festlegung der GASP als Rechtsakte ausgeschlossen.

 

Abs. 7 enthält eine „spezifische Passerelle“ für die GASP – die in Art. III-300 Abs. 3 spezifiziert wird, derzufolge der Europäische Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen kann, wonach der Rat in anderen als in den in Art. III-300 Abs. 2 genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Der wesentliche Unterschied zum vereinfachten Änderungsverfahren („allgemeine Passerelle“) gemäß Art. IV-444 besteht darin, dass beim vereinfachten Änderungsverfahren die Unterrichtung sowie ein Vetorecht der nationalen Parlamente vorgesehen ist.

 

Abs. 8 entspricht im Wesentlichen Art. 21 EUV und wird in Art. III-304 weiter ausgeführt. Das Europäische Parlament wird zu den wichtigsten und grundlegenden Weichenstellungen der GASP gehört und über ihre Entwicklung auf dem Laufenden gehalten.

 

Besondere Bestimmungen über die Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

Zu Artikel I-41:

Abs. 1 führt den Begriff der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in den Verfassungsvertrag  ein. Die GSVP ist demnach ein integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). In ihrem Rahmen stellen die Mitgliedsstaaten der Union zivile und militärische Mittel für Einsätze außerhalb der Union zum Zwecke der Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vereinten Nationen zur Verfügung.

 

Abs. 2 UAbs. 1 baut auf der bereits in den Art. I-12 Abs. 4 festgehaltenen Zuständigkeit der Union für „die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik“, die gemäß Art. I-16 Abs. 1 „zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann“, auf und sieht hinsichtlich der Ausübung dieser Zuständigkeit vor, dass die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik „zu einer gemeinsamen Verteidigung führt, sobald der Europäische Rat dies einstimmig beschlossen hat.“ In diesem Fall empfiehlt der Europäische Rat den Mitgliedstaaten, einen diesbezüglichen Beschluss im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften zu erlassen. Die Union ist somit in der GSVP verpflichtet, das Ziel einer gemeinsamen Verteidigung zu verfolgen, es bleibt aber die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, den Übergang von der gemeinsamen Verteidigungspolitik zur gemeinsamen Verteidigung zu beschließen. Allerdings wird das Ziel einer gemeinsamen Verteidigung deklaratorisch festgelegt, während in Art. 17 Abs.1 EUV eine gemeinsame Verteidigung nur als mögliches Ziel der GSVP vorgesehen wird.

 

Gemäß UAbs. 2 berührt die Politik der Union nach diesem Artikel nicht den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten und achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO ergeben.

 

Abs. 3 sieht vor, dass zu den von den Mitgliedsstaaten der Union als Beitrag zu den vom Rat festgelegten Zielen zur Verfügung gestellten zivilen und militärischen Fähigkeiten auch von mehreren Mitgliedsstaaten zusammen aufgestellte multinationale Streitkräfte gehören können. Die Mitgliedsstaaten verpflichten sich zur schrittweisen Verbesserung der militärischen Fähigkeiten. U.a. ist zur Bedarfserhebung und Ermittlung von Maßnahmen zur Bedarfsdeckung eine Europäische Verteidigungsagentur vorgesehen, die bereits mit der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2004 eingerichtet wurde.

 

Abs. 4 sieht Einstimmigkeit für alle Europäischen Beschlüsse zur GSVP, inkl. denjenigen zur Einleitung einer Mission, vor. Die Beschlussfassung erfolgt auf Initiative des Außenministers oder eines Mitgliedstaates. Der Außenminister kann gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel sowie auf Instrumente der Union vorschlagen.

 

Abs. 5 sieht erstmals die Möglichkeit vor, dass der Rat einstimmig eine Gruppe von Mitgliedsstaaten mit der Durchführung einer Mission der Union beauftragt. Die betroffenen Mitgliedstaaten informieren entsprechend Art. III-310 die anderen Mitgliedsstaaten und befassen den Rat bei zu erwartenden schwerwiegenden Konsequenzen oder wenn die weitere Durchführung der Mission neue Beschlüsse des Rates erforderlich macht.

 

Nach Abs. 6 können Mitgliedsstaaten, die im militärischen Bereich anspruchsvollere Kriterien erfüllen und zur Durchführung von Missionen mit höchsten Anforderungen untereinander weitergehende Verpflichtungen eingegangen sind, eine Ständige Strukturierte Zusammenarbeit eingehen. Es handelt sich dabei um ein neues Instrument der GSVP. Die Zusammenarbeit erfolgt nach den Bestimmungen von Art. III-312 (Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit zur Einrichtung der Strukturierten Zusammenarbeit; Bestimmungen über Aufnahme und Ausscheiden von Mitgliedsstaaten) und berührt nicht die Bestimmungen nach Art. III-309 (Beschlussfassung über Missionen).

 

Für den Fall eines bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates sieht Abs. 7 erstmals ausdrücklich vor, dass alle anderen Mitgliedsstaaten nach Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende Hilfe und Unterstützung leisten müssen. Diese wechselseitige Beistandsgarantie lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten unberührt. Damit bleibt es den neutralen und bündnisfreien Mitgliedsstaaten vorbehalten, über allfällige Beistandsleistungen dem Grunde nach bzw. über Art und Umfang zu entscheiden. Ebenfalls unberührt bleiben die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO ergeben, Abs. 8 sieht eine regelmäßige Anhörung und laufende Information des Europäischen Parlaments zu den wichtigsten Aspekten und grundlegenden Weichenstellungen der GSVP vor.

 

Besondere Bestimmungen über den Raum
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

 

Zu Artikel I-42:

Nachdem sich die Union in Art. I-3 Abs. 2 das Ziel setzt einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen und der Union in Art. I-14  Abs. 2 eine geteilte Zuständigkeit zu diesem Zweck übertragen wird, enthält  Art I-42 besondere Bestimmungen betreffend die Ausübung dieser Zuständigkeit.

 

Abs. 1 beschreibt die Hauptformen der Unionstätigkeit in diesem Bereich: Rechtsangleichung (durch den Erlass von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen, werden, soweit erfor­derlich, die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Teil III genannten Bereichen ein­ander angeglichen), gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen (Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den zuständigen Behörden der Mit­gliedstaaten, insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung der gericht­lichen und außergerichtlichen Entscheidungen) und operative Zusammenarbeit  (operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung und die Aufdeckung von Straftaten spe­zialisierter Behörden).

 

Auf die auch nach Wegfall der Dritten Säule (Titel VI EUV) bestehenden Besonderheiten weisen die Abs. 2 und Abs. 3 hin. Gemäß Abs. 2 haben die nationalen Parlamente das Recht, sich an der nach Art. III-260 vorgesehenen objektiven und unparteiischen Bewertung der Durchführung der Maßnahmen in diesem Bereich zu beteiligen und werden in die politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust einbezogen.

 

Nach Abs. 3 verfügt im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen – neben der Kommission – ein Viertel der Mitgliedstaaten über ein Initiativrecht (vergleiche Art. III-264).

 

Zu Artikel I-43:

Die Solidaritätsklausel zählt zu den Neuerungen im Verfassungsvertrag.

 

Abs. 1 spricht die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten für den Fall an, dass ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer von Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert zu diesem Zweck alle, einschließlich der ihr von den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellten militärischen Mittel. Die Union kann dabei auf Ersuchen der politischen Organe des betroffenen Mitgliedsstaates innerhalb dessen Hoheitsgebietes Unterstützung leisten. Im Falle drohender Terroranschläge ist die Unterstützung zur Abwendung bzw. zum Schutz der demokratischen Institutionen und der Zivilbevölkerung vorgesehen.

 

Abs. 2 verweist bezüglich der Einzelheiten der Durchführung auf Art. III-329 (siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel).

 

 

KAPITEL III

Verstärkte Zusammenarbeit

 

Zu Artikel I-44:

Dieser Artikel nennt einige wenige wesentliche materielle und formale Bedingungen, die für die Begründung bzw. Gestaltung einer verstärkten Zusammenarbeit (vZ) generell gelten, und verweist im Übrigen auf in Teil III des Verfassungsvertrages enthaltene Detailbestimmungen.

Neu ist, dass Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen nicht mehr - wie bislang durch Art. 27b EUV – von Anwendungsgebieten der vZ ausgeschlossen werden. Für die GASP einschließlich der GSVP  gelten allerdings  besondere Bestimmungen (siehe Art. III-416 ff.).

Abs.1, 1. UAbs., stellt - in Anlehnung an die einleitende Formulierung von Art. 43 EUV - klar, dass die Begründung einer vZ durch eine Gruppe von Mitgliedstaaten nur im Rahmen der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten, die der Union durch den Verfassungsvertrag übertragen werden, erfolgen kann. Die an einer vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten können für die Ausübung dieser Zuständigkeiten, die entsprechend der einschlägigen Bestimmungen des Verfassungsvertrages erfolgen muss, die Organe der Union heranziehen. Dies hat im Einklang mit den generellen (Art. I-44) und spezifischen Bestimmungen (Art. III-416 bis Art. III-423) des Verfassungsvertrages zur vZ zu erfolgen.

Der 2. UAbs. greift die in lit. a und j von Art. 43 EUV enthaltenen Bestimmungen heraus: Eine vZ hat darauf ausgerichtet zu sein, die Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und ihren Integrationsprozess zu stärken. Außerdem wird stipuliert, dass eine vZ sowohl bei ihrer Begründung als auch später allen Mitgliedstaaten gemäß den Detailbestimmungen in Art. III-418 offen zu stehen hat.

Abs. 2 übernimmt die Bedingung des „letzten Mittels“ (die mit der vZ angestrebten Ziele können von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden) aus Art. 43a EUV und schreibt als Mindestteilnehmerzahl für die Begründung einer vZ ein Drittel der Mitgliedstaaten vor, während gemäß Art. 43 lit. u EUV mindestens acht Mitgliedstaaten erforderlich sind. Diese Festlegung auf eine Mindestanzahl von einem Drittel der Mitgliedstaaten - d.h. neun Mitgliedstaaten in einer EU von 25 bis 27 Mitgliedstaaten - bedeutet de facto eine leichte Anhebung der Teilnehmerschwelle für die Begründung einer vZ. Formal wird die Ermächtigung zu einer vZ durch einen Europäischen Beschluss des Rates gemäß dem in Art. III-419 festgelegten Verfahren erlassen.

In Abs. 3 werden generelle Beschlussfassungsmodalitäten, die innerhalb einer vZ gelten, festgelegt.

Die UAbs. 1 und 2 sind Art. 44 Abs. 1 EUV entnommen:

-       Alle Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen im Rahmen einer vZ teilnehmen, aber nur die an einer vZ teilnehmenden Mitglieder des Rates nehmen an der Abstimmung teil.

-       Die Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten.

In den UAbs. 3 und 5 wird die qualifizierte Mehrheit innerhalb einer vZ analog zu Art. I-25 definiert: Für diese sind mindestens 55% der beteiligten Staaten und 65% der Bevölkerung des Teilnehmerkreises erforderlich. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitgliedes erforderlich. In Fällen, in denen nicht auf der Grundlage eines Vorschlages der Kommission oder des Außenministers der Union entschieden wird, muss eine Staatenschwelle von mindestens 72% der teilnehmenden Mitgliedstaaten erreicht werden.

Gemäß Abs. 4 sind an die im Rahmen einer vZ erlassenen Rechtsakte nur die an dieser Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten gebunden. Diese Rechtsakte gelten nicht als Rechtsbesitzstand der Union, der von Staaten, die der Union beitreten wollen, angenommen werden muss. Mit Ausnahme des neuen letzten Halbsatzes, der eine Klarstellung darstellt, sind diese Bestimmungen Art. 44 EUV entnommen.

Hinsichtlich der vZ betreffend den Schengenbesitzstand gelten die Sonderbestimmungen des Protokolls Nr. 17 über den in den Rahmen der EU einbezogenen Schengenbesitzstand (siehe die dortigen Erläuterungen).

 

TITEL VI

Das demokratische Leben der Union

Grundsatz der demokratischen Gleichheit

 

Zu Artikel I-45:

Die Bestimmung enthält den Auftrag an die Union „in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger“ zu achten. Ihnen gebührt ein gleiches Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union.

 

Die Bestimmung ist eine Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (siehe die Art. I-2 und II-20), wie er den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsam ist. Er wird vom EuGH in ständiger Rechtssprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gezählt. Daraus abzuleiten ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger von den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gleich zu behandeln sind. Adressaten sind die Institutionen der Union, die bei ihrem Tätigwerden die unterschiedlichen Interessen der Unionsbürger grundsätzlich gleich zu werten und bei der Politikgestaltung und Politikvollziehung ihnen gleiche Aufmerksamkeit zu widmen haben.

 

Der Grundsatz der Gleichheit ist im Verfassungsvertrag in einer Reihe weiterer Bestimmungen, zum Teil mit unterschiedlichem sachlichem Anwendungsbereich und mit unterschiedlichen Zielrichtungen verankert (siehe dazu insbesondere die Ausführungen zu den Art. I-2, I-4, II-80 bis II-86, III-116, III-118, III-123, III-124).

 

Grundsatz der repräsentativen Demokratie

 

Zu Artikel I-46:

Abs. 1 dieser Bestimmung normiert, dass die Arbeitsweise der Union auf dem Grundsatz der repräsentativen Demokratie beruht.

 

Abs. 2 konkretisiert diese Aussage. Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene unmittelbar im Europäischen Parlament und die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat und im Rat vertreten: im Europäischen Rat durch die Staats- oder Regierungschefs, im Rat durch Vertreter ihrer jeweiligen Regierungen. Die Staats- und Regierungschefs und die nationalen Regierungen sind ihrerseits den nationalen Parlamenten und somit ihren Bürgern demokratisch verantwortlich. Die Bestimmung spiegelt das in Art. I-1 vorgesehene Prinzip der doppelten Legitimation der Union wieder. Art. I-2 definiert die Demokratie als einen der tragenden Werte der Europäischen Union. Nach Art. I-1 Abs. 2 steht die Union allen europäischen Staaten offen, die die Werte der Union achten und sich verpflichten sie gemeinsam zu fördern.

 

Abs. 3 bestimmt, dass alle Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, am demokratischen Leben der Union teilzunehmen. Entscheidungen in der Union sind so offen und bürgernah wie möglich zu treffen.

 

Nachdem sich die Teilhabe der Unionsbürger an der Ausübung der Hoheitsgewalt der Union grundsätzlich bereits aus dem Bekenntnis zur repräsentativen Demokratie ergibt, ist mit dem ersten Satz des Abs. 3 ganz allgemein jede weitere Form demokratischer Meinungskundgebung angesprochen (z.B. Demonstrationsrecht, Petitionsrecht gemäß Art. I-10 Abs. 2 lit. d, Bürgerinitiative und weitere Aspekte der Unionsbürgerschaft). Der zweite Satz des Abs. 3 enthält die Aufforderung an die Unionsorgane, sich bei ihren Entscheidungen an den Grundsatz der Transparenz (siehe dazu Art. I-50) und Subsidiarität sowie an den Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger der Union zu orientieren.

 

Gemäß Abs. 4 tragen politische Parteien auf europäischer Ebene zur Herausbildung eines europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der Bürgerinnen und Bürger der Union sowie zur Realisierung einer repräsentativen Demokratie bei. Art. III-331 stellt die konkrete Ermächtigungsnorm für ein Europäisches Gesetz betreffend Regelungen über politische Parteien auf europäischer Ebene („Europäisches Parteienstatut“) dar. Abs. 4 iVm Art. III-331 ist die Nachfolgeregelungen für Art. 191 EGV. 

 

Grundsatz der partizipativen Demokratie

 

Zu Artikel I-47:

Die Bestimmung ergänzt Art. I-46 um das Element der „partizipativen Demokratie“. Gemäß Abs. 1 haben die Organe den Unionsbürgern und den „repräsentativen Verbänden“ in „geeigneter“ Weise die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union bekannt zugeben und auszutauschen.

 

Gemäß Abs. 2 haben die Organe mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft einen „offenen, transparenten und regelmäßigen Kontakt“ zu pflegen.

 

Die oben genannten Vorschriften enthalten einen Auftrag an die Organe mit der Zivilgesellschaft einen kontinuierlichen Dialog zu pflegen und deren Standpunkte in ihre Tätigkeit – im Sinne eines möglichst bürgernahen Handelns – einfließen zu lassen. Der Auftrag an die Organe ist in zweifacher Weise formuliert. Einerseits sollen die Organe den Bürgern und den repräsentativen Verbänden offen gegenüber stehen und deren Beiträgen Beachtung schenken, andererseits sollen die Organe aktiv auf die repräsentativen Verbände der Zivilgesellschaft zugehen und den Dialog mit ihnen suchen.

 

Abs. 3 enthält eine an die Kommission gerichtete Verpflichtung umfangreiche Anhörungen der „Betroffenen“ durchzuführen, um die „Kohärenz und die Transparenz“ des Handelns der Union zu gewährleisten. Diese Bestimmung ist darauf gerichtet, dass die Kommission in Vorbereitung von Legislativakten die durch diese Akte unmittelbar Betroffenen zu den geplanten Maßnahmen anhört.

 

Abs. 4 gibt einer Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern aus einer „erheblichen Anzahl von Mitgliedstaaten“ das Recht, die Initiative zu ergreifen und die Kommission aufzufordern, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsaktes bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bedingungen und Verfahren für eine solche Initiative sind durch Europäisches Gesetz näher festzulegen. Durch diese Bestimmung wird ein Instrument neu eingeführt, dass der in der österreichischen Bundes-Verfassung erwähnten Einrichtung eines Volksbegehrens ähnlich ist. Dadurch wird das Prinzip der repräsentativen Demokratie durch ein direktdemokratisches Element ergänzt.

 

Art. I-47 zielt in seiner Gesamtheit auf die langjährigen Forderungen nach stärkerer Demokratisierung und Bürgernähe der Union ab. Diesem Anspruch wird nicht nur durch Einführung eines direktdemokratischen Elementes Rechnung entsprochen, sondern insbesondere auch durch umfangreiche Anhörungs- und Konsultationsverpflichtungen gegenüber der Zivilgesellschaft.

 

Die Sozialpartner und der autonome soziale
Dialog

 

Zu Artikel I-48:

Gemäß dieser Bestimmung anerkennt und fördert die Union die Rolle der Sozialpartner auf Unionsebene. Sie hat dabei die Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme zu berücksichtigen. Die Union fördert den sozialen Dialog unter Achtung der Autonomie der Sozialpartner. Ein „Dreigliedriger Sozialgipfel“ für Wachstum und Beschäftigung soll zum sozialen Dialog beitragen.

 

Diese Bestimmung betont, dass die Rolle der Sozialpartner seitens der Union anerkannt wird und von ihr zu fördern ist, ohne dass in die Autonomie der Sozialpartner eingegriffen werden darf. Bislang spielen die Sozialpartner nur im Rahmen der Sozialpolitik eine Rolle (vgl. Art. 138 EGV), nun wird ihnen allgemeine Bedeutung zuerkannt. Mit dem „Dreigliedrigen Sozialgipfel“ wird eine bestehende Einrichtung im Verfassungsvertrag primärrechtlich verankert.

 

Der Europäische Bürgerbeauftragte

 

Zu Artikel I-49:

Art. I-49 richtet das Amt des Bürgerbeauftragten ein, der vom Europäischen Parlament gewählt wird. Seine Aufgabe liegt in der Entgegennahme von Beschwerden über Missstände bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Der Bürgerbeauftragte untersucht diese Beschwerden und erstattet darüber Bericht. Er übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus.

 

Die Einrichtung dieses Amtes dient der Gewährleistung von Transparenz und Bürgernähe in der Union und in ihren Organen.

 

Die Bestimmung übernimmt die wesentlichen Elemente des Art. 195 Abs. 1 EGV. Die Detailbestimmungen finden sich in Art. III-135.

 

Transparenz der Arbeit der Organe,
Einrichtung und sonstigen Stellen der
Union

 

Zu Artikel I-50:

Gemäß Abs. 1 handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit. Dieses Gebot dient der Förderung einer „verantwortungsvollen Verwaltung“ und stellt die Voraussetzung für die Beteiligung der Zivilgesellschaft dar. Insofern knüpft diese Bestimmung inhaltlich an Art. I-47 an.

 

Gemäß Abs. 2 tagt das Europäische Parlament stets öffentlich. Dies gilt auch für den Rat, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt (siehe Erläuterungen zu Art. I-24 Abs. 6). Diese Bestimmung ist eine Fortsetzung der seit dem Vertrag von Amsterdam eingeleiteten Entwicklung (siehe Art. 207 Abs. 3 EGV sowie die Art. 7 bis 10 GeoRat). Sie normiert die grundsätzliche Öffentlichkeit der Tagungen des Rates, wenn er als Gesetzgeber tätig wird. In Verbindung mit Art. III-399 Abs. 2 ist dies eine wichtige Ausweitung des Transparenzgrundsatzes.

 

Mit dieser Bestimmung wird einer der Hauptforderungen des Mandates des Europäischen Rates von Laeken Rechnung getragen. Die Öffentlichkeit des Handels, eine der grundlegendsten Voraussetzungen eines demokratisch gestalteten Gemeinwesens, wird als Legitimationsgrundlage der Union gestärkt.

 

Gemäß Abs. 3 haben alle Unionsbürger sowie jede natürliche Person mit Wohnsitz in der Union und jede juristische Person mit satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat, das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Dieses Recht ist unabhängig von der Form der für die Dokumente verwendeten Träger. Einschränkungen der Ausübung dieses Rechts dürfen nur auf Grund öffentlicher oder privater Interessen erfolgen. Sie sind durch Europäisches Gesetz zu regeln. Dieses Gesetz hat auch die allgemeinen Grundsätze für den allgemeinen Zugang zu solchen Dokumenten festzulegen.

Abs. 3 entspricht im Wesentlichen Artikel 255, Abs. 1 und Abs. 2 EGV.

 

Gemäß Abs. 4 legen die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen in ihren jeweiligen Geschäftsordnungen besondere Bestimmungen für den Zugang zu ihren Dokumenten fest. Diese Bestimmungen müssen im Einklang mit dem in Abs. 3 genannten Europäischen Gesetz stehen. Entsprechend Art. 255 Abs. 3 EGV können in den Geschäftsordnungen der Organe ergänzende Regelungen getroffen werden (vgl. Art. III-399 Abs. 1).

 

Schutz personenbezogener Daten

 

Zu Artikel I-51:

Gemäß Abs. 1 hat jeder Mensch das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten. Die Bestimmung entspricht Art. II-68 Abs. 1 des Verfassungsvertrages. Nach dieser Bestimmung haben alle Personen, die sich in der Union befinden, – unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit – Anspruch auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.

 

Gemäß Abs. 2 sind Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen durch Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch Mitgliedstaaten bei der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechtes fallen, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz festzulegen. Diese Bestimmung schafft erstmals eine spezifische primärrechtliche Ermächtigung zur Erlassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zur Ausführung des in Abs. 1 verbrieften Rechtes und ersetzt damit Art. 286 EGV.

 

Gemäß Erklärung Nr. 10 der Schlussakte der Regierungskonferenz müssen auf Art. I-51 gestützte Bestimmungen direkte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit gebührend berücksichtigen. Die Erklärung weist darauf hin, dass die derzeit geltenden Rechtsvorschriften (insbesondere RL 95/46/EG) besondere Ausnahmeregelungen hierzu enthalten. Die Richtlinie 95/46/EG gilt derzeit nur „im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts“, d.h. ausdrücklich nicht im Bereich der Zweiten und Dritten Säule und enthält u.a. Ausnahmen für die öffentliche Sicherheit, die Landesverteidigung und die Sicherheit des Staates.

 

Status der Kirchen und weltanschaulichen
Gemeinschaften

 

Zu Artikel I-52:

Gemäß Abs. 1 achtet die Union den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen.

Abs. 2 erstreckt diesen Auftrag auf weltanschauliche Gemeinschaften.

Gemäß Abs. 3 hat die Union mit Kirchen und sonstigen religiösen oder weltanschaulichen Gemeinschaften einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog zu führen.

 

Die Bestimmung übernimmt in Abs. 1 und Abs. 2 die Erklärung Nr. 11 zu den Schlussakten der Regierungskonferenz von Amsterdam über den Status der Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften. Abs. 3 begründet ein positives Verhältnis der Union zu den Kirchen und sonstigen religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften. Der Union wird die Verpflichtung auferlegt einen regelmäßigen Dialog mit den genannten Institutionen zu führen.

 

 

TITEL VII

Die Finanzen der Union

 

Detailbestimmungen zu diesem Titel finden sich in Art. III-402 bis III-415.

 

Die Haushalts- und Finanzgrundsätze

 

Zu Artikel I-53:

Dieser Artikel fasst die Haushalts- und Finanzgrundsätze der Union zusammen:

 

Abs. 1 übernimmt das Prinzip der Einheitlichkeit des Unionsbudgets aus Art. 268, 1. UAbs., EGV. Gestrichen wird der obsolete Verweis auf die Ausgaben des Europäischen Sozialfonds. Mit dem Verweis auf „im Einklang mit Teil III“ wird insbesondere auch auf die spezifischen Finanzierungsvorschriften der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (vgl. Art. III-313) hingewiesen.

 

Abs. 2 übernimmt den Grundsatz des Haushaltsausgleichs aus EGV Art 268, 3. UAbs..

 

Abs. 3 enthält den Grundsatz der Jährlichkeit des Budgets der Union, der derzeit in Art 271, 1. UAbs., EGV festgelegt wird. Verwiesen wird auf nähere Bestimmungen in der Hauhaltsordnung die gemäß Art. III-412 nunmehr als Europäisches Gesetz verabschiedet wird.

 

Abs. 4 basiert auf einer Bestimmung der derzeit geltenden Haushaltsordnung sowie des Interinstitutionellen Abkommens vom 9. Mai 1999 betreffend die Haushaltsdisziplin: Die Ausführung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben setzt einen verbindlichen Rechtsakt voraus. Ausnahmen von diesem Grundsatz können in der Haushaltsordnung gemäß Art. III-412 festgelegt werden.

 

Abs. 5 konkretisiert den Grundsatz der Haushaltsdisziplin und basiert auf Art. 270 EGV. Die Union darf keine Rechtsakte mit erheblichen Auswirkungen auf den Haushaltsplan verabschieden, ohne Gewähr zu bieten, dass die damit verbundenen Ausgaben im Rahmen der Eigenmittel der Union und  – wie neu hinzugefügt wird – unter Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens nach Art. I-55 finanziert werden können.

 

Wie schon Art. 274, 1. UAbs., EGV hält Abs. 6 fest, dass der Haushaltsplan entsprechend dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ausgeführt wird. Die Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union zusammen um sicherzustellen, dass die im haushaltsplan vorgesehenen Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.

 

Abs. 7 betrifft die Betrugsbekämpfung. Er übernimmt den ersten Teilsatz aus Art 280 Abs. 1 EGV und verweist auf die Detailbestimmung des Art. III-415.

 

Zu Artikel I-54:

Dieser Artikel regelt umfassend die Eigenmittel der Union.

 

Abs. 1 übernimmt Art. 6 Abs. 4 EUV.

 

Abs. 2 übernimmt Art. 269, 1. UAbs., EGV.

 

Abs. 3 übernimmt Art. 269, 2. UAbs., EGV. Der bisherige „Eigenmittelbeschluss“ wird ein einstimmig zu verabschiedendes Europäisches Gesetz des Rats mit Anhörungsrecht des Europäischen  Parlaments. Unverändert bleibt das Zustimmungserfordernis der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.  Neu eingefügt  wird, dass (Anm.: nur) mit diesem Gesetz neue Kategorien von Eigenmittel eingeführt und bestehende Kategorien abgeschafft werden.

 

Abs. 4 enthält eine neue Bestimmung: Durchführungsmaßnahmen zum System der Eigenmittel können dann durch ein mit qualifizierter Mehrheit erlassenes Europäisches Gesetz des Rats, dem das Europäische Parlament zustimmen muss, festgelegt werden, sofern dies in dem vom Rat einstimmig zu erlassenden Europäischen Gesetz zum System der Eigenmittel gemäß Abs. 3 vorgesehen wird.

 

Zu Artikel I-55:

Dieser Artikel enthält die grundsätzlichen Bestimmungen zum erstmals primärrechtlich verankerten mehrjährigen Finanzrahmen.

Die bisherige mehrjährige Finanzielle Vorausschau hat keine spezifische Rechtsgrundlage in den geltenden Verträgen. Sie beruht auf interinstitutionellen Vereinbarungen zwischen den Organen Europäisches Parlament, Rat und Kommission. Solche Vereinbarungen werden seit 1988 abgeschlossen (Delors-I-Paket 1988-92, Delors-II-Paket 1993-1999, Agenda 2000, Agenda 2007). Seit dem Vertrag von Nizza wird die Existenz der Finanziellen Vorausschau durch eine Erwähnung in Art 161, 3. UAbs., EGV indirekt anerkannt.

Die Detailbestimmungen zu Art. I-55 werden in Art. III-402 festgelegt. Der mehrjährige Finanzrahmen soll eine geordnete Entwicklung der Ausgaben innerhalb der Grenzen der Eigenmittel sicherstellen.

Gemäß Abs. 2 wird der mehrjährige Finanzrahmen in einem vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen Gesetz festgelegt. Das Europäische Parlament muss diesem Gesetz mit der Mehrheit seiner Mitglieder zustimmen.

 

Abs. 3 besagt, dass bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans der mehrjährige Finanzrahmen einzuhalten ist.

 

 Gemäß Abs. 4 kann der Europäische Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat das Europäische Gesetz gem. Abs. 2 mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann. Sobald diese „spezifische Passerelle“ in Anspruch genommen und bei der Beschlussfassung im Rat zur qualifizierten Mehrheit übergegangen wird, ist zu beachten, dass diesbezüglich in Art. III-395 folgende verfahrensrechtliche Sonderbestimmung normiert wird: In Abweichung von der allgemeinen Regel für das ordentliche Gesetzgebungsverfahren genügt  für die Abänderung des Kommissionsvorschlags  in diesem Fall die qualifizierte Mehrheit im Rat.

 

Hinsichtlich Abs. 4 ist auf die in die Schlussakte aufgenommene einseitige Erklärung Nr. 42 der Niederlande hinzuweisen, wonach diese einem Europäischen Beschluss zustimmen würden, sobald im Rahmen der Überprüfung des Europäischen Gesetzes nach Art. I-54 Abs. 3 für die Niederlande eine zufrieden stellende Lösung für ihre in Bezug auf den Haushalt der Union äußerst nachteilige Position als Nettozahler gefunden wurde.

 

Wesentlich ist die in Art I-54 und Art. I-55 eingeführte Normenhierarchie der Finanzbestimmungen: Die Eigenmittelobergrenze bindet den mehrjährigen Finanzrahmen, der die jährlichen Obergrenzen für Ausgabenkategorien festlegt. Diese sind gemäß Abs. 3 gesetzlich bindend für den Jahreshaushalt der Union (vgl. Art. I-56).

 

Zu Art. I-56:

Dieser Artikel  bestimmt, dass der jährliche Haushaltsplan der Union in einem Europäischen Gesetz festgelegt wird, das nach dem in Art. III-404 dargelegten besonderen Verfahren von Rat und Europäischem Parlament erlassen wird.

 

 

TITEL VIII

Die Union und ihre Nachbarn

 

Zu Artikel I-57:

Mit diesem neuen Titel, der einen einzigen Artikel (Art. I-57) umfasst, wird erstmals eine vertragliche Basis für die Nachbarschaftspolitik der Union geschaffen. Die Union verfügt bereits heute über ein enges politisches und wirtschaftliches Beziehungsnetz zu ihren Nachbarregionen, zu dem neben zahlreichen bilateralen Abkommen auch der Europäische Wirtschaftsraum zählt. Dazu kommt die im Jahr 2002 von der Kommission und dem Rat gemeinsam initiierte Europäische Nachbarschaftspoli­tik, mit besonderem Augenmerk auf die neuen Nachbarn der Union in Folge der EU-Erweiterung. Für diese Konzepte besteht nunmehr mit dem vorliegenden Artikel eine eigene Grundlage. Sie begründet keine neuen Verpflichtungen, schafft aber einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Beziehungen der EU zu den Staaten in ihrer Nachbarschaft.

 

Abs. 1 umschreibt die generelle Zielsetzung der EU-Nachbarschaftspolitik mit der Schaffung eines Raums des Wohlstands und der guten Nachbarschaft basierend auf engen, friedlichen Beziehungen. Darüber hinaus wird ausdrücklich festgehalten, dass dieser gemeinsame Raum auf den in Artikel I-3 genannten Werten der Union aufbaut. Der Artikel enthält zwar keine Definition des Begriffs „Nachbarschaft“, allerdings ist davon auszugehen, dass auch Staaten erfasst werden, die nicht über gemeinsame Grenzen mit EU-Mitgliedstaaten verfügen.

 

Abs. 2 räumt der Union die Möglichkeit ein, „spezielle Übereinkünfte“ mit diesen Ländern zu schließen. Diese Übereinkünfte, die gegenseitige Rechte und Pflichten umfassen und die Möglich­keit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen, sind als eine Sonderform der Assoziationsabkommen gedacht (vgl. Art. III-324). Zu ihrer Durch­führung finden regelmäßige Konsultationen statt.

 

Das Verfahren für die Verhandlung und den Abschluss dieser Übereinkünfte richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der Verfassung für internationale Übereinkünfte (Art. III-323 ff.). Unbeschadet dieser neuen Grundlage gelten darüber hinaus die besonderen Bestimmungen der Verfassung z.B. in Bezug auf die Außenhandelspolitik (Art. III-315).

 

In Zusammenhang mit diesem Artikel steht die der Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügte Erklärung Nr. 11, die einen besonderen Hinweis auf die europäischen Kleinstaaten (Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino, Vatikan) enthält. In dieser Erklärung versichert die Union, dass sie im Rahmen ihrer Nachbarschaftspolitik der besonderen Lage dieser Länder, die sich durch ihre spezifischen Nachbarschaftsbeziehungen zur Union auszeichnen, Rechnung tragen wird.

 

 

TITEL IX

Zugehörigkeit zur Union

 

Dieser Titel enthält die grundlegenden Bestimmungen zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union: der Beitritt zur und der Austritt aus der Union sowie die Möglichkeit zur Aussetzung bestimmter Mitgliedschaftsrechte bei einer schwerwiegenden und anhalten Verletzung der Werte der Union. Während die Bestimmungen zum Beitritt und zum Sanktionsverfahren im Wesentlichen an die geltende Rechtslage anknüpfen, stellt die ausdrückliche Verankerung eines Austrittsverfahrens eine Neuerung dar.

 

Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union

 

Zu Artikel I-58:

Diese Bestimmung übernimmt das in Art. 49 EUV vorgesehene Verfahren: Antrag eines beitrittwilligen Staates, Beschluss des Rates nach Anhörung der Kommission und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments und Ratifikation des Beitrittsvertrags durch alle Vertrags­staaten. Auch im Hinblick auf die Beschlussfassungsregeln im Rat und im Europäischen Parlament gibt es keine Änderung (Einstimmigkeit im Rat und Mehrheit der Mitglieder im Europäischen Parlament).

 

Darüber hinaus enthält der Artikel aber zwei Neuerungen bzw. Präzisierungen:

 

-       Der Grundsatz, dass die Union allen europäischen Staaten offen steht, die ihre grundlegenden Werte achten, gilt gemäß Abs. 1 unverändert. In Wiederholung des Art. I-1 Abs. 2 müssen sich allerdings die Kandidatenländer künftig zudem verpflichten, diesen Werten „gemeinsam Geltung zu verschaffen“.

 

-       Abs. 2 enthält die Verpflichtung für den Rat nicht nur das Europäische Parlament, sondern auch die nationalen Parlamente über jeden Beitrittsantrag zu unterrichten. Wenngleich die Verfassung keine Frist angibt, ist davon auszugehen, dass diese Unterrichtung unmittelbar nach Einlangen des Beitrittsantrags zu erfolgen hat.

 

Der Umstand, dass Abs. 2 im Hinblick auf den Inhalt des Beitrittsvertrags nur allgemein von „Einzelheiten der Aufnahme“ spricht und nicht mehr ausdrücklich – wie in Art. 49 EUV – auf die erforderlichen Anpassungen des Primärrechts Bezug nimmt, ist hingegen lediglich eine redaktionelle Änderung, die den Charakter und Regelungsgehalt der Beitrittsverträge unberührt lässt.

 

Aussetzung bestimmter mit der Zugehörigkeit
zur Union verbundener Rechte

 

Zu Artikel I-59:

Der Sanktionsmechanismus gegenüber einem Mitgliedstaat im Falle einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der in Art. I-2 genannten Werte, der zur Aussetzung der Mitgliedschaftsrechte, einschließlich der Stimmrechte im Rat, führen kann, entspricht inhaltlich dem derzeitigen Verfahren (Artikel 7 EUV und Artikel 309 EGV). Es wurden allerdings die erforderlichen technischen Anpassungen vorgenommen, um der Stellung des Europäischen Rates als Organ (Abs. 2) und der neuen Stimmgewichtung im Rat (Abs. 5) Rechnung zu tragen.

 

Die einzige substantielle Änderung gegenüber dem EU- und EG-Vertrag besteht darin, dass die Möglichkeit für den Rat im Rahmen des Vorverfahrens einen Bericht von unabhängigen Persönlichkeiten (Weisenbericht) einzuholen nicht mehr erwähnt wird. Trotz der Streichung dieses fakultativen Elements steht es dem Rat aber auch in Zukunft frei im Bedarfsfall auf einen solchen Behelf zurückzugreifen.

 

Freiwilliger Austritt aus der Union

 

Zu Artikel I-60:

Mit dieser neuen Bestimmung wird erstmals ausdrücklich die Möglichkeit des Austritts eines Mitgliedstaats aus der Union verankert. Wenngleich die geltenden Gründungsverträge – im Unterschied zu den Gründungsakten zahlreicher anderer internationaler Organisationen wie z.B. Europarat, NATO oder WTO – keine Regelung zum Austritt oder zur Kündigung der Mitgliedschaft kennen, bedeutet dies nicht, dass die Mitgliedschaft unauflösbar ist. Bereits bisher ist zumindest die Möglichkeit des Austritts eines Mitgliedsstaats im gegenseitigen Einvernehmen mit den anderen Mitgliedsstaaten gemäß Artikel 54 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 als rechtlich zulässig anzusehen. Nunmehr wird dazu erstmals im Primärrecht ein formales Verfahren vorgesehen.

 

Gemäß Abs. 1 kann jeder Mitgliedstaat gemäß seinen internen Verfassungsvorschriften beschließen, aus der EU auszutreten, wobei er den Europäischen Rat darüber in Kenntnis zu setzen hat. Mit dieser Mitteilung an den Europäischen Rat beginnt gemäß Abs. 3 die zweijährige Frist, innerhalb der eine einvernehmliche Regelung über die Modalitäten des Austrittes erfolgen sollte.

 

Der Austritt ist nicht an die Zustimmung der anderen Mitgliedstaaten oder an andere Bedingungen gebunden. Abs. 2 sieht allerdings vor, dass die Union mit dem austretenden Staat ein Abkommen über die Modalitäten des Austritts abschließt, in dem auch die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union geregelt werden. Die Verhandlungen erfolgen auf der Grundlage von Leitlinien des Europäischen Rates, der gemäß Art. III-325 den Verhandlungsführer oder den Leiter des Verhandlungsteams der Union benennt. Das Austrittsabkommen wird nach Zustimmung des Europäischen Parlaments vom Rat mit qualifizierter Mehrheit im Namen der Union geschlossen. Gemäß Abs. 3 findet die Verfassung ab dem Inkrafttreten des Austrittsabkommen keine Anwendung mehr auf den betroffenen Staat.

 

Wenngleich es aufgrund der engen Verflechtung zwischen den Mitgliedstaaten in der Praxis kaum vorstellbar ist, dass ein Austritt ohne begleitendes Abkommen erfolgt, ist der Abschluss eines solchen Abkommens keine Bedingung für den Austritt. Gemäß Abs. 3 wird nämlich der Austritt zwei Jahre nach der Mitteilung über die Austrittsabsicht an den Europäischen Rat automatisch wirksam, sollte bis dahin kein Austrittsabkommen geschlossen und in Kraft getreten sein. Der Europäische Rat kann allerdings diese zweijährige Frist durch einstimmigen Beschluss und im Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat verlängern.

 

Gemäß Abs. 4 nimmt der Vertreter des austretenden Mitgliedstaats weder an den Beratungen im Zusammenhang mit dem Austrittsverfahren noch an den diesbezüglichen Beschlussfassungen im Europäischen Rat oder im Rat teil.

 

Abs. 5 bestimmt, dass der Austritt ein absoluter ist und dass dem Staat, der aus der Union ausgetreten ist, auch im Austrittsabkommen keine „Beitrittsoption“ eingeräumt werden kann. Möchte der betreffende Staat neuerlich Mitglied der Union werden, so gilt für ihn das übliche in Art. I-58 festgelegte Verfahren für den Beitritt zur Union.

 

 

TEIL II

DIE CHARTA DER GRUNDRECHTE DER UNION

 

Teil II des Vertrags über eine Verfassung für Europa enthält die Charta der Grundrechte der Europäischen Union. Die in der Charta verankerten Rechte und Grundsätze sind somit rechtlich verbindlich.

 

Die Charta der Grundrechte wurde von Dezember 1999 bis September 2000 vom Konvent zur Ausarbeitung der Charta erarbeitet und auf der Tagung des Europäischen Rates vom 7. bis 9. Dezember 2000 in Nizza vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission feierlich proklamiert. Teil II übernimmt die Charta im Wesentlichen unverändert in der vom Grundrechtskonvent beschlossenen Form. Es wurden jedoch einige Ergänzungen insbesondere zu den „horizontalen“ Schlussbestimmungen aufgenommen, die unter anderem sicherstellen sollen, dass der Anwendungsbereich der Charta auf die Anwendung und Durchführung von Unionsrecht beschränkt bleibt und die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten nicht berührt wird.

 

Gemäß Art. II-112 Abs. 7 sind die Erläuterungen, die als Anleitung für die Charta der Grundrechte verfasst wurden, von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen. Der Text der Erläuterungen ist der Schlussakte in einer Erklärung beigefügt (vgl. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte). Die Erläuterungen (im Folgenden: Erläuterungen des Präsidiums) wurden unter der Leitung und Verantwortung des Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert, unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert und auf Grund der vom Europäischen Konvent vorgenommen Ergänzungen der Charta ergänzt. Die Erläuterungen des Präsidiums stellen eine Interpretationshilfe dar, die bei der Auslegung der Charta heranzuziehen ist und die dazu dient, die Bestimmungen der Charta zu verdeutlichen.

 

Die der Schlussakte als Erklärung Nr. 12 beigefügten Erläuterungen des Präsidiums enthalten bereits eine ausführliche Kommentierung der einzelnen Bestimmungen der Charta der Grundrechte; sie enthalten insbesondere auch Hinweise auf die Herkunft der einzelnen Chartabestimmungen, ihr Verhältnis zu anderen Verfassungsbestimmungen und die geltende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs. Die vorliegenden Erläuterungen gehen daher im Folgenden nur so weit auf die einzelnen Bestimmungen der Charta ein, als sie nicht bereits in den Erläuterungen des Präsidiums behandelt werden. Hingewiesen wird in Folge auch auf jene Ergänzungen bzw. Aktualisierung der Erläuterungen des Präsidiums, die erst unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents vorgenommen wurden.

 

Präambel

Die Präambel der Charta wurde im Wesentlichen unverändert übernommen. Im Europäischen Konvent wurde der letzte Satz des Abs. 5 eingefügt, wonach die Auslegung der Charta durch die Gerichte der Union und der Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung der Erläuterungen erfolgt. Vgl. hiezu auch Art. II-112 Abs. 7 sowie die der Schlussakte beigefügte Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte.

 

TITEL I

Würde des Menschen

 

Titel I steht unter der Überschrift „Würde des Menschen“ und enthält die fundamentalen Rechte des Menschen.

 

Zu Artikel II-61:

Art. II-61 enthält das Grundrecht der Würde des Menschen.

 

Aus der Formulierung „unantastbar“ sowie aus der Entstehungsgeschichte des Art. II- 61 ergibt sich, dass das Grundrecht der Menschenwürde keinerlei Einschränkungen unterliegt. Insbesondere ist daher die allgemeine Schrankenklausel des Art. II-112 Abs. 1 restriktiv zu interpretieren und auf Art. II-61 nicht anwendbar (vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums: „Sie darf daher auch bei Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden“).

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rs C-377/98 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-62:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Leben sowie das Verbot der Todesstrafe. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-63:

Art. II-63 garantiert das Recht auf geistige und körperliche Unversehrtheit. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rs C-377/98 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-64:

Das Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung entspricht Art. 3 EMRK und unterliegt daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 keinen Einschränkungen.

 

Zu Artikel II-65:

Das in Abs. 1 verankerte Verbot der Sklaverei entspricht Art. 4 Abs. 1 EMRK und unterliegt daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 keinen Einschränkungen.

 

Abs. 2 normiert das Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit. Er entspricht Art. 4 Abs. 2 EMRK und unterliegt daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 auch den in Art. 4 Abs. 3 EMRK normierten Ausnahmen. Bei den Ausnahmen des Art. 4 Abs. 3 EMRK handelt es sich nicht um zulässige Eingriffe, sondern um eine Beschränkung des sachlichen Schutzbereiches des absoluten Verbots der Zwangs- und Pflichtarbeit.

 

Abs. 3 enthält das Verbot des Menschenhandels. Auf Grund des inhaltlichen Zusammenhangs mit der Menschenwürde (vgl. hiezu auch die Erläuterungen des Präsidiums) und mit dem Verbot von Sklaverei unterliegt das Verbot des Menschenhandels keinen Einschränkungen.

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. In den Erläuterungen zu Abs. 3 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents im ersten Satz die Wortfolge „dem Grundsatz“ gestrichen. Dies hat seinen Grund darin, dass man der Rechtsprechung des EuGH zur Zuordnung der einzelnen Chartabestimmungen in die Kategorien „Rechte“ und „Grundsätze“ nicht zuvorkommen wollte. Die Charta selbst (vgl. die Art. II-111 Abs. 1 und Art. II-112 Abs. 5) unterscheidet zwar zwischen Rechten und Grundsätzen, lässt jedoch offen, welche Bestimmungen jeweils in die eine oder andere Kategorie fallen. Mit der Streichung des Wortes „Grundsatz“ in den Erläuterungen zu jenen Artikeln, deren Einstufung als Grundsatz nicht ohnehin eindeutig ist, sollte eine unabsichtliche bzw. missverständliche Einstufung dieser Artikel als (bloßer) Grundsatz vermieden werden.

Der in den Erläuterungen zu Abs. 3 weiters enthaltene Hinweis auf den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels wurde auf Veranlassung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

 

TITEL II

Freiheiten

 

Der Titel Freiheiten übernimmt im Wesentlichen die Freiheitsrechte der EMRK, enthält aber auch zusätzliche Bestimmungen (vgl. etwa Art. II-78).

 

Zu Artikel II-66:

Das Recht auf Freiheit und Sicherheit entspricht Art. 5 EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Der letzte Absatz der Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents an den Verfassungsvertrag angepasst.

 

 

Zu Artikel II-67:

Das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens entspricht Art. 8 EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-68:

Art. II-68 garantiert das Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Der Hinweis auf Art. I-51 der Verfassung sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents in die Erläuterungen eingefügt. Gestrichen wurde der Verweis im letzten Satz der Erläuterungen, wonach Einschränkungen dieses Rechts gemäß den Bedingungen des Art. 52 der Charta (d.h. Art. II-112 der Verfassung) zulässig sind. Dadurch wurde inhaltlich jedoch nichts geändert, da Art. II-112 Auslegungsregeln für alle im Teil II der Verfassung verankerten Rechte und Grundsätze enthält und der nunmehr gestrichene Hinweis daher nur Selbstverständliches ausgeführt hat.

 

Zu Artikel II-69:

Das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, stützt sich auf Art. 12 EMRK, ist aber insofern weiter, als in Art. II-69 grundsätzlich auch gleichgeschlechtliche Ehen erfasst sind. Art. II-69 verleiht jedoch homosexuellen Partnern nicht das Recht zu heiraten, und die Mitgliedstaaten werden durch Art. II-69 nicht verpflichtet, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts den Status der Ehe zu verleihen. Falls jedoch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Eheschließung und Familiengründung zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern anerkennen, so gilt Art. II-69 auch für diese. Mit dem Verweis auf die einzelstaatlichen Gesetze wird der jeweilige nationale Status quo geschützt. Art. II-69 hat daher die gleiche Bedeutung, unter Umständen – nämlich wenn die einzelstaatlichen Vorschriften dies vorsehen – aber eine umfassendere Tragweite als Art. 12 EMRK (vgl. Art. II-112 Abs. 3 sowie die dazugehörigen Erläuterungen).

Vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums.

 

Zu Artikel II-70:

Abs. 1 gewährleistet das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und entspricht Art. 9 EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Abs. 2 gewährleistet das Recht auf Wehrdienstverweigerung nur nach Maßgabe einzelstaatlicher Gesetze. Es wird daher der nationale Status quo beibehalten und der Umfang des Rechts dem Ermessen des nationalen Gesetzgebers überlassen.

 

Zu Artikel II-71:

Art. II-71 garantiert die Freiheit der Meinungsäußerung und entspricht Art. 10 EMRK. Während die Medienfreiheit in Art. 10 EMRK als Teil der Freiheit der Meinungsäußerung betrachtet wird, ist die Freiheit der Medien in Art.II-71 Abs. 2 ausdrücklich verankert. Auf die Erläuterungen des Präsidiums wird verwiesen.

 

Zu Artikel II-72:

Abs. 1 garantiert die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit und entspricht Art. 11 EMRK.

 

Gemäß Abs. 2 tragen politische Parteien auf der Ebene der Union dazu bei, den politischen Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.

 

Auf die Erläuterungen des Präsidiums wird verwiesen.

 

Zu Artikel II-73:

Dieser Artikel enthält die Freiheit von Kunst und Wissenschaft. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-74:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Bildung.

 

Abs. 1 und Abs. 3 (bezüglich der Rechte der Eltern) stützen sich auf Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK (vgl. die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-74 und Art. II-112 Abs. 3).

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents wurde im ersten Satz des zweiten Absatzes der Erläuterungen zu Art. II-74 das Wort "Recht" durch "Artikel" ersetzt. Damit sollte ein Vorgriff auf die Einstufung dieses Artikels als Recht oder als (bloßer) Grundsatz durch die Erläuterungen vermieden werden (vgl. auch oben zu Art. II-65).

 

Zu Artikel II-75:

Dieser Artikel enthält die Berufsfreiheit und das Recht zu arbeiten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-76:

Dieser Artikel enthält die unternehmerische Freiheit. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-77:

Art. II-77 gewährleistet das Eigentumsrecht und stützt sich auf Art. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-78:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention sowie der Verfassung. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-79:

Abs. 1 enthält das Verbot von Kollektivausweisungen und stützt sich auf Art. 4 des 4. Zusatzprotokolls zur EMRK.

 

Das in Abs. 2 verankerte Refoulement-Verbot stützt sich auf die Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK.

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

 

TITEL III

Gleichheit

 

Titel III enthält die Gleichheitsrechte und Gleicheitsgrundsätze sowie besondere Bestimmungen zu Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen.

 

Zu Artikel II-80:

Dieser Artikel enthält einen allgemeinen Gleichheitssatz. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-81:

Abs. 1 enthält den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und verbietet jede Diskriminierung aus den beispielhaft angeführten Gründen.

 

In die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-81 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents ein neuer Absatz hinzugefügt, der das Verhältnis zwischen Art. II-81 und Art. III-124 klarstellt. Während Art. III-124 eine Kompetenznorm zur Erlassung sekundärrechtlicher Bestimmungen für bestimmte, abschließend aufgezählte Diskriminierungsformen darstellt, verbietet Art. II-81 jede Art von Diskriminierung durch die Union bei der Ausübung der ihr sonst durch die Verfassung eingeräumten Zuständigkeiten (sowie durch die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich der Charta, vgl. II-111 Abs. 1). Vgl. die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-81, 2. Abs.

 

Abs. 2, der das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, wurde vom Europäischen Konvent an die Verfassung angepasst.

 

Zu Artikel II-82:

Gemäß Art. II-92 achtet die Union die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen. Adressat dieser Bestimmung ist nur die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf Art. I-3 Abs. 3 der Verfassung wurde unter Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-83:

Dieser Artikel enthält die Gleichheit von Männern und Frauen. In Abs. 2 wird die Zulässigkeit positiver Maßnahmen ausdrücklich bekräftigt. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-84:

Dieser Artikel garantiert die Rechte des Kindes. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Der zweite Absatz der Erläuterungen zu Art. II-84 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents hinzugefügt.

 

Zu Artikel II-85:

Art. II-85 normiert den Schutz älterer Menschen. Adressat dieser Bestimmung ist nur die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Aus der Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-86:

Art. II-86 enthält den Grundsatz der Integration von Menschen mit Behinderung. Adressat dieser Bestimmung ist nur die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Aus der Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der – vom Präsidium des Grundrechtskonvents offenbar versehentlich in die Erläuterungen aufgenommene – Hinweis auf Artikel 23 der revidierten Sozialcharta (Recht älterer Menschen auf soziale Unterstützung) wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents gestrichen.

 

TITEL IV

Solidarität

 

Titel IV enthält soziale Rechte und Grundsätze.

 

Zu Artikel II-87:

Dieser Artikel garantiert das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Unternehmen. Mit dem Hinweis auf das Unionsrecht und insbesondere die „einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“ wird der Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf die Richtlinien 2002/14/EG und 2001/23/EG in den Erläuterungen zu Art. II-87 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aufgenommen.

 

Zu Artikel II-88:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen. Mit dem Hinweis auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten wird der Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-89:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-90:

Art. II-90 gewährleistet Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung, allerdings nur nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Es wird daher der jeweilige nationale Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf die einschlägigen Richtlinien in den Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert.

 

Zu Artikel II-91:

Dieser Artikel enthält Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hinblick auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-92:

Dieser Artikel enthält das Verbot der Kinderarbeit und garantiert den Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-93:

Dieser Artikel gewährleistet den Schutz der Familie sowie einige mit der Mutterschaft zusammenhängende Rechte. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-94:

Abs. 1 enthält den Grundsatz des Zugangs zu den Leistungen der sozialen Sicherheit. Adressat dieser Bestimmung ist die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Abs. 1 stellt daher ein Abwehrrecht dar, das insbesondere Eingriffe des Unionsrechts (beispielsweise unter dem Titel des Wettbewerbsrechts) in die einzelstaatlichen Sozialstandards verhindern soll. Aus der Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Der Hinweis auf das Unionsrecht sowie die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten bedeutet, dass der jeweilige Status quo beibehalten wird und sich die Unterlassungsverpflichtung auf das jeweils geltende Recht bezieht.

 

Abs. 2 verankert einen Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen Vergünstigungen, sofern und soweit sie nach dem Unionsrecht bzw. den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten bestehen.

 

Nach Abs. 3 anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und eine Unterstützung für die Wohnung. Zum Umfang dieser Bestimmung vgl. auch oben zu Abs. 1.

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen zu Abs. 2 enthaltene Verweis auf Art. 12 Abs. 4 der Europäischen Sozialcharta sowie der in den Erläuterungen zu Abs. 3 enthaltene Verweis auf Art. 13 der Europäischen Sozialcharta wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-95:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge sowie den Grundsatz eines hohen Gesundheitsschutzniveaus. Durch den Verweis auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten wir der jeweilige nationale Status quo beibehalten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Der Hinweis auf Art. 13 der Europäischen Sozialcharta in den Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-96:

Dieser Artikel enthält den Grundsatz, wonach die Union den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anerkennt und achtet. Adressat dieser Bestimmungen ist lediglich die Union, nicht die Mitgliedstaaten. Aus der Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Zweck dieser Bestimmung ist insbesondere, Eingriffe der Union in durch die Mitgliedstaaten gewährte Rechte zu verhindern. Vgl. im Übrigen die Erläuterungen des Präsidiums.

 

Zu Artikel II-97:

Dieser Artikel enthält den Grundsatz des Umweltschutzes. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-98:

Dieser Artikel enthält den Grundsatz des Verbraucherschutzes. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

TITEL V

Bürgerrechte

 

Titel V enthält die Bürgerrechte. Mit Ausnahme von Art. II-101 kommen die in diesem Titel enthaltenen Rechte nur Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern oder Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern sowie Personen mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat zu.

 

Zu Artikel II-99:

Abs. 1 enthält das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament. Grundrechtsträger sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.

Abs. 2 enthält die Wahlgrundsätze.

 

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-126 in den Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-100:

Dieser Artikel enthält das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen. Grundrechtsträger sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-126 in den Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-101:

Dieser Artikel enthält das Recht auf eine gute Verwaltung. Trotz der Stellung des Artikels im Kapitel der Bürgerrechte kommt dieses Recht nicht nur Unionsbürgern, sondern jeder Person zu. Verpflichtet sind gemäß Abs. 1 die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, nicht aber jene der Mitgliedstaaten. Die Wortfolge „und sonstigen Stellen“ in Abs. 1 wurde vom Europäischen Konvent zum Zwecke der Anpassung an die Verfassung eingefügt. Der Ausdruck „Einrichtungen und sonstige Stellen“ wird in der Verfassung üblicherweise als Bezeichnung für alle durch die Verfassung oder durch sekundäre Rechtsakte geschaffenen Einrichtungen verwendet (vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-112 Abs. 1).

 

Abs. 2 zählt beispielhaft einige besondere Verfahrensgarantien auf.

 

Abs. 3 enthält die Haftung der Union für durch ihre Organe und Bediensteten verursachte Schäden.

 

Abs. 4 enthält das Recht auf Korrespondenz mit den Organen der Union in einer Sprache der Verfassung.

 

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-398 im ersten Absatz der Erläuterungen zu Art. II-101 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aufgenommen.

 

Zu Artikel II-102:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Zugang zu Dokumenten und entsprach ursprünglich fast wortgleich Art. 255 EGV. Das nunmehr in Art. I-50 Abs. 3 verankerte Recht auf Zugang zu Dokumenten wurde vom Europäischen Konvent auf die Dokumente aller Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form der für diese Dokumente verwendeten Träger, ausgeweitet; Art. II-102 wurde daher entsprechend angepasst. Vgl. auch die aktualisierten Erläuterungen des Präsidiums. Grundrechtsträger sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede Person mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat.

 

Zu Artikel II-103:

Dieser Artikel enthält das Recht auf Befassung des Europäischen Bürgerbeauftragten. Berechtigt sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede Person mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat. Die Wortfolge „und sonstigen Stellen“ in Abs. 1 wurde vom Europäischen Konvent zum Zwecke der Anpassung an die Verfassung eingefügt.

 

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-104:

Dieser Artikel enthält das Petitionsrecht. Berechtigt sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede Person mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-105:

Dieser Artikel garantiert die Freizügigkeit und die Aufenthaltsfreiheit für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.

 

Abs. 2 räumt Drittstaatsangehörigen kein individuelles Recht auf Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit ein. Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit für Drittstaatsangehörige kann vielmehr lediglich nach Maßgabe der Verfassung gewährt werden.

 

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf Art. III-125 und die Rs. C-413/99 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Zu Artikel II-106:

Dieser Artikel garantiert diplomatischen und konsularischen Schutz für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf Art. III-127 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

 

TITEL VI

Justizielle Rechte

 

Der Titel VI enthält grundrechtliche Organisations- und Verfahrensgarantien. Im Gegensatz zum vorhergehenden Titel handelt es sich hier wieder um Jedermannsrechte.

 

Zu Artikel II-107:

Abs. 1 garantiert das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Dieses Recht ist insofern weiter als jenes des Art. 13 EMRK, als es sich nicht nur auf die Rechte des Teils II der Verfassung, sondern auf alle durch das Recht der Union garantierten Rechte und Freiheiten bezieht. Vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums. Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf die Änderungen des Systems des gerichtlichen Rechtsschutzes der Union durch den Europäischen Konvent wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

Abs. 2 normiert das Recht auf ein faires gerichtliches Verfahren. Dieses Recht entspricht Art. 6 Abs. 1 EMRK, ist aber insofern weiter, als es nicht auf Streitigkeiten über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder Entscheidungen über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage beschränkt ist.

 

Abs. 3 enthält ein Recht auf Prozesskostenhilfe.

 

Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-108:

Dieser Artikel gewährleistet die Unschuldsvermutung sowie die Verteidigungsrechte des Angeklagten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Zu Artikel II-109:

Dieser Artikel enthält die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Im ersten Satz der Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents das Wort „Grundsatz“ durch das Wort „Regel“ ersetzt. Man wollte damit eine nicht beabsichtigte Zuordnung der Bestimmung zur Kategorie „Grundsätze“ im Sinne der Art. II-111 Abs. 1 und Art. II-112 Abs. 5 vermeiden (vgl. auch oben zu Art. II-65).

 

Zu Artikel II-110:

Dieser Artikel enthält das Verbot der Doppelbestrafung. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

Im 5. und 6. Absatz der Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents das Wort „Grundsatz“ durch das Wort „Regel“ ersetzt. Man wollte damit eine nicht beabsichtigte Zuordnung der Bestimmung zur Kategorie „Grundsätze“ im Sinne der Art. II-111 Abs. 1 und Art. II-112 Abs. 5 vermeiden (vgl. auch oben zu Art. II-65). Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf die Rs. C-187/01 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.

 

 

TITEL VII

Allgemeine Bestimmungen über die Auslegung und Anwendung der Charta

 

Titel VII enthält die so genannten „horizontalen“ Bestimmungen, das heißt, die allgemeinen Bestimmungen über den Anwendungsbereich und die Auslegung der Charta. Diese horizontalen Bestimmungen wurden vom Europäischen Konvent teilweise ergänzt. Bei diesen Ergänzungen handelt es sich jedoch nicht um substanzielle Änderungen; vielmehr sollten die bestehenden Auslegungsregeln im Interesse der Rechtssicherheit klarer formuliert und präzisiert werden.

 

Zu Artikel II-111:

Abs. 1 legt den Anwendungsbereich der Charta fest. Demnach gilt Teil II der Verfassung für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten bei der „Durchführung“ des Rechts der Union. Was die Mitgliedstaaten betrifft, verweisen die Erläuterungen des Präsidiums auf die bisherige Rechtsprechung des EuGH. Nach dieser Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten auf drei Ebenen an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden: bei der Vollziehung von unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht, bei der Durchführung von nicht unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht sowie bei der Anwendung nationaler Rechtsvorschriften, die Grundfreiheiten einschränken. Dieser Rechtsprechung folgend – und entgegen dem engeren Wortlaut des Abs. 1 („Durchführung“) – sind die Mitgliedstaaten daher im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts an die in Teil II der Verfassung verankerten Rechte und Grundsätze gebunden. Es wird weiters auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Abs. 1 bringt auch ansatzweise die Unterscheidung zwischen Rechten und Grundsätzen zum Ausdruck. Demnach sind die Rechte zu „achten“, während sich die Adressaten der Charta an die Grundsätze zu „halten“ haben. Vgl. dazu noch näher Art. II-112 Abs. 5.

 

Der Europäische Konvent fügte im 2. Satz in Abs. 1 den Satzteil „und unter Achtung der Grenzen der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen werden“, an. Damit soll noch deutlicher als bisher klargestellt werden, dass der Union mit Teil II der Verfassung keine zusätzlichen Kompetenzen übertragen werden (vgl. dazu näher unten zu Abs. 2 sowie die Erläuterungen des Präsidiums). Zwecks Anpassung an die Verfassung wurde vom Europäischen Konvent weiters die Wortfolge „und sonstige Stellen“ in Abs. 1 eingefügt.

 

Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 2. Satz soll jede kompetenzrechtliche Änderung durch Teil II der Verfassung ausschließen. Die Union muss und kann die in Teil II verankerten Rechte und Grundsätze daher nur dort „fördern“ (vgl. Art. II-111 Abs. 1), wo ihr die Teile I und III eine entsprechende Zuständigkeit einräumen. Werden der Union in Bezug auf bestimmte Rechte oder Grundsätze in den Teilen I und III der Verfassung keine entsprechenden Kompetenzen eingeräumt (vgl. z.B. Art. II-88 im Hinblick auf das Streikrecht), ist sie lediglich verpflichtet, diese Rechte und Grundsätze bei der Ausübung ihrer sonstigen Zuständigkeiten zu achten und Eingriffe zu unterlassen. So besteht beispielsweise der Zweck mancher insbesondere im Titel IV (Solidarität) enthaltenen Bestimmungen vor allem darin, Eingriffe der Union in die mitgliedstaatlichen Sozialstandards (etwa aus dem Titel Wettbewerbsrecht) zu unterbinden.

 

Abs. 2 wurde vom Europäischen Konvent dahingehend ergänzt, dass die Charta den Geltungsbereich des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnt. Vgl. dazu den unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents neu hinzugefügten letzten Absatz der Erläuterungen zu Art. II-111.

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Diese wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents entsprechend den Ergänzungen in Art. II-112 ergänzt und aktualisiert.

 

Zu Artikel II-112:

Dieser Artikel enthält Bestimmungen betreffend den Schutzbereich und die Schranken der in der Charta enthaltenen Rechte und Grundsätze sowie Regeln für ihre Auslegung.

 

Abs. 1 enthält eine allgemeine Schrankenklausel und ist subsidiär gegenüber den besonderen Bestimmungen der Abs. 2 bis 4. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

 

Abs. 2 legt fest, dass jene Rechte der Charta, die dem EG-Vertrag entnommen wurden und nunmehr in den Teilen I und III der Verfassung geregelt sind, im Rahmen der dort festgelegten Bedingungen und Grenzen ausgeübt werden. Es wird daher klargestellt, dass diese Rechte durch die Charta nicht geändert werden. Dabei wird auch das einschlägige Sekundärrecht zur Interpretation dieser Chartabestimmungen herangezogen (vgl. etwa die Erläuterungen zu Art. II-68).

Die Erläuterungen zu Abs. 2 wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents neu gefasst. Dies führt jedoch zu keinen inhaltlichen Änderungen. Sinn und Zweck des Abs. 2 sollten nur etwa ausführlicher dargelegt werden.

 

Abs. 3 legt fest, dass jene Artikel der Charta, die Rechten der EMRK entsprechen, dieselbe Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der EMRK verliehen wird. Damit sollen die Garantien der entsprechenden Artikel der EMRK in die Charta übernommen werden. Dies betrifft daher sowohl den jeweiligen Schutzbereich als auch die ausführlichen Regeln der zulässigen Einschränkungen und etwaige zusätzliche, im jeweiligen Artikel der EMRK enthaltene substanzielle Rechte (vgl. etwa Art. II-66, Recht auf Freiheit und Sicherheit, der damit implizit auch die in den Abs. 2 bis 5 enthaltenen Rechte des Art. 5 EMRK übernimmt). Mit dieser Bestimmung sollen einerseits Divergenzen im Schutzniveau zwischen der EMRK und der Charta (und in der Folge zwischen der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH) vermieden werden, andererseits soll sichergestellt werden, dass der durch die Charta gewährleistete Schutz niemals geringer als der durch die EMRK gewährleistete Schutz ist.

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Diese enthalten insbesondere auch eine Auflistung jener Rechte, deren Bedeutung und Tragweite jenen der EMRK entsprechen, sowie jener Rechte, die dieselbe Bedeutung haben wie die entsprechenden Artikel der EMRK, deren Tragweite aber umfassender ist.

 

Unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents neu hinzugefügt wurde Abs. 5 der Erläuterungen zu Art. II-112, wonach die den Mitgliedstaaten offen stehende Möglichkeit, von Art. 15 EMRK (Außerkraftsetzen im Notstandsfall) Gebrauch zu machen, von der Charta nicht berührt wird.

 

Die Abs. 4 bis 7 wurden vom Europäischen Konvent neu eingefügt:

 

Abs. 4 enthält eine Auslegungsregel für jene Rechte, die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben. Den mitgliedstaatlichen Verfassungsüberlieferungen wird damit kein Vorrang verliehen, es handelt sich lediglich um einen Hinweis auf die rechtsvergleichende Ableitung grundrechtlicher Inhalte, wie es vom EuGH in seiner ständigen Rechtsprechung praktiziert wird. Es wird auf die (unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents erstellten) Erläuterungen verwiesen.

 

In Abs. 5 wird die Unterscheidung zwischen „Rechten“ und „Grundsätzen“ in der Charta näher bestimmt. Es wird auf die (unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents erstellten) Erläuterungen verwiesen.

 

Nach Abs. 6 ist den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten, wenn auf diese in der Charta verwiesen wird, in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Mit dieser Bestimmung soll nochmals bekräftigt werden, dass durch jene Artikel, welche auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verweisen, der jeweilige nationale Status quo beibehalten wird.

 

Gemäß Abs. 7 sind die Erläuterungen des Präsidiums bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksich­tigen.

Auch die Präambel der Charta nimmt auf die Erläuterungen Bezug. In der Erklärung Nr. 12 betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte werden die Erläuterungen wiedergegeben.

 

Zu Artikel II-113:

Dieser Artikel soll klarstellen, dass das (sonstige) Unionsrecht, das Völkerrecht, internationale Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind (darunter insbesondere die EMRK) sowie die Verfassungen der Mitgliedstaaten in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich durch die Charta nicht zum Nachteil des Einzelnen abgeändert und ausgelegt werden. Die Charta soll daher außerhalb ihres Anwendungsbereichs keine negativen Auswirkungen auf die in anderen – nationalen und internationalen – Normen garantierten Rechte haben.

 

Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der letzte Satz der Erläuterungen, wonach der durch die Charta gewährleistete Schutz unter keinen Umständen geringer als der durch die EMRK gewährleistete Schutz sein darf, wurde – da in diesem Zusammenhang völlig missverständlich und nicht zu Art. II-113 passend – unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents gestrichen und den Erläuterungen zu Art. II-112 beigefügt.

 

Zu Artikel II-114:

Dieser Artikel enthält das Verbot des Missbrauchs der Rechte der Charta. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.

TEIL III

DIE POLITIKBEREICHE UND DIE
ARBEITSWEISE DER UNION

 

TITEL I

Allgemein anwendbare Bestimmungen

 

In diesem Titel werden bereits im EGV enthaltene horizontale Grundsätze und Ziele der Unionspolitik zusammengefasst und durch eine „Kohärenzklausel“, eine „Nichtdiskriminierungsklausel“, eine „Sozialklausel“ und eine „Tierschutzklausel“ ergänzt.

 

Zu Artikel III-115:

Dieser Artikel beinhaltet eine neue „horizontale Kohärenzklausel“, die Elemente aus den Art. 2 und 3 EUV aufnimmt. Die Union achtet auf die Kohärenz aller ihrer Tätigkeiten, die sie auf Basis der in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen Handlungsermächtigungen unternimmt. Diese Tätigkeiten haben unter Einhaltung des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung (siehe Art. I-11 Abs. 2) zu erfolgen und müssen den Zielen der Union (siehe Art. I-3) in ihrer Gesamtheit Rechnung tragen.

 

Zu Artikel III-116:

Dieser Artikel entspricht im Wesentlichen Art. 3 Abs. 2 EGV. Die Union wirkt bei allen Maßnahmen, die sie auf Grundlage der in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen Handlungsermächtigungen trifft, auf die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen hin und fördert deren Gleichstellung.

Diese horizontale Bestimmung bekräftigt die Gleichheit von Frauen und Männern als Wert der Union (siehe Art. I-2), die Gleichstellung von Frauen und Männern als Ziel der Union (siehe Art. I-3, Abs. 3, UAbs 2) sowie die in der Charta der Grundrechte verbürgte Nichtdiskriminierung wegen des Geschlechts (siehe Art. II-81 Abs. 1) und die Gleichheit von Frauen und Männern (siehe Art. II-83) hinsichtlich aller konkreten Tätigkeitsfelder der Union.

 

Ergänzend wird in der Erklärung Nr. 13 festgehalten, dass die Union bei ihren allgemeinen Bemühungen, Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, in den verschiedenen Politikbereichen darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollen alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um strafbare Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer zu unterstützen und zu schützen.

 

Zu Artikel III-117:

Dieser Artikel begründet eine neue „horizontale Sozialklausel“, wonach den wesentlichen Elementen der in Art. III-209 (entspricht Artikel 136 EGV) festgelegten Ziele der Sozialpolitik  bei allen Tätigkeiten der Union Rechnung zu tragen ist:

„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung.“

Die „horizontale Sozialklausel“ bekräftigt und konkretisiert die Unionswerte Gerechtigkeit und Solidarität (siehe Art. I-2), die Soziales und Beschäftigung betreffenden Unionsziele (siehe Art. I-3 Absatz 3) sowie Aspekte der Bestimmungen betreffend die Solidarität in der Charta der Grundrechte (siehe Teil II, Titel IV) hinsichtlich aller Tätigkeitsfelder der Union.

 

Zu Artikel III-118:

Dieser Artikel begründet ein horizontales Diskriminierungsverbot, wonach die in Art. III-124 Abs.2 (entspricht Art. 13 Absatz 1 EGV) festgelegten Diskriminierungsverbote bei allen Tätigkeiten der Union zu beachten sind:

„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“

Diese horizontale Bestimmung bekräftigt die genannten Diskriminierungsverbote als Wert und Ziel der Union (siehe Art. I-2 und Artikel I-3 Abs.3, UAbs. 2) sowie die in der Charta der Grundrechte verbürgten Diskriminierungsverbote (siehe Art. II-81 Abs.1) hinsichtlich aller konkreten Tätigkeitsfelder der Union.

 

Zu Artikel III-119:

Dieser Artikel entspricht der „horizontalen Umweltklausel“ des Art. 6 EGV:

„Die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union in den in diesem Teil genannten Bereichen, insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.“

Diese horizontale Bestimmung bekräftigt die Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele der Union (siehe Art. I-3 Abs. 3 UAbs. 1) sowie die in der Charta der Grundrechte enthaltene Bestimmung betreffend den Umweltschutz (siehe Art. II-97) hinsichtlich aller konkreten Tätigkeitsfelder der Union.

 

Zu Artikel III-120:

Dieser Artikel entspricht der „horizontalen Verbraucherschutzklausel“ des Art. 153 Abs. 2 EGV:

„Den Erfordernissen des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen der Union in den anderen Bereichen Rechnung getragen.“

Diese horizontale Bestimmung bekräftigt die in der Charta der Grundrechte enthaltene Bestimmung betreffend den Verbraucherschutz (siehe Art. II-98).

 

Zu Artikel III-121:

Durch diesen Artikel wird eine „horizontale Tierschutzklausel“ in den Verfassungsvertrag aufgenommen, die im Wesentlichen der primärrechtlichen Bestimmung des durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Protokolls Nr. 33 zum EGV „über den Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere“ entspricht:

„Bei der Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.“

Gegenüber dem Protokoll Nr. 33 wird der horizontale Anwendungsbereich des Art. auf Fischerei und Raumfahrt ausgedehnt. Der Einschub „als fühlende Wesen“ nach dem Wort „Tiere“ ist insofern neu, als er im Protokoll Nr. 33 nur in einem Erwägungsgrund zu finden ist.

 

Zu Artikel III-122:

Diese horizontale Bestimmung betreffend Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse entspricht Art. 16 EGV mit folgenden Ergänzungen:

 

-       Durch einen zusätzlichen Verweis auf Art. I-5 wird hervorgehoben, dass die Union bei einem Tätigwerden - auf der Basis der in Art. III-122 enthaltenen Ermächtigung - die in der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommende nationale Identität der Mitgliedstaaten jedenfalls zu achten hat.

 

-       Dem deklaratorischen Gehalt von Art. 16 EGV wird eine ausdrückliche Ermächtigung für die Union hinzugefügt, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Europäische Gesetze zu erlassen, in denen Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festgelegt werden.

 

-       Dabei wird klargestellt, dass durch solche Europäischen Gesetze nur solche direkt anwendbaren Rahmenregelungen erlassen werden dürfen, die nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Einklang mit dem Verfassungsvertrag zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu finanzieren, beeinträchtigen.

 

Weitere spezifische Bestimmungen zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse finden sich in den Art. II-96 und Art. III-166.

 

 

TITEL II

Nichtdiskriminierung und Unionsbürgerschaft

 

Zu Artikel III-123:

Diese Bestimmung entspricht Art. 12 Abs. 2 EGV.

 

Zu Artikel III-124:

Diese Bestimmung entspricht Art. 13 EGV mit geringfügigen Änderungen:

In Abs. 1 wird die Zustimmung des Europäischen Parlaments anstatt seiner Anhörung vorgesehen. Abs. 2 ändert die Art der Maßnahmen, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden dürfen: Anstatt „gemeinschaftliche Förderungen... zur Unterstützung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten“ heißt es nun „die Grundprinzipien für die Fördermaßnahmen der Union“ und „Maßnahmen zur Unterstützung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten...“.

 

Zu Artikel III-125 bis Artikel III-129:

Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um die Detailregelungen zu Art. I-10 Abs. 2, die im Wesentlichen den Regelungen über die Unionsbürgerschaft in Art. 17 bis 22 EGV entsprechen.

 

Zu Artikel III-125:

Abs. 1 entspricht Art. 18 Abs. 2 EGV.

 

Abs. 2 ändert Art. 18 Abs. 3 EGV, da die darin genannten Bereiche nicht mehr vom Anwendungsbereich dieses Artikels ausgenommen sind. Der Rat kann einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments Maßnahmen, die Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente betreffen, sowie Maßnahmen, die die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz betreffen, mit Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen erlassen.

 

Zu Artikel III-126:

Diese Bestimmung entspricht Art. 19 EGV.

 

Zu Artikel III-127:

Diese Bestimmung übernimmt Art. 20 EGV. Im Unterschied zu Art. 20 EGV enthält sie jedoch eine ausdrückliche Handlungsermächtigung: Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Rates können die zur Erleichterung des Schutzes notwendigen Maßnahmen erlassen werden.

 

Zu Artikel III-128:

Diese Bestimmung übernimmt inhaltlich unverändert Art. 21 Abs. 3 EGV.

 

Zu Artikel III-129:

Diese Bestimmung übernimmt Art. 22 EGV, modifiziert jedoch das Gesetzgebungsverfahren: Statt Anhörung ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments zur Annahme von Gesetzen oder Rahmengesetzen des Rates erforderlich.

 

 

TITEL III

Interne Politikbereiche und Maßnahmen

KAPITEL I

Binnenmarkt

Abschnitt 1

Verwirklichung und Funktionieren
des Binnenmarktes

 

Zu Artikel III-130:

Dieser Artikel entspricht Art. 14 und 15 EGV mit geringfügigen redaktionellen Änderungen. In Abs. 1, war eine unveränderte Übernahme des aus dem Vertrag „Einheitliche Europäische Akte“ aus 1986 stammenden Art. 14 Abs. 1 EGV nicht mehr zeitgemäß, nachdem die Verwirklichung des Binnenmarktes bereits weit fortgeschritten ist. Abs. 1 „gewährleistet“ daher nicht nur die Verwirklichung, sondern auch das Funktionieren des Binnenmarktes.

 

In Abs. 3 sind Europäische Verordnungen und Beschlüsse anstatt „Leitlinien“ vorgesehen.

 

Hinsichtlich von Personenkontrollen an den Grenzen des Vereinigten Königreichs mit anderen Mitgliedstaaten der Union sind – u.a. ungeachtet der Art. III-130 und III-265 – die Bestimmungen des Protokolls Nr.18 „über die Anwendung bestimmter Aspekte des Art. III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und Nordirland“ maßgeblich.

 

Zu Artikel III-131:

Die Bestimmung entspricht Artikel 297 EGV.

 

Zu Artikel III-132:

Die Bestimmung entspricht Artikel 298 EGV.

 

Abschnitt 2

Freizügigkeit und freier Dienstleistungsverkehr

 

Zu Artikel III-133:

Die Bestimmung entspricht Artikel 39 EGV.

 

Eine erwähnenswerte Änderung sprachlicher Natur findet sich in Abs. 2. Definiert Art. 39 Abs. 2 EGV die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als Abschaffung jeder unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern der Mitgliedstaaten bezüglich Beschäftigung, Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen, so spricht der Verfassungsvertrag in diesem Artikel nunmehr ausdrücklich vom Verbot unterschiedlicher Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die genannten Kriterien. Die Verwendung des Begriffs „Verbot“ ist eine konsequente Anpassung an die fortgeschrittene Integration der Arbeitsmärkte in der Union. Stand ursprünglich die „Abschaffung“ bestehender Unterschiede in der Behandlung von Arbeitnehmern im Vordergrund, so ist nunmehr an der erreichten Gleichbehandlung festzuhalten und jede unterschiedliche Behandlung verboten.

 

Zu Artikel III-134:

Die Bestimmung entspricht Artikel 40 EGV.

 

Zu Artikel III-135:

Die Bestimmung entspricht Artikel 41 EGV.

 

Zu Artikel III-136:

Der Artikel entspricht Art. 42 EGV mit folgenden Änderungen:

 

-       In Abs. 1 wird der personelle Anwendungsbereich des Artikels für Maßnahmen zur Koordination der sozialen Sicherheitssysteme von zu- und abwandernden Arbeitnehmern sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen auf Selbständige sowie deren anspruchsberechtigte Angehörige erstreckt.

-       Als Gesetzgebungsakte werden in Abs.1 das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz vorgesehen, womit grundsätzlich das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zur Anwendung kommt. Dies bedeutet, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließt, während im EGV noch Einstimmigkeit im Rat im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens vorgesehen ist.

-       Ein neu eingefügter Abs. 2 sieht eine „Notbremse“ im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren vor: Wenn ein Mitgliedstaat die Grundprinzipien seines sozialen Sicherheitssystems – einschließlich seines Anwendungsbereichs, seiner Kosten oder Finanzstruktur – oder das finanzielle Gleichgewicht durch eine Rechtsvorschrift berührt sieht, kann er die Befassung des Europäischen Rates beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann für vier Monate ausgesetzt. Der Europäische Rat, der im Konsens entscheidet, kann den Entwurf zwecks Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens an den Rat rückverweisen oder die Kommission auffordern, einen neuen Vorschlag zu unterbreiten. In letzterem Fall gilt der ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.

 

Weiterhin nicht vom Anwendungsbereich dieses Artikels erfasst sind Drittstaatsangehörige und nicht-erwerbstätige Personen. Hinsichtlich nicht-erwerbstätiger Personen bietet sich Art. III-125 Abs. 2 als Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Koordination der sozialen Sicherheitssysteme an, in dem einstimmige Beschlussfassung des Rates nach Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen ist. Hinsichtlich Drittstaatsangehöriger wird auf Art. III-267 zurückzugreifen sein, wobei in der „Erklärung Nr. 14 zu den Art. III-136 und III-267“ festgehalten wird, dass die im Zusammenhang mit der „Notbremse“ in Art. III-136 Abs. 2 festgehaltenen Bedingungen auch bei der Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf der Basis von Art. III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene Berücksichtigung der Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die Grundprinzipien ihres sozialen Sicherheitssystems oder dessen finanzielles Gleichgewicht beeinträchtigt sehen).

 

Zu Artikel III-137:

Die Bestimmung entspricht Artikel 43 EGV.

 

Zu Artikel III-138:

Die Bestimmung entspricht Artikel 44 EGV.

 

Zu Artikel III-139:

Die Bestimmung entspricht Artikel 45 EGV, allerdings gilt fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.

 

Zu Artikel III-140:

Die Bestimmung entspricht Artikel 46 EGV.

 

Zu Artikel III-141:

Die Bestimmung entspricht Artikel 47 EGV. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt fortan ohne Ausnahmen.

 

Zu Artikel III-142:

Die Bestimmung entspricht Artikel 48 EGV.

 

Zu Artikel III-143:

Die Bestimmung entspricht Artikel 294 EGV.

 

Zu Artikel III-144:

Die Bestimmung entspricht Artikel 49 EGV, allerdings gilt fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.

 

Zu Artikel III-145:

Die Bestimmung entspricht Artikel 50 EGV.

 

Zu Artikel III-146:

Die Bestimmung entspricht Artikel 51 EGV.

 

Zu Artikel III-147:

Die Bestimmung entspricht Artikel 52 EGV. Statt der Anhörung des Europäischen Parlaments gilt fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.

 

Zu Artikel III-148:

Die Bestimmung entspricht Artikel 53 EGV.

 

Zu Artikel III-149:

Die Bestimmung entspricht Artikel 54 EGV.

 

Zu Artikel III-150:

Die Bestimmung entspricht Artikel 55 EGV.

 

Abschnitt 3

Freier Warenverkehr

 

Zu Artikel III-151:

Die Bestimmung fasst die Artikel 23 bis 27 EGV zusammen.

 

Zu Artikel III-152:

Die Bestimmung entspricht Artikel 135 EGV, allerdings entfällt der letzte Satz (vgl. auch Art. III-271).

 

Zu Artikel III-153:

Die Bestimmung fasst die Artikel 28 und 29 EGV zusammen.

 

Zu Artikel III-154:

Die Bestimmung entspricht Artikel 30 EGV.

 

Zu Artikel III-155:

Die Bestimmung entspricht Artikel 31 EGV.

 

Abschnitt 4

Kapital- und Zahlungsverkehr

 

Zu Artikel III-156:

Die Bestimmung entspricht Artikel 56 EGV.

 

Zu Artikel III-157:

Die Bestimmung entspricht Artikel 57 EGV.

 

Abs. 1, der bestimmte innerstaatliche oder gemeinschaftsrechtliche Beschränkungen des Kapital- und Zahlungsverkehrs, die zum Zeitpunkt 31. Dezember 1993 mit Drittländern bestanden, im Hinblick auf die Anwendung der Vorschriften über die Kapitalverkehrsfreiheit unberührt lässt, wird hinsichtlich der neuen Mitgliedstaaten Estland und Ungarn um eine Sonderbestimmung aus der Beitrittsakte 2004 (Art. 18) ergänzt. Danach bleiben die zum Zeitpunkt 31. Dezember 1999 in Estland und Ungarn bestehenden Beschränkungen gegenüber Drittstaaten unberührt.

 

Auch in Abs. 2 findet sich eine erwähnenswerte sprachliche Änderung. Die derzeitige Formulierung spricht vom Bemühen des Rates einen freien Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern möglichst weitgehend zu verwirklichen. Der Auftrag wird im Hinblick auf die Überführung dieser Bestimmung in das ordentliche Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidungsverfahren) dahingehend abgeändert, dass sich künftig der Rat und das Europäische Parlament gemeinsam um eine möglichst weitgehende Verwirklichung des Zieles eines freien Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten zu bemühen haben.

 

Gemäß Abs. 3 bleibt die Beschlussfassung für Maßnahmen, die einen Rückschritt für die Liberalisierung darstellen, einstimmig. Dies entspricht Art. 57 Abs. 2 EGV.

 

Zu Artikel III-158:

Die Bestimmung entspricht Art. 58 EGV.

 

Abs. 1 entspricht mit einer sprachlichen Ausnahme Art. 58 Abs. 1 EGV. Lit. b spricht nunmehr von erforderlichen Maßnahmen“ anstelle von „unerlässlichen Rechtsvorschriften“, die die Mitgliedstaaten hinsichtlich des Zuwiderhandelns gegen innerstaatliche Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Steuerrechtes, der Finanzaufsicht und der Meldeverfahren für den Finanzverkehr ergreifen können.

 

Die Abs. 2 und 3 bleiben unverändert.

 

Abs. 4 ist neu. Er knüpft an Art. III-157 Abs. 3 an und bestimmt, dass – sofern kein Gesetz oder Rahmengesetz gemäß Art. III-157 Abs. 3 vorliegt – die Kommission oder, wenn diese binnen drei Monaten nach Vorlage eines entsprechenden Antrages eines Mitgliedstaates keinen Beschluss gefasst hat, der Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen kann. Mit diesem kann festgelegt werden, dass die von einem Mit­gliedstaat in Bezug auf ein oder mehrere Drittländer getroffenen restriktiven steuerlichen Maß­nahmen inso­fern mit der Verfassung als vereinbar anzusehen sind, als sie durch eines der Ziele der Union gerecht­fertigt und mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes vereinbar sind.

 

Die Bestimmung ermöglicht somit die Absicherung restriktiver Maßnahmen der Mitgliedstaaten.

 

Zu Artikel III-159:

Die Bestimmung entspricht Art. 59 EGV.

 

Zu Artikel III-160:

Die Bestimmung ersetzt Art. 60 EGV.

 

Dieser Artikel weicht von Art. 60 EGV ab und verlagert den inhaltlichen Schwerpunkt der Norm von der allgemeinen Außenpolitik zur Terrorismusbekämpfung.

 

Art. 60 Abs. 1 EGV knüpft an Art. 301 EGV an. Letzterer bestimmt, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit über Vorschlag der Kommission erforderliche Sofortmaßnahmen trifft, wenn in einem auf Titel V EUV (GASP) gestützten Rechtsakt ein Tätigwerden der Gemeinschaft vorgesehen ist, um die Wirtschaftsbeziehungen zu einem dritten Land auszusetzen, einzuschränken oder vollständig einzustellen. Gemäß Art. 60 Abs. 1 EGV kann der Rat dabei auch Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs gegenüber dritten Staaten auf Art. 301 EGV stützen.

 

Abs. 2 von Art. 60 EGV bestimmt, dass solange noch keine Maßnahmen wie oben dargestellt erlassen wurden, jeder Mitgliedstaat bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit gegenüber dritten Ländern einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet der Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen kann. Der Rat kann jedoch mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, dass der Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben hat.

 

Art. III-160 bezieht sich auf Art. III-257, der den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts definiert und ist in seinem Anwendungsbereich auf die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten eingeschränkt. In diesen Fällen erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze oder Rahmengesetze zur Schaffung eines Rahmens für Verwaltungsmaßnahmen in Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen, wozu das Einfrieren von Geldern, finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren Eigentümer oder Besitzer natürliche oder juristische Personen, Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten sind. Solche Rechtsakte müssen jedenfalls die „erforderlichen“ Bestimmungen über den Rechtsschutz enthalten.

In diesem Zusammenhang ergänzt die Erklärung Nr. 15, dass die Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten es insbesondere erforderlich macht, dass der Rechtsschutz der betreffenden Einzelpersonen oder Einheiten gebührend berücksichtigt wird. Zu diesem Zweck und zur Gewährleistung einer gründlichen gerichtlichen Prüfung von Europäischen Beschlüssen, durch die Einzelpersonen oder Einheiten restriktiven Maßnahmen unterworfen werden, müssen diese Beschlüsse auf klaren und eindeutigen Kriterien beruhen. Diese Kriterien müssen auf die Besonderheiten der jeweiligen restriktiven Maßnahme zugeschnitten sein.

 

Zur Durchführung des in Abs. 1 genannten Europäischen Gesetzes erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommis­sion Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.

 

Abschnitt 5

Wettbewerbsregeln

 

Zu Artikel III-161:

Die Bestimmung entspricht Art. 81 EGV.

 

Zu Artikel III-162:

Die Bestimmung entspricht Art. 82 EGV.

 

Zu Artikel III-163:

Die Bestimmung entspricht Art. 83 EGV.

 

Zu Artikel III-164:

Die Bestimmung entspricht Art. 84 EGV.

 

Zu Artikel III-165:

Abs. 1 und 2 entsprechen Art. 85 EGV.

 

Abs. 3 übernimmt die bestehende Praxis ins Primärrecht und räumt der Kommission die Befugnis zur Erlassung von Durchführungsverordnungen zu den Gruppen von Vereinbarungen, „zu denen der Rat gemäß Art. III-163 Absatz 2 lit. b eine Europäische Verordnung erlassen hat“, ein. Die letztzitierte Bestimmung verweist ihrerseits auf Artikel III-161 Abs. 3 des Verfassungsvertrages. Gemäß dieser Vorschrift können die im Hinblick auf die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln normierten Verbote (Art. III-161 Abs. 1) für Unternehmen, die in bestimmten Fällen für nicht anwendbar erklärt werden können, hinsichtlich ihrer Einzelheiten durch Verordnung des Rates auf Vorschlag der Kommission, festgelegt werden.

 

Zu Artikel III-166:

Die Bestimmung entspricht Art. 86 EGV.

 

Zu Artikel III-167:

Die Bestimmung entspricht Art. 87 EGV, wobei Abs. 2 lit. c und Absatz 3 lit. a jeweils um einen Schlusssatz ergänzt werden:

 

Abs. 2 nennt die Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Dazu gehören auch Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete. Der Verfassungsvertrag ergänzt nunmehr, dass diese fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrages auf Vorschlag der Kommission durch den Rat mit Europäischem Beschluss aufgehoben werden kann.

 

Abs. 3 bestimmt die Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden können.  Dazu gehören Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen der Lebensstandard außergewöhnlich niedrig ist oder erhebliche Unterbeschäftigung herrscht. Ergänzt wird diese Vorschrift durch die Einbeziehung der in Art. III-424 genannten Gebiete. Es sind dies insbesondere die überseeischen Gebiete und die Inselgebiete.

 

Die Erklärung Nr. 16 stellt in diesem Zusammenhang fest, dass Art. III‑167 Abs. 2 lit. c im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zur Anwendbarkeit dieser Bestim­mungen auf die Beihilfen für bestimmte, durch die frühere Teilung Deutschlands beeinträchtigte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland auszulegen ist.

 

Zu Artikel III-168:

Die Bestimmung entspricht Art. 88 EGV.

 

Die Vorschrift wird um einen Abs. 4 ergänzt. Danach kann die Kommission Europäische Verordnungen zu den Arten staatlicher Beihilfen erlassen, die auf Grundlage einer vorhergehenden Europäischen Verordnung des Rates gemäß Art. III-169 vom Verfahren nach Art. III-168 Abs. 3 ausgenommen werden können. Das bedeutet, dass die Arten von Beihilfen, über deren Einführung oder Umgestaltung die Mitgliedstaaten – entgegen der Bestimmung des Art. III-168 Abs. 3 – die Kommission nicht unterrichten müssen, durch einen generellen Rechtsakt der Kommission gemäß Art. III-168 Abs. 4 festgelegt werden können.

 

Zu Artikel III-169:

Die Bestimmung entspricht Art. 89 EGV.

 

Abschnitt 6

Steuerliche Vorschriften

 

Zu Artikel III-170:

Die Bestimmung fasst Art. 90 bis 92 EGV zusammen.

 

Zu Artikel III-171:

Die Bestimmung entspricht Art. 93 EGV.

 

Der Wortlaut des Art. 93 EGV wird durch die Wortfolge „Notwendigkeit der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen“ ergänzt.

 

Abschnitt 7

Gemeinsame Bestimmungen

 

Zu Artikel III-172:

Die Bestimmung entspricht  Art. 95 EGV, wird aber im Verfassungsvertrag der Art. 94 EGV entsprechenden Bestimmung des Art. III-173 vorangestellt. Diese Umreihung der Artikel bedingt keine Änderungen hinsichtlich der jeweiligen Verfahrensvorschriften und Anwendungsbereiche der Bestimmungen, trägt aber der Tatsache Rechnung, dass schon bislang auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts abzielende Maßnahmen im Regelfall gemäß Art. 95 EGV im Mitentscheidungsverfahren erlassen werden und der die Einstimmigkeit im Rat und die bloße Anhörung des Europäischen Parlaments vorsehende Art. 94 EGV in der Praxis bereits den in Art. 95 Abs. 2 ausdrücklich ausgenommenen Anwendungsbereichen (Steuern, Freizügigkeit sowie Rechte und Interessen der Arbeitnehmer) vorbehalten bleibt.

Abs.1 sieht als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vor. 

Bei der Änderung von "die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts" (Art. 95 Abs. 1 EGV) auf „die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts“ handelt es sich um eine Anpassung an den Wortlaut in anderen Bestimmungen des Verfassungsvertrags.

 

Zu Artikel III-173:

Diese Bestimmung, die Art. 94 EGV entspricht, wird nunmehr dem Art. 95 EGV entsprechenden Art. III-172 nachgestellt. Damit stellt nun diese Bestimmung die Ausnahme im Verhältnis zur Art. III-173 dar (siehe Erläuterungen zu Art. III-172).

 

Zu Artikel III-174:

Die Bestimmung entspricht Art. 96 EGV.

 

Zu Artikel III-175:

Die Bestimmung entspricht Art. 97 EGV.

 

Zu Artikel III-176:

Diese Bestimmung wird neu in den Verfassungsvertrag aufgenommen. Sie stellt eine Rechtsgrundlage für unionsweit einheitliche Regelungen zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums dar.

 

Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze werden im Rahmen der Verwirklichung oder des Funktionierens des Binnenmarkts Maßnahmen zur Schaffung europäischer Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums in der Union und zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-, Koordinierungs-, und Kontrollregelungen auf Unionsebene festgelegt.

 

Die Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel werden durch vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlamentes zu erlassende Europäische Gesetze angenommen.

 

KAPITEL II

Wirtschafts- und Währungspolitik

 

Die Bestimmungen dieses Kapitels sowie der dazu gehörigen Protokolle werden überwiegend unverändert aus dem EGV übernommen. Änderungen betreffen vor allem:

 

-       einzelne Verfahrensschritte bei den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und beim Verfahren bei übermäßigen Defiziten (siehe Abschnitt 1);

-       Verfahrensänderungen infolge des im Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehenen Verfahrens der Zusammenarbeit gemäß Art. 252 EGV (siehe Abschnitte 1 und 2);

-       die Erweiterung der autonomen Beschlussfassungsrechte der Eurostaaten (siehe Abschnitt 4);

-       die Übergangsregelungen für Mitgliedstaaten, die nicht der Eurozone angehören, bei denen den Änderungen bezüglich der Beschlussfassungsrechte der Eurostaaten und dem Umstand, dass die Übergangsphase zur Einführung des Euro bereits abgeschlossen ist, Rechnung getragen wird (siehe Abschnitt 5).

 

Zudem wird in einzelnen Rechtsgrundlagen (Art. III-179 Abs. 4, Art. III-184 Abs. 6 und 7,  Art. III-194 Abs. 2, Art. III-196 Abs. 3, Art. III-197 Abs. 4 und Art. III-198 Abs. 2) die Definition der qualifizierten Mehrheit von Art. I-25 Abs. 1 dem Umstand angepasst, dass

 

-       nur die Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind

und/oder

-       in einzelnen Verfahrensstufen vom Verfahren betroffene Mitgliedstaaten nicht stimmberechtigt sind.

 

Als qualifizierte Mehrheit gilt in diesen Fällen eine Mehrheit von mindestens 55% der stimmberechtigten Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65% der Bevölkerung der stimmberechtigten Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die Mindestanzahl der stimmberechtigten Mitglieder des Rats, die zusammen mehr als 35% der Bevölkerung der stimmberechtigten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines (weiteren) Mitgliedes erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht. Daraus ergibt sich, dass für eine Sperrminorität über die Bevölkerungsschwelle auch in diesen Fällen ein Mitgliedstaat mehr erforderlich ist als die Mindestanzahl jener Mitgliedstaaten, die einen Bevölkerungsanteil von 35% überschreiten.

 

In den Fällen, in denen diese „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten Mehrheit zur Anwendung kommt, gilt diese unabängig davon, ob der Rat auf Vorschlag der Kommission beschließt oder nicht. Das erhöhte „Staatenquorum“ (mindestens 72% der Mitglieder des Rates), das gemäß Art. I-25 Abs. 2 dann vorgesehen ist, wenn der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union beschließt, gilt in diesen Fällen nicht.

 

Ebenso wie die generelle Neudefinition der qualifizierten Mehrheit des Art. I-15 treten auch diese Spezialbestimmungen zur qualifizierten Mehrheit im Bereich der Wirtschafts- und Währungspolitik gemäß Art. 2 Abs. 4, 1. UAbs. des Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union erst am 1.November 2009 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt gemäß Art. 2 Abs. 4, 2. UAbs. des Protokolls, dass für Beschlüsse des Rates, die nicht auf Vorschlag der Kommission zustande kommen, neben der erforderlichen Anzahl der gewogenen Stimmen auch die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der stimmberechtigten Mitglieder des Rates erforderlich ist.

 

Zu Artikel III-177:

Dieser Artikel übernimmt die Bestimmungen des Art. 4 EGV. Die Änderung „Euro“ anstelle „Ecu“ verdeutlicht, dass der Übergang zum Euro endgültig stattgefunden hat.

 

Abschnitt 1

Wirtschaftspolitik

 

Zu Artikel III-178:

Dieser Artikel übernimmt die Bestimmungen des Art. 98 EGV.

 

Zu Artikel III-179:

Die Bestimmungen des Art. 98 Abs. 1 bis Abs. 3 EGV zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik werden unverändert übernommen. In Abs. 4 wird ein neues Frühwarnrecht der Kommission bei der multilateralen Überwachung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten verankert.

 

In Abs. 4, 1. UAbs., wird neu eingefügt, dass die Kommission an den betreffenden Mitgliedstaat eine Verwarnung richten kann, wenn im Verfahren nach Abs. 3 festgestellt wird, dass dessen Wirtschaftspolitik nicht mit den in Abs. 2 genannten Grundzügen vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht. Unverändert bleibt die Bestimmung, wonach in der Folge der Rat auf Empfehlung der Kommission die erforderlichen Empfehlungen an den Mitgliedstaat richtet. Neu ist hingegen, dass im Verfahren nach Abs. 4, 1. UAbs., der betroffene Mitgliedsstaat nicht stimmberechtigt ist.

Im Verfahren gemäß Abs. 4 gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Abs. 5 übernimmt den 2. UAbs. aus Art. 99 Abs.4 EGV unverändert.

 

In Abs. 6, der Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Absätze 3 und 4 festlegt, wird das derzeit geltende Verfahren der Zusammenarbeit gemäß EGV Art. 252, das im Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehen ist, durch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ersetzt.

 

Zu Artikel III-180:

Dieser Artikel entspricht Art. 100 EGV.

 

Zu Artikel III-181:

Dieser Artikel entspricht Art. 101 EGV.

 

Zu Artikel III-182:

Dieser Artikel entspricht Art. 101 Abs. 1 EGV.

Die Rechtsgrundlage in Art. 101 Abs. 2 wird in Art. III-183 Abs. 2 verschoben. Das Verfahren der Zusammenarbeit wird durch das Anhörungsverfahren ersetzt. Handlungsformen sind Europäische Verordnungen oder Europäische Beschlüsse des Rates auf Vorschlag der Kommission.

 

Zu Artikel III-183:

Abs. 1 entspricht Art. 103 Abs. 1 EGV.

 

In Abs. 2 wird das derzeit geltende Verfahren der Zusammenarbeit gemäß Art. 252 EGV, das im Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehen ist, durch das Anhörungsverfahren ersetzt. Handlungsformen sind Europäische Verordnungen oder Europäische Beschlüsse des Rates auf Vorschlag der Kommission. Abs. 2 bildet somit die Rechtsgrundlage für Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Art. III-181, III-182 sowie III-183 Abs. 1 vorgesehenen Verbote.

 

Zu Artikel III-184:

Dieser Artikel über die Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite übernimmt in den Abs. 1 bis 4 die Abs. 1 bis 4 des Art. 104 EGV unverändert. Die Bestimmungen des Art. 104 Abs. 8, 9, 10, 11, 12 und 14 EGV werden in neuer Reihenfolge inhaltlich unverändert übernommen (siehe unten).

 

Abgeändert wird Abs. 5, der nunmehr das Recht der Kommission verankert, einem Mitgliedstaat eine Stellungnahme vorzulegen, wenn sie der Auffassung ist, dass in diesem Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht oder sich ergeben könnte. Sie unterrichtet den Rat. Derzeit legt die Kommission gemäß Art. 104 Abs. 5 EGV in diesem Fall dem Rat eine Stellungnahme vor.

 

In Abs. 6 neu eingeführt wird ein Vorschlagsrecht (statt - wie im EGV – „Empfehlung“) der Kommission bei der Feststellung eines übermäßigen Defizits. Dies bedeutet, dass der Rat (gemäß Art. III-395 Abs. 1) einen solchen Vorschlag – gegen den Willen der Kommission – nur einstimmig abändern kann.

Die folgenden Empfehlungen an den betroffenen Mitgliedstaat werden vom Rat allerdings weiterhin auf Empfehlung der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen.

Die Verfahrensschritte, bei denen ein betroffener Mitgliedstaat bei der Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist, werden auf die Feststellung des Defizits ausgeweitet.

Im Verfahren gemäß Abs. 6 gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Abs. 7 legt das für die Annahme der in den nachstehenden Abs. 8 bis 11 genannten Rechtsakte geltende Verfahren fest: Der Rat erlässt auf Empfehlung der Kommission (nicht auf Vorschlag) Europäische Beschlüsse und Empfehlungen. Unverändert gegenüber dem EGV bleibt, dass bei diesen Verfahrensschritten der betroffene Mitgliedstaat jeweils nicht stimmberechtigt ist. Es gilt dabei die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Abs. 8 und 9 entsprechen Art. 104 EGV Abs. 8 und 9.

 

Abs. 10 entspricht Art. 104 Abs. 11 EGV.

 

Abs. 11 entspricht Art. 104 Abs. 12 EGV.

 

Abs. 12 entspricht Art. 104 Abs. 10 EGV.

 

Abs. 13 übernimmt inhaltlich unverändert Art 104 Abs. 14 EGV. Für eine Änderung des Protokolls Nr. 13 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (siehe die dortigen Erläuterungen) durch ein Europäisches Gesetz des Rates, bleibt weiterhin Einstimmigkeit und Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen.

 

In Bezug auf Artikel III‑184 bekräftigt die gemeinsame Erklärung Nr.17, dass die Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Union und der Mitgliedstaaten auf die beiden fundamentalen Ziele ausgerichtet ist, das Wachstumspotenzial zu steigern und eine solide Haushaltslage zu gewährleisten. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung dieser Ziele. Die Konferenz bekennt sich zu den Bestimmungen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt als Rahmen für die Koordinierung der Haushaltspolitik in den Mitgliedstaaten und bestätigt, dass sich mit einem auf Regeln beruhenden System am besten gewährleisten lässt, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten und alle Mitgliedstaaten gleich behandelt werden.

Das Ziel, in guten Zeiten schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, um in Zeiten des Wirtschaftsabschwungs über den nötigen Spielraum zu verfügen und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen, wird bekräftigt.

Außerdem erklären die Mitgliedstaaten ihre Offenheit für Änderungsvorschläge der Kommission sowie Beiträge aus ihren eigenen Reihen zwecks Verbesserung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

 

Abschnitt 2

Währungspolitik

 

Zu Artikel III-185 bis III-190 allgemein:

Diese Artikel normieren gemeinsam mit Art. I-30 und dem „Protokoll Nr. 4 zur Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ die Strukturen, Aufgaben und Rechte der EZB, die gegenüber dem EGV nicht abgeändert werden.

 

Zu Artikel III-185:

Die Abs. 1 bis 5 von Art 105 EGV betreffend die Europäische Zentralbank werden unverändert übernommen.

 

Abs. 6 sieht für die Übertragung von Aufgaben (im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von Versicherungsunternehmen) an die EZB vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der EZB zu erlassende Europäische Gesetze vor. Damit wird das Zustimmungsrecht des Europäischen Parlaments gemäß Art. 105 Abs. 6 EGV durch das Anhörungsrecht ersetzt.

 

Zu Artikel III-186:

Dieser Artikel übernimmt Art. 106 EGV betreffend die Ausgabe von Euro-Münzen. Das im Art. 106 Abs. 2 EGV vorgesehene  Verfahren der Zusammenarbeit nach Art. 252 EGV wird durch das Anhörungsverfahren ersetzt. Europäische Verordnungen des Rates werden auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der EZB erlassen.

 

Zu Artikel III-187:

Dieser Artikel übernimmt die Bestimmungen aus Art. 107 EGV. Die Definition des ESZB und der Verweis auf die Rechtspersönlichkeit der EZB werden an dieser Stelle nicht mehr angeführt, da diese in Teil I Art. I-30 normiert werden.

 

Abs. 3 betreffend die Änderung bestimmter Artikel im „Protokoll zur Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ enthält zwei Änderungen: Die Beschlussfassung im Rat erfolgt generell mit qualifizierter Mehrheit, während der EGV Einstimmigkeit für Änderungen auf Vorschlag der Kommission und qualifizierte Mehrheit für Änderungen auf Vorschlag der EZB vorsieht. Weiters wird das derzeitige in Art. 107 Abs. 5 EGV vorgesehene Zustimmungsverfahren durch das Verfahren das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ersetzt. Die EZB behält dabei explizit das Recht, Empfehlungen auszusprechen.

 

Abs. 4 entspricht Art. 107 Abs. 6 EGV.

 

Erfolgt die Beschlussfassung gemäß Art. III-187 Abs. 3 und 4 auf Empfehlung der EZB, so ist Art. I-25 Abs. 2 zu beachten, wonach in Fällen, in denen der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission (oder des Außenministers der Union) beschließt, als qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von 72 % der Mitglieder des Rates, sofern sie Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der Bevölkerung der Union ausmachen, erforderlich ist.

 

Zu Artikel III-188:

Dieser Artikel entspricht Art. 108 EGV.

 

Zu Artikel III-189:

Dieser Artikel übernimmt die Bestimmung des Art. 109 EGV, wobei die Textpassage

 „spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung des ESZB“  gestrichen wird. Die Änderung trägt dem Umstand Rechung, dass die Übergangsphase im Zusammenhang mit der Einführung des Euro abgeschlossen ist.

 

Zu Artikel III-190:

Dieser Artikel übernimmt in den Abs. 1 bis 3 die Bestimmung des Art. 110 Abs. 1, Abs. 2 letzter UAbs. sowie Abs. 3 EGV. Art. 110 Abs. 2, UAbs. 1-3 EGV, wird gestrichen, da die darin vorgesehenen Rechtsakte in den Art. I-33, I-38 und I-39 erfasst werden.

 

Zu Artikel III-191:

Dieser Artikel ersetzt Art. 123 Abs. 4 EGV und stellt eine Rechtsgrundlage für die Annahme von Maßnahmen bezüglich der einheitlichen Währung dar. Seit der Einführung des Euro im Jahr 1999 diente der derzeitige Artikel 123 Abs. 4 EGV als Rechtsgrundlage für die Annahme von Maßnahmen bezüglich der einheitlichen Währung. Diese Rechtsgrundlage, die für eine Übergangsphase geschaffen worden war, enthält jedoch überholte Textpassagen, wie zum Beispiel „Maßnahmen, die für eine rasche Einführung der ECU (…) erforderlich sind“, die im EGV in dem Kapitel „Übergangsbestimmungen“ enthalten sind.

Mit Art. III-191 wird diese Bestimmung in das Kapitel, das die „normalen“ Regelungen zur Währungspolitik enthält, verschoben und angepasst. Um den endgültigen Charakter zu bestätigen, wird die Textpassage „rasche Einführung der ECU“ durch „Verwendung des Euro“ ersetzt.

Neu eingefügt wird die einleitende Textpassage „Unbeschadet der Befugnisse der EZB“: Mit dieser Anpassung wird vermieden, dass im Zusammenhang mit der Schaffung der „stabilen Rechtsgrundlage“ die Aufgaben der EZB beeinträchtigt werden. Art. III-197 Abs. 2 lit. f definiert, dass nur Mitgliedstaaten deren Währung der Euro ist, an der Beschlussfassung teilnehmen.

 

Abschnitt 3

Institutionelle Bestimmungen

 

Zu Artikel III-192:

In den Abs. 1 bis 4 werden die Bestimmungen des Art. 114 Abs. 2 bis 4 EGV zum Wirtschafts- und Finanzausschuss, der mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion eingesetzt wurde, übernommen. Gestrichen werden die mittlerweile obsoleten Bestimmungen zum Währungsausschuss, der gemäß Art. 114 Abs. 1 EGV mit  Beginn der dritten Stufe (1. Jänner 1999) aufgelöst wurde.

 

Zu Artikel III-193:

Dieser Artikel entspricht Art. 115 EGV.

 

Abschnitt 4

Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

 

Dieser Abschnitt wird in Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion neu eingeführt und normiert Bestimmungen, die ausschließlich für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gelten.

 

Zu Artikel III-194:

Abs.1 enthält neue Ermächtigungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (i.e. der Eurozone). Diese können nach den Bestimmungen der Art. III-179 (Grundzüge der Wirtschaftspolitik) und Art. III-184 (Verfahren bei übermäßigem Defizit) autonom Maßnahmen setzen, um

 

-       die Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltspolitik zu verstärken;

-       die Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten.

 

Dabei sind die Verfahrensregeln der Art. III-179 und III-184 zu beachten. Ausgenommen von dieser Ermächtigung wird der Art. III-184 Abs. 13, der das Verfahren zur Abänderung des Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit sowie das Verfahren zur Festlegung näherer Einzelheiten und Begriffsbestimmungen für die Durchführung des Protokolls festlegt, die von allen Mitgliedstaaten zu beschließen sind.

 

Gemäß Abs. 2 gilt für autonome Maßnahmen der Eurostaaten gemäß Abs. 1 die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Zu Artikel III-195:

Dieser Artikel verweist hinsichtlich der Einzelheiten der Tagungen der Minister der Euro-Zone auf das im Verfassungsvertrag neu eingefügte Protokoll Nr. 12 betreffend die Euro-Gruppe. (siehe dortige  Erläuterungen).

 

Zu Artikel III-196:

Abs. 1 betreffend Gemeinsame Standpunkte für internationale Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich übernimmt in modifizierter Form Art. 111 Abs. 4 EGV: Um die Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB (Verfahren gegenüber EGV unverändert) einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der gemeinsamen Standpunkte zu Fragen, die für die Wirtschafts- und Währungsunion von besonderem Interesse sind.

Abs. 2 wird neu aufgenommen und normiert das Ziel einer einheitlichen Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB geeignete Maßnahmen erlassen.

 

Abs. 3 normiert, dass nur Mitglieder der Eurozone bei Maßnahmen nach Abs. 1 und 2 stimmberechtigt sind. Es gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Die Bestimmungen des Art. 111 EGV hinsichtlich von Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für den Euro gegenüber den Währungen von Drittländern, von allgemeinen Orientierungen für die Wechselkurspolitik oder Vereinbarungen der Union in Zusammenhang mit Währungsfragen finden sich in Art. III-326 (siehe Erläuterungen zu Art. III-326).

 

Abschnitt 5

Übergangsbestimmungen

 

Dieser Abschnitt enthält Bestimmungen für all jene Mitgliedstaaten der Union, die vertraglich zur Einführung des Euro verpflichtet sind, jedoch die Voraussetzungen für die Einführung des Euro noch nicht erfüllen. Diese Staaten werden als „Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt“, bezeichnet. Art. 4 des Protokolls Nr. 9 zum Verfassungsvertrag – durch das der Beitrittsvertrag und die Beitrittsakte mit diesen Staaten übernommen wird –stellt klar, dass die am 1. Mai 2004 der Union beigetretenen Staaten vorerst zu diesen „Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt“ gehören.

 

Ferner ergibt sich

-       aus Art. 1 des Protokolls Nr. 14 zum Verfassungsvertrag, dass die Übergangsbestimmungen dieses Abschnitts uneingeschränkt für das von der Einführung des Euro freigestellte Dänemark gelten;

-       aus dem Protokoll Nr.13 zum Verfassungsvertrag, dass die Übergangsbestimmungen dieses Abschnitts in weiten Teilen – jedoch mit im Protokoll spezifizierten teilweise abweichenden Ausnahmeregelungen – für das nicht zur Einführung des Euro verpflichtete Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gelten (vgl. die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln dieses Abschnitts und zum Protokoll Nr. 13).

 

Der Abschnitt ersetzt die Art. 116 bis 124 EGV, wobei dem Umstand Rechnung getragen wird, dass die Übergangsphase zur Einführung des Euro bereits abgeschlossen ist. Zahlreiche Bestimmungen betreffend die zweite Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion (1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1998), die mit der Einführung des Euro als Währung der Union obsolet geworden sind, werden daher gestrichen.

 

Zu Artikel III-197:

Dieser Artikel listet Bestimmungen auf, die gemäß seinem Abs. 1 in Verbindung mit den Protokollen Nr.13 und Nr.14 (vgl. obige einleitende Anmerkungen zu Abschnitt 5) für alle diejenigen Mitgliedstaaten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der „Eurozone“ nicht angehören, keine Anwendung finden.

 

Abs. 1 entspricht Art. 122 Abs.1 UAbs. 2 EGV.

 

Abs. 2 ergänzt die bereits in Art. 122 Abs. 3 EGV genannten Bestimmungen um drei weitere Bereiche:

 

-       lit. a die Annahme der das Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge der Wirtschaftspolitik (Art. III-179 Abs. 2);

-       lit. i Europäische Beschlüsse zur Festlegung der innerhalb der zuständigen internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich einzunehmenden gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschafts- und Währungsunion sind (Art. III-196 Abs. 1);

-       lit. j Maßnahmen zur Sicherstellung einer einheitlichen Vertretung bei den internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich (Art. III-196 Abs. 2.

 

Es ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art.4 des Protokolls Nr. 13 für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland zusätzlich zu den in Art. III-197 Abs. 2 angeführten u.a. noch folgende weitere Bestimmungen des Kapitels II „Wirtschafts- und Währungspolitik“ des Verfassungsvertrags nicht gelten: Art. III-177 Abs. 2, Art. III-184 Abs. 1, Art. III-185 Abs. 4, Art. III-188, Art. III-189 und Art. III-198 Abs. 3.

 

Abs. 3 verweist - unverändert gegenüber Art. 122 Abs. 3 letzter Satz EGV - auf Kapitel IX des Protokolls Nr.4 zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, der zufolge Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, und deren Zentralbanken von den Rechten und Pflichten im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken ausgeschlossen sind. Für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gilt dies nach Maßgabe von Art. 8 des Protokolls Nr.13.

 

Gemäß Abs. 4 (und Art. 6 des Protokolls Nr. 13) sind Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, in den Fällen des Abs. 2 sowie in den folgenden zwei Fällen nicht stimmberechtigt:

 

-       Empfehlungen des Rates an Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist , im Rahmen der multilateralen Überwachung, einschließlich Empfehlungen zu den Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen (III-179 Abs. 4);

-       Maßnahmen bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (III-184 Abs. 6, 7, 8 und 11).

 

Gemäß Abs. 4, 2.UAbs., gilt in den in Art. III-197 Abs. 2 und Abs. 4, 1. UAbs., genannten Fällen,  in denen nur die Mitglieder der Eurozone stimmberechtigt sind, die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

Zu Artikel III-198:

Dieser Artikel regelt die Aufhebung einer Ausnahmeregelung (d.h. die Aufnahme neuer Mitglieder in die Eurozone). Für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gilt diese Bestimmung nach Maßgabe von Art. 9 des Protokolls Nr. 13.

Abgesehen von einer neuen Bestimmung in Abs. 2 (siehe unten) werden die Art. 121 Abs. 1, 122 Abs. 2 und 123 Abs. 5 EGV übernommen.

 

In Abs. 1 wird der erste Teilsatz („Mindestens einmal alle zwei Jahre bzw. auf Antrag eines Mitgliedstaats, für den eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die EZB dem Rat“) aus Art. 122 Abs. 2, erster Satz, EGV übernommen. Der Rest dieses Absatzes wird mit redaktionellen Anpassungen (Nennung des Euro als Referenzwährung im Kriterium der Wechselkursstabilität in lit. c aus Art. 121 Abs. 1 EGV übernommen. Anstatt auf das „dem Vertrag beigefügte Protokoll“ wird nunmehr auf das „Protokoll Nr. 11 über die Konvergenzkriterien“ verwiesen.

 

Abs.2 1. UAbs. entspricht Art. 122 Abs. 2, zweiter Satz, EGV mit redaktionellen Anpassungen.

Im 2.UAbs. wird neu eingefügt, dass der Rat die Aufhebung der Ausnahmeregelung auf Empfehlung einer qualifizierten Mehrheit derjenigen Mitglieder, deren Währung der Euro ist, beschließt. Diese Mitglieder beschließen binnen sechs Monaten nach Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag. Im 3. UAbs. wird die qualifizierte Mehrheit und die Sperrminorität für diese Beschlussfassung, an der nur Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist teilnehmen, analog zu Art. III-197 Abs. 4 definiert (siehe dortige Erläuterungen).

 

Abs. 3 entspricht Art. 123 Abs. 5 EGV mit folgender Ergänzung: Durch die Einfügung des Adjektivs „unwiderruflich“ bei der Festlegung des Kurses wird ein wesentlicher Bestandteils des – als obsolet – gestrichenen Art. 118 EGV (Zusammensetzung des ECU Währungskorbs) übernommen.

 

Zu Artikel III-199:

Diese Bestimmung gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der „Eurozone“ nicht angehören, einschließlich des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (siehe Art. 8 des Protokolls Nr.13).

 

Abs. 1 entspricht Art. 123 Abs. 3 EGV. Solange es Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelung gibt, besteht der Erweiterte Rat der EZB als drittes Beschussfassungsorgan der EZB.

 

Abs. 2 übernimmt mit Ausnahme des Einleitungssatzes Art. 117 Abs. 2 EGV, wobei Anpassungen vorgenommen werden, um der Liquidation des Europäischen Währungsinstituts Rechnung zu tragen. Der neue Einleitungssatz stellt klar, dass die Europäische Zentralbank das Europäische Währungsinstitut ersetzt hat.

 

Zu Artikel III-200:

Diese Bestimmung gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der „Eurozone“ nicht angehören, einschließlich des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland (siehe Art. 5 des Protokolls Nr.13)

 

Der Artikel entspricht Art. 124 Abs. 1 EGV. Jeder Mitgliedstaat, für den eine Ausnahmeregelung gilt, behandelt seine Wechselkurspolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse.

 

Zu Artikel III-201:

Diese Bestimmung gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der „Eurozone“ nicht angehören, ausgenommen das Vereinigte Königreich (siehe Art. 5 des Protokolls Nr.13).

 

Art. 119 EGV wird mit redaktionellen Anpassungen, die eine Streichung von dessen Abs. 4 ohne inhaltliche Änderungen ermöglichen, übernommen.

 

Zu Artikel III-202:

Diese Bestimmung gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der „Eurozone“ nicht angehören, ausgenommen das Vereinigte Königreich (siehe Art. 5 des Protokolls Nr.13).

 

Art. 120 EGV wird mit redaktionellen Anpassungen, die eine Streichung von dessen Abs. 4 ohne inhaltliche Änderungen ermöglichen, übernommen.

 

KAPITEL III

Die Politik in anderen Bereichen

Abschnitt 1

Beschäftigung

 

Zu Artikeln III-203 bis Art. III-208:

Diese Artikel entsprechen im Wesentlichen Art. 125 bis Art.130 EGV.

In Art. III-207 werden als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze für Anreizmaßnahmen zur Förderung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten vorgesehen.

In Art. III-208 wird für die Einsetzung des Beschäftigungsausschusses die Rechtsaktform des Europäischen Beschlusses vorgesehen.

 

Abschnitt 2

Sozialpolitik

 

Zu Artikel III-209:

Diese Bestimmung entspricht Art. 136 EGV.

 

Zu Artikel III-210:

Dieser Artikel, der die Handlungsermächtigungen für Gesetzgebungsakte der Union im Bereich der Sozialpolitik spezifiziert, entspricht Art. 137 EGV.

In Abs. 2 lit. a werden als Gesetzgebungsakte für unterstützende und ergänzende Maßnahmen der Union Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen. Die Festlegung von Mindestvorschriften im Sinne von Abs. 2 lit. b erfolgt durch Europäische Rahmengesetze. Hinsichtlich der in Abs.1 lit. c bis d und f bis g angeführten Bereiche, in denen Gesetzgebungsakte vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlamentes erlassen werden, gibt es keine Änderungen gegenüber dem EGV. Für die dem EGV entnommene „spezifische Passerelle“ in Abs. 3 UAbs. 2, die die Möglichkeit des Übergangs zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in diesen Bereichen eröffnet, ist ein vom Rat einstimmig zu erlassender Europäischer Beschluss vorgesehen.

 

Zu Artikel III-211:

Diese Bestimmung entspricht Art. 138 EGV.

 

Zu Artikel III-212:

Dieser Artikel entspricht Art. 139 EGV. Neu ist, dass das Europäisches Parlament über die Durchführung der auf Unionsebene zwischen den Sozialpartnern geschlossenen Vereinbarungen, die auch durch vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassene Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erfolgen kann, zu unterrichten ist.

Zu Artikel III-213:

Dieser Artikel entspricht Art. 140 EGV mit folgender Ergänzung: Die Kommission wird in Verbindung mit den Mitgliedstaaten nicht nur durch Untersuchungen, Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen im Hinblick auf die Erreichung der Ziele des Artikels III-209 tätig, sondern insbesondere im Wege von Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische Parlament wird davon unterrichtet.

Durch diese Hinzufügung wird  Art. I-15 Abs. 3 präzisiert, in dem es heißt, dass die Union Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen kann.

 

In der gemeinsamen Erklärung Nr.18 zu Art. III-213 wird bestätigt, dass die in diesem Artikel aufgeführten Politikbereiche im Wesentlichen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen. Die Tätigkeit der Union nach diesem Artikel hat ergänzenden Charakter, dient nicht der Harmonisierung einzelstaatlicher Systeme und lässt die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Garantien und Gepflogenheiten hinsichtlich der Verantwortung der Sozialpartner unberührt.

Gleichzeitig wird festgehalten, dass diese Erklärung nicht die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Zuständigkeitsübertragungen an die Union, einschließlich derer im Sozialbereich, berührt.

 

Zu Artikel III-214 bis Art. III-219:

Diese Artikel entsprechen im Wesentlichen Art. 141 bis 148 EGV.

In Art. III-217 ist vorgesehen dass die Einsetzung des Ausschusses für Sozialschutz durch einen Europäischen Beschlusses des Rates, der mit einfacher Mehrheit gefasst wird, erfolgt.

 

Abschnitt 3

Wirtschaftlicher, sozialer und
territorialer Z
usammenhalt

 

Zu Artikel III-220:

Die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Kohäsion) ist schon bisher ein Ziel der EU (Art. 3 lit. k sowie Art. 158 EGV idF des Vertrages von Amsterdam). Dieses Ziel findet sich im Verfassungsvertrag nunmehr in Art. I-3 Abs. 3 sowie Art. III-220 wieder. Gemäß Art. I-14 Abs. 2 lit. c besteht für den Bereich des wirtschaftlich, territorialen und sozialen Zusammenhalts eine geteilte Zuständigkeit.

 

Neu ist die Hinzufügung des Begriffs des „territorialen“ Zusammenhalts. Dieser Begriff findet sich auch in Art. III-122 und steht dort im Zusammenhang mit der Sicherung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Er wird jedoch mittlerweile im EU-Kontext in einem weiteren Sinn verwen­det und steht, entsprechend dem französischen Sprachverständnis, für die räumliche Dimension in ihrer umfassenden (physische ebenso wie sozioökonomische und kulturelle Aspekte umfassenden) Bedeutung.

 

Neben der allgemeinen Beschreibung der Aufgaben der Kohäsionspolitik sind schon bisher bestimmte Gebietstypen (Inseln und ländliche Gebiete im Art. 158 EGV) als Adressaten ausdrücklich erwähnt. Diese Liste wird in Art. III-220, 3. Abs.  deutlich erweitert. Der Verfassungsvertrag bestimmt nunmehr, dass „unter den betroffenen Gebieten … den ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt“ werden soll.

 

In Protokoll Nr. 29 zum Verfassungsvertrag und einer Erklärung zur Schlussakte betreffend Art. III-220 wird das Verständnis der Vertragsparteien zum Bereich wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt in einzelnen Punkten näher präzisiert.

 

Zu den Artikeln III-221 bis III-224:

Diese Bestimmungen betreffend die Kohäsionspolitik (die bisherigen Art. 159 bis 162 EGV) werden – abgesehen von Anpassungen zur Berücksichtigung der geänderten institutionellen Rahmenbedingungen – unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen.

 

Abschnitt 4

Landwirtschaft und Fischerei

 

In der Bezeichnung des von diesem Abschnitt erfassten Politikbereichs wird gegenüber Titel II des dritten Teils des EGV „Fischerei“ ergänzt.

 

Zu Artikel III-225:

Gemäß Abs. 1 dieses Artikels legt die Union eine gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik fest und führt sie durch. Entsprechend Art. I-14 Abs. 2 lit. d handelt es sich dabei um eine Zuständigkeit, die die Union mit den Mitgliedstaaten teilt.

 

Abs. 2 übernimmt die Definition landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Art. 32 EGV, wobei ergänzt wird, dass unter gemeinsamer Agrarpolitik bzw. Landwirtschaft – unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors - auch die Fischerei zu verstehen ist.

 

Zu Artikel III-226:

Der Artikel entspricht Art. 32 EGV mit Ausnahme der in Art. III-225 verschobenen Definition landwirtschaftlicher Erzeugnisse.

 

Zu Artikel III-227 bis Artikel III-229:

Die Art. 33 bis Art. 35 EGV werden unverändert übernommen.

 

Zu Artikel III-230:

Dieser Artikel entspricht Art. 36 EGV, wobei die zur Anwendung kommenden Rechtsaktformen konkretisiert werden. Die Wettbewerbsregeln finden auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als Europäische Gesetze oder Rahmengesetze dies nach Art. III-231 Abs. 2 unter Berücksichtigung der Ziele des Artikels III-227 bestimmen. Um Beihilfen zu genehmigen, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission eine Europäische Verordnung oder einen Europäischen Beschluss erlassen.

 

Zu Artikel III-231:

Dieser Artikel entspricht Art. 37 EGV mit wesentlichen verfahrensrechtlichen Änderungen, durch die das Europäische Parlament erstmals das Mitentscheidungsrecht bei der Festlegung der gemeinsamen Marktorganisationen und der grundlegenden Bestimmungen zur gemeinsamen Agrarpolitik erhält. Die Detailbestimmungen werden hingegen ohne Mitwirkung des Europäischen Parlamentes erlassen. Außerdem werden obsolet gewordene Bestimmungen (Abs. 1 und Teile von Abs. 2 des Art. 37 EGV) weggelassen.

 

Abs. 1 ist Art. 37 Abs. 2 EGV entnommen.

 

Gemäß Abs. 2 werden die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte sowie andere für die Verwirklichung der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendige Bestimmungen durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt, wobei der Wirtschafts- und Sozialausschuss anzuhören ist. Damit wird das ordentliche Gesetzgebungsverfahren eingeführt, während bei den entsprechenden Rechtsakten gemäß Art. 37 Abs. 2 EGV nur eine Anhörung des Europäisches Parlament zu den Vorschlägen der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit erlassen werden, vorgesehen ist.

 

Gemäß Abs. 3 erfolgt hingegen die Festlegung der Detailregelungen zur gemeinsamen Agrarpolitik ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments. Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen Beschränkungen, sowie zur Festsetzung der Aufteilung der Fangmöglichkeiten in der Fischerei.

 

Die Abs. 4 und 5 entsprechen Art. 37 Abs. 3 und 4 EGV.

 

Zu Artikel III-232:

Art. 38 EGV wird übernommen, wobei als Rechtsaktform in Abs. 2 Europäische Verordnungen oder Beschlüsse der Kommission vorgesehen werden.

 

Abschnitt 5

Umwelt

 

Nach Artikel I-14 ist die Zuständigkeit für den Bereich Umwelt zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt.

 

Zu Artikel III-233:

Art. 174 EGV wird übernommen, wobei in Abs. 4 Übereinkünfte zwischen der Union und dritten Parteien vorgesehen werden. Dies impliziert, dass hinsichtlich solcher Übereinkünfte Art. III-323 bis Art. III-325 zur Anwendung kommen.

 

Zu Artikel III-234:

Art. 175 EGV und Art. 176 EGV werden zusammengefasst übernommen.

In Abs. 1 werden als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen.

Hinsichtlich der in Abs. 2 vorgesehenen Fälle, in denen Gesetzgebungsakte vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäisches Parlament erlassen werden, gibt es keine Änderungen zum EGV.

Abs. 3 bestimmt als Rechtsaktform für allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen Ziele festgelegt werden, das Europäisches Gesetz.

Abs. 6 des Art. III-234 entspricht Art. 176 EGV.

 

Abschnitt 6

Verbraucherschutz

 

Nach Artikel I-14 ist die Zuständigkeit für den Bereich Verbraucherschutz zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt.

 

Zu Artikel III-235:

Dieser Artikel entspricht Art. 153 Abs. 1, 3, 4 und 5 EGV, wobei in Abs. 3 als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen werden.

Die horizontale Verbraucherschutzklausel des Art. 153 Abs. 2 EGV wird als Art. III-120 im Titel „allgemein anwendbare Bestimmungen“ in den Verfassungsvertrag übernommen (siehe dortige Erläuterungen).

 

Abschnitt 7

Verkehr

 

Nach Artikel I-14 ist die Zuständigkeit für den Bereich Verkehr zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt

 

Zu Artikel III-236:

Dieser Artikel übernimmt die Bestimmungen von Art. 70 und Art. 71 EGV mit einzelnen Anpassungen bzw. Änderungen.

 

Abs. 1 entspricht Art. 70 EGV, wobei durch die geänderte Satzstruktur klarer zum Ausdruck gebracht wird, dass es sich bei der gemeinsamen Verkehrspolitik um eine von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit handelt.

 

Abs. 2 entspricht Art. 71 Abs. 1 EGV. Als Gesetzgebungsakte werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen.

 

Abs. 3 ändert Art. 71 Abs. 2 EGV ab. In formaler Hinsicht gibt es keine Ausnahmen mehr vom ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, womit der Tatsache Rechnung getragen wird, dass der eine einstimmige Beschlussfassung des Rates erfordernde Abs. 2 von Art. 71 EGV bislang nie zur Anwendung gekommen ist. Die materiellen Kernelemente von Art. 71 Abs. 2 EGV werden jedoch insofern übernommen, als beim Erlass von Gesetzgebungsakten nach Abs. 2 des vorliegenden Artikels den Fällen Rechnung zu tragen ist, in denen deren „Anwendung den Lebensstandard und die Beschäftigungslage in bestimmten Regionen sowie den Betrieb der Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen“ könnten.

 

Zu Artikel III-237:

Art. 72 EGV wird übernommen. Als Rechtsaktform ist der Europäische Beschluss vorgesehen.

 

Zu Artikel III-238:

Art. 73 EGV wird übernommen.

 

Zu Artikel III-239:

Art. 74 EGV wird übernommen.

 

Zu Artikel III-240:

Art.75 EGV wird übernommen.

In Abs. 3 werden als Rechtsaktformen Europäische Verordnungen oder Beschlüsse vorgesehen.

Nach Abs.4 erlässt die Kommission Europäische Beschlüsse.

 

Zu Artikel III-241:

Art.76 EGV wird übernommen.

In Abs. 2 werden als Rechtsaktsform Europäische Beschlüsse der Kommission vorgesehen.

 

Zu Artikel III-242:

Art. 77 EGV wird übernommen, wobei in Abs. 2 das Wort „schrittweise“ gestrichen wird.

 

Zu Artikel III-243:

Art. 78 EGV wird mit der neuen Zusatzklausel übernommen, dass diese Bestimmung fünf Jahre nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrages auf Vorschlag der Kommission vom Rat durch einen mit qualifizierter Mehrheit zu erlassenden Europäischen Beschluss aufgehoben werden kann.

Die Bestimmung gestattet der Bundesrepublik Deutschland innerstaatliche Maßnahmen zum Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen zu ergreifen, die Regionen an der ehemaligen innerdeutschen Staatsgrenze auf Grund der Teilung Deutschlands erwachsen. Obgleich Deutschland schon während der Teilung seines Staatsgebietes nie Gebrauch von dem Artikel machte und diese Vorschrift auf Grund der Wiedervereinigung Deutschlands weithin als obsolet erachtet wird, wird sie im Hinblick auf mögliche fortbestehende Auswirkungen seiner Teilung vorerst noch beibehalten.

 

In der gemeinsamen Erklärung Nr. 20 zu Art. III-243 wird dazu festgestellt, dass der Artikel nach der gegenwärtigen Praxis anzuwenden und im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des EuGH und des EuGI auszulegen ist.

 

Zu Artikel III-244:

Art. 79 EGV wird übernommen, wobei wegfällt, dass die Befugnisse des Wirtschafts- und Sozialausschusses unberührt bleiben.

 

Zu Artikel III-245:

Dieser Artikel entspricht Art. 80 EGV, wobei in Abs. 2 des vorliegenden Artikels eine unmittelbare Handelsermächtigung für die Union, geeignete Maßnahmen für die Seeschifffahrt und die Luftfahrt durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festzulegen, an die Stelle der in Abs. 2 von Art. 80 EGV enthaltenen Ermächtigungsklausel für den Rat, Vorschriften für die Seeschifffahrt und den Luftverkehr gemäß den Verfahrensvorschriften des Art. 71 EGV zu erlassen, tritt.

 

 

Abschnitt 8

Transeuropäische Netze

 

Nach Artikel I-14 ist der Bereich „transeuropäische Netze“ eine geteilte Zuständigkeit der Union.

 

Zu Artikel III-246:

Dieser Artikel entspricht Art. 154 EGV.

 

Zu Artikel III-247:

Art. 155 EGV und Art. 156 EGV werden zusammengefasst übernommen.

Gemäß Abs. 2 werden die Leitlinien und übrigen Maßnahmen nach Abs. 1 durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses festgelegt.

Abs. 2, UAbs. 2 entspricht Art. 156 Abs. 2 EGV.

 

Abschnitt 9

Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt

 

Die Bezeichnung des Politikbereichs wird gegenüber dem EGV („Forschung und technologische Entwicklung“) um die „Raumfahrt“ erweitert, für die eine neue Rechtsgrundlage eingeführt wird.

Für den gesamten Abschnitt besteht gemäß Art. I-14 Abs. 3 eine Sonderform der geteilten Zuständigkeit, wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten parallel ausüben können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.

 

Zu Artikel III-248:

Dieser Artikel ergänzt Art. 163 EGV substantiell, indem dem Handeln der Union im Bereich Forschung und technologische Entwicklung das umfassende Ziel eines europäischen Raums der Forschung vorgegeben wird:

 

Gemäß Abs.1 zielt das Handeln der Union auf die Stärkung der „wissenschaftlichen und technologischen Grundlagen der Union“ ab – nicht nur auf diejenigen der „Industrie der Gemeinschaft“, wie es im EGV heißt. Neu hinzugefügt wird zudem, dass diese Stärkung dadurch erfolgen soll, dass „ein europäischer Raum der Forschung geschaffen wird, in dem Freizügigkeit für Forscher herrscht und wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden“. Ferner soll die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit umfassend, einschließlich derjenigen der Industrie, gefördert werden, während im Text des EGV Wettbewerbsfähigkeit lediglich auf Industrie der Gemeinschaft bezogen wird.

 

In Abs. 2 wird in der demonstrativen Aufzählung der Hauptzwecke der Förderung der Zusammenarbeitsbestrebungen die über die Grenzen hinweg ungehinderte Zusammenarbeit der Forscher ergänzt.

 

Zu Artikel III-249:

Art. 164 EGV wird übernommen.

 

Zu Artikel III-250:

Der Artikel entspricht Art. 165 EGV, wobei in Abs. 2 hinsichtlich von Initiativen der Kommission zur Förderung der Koordinierung der Tätigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten ergänzt wird, dass es sich dabei insbesondere um solche Initiativen handelt, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen, sowie die erforderlichen Elemente einer Überwachung auszuarbeiten“. Neu ist auch, dass das Europäische Parlament in vollem Umfang über diese Initiativen zu unterrichten ist.

 

Zu Artikel III-251:

Dieser Artikel entspricht Art. 166 EGV, wobei in formaler Hinsicht – in Anlehnung an die bereits im EGV vorgesehenen Verfahren - Folgendes präzisiert wird:

 

Abs. 1 legt fest, dass das mehrjährige Rahmenprogramm durch Europäisches Gesetz, d.h. im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, bestimmt wird.

 

Abs. 3 bestimmt, dass die spezifischen Programme zur Durchführung des mehrjährigen Programms durch vom Rat (mit qualifizierter Mehrheit) nach Anhörung des Europäisches Parlament und des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu erlassende Europäische Gesetze festgelegt werden.

 

Gemäß Abs. 4 werden wiederum ergänzende Maßnahmen zu den im mehrjährigen Jahresprogramm vorgesehenen Aktionen, die für die Verwirklichung des Europäischen Raums der Forschung notwendig sind, durch Europäische Gesetze – d.h. im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren – nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erlassen.

 

Zu Artikel III-252:

Die Art. 167 bis Art. 170 EGV werden zusammengefügt, wobei als Gesetzgebungsakte in Abs. 1 das Europäische Gesetze oder Rahmengesetze,  in Abs. 2 und 3 nur Europäische Gesetze vorgesehen werden. Verfahrensrechtlich kommt es dabei zu keinen Änderungen gegenüber dem EGV, da bereits Art. 172 Abs. 2 EGV für die im vorliegenden Artikel erfassten Materien das Mitentscheidungsverfahren und die Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses festschreibt.

 

Zu Artikel III-253:

Dieser Artikel entspricht materiell Art. 171 EGV und verfahrensrechtlich Art. 172 Abs. 1 EGV, wobei als Rechtsaktform, für die Gründung „gemeinsamer Unternehmen“ oder „anderer Strukturen“ Europäische Verordnungen oder Beschlüsse vorgesehen werden.

 

Zu Artikel III-254:

Dieser Artikel schafft eine neue Rechtsgrundlage für eine Europäische Raumfahrtpolitik.

 

Gemäß Abs. 1 arbeitet die Union eine europäische Raumfahrtpolitik zur Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der Durchführung ihrer Politik aus. Zu diesem Zweck kann die Union gemeinsame Initiativen fördern, die Forschung und technologische Entwicklung unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des Weltraums koordinieren.

 

Abs. 2 legt die gesetzliche Grundlage für eine solche Politik fest: die notwendigen Maßnahmen können durch Europäische Gesetze und Rahmengesetze festgelegt werden. Dies kann in Form eines europäischen Raumfahrtprogramms geschehen.

 

Abs. 3 bestimmt, dass die Union die zweckdienlichen Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation (ESA) herstellen wird.

 

Zu Artikel III-255:

Art. 173 EGV wird übernommen.

 

Abschnitt 10

Energie

 

Nach Artikel I-14 ist die Zuständigkeit für den Bereich Energie zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt.

 

Zu Artikel III-256:

Abs. 1 bestimmt den Rahmen für die Energiepolitik der Union und definiert die Ziele, die sie verfolgt. Demnach hat sie sich an zwei Leitlinien zu orientieren:

-       Die Energiepolitik der Union dient der Verwirklichung bzw. dem Funktionieren des Binnenmarktes und

-       sie berücksichtigt die „Erfordernisse der Erhaltung und der Verbesserung der Umwelt“.

 

Die im Rahmen dieser Leitlinien zu verfolgenden Ziele sind:

-       Sicherstellung des Funktionierens des Energiemarktes;

-       Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit in der Union und

-       Förderung der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklungen neuer und erneuerbarer Energiequellen.

 

Abs. 2 bestimmt als Handlungsformen zur Verwirklichung der genannten
Politikziele Europäische Gesetze und Rahmengesetze zur Verwirklichung der genannten Politikziele. Sowohl der Ausschuss der Regionen, als auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss sind im Verfahren zwingend zu hören. Abs. 2 stellt weiters klar, dass das Recht der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für die Nutzung ihrer Energieressourcen, ihre Wahl zwischen verschiedenen Energiequellen und die allgemeine Struktur ihrer Energieversorgung zu bestimmen, durch diese Bestimmung unberührt bleibt.

 

Gemäß Abs. 3 werden Maßnahmen (durch Gesetz oder Rahmengesetz) zur Verwirklichung der oben genannten Ziele mit überwiegend steuerlicher Natur vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments beschlossen.

 

Die europäische Energiepolitik, die bisher auf verschiedene Rechtsgrundlagen im EGV (vorwiegend Art. 95 und 175 EGV) gestützt wurde, bekommt durch den Verfassungsvertrag eine eigene Rechtsgrundlage. Der Kompetenzumfang der Union orientiert sich an der bisherigen Praxis, die auf den Binnenmarkt ausgerichtet ist. Abs. 1 stellt daher auch die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarktes in den Vordergrund. Erhaltung und Verbesserung der Umwelt sind dabei zu berücksichtigen. Die konkret auf Grundlage dieses Rahmens zu erreichenden Ziele sind ein funktionierender Energiemarkt, der Energie in hinreichender Menge und zu erschwinglichen Preisen bereitstellt, so dass entsprechende Versorgungssicherheit in der Union gewährleistet ist. Die Union hat bei der Erlassung von Rechtsakten darauf zu achten, dass die Energieverwendung möglichst effizient und sparsam erfolgt. Die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energiequellen ist zu fördern.

 

In diesem Zusammenhang sei auch auf die Erklärung Nr. 22 hingewiesen wonach Art. III-256 das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lässt, Bestimmungen zu erlassen, die für die Gewährleistung ihrer Energieversorgung unter den Bedingungen des Art. III-131 erforderlich sind.

 

KAPITEL IV

Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts

 

In diesem Kapitel – für das eine geteilte Kompetenz zwischen der Union und den Mitgliedstaaten gilt (Art. I-14 Abs. 2 lit. j) – werden der schon mit dem Amsterdamer Vertrag vergemeinschaftete Titel IV des EGV betreffend Visa, Asyl, Einwanderung und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen sowie die bisher im EUV geregelte „Dritte Säule“ betreffend die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die Polizeikooperation zusammengeführt. Die Handlungsermächtigungen der Union in diesen Bereichen werden dabei neu gegliedert sowie teilweise umformuliert und substantiell ergänzt.

 

Im Rahmen des Kapitels IV sind nachstehende Protokolle zum Verfassungsvertrag zu berücksichtigen, aus denen sich Sonderregelungen für die Beschlussfassung ergeben (vgl. die Erläuterungen zu den nachstehenden Protokollen und die Hinweise auf Bestimmungen dieser Protokolle in den Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen dieses Kapitels):

-       „Protokoll Nr. 17 über den in den Rahmen der EU einbezogenen Schengen-Besitzstand“;

-       „Protokoll Nr. 19 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl, Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit“;

-       „Protokoll Nr. 20 über die Position Dänemarks“;

 

In der Erklärung Nr. 25 zu Art. III-325 (betreffend internationale Übereinkünfte) wird bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen Organisationen in den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und polizeiliche Zusammenarbeit (Art. III-369 bis III-377) aushandeln und schließen können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.

 

Abschnitt 1

Allgemeine Bestimmungen

 

Dieser Abschnitt enthält - in Ergänzung von Art. I-42 - horizontale Bestimmungen, die für mehrere oder alle Abschnitte von Kapitel IV gelten.

Zu beachten ist, dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20).

 

Artikel III-257:

Gemäß Abs. 1, der Art. I-42 Abs. 1 bekräftigt, bildet die Union einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem die Grundrechte und die verschiedenen Rechtsordnungen und Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten geachtet werden. Diese Bestimmung ersetzt Art. 29 EUV und Art. 61 EGV.

 

Abs. 2 stellt die Grundlage für die Entwicklung einer gemeinsamen Politik in den Bereichen Asyl, Einwanderung und Außengrenzkontrolle sowie für die Aufhebung von Personenkontrollen an den Binnengrenzen dar. Diese gemeinsame Politik gründet sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten und ist Drittstaaten gegenüber angemessen. Staatenlose werden in diesem Zusammenhang Drittstaatsangehörigen gleichgestellt.

 

Gemäß Abs. 3 wirkt die Union auf die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit hin. Dazu werden Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität sowie von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Koordinierung und Zusammenarbeit von Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege und anderer zuständiger Behörden sowie Maßnahmen zur gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher Entscheidungen und Angleichung strafrechtlicher Bestimmungen, ergriffen.

 

Gemäß Abs. 4 wird der Zugang zum Recht durch die Union insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen erleichtert.

 

Artikel III-258:

Dieser Artikel normiert die Festlegung der strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch den Europäischen Rat. Damit wird die mit dem „Tampere-Programm“ 1999 eingeleitete und mit dem „Haager Programm“ 2004 fortgesetzte Praxis der Festlegung von strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch den Europäischen Rat primärrechtlich verankert.

 

Artikel III-259:

Dieser Artikel bestimmt, dass die nationalen Parlamente bei Gesetzgebungsvorschlägen und Gesetzesinitiativen, die im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (Abschnitt 4) sowie der Polizeilichen Zusammenarbeit (Abschnitt 5) vorgelegt werden, Sorge für die Achtung des Subsidiaritätsprinzips tragen. Dies erfolgt entsprechend Art. 7 Abs. 3 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (siehe dazu Protokoll Nr. 2). Darin wird hinsichtlich der Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“ zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips festgehalten: Handelt es sich um einen Entwurf, der auf Rechtsgrundlagen des Teils III des Verfassungsvertrages zu den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen oder polizeiliche Zusammenarbeit basiert, so beträgt die Auslöseschwelle für die Überprüfung nicht ein Drittel, sondern nur ein Viertel der den nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.

 

Artikel III-260:

Gemäß dieser Bestimmung kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, mit welchen Einzelheiten festgelegt werden, nach denen die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive und unparteiische Bewertung der Durchführung der unter das Kapitel „Raum der Freiheit, des Rechts und der Sicherheit“ fallenden Unionspolitiken durch die Behörden der Mitgliedstaaten vornehmen. Diese Evaluierungs-Normen berühren in keiner Weise die Bestimmungen über das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (Art III-360 bis Art III-362) und haben insbesondere die Förderung der umfassenden Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zum Zweck.

Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden vom Inhalt und den Ergebnissen dieser Bewertung unterrichtet. Gemäß Art. I-42 Abs. 2 können sich die nationalen Parlamente an den Bewertungsmechanismen nach Art. III-260 beteiligen.

 

Zu beachten ist, dass bei Art. III-260 nicht nur jene Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden können, die sich aus den Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, soweit und solange Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch macht, sondern zusätzlich auch die, die sich aus den dem Vereinigten Königreich in Protokoll Nr. 9 zugestandenen Opt-Out/Opt-In-Regelungen ergeben (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 19 und Protokoll Nr. 20).

 

Artikel III-261:

Art. III-261 ermöglicht die Einsetzung eines ständigen Ausschusses im Rat, um sicherzustellen, dass innerhalb der Union die operative Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Unbeschadet des Art. III-344 betreffend den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (AStV), fördert dieser Ausschuss die Koordinierung der Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Vertreter der betroffenen Stellen und sonstigen Stellen der Union können an den Arbeiten des Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente werden über diese Arbeiten auf dem Laufenden gehalten. Diese Bestimmung ersetzt Art. 36 EGV.

 

Artikel III-262:

Die Mitgliedstaaten bleiben weiterhin für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit zuständig. Diese Zuständigkeiten werden durch Kapitel IV nicht berührt. Diese Bestimmung entspricht Art. 33 EUV und Art. 64 Abs. 1 EGV mit einigen redaktionellen Änderungen.

 

Artikel III-263:

Um im Regelungsbereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen und den Dienstellen der Kommission zu gewährleisten erlässt der Rat Europäische Verordnungen.

 

Dabei beschließt er auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Hinsichtlich der Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen „Zusammenarbeit in Strafsachen“ und „Polizeiliche Zusammenarbeit“ verfügt auch ein Viertel der Mitgliedstaaten über ein Initiativrecht. Diese Bestimmung ersetzt Art. 66 EGV.

 

Artikel III-264:

Diese Bestimmung ergänzt Art. I-42 Abs. 3. In folgenden Bereichen behält eine Gruppe von einem Viertel der Mitgliedstaaten neben der Kommission ein Initiativrecht:

 

-       Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Art. III-269 bis III-274);

-       Polizeiliche Zusammenarbeit (Art. III-275 bis III-277);

-       Verwaltungszusammenarbeit in den vorgenannten Bereichen gemäß Art. III-263.

 

Abschnitt 2

Politik betreffend Grenzkontrollen
Asyl und E
inwanderung

 

Dieser gesamte Abschnitt unterliegt dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. Damit wird der Prozess der Überführung der Bereiche Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung in die Gemeinschaftsmethode, der mit dem Vertrag von Amsterdam begonnen wurde, abgeschlossen.

 

Zu beachten ist, dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Irland im Protokoll Nr. 19 und Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, soweit und solange diese Mitgliedstaaten von den in diesen Protokollen ebenfalls vorgsehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch machen (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 19 und Protokoll Nr. 20).

 

Artikel III-265:

Diese Bestimmung ersetzt Art. 62 EGV und regelt die Entwicklung der Unionspolitik im Bereich Grenzkontrollen. Diese Politik zielt auf Folgendes ab:

-       Personen dürfen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – beim Überschreiten der Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;

-       die Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den Außengrenzen;

-       schrittweise Einführung eines integrierten Außengrenzschutzsystems.

 

Gemäß Abs. 2 betreffen in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen festgelegte Maßnahmen folgende Bereiche:

-       gemeinsame Politik in Bezug auf Visa und andere kurzfristige Aufenthaltstitel;

-       Personenkontrollen an den Außengrenzen;

-       Voraussetzungen, unter denen sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union während eines kurzen Zeitraums bewegen können;

-       alle Maßnahmen, die für die schrittweise Einführung eines integrierten Grenzschutzsystems an den Außengrenzen erforderlich sind;

-       Abschaffung der Kontrolle von Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim Überschreiten der Binnengrenzen.

 

Das Protokoll Nr. 21 hält zu Art. III‑265 Abs. 2 lit. b fest, dass entsprechende Maßnahmen über Personenkontrollen an den Außengrenzen nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Aushandlung und den Abschluss von Übereinkünften mit Drittländern berühren, sofern diese mit dem Unionsrecht und anderen in Betracht kommenden internationalen Übereinkünften im Einklang stehen.

 

Gemäß Abs. 3 wird die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die geographische Festlegung ihrer Grenzen nach dem Völkerrecht durch Art III-265 nicht berührt.

 

Hinsichtlich von Personenkontrollen an den Grenzen des Vereinigten Königreichs mit anderen Mitgliedstaaten der Union sind – u. a. ungeachtet der Art. III-130 Art. III-265 – die Bestimmungen des Protokolls Nr.18 „über die Anwendung bestimmter Aspekte des Art. III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und Irland“ maßgeblich.

 

Artikel III-266:

Diese Bestimmung ersetzt Art. 63 Abs. 1 und 2 und Art. 64 Abs. 2 EGV und betrifft

die Asylpolitik der Union gegenüber Drittstaatsangehörigen. Bei Asylanträgen von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Union ist das Protokoll Nr. 22 „über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten“ anzuwenden.

 

Gemäß Abs. 1 entwickelt die Union in Fortsetzung ihrer bisherigen Politik eine gemeinsame Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz. Damit soll in diesen Bereichen ein gemeinsames integriertes System an Stelle der bislang vorgesehenen Mindestnormen geschaffen werden.

Jedem Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, soll ein angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden. Diese Politik muss mit dem Genfer Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Jänner 1967 über die Rechtslage von Flüchtlingen sowie den anderen einschlägigen Verträgen im Einklang stehen.

 

Gemäß Abs. 2 legen Europäische Gesetze oder Rahmengesetze in Bezug auf eine gemeinsame europäische Asylregelung fest:

-       einen in der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsnagehörige;

-       einen einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die keinen europäischen Asylstatus erhalten, aber internationalen Schutz benötigen;

-       eine gemeinsame Regelung für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle eines Massenzustroms;

-       gemeinsame Verfahren für die Gewährung und den Entzug eines einheitlichen Asylstatus beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus;

-       Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines Antrags auf Asyl oder subsidiären Schutz zuständig ist;

-       Normen über die Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz beantragen;

-       Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Drittländern zur Steuerung der Zuströme von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz beziehungsweise vorübergehenden Schutz beantragen.

 

Abs. 3 schafft eine neue Rechtsgrundlage für den Fall der Notlage eines oder mehrerer Mitgliedstaaten auf Grund eines plötzlichen Zustroms von Drittstaatsangehörigen. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erlassen, die vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten vorsehen.

 

Artikel III-267:

Diese Bestimmung ersetzt Art. 63 Abs. 3 und 4 EGV.

 

Gemäß Abs. 1 entwickelt die Union eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Diese wird erstmals in ihrer Gesamtheit dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unterworfen und soll Folgendes gewährleisten:

-       eine wirksame Steuerung der Migrationsströme;

-       eine angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, sowie

-       die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel.

 

Zu diesem Zweck werden gemäß Abs. 2 durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen für folgende Bereiche festgelegt:

-       Einreise- und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa und Aufenthaltstiteln für einen langfristigen Aufenthalt, einschließlich solcher zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten;

-       Festlegung der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich in den anderen Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten dürfen;

-       illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten;

-       Bekämpfung des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.

 

Die Bekämpfung des Menschenhandels, die bislang im Rahmen der strafrechtlichen Zusammenarbeit der Dritten Säule erfolgte, wird nunmehr in die  Rechtsgrundlage für die Einwanderungspolitik einbezogen.

 

Da bei Maßnahmen zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit hinsichtlich Drittstaatsangehöriger auf Art. III-267 zurückzugreifen ist, wird in der „Erklärung Nr.14 zu den Art. III-136 und III-267“ festgehalten, dass die im Zusammenhang mit der „Notbremse“ in Art. III-136 Abs. 2 festgehaltenen Bedingungen auch bei der Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf der Basis von Art. III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene Berücksichtigung der Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die Grundprinzipien ihres sozialen Sicherheitssystems oder dessen finanzielles Gleichgewicht beeinträchtigt sehen).

 

Die Union kann gemäß Abs. 3 weiters mit Drittländern Übereinkünfte über die Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt auf diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen, in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland schließen.

 

Gemäß Abs. 4 werden unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt, mit welchen die Integrationsbemühungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden Drittstaatsangehörigen gefördert oder unterstützt werden.

 

Gemäß Abs. 5 berührt Art. III-267 nicht das Recht der Mitgliedstaaten festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitsnehmer oder Selbständige Arbeit zu suchen.

 

Artikel III-268:

Diese neue Bestimmung normiert hinsichtlich der Politik im Bereich Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie deren Umsetzung den Grundsatz der Solidarität und gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, und zwar auch in finanzieller Hinsicht. Dementsprechend haben die auf Grund dieses Abschnitts erlassenen Rechtsakte der Union, immer wenn dies erforderlich ist, entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses Grundsatzes zu enthalten.

 

Abschnitt 3

Justizielle Zusammenarbeit inZivilsachen

Zu beachten ist, dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Irland im Protokoll Nr. 19 und Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, soweit und solange diese Mitgliedstaaten von den in diesen Protokollen ebenfalls vorgsehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch machen (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 19 und Protokoll Nr. 20).

 

Zu Artikel III-269:

Dieser Artikel ersetzt Art. 65 EGV.

 

Abs. 1 definiert die Zuständigkeiten der Union in diesem Abschnitt. Demnach ist die justizielle Zusammenarbeit auf zivilrechtliche Sachverhalte mit grenzüberschreitenden Bezügen beschränkt. Wichtigste Methode der Zusammenarbeit in Zivilsachen ist die „gegenseitige Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen“. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit können jedoch auch Maßnahmen zur „Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten“ gesetzt werden.

 

Abs. 2 enthält im Unterschied zum EGV eine taxative Aufzählung von Maßnahmen die in Form von Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze zur Erreichung der Zwecke  des Abs. 1 gefasst werden können. Diese Maßnahmen sind nunmehr insbesondere dann zu erlassen, wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist. Durch die Einführung des Worts „insbesondere“ ist das Kriterium der Erforderlichkeit für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts gegenüber dem EGV abgeschwächt worden. In Ergänzung der in Art. 65 EGV haben die Maßnahmen der Union folgende weitere Ziele:

 

-       „einen effektiven Zugang zum Recht“;

-       die Entwicklung von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten;

-       die Förderung und Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.

 

Gemäß Abs. 3 gilt für familienrechtliche Maßnahmen mit grenzüberschreitenden Bezügen wie bislang eine Sonderregelung für die Beschlussfassung: Der Rat entscheidet einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.

Im 2. UAbs. wird eine spezifische „Passerelle“ eingeführt, wonach der Rat für bestimmte Aspekte des Familienrechts mit grenzüberschreitendem Charakter nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig den Übergang zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen kann.

 

Abschnitt 4

Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen

 

Dieser in Titel VI des EUV geregelte Politikbereich, der bislang als „Dritte Säule“ der Union nicht der Gemeinschaftsmethode des EGV unterliegt, wird in diesem Abschnitt des Verfassungsvertrags in den nunmehr einheitlichen Rechtsrahmen der Union integriert, wobei allerdings weiterhin folgende Sonderbestimmungen zur Anwendung kommen:

 

-       Gemäß Art. I-42 Abs. 3 und Art. III-264 behält neben der Kommission eine Gruppe von einem Viertel der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.

 

-       Gemäß Art. III-259 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 des Protokolls Nr.2 beträgt die Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“ zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nur ein Viertel – an Stelle eines Drittels – der den nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.

 

-       Gemäß Art. I-42 Abs. 2 und Art. III-273 werden die nationalen Parlamente in die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust speziell einbezogen.

 

-       Der Abschnitt 4 wird zwar grundsätzlich der EUGH-Kontrolle unterworfen, gemäß Art. III-377 unterliegt dabei jedoch die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates oder der Wahrnehmung der mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit nicht der Zuständigkeit des EUGH.

 

-       Im Strafrechtsbereich können nur in Europäischen Rahmengesetzen Mindestvorschriften in taxativ genannten Einzelbereichen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden. Zudem kann das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durch eine „Notbremse“ (siehe Erläuterungen zu Art. III-270 und III-271) unterbrochen werden, die sicher stellt , dass kein für die gesamte Union verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen eines Mitgliedstaates angenommen werden kann. Eine Ausdehnung von Mindestvorschriften auf weitere, im Verfassungsvertrag nicht bereits explizit genannte Einzelbereiche bedarf darüber hinaus einstimmiger Ratsbeschlüsse mit Zustimmung des Europäischen Parlaments.

 

-       Zu beachten ist außerdem , dass in diesem Abschnitt 4 die Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20).

 

In Abschnitt 4 werden die Rechtssetzungsbefugnisse der Union hinsichtlich der Befugnisse zur Angleichung des materiellen Strafrechts klarer umschrieben als im EUV. Auch im Bereich des Strafprozessrechts werden künftig Rechtsangleichungen möglich sein. Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wird der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen mitgliedstaatlicher Gerichte sein. Er wird förmlich im Verfassungsvertrag verankert. Die Kompetenz zur Angleichung der Rechtsvorschriften steht im Dienste dieses Grundsatzes und soll im Hinblick auf die unterschiedlichen europäischen Rechtstraditionen seine Umsetzung erleichtern.

 

Zu Artikel III-270:

Diese Bestimmung ersetzt Art. 31 Abs. 1 EUV.

 

Absatz 1 definiert den zentralen Grundsatz der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und legt die zur Erreichung des Zieles erforderlichen Maßnahmen fest.

 

Grundsatz der Unionskompetenz ist die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen. Sie umfasst die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Absatz 2 und Artikel III-271 genannten Bereichen (siehe unten).

 

Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze werden Maßnahmen erlassen, um

-       Regeln und Verfahren festzulegen, durch die die Anerkennung aller Arten von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in der Union sichergestellt wird;

-       Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern oder beizulegen;

-       die Weiterbildung von Richtern, Staatsanwälten und Justizbediensteten zu fördern;

-       die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern.

 

Abs. 2 definiert die Voraussetzungen für die Erlassung von Mindestvorschriften, die ausschließlich in Form Europäischer Rahmengesetze zu erlassen sind. Solche Mindestvorschriften müssen zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen sowie der polizeilichen oder justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension erforderlich sein. Die Unterschiede der mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen und Traditionen sind bei der Erlassung von Mindestvorschriften zu berücksichtigen.

 

Gemäß einer taxativen Aufzählung können Gegenstand dieser Vorschriften sein:

-       Die Zulässigkeit von Beweismitteln zwischen den Mitgliedstaaten auf gegenseitiger Basis;

-       die Rechte des Einzelnen im Strafverfahren;

-       die Rechte der Opfer von Straftaten;

 

Darüber hinaus kann der Rat  einstimmig nach Zustimmung des Europäischen Parlaments durch Europäischen Beschluss sonstige Aspekte des Strafverfahrens bestimmen, die Gegenstand von Mindestvorschriften sein können.

Der Erlass von Mindestvorschriften hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, ein höheres Schutzniveau für den Einzelnen beizubehalten oder einzuführen.

 

Gemäß Abs. 3 kann das ordentliche Gesetzgebungsverfahren beim Erlass von Mindestnormen entsprechend Abs. 2 durch eine „Notbremse“ unterbrochen werden:  Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass der Entwurf einer dieser Rechtsvorschriften die Grundprinzipien seiner Rechtsordnung berührt, kann er die Befassung des Europäischen Rats beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann vier Monate ausgesetzt, während derer der Europäische Rat im Konsens entscheiden kann,

-       dass der Entwurf an den Rat rückverwiesen und das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt wird oder

-       dass die Kommission oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten einen neuen Entwurf vorlegen soll und damit der ursprüngliche Entwurf als nicht angenommen gilt.

 

Trifft der Europäische Rat gemäß Abs. 4 binnen vier Monaten keine Entscheidung oder wird das Europäische Rahmengesetz binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs nicht erlassen, so gilt auf Wunsch von mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten – die dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission mitteilen – die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf der Grundlage des Entwurfs des Rahmengesetzes als erteilt.

 

Dieser Notbremsemechanismus stellt sicher, dass kein für die gesamte Union verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen eines Mitgliedstaates angenommen werden kann.

 

Zu Artikel III-271:

Gemäß Abs. 1 können durch Europäische Rahmengesetze  Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festgelegt werden. Solche Mindestvorschriften können unter der Bedingung erlassen werden, dass die betroffenen Bereiche schwerer Kriminalität eine grenzüberschreitende Dimension entweder aufgrund ihrer Art oder Auswirkungen oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, diese gemeinsam zu bekämpfen, haben.

Als betroffene Kriminalitätsbereiche werden genannt:

-       Terrorismus;

-       Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern;

-       illegaler Drogenhandel;

-       illegaler Waffenhandel;

-       Geldwäsche;

-       Korruption;

-       Fälschung von Zahlungsmitteln;

-       Computerkriminalität, und

-       organisierte Kriminalität.

 

Der Rat kann jedoch einstimmig, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, einen Europäischen Beschluss erlassen und den Anwendungsbereich dieses Artikels auf weitere Kriminalitätsbereiche ausdehnen.

 

Abs. 2 enthält eine Ermächtigung für den Fall, dass sich im Zusammenhang mit bereits erfolgten Harmonisierungsmaßnahmen in anderen Politikbereichen die Angleichung strafrechtlicher Vorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die wirksame Durchführung der Politik der Union in jenem Politikbereich erweist.  In diesen Fällen können in Europäischen Rahmengesetzen Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und Strafen normiert werden. Dabei ist das gleiche Gesetzgebungsverfahren wie beim Erlass der Harmonisierungsmaßnahmen in dem betreffenden Politikbereich anzuwenden. Jedenfalls besteht aber auch dann ein Initiativrecht für eine Gruppe von einem Viertel der Mitgliedstaaten.

 

Durch diese Bestimmung wird eine Unionskompetenz zur Erlassung vereinheitlichter Tatbestände und Strafen im Hinblick auf Bereiche, in denen bereits harmonisierende Maßnahmen gesetzt wurden, geschaffen. Die Regelung verfolgt den Zweck, in einem vereinheitlichten Binnenmarkt nicht nur harmonisierte administrative Regelungen, sondern auch vereinheitlichte Sanktionsnormen schaffen zu können.

 

Die Abs. 3 und 4 enthalten eine gleich lautende „Notbremsebestimmung“ wie Artikel III-270.

 

Zu Artikel III-272:

Die Bestimmung schafft eine Rechtsgrundlage für die Erlassung gemeinsamer Maßnahmen im Bereich der Kriminalprävention, die gemäß Art. 29 EUV bereits ein Ziel der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ist. Diese Maßnahmen dienen der Förderung und Unterstützung der diesbezüglichen Maßnamen der Mitgliedstaaten. Eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten durch solche Maßnahmen ist aber ausgeschlossen.

 

Zu Artikel III-273:

Dieser Artikel ist die Rechtsgrundlage für die bereits bestehende Einrichtung der Union „Eurojust“ und ersetzt Art. 31 Abs. 2 EUV. Dabei werden Aufgaben und Auftrag von Eurojust präzisiert:

 

Absatz 1 definiert den Kompetenzrahmen von Eurojust. Es ist zuständig für die Unterstützung und Verstärkung der Koordinierung und Zusammenarbeit der nationalen Behörden, die für die Ermittlung und Verfolgung schwerer Kriminalität zuständig sind:

-       wenn zwei oder mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind oder

-       eine Verfolgung auf gemeinsamer Grundlage erforderlich ist.

 

Eurojust stützt sich dabei auf die von den Behörden der Mitgliedstaaten oder von Europol gelieferten Informationen und durchgeführten Operationen.

Aufbau, Arbeitsweise, Tätigkeitsbereich und Aufgaben von Eurojust, werden durch Europäisches Gesetz, das heißt im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, festgelegt. Der mögliche Aufgabenkreis von Eurojust umfasst:

 

-       Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen und Vorschläge zur Einleitung von strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen, insbesondere bei Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union. Die Maßnahmen werden von den Behörden der Mitgliedstaaten durchgeführt.

-       Koordinierung der obgenannten Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen.

-       Verstärkung der justiziellen Zusammenarbeit, enge Kooperation mit dem Europäischen justiziellen Netz und Beilegung von Kompetenzkonflikten.

 

Durch Europäisches Gesetz werden die Beteiligung des Europäischen Parlamentes und der nationalen Parlamente an der Bewertung der Tätigkeit von Eurojust festgelegt.

 

Abs. 2 legt fest, dass förmliche Prozesshandlungen stets durch die zuständigen einzelstaatlichen Bediensteten vorgenommen werden.

 

In der Erklärung Nr. 23 zu Abs. 1 UAbs. 2 wird festgehalten, dass das genannte Europäische Gesetz den nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen Rechnung tragen soll.

 

Zu Artikel III-274:

Der Artikel enthält eine Ermächtigungsklausel zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, die nur einstimmig vom Rat aktiviert werden kann. Der Verfassungsvertrag führt damit keineswegs unmittelbar zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft.

Gemäß Abs. 1 kann ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft auf Grundlage eines einstimmig beschlossenen Europäischen Gesetzes nach Zustimmung des europäischen Parlamentes eingesetzt werden, deren Zuständigkeit ausschließlich auf die Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union beschränkt wird.

 

Abs. 2 enthält Grundsätze betreffend die Ausübung der Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft, denen in einem Europäischen Gesetz gemäß Abs. 1 Rechnung zu tragen ist:

 

-       Die Staatsanwaltschaft ist – gegebenenfalls in Verbindung mit Europol – zuständig für strafrechtliche Untersuchung, Verfolgung und Anklageerhebung betreffend Personen, die Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union begangen haben;

-       Die Straftaten sind in dem obgenannten Europäischen Gesetz zur Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft zu definieren;

-       Bei den festgelegten Straftaten nimmt die Europäische Staatsanwaltschaft die Aufgabe der nationalen Anklagebehörde vor den zuständigen (nationalen) Gerichten war.

 

Abs. 3 ergänzt Abs. 2 hinsichtlich des erforderlichen Inhaltes des gemäß Abs. 1 vorgesehenen Europäischen Gesetzes. In diesem Gesetz sind die Satzung der Europäischen Staatsanwaltschaft, die Einzelheiten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für ihre Tätigkeit geltenden Verfahrensvorschriften und die Regeln für die Zulässigkeit von Beweismitteln und für die gerichtliche Kontrolle der von der Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommenen Prozesshandlungen, festzulegen.

 

Abs. 4 enthält eine Ermächtigung zur Ausweitung des in Abs. 1 definierten Aufgabenbereichs der Europäischen Staatsanwaltschaft auf Befugnisse zur Bekämpfung schwerer grenzüberschreitender Kriminalität sowie hinsichtlich Personen, die als Täter oder Teilnehmer schwere, mehr als einen Mitgliedstaat betreffende Straftaten begangen haben. Eine solche Ausweitung kann durch einstimmig zu erlassenden Beschluss des Europäischen Rates, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments und nach Anhörung der Kommission erfolgen. Der Europäische Rat kann diesen Beschluss entweder bereits bei der Annahme des Europäischen Gesetzes zur Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft beschließen oder zu einem späteren Zeitpunkt.

 

Abschnitt 5

Polizeiliche Zusammenarbeit

 

Dieser bislang in Titel VI des EUV geregelte Politikbereich, der bislang als „Dritte Säule“ der Union nicht der Gemeinschaftsmethode des EGV unterliegt, wird in diesem Abschnitt des Verfassungsvertrags in den nunmehr einheitlichen Rechtsrahmen der Union integriert, wobei allerdings weiterhin folgende Sonderbestimmungen zur Anwendung kommen:

 

-       Gemäß Art. I-42 Abs. 3 und Art. III-264 behält neben der Kommission eine Gruppe von einem Viertel der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.

 

-       Gemäß Art. III-259 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 des Protokolls Nr. 2 beträgt die Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“ zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nur ein Viertel – an Stelle eines Drittels – der den nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.

 

-       Gemäß Art. I-42 Abs. 2 und Art. III-276 werden die nationalen Parlamente an der Kontrolle der Tätigkeiten von Europol beteiligt.

 

-       Der Abschnitt 5 wird zwar grundsätzlich der EUGH-Kontrolle unterworfen, gemäß Art. III-377 unterliegt dabei jedoch die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates oder der Wahrnehmung der mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit nicht der Zuständigkeit des EUGH.

 

-       Zu beachten ist außerdem , dass in diesem Abschnitt 5 die Sonderbestimmungen zur Definition der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20)

 

Die Bestimmungen zur operativen Zusammenarbeit werden in diesem Abschnitt ergänzt und decken den Teilbereich der polizeilichen Zusammenarbeit sowohl der Mitgliedsstaaten untereinander als auch mit Europol ab. Im Gegensatz zu Art. 30 EUV hat man von einer umfassenden Detailregelung Abstand genommen und dem Gesetzgeber Spielraum für die konkrete Ausgestaltung der polizeilichen Zusammenarbeit eingeräumt.

Die Tätigkeit der nationalen Polizeibehörden gehört zu den ureigensten Aufgaben der Mitgliedsstaaten und zum Kernbestand ihrer Rechtstraditionen.  Deshalb wird auch klargestellt, dass alle operativen Maßnahmen, an denen Europol mitwirkt, in Verbindung und in Absprache mit dem betreffenden Mitgliedsstaat durchgeführt werden müssen und Zwangsbefugnisse nur von Beamten des jeweils zuständigen Mitgliedsstaates gesetzt werden dürfen.

 

Artikel III-275:

Diese Bestimmung übernimmt Art. 30 Abs. 1 EUV mit Änderungen in Hinblick auf seine Reichweite sowie auf die anzuwendenden Rechtsinstrumente und Verfahren.

 

Abs. 1 legt fest, dass die Union eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung oder die Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden entwickelt.

 

Abs. 2 bestimmt, dass durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz, das heißt im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, Maßnahmen festgelegt werden können, die Folgendes umfassen:

-       Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher Informationen;

-       Unterstützung der Aus- und Weiterbildung von Personal sowie Zusammenarbeit in Bezug auf den Austausch von Personal, die Ausrüstungsgegenstände und die kriminaltechnische Forschung;

-       gemeinsame Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der organisierten Kriminalität.

 

Ferner können gemäß Abs. 3 durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen festgelegt werden, die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel genannten Behörden betreffen. Die Beschlussfassung des Rates erfolgt nach Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig.

 

Artikel III-276:

Diese Bestimmung entwickelt Art. 30 Abs. 2 EUV fort.

 

Nach Abs. 1 hat Europol den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand einer Politik der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken. Diese Formulierung ist allgemeiner als ihre Entsprechung im EUV.

 

Abs. 2 legt fest, dass der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von Europol, ferner die Einzelheiten für die vom Europäischen Parlament wahrzunehmende Kontrolle der Tätigkeiten von Europol durch Europäisches Gesetz festgelegt werden. Damit ist als konstitutiver Rechtsakt für Europol in Zukunft ein Europäisches Gesetz - und nicht mehr, wie bislang, ein Übereinkommen der Dritten Säule nach Art. 34 EUV - vorgesehen. Eine Beteiligung der nationalen Parlamente an der Kontrolle von Europol ist vorgesehen.

 

Festgehalten wird, dass zu den Aufgaben von Europol Folgendes gehören kann:

-       Einholen, Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die insbesondere von den Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländern beziehungsweise Stellen außerhalb der Union übermittelt werden;

-       Koordinierung, Organisation und Durchführung von Ermittlungen und von operativen Maßnahmen, die gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im Rahmen gemeinsamer Ermittlungsgruppen durchgeführt werden, gegebenenfalls in Verbindung mit Eurojust.

 

Gemäß Abs. 3 kann Europol zwar operative Maßnahmen ergreifen allerdings unter konkret festgelegten und beschränkten Bedingungen. Operative Maßnahmen dürfen von EUROPOL nur in Verbindung und in Absprache mit den Behörden des Mitgliedstaats oder der Mitgliedstaaten, deren Hoheitsgebiet betroffen ist, ergriffen werden. Europol kann keine Zwangsmaßnahmen setzen. Diese bleiben ausschließlich den zuständigen einzelstaatlichen Behörden vorbehalten.

 

Artikel III-277:

Diese Bestimmung entspricht Art. 32 EUV. Unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Grenzen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verbindung und in Absprache mit dessen Behörden tätig werden dürfen, ist durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Rates festzulegen. Die Beschlussfassung des Rates erfolgt weiterhin einstimmig, wobei nunmehr das Europäische Parlament anzuhören ist.

 

KAPITEL V

Bereiche, in denen die Union beschließen kann, eine
Koordinierungs-, Ergänzungs-
oder Unterstützungsmaßnahme
durchzuführen

 

Dieses Kapitel enthält die Rechtsgrundlagen zu jenen Politikbereichen, in denen die Union gemäß Art. I-17 für Unterstützungs-, Ergänzungs- und Koordinierungsmaßnahmen zuständig ist. Bei den unter diesem Kapitel angeführten Rechtsgrundlagen gelten daher – unabhängig davon, ob dies in den einzelnen Artikel noch einmal explizit bekräftigt wird – die in Art. I-12 Abs. 5 definierten Wesensmerkmale der Zuständigkeit der Union für Unterstützungs-, Ergänzungs- und Koordinierungsmaßnahmen, das heißt:

 

-       Die Wahrnehmung der Unionszuständigkeit schließt ein paralleles Tätigwerden der Mitgliedstaaten nicht aus.

-       Die verbindlichen Rechtsakte der Union dürfen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.

 

Eine diesbezügliche Ausnahme besteht nur für die unter Art. III-278 genannten Maßnahmenbereiche der öffentlichen Gesundheit, bei denen im Einklang mit Art. I-14 Abs. 2  lit. k eine geteilte Zuständigkeit besteht.

 

Abschnitt 1

Öffentliche Gesundheit

 

Die Bezeichnung des Politikbereichs wird gegenüber dem EGV („Gesundheitswesen“) geändert.

 

Zu Artikel III-278:

Dieser Artikel entspricht Art. 152 EGV, enthält aber einige substantielle Änderungen. Hinsichtlich der konkreten Handlungsermächtigungen wird klar zwischen denjenigen Bereichen unterschieden, in denen die Union im Einklang mit Art. I-12 Abs. 5 und Art. I-17 lit. a unterstützend, ergänzend oder koordinierend tätig wird, und denjenigen Bereichen, in denen die Union über eine geteilte Zuständigkeit entsprechend Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14 Abs. 2 lit. k verfügt. Außerdem werden die Maßnahmenbereiche für beide Arten von Zuständigkeiten ergänzt und der Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, der bei der Tätigkeit der Union zu wahren ist, präziser umschrieben.

 

Abs.1 UAbs.1 übernimmt die horizontale Klausel von Art. 152 Abs.1 EGV und verpflichtet die Union bei ihren Maßnahmen in allen Politikbereichen, ein hohes Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen.

Abs. 1 UAbs. 2 lit. b erweitert die in Art. 152 Abs.1 EGV genannten Tätigkeitsfelder, in denen die Union die Politik der Mitgliedstaaten ergänzt (Zuständigkeit gemäß Art. I-17), um „die Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren.“

 

Abs. 2 präzisiert die Art. 152 Abs. 2 EGV entnommenen koordinierenden Zuständigkeiten (ebenfalls entsprechend Art. I-17) der Union im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Neu ist in UAbs. 1, das die Förderung der Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten insbesondere darauf abzielt,  „die Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern.“ In UAbs. 2 wird hinzugefügt, dass die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten insbesondere solche Initiativen zur Förderung der Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten ergreift, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuführen.“ Ergänzt wird auch, dass das Europäisches Parlament in vollem Umfang über solche Initiativen zu unterrichten ist.

 

Abs. 3 entspricht Art. 152 Abs. 3 EGV, wonach die Union und die Mitgliedstaaten die Zusammenarbeit mit Drittländern und den für die öffentliche Gesundheit zuständigen internationalen Organisationen fördern.

 

Abs. 4 nennt die Maßnahmenbereiche, bei denen die Union auf der Basis einer geteilten Zuständigkeit – gemäß Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14 Abs. 2 lit. k  – Europäische Gesetze oder Rahmengesetze erlässt um gemeinsamen Sicherheitsanliegen Rechnung zu tragen. Die lit. a und b entsprechen den lit. a und b von Art. 152 Abs. 4 EGV. Neu kommen die lit. c und d hinzu: Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Maßnahmen zur Beobachtung, frühzeitigen Meldung und Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Im Gesetzgebungsverfahren ist – wie im EGV – die Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses vorgesehen.

 

In Abs. 5 wird das in Art. 152 Abs. 4 lit. c angeführte Ziel des Schutzes und der Verbesserung der menschlichen Gesundheit, das durch lediglich ergänzende, unterstützende oder koordinierende, in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen festgelegte Maßnahmen (entsprechend Art. I-12 Abs. 5 ohne Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten) gefördert wird, demonstrativ präzisiert. Als diesem Ziel dienend werden insbesondere genannt: die Bekämpfung weit verbreiteter schwerer grenzüberschreitender Krankheiten sowie Maßnahmen, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch zum Ziel haben. Im Gesetzgebungsverfahren ist – wie im EGV – die Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und Sozialausschusses vorgesehen.

 

Abs.6 entspricht dem letzten Satz von Art. 152 Abs. 3 EGV, wonach der Rat auf Vorschlag der Kommission für die Zwecke des Artikels Empfehlungen abgeben kann.

 

Abs. 7 präzisiert Art. 152 Abs. 5 EGV, wonach die Union bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten gemäß den konkreten Handlungsermächtigungen für den Bereich öffentliche Gesundheit die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung wahrt. Spezifiziert wird, dass die Verantwortung der Mitgliedstaaten die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel umfasst. Aus dem EGV übernommen wird, dass die Maßnahmen gemäß Abs. 4 lit. a (zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate) die einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt lassen.

 

Abschnitt 2

Industrie

 

Zu Artikel III-279:

Die Bestimmung entspricht Art. 157 EGV mit geringfügigen redaktionellen Anpassungen und einer Klarstellung in Abs. 2. In diesem Absatz wird neu ergänzt, dass die Kommission insbesondere solche Initiativen ergreift, die der Koordinierung förderlich sind, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten.“ Neu ist weiter, dass das Europäische Parlament in vollem Umfang über solche Initiativen zu unterrichten ist.

 

Abs. 3 sieht als Gesetzgebungsakte für Maßnahmen im Bereich dieses Artikels Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vor.

 

Abschnitt 3

Kultur

 

Zu Artikel III-280:

Die Bestimmung entspricht Artikel 151 EGV mit einer wesentlichen verfahrensrechtlichen Änderung.

 

Gemäß Abs. 5 werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze, die zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels dienen, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, während im EGV dafür noch eine einstimmige Beschlussfassung des Rates im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens vorgesehen ist. Das Gleiche gilt für Empfehlungen des Rates auf Vorschlag der Kommission, die nunmehr mit qualifizierter Mehrheit abgegeben werden können.

 

Abschnitt 4

Tourismus

 

Zu Artikel III-281:

Mit diesem Artikel wird erstmals eine spezifische Rechtsgrundlage für den Bereich Tourismus geschaffen, in dem der Union gemäß Art. I-17 lit. d eine Zuständigkeit für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen zukommt. Dies stellt eine Neuerung gegenüber dem EGV dar, der zwar „Fremdenverkehr“ in Art. 3 Abs. 1 lit. u als eines der Tätigkeitsfelder der Gemeinschaft nennt, jedoch keine weitere spezifische Handlungsermächtigung zu diesem Politikbereich enthält.

 

In Abs. 1 wird festgestellt, dass die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten insbesondere im Hinblick auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der Union im Tourismussektor ergänzt.

 

Lit. a) und lit. b) erläutern die Ziele des Tätigwerdens der Union:

-       ein günstiges Umfeld für die Entwicklung der Unternehmen in diesem Sektor soll angeregt werden;

-       die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten soll durch den Austausch bewährter Praktiken unterstützt werden.

 

Abs. 2 gibt den legislativen Rahmen für das Tätigwerden der Union vor. Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze werden spezifische Maßnahmen gesetzt, die eine Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Ziele dieses Artikels darstellen. Dabei wird jegliche Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ausgeschlossen.

 

Abschnitt 5

Allgemeine Bildung, Jugend,
Sport und berufliche B
ildung

 

Zu Artikel III-282:

Dieser Artikel entspricht hinsichtlich der Bereiche allgemeine Bildung, Jugend und berufliche Bildung Art. 140 EGV mit geringfügigen redaktionellen Anpassungen. Neu ist die Handlungsermächtigungen im Bereich des Sports.

 

Abs. 1 verbindet Art. 149 Abs.1 und 2, wobei folgende Ziele der Tätigkeit der Union ergänzt werden:

 

-       Lit. e „verstärkte Beteiligung der Jugendlichen am demokratischen Leben in Europa“;

-       lit. g „Entwicklung der europäischen Dimension des Sportes, durch Förderung der Fairness und der Offenheit von Sportwettkämpfe und der Zusammenarbeit zwischen den für den Sport verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger Sportler“

 

In Abs. 2 wird eine Bezugnahme auf den Sport ergänzt.

 

In Abs. 3 werden als Rechtsakte Europäische Gesetze und Europäische Rahmengesetze festgelegt.

 

Zu Artikel III-283:

Diese Bestimmung entspricht Art. 150 EGV mit geringfügigen redaktionellen Anpassungen.

 

In Abs. 3 werden als Rechtsakte Europäisches Gesetze und Europäische Rahmengesetze festgelegt. Explizit hinzugefügt wird, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen abgeben kann.

 

Abschnitt 6

Katastropfenschutz

 

Zu Artikel III-284:

Mit diesem Artikel wird erstmals eine spezifische Rechtsgrundlage für den Bereich Katastrophenschutz geschaffen, in dem der Union gemäß Art. I-17 lit. d eine Zuständigkeit für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen zukommt.

 

Abs. 1 bestimmt, dass die Union die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert, um die Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen ver­ursachten Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten.

Als Ziele für das Handeln der Union im Rahmen des Katastrophenschutzes werden genannt:

-       Unterstützung und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene im Hinblick auf die Risikoprävention, auf die Ausbildung der in den Mit­gliedstaaten am Katastrophenschutz Beteiligten und auf Einsätze im Falle von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen in der Union;

-       Förderung einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit in der Union zwischen den ein­zelstaatlichen Katastrophenschutzstellen;

-       Verbesserung der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene.

 

Gemäß Abs. 2 werden die zur Erreichung der Ziele erforderlichen Maßnahmen durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt, wobei bekräftigt wird, dass dies unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten erfolgt.

 

Abschnitt 7

Verwaltungszusammenarbeit

 

Zu Artikel III-285:

Diese Bestimmung schafft erstmals eine Rechtsgrundlage für ergänzende Maßnahmen im Bereich der Verwaltungszusammenarbeit soweit die Durchführung des Unionsrechts betroffen ist.

 

Abs. 1 unterstreicht, dass die effektive Durch­führung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten für das ordnungsgemäße Funktionieren der Union wichtig und daher als Frage von gemeinsamem Interesse anzu­sehen ist.

 

Gemäß Abs. 2 können die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um eine Verbesserung der Fähigkeit ihrer Verwaltung zur Durchführung des Unionsrechts von der Union unterstützt werden. Dies kann sowohl durch die Erleichterung des Austauschs von Informationen und Beamten als auch durch die Unterstützung von Aus- und Weiterbildungsprogrammen erfolgen. Es besteht keine Verpflichtung der Mitgliedsstaaten diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die erforderlichen Maßnahmen werden durch Europäische Gesetze erlassen, wobei jegliche Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mit­gliedstaaten ausgeschlossen wird.

 

Gemäß Abs. 3 bleiben von dieser Bestimmung unberührt:

-       die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht durchzuführen,

-       die Befugnisse und Pflichten der Kommission,

-       die übri­gen Bestimmungen der Verfassung, in denen eine Verwaltungszusammenarbeit unter den Mitglied­staaten sowie zwischen diesen und der Union vorgesehen ist.

 

 

TITEL IV

Die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete

 

Dieser Titel regelt die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit Dänemark, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden besondere Beziehungen unterhalten, wobei im Wesentlichen die Bestimmungen des EGV (Art. 182 bis 188) übernommen werden.

 

Zu Artikel III–286:

Dieser Artikel verbindet Art. 182 und Art. 188 EGV betreffend Grönland.

 

Zu Artikel III-287 bis Artikel III-289:

Die Art. 183 bis 185 EGV werden übernommen.

 

Zu Artikel III-290:

Der Artikel entspricht im Wesentlichen Art. 186 EGV, wobei die Regelung der Freizügigkeit durch die vom Rat einstimmig zu erlassenden Rechtsakte gemäß Art. III-291 erfolgt, während im EGV dafür von den Mitgliedstaaten einstimmig zu billigende Abkommen vorgesehen werden.

 

Zu Artikel III-291:

Dieser Artikel entspricht weitgehend Art.187 EGV. Neu ist, dass dem Europäischen Parlament ein Anhörungsrecht eingeräumt wird. Der Rat erlässt somit einstimmig auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen und Beschlüsse über die Einzelheiten und das Verfahren für die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete mit der Union.

 

 

TITEL V

Auswärtiges Handeln der Union

 

Entsprechend der Aufhebung der Säulenstruktur und der Schaffung einer einheitlichen Rechtspersönlichkeit für die Europäische Union werden unter diesem Titel der bislang im EUV geregelte Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und die derzeit an verschiedenen Stellen im EGV geregelten Bereiche der gemeinsamen Handelspolitik, der Entwicklungszusammenarbeit, der wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Zusammenarbeit, der internationalen Übereinkünfte (Abkommen) und der Beziehungen zu Drittländern und internationalen Organisationen in einem einheitlichen, kohärenten Rahmen zusammengefasst. Dem EUV und dem EGV entnommene Einzelbestimmungen werden dabei nicht nur neu strukturiert, sondern zu größeren Teilen auch substantiell abgeändert und durch neue Bestimmungen ergänzt.

KAPITEL I

Allgemein anwendbare Bestimmungen

 

Dieses Kapitel enthält horizontale Bestimmungen, die für den gesamten Titel V über das auswärtige Handeln der Union gelten.

 

Zu Artikel III-292:

In diesem Artikel werden die vor allem in Art. 11 und Art. 3 EUV enthaltenen Ziel- und Kohärenzbestimmungen für die GASP übernommen, substantiell ergänzt und zu für den gesamten Bereich des auswärtigen Handelns geltenden Grundsatzbestimmungen erhoben.

 

Abs. 1 bekräftigt Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, den Grundsatz der Gleichheit und den Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts als Grundsätze, von denen sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene leiten lässt.

 

Die Zusammenarbeit im Bereich der Vereinten Nationen wird besonders betont. Mit Drittländern sowie regionalen und weltweiten internationalen Organisationen, die die in diesem Artikel genannten Grundsätze teilen, sollen Partnerschaften aufgebaut werden.

 

Abs. 2 betont, dass die Union für das gesamte auswärtige Handeln eine gemeinsame Politik und Maßnahmen festlegt und diese durchführt. Als Grundsätze und Ziele der Union für diese Politik kommen zu den in Art. 11 Abs. 1 EUV genannten Folgende hinzu:

-       Förderung der nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt in den Entwicklungsländern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu bekämpfen;

-       Förderung der Integration aller Länder in die Weltwirtschaft, u.a. durch den schrittweisen Abbau von Handelshemmnissen;

-       Sicherstellung einer nachhaltigen Entwicklung;

-       Hilfe bei Naturkatastrophen;

-       Förderung einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit.

 

Abs. 3 bekräftigt, dass die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Grundsätze und Ziele bei der Ausarbeitung und der Umsetzung aller Bereiche des auswärtigen Handelns und bei den externen Aspekten der übrigen Politikbereiche zu wahren sind. Die Kohärenz zwischen den einzelnen Bereichen des auswärtigen Handelns der Union und den übrigen Politikbereichen ist durch Rat, Kommission und Außenminister der Union sicher zu stellen, die zur Erfüllung dieses Zwecks zusammenarbeiten.

Damit wird das gesamte auswärtige Handeln der Union – auch im Verhältnis zu den internen Politikbereichen – einem generellen und somit noch umfassenderen Kohärenzpostulat unterworfen als dies in Art. 3 EUV, der die Kohärenz von Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik hervorhebt, der Fall ist.

 

Zu Artikel III-293:

Abs. 1 weist darauf hin, dass der Europäische Rat auf der Grundlage der in Art. III-292 aufgeführten Grundsätze und Ziele die strategischen Interessen und Ziele der Union festlegt.

Diese strategischen Interessen und Ziele der Union werden in Europäischen Beschlüssen des Europäischen Rates festgelegt und erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie auf andere Bereiche des auswärtigen Handelns der Union. Sie können Beziehungen der Union zu einem Land oder einer Region oder aber ein bestimmtes Thema beinhalten. Sie legen die Geltungsdauer und die von der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel fest.

Die Beschlussfassung im Europäischen Rat erfolgt einstimmig auf Empfehlung des Rates, die dieser nach den für den jeweiligen Bereich vorgesehenen Regelungen abgibt.  Die in der Verfassung vorgesehenen Verfahren müssen bei der Durchführung der Beschlüsse des Europäischen Rates berücksichtigt werden.

 

Abs. 2 legt fest, dass der Außenminister der Union und die Kommission dem Rat gemeinsame Vorschläge vorlegen können. Der Außenminister ist dabei für den Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zuständig, die Kommission für die anderen Bereiche des auswärtigen Handelns.

 

KAPITEL II

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik

Abschnitt 1

Gemeinsame Bestimmungen

 

Art. I-12 Abs. 4 und Art. I-16 legen die Zuständigkeit der Union für die GASP fest.  Art. I-40 enthält besondere Bestimmungen über die Ausübung dieser Zuständigkeit, die in diesem Kapitel im Einzelnen ausgeführt werden.

 

Zu Artikel III-294:

Dieser Artikel fügt die Bestimmungen von Art. 11 und Art. 12 EUV mit folgenden Änderungen zusammen:

 

Gemäß Abs. 1 erfolgt die Bestimmung und Verwirklichung der GASP im Rahmen der Gesamtheit der in Art. III-292 angeführten Grundsätze und Ziele.

 

In Abs. 2 wird ergänzt, dass neben dem Rat auch der Außenminister der Union für die Einhaltung der Grundsätze der Loyalität und gegenseitigen Solidarität Sorge zu tragen hat.

 

Abs. 3 nennt als spezifische Instrumente der Union zur Durchführung der GASP allgemeine Leitlinien (lit. a), Europäische Beschlüsse (lit. b) und den Ausbau der systematischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten (lit. c). Diese Systematik ist ebenso neu wie die Zuordnung der bisherigen „gemeinsamen Aktionen“ und „gemeinsamen Standpunkte zur Rechtsaktform des Europäischen Beschlusses (lit. b i) und ii)). Ergänzt wird zudem, dass die Einzelheiten der in Europäischen Beschlüssen festgelegten Aktionen bzw. Standpunkte der Union wiederum in eigenen Europäischen Beschlüssen geregelt werden können (lit. b iii)). Der Sinn der Unterscheidung zwischen übergeordneten Beschlüssen gemäß lit. b i) und ii) einerseits und untergeordneten Beschlüssen gemäß lit. b iii) andererseits ergibt sich aus Art. III-300, der für den ersten Fall einstimmige Beschlussfassung und für den zweiten Fall Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat vorschreibt.

Die bislang ebenfalls in Art. 12 EUV genannte, beiden vorgenannten Beschlusskategorien übergeordnete Kategorie von Beschlüssen über „gemeinsame Strategien“ werden durch die in lit. a) genannten allgemeinen Leitlinien ersetzt, die gemäß Art. I-40 Abs. 2 und Art. III-295 Abs. 1 vom Europäischen Rat bestimmt werden.

 

Zu Artikel III-295:

Dieser Artikel legt – in Anlehnung an Art. 13 Abs. 1 und Abs. 3 EUV – Verfahrensregeln für die „allgemeinen Leitlinien“ (im Sinne von Art. III-294 Abs. 3 lit. a) und die Europäischen Beschlüsse (im Sinne von Art.III-294 Abs. 3 lit. b) im Bereich der GASP fest:

 

Gemäß Abs.1 werden solche allgemeinen Leitlinien – die auch Fragen mit verteidigungspolitischen Bezügen umfassen – vom Europäischen Rat bestimmt. Neu ergänzt wird, dass der Präsident des Europäischen Rates eine außerordentliche Sitzung des Europäischen Rates einberuft, wenn dies angesichts einer besonderen internationalen Entwicklung zur Festlegung strategischer Vorgaben für die Politik der Union erforderlich ist.

Gemäß Art. 5 des Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht an der Bestimmung dieser Leitlinien, sofern diese verteidigungspolitische Bezüge umfassen.

 

Gemäß Abs. 2 obliegt es dem Rat, die in Art. III-294 Abs. 3 lit. b genannten Europäischen Beschlüsse zur Festlegung und Durchführung der GASP zu erlassen. Der Rat hat dabei auf der Grundlage der vom Europäischen Rat gemäß Abs.1 festgelegten allgemeinen Leitlinien und strategischen Vorgaben zu handeln.

 

Zu Artikel III-296:

Dieser Artikel enthält nähere Bestimmungen zu Art. I-28 Abs. 2 und 3 betreffend die Rolle des neu geschaffenen Außenministers der Union im Bereich der GASP und schafft eine Rechtsgrundlage für die Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes. Damit werden insbesondere die Materien von Art.18 Abs. 1 bis Abs. 4 und Art. 26 EUV neu geregelt.

 

Abs. 1 wiederholt den Regelungsgehalt von Art. I-28 Abs. 2 und 3. Dabei wird präzisiert, dass die Durchführung der GASP, die der Außenminister sicher zu stellen hat, auf der Basis der vom Europäischen Rat und vom Rat erlassenen Europäischen Beschlüsse erfolgt.

 

Abs. 2 bestimmt, dass der Außenminister die Union in den Bereichen der GASP vertritt. Er führt den politischen Dialog mit Dritten im Namen der Union und vertritt den Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen. (gemäß dem EUV ist dies die Aufgabe des Vorsitzes mit Beteiligung der Kommission, unterstützt durch den Hohen Vertreter der GASP). In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass gemäß Art. I-22 Abs. 2 die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der GASP auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs dem Präsidenten des Europäischen Rates, unbeschadet der Befugnisse des Außenministers, obliegt.

 

Abs. 3 bestimmt, dass der Außenminister der Union bei der Erfüllung seines Auftrags von einem Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) unterstützt wird. Dieser arbeitet mit den diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen und umfasst Beamte aus dem Generalsekretariat des Rates, der Kommission sowie Personal, das die nationalen diplomatischen Dienste zu diesem Zweck abstellen. Die Organisation und die Arbeitsweise des EAD werden durch einen Europäischen Beschluss des Rates festgelegt. Der Rat beschließt (einstimmig) auf Vorschlag des Außenministers der Union, nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und nach Zustimmung der Kommission.

Aus der systematischen Einordnung dieser Bestimmung in das GASP-Kapitel lässt sich schließen, dass sich die Aufgaben des EAD primär auf die GASP zu beziehen haben. Der Wortlaut der Bestimmung lässt allerdings einen umfassenderen Aufgabenkatalog für den EAD zu, da der „Auftrag“ des Außenministers, zu dessen Unterstützung der Europäische Auswärtige Dienst geschaffen wird, gemäß Art. I-28 Abs. 4 auch andere Bereiche des auswärtigen Handelns bzw. der Außenbeziehungen der Union einschließt.

 

Zu Artikel III-297:

Dieser Artikel entspricht Art. 14 EUV, wobei gemäß Abs. 1 das operative Vorgehen der Union vom Rat durch Europäische Beschlüsse festgelegt wird.

 

Zu Artikel III-298:

Dieser Artikel entspricht Artikel 15 EUV, wobei als Rechtsaktform zur Festlegung der Standpunkte der Union der Europäische Beschluss vorgesehen werden.

 

Zu Artikel III-299:

Dieser Artikel entspricht Artikel 22 EUV mit folgenden Änderungen:

 

Gemäß Abs. 1 kommt im Einklang mit Art. I-40 Abs. 6 das Initiativrecht in der GASP jedem Mitgliedstaat, dem Außenminister der Union oder dem Außenminister mit Unterstützung der Kommission zu. Während der neu geschaffene Außenminister somit ein Initiativrecht erhält, kommt der Kommission als Kollegialorgan allein kein Vorschlagsrecht mehr zu. Initiativen der Kommission bedürfen somit nicht nur einer Mehrheit ihrer Mitglieder im Kollegium (Art. III-35), sondern auch der ausdrücklichen Unterstützung des Außenministers der Union.

 

Gemäß Abs. 2 erfolgt die Einberufung außerordentlicher Tagungen des Rates Auswärtige Angelegenheiten entweder durch den Außenminister der Union von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaates. Der Kommission kommt diesbezüglich – im Unterschied zu Art. 22 Abs. 2 EUV – kein eigenes Antragsrecht mehr zu. Die Einberufung kann binnen 48 Stunden, bei absoluter Notwendigkeit auch in kürzerer Zeit erfolgen.

 

Zu Artikel III-300:

Dieser Artikel legt die für die Annahme von Europäischen Beschlüssen im Bereich der GASP im Rat erforderlichen Quoren fest. Dabei kommt es nur zu relativ geringfügigen Änderungen gegenüber Art. 23 EUV.

 

Abs. 1 des Art. III-300 sowie Art. I-40 Abs. 6 bekräftigen, dass die einstimmige Beschlussfassung im GASP-Kapitel die Regel bleibt. Die Regelung der konstruktiven Enthaltung wird mit folgender Anpassung an das System der doppelten Mehrheit übernommen: Bei Abgabe entsprechender förmlicher Erklärungen verhindert die Stimmenthaltung von mindestens einem Drittel der Mitgliedstaaten, die – das ist neu – mindestens ein Drittel der Unionsbevölkerung ausmachen, das Zustandekommen eines Beschlusses.

 

Abs. 2 erster UAbs. nennt im Einklang mit Art. I-40 Abs. 7 diejenigen Fälle, in denen der Rat in Abweichung von Abs.2 mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Demnach beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wenn er

           a) auf der Grundlage eines Europäischen Beschlusses des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele der Union (nach Artikel III-293 Abs. 1) Europäische Beschlüsse erlässt, mit denen eine Aktion oder ein Standpunkt festgelegt werden. Dies entspricht Art. 23 Abs. 2 erster Anstrich EUV, wonach der Rat gemeinsame Standpunkte oder Aktionen oder andere Beschlüsse dann mit qualifizierter Mehrheit fasst, wenn er auf der Grundlage „gemeinsamer Strategien“ handelt.

          b) einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem ein Standpunkt oder eine Aktion der Union festgelegt wird, der auf Vorschlag des Außenministers nach einem entsprechenden Ersuchen des Europäischen Rates erfolgt. Diese Option wird neu eingeführt.

           c) einen Europäischen Beschluss zur Durchführung eines Europäischen Beschlusses (entsprechend Art. III-294 Abs. 3 lit. b iii) erlässt, mit dem eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird. Dies entspricht Art. 23 Abs. 2 zweiter Anstrich EUV, wonach der Rat Beschlüsse zur Durchführung einer gemeinsamen Aktion oder eines gemeinsames Standpunkts mit qualifizierter Mehrheit fasst.

          d) einen Europäischen Beschluss zur Ernennung eines Sonderbeauftragten gemäß Art. III-302 erlässt. Dies entspricht Art. 23 Abs. 2 dritter Anstrich EUV.

Im zweiten UAbs. werden die Bedingungen, unter denen ein Mitgliedstaat in allen diesen Fällen die Aussetzung einer Abstimmung bewirken kann und unter denen der Rat mit qualifizierter Mehrheit einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates verlangen kann, unverändert aus Art. 23 Abs. 2 zweiter UAbs. übernommen.

 

Abs. 3 präzisiert die in Art. I-40 Abs. 7 enthaltene „spezifische Passerelle“ für den Bereich der GASP. Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, in dem vorgesehen ist, dass der Rat auch in anderen als den in Abs. 2 genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Der wesentliche Unterschied zwischen dieser „spezifischen Passerelle“ für die GASP und dem vereinfachten Änderungsverfahren („allgemeine Passerelle“) gemäß Art. IV-444 besteht darin, dass beim vereinfachten Änderungsverfahren die Unterrichtung sowie ein Vetorecht der nationalen Parlamente vorgesehen ist.

Abs. 4 übernimmt Art. 23 Abs. 2 UAbs. 4, wonach Beschlüsse mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen von Anwendungsbereichen der qualifizierten Mehrheit gemäß Abs.2 des vorliegenden Artikels ausgenommen sind.

 

Zu Artikel III-301

Abs. 1 bestimmt, dass der Außenminister der Union und die Minister für auswärtige Angelegenheiten der Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten im Rat koordinieren, falls der Europäische Rat oder der Rat ein gemeinsames Vorgehen der Union im Rahmen einer außen- oder sicherheitspolitischen Frage gemäß Art. I-40 Abs. 5 festgelegt hat.

 

Gemäß Abs. 2 arbeiten die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen zusammen und tragen zur Festlegung und Durchführung des in Abs. 1 genannten gemeinsamen Vorgehens bei. Art. 20 Abs. 1 EUV wird damit im Wesentlichen übernommen, wobei anstelle der Delegationen der Kommission die Delegationen der Union genannt werden.

 

Zu Artikel III-302:

Art. 18 Abs. 5 EUV wird abgeändert, indem der Außenminister der Union das Vorschlagsrecht bei der Ernennung von Sonderbeauftragten (durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit gemäß Art. III-300 Abs. 2 lit. d erhält. Außerdem wird ergänzt, dass Sonderbeauftragte ihr Mandat unter der Verantwortung des Außenministers ausüben.

 

 

Zu Artikel III-303:

Dieser Artikel ersetzt Art. 24 EUV. Übereinkünfte im Rahmen der GASP werden entsprechend dem in Art. III-323 bis Art. III-326 geregelten einheitlichen Verfahren und mit den dort aufgeführten Sonderbestimmungen für GASP-Übereinkünfte geschlossen.

 

Zu Artikel III-304:

Dieser Artikel entspricht Art. 21 EUV mit leichten Änderungen.

 

Abs. 1 legt fest, dass anstelle des bislang rotierenden Vorsitzes im Rat nunmehr der Außenminister der Union das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hört und unterrichtet. Ergänzend weist Abs. 1 darauf hin, dass Sonderbeauftragte zur Unterrichtung des Europäischen Parlaments mit herangezogen werden können.

 

Gemäß Abs. 2 kann das Europäische Parlament Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den Außenminister der Union richten. Zweimal jährlich (anstatt einmal gemäß Art. 21 EUV) führt das Europäische Parlament Aussprachen über die Fortschritte bei der Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Neu ist, dass diese Aussprachen auch die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik einschließen.

 

Zu Artikel III-305:

Abs. 1 entspricht im Wesentlichen Art. 19 EUV Abs. 1. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Außenminister der Union für die Organisation der Koordinierung des Handelns der Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen und auf internationalen Konferenzen Sorge trägt.

 

Gemäß Abs. 2 werden nicht nur die in internationalen Organisationen sowie auf internationalen Konferenzen oder im UN-Sicherheitsrat nicht vertretenen Mitglieder, sondern auch der Außenminister der Union auf dem Laufenden gehalten. Abs. 2 ergänzt zu Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 EUV, dass die im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vertretenen Mitglieder der Union beantragen, dass der Außenminister der Union gebeten wird, den Standpunkt der Union vorzutragen, falls ein Thema auf der Tagesordnung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen steht, zu dem die Union einen gemeinsamen Standpunkt festgelegt hat.

 

Zu Artikel III-306:

Dieser Artikel entspricht im Wesentlichen Art. 20 EGV. An die Stelle der Delegationen der Kommission in dritten Ländern treten die Delegationen der Union in Drittländern.

 

Zu Artikel III-307:

Dieser Artikel entspricht im Wesentlichen Art. 25 EUV.

 

In Abs. 1 wird, wie in den vorhergehenden Artikeln, die Rolle des Außenministers der Union ergänzt. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) trägt auf Ersuchen des Rates, des Außenministers oder von sich aus durch an den Rat gerichtete Stellungnahmen zur Festlegung der Politik bei. Die Überwachung der Durchführung der vereinbarten Politik durch das PSK erfolgt unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers der Union (anstatt – wie bisher – des Vorsitzes und der Kommission).

 

Gemäß Abs. 2 nimmt das PSK die politische Kontrolle und die strategische Leitung von Krisenbewältigungsoperationen unter der Verantwortung des Rates und des Außenministers der Union wahr.

 

Zu Artikel III-308:

Abs.1 bestimmt, dass die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe für die Ausübung der im Verfassungsvertrag genannten (ausschließlichen, geteilten sowie koordinierenden, unterstützenden oder ergänzenden) Zuständigkeiten der Union unberührt lässt.

 

Abs. 2 sieht eine parallele, umgekehrte Unberührtheitsklausel betreffend die Anwendung der Verfahren und die Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für den GASP-Bereich vorgesehen werden, im Verhältnis zur Ausübung der übrigen Zuständigkeiten der Union vor.

 

Abs. 1 adaptiert Art. 47 EUV, wonach die Bestimmungen des EUV (über die Zweite und Dritte Säule) die Bestimmungen des EGV (über die Erste Säule) im Wesentlichen unberührt lassen, mit dem Unterschied, dass dieses Unberührtheitspostulat nunmehr ausschließlich auf die GASP-Bestimmungen bezogen wird und die umgekehrte Unberührtheitsklausel des Abs. 2 hinzukommt. Da die Säulenstruktur wegfällt, ist die Bestimmung auf die Verfahren und den Umfang der Befugnisse der Organe bezogen. Nur in Hinblick auf diese bestehen weiterhin Unterschiede zwischen der GASP und den anderen Politikbereichen. Wesentlich ist, dass gemäß Art.III-376 Abs. 2 der EuGH für die Kontrolle der Einhaltung von Art. III-308 zuständig ist.

 

Abschnitt 2

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

 

Aus Art. I-12 Abs. 4, Art. I-16 Abs. 1 und Art. I-41 Abs. 1 ergibt sich, dass die GSVP integraler Bestandteil der GASP ist. Sofern Art. I-41 sowie die Artikel dieses Abschnittes (Art. III-309 bis Art. III-313) keine spezifischen Sonderbestimmungen für die GSVP festlegen, gelten die generellen Sonderbestimmungen der GASP.

Gemäß Art. 5 des Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht an gemäß diesem Abschnitt erlassenen Maßnahmen mit verteidigungspolitischen Bezügen.

 

Zu Artikel III-309:

Abs. 1 beinhaltet gegenüber der Vorgängerregelung des Art. 17 EUV eine Ausweitung jener Missionen (sogenannte „Petersberg-Aufgaben“), die im Rahmen der GSVP durchgeführt werden können.  Diese umfassen gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Neu ist die Erwähnung von Aufgaben der militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und Operationen zur Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Die genannten Missionen können zur Bekämpfung des Terrorismus, u. a. durch die Unterstützung von Drittstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus auf ihrem Hoheitsgebiet, beitragen.

 

Nach Abs. 2 hat der Rat die entsprechenden Beschlüsse, insbesondere über Ziel und Umfang der Missionen sowie die für sie geltenden allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu fassen. Der Außenminister koordiniert unter Aufsicht des Rates und im Einvernehmen mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee die zivilen und militärischen Aspekte dieser Missionen.

 

Zu Artikel III-310:

Dieser Artikel findet keine Entsprechung im EUV.

 

Abs. 1 sieht vor, dass der Rat im Rahmen der nach Art. III-309 erlassenen Beschlüsse eine Gruppe von Mitgliedsstaaten mit der Durchführung einer Mission betrauen kann, sofern diese es wünschen und über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Die betreffenden Mitgliedstaaten vereinbaren in Absprache mit dem Außenminister untereinander die Ausführung der Mission.

 

Nach Abs. 2 informieren die an der Mission beteiligten Mitgliedstaaten die anderen Mitgliedstaaten und befassen den Rat bei zu erwartenden schwerwiegenden Konsequenzen oder wenn die weitere Durchführung der Mission neue Beschlüsse des Rates erforderlich macht. Der Rat hat in diesem Fall die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.

 

Zu Artikel III-311:

Dieser Artikel regelt die Einrichtung der gemäß Art. I-41 Abs. 3 vorgesehenen Europäischen Verteidigungsagentur. Damit wird eine neue Rechtsgrundlage für die bereits mit der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2004 geschaffene Agentur eingeführt.

 

Abs. 1 umschreibt die Aufgaben der nach Art. I-41 Abs. 3 errichteten Europäischen Verteidigungsagentur. Demnach zählt zu den Aufgaben der Agentur:

-       Mitwirkung bei der Ermittlung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten und ihrer Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten;

-       Förderung bei der Harmonisierung des operativen Bedarfs sowie der Festlegung effizienter Beschaffungsverfahren;

-       Erstellung von Vorschlägen zur Erfüllung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten sowie Koordinierung und Verwaltung diesbezüglicher Kooperationsprogramme der Mitgliedsstaaten; Unterstützungsmassnahmen auf dem Gebiet der Verteidigungsforschung;

-       Beitrag zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors sowie des wirkungsvolleren Einsatzes der Verteidigungsausgaben.

 

Abs. 2 stipuliert, dass die Agentur allen Mitgliedsstaaten für eine Mitarbeit offen steht. Rechtsstellung sowie Sitz und Funktionsweise der Agentur werden durch einen Europäischen Beschluss des Rates festgelegt, der mit qualifizierter Mehrheit erlassen wird. Dieser Beschluss hat dem Umfang der effektiven Beteiligung der Mitgliedstaaten an den Tätigkeiten der Agentur Rechnung zu tragen. Gruppen von Mitgliedsstaaten können im Rahmen der Agentur gemeinsame Projekte durchführen, die Agentur versieht ihre Aufgaben erforderlichenfalls in Verbindung mit der Kommission.

 

Zu Artikel III-312:

Dieser Artikel regelt in Zusammenhang mit dem Protokoll Nr. 23 die in Art. I-46 Abs. 6 neu vorgesehene Ständige Strukturierte Zusammenarbeit.

 

Abs. 1 sieht vor, dass jene Mitgliedsstaaten, die sich an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit nach Art. I-41 Abs. 6 beteiligen möchten und die entsprechenden Kriterien des Protokolls Nr. 23 über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit (siehe Erläuterungen zu diesem Protokoll) erfüllen, dem Rat und dem Außenminister ihre Absicht mitteilen.

 

Nach Abs. 2 erlässt der Rat nach Anhörung des Außenministers mit qualifizierter Mehrheit binnen drei Monaten nach der Mitteilung über die Absicht gemäß Abs. 1 einen Beschluss über die Begründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und über die Liste der daran teilnehmenden Staaten.

 

Mitgliedsstaaten, die sich zu einem späteren Zeitpunkt an der Zusammenarbeit beteiligen wollen, haben dies nach Abs. 3 dem Rat und dem Außenminister mitzuteilen. Der Rat beschließt nach Anhörung des Außenministers mit qualifizierter Mehrheit der an der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedsstaaten über die Teilnahme des interessierten Mitgliedsstaates und bestätigt die Erfüllung der Kriterien nach Abs. 1 und 2 sowie nach dem Protokoll Nr. 23 über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit. Die qualifizierte Mehrheit wird mit 55% der an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten festgelegt, sofern diese 65% der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedsstaaten repräsentieren. Eine Sperrminorität erfordert mindestens die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, die zusammen mehr als 35% der Bevölkerung der an der strukturierten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitgliedes.

 

Abs. 4 sieht einen Beschluss des Rates mit qualifizierter Mehrheit über das Aussetzen der Teilnahme eines Staates an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit vor, wenn dieser die Kriterien der Zusammenarbeit nicht mehr erfüllt oder erfüllen kann.  Die Beschlussfassung erfolgt durch die an der ständigen Strukturierten Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten mit Ausnahme des betroffenen Mitgliedstaates. Die qualifizierte Mehrheit und die Sperrminorität sind entsprechend Abs. 3 festgelegt.

 

Nach Abs. 5 nimmt der Rat die Mitteilung eines Staates über seine Absicht, aus der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit auszutreten, zur Kenntnis.

 

Abs. 6 sieht vor, dass der Rat mit Ausnahme der Beschlüsse nach den Abs. 2 bis 5 Beschlüsse und Empfehlungen im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit einstimmig erlässt, wobei sich die Einstimmigkeit allein auf die an der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedstaaten bezieht.

 

Abschnitt 3

Finanzbestimmungen

 

Dieses Kapitel enthält Bestimmungen zu den finanziellen Rahmenbedingungen der GASP und GSVP, wobei auf Bestimmungen des EUV zurückgegriffen wird.

 

Gemäß Art. 5 des Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht an gemäß diesem Abschnitt erlassenen Maßnahmen mit verteidigungspolitischen Bezügen.

 

Zu Artikel III-313:

Dieser Artikel übernimmt Art. 28 Abs. 2 und 3 EUV mit folgenden Änderungen und Ergänzungen:

 

Abs.1 entspricht Art. 28 Abs. 2 EUV.

Abs. 2 entspricht Art.28 Abs. 3 EUV.

Abs. 3 ist neu: Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss um besondere Verfahren festzulegen, die einen schnellen Zugriff auf die Haushaltsmittel der Union ermöglichen, um Sofortinitiativen der GASP zu finanzieren, insbesondere Tätigkeiten zur Vorbereitung einer Mission nach Art. I-41 Abs. 1 und Art. III-309. Es besteht ein Anhörungsrecht des Europäischen Parlamentes.

Gemäß UAbs. 2 wird ein Anschubfond gegründet, um die Vorbereitung der Tätigkeiten der nach Artikel I-41 Abs. 1 und Art. III-309 genannten Missionen, die nicht aus den Haushaltsmitteln der Union bezahlt werden, zu finanzieren. Dieser Fonds wird durch die Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert.

Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Außenministers Europäische Beschlüsse betreffend Folgendes:

-       Einzelheiten für die Bildung und Finanzierung des Anschubfonds, insbesondere die Höhe der Mittelzuweisungen für den Fonds;

-       Einzelheiten für die Verwaltung des Anschubfonds;

-       Einzelheiten für die Finanzkontrolle.

 

Kann eine geplante Mission nach Art. I-41 Abs. 1 und Art. III-309 nicht aus dem Haushalt der Union finanziert werden, ermächtigt der Rat den Außenminister der Union dazu, diesen Fonds zu beanspruchen. Der Außenminister hat die Pflicht, dem Rat über die Erfüllung dieses Mandats Bericht zu erstatten.

 

KAPITEL III

Gemeinsame Handelspolitik

 

Für die gemeinsame Handelspolitik besteht in dem gesamten Umfang, der in diesem Kapitel festgelegt wird, eine ausschließliche Zuständigkeit der Union (siehe Erläuterungen zu Art. I-12 und I-13). Dieser Umfang wird gegenüber dem EGV auf ausländische Direktinvestitionen erweitert. Die Ausnahmen von der generellen Beschlussfassungsregel im Rat (qualifizierte Mehrheit) werden komprimiert. Das Europäische Parlament erhält mit der Festlegung des Rahmens für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik durch Europäische Gesetze erstmals Mitwirkungsrechte in der gemeinsamen Handelspolitik. Aus der Einordnung in Titel V des Teils III des Verfassungsvertrags ergibt sich zudem, dass die Ausübung der handelspolitischen Zuständigkeit durch die Union im Einklang mit den allgemein anwendbaren Bestimmungen für das auswärtige Handeln der Union (Art. III-292 und III-293) zu erfolgen hat.

 

Zu Artikel III-314:

In diesem Artikel werden in Anlehnung an die Formulierung in Art. 131 Abs.1 EGV die sich aus der Schaffung der Zollunion gemäß Art. III-151 ergebenden Ziele der gemeinsamen Handelspolitik festgeschrieben. Auf Grund der ausschließlichen Zuständigkeit obliegt die Verfolgung dieser Ziele nicht mehr – wie im EGV – den Mitgliedstaaten, sondern der Union. Zudem wird der Umfang dieser Ziele gegenüber dem EGV erweitert, indem die Union auf globaler Ebene nicht nur generell zur schrittweisen Beseitigung von Handelsbeschränkungen sowie konkret zum Abbau von Zollschranken, sondern auch explizit zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen bei den ausländischen Direktinvestitionen und zum Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken beizutragen hat.

 

Zu Artikel III-315:

Dieser Artikel entspricht Art. 133 EGV mit einigen wesentlichen materiellen und formalen Änderungen.

 

In Abs. 1 werden demonstrativ Bereiche genannt, in denen die gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen zu gestalten ist. Diese Liste wird gegenüber Art. 133 Abs. 1 EGV substantiell präzisiert und erweitert, indem ausdrücklich festgeschrieben wird, dass die einheitlichen Grundsätze generell sowohl den Handel mit Waren als auch mit Dienstleistungen sowie die Handelsaspekte des geistigen Eigentums und die ausländischen Direktinvestitionen umfassen. Während Abkommen betreffend den Handel mit Dienstleistungen und betreffend Handelsaspekte des geistigen Eigentums, sofern sie nicht ohnehin bereits von Art. 133 Abs. 1 bis 4 EGV umfasst sind, mit gewissen Einschränkungen bereits durch Art. 133 Abs. 5 EGV in die gemeinsame Handelspolitik einbezogen sind, ist die Hinzufügung der ausländischen Direktinvestitionen neu.

Mit dem letzten Satz von Abs.1 wird bekräftigt, dass die gemeinsame Handelspolitik im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union (siehe Art. III-292 und 293) zu gestalten ist.

 

Gemäß Abs. 2 wird der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik in Europäischen Gesetzen festgelegt. Dies bedeutet, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zur Anwendung kommt, während gemäß Art. 133 Abs. 2 iVm Abs. 4  EGV entsprechende Durchführungsmaßnahmen auf Vorschlag der Kommission vom Rat mit qualifizierter Mehrheit – aber ohne Einbeziehung des Europäischen Parlaments – erlassen werden.

 

Abs. 3 legt das Verfahren für die Aufnahme und Führung von Verhandlungen über internationale Abkommen im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik fest. Die diesbezüglichen Bestimmungen werden im Wesentlichen aus Art. 133 Abs. 3  EGV übernommen. Neu ist, dass das Europäische Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen unterrichtet werden muss. Auf der Basis von Empfehlungen der Kommission ermächtigt der Rat die Kommission zur Aufnahme und Führung von Verhandlungen und kann ihr dazu Richtlinien vorgeben. Die Kommission führt die Verhandlungen mit Unterstützung eines vom Rat bestellten Sonderausschusses, den sie ebenso wie das Europäische Parlament über den Verhandlungsstand regelmäßig informiert. Vorbehaltlich der Sonderbestimmungen dieses Artikels findet Art. III-325 über internationale Übereinkünfte Anwendung.

 

Gemäß Abs. 4, UAbs. 1, beschließt der Rat über die Aushandlung und den Abschluss der in Abs. 3 genannten Übereinkünfte mit qualifizierter Mehrheit. Diese generelle Beschlussfassungsregel wird unverändert aus Art. 133 Abs. 4 EGV übernommen.

 

Die UAbs. 2 und 3 nennen diejenigen Bereiche, in denen der Rat – in Abweichung von Unterabs.1 – einstimmig beschließt:

 

-       Dienstleistungen, Handelsaspekte des geistigen Eigentums und ausländische Direktinvestitionen – sofern Abkommen Bestimmungen inkludieren, die Regelungen betreffen, die von der Union intern einstimmig angenommen werden müssen;

-       kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen, sofern das Risiko der Beeinträchtigung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Union besteht.

-       Dienstleistungen des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn Übereinkünfte die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung berühren könnten.

 

Somit werden einzelne Kategorien von Bereichen, die gemäß Art. 133 Abs. 5 EGV einer einstimmigen Beschlussfassung des Rates bedürfen oder gemäß Art. 133 Abs. 6 EGV eine einvernehmliche Zustimmung der Mitgliedstaaten erfordern, in vereinheitlichter Form der Einstimmigkeitsregel unterworfen. Dabei entfällt dann das bisher ausdrücklich angeordnete Einstimmigkeitserfordernis, wenn die Gemeinschaft ihre interne Zuständigkeit noch nicht ausgeübt hat. Die Ausnahmeklausel hinsichtlich der Beschlussfassung postuliert im Unterschied zu Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV keine expliziten, konkreten Ausnahmen von der ausschließlichen Zuständigkeit der Union. Außerdem werden die Bedingungen, unter denen in den angeführten Bereichen die Einstimmigkeitsregel gilt, gegenüber dem EGV eingeschränkt.

 

Gemäß Abs. 5 – der Art. 133 Abs. 6, UAbs. 3, EGV entspricht - gelten für die Aushandlung und den Abschluss von internationalen Abkommen im Bereich des Verkehrs die Bestimmungen des Verfassungsvertrages über den Politikbereich Verkehr (Teil III Kapitel III Abschnitt 7) sowie Art. III-325 betreffend internationale Übereinkünfte. Damit wird klargestellt, dass  Abkommen im Bereich des Verkehrs, selbst wenn sie etwa den Handel mit Transportdienstleistungen zum Gegenstand haben,  nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen für die gemeinsame Handelspolitik fallen.

 

Gemäß Abs. 6 hat die Ausübung der Unionskompetenzen für die gemeinsame Handelspolitik keine Auswirkungen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten und führt nicht zu Harmonisierungen, wo der Verfassungsvertrag dies ausschließt. Diese generelle Begrenzungsklausel für die ausschließliche Zuständigkeit der Union in der gemeinsamen Handelspolitik ist an die Formulierung von Art. 133 Abs. 6, UAbs. 1, EGV angelehnt und ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil der Union in Zukunft selbst in jenen Bereichen eine umfassende Zuständigkeit für autonome und vertragliche Maßnahmen der Handelspolitik zusteht, wo sonst ihre übrigen internen Regelungszuständigkeiten begrenzt sind.

 

Kapitel IV

Zusammenarbeit mit Drittländern und humanitäre Hilfe

Abschnitt 1

Entwicklungszusammenarbeit

 

Für diesen Bereich besteht gemäß Art. I-14 Abs. 4 eine Sonderform der geteilten Zuständigkeit, wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten parallel ausüben können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.

Die konkreten Bestimmungen dieses Abschnitts sind im Wesentlichen dem EGV entnommen.

 

Zu Artikel III-316:

Dieser Artikel übernimmt alle wesentlichen Elemente von  Art. 177 und Art. 178 EGV, wobei in Abs.1 die in Art. III-292 dargelegten Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union als Rahmen für die Politik der Union in diesem Bereich vorgegeben werden.

 

Zu Artikel III-317:

Dieser Artikel fügt die Bestimmungen von Art. 179 Abs. 1 und 2 EGV sowie Art. 181 zweiter und dritter Satz  EGV zusammen. Wesentlich ist, dass Art. 179 Abs. 3 EGV, der die Zusammenarbeit mit den AKP-Staaten aus dem Anwendungsbereich der allgemeinen Maßnahmen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit ausschließt, wegfällt. Dadurch wird die spezifische Rechtsgrundlage für die Ausklammerung des im Rahmen der AKP (Afrika, Karibik, Pazifik) EG-Abkommen eingerichteten „Europäischen Entwicklungsfonds“ aus dem Unionshaushalt gestrichen.

Gemäß Abs. 1 werden als Gesetzgebungsakte für Maßnahmen zur Durchführung der Politik der Union Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen.

Gemäß Abs. 2 kann die Union mit Drittländern und zuständigen internationalen Organisationen Übereinkünfte abschließen. Im Einklang mit dem in Art. I-14 Abs. 4 festgelegten besonderen Wesensmerkmal der geteilten Zuständigkeit für die Entwicklungszusammenarbeit berührt diese Ermächtigung nicht die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte zu schließen.

 

Abs. 3 betreffend die Europäische Investitionsbank entspricht Art.179 Abs. 2.

 

Zu Artikel III-318:

Abs. 1 und 2 entsprechen Art. 180 EGV. Abs. 3 entspricht dem ersten Satz von Artikel 181 EGV.

 

Abschnitt 2

Wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit
mit Drittländern

 

Zu Artikel III-319:

Dieser Artikel entspricht im wesentlichen Art. 181a EGV, wobei allerdings in verfahrensrechtlicher Hinsicht das Mitwirkungsrecht des Europäischen Parlaments gestärkt wird.

 

Abs. 1 enthält einen ausdrücklichen Verweis darauf, dass die Zusammenarbeit der Union mit Entwicklungsländern in einem anderen Kapitel geregelt wird. Daher wird – bei gleichzeitiger Einengung des Anwendungsbereichs des Abschnitts gegenüber Art. 180 EGV – ergänzt, dass die Union Maßnahmen der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit mit solchen Drittstaaten ausführt, die keine Entwicklungsländer sind. Vorgegeben wird auch, dass die Maßnahmen der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union durchzuführen sind.

 

Gemäß Abs. 2 werden die Maßnahmen der Union durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt. Dies bedeutet, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ohne Einschränkungen gilt, während in Art. 181a Abs. 2 EGV zwar die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit, aber nur die Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen ist.

In Abs. 3 wird festgelegt, dass die Einzelheiten der Zusammenarbeit der Union mit Drittländern und zuständigen internationalen Organisationen – unbeschadet der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten – in Übereinkünften geregelt werden kann.

Für Übereinkünfte mit beitrittswilligen Staaten ist gemäß Art. III-325 Abs. 8 weiterhin die einstimmige Beschlussfassung des Rates erforderlich.

 

Zu Artikel III-320:

Dieser neue Artikel legt fest, dass erforderlichenfalls sofortige finanzielle Hilfe an einen Drittstaat geleistet werden kann, wenn der Rat auf Vorschlag der Kommission die notwendigen Europäischen Beschlüsse erlässt.

 

Abschnitt 3

Humanitäre Hilfe

 

Zu Artikel III-321:

Mit diesem Artikel wird eine neue Rechtsgrundlage für humanitäre Hilfe geschaffen. Für diesen Bereich besteht gemäß Art. I-14 Abs. 4 eine Sonderform der geteilten Zuständigkeit, wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten parallel ausüben können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.

 

Gemäß Abs. 1 erfolgt die humanitäre Hilfe im Rahmen der  Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union. Einwohnern von Drittländern, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten Katastrophen betroffen sind, soll gezielt Hilfe, Rettung und Schutz gebracht werden. Die Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten ergänzen und verstärken sich gegenseitig.

 

Abs. 2 verlangt die Berücksichtigung der Grundsätze des Völkerrechts, der Unparteilichkeit, der Neutralität und der Nichtdiskriminierung bei Maßnahmen der humanitären Hilfe.

 

Abs. 3 sieht als Gesetzgebungsakte für Maßnahmen der humanitären Hilfe Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vor.

 

Abs. 4 schafft die Möglichkeit, dass die Union mit Drittländern und den zuständigen internationalen Organisationen alle Übereinkünfte schließen kann, die zur Verwirklichung der Ziele der humanitären Hilfe und der Ziele des auswärtigen Handelns allgemein beitragen.

 

Abs. 5 sieht die Schaffung eines Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe vor. Das Korps soll als Rahmen für gemeinsame Beiträge der europäischen Jugendlichen zu den Maßnahmen der humanitären Hilfe dienen. Rechtsstellung und Einzelheiten der Arbeitsweise des Korps werden durch Europäisches Gesetz festzulegen sein.

 

Gemäß Abs. 6 kann  die Kommission zur Wirksamkeit und besseren Ergänzung der Programme der Union und der Mitgliedstaaten koordinierende Initiativen ergreifen.

 

Abs. 7 legt fest, dass die Maßnahmen der humanitären Hilfe mit den Maßnahmen der internationalen Organisationen, insbesondere des Systems der Vereinten Nationen abgestimmt werden und im Einklang stehen sollen.

 

KAPITEL V

Restriktive Maßnahmen

 

Zu Artikel III-322:

Dieser Artikel ermächtigt die Union zur Verhängung von Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Dritte. Er fasst die bisherigen Rechtsgrundlagen des EGV über Wirtschaftssanktionen (Art. 301 EGV) und Finanzsanktionen (Art. 60 EGV) in einer einzigen Bestimmung zusammen und erweitert ihren Anwendungsbereich.

 

Wie dies bereits im EGV der Fall ist, gilt für die restriktiven Maßnahmen ein zweistufiges Verfahren. Gemäß Abs. 1 muss dem Erlass der restriktiven Maßnahme ein außenpolitischer Beschluss im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Art. III-294 bis III-313) vorangehen, der die Aus­setzung, Einschrän­kung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und Finanzbeziehungen zu einem oder meh­reren Drittländern vorsieht. Der Rat erlässt anschließend mit qualifizierter Mehrheit und auf gemeinsamen Vorschlag des Außenministers der Union und der Kommission die erforderlichen Verordnungen oder Beschlüsse. Neu ist, dass das Europäische Parlament vom Rat über diese Maßnahmen informiert werden muss.

 

Abs. 2 dehnt den Geltungsbereich aus und schafft eine ausdrückliche Rechtsgrundlage auch für Sanktionen gegen einzelne natürliche oder juristische Personen sowie gegen Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten. Bislang müssen solche Maßnahmen auf Art. 308 EGV gestützt werden, da die Art. 60 und 301 des EGV nur restriktive Maßnahmen gegen Drittländer zulassen. Für die Sanktionen gegen Einzelne und nichtstaatliche Akteure, denen ebenfalls ein entsprechender GASP-Beschluss vorangehen muss, gilt dasselbe Verfahren wie für Sanktionen gegen Drittländer nach Abs. 1.

 

Mit Blick auf diese Ausdehnung des Geltungsbereichs bestimmt Abs. 3, dass die Verordnungen und Beschlüsse, mit denen restriktive Maßnahmen verhängt werden, auch die erforderlichen Bestimmungen über den Rechtsschutz enthalten müssen (vgl. dazu auch Art. III-365 Abs. 4). Während die Beschlüsse und Verordnungen nach diesem Artikel jedenfalls der EuGH-Kontrolle unterliegen, hat der EuGH gemäß Art. III-376 Abs. 2 des Verfassungsvertrages auch eine ausdrückliche Zuständigkeit zur Überwachung der Rechtmäßigkeit der vorausgehenden GASP-Beschlüsse des Rates über restriktive Maßnahmen gegen natürliche und juristische Personen.

 

Im Zusammenhang mit diesem Artikel ist auch auf Artikel III-160 zu verweisen, der in Bezug auf die Verhütung und Be­kämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten eine besondere Rechtsgrundlage für Finanzrestriktionen gegen Einzelne und nichtstaatliche Akteure innerhalb der Union schafft.

 

 

KAPITEL VI

Internationale Übereinkünfte

 

Zu Artikel III-323:

Abs. 1 enthält die allgemeine Umschreibung der Zuständigkeit der Union zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen. Eine solche ist im Sinne der bisherigen EuGH-Judikatur gegeben, wenn dies im Verfassungsvertrag vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der im Verfassungsvertrag festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte. Diese Bestimmung ist im Zusammenhang mit Art. I-13 Abs. 2 zu lesen. Er führt die Fälle an, in denen die Union eine ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss solcher Übereinkünfte (auch in der GASP und im gesamten Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts) besitzt. Die Tatbestände der Art. I-13 Abs. 2 und III-323 überschneiden sich teilweise, verwenden jedoch auch unterschiedliche Formulierungen.

 

Abs. 2 enthält die bisher in Art. 300 Abs. 7 EGV enthaltene Bindungswirkung, welche von der Union geschlossene Übereinkünfte für deren Organe und die Mitgliedstaaten entfalten. Die Übereinkünfte sind daher als verbindliche Rechtsakte der Union - einschließlich Vorrangwirkung gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten gemäß Art. I-6 - anzusehen, auch wenn sie in der Aufzählung in Art. I-33 nicht genannt werden. Hinsichtlich der Einordnung der Übereinkünfte in die Unionsrechtsordnung wird unverändert von der „Mezzanin“-Theorie (d.h. zwischen Primär- und sonstigem Sekundärrecht) auszugehen sein. Infolge der Aufhebung der Säulenstruktur und des Wegfalls des Art. 47 EUV wird im Sinne des Art. III-308 Gleichrangigkeit von GASP-Übereinkünften und sonstigen Unionsübereinkünften anzunehmen sein (vgl. Art. III-325).

 

Zu Artikel III-324:

Die Assoziierungsabkommen werden Art. 310 EGV entsprechend als besondere Form der Übereinkünfte mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen ausdrücklich erwähnt. Assoziierungsabkommen werden als Abkommen mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren definiert.

In diesem Zusammenhang ist auch Art. I-57 („Die Union und ihre Nachbarn“) zu beachten, der in Abs. 2 die Möglichkeit der Union vorsieht „spezielle Übereinkünfte“ mit den betreffenden Ländern zu schließen. Die Definition dieser speziellen Übereinkünfte greift auf ähnliche Elemente wie im gegenständlichen Artikel zurück.

Auf das in Art. III-325 Abs. 6, UAbs. 2,  lit. i verankerte Zustimmungserfordernis des Europäischen Parlaments zu Assoziierungsabkommen und die einstimmige Beschlussfassung des Rates gemäß Art. III-325 Abs. 8 UAbs. 2 wird hingewiesen.

 

Zu Artikel III-325:

Infolge der ausdrücklichen Verankerung der Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union in Art. I-7 sowie der Abschaffung der Säulenstruktur der Union werden völkerrechtliche Übereinkünfte der Union in sämtlichen Politikbereichen grundsätzlich nach einem einheitlichen Verfahren ausgehandelt und geschlossen, welches im gegenständlichen Artikel festgelegt wird. Die Regelungen orientieren sich dabei an Art. 300 EGV. Einzelne Besonderheiten der Abkommen gemäß Art. 24 EUV werden unter Berücksichtigung der institutionellen Neuerungen (Außenminister der Union) eingearbeitet. Abweichende Regelungen finden sich allerdings weiterhin in Art. III-315 als lex specialis betreffend Handelsabkommen (vgl. den ausdrücklichen in Abs. 1 des Art. III-315) und in Art. III-326 betreffend Wechselkursvereinbarungen.

 

Abs. 2 umschreibt die Rolle des Rates bei den verschiedenen Stadien des Zustandekommens einer Übereinkunft.

 

Abs. 3 entspricht Art. 300 Abs. 1 EGV hinsichtlich der Vorlage von Empfehlungen der Kommission für die Aufnahme von Verhandlungen und die diesbezügliche Ermächtigung durch den Rat mit Europäischem Beschluss. Bei ausschließlich oder überwiegend die GASP betreffenden Übereinkünften legt der Außenminister der Union die entsprechenden Empfehlungen vor. Aus diesem Grunde ist auch die Benennung des jeweils nach dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft zuständigen Verhandlungsführers vorgesehen. Derzeit ist bei Gemeinschaftsabkommen in Art. 300 Abs. 1 EGV ausschließlich die Kommission, bei Unionsabkommen in Art. 24 EUV der Ratsvorsitz, der gegebenenfalls von der Kommission unterstützt wird, als Verhandlungsführer vorgesehen.

 

Gemäß Abs. 4 kann der Rat - in Anlehnung an Art. 300 Abs. 1 EGV - dem Verhandlungsführer Richtlinien erteilen und einen Sonderausschuss bestellen. Die Verhandlungen sind im Benehmen mit diesem Sonderausschuss zu führen.

 

Gemäß Abs. 5 wird auf Vorschlag des Verhandlungsführers durch Europäischen Beschluss des Rates die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt.

 

Abs. 6 UAbs. 1 betrifft die Genehmigung des Abschlusses durch den Rat durch Europäischen Beschluss auf Vorschlag des Verhandlungsführers. In UAbs. 2 lit. a werden die Übereinkünfte aufgeführt, die nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments abgeschlossen werden können (vgl. dazu Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV).

 

Neu hinzu kommt in der Liste in Punkt ii) die Übereinkunft betreffend den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Inhaltlich ausgeweitet wird die Mitwirkungsbefugnis des Europäischen Parlaments auch mit Punkt v) auf Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche Gesetzgebungsverfahren oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich ist, das beson­dere Gesetz­gebungsverfahren gilt. Derzeit gilt das Zustimmungserfordernis nur, wenn ein Abkommen konkret eine Änderung eines im Mitentscheidungsverfahren angenommenen Rechtsakts bedingt, es bleibt aber (siehe ausdrückliche Festlegung in Art. 300 Abs. 3 UAbs. 1 EGV) bei der bloßen Anhörung selbst dann, wenn in dem Bereich, den das Abkommen betrifft, für die Annahme interner Vorschriften abstrakt die Verfahren der Mitentscheidung oder der Zusammenarbeit anzuwenden sind.

In UAbs. 2 lit. b wird für die übrigen Abkommen lediglich die Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen. Mangels besonderer Bestimmung in Art. III-315 (siehe dessen Abs. 3) unterliegen daher auch Handelsabkommen, welche derzeit infolge Art. 300 Abs. 3 UAbs. 1 EGV von jeglicher Befassung des Europäischen Parlaments ausgenommen sind, der Anhörung des Europäischen Parlaments. Betreffend Übereinkünfte, die ausschließlich die GASP betreffen, hat das EP keinerlei Anhörungsrecht. Die Möglichkeiten der Fristsetzung für die Stellungnahme bzw. Zustimmung des Europäischen Parlaments sind Art. 300 Abs. 3 EGV nachgebildet.

 

Abs. 7 über die Ermächtigung zur Zustimmung in einem vereinfachten Änderungsverfahren entspricht Art. 300 Abs. 4 EGV.

 

Abs. 8 stellt für das gesamte Verfahren des Aushandelns und Abschlusses von Übereinkünften die Regel der Entscheidung des Rates mit qualifizierter Mehrheit auf. Einstimmigkeit ist in Anlehnung an Art. 300 Abs. 2 UAbs. 3 EGV nur erforderlich, wenn die Übereinkunft einen Bereich betrifft, in dem für den Er­lass eines Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie dann, wenn es um Asso­ziierungsabkommen und - als neuer Fall - um die Übereinkünfte betreffend wirtschaftliche, finanzielle und technische Zusammenarbeit gemäß Art. III-319 mit beitrittswilligen Staaten geht. Zu beachten sind - trotz fehlenden Querverweises an dieser Stelle - auch die in Art. III-315 Abs. 4 als lex specialis für bestimmte Handelsabkommen vorgesehenen Fälle der einstimmigen Entscheidung des Rates.

 

Abs. 9 betrifft in Anlehnung an Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV die Entscheidungen über die Aussetzung der Anwendung einer Übereinkunft und die Festlegung der Standpunkte der Union in Staatengemeinschaftsorganen (mit Ausnahme der Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens), die mit den Übereinkünften der Union geschaffen werden. Mangels anders lautender Festlegung gilt für solche Beschlüsse des Rates gemäß Art. I-23 Abs. 3 die allgemeine Regel der qualifizierten Mehrheit. Aufgrund des leicht veränderten Wortlauts und der systematischen Stellung dieses Absatzes im Verhältnis zu Abs. 8 gilt die qualifizierte Mehrheit somit auch für die Aussetzung von und die Standpunkte der Union bezüglich Übereinkünften, für deren Abschluss ansonsten Einstimmigkeit erforderlich ist (vgl. demgegenüber Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV „Abweichend von Abs. 3 gelten diese Verfahren  auch ...“ Gemeint ist also, dass die jeweils erforderliche qualifizierte Mehrheit oder aber Einstimmigkeit zur Anwendung kommt). Betrifft die Übereinkunft die GASP, handelt der Rat auf Vorschlag des Außenministers der Union.

 

Die Verpflichtung zur unverzüglichen und umfassenden Unterrichtung des Europäischen Parlaments wird mit Abs. 10 angesichts der Ausweitung seiner Mitwirkungsbefugnisse gegenüber Art. 300 Abs. 2 UAbs. 3 folgerichtig auf alle Phasen des Verfahrens ausgedehnt.

 

Abs. 11 übernimmt die in Art. 300 Abs. 6 EGV verankerte Möglichkeit der Einholung eines Gutachtens des EuGH über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit der Verfassung, welche damit inhaltlich auf den gesamten Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ausgeweitet wird. Betreffend Übereinkünfte, die ausschließlich oder überwiegend die GASP betreffen, erscheint die Zuständigkeit des EuGH für Gutachten infolge des Art. III-376 fraglich. Die Folgen eines negativen EuGH-Gutachtens bleiben unverändert (Erfordernis der vorherigen Anpassung des Primärrechts).

 

In Erklärung Nr. 25 zu Art. III-325 - die der Erklärung Nr. 4 zum Vertrag von Amsterdam entspricht - bestätigt die Regierungskonferenz, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen Organisationen in den Bereichen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3, 4 und 5 - d.h. betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - aushandeln und schließen können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.

 

Zu Art. III-326:

Diese Bestimmung enthält als lex specialis gegenüber Art. III-325 teilweise abweichende Verfahrensregelungen betreffend Wechselkursvereinbarungen für den Euro gegenüber den Währungen von Drittländern, allgemeine Orientierungen für die Wechselkurspolitik gegenüber bestimmten Drittwährungen, denen gegenüber kein Wechselskurssystem im Sinne des Abs. 1 des gegenständlichen Artikels besteht, sowie Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen mit einem oder mehreren Drittländern. Die Abs. 1 bis 3 des gegenständlichen Artikels entsprechen inhaltlich Art. 111 Abs. 1 bis 3 EGV, es werden lediglich die aus formalen Gründen notwendigen redaktionellen Anpassungen an die neuen Rechtsinstrumente und Verfahren der Verfassung vorgenommen. Abs. 4 (Wahrung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten) entspricht Art. 100 Abs. 5 EGV.

 

Gemäß Art. III-197 Abs. 4 gilt für die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit auf der Basis von Art. III-326 die am Beginn (vor Art. III-177) von Titel III, Kapitel II („Wirtschafts- und Währungspolitik“) erläuterte – in Bereichen, in denen nur Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind, zur Anwendung gelangende - „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten Mehrheit.

 

 

KAPITEL VII

Beziehungen der Union zu Internationalen Organisationen
und Drittländern und
Delegationen der Union

 

Dieses Kapitel trägt der Abschaffung der Säulenstruktur Rechnung und entwickelt in den Art. 302, 303 und 304 EGV sowie in den Art. 19 und 20 EUV enthaltene Elemente weiter. Diese werden zu für den gesamten Bereich des auswärtigen Handelns der Union gültigen, einheitlichen Bestimmungen über die Außenbeziehungen und die Außenvertretung der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen.

 

Zu Artikel III-327:

Gemäß Abs.1 führt die Union jede zweckdienliche Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, wobei in Ergänzung zu den in den Art. 302, 303 und 304 EGV speziell angeführten Organisationen auch die OSZE explizit genannt wird.

 

Gemäß Abs. 2 obliegt die Durchführung dieses Artikels dem Außenminister der Union und der Kommission entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten in den Bereichen des auswärtigen Handelns.

 

Zu Artikel III-328:

Abs.1 schafft erstmals eine Grundlage für die Einrichtung von Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen, die die Vertretung der Union sicher zu stellen haben.

 

Gemäß Abs. 2 sind diese Delegationen der Leitung des Außenministers der Union unterstellt und arbeiten eng mit den konsularischen und diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten zusammen.

 

Bislang gibt es im Rahmen der EU/EG über 120 Delegationen der Kommission und zwei Verbindungsbüros des Ratssekretariats. Art. III-328 ermöglicht die Umwandlung bzw. Zusammenlegung dieser Vertretungsbehörden zu einheitlichen Delegationen der Union.

Art.III-306 bestimmt Aufgaben der Delegationen der Union im Rahmen der GASP. Aus dem Wortlaut von Art. III-328 und dessen systematischer Einordnung in ein eigenes auf den gesamten Titel V über das auswärtige Handeln bezogenes Kapitel ergibt sich allerdings, dass sich der Aufgabenbereich der Delegationen nicht auf die GASP beschränken soll.

 

 

KAPITEL VIII

Anwendung der Solidaritätsklausel

 

Zu Artikel III-329 EUV:

Diese Bestimmung regelt die Einzelheiten der Anwendung der in Art. I-43 enthaltenen Solidaritätsklausel.

 

Nach Abs. 1 findet die Solidaritätsklausel für den Fall Anwendung, dass ein Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer von Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist. Zur Festlegung der Unterstützungsmaßnahmen, die von den politischen Organen des betroffenen Mitgliedsstaates angefordert werden, sprechen sich die Mitgliedsstaaten im Rat ab.

 

Abs. 2 sieht vor, dass der Rat über die Einzelheiten der Anwendung der Solidaritätsklausel nach Art I-43 aufgrund eines gemeinsamen Vorschlags von Außenminister und Kommission einen Europäischen Beschluss fasst. Hat dieser Beschluss Auswirkungen im Bereich der Verteidigung, entscheidet der Rat nach Art. III-300 (einstimmig, konstruktive Enthaltung vorgesehen). Der Rat wird unbeschadet des Art. III-344 (Ausschuss der Ständigen Vertreter) vom PSK, das auf die Strukturen des GSVP zurückgreift, sowie vom Ausschuss nach Art. III-261 (Ständiger Ausschuss zur Förderung und Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit) unterstützt.

 

Abs. 3 ordnet die regelmäßige Einschätzung der Bedrohungslage durch den Europäischen Rat an, um ein effizientes Tätigwerden der Union und der Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

 

TITEL VI

Arbeitsweise der Union

KAPITEL I

Institutionelle Bestimmungen

Abschnitt 1

Die Organe

Unterabschnitt 1

Das Europäische Parlament

 

In diesen Unterabschnitt werden die in den Art. 190 bis Art. 201 EGV enthaltenen institutionellen Detailbestimmungen zum Europäischen Parlament aufgenommen, soweit diese nicht schon in Art. I-20 Berücksichtigung finden.

 

Zu Artikel III-330:

Abs. 1 entspricht Art. 190 Abs. 4 EGV (Rechtsgrundlage für den „EP-Direktwahlakt“), wobei als Rechtsaktform das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz vorgesehen wird. Zur Geltung des EP-Direktwahlaktes siehe Art. 2 des Protokolls Nr. 33.

 

Abs. 2 entspricht Art. 190 Abs. 5 EGV (Rechtsgrundlage für ein Statut der Abgeordneten zum Europäischen Parlament), wobei als Rechtsaktsform das Europäische Gesetz vorgesehen wird.

 

Zu Artikel III-331:

Dieser Artikel entspricht Art. 191 Abs. 2 EGV über das Verfahren, gemäß dem die Regelungen für die politischen Parteien auf europäischer Ebene festgelegt werden, dessen Abs. 1 in Art. I-46 Abs. 4 in den Verfassungsvertrag übernommen wird. Als Rechtsaktsform wird das Europäische Gesetz vorgesehen.

 

Zu Artikel III-332:

Art. 192 Abs. 2 EGV wird inhaltlich unverändert übernommen. Neu hinzu kommt eine Begründungspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament, wenn die Kommission einer Aufforderung des Europäischen Parlaments zur Vorlage eines geeigneten Vorschlags nicht nachkommt.

 

Zu Artikel III-333:

Art. 193 EGV betreffend nichtständige Untersuchungsausschüsse wird hinsichtlich seiner materiellen Bestimmungen unverändert übernommen. Die formale Festlegung der Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechtes erfolgt durch ein Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments, das der Zustimmung des Rates und der Kommission bedarf, während der EGV die Festlegung „im gegenseitigen Einvernehmen“ der drei Organe vorsieht.

 

Zu Artikel III-334:

Die Einzelheiten des in Art. I-10 Abs. 2 lit. d verbrieften Petitionsrechts der Unionsbürgerinnen und -bürger an das Europäische Parlament werden entsprechend Art. 194 EGV festgelegt.

 

Zu Artikel III-335:

Die materiellen und formalen Detailbestimmungen zu den grundlegenden Bestimmungen über den Europäischen Bürgerbeauftragten in Art. I-49 und Art. I-10 Abs. 2 lit. d werden entsprechend Art. 195 EGV festgelegt. Im Einklang mit der Formulierung in Art. I-49 heißt es, dass der Bürgerbeauftragte vom Europäischen Parlament gewählt wird, während er gemäß EGV vom Europäischen Parlament ernannt wird. De facto bedingt dies allerdings keine Änderung im Bestellungsverfahren, da in beiden Fällen die Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Europäischen Parlament erforderlich ist.

 

Zu Artikel III-336:

Art. 196 EGV betreffend die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments wird unverändert übernommen.

 

Zu Artikel III-337:

Art. 197 Abs. 2 bis 4 betreffend die Beziehungen von Rat und Kommission zum Europäischen Parlament und Art. 200 EGV betreffend den jährlichen Gesamtbericht der Kommission werden zusammengefasst übernommen. Ergänzt wird, dass auch der Europäische Rat nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung vom Europäischen Parlament gehört wird.

 

Zu Artikel III-338:

Art. 198 EGV betreffend das reguläre Beschlussfassungsquorum im Europäischen Parlament wird inhaltlich unverändert übernommen.

 

Zu Artikel III-339:

Art. 199 EGV betreffend die Geschäftsordnung und die Verhandlungsniederschriften des Europäischen Parlaments wird inhaltlich unverändert übernommen.

 

Zu Artikel III-340:

Art. 201 EGV betreffend Misstrauensanträge des Europäischen Parlaments gegenüber der Kommission wird übernommen. Ergänzt wird, dass bei Annahme des Misstrauensantrages durch das Europäische Parlament auch der Außenminister der Union sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt niederlegt.

 

Unterabschnitt 2

Der Europäische Rat

 

Zu Artikel III-341:

Diese neue Bestimmung ergänzt Art. I-21 in Hinblick auf Verfahrensbestimmungen, die den Europäischen Rat als Organ betreffen.

 

Nach Abs. 1 kann sich – entsprechend der Regelung im Ministerrat (siehe unten Art. III-343 Abs. 1 und Artikel 206 EGV) – jedes Mitglied des Europäischen Rates das Stimmrecht von höchstens einem anderen Mitglied übertragen lassen. Aus Art. I-25 Abs. 4 ergibt sich, dass nur den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten Stimmrecht zukommt.

 

Der 2. Satz des Abs. 1 normiert, dass Stimmenthaltungen von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern dem Zustandekommen von Beschlüssen des Europäischen Rates, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegenstehen. Auch diese Bestimmung ist den Vorschriften des Ministerrates nachgebildet (siehe Art. III-343 Abs. 3).

 

Abs. 2 normiert die bestehende Praxis, dass zu Beginn jeder Tagung der Präsident des Europäischen Parlaments gehört werden kann.

 

Aus Abs. 3 ergibt sich, dass der Europäische Rat seine eigene Geschäftsordnung erlässt. Diese nimmt er, ebenso wie Beschlüsse zu Verfahrensfragen, entsprechend der Regelung für den Ministerrat (siehe Art. III-344 Abs. 3), mit einfacher Mehrheit an.

 

Abs. 4 bestimmt, dass der Europäische Rat durch das Generalsekretariat des Rates (siehe Art. III-344 Abs. 2) unterstützt wird und keine eigene administrative Einheit beigestellt bekommt.

 

Unterabschnitt 3

Der Ministerrat

 

Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art. I-23 bis I-25.

 

Zu Artikel III-342:

Diese Bestimmung entspricht Art. 204 EGV.

 

Zu Artikel III-343:

Abs. 1 entspricht Art. 206 EGV.

 

Abs. 2 bringt eine wichtige Änderung: Während der Rat nach Art. 205 Abs. 1 EGV immer dann mit einfacher Mehrheit beschließt, wenn im EGV nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat nach Art. III-343 Abs. 2 nur mehr dann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder, wenn nach der Rechtsgrundlage ausdrücklich Beschlussfassung des Rates mit einfacher Mehrheit erforderlich ist. Nach Art. I-23 Abs. 3 beschließt der Rat immer dann mit qualifizierter Mehrheit, wenn in der Verfassung nichts anderes festgelegt ist.

 

Abs. 3 entspricht Art. 205 Abs. 3 EGV.

 

Zu Artikel III-344:

Diese Vorschrift entspricht weitgehend Art. 207 EGV. Während Abs. 1 die korrespondierende Bestimmung des EGV wörtlich übernimmt, finden sich in den Abs. 2 und 3 Anpassungen an den neuen Verfassungsvertrag.

 

Die in Abs. 2 des Art. 207 EGV enthaltene Bestimmung, wonach der Generalsekretär des Rates in Personalunion auch Hoher Vertreter für die GASP ist, wird im Hinblick auf die Einrichtung des Amtes des Europäischen Außenministers (siehe Art. I-28) gestrichen. Hinsichtlich der Organisation des Ratssekretariates, das wieder einem eigenständigen Generalsekretär untersteht, entscheidet der Rat mit einfacher Mehrheit.

 

Ebenfalls gekürzt wird Abs. 3. Die Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten und die Vorschriften über die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse sowie von Erklärungen zur Stimmabgabe konnten im Hinblick auf Art. I-23 Abs. 6 und Art. I-50 (Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union – siehe oben) gestrichen. Abs. 3 ist nunmehr mit Art. III-341 Abs.  3 betreffend den Europäischen Rat identisch. Der Rat entscheidet über den Erlass seiner Geschäftsordnung und über Verfahrensfragen mit einfacher Mehrheit.

 

Zu Artikel III-345:

Der 1. Satz dieser Bestimmung entspricht Art. 208 EGV. Der 2. – neu angefügte – Satz normiert eine Begründungspflicht der Kommission für die Fälle, in denen sie der Aufforderung des Rates zur Ergreifung einer Initiative nicht nachkommt.

 

Zu Artikel III-346:

Die Bestimmung entspricht Art. 209 EGV. Die ausdrückliche Erwähnung, dass der Rat mit einfacher Mehrheit beschließt, ist keine inhaltliche Neuerung, war jedoch erforderlich, da jede andere Form der Beschlussfassung als die der qualifizierten Mehrheit ausdrücklich in der Verfassung angeführt werden muss.

 

Unterabschnitt 4

Die Europäische Kommission

 

Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art. I-26 und Art. I-27.

 

Zu Artikel III-347:

Diese Bestimmung entspricht Art. 213 Abs. 2 EGV.

 

Zu Artikel III-348:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 215 EGV. Neu ist die Rücktrittbestimmung für den Europäischen Außenminister und die Mitwirkungsbefugnisse des Kommissionspräsidenten bei der Ernennung bzw. Nicht-Ernennung von Ersatzmitgliedern sowie das Anhörungsrecht des Europäischen Parlaments bei der Ernennung eines Ersatzmitglieds.

 

Zu Artikel III-349:

Diese Bestimmung entspricht Art. 216 EGV. Die ausdrückliche Erwähnung, dass der Rat mit einfacher Mehrheit beschließt, ist keine inhaltliche Neuerung, war jedoch erforderlich, da jede andere Form der Beschlussfassung als die der qualifizierten Mehrheit ausdrücklich in der Verfassung angeführt werden muss (vgl. Erläuterungen zu I-23 Abs. 3).

 

Zu Artikel III-350:

Diese Bestimmung entspricht Art. 217 Abs. 2 EGV.

 

Zu Artikel III-351:

Diese Bestimmung entspricht Art. 219 Abs. 1 EGV.

 

Zu Artikel III-352:

Abs. 1 entspricht Art. 218 Abs. 2 EGV. Abs. 2 entspricht Art. 212 EGV.

 

Unterabschnitt 5

Der Gerichtshof der Europäischen Union

 

Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen den Art. I-29.

 

Zu Artikel III-353:

Art. III-353 hinsichtlich der Spruchkörper, in denen der Gerichtshof (EuGH) tagt, entspricht Art. 221 Abs. 2 und 3 EGV.

 

Zu Artikel III-354:

Die Regelung betreffend Ernennung und Aufgaben der Generalanwälte am EuGH entspricht Art. 222 EGV.

 

Zu Artikel III-355:

Die Ernennungsvoraussetzungen und -verfahren für Richter und Generalanwälte des Gerichtshofs bleiben gegenüber Art. 223 EGV mit Ausnahme der Einschaltung des Ausschusses gemäß Art. III-357 unverändert. Gleiches gilt für die Vorschriften über die regelmäßige Teilerneuerung, die Wahl des Präsidenten des EuGH und die Verfahrensordnung.

 

Zu Artikel III-356:

Die Ernennungsvoraussetzungen und -verfahren für Richter und Generalanwälte des Gerichts bleiben gegenüber Art. 224 EGV mit Ausnahme der Einschaltung des Ausschusses gemäß Art. III-357 unverändert. Gleiches gilt für die Vorschriften über die regelmäßige Teilerneuerung, die Wahl des Präsidenten des EuGI, die Verfahrensordnung und - mangels anders lautender Regelung in der Satzung - die subsidiäre Geltung der den Gerichtshof betreffenden Bestimmungen der Verfassung auch für das Gericht.

 

Zu Artikel III-357:

Zwecks Objektivierung der Besetzung von Richter- und Generalanwaltsposten am Gerichtshof und am Gericht wird erstmals ein Ausschuss eingerichtet, der die Aufgabe hat, vor einer Ernennung durch die Regierungen der Mitgliedstaaten gemäß Art. III-355 und III-356 eine Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für die Ausübung des Amts eines Richters oder Generalanwalts beim Gerichtshof oder beim Gericht abzugeben.

Der Ausschuss setzt sich aus sieben Persönlichkeiten zusammen, die aus dem Kreis ehemaliger Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts, der Mitglieder der höchsten einzelstaatlichen Gerichte und der Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung ausgewählt werden, von denen einer vom Europäischen Parlament vorgeschlagen wird. Der Rat legt mit Europäischem Beschluss die Vorschriften für die Arbeitsweise des Ausschusses fest und nimmt die Ernennung der Mitglieder dieses Ausschusses mit Europäischem Beschluss vor. Dabei handelt der Rat jeweils auf Initiative des Präsidenten des Gerichtshofs.

 

Zu Artikel III-358:

Hinsichtlich der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem „Gerichtshof“ und dem „Gericht“ übernimmt der Verfassungsvertrag in Art. III-358 Abs. 1 den Wortlaut von Art. 225 EGV und nimmt somit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage vor. Auch die Vorschriften über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts bleiben unverändert.

Ebenfalls unverändert bleiben die Vorschriften des Abs. 2 über die Zuständigkeit des Gerichts für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Fachgerichte, des Abs. 3 betreffend Zuständigkeit für Vorabentscheidungsverfahren nach Maßgabe der EuGH-Satzung sowie die jeweilige außerordentliche Überprüfungsmöglichkeit der in den Abs. 2 und 3 genannten Entscheidungen des Gerichts durch den Gerichtshof.

 

Zu Artikel III-359:

Diese Bestimmung zur Möglichkeit der Einrichtung von „Fachgerichten“ durch Europäisches Gesetz (bisher „gerichtliche Kammern“ genannt, wobei der Rat derzeit mit einstimmigem Beschluss entscheidet und dem Europäischen Parlament nur ein Anhörungsrecht zusteht) entspricht Art. 225a EGV, auch hinsichtlich der in den einzelnen Absätzen geregelten Einzelheiten. Abs. 6 letzter Satz präzisiert, dass Titel I („Die Richter und die Generalanwälte“) sowie Art. 64 (Sprachenregelung) der EuGH-Satzung jedenfalls für die Fachgerichte gelten, wodurch diesbezügliche Sonderregelungen ausgeschlossen sind.

 

Zu Artikel III-360:

Diese Bestimmung entspricht Art. 226 EGV (durch die Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren).

 

Zu Artikel III-361:

Diese Bestimmung entspricht Art. 227 EGV (durch einen Mitgliedstaat gegen einen anderen Mitgliedstaat eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren).

 

Zu Artikel III-362:

Abs. 1 (Folgen einer durch den EuGH getroffenen Feststellung einer Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats) entspricht Art. 228 Abs. 1 EGV.

Auf ausdrücklichen Wunsch der Kommission in der Regierungskonferenz wird der Kommission in Abs. 2 jedoch mangels geeigneter Maßnahmen des betreffenden Mitgliedstaats zur Umsetzung eines EuGH-Urteils nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, den EuGH bereits nach nur einmaliger Gelegenheit des Mitgliedstaats zur Äußerung erneut anzurufen und direkt die Höhe des Pauschalbetrags oder des Zwangsgelds für den Fall einer neuerlichen Verurteilung anzugeben. Bisher war auch das einem verurteilenden Erkenntnis des EuGH folgende Vorverfahren zweistufig (Mahnschreiben und begründete Stellungnahme; letztere kann in Hinkunft entfallen).

In Abs. 3 wird in Ergänzung und  unter Verschärfung der bisherigen Regelung außerdem für den Fall der Vertragsverletzungsklage der Kommission gegen einen Mitgliedstaat wegen Nichtmitteilung von Maßnahmen zur Umsetzung eines Europäischen Rahmengesetzes vorgesehen, dass die Kommission - sofern sie dies für zweckmäßig hält - bereits im Rahmen des ursprünglichen Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. III-360 einen den Umständen angemessenen Pauschalbetrag oder ein ebensolches Zwangsgeld benennen kann. Bei Verurteilung durch den EuGH gilt ab dem im Urteil festgelegten Zeitpunkt die vom EuGH festgelegte Zahlungsverpflichtung bis zu der von der Kommission beantragten Höhe. Ein zweites Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung eines ersten verurteilenden Erkenntnisses des EuGH ist in solchen Fällen der Nichtumsetzung daher nicht mehr erforderlich.

 

Zu Artikel III-363:

Diese Bestimmung entspricht Art. 229 EGV (Möglichkeit, durch Europäische Gesetze oder Verordnungen des Rates dem Unionsorgan „Gerichtshof der Europäischen Union“ eine Zuständigkeit zu übertragen, die die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung der in ihnen vorgesehenen Sanktionen umfasst).

 

Zu Artikel III-364:

Diese Bestimmung entspricht weitgehend Art. 229a EGV (Möglichkeit der Übertragung der Zuständigkeit an das Unionsorgan „Gerichtshof der Europäischen Union“ für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung von Unionsrechtsakten, mit denen europäische Rechtstitel für das geistige Eigentum geschaffen werden). Anstelle eines einstimmigen Ratsbeschlusses nach Anhörung des Europäischen Parlaments ist hiefür allerdings jetzt das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Weiters ist – anders als nach Art. 229a EGV – für das Inkrafttreten einer solchen Zuständigkeitsübertragung dessen Annahme durch die Mitgliedstaaten gem. ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften nicht mehr erforderlich.

 

Zu Artikel III-365:

Art. III-365 entspricht weitgehend Art. 230 EGV (Zuständigkeit des EuGH für Nichtigkeitsklagen gegen die in Abs. 1 bezeichneten Unionsrechtsakte). Infolge der Einrichtung des Europäischen Rates als ordentliches Unionsorgan finden sich auch dessen Handlungen mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten unter den anfechtbaren Rechtsakten. Neu ist auch die ausdrückliche Einbeziehung der Handlungen der Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber Dritten. Diesbezüglich ermöglicht der neu eingefügte Abs. 5 die Festlegung besonderer Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von natürlichen und juristischen Personen gegen die Handlungen solcher Einrichtungen und Stellen in den jeweiligen Gründungsrechtsakten.

Die in Abs. 2 genannten privilegierten, weil ohne weitere Erfordernisse (vgl. Abs. 3 und 4), aktiv Klagslegitimierten und die Gründe, auf die eine Nichtigkeitsklage gestützt werden kann, werden von Art. 230 Abs. 2 EGV unverändert übernommen.

Abs. 3 enthält gegenüber Art. 230 Abs. 3 EGV unverändert die Klagslegitimation der EZB und des Rechnungshofs zur Wahrung ihrer Rechte und verleiht erstmals dem Ausschuss der Regionen diese Befugnis.

Abs. 4 enthält die Bedingungen, unter denen natürliche oder juristische Personen Nichtigkeitsklage gegen Unionsrechtsakte erheben können. Gegenüber Art. 230 Abs. 4 EGV werden diese Bedingungen erleichtert: In Zukunft kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben. Für Rechtsakte mit Verordnungscharakter entfällt somit in Hinkunft eine von zwei Bedingungen, die "individuelle Betroffenheit". Einzelpersonen müssen daher nicht mehr - wie bislang - ein durch besondere Eigenschaften oder Umstände "hervorgehobener" Adressat eines Rechtsaktes mit Verordnungscharakter sein. Es genügt, dass sie zum allgemein umschriebenen Kreis der Betroffenen zählen, denen unmittelbar durch den angefochtenen Rechtsakt Verpflichtungen auferlegt werden.

Die Frist für die Einbringung einer Nichtigkeitsklage bleibt in Abs. 6 bei zwei Monaten.

 

Gemäß Art. 8 des Protokolls Nr. 2 können die Mitgliedstaaten und der Ausschuss der Regionen in den Fällen,  in denen seine Anhörung vorgeschrieben ist, Klagen wegen Verstoßes eines Europäischen Gesetzgebungsaktes gegen das Subsidiaritätsprinzip nach Maßgabe des Art. III-365 erheben.

 

Zu Artikel III-366:

Diese Bestimmung entspricht Art. 231 EGV, sieht nunmehr aber die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Rechtswirkungen eines vom EuGH aufgehobenen Rechtsakts ausdrücklich für sämtliche Rechtsakte (bisher nur „Verordnungen“) vor.

 

Zu Artikel III-367:

Diese Bestimmung entspricht weitgehend Art. 232 EGV (Zuständigkeit des EuGH für Untätigkeitsklagen gegen die in Abs. 1 bezeichneten Unionsorgane), denen jedoch in Parallelität zu Art. III-365 der Europäische Rat sowie die Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union hinzugefügt werden.

 

Zu Artikel III-368:

Diese Bestimmung entspricht Art. 233 EGV (Folgen einer durch den EuGH getroffenen Feststellung der Nichtigkeit einer Handlung oder Verfassungswidrigkeit einer Untätigkeit eines Unionsorgans, einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union).

 

Zu Artikel III-369:

Diese Bestimmung entspricht weitgehend Art. 234 EGV (Zuständigkeit des EuGH für Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung der Verfassung oder die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union).

Der neue Abs. 4 trägt der Ausweitung der materiellen Zuständigkeit des EuGH in Sachen Justiz und Inneres Rechnung und betrifft Vorabentscheidungsersuchen einzelstaatlicher Gerichte zu Fragen in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person betrifft. Diesbezüglich wird angeordnet, dass der Gerichtshof innerhalb kürzester Zeit entscheidet.

 

Zu Artikel III-370:

Diese Bestimmung entspricht Art. 235 EGV (Schadenersatzverfahren).

 

Zu Artikel III-371:

Dieser neue Artikel ersetzt Art. 46 lit. e EUV und verankert den Rechtsschutz im Rahmen des Sanktionsverfahrens gemäß Art. I-59, den ein von einer Feststellung des Europäischen Rates oder des Rates betroffener Mitgliedstaat genießt. Der Gerichtshof ist auf Antrag des betroffenen Mitgliedstaats für Entscheidungen über die Rechtmäßigkeit eines nach Artikel I-59 erlassenen Rechtsakts des Europäischen Rates oder des Rates und lediglich im Hinblick auf die Einhaltung der in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrensbestimmungen zuständig. Der Antrag muss binnen eines Monats nach der jeweiligen Feststellung gestellt werden. Der Gerichtshof entscheidet binnen eines Monats nach Antragstellung.

 

Zu Artikel III-372:

Diese Bestimmung entspricht Art. 236 EGV (EuGH-Zuständigkeit in Dienstrechtsstreitigkeiten).

 

Zu Artikel III-373:

Diese Bestimmung entspricht Art. 237 EGV (Streitsachen im Zusammenhang mit der Europäischen Investitionsbank und den Verpflichtungen der nationalen Zentralbanken und der Satzung des ESZB).

 

Zu Artikel III-374:

Diese Bestimmung entspricht Art. 238 EGV (EuGH-Zuständigkeit in Streitsachen auf der Grundlage einer Schiedsklausel).

 

Zu Artikel III-375:

Art. III-375  betrifft diverse Zuständigkeiten des Gerichtshofs der Europäischen Union und deren Abgrenzung. Abs. 1 entspricht Art. 240 EGV, Abs. 2 entspricht Art. 292 EGV, Abs. 3 entspricht Art. 239 EGV.

 

Zu Artikel III-376:

Dieser neue Artikel enthält die Abgrenzung der Zuständigkeiten des Gerichtshofs der Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Gemäß Abs. 1 fallen nicht in die Zuständigkeit des EuGH die Art. I-40 und I-41 sowie der Teil III Titel V Kapitel II (Art. III-294 bis III-313) und die GASP-relevanten Aspekte derjenigen Europäischen Beschlüsse, mit denen der Europäische Rat gemäß Art. III-293 die strategischen Interessen und Ziele des auswärtigen Handelns der Union festlegt. Für ausdrücklich zuständig erklärt wird der EuGH jedoch gemäß Abs. 2 für die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Europäischen Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage des GASP-Kapitels erlassen hat (Art. III-322) und die gemäß Art. III-365 Abs. 4 erhoben werden, sowie für die Kontrolle der Einhaltung der sogenannten „Unberührtheitsklausel“ (vgl. Art. III-308).

 

Zu Artikel III-377:

In den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und polizeiliche Zusammenarbeit bleibt, entsprechend Art. 35 Abs. 5 EUV, die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit von der Zuständigkeit des EuGH ausgenommen.

 

Zu Artikel III-378:

Diese Bestimmung entspricht Art. 241 EGV (inzidente Normenkontrolle), berücksichtigt jedoch die in Art. III-365 vorgenommenen Änderungen und weitet entsprechend der geltenden Rechtsprechung des EuGH die Einrede der Unanwendbarkeit auf die Rechtmäßigkeit eines von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung aus.

 

Zu Artikel III-379:

Diese Bestimmung entspricht Art. 242 und 243 EGV (aufschiebende Wirkung von Klagen und Möglichkeit des Treffens einstweiliger Anordnungen).

 

Zu Artikel III-380:

Diese Bestimmung entspricht Art. 244 EGV (Vollstreckbarkeit der Urteile des EuGH).

 

Zu Artikel III-381:

Dieser Art. III-381 entspricht weitgehend Art. 245 EGV. Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union wird in einem Protokoll festgelegt (Protokoll Nr. 3 zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union). Mit Ausnahme ihres Titels I („Die Richter und die Generalanwälte“) und ihres Art. 64 (Sprachenregelung), für deren Änderung eine formelle Verfassungsänderung erforderlich ist, erfolgt die Änderung der Satzung durch Europäisches Gesetz, welches entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission oder auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs erlassen wird (vgl. Art III-433 hinsichtlich der allgemeinen Sprachenregelung). Derzeit sieht Art. 245 EGV für Änderungen der Satzung mit Ausnahme des Titels I einen einstimmigen Ratsbeschluss vor.

 

Unterabschnitt 6

Die Europäische Zentralbank

 

Die institutionellen Detailbestimmungen in diesem Unterabschnitt ergänzen Art. I-30.

 

Zu Artikel III-382:

Dieser Artikel ersetzt Art. 112 EGV. Die wesentliche Neuerung in dieser Bestimmung betrifft die Ernennung der Mitglieder des EZB-Direktoriums mit qualifizierter Mehrheit (siehe Abs. 2)

Gemäß Art. 4 des Protokolls Nr. 13 gilt dieser Artikel nicht für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland.

 

Abs. 1 entspricht Art. 112 Abs. 1 EGV, wobei hinsichtlich der Zusammensetzung des EZB-Rates durch die Ergänzung der Wortfolge „der Mitgliedstaaten, für die keine Ausnahmeregelung im Sinne des III-197 gilt“ präzisiert wird, dass diesem neben den Mitgliedern des Direktoriums der EZB nur die Präsidenten der nationalen Zentralbanken der Eurozone angehören. Es handelt sich dabei nur um eine Klarstellung, da sich dies bislang schon aus Art. 122 Abs. 3 letzter Satz EGV in Verbindung mit den Art. 43.4 und 10.1 der Satzung des ESZB ergibt.

 

Abs. 2 erster UAbs. betreffend die Zusammensetzung des EZB-Direktoriums entspricht Art. 112 Abs. 2 lit. a EGV.

Gemäß dem zweiten UAbs. erfolgt die Ernennung der Mitglieder des EZB-Direktoriums durch den Europäischen Rat nunmehr mit qualifizierter Mehrheit, während in Art. 112 Abs.2 lit. b dafür eine einvernehmliche Ernennung von den Regierungen der Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs vorsieht. Gemäß Art. III-197 Abs. 4 gilt in diesem Fall die am Beginn (vor Art. III-177) von Titel III, Kapitel II („Wirtschafts- und Währungspolitik“) erläuterte – in Bereichen, in denen nur Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind, zur Anwendung gelangende - „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten Mehrheit.

Der dritte und vierte UAbs. werden unverändert aus dem genannten Artikel des EGV übernommen.

 

Zu Artikel III-383:

Dieser Artikel entspricht Art. 113 EGV.

 

Unterabschnitt 7

Der Rechnungshof

 

Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art. I-31.

 

Zu Artikel III-384:

Dieser Artikel entspricht  Art. 248 EGV, wobei durch die Ergänzung der Wortfolge „ und jeder sonstigen Stelle der Union“ in Abs. 1 und 3 klar gestellt wird, dass sich die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes grundsätzlich auf den gesamten Rahmen der Organe, Institutionen, Einrichtungen und Stellen der Union erstreckt. Die Ermächtigung, im Wege sekundärrechtlicher Einrichtungsakte diesbezügliche Ausnahmeregelungen vorzusehen, bleibt gemäß Abs. 1 bestehen.

 

Zu Artikel III-385:

Dieser Artikel entspricht Art. 247 Abs. 2 bis 7 EGV.

 

Art. 247 Abs. 4 UAbs. 1 EGV betreffend die Unabhängigkeit der Mitglieder des Rechnungshofs wird in Art. I-31 Abs. 3 übernommen.

 

Die bislang in Art. 247 Abs. 8 EGV enthaltene Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Beschäftigungsbedingungen und insbesondere der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter des Präsidenten und der Mitglieder des Rechnungshofes durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit wird in Art. III-400 Abs. 1 lit. b (vgl. dortige Erläuterungen) verschoben. Verfahrensrechtlich ergibt sich dadurch keine Änderung.

Der bislang in Art. 247 Abs. 9 EGV enthaltene Verweis auf die Geltung gewisser Bestimmungen des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der EG für die Mitglieder des Rechnungshofes entfällt, da durch eine entsprechende Ergänzung in Art. 20 des „Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union“ die Art. 11 bis 14 und Art. 17 dieses Protokolls auch auf die Mitglieder des Rechnungshofes Anwendung finden (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 7).

 

Abschnitt 2

Die Beratenden Einrichtungen der Union

 

Die Bestimmungen dieses Abschnitts ergänzen Art. I-32.

 

Unterabschnitt 1

Der Ausschuss der Regionen

 

Zu III-386 bis Artikel III-388:

Diese Artikel enthalten – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – folgende Änderungen gegenüber den Art. 263 bis 265 EGV:

 

-       Gemäß Art. III-386 Abs. 1 wird die Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen in einem vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen Beschluss festgelegt. Dieser Beschluss hat den in Art. I-32 Abs. 2 dargelegten Auflagen Rechnung zu tragen: Die Mitglieder des Ausschusses haben Vertreter regionaler und lokaler Gebietskörperschaften zu sein, die dort entweder über ein auf Wahlen beruhendes Mandat verfügen oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch verantwortlich sind. Gemäß Art. I-32 Abs. 5 ist vom Rat ferner regelmäßig zu überprüfen, ob die Zusammensetzung des Ausschusses der wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Entwicklung der Union entspricht.

-       Im Unterschied zu Art. 263 EGV wird in den Bestimmungen von Teil I und Teil III des Verfassungsvertrags keine konkrete Aufteilung der Mitglieder des Ausschusses auf die Mitgliedstaaten vorgenommen. Bis zum Inkrafttreten eines Beschlusses gemäß Art. III-386 ist daher die Zusammensetzung des Ausschusses in Art. 6 des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ entsprechend der in Art. 263 EGV (in der Fassung des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 der EU beigetretenen Staaten) festgelegten Aufteilung zwischen den Mitgliedstaaten geregelt.

-       Die Amtsperiode der Mitglieder des Ausschusses wird in Art. III-386 auf fünf Jahre – gegenüber vier Jahren in Art. 263 EGV – ausgedehnt. Dementsprechend wird die Amtszeit des Präsidenten sowie des Präsidiums gemäß Art. III-387 auf zweieinhalb Jahre – gegenüber zwei Jahren in Art. 264 EGV – verlängert.

-       Hinsichtlich der Einberufung des Ausschusses sowie hinsichtlich seiner Beziehungen zu den Organen der EU wird in Art. III-387 und III-388 auch jeweils das Europäische Parlament ausdrücklich genannt.

 

Unterabschnitt 2

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss

 

Zu Artikel III-389 bis Artikel III-392:

Diese Artikel enthalten – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – folgende Änderungen gegenüber den Art. 257 bis 262 EGV:

 

-       Gemäß Art. III-389 Abs. 1 wird die Zusammensetzung des WSA in einem vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen Beschluss festgelegt. Dieser Beschluss hat den in Art. I-32 Abs. 3 dargelegten Auflagen Rechnung zu tragen: Die Mitglieder des Ausschusses sind Vertreter der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie andere Vertreter der Zivilgesellschaft, insbesondere aus dem sozialen, wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem beruflichen und dem kulturellen Bereich. Gemäß Art. I-32 Abs. 5 ist vom Rat ferner regelmäßig zu überprüfen, ob die Zusammensetzung des Ausschusses der wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Entwicklung der Union entspricht.

Im Unterschied zu Art. 258 EGV wird in den Bestimmungen von Teil I und Teil III des Verfassungsvertrags keine konkrete Aufteilung der Mitglieder des Ausschusses auf die Mitgliedstaaten vorgenommen. Bis zum Inkrafttreten eines Beschlusses gemäß Art. III-389 ist daher die Zusammensetzung des Ausschusses in Art. 7 des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ entsprechend der in Art. 258 EGV (in der Fassung des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 der EU beigetretenen Staaten) festgelegten Aufteilung zwischen den Mitgliedstaaten geregelt.

 

-       Die Amtsperiode der Mitglieder des Ausschusses wird in Art. III-390 auf fünf Jahre – gegenüber vier Jahren in Art. 259 EGV – ausgedehnt. Dementsprechend wird die Amtszeit des Präsidenten sowie des Präsidiums gemäß Art. III-391 auf zweieinhalb Jahre – gegenüber zwei Jahren in Art. 260 EGV - verlängert.

 

-       Hinsichtlich der Einberufung des Ausschusses sowie hinsichtlich seiner Beziehungen zu den Organen der EU wird in Art. III-391 und III-392 auch jeweils das Europäische Parlament ausdrücklich genannt.

 

Abschnitt 3

Die Europäische Investitionsbank

 

Zu Artikel III-393:

Der Artikel entspricht Art. 266 EGV, wobei die Verfahrensregelung zur Änderung der im Protokoll Nr. 5 festgelegten Satzung der Europäischen Investitionsbank vereinfacht wird.

Änderungen der Satzung können nunmehr generell durch vom Rat einstimmig zu erlassende Europäische Gesetze erfolgen. Das Erfordernis der Ratifikation, das gemäß EGV für alle nicht die Art. 4, 11 und 12 und Art. 18 Abs. 5 betreffenden Änderungen der Satzung vorgesehen war, entfällt. Hinsichtlich der Antrags- und Anhörungsrechte betreffend solche Europäische Gesetze gibt es keine Änderungen.

 

Zu Artikel III-394:

Der Artikel entspricht Art. 267 EGV.

 

Abschnitt 4

Gemeinsame Bestimmungen für die Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der U
nion

 

Zu Artikel III-395:

Diese Bestimmung legt entsprechend Art. 250 EGV fest, dass der Rat Vorschläge der Kommission nur einstimmig abändern kann, wenn aufgrund des Verfassungsvertrages ein Vorschlagsrecht der Kommission vorgeschrieben ist. Die Ausnahmen von diesem Grundsatz sind aufgezählt: Zusätzlich zu den Ausnahmen des EGV (Art. III-396 Abs. 10 und 13 entspricht Art. 251 Abs. 4 und 5 EGV, er betrifft das Verfahren im Vermittlungsausschuss) sind die Art. I-55 und I-56, III-404 sowie III-405 Abs. 2 (der mehrjährige Finanzrahmen und der Haushaltsplan der Union) genannt.

 

In allen anderen Fällen kann der Rat von Vorschlägen der Kommission nur einstimmig abweichen. Für Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze und Europäische Rahmengesetz) gilt automatisch das Vorschlagsrecht der Kommission, es sei denn, die Verfassung sieht ausdrücklich etwas anderes vor (vgl. Art. I-34 Abs. 1 und 3).

 

Abs. 2 (Änderungsrecht der Kommission bezüglich ihrer Vorschläge) entspricht Art. 250 Abs. 2 EGV.

 

Zu Artikel III-396:

Dieser Artikel definiert das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, das für Gesetzgebungsakte zur Anwendung gelangt, wenn die Verfassung nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht (vgl. Art. I-34 Abs. 1).

 

Die Bestimmungen über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren entsprechen Art. 251 EGV – über das Mitentscheidungsverfahren – mit geringfügigen Änderungen:

 

Bei der Unterteilung des Verfahrens wird nunmehr erstmals ausdrücklich von „Lesungen“ gesprochen.

Dem Europäischen Parlament kommt schon bei der ersten Lesung die Stellung eines Mitgesetzgebers zu. Im Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EGV gibt das Europäische Parlament in der ersten Phase des Gesetzgebungsverfahrens lediglich eine Stellungnahme ab, wonach der Rat den Rechtsakt erlässt, wenn er alle Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments billigt oder das Europäische Parlament keine Änderungen vorgeschlagen hat. Dagegen ist in der ersten Lesung des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens der Standpunkt des europäischen Parlaments eines von zwei Elementen (neben dem diesen billigenden Standpunkt des Rates), die notwendig sind, damit ein Rechtsakt als erlassen gilt. Der Standpunkt des Europäischen Parlaments ist damit schon in der ersten Lesung Teil der Entscheidungsphase. Klargestellt wird mit der neuen Präsentation auch, dass das europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren immer als erster befasst wird. Allerdings handelt es sich hierbei um keine materielle Änderung der Regeln des Mitentscheidungsverfahrens.

 

Außerdem ist Abs. 15 den Fällen angepasst, in denen der Kommission kein (ausschließliches) Vorschlagsrecht zukommt. Werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nicht auf Vorschlag der Kommission, sondern auf Initiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so finden gewisse Elemente des Verfahrens keine Anwendung (Abs. 2 – Vorschlag der Kommission; Abs. 6, Satz 2 – Unterrichtung des Europäischen Parlaments über den Standpunkt der Kommission und Abs. 9 – Änderungen durch den Rat mittels einstimmigen Beschluss, wenn die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat).

 

Zu Artikel III-397:

Diese Bestimmung ist teilweise neu, kodifiziert jedoch nur bestehende Praxis. Der erste Satz ist Art. 218 Abs. 1 EGV nachempfunden; die Institutionen Parlament, Rat und die Kommission beraten sich demnach und regeln einvernehmlich die Einzelheiten ihrer Zusammenarbeit.

 

Gemäß dem zweiten Satz können diese Organe zu diesem Zweck, unter Wahrung der Verfassung, interinstitutionelle Vereinbarungen schließen: Damit wird die Praxis der interinstitutionellen Vereinbarungen primärrechtlich verankert und diesen entsprechend der Rechtssprechung des EuGH Bindungswirkung zuerkannt (vgl. Erklärung Nr. 3 betreffend Art. 10 EGV zum Vertrag von Nizza).

 

Zu Artikel III-398:

Diese neue Bestimmung definiert die Verwaltung der Union, welche die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen bei der Ausübung ihrer Aufgaben unterstützt, als offen, unabhängig und effizient. Um diesen Grundsätzen gerecht zu werden, können Regelungen durch Europäische Gesetze erlassen werden. Die so erlassenen Bestimmungen haben das Statut der Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten (Art. III-427) zu beachten.

 

Zu Artikel III-399:

Diese Bestimmung ergänzt und präzisiert Art. I-50 über die Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Betreffend den Zugang zu Dokumenten ist sie Art. 255 EGV nachempfunden, erstreckt sich jedoch – wie Art. I-50 – auf alle Organe, Einrichtungen und Stellen, und nicht nur auf das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission.

 

Allerdings werden der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und die Europäische Investitionsbank aus dem Anwendungsbereich des Artikels bzw. des Art. I-50 Abs. 3 ausgenommen, außer, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen: Auf diese Organe sind die allgemeinen Grundsätze des Rechts auf Zugang zu Dokumenten nicht übertragbar.

 

Abs. 2 stellt eine wichtige Ergänzung zu Art. I-50 dar, da klargestellt wird, dass nicht nur die Tagungen des Europäischen Parlaments bzw. die Beratungen und Abstimmungen über Gesetzgebungsakte im Rat öffentlich sind, sondern auch die zum Gesetzgebungsverfahren gehörigen Dokumente öffentlich zugänglich zu sein haben. Rechtsgrundlage für Maßnahmen in Hinblick auf das Recht auf Zugang zu Dokumenten ist Art. I-50.

 

Zu Artikel III-400:

Dieser Artikel fügt die Bestimmungen von Art. 210 EGV mit denjenigen von Art. 247 Abs. 8 und Art. 258 letzter Satz EGV inhaltlich unverändert zusammen und schafft somit eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Festlegung der Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter der höchstrangigen Funktionsträger der Union. Als Rechtsakte sind Europäische Verordnungen und Beschlüsse vorgesehen, die – wie bislang – vom Rat mit qualifizierter Mehrheit erlassen werden.

 

In Abs.1 lit. a werden den bereits in Art. 210 EGV genannten Funktionsträgern der Generalsekretär des Rates und die durch den Verfassungsvertrag neu geschaffenen Funktionsträger Präsident des Europäischen Rates und Außenminister der Union hinzugefügt.

 

Abs. 1 lit. b ersetzt Art. 247 Abs. 8 EGV und fügt den Präsidenten sowie die Mitglieder des Rechnungshofes hinzu.

 

Abs. 2 ersetzt den letzten Satz von Art. 258 EGV und schließt die Vergütungen für die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses in den Anwendungsbereich von Art. III-400 ein.

 

Zu Artikel III-401:

Dieser Artikel übernimmt Art. 256 EGV inhaltlich unverändert. Er wird lediglich den strengeren sprachlichen Vorgaben des Verfassungsvertrags angepasst.

 

KAPITEL II

Finanzvorschriften

Abschnitt 1

Der mehrjährige Finanzrahmen

 

Zu Artikel III-402:

Die Bestimmung zum Mehrjährigen Finanzrahmen ist neu und ergänzt Art. I-55.

 

Abs. 1 bestimmt, dass der Zeitraum, auf den sich der Finanzrahmen erstreckt, mindestens fünf Jahre umfasst.

 

Gemäß Abs. 2 werden im Finanzrahmen die jährlichen Obergrenzen der Mittel für Verpflichtungen für eine begrenzte Zahl von Ausgabenkategorien, die den Haupttätigkeitsbereichen der Union entsprechen, sowie die jährlichen Obergrenze der Mittel für Zahlungen festgelegt. Die Veranschlagung in Form von Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen wird somit primärrechtlich verankert. Entsprechend Art. I-55 muss bei der Festsetzung der Obergrenzen im Finanzrahmen die Obergrenze der Eigenmittel eingehalten werden.

 

Abs. 3 normiert, dass der Finanzrahmen auch alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des jährlichen Haushaltsverfahrens sachdienlichen Bestimmungen enthält. Damit wird auf eng mit der Durchführung des Finanzrahmens zusammenhängende Regelungen Bezug genommen, die sich bereits bislang in interinstitutionellen Vereinbarungen betreffend die Finanzielle Vorausschau finden.

 

Abs. 4 sieht Regelungen für den Fall vor, dass das Europäische Gesetz über einen neuen mehrjährigen Finanzrahmen nicht rechtzeitig vor dem Ablauf des vorhergehenden Finanzrahmens erlassen wird: In diesem Falle werden die Obergrenzen des letzten Jahres des vorangegangenen Finanzrahmens fortgeschrieben. Eine analoge Bestimmung ist in der derzeitigen Interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanziellen Vorausschau (2000-2006) enthalten.

In der Erklärung Nr.26 zu Art. III-402 Abs. 4 wird festgehalten, dass ab 2007 die Mittelzuweisung auf der Grundlage gleicher Kriterien für alle Mitgliedstaaten erfolgen wird, auch wenn der Rat bis 2006 kein Europäisches Gesetz zur Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat und der Beitrittsvertrag mit den zehn am 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten einen Zeitraum für die schrittweise Einführung der Zuweisung von Mitteln an die neuen Mitgliedstaaten vorsieht.

 

Abs. 5 verpflichtet die Organe Europäisches Parlament, Rat und Kommission alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit das Verfahren zur Annahme des Finanzrahmens erfolgreich abgeschlossen wird. Auf diese Weise werden die Organe ermutigt, die Praxis informeller interinstitutioneller Verhandlungen im Rahmen des Beschlussfassungsverfahrens beizubehalten.

 

Abschnitt 2

Der Jahreshaushaltsplan der Union

 

Zu Artikel III-403:

Dieser Artikel entspricht Art. 272 Abs. 1 EGV.

 

Zu Artikel III-404:

Dieser Artikel ersetzt Art. 272 Abs. 2 bis 10 und legt das Verfahren zur Annahme des Europäischen Gesetzes über den jährlichen Haushaltsplan, auf das in Art. I-56 verwiesen wird, in neuer Weise fest. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem EGV ist die Aufhebung der Verfahrensunterschiede zwischen den obligatorischen Ausgaben mit Letztentscheidungsrecht des Rates und den nicht-obligatorischen Ausgaben mit Letztentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments. Für die Annahme des gesamten Haushalts wird ein einheitliches, gestrafftes Mitentscheidungsverfahren eigener Art vorgesehen, in dem das Europäische Parlament und der Rat zu einer Einigung kommen müssen. Dabei wird dem Europäischen Parlament nur für den Fall, dass ein im Vermittlungsausschuss mit dem Rat bereits erzielter Komprommiss in der Folge vom Rat einseitig abgelehnt wird, ein Letztentscheidungsrecht zugebilligt.

Wesentlich für das neue Verfahren ist die Verstärkung des Grundsatzes der Haushaltsdisziplin durch die Verankerung des mehrjährigen Finanzrahmens in den Art. I-55 und III-402 und die Aufnahme des Grundsatzes, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission dafür Sorge zu tragen haben, dass die Union über die Finanzmittel verfügt, die erforderlich sind, um ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten nachzukommen, in Art. III-413.

 

Abs.1 entspricht Art. 272 Abs. 2 EGV mit der terminologischen Änderung, dass die Kommission einen „Entwurf“ anstatt eines „Vorentwurfs“ erstellt.

 

Gemäß Abs. 2 legt die Kommission sowohl dem Europäischen Parlament als auch dem Rat spätestens bis 1. September des dem entsprechenden Haushaltsjahr vorangehenden Jahres einen Vorschlag mit dem Haushaltsentwurf vor. Dies bedeutet eine Straffung und Vereinheitlichung des Vorlagetermins, der in Art. 272 Abs. 3 EGV zwar für den Rat schon mit 1.September, für das Europäische Parlament aber erst mit 5. Oktober festgesetzt wird. Obgleich klar gestellt wird, dass es sich bei dem Entwurf des Haushaltsplanes um einen Vorschlag der Kommission handelt, den diese bis zur Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Abs. 5 abändern kann, gilt gemäß Art. III-395 Abs. 1 im Rahmen des gesamten jährlichen Haushaltsverfahrens nicht die generelle Regel, dass der Rat Vorschläge der Kommission nur einstimmig abändern kann.

 

Gemäß Abs. 3 leitet der Rat bis zum 1. Oktober des dem entsprechenden Haushaltsjahr vorangehenden Jahres seinen mit Begründungen versehenen Standpunkt zum Entwurf des Haushaltsplanes dem Europäischen Parlament zu.

 

Abs. 4 sieht für das weitere Verfahren drei Möglichkeiten vor:

 

-       Billigt das Europäische Parlament den Standpunkt des Rates oder fasst es keinen Beschluss, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes als erlassen.

-       Nimmt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an und werden diese zur Gänze innerhalb von zehn Tagen vom Rat gebilligt, so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes als erlassen.

-       Nimmt das Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an und werden diese nicht zur Gänze innerhalb von zehn Tagen vom Rat gebilligt, so berufen der Präsident des Europäischen Parlaments und der Präsident des Rates im Einvernehmen den Vermittlungsausschuss ein.

 

Abs. 5 führt den Vermittlungsausschuss erstmals primärrechtlich in das Haushaltsverfahren ein.

Der Vermittlungsausschuss im Haushaltsverfahren besteht genauso wie im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (vgl. Art. III-396 Abs.10) aus den Vertretern aller Mitglieder des Rates und einer gleichen Anzahl von Vertretern des Europäischen Parlamentes. Gleichlautend übernommen wird auch die Bestimmung des Art. III-396 Abs. 11, wonach die Kommission an allen Arbeiten des Vermittlungsausschusses teilnimmt und alle erforderlichen Initiativen ergreift, um eine Annäherung der Standpunkte von Europäischem Parlament und Rat zu bewirken.

Im Unterschied zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren wird dem Vermittlungsausschuss jedoch nur 21 Tage – und nicht sechs Wochen – ab seiner Einberufung Zeit gegeben, um eine Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen. Außerdem ist zu solch einer Einigung seitens des Europäischen Parlaments die Mehrheit der dieses vertretenden Mitglieder – und nicht nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen – erforderlich. Seitens des Rates bedarf es – gleich wie im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren – der qualifizierten Mehrheit seiner Mitglieder.

Unabhängig von der Einberufung des Vermittlungsausschusses im formalen Verfahren, wird auch die Fortsetzung des informellen Trilogs in Haushaltsfragen in Art. III-414 (siehe dortige Erläuterungen) primärrechtlich verankert.

 

Abs. 6 beschränkt den Zeitraum, innerhalb dessen das Europäische Parlament und der Rat die im Vermittlungsausschuss erzielte Einigung billigen müssen, auf 14 Tage.

 

Abs. 7 sieht für den Fall, dass im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt wird, im Wesentlichen folgende Möglichkeiten für den Fortgang des Verfahrens vor:

 

-       Wird das Ergebnis des Vermittlungsausschusses entweder von Europäischem Parlament (mit der Mehrheit seiner Mitglieder) und Rat (mit qualifizierter Mehrheit) oder nur vom Europäischen Parlament (mit der Mehrheit seiner Mitglieder) abgelehnt, so muss die Kommission einen neuen Haushaltsvorschlag unterbreiten.

-       Wenn jedoch der Rat ablehnt, das Europäische Parlament aber zustimmt, kann das Europäische Parlament binnen 14 Tagen seine gemäß Abs. 4 angenommenen Abänderungsvorschläge mit der Mehrheit seiner Mitglieder und 60% der abgegebenen Stimmen zur Gänze oder teilweise bestätigen. Bestätigt das Europäische Parlament einzelne seiner früheren Abänderungsvorschläge nicht mit diesem erhöhten Quorum, so wird für die entsprechenden Haushaltsposten der im Vermittlungsausschuss vereinbarte Standpunkt übernommen. Sodann gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes auf dieser Grundlage für erlassen.

 

Abs. 8 regelt den Fall, dass es im Vermittlungsausschuss zu keiner Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat kommt: Die Kommission muss dann einen neuen Vorschlag für den strittigen Jahreshaushalt vorlegen.

 

Gemäß Abs. 9 obliegt es dem Präsidenten des Europäischen Parlaments nach Abschluss des Haushaltsverfahrens festzustellen, dass das entsprechende Europäische Gesetz endgültig erlassen ist.

 

Abs. 10 entspricht Art. 272 Abs. 10 EGV mit redaktionellen Anpassungen: „Jedes Organ übt die ihm aufgrund dieses Artikels zufallenden Befugnisse unter Wahrung der Verfassung und der Rechtsakte aus, die auf der Grundlage der Verfassung insbesondere im Bereich der Eigenmittel der Union und des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben erlassen wurden.“

 

Zu Artikel III-405 :

Dieser Artikel ersetzt Art. 273 EGV und regelt die Vorgangsweise für den Fall das zu Beginn eines Jahres noch kein Europäisches Gesetz zur Festlegung des Jahreshaushalts erlassen wurde.

 

Abs. 1 übernimmt das  „System der vorläufigen Zwölftel“ aus dem EGV, wobei die Verfahrensunterschiede, die sich aus der Unterscheidung von obligatorischen und nicht-obligatorischen Ausgaben ergeben, wegfallen.

 

Abs. 2 sieht ein einheitliches Verfahren für Europäische Beschlüsse vor, mit denen über ein Zwölftel des Betrages im entsprechenden Haushaltskapitels des vorangegangen Jahres hinausgehende Ausgaben genehmigt werden können. Die Überschreitung kann vom Rat auf Vorschlag der Kommission genehmigt werden, wobei das Europäische Parlament binnen 30 Tagen die vom Rat vorgeschlagenen Ausgaben kürzen kann. Bei den erforderlichen einnahmenseitigen Maßnahmen, die vom Rat im Rahmen des Europäischen Beschlusses erlassen werden, kommt dem Europäischen Parlament hingegen kein Änderungsrecht zu.

 

Zu Artikel III-406:

Dieser Artikel entspricht Art. 271 Abs. 2 bis 4.

Neu ist die Erwähnung des Europäischen Rates, dessen Ausgaben allerdings zusammen mit dem Rat in einem Kapitel aufscheinen, da der Europäische Rat gemäß Art. III-341 Abs. 4 vom Generalsekretariat des Rates unterstützt wird und somit über keine eigenen Verwaltungsstrukturen verfügt.

 

Abschnitt 3

Ausführung des Haushaltsplans und Entlastung

 

Zu Artikel III-407:

Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 274 EGV mit redaktionellen Anpassungen.

 

Zu Artikel III-408:

Diese Bestimmung übernimmt Art. 275 EGV und fügt diesem einen zweiten Absatz hinzu, der die Kommission verpflichtet, den Haushaltsbehörden Europäisches Parlament und Rat einen Evaluierungsbericht zu den Finanzen der Union vorzulegen.

 

Zu Artikel III-409:

Der Artikel entspricht Art. 276 EGV mit redaktionellen Anpassungen.

 

 

Abschnitt 4

Gemeinsame Bestimmungen

 

Zu Artikel III-410:

Der Artikel entspricht  Art 277 EGV, wobei der Euro als Währung für den mehrjährigen Finanzrahmen und den Jahreshaushaltsplan festgelegt wird, was bislang nur in der Haushaltsordnung geregelt ist.

 

Zu Artikel III-411:

Der Artikel entspricht Art. 278 EGV.

 

Zu Artikel III-412:

Abs. 1 entspricht materiell Art.  279 Abs. 1 EGV, wobei formal als Rechtsaktform für die Haushaltsordnung und Kontrollvorschriften Europäische Gesetze vorgesehen werden, die gemäß Abs. 3 ab 1.Jänner 2007 im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Der Rechnungshof ist anzuhören. Bis zu diesem Zeitpunkt beschließt der Rat noch einstimmig. Der Zeitpunkt für den Übergang zur Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit wird unverändert aus dem EGV übernommen. Neu ist, dass das Europäische Parlament – bereits ab Inkrafttreten des Verfassungsvertrags – das Mitentscheidungs- anstelle des bloßen Anhörungsrechtes erhält.

 

Abs. 2 entspricht materiell Art. 279 Abs. 2, wobei als Rechtsaktform für die Festlegung der „Einzelheiten und des Verfahrens“ vom Rat auf Vorschlag der Kommission, nach Anhörung des Europäische Parlament und des Rechnungshofs, zu erlassende Europäische Verordnungen vorgesehen werden. Ab 1. Jänner 2007 beschließt der Rat auch diese Verordnungen gemäß Abs. 3 mit qualifizierter Mehrheit.

 

Zu Artikel III-413:

Durch diesen neuen Artikel wird die Verpflichtung der am Haushaltsverfahren beteiligten Organe festgestellt, der Union die Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, die sie benötigt, um ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten nachzukommen. Damit wird der Abschaffung der Unterscheidung zwischen obligatorischen und nicht-obligatorischen Ausgaben Rechnung getragen. Der Ausdruck „Dritte“ bezeichnet nicht nur Drittstaaten, sondern auch natürliche und juristische Personen, gegenüber denen die Union rechtliche Verpflichtungen eingegangen ist.

 

Zu Artikel III-414:

Mit dieser Bestimmung  werden die in der Praxis bestehenden informellen Verhandlungs- und Konzertierungsverfahren im Rahmen der Haushaltsverfahren primärrechtlich verankert. Schon bislang ist zur informellen Konzertierung der Standpunkte im Haushaltsverfahren in Anhang III der „Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des Haushaltsverfahrens“ vom 6. Mai 1999 ein Trilog zwischen den drei Organen vorgesehen.

Der Trilog, zu dem die Präsidenten der drei Organe (Europäisches Parlament, Rat und Kommission) zusammenkommen wird in Art. III-414 in flexibler Form verankert. Der Kommission kommt die Aufgabe zu, den Trilog einzuberufen, wenn dies angemessen erscheint, um Fortschritte bei den Haushaltsverfahren (Jahreshaushalt gem. Art III-404 und mehrjähriger Finanzrahmen gem. Art III-402) zu erzielen.

 

Abschnitt 5

Betrugsbekämpfung

 

Zu Artikel III-415:

Der Artikel entspricht Art. 280 EGV mit folgenden Änderungen:

 

In Abs. 1 wird ergänzt, dass die Maßnahmen nicht nur in den Mitgliedstaaten, sondern auch „in den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“ auf effektiven Schutz abzielen.

 

Abs. 4 sieht als Gesetzgebungsakte für Schutzmaßnahmen Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vor. Die Unberührtheitsklausel in Art. 280 Abs. 4 EGV hinsichtlich der Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und ihrer Strafrechtspflege entfällt, d.h. dass auch solche Aspekte im Rahmen der Ermächtigungen dieses Artikels von der Union geregelt werden können.

 

 

KAPITEL III

Verstärkte Zusammenarbeit

 

In diesem Kapitel finden sich die Detailbestimmungen zu Art. I-44 über die verstärkte Zusammenarbeit (vZ).

Hinsichtlich der vZ betreffend den Schengen–Besitzstand ist das Protokoll Nr. 17 zu beachten.

 

Zu Artikel III-416:

Der Artikel ergänzt die in Art. I-44 genannten Bedingungen für eine vZ, wobei im Wesentlichen Bestimmungen aus Art.43 lit. b, e und f EUV zusammengefasst übernommen werden.

Eine vZ

-       muss die Verfassung und das Recht der Union wahren;

-       darf weder den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union beeinträchtigen;

-       darf für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten kein Hindernis und keine Diskriminierung darstellen und

-       darf nicht zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen.

Die neue Hinzufügung des Attributs „territorialen“ vor Zusammenhalt erfolgt in Übereinstimmung mit der Ergänzung dieses Attributs in den Art. III-220 ff (siehe dortige Erläuterungen).

 

Zu Artikel III-417:

Dieser Artikel betreffend das Verhältnis zwischen den an einer vZ beteiligten und den daran nicht beteiligten Mitgliedstaaten fasst Art. 43 lit. h EUV und den letzten Satz von Art. 44 Abs. 2 EUV in einer Bestimmung zusammen:

-       Eine vZ muss die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der an ihr nicht beteiligten Mitgliedstaaten achten.

-       Die an der v Z nicht beteiligten Mitgliedstaaten dürfen der Durchführung der vZ durch die an ihr beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege stehen.

 

Zu Artikel III-418:

In diesem Artikel wird die in Art. I-44 Abs. 1 UAbs. 2 postulierte Offenheit und Inklusivität der vZ spezifiziert, indem die diesbezüglichen Bestimmungen von Art. 43b EUV präzisiert und ausgebaut werden.

 

Gemäß Abs. 1 können alle Mitgliedstaaten an einer neu begründeten vZ teilnehmen, wenn sie die objektiven Teilnahmevoraussetzungen, die im Ermächtigungsbeschluss (entsprechend Art. III-419) festgelegt werden können, erfüllen. Mitgliedstaaten, die sich einer v Z zu einem späteren Zeitpunkt anschließen wollen, müssen sowohl die im Ermächtigungsbeschluss allenfalls festgelegten Voraussetzungen erfüllen als auch die im Rahmen der entsprechenden vZ bereits erlassenen Rechtsakte beachten.

Außerdem müssen sich sowohl die Kommission als auch die an einer vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten um die Förderung der Teilnahme möglichst vieler Mitgliedstaaten bemühen.

 

Die in Abs. 2 festgelegte Verpflichtung der Kommission bzw. des Außenministers der Union, das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Entwicklung einer vZ zu informieren, wird neu eingeführt.

 

Zu Artikel III-419:

Dieser Artikel enthält die Detailbestimmungen zu Art. I-44 Abs. 2 betreffend das Verfahren zur Ermächtigung für die Begründung einer vZ. An die Stelle von bislang drei unterschiedlichen Verfahrensbestimmungen für die Erste Säule in Art. 11 EGV, für die Zweite Säule (GASP) in Art. 27c EUV und für die Dritte Säule in Art. 40a EUV tritt ein einheitliches Ermächtigungsverfahren, wobei allerdings für den Bereich der GASP (einschließlich der GSVP) weiterhin Sonderbestimmungen vorgesehen werden.

 

Abs. 1 legt das allgemeine Ermächtigungsverfahren fest, von dem nur die GASP ausgenommen wird. Erwähnt wird auch nochmals, dass dieses Verfahren nicht in Bereichen einer ausschließlichen Zuständigkeit der Union zur Anwendung kommen kann, in denen die Begründung einer vZ gemäß Art. I-44 Abs. 1 UAbs. 1 gar nicht zulässig ist.

Das bislang für die Erste Säule gültige Verfahren für die Ermächtigung zur Begründung einer vZ  (Art. 11 EGV) wird somit auf den Bereich justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation (Dritte Säule) ausgedehnt, wobei das Vorschlagsrecht – auf Ersuchen der die vZ begründen wollenden Mitgliedstaaten – generell nur noch bei der Kommission liegt (in der derzeitigen Dritten Säule können gemäß Art. 40a EUV auch mindestens acht Mitgliedstaaten die Initiative ergreifen), die Annahme des Ermächtigungsbeschlusses – wie bisher – durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit erfolgt und das Europäische Parlament ein generelles Zustimmungsrecht (das bislang nur für Bereiche gilt, in denen das Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung kommt) erhält. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so muss sie dies – wie schon bislang – gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten begründen.

 

Abs. 2 legt die Sonderbestimmungen für das Ermächtigungsverfahren im Bereich der GASP fest. Diese Verfahrensbestimmungen folgen den bislang in Art. 27c EUV für die GASP vorgesehenen Regelungen, wobei der neu geschaffene Außenminister der Union in das Verfahren einbezogen wird. Der Antrag der Mitgliedstaaten, die eine vZ begründen wollen, ist an den Rat zu richten. Zu diesem Antrag haben der Außenminister der Union hinsichtlich der Kohärenz der vZ mit der GASP und die Kommission hinsichtlich der Kohärenz der v Z mit der Unionspolitik in anderen Bereichen Stellung zu nehmen. Das Europäische Parlament wird vom Antrag unterrichtet. Der Ermächtigungsbeschluss wird vom Rat einstimmig gefasst.

 

Zu Artikel III-420:

In diesem Artikel wird das Verfahren geregelt, gemäß dem sich Mitgliedstaaten einer vZ zu einem späteren Zeitpunkt anschließen können. Auch dieses „Anschließungsverfahren“ wird in Anlehnung an Art. 11a EGV für die Bereiche der derzeitigen Ersten und Dritten Säule vereinheitlicht, während für die GASP Sonderbestimmungen in Anlehnung an Art. 27e EUV bestehen bleiben.

 

In Abs.1 wird das „Anschließungsverfahren“ für alle Bereiche, ausgenommen die GASP, geregelt. Ein anschließungswilliger Mitgliedstaat hat seine Absicht Rat und Kommission mitzuteilen. Dies entspricht Art. 11a EGV, das weitere Verfahren wird jedoch modifiziert, indem zusätzliche Sicherungen zugunsten anschließungswilliger Staaten eingebaut werden. Wie in Art. 11a EGV obliegt es der Kommission, binnen vier Monaten die Erfüllung aller notwendigen Aufnahmevoraussetzungen zu bestätigen und notwendige Übergangsmaßnahmen zu erlassen oder eine gegenteilige Auffassung kundzutun. Der Grundsatz der Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten wird aber noch dadurch betont, dass die Kommission bei einer ablehnenden Stellungnahme zu einer neuerlichen Prüfung innerhalb einer von ihr gesetzten Frist verpflichtet wird und beitrittswillige Staaten bei einer zweiten ablehnenden Stellungnahme der Kommission dennoch eine Ratsentscheidung beantragen können. In diesem Fall ist für einen Ratsbeschluss die qualifizierte Mehrheit der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten erforderlich.

 

Abs. 2 regelt das „Anschließungsverfahren“ für die GASP. Dabei ergeben sich im Vergleich zu dem in Art. 27e für die GASP festgelegten Verfahren unbeschadet des Grundsatzes der Offenheit Erschwernisse für die anschließungswilligen Mitgliedstaaten. Die Anschließungsabsicht ist neben dem Rat und der Kommission auch dem Außenminister der Union mitzuteilen. An Stelle der Kommission - wie bislang - ist der Außenminister anzuhören, bevor der Rat feststellt, ob die Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind. Diese Feststellung des Rates der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten ist an keine (viermonatige) Frist mehr gebunden und erfolgt einstimmig. Sieht der Rat die Teilnahmevoraussetzungen als nicht erfüllt an, so muss er allerdings nicht nur eine Frist für die erneute Prüfung des Antrags auf Teilnahme festlegen, sondern auch angeben, welche Schritte zur Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen notwendig sind – während im EUV nur die Begründung einer negativen Feststellung erforderlich ist.

 

Zu Artikel III-421:

Diese Bestimmung entspricht Art. 44 a EUV: Die sich aus der Durchführung einer vZ ergebenden Ausgaben, mit Ausnahme der Verwaltungskosten der Organe, sind von den beteiligten Mitgliedstaaten zu tragen. Davon Abweichendes kann nur von sämtlichen Ratsmitgliedern einstimmig nach Anhörung des Europäisches Parlament beschlossen werden.

 

Zu Artikel III-422:

Durch diese neue Bestimmung wird auch für die vZ – in Anlehnung an das für die gesamte Union konzipierte vereinfachte Änderungsverfahren in Art. IV-444 – eine „Passerelle“ eingeführt, die es erlaubt, dass durch einen einstimmigen Ratsbeschluss der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten in Bereichen, in denen der Verfassungsvertrag Einstimmigkeit vorsieht, zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen übergegangen werden kann.

 

Abs. 1 regelt die „Passerelle“ in oben angeführter Weise für nicht gesetzgebende Rechtsakte.

 

Abs. 2 regelt die „Passerelle“ in oben angeführter Weise für Gesetzgebungsakte. In diesem Fall erfolgt die einstimmige Beschlussfassung des Rates nach Anhörung des Europäisches Parlament.

 

Gemäß Abs. 3 gilt die in Abs.1 und Abs.2 festgelegte „Passerelle“ nicht für Beschlüsse mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen.

 

Zu Artikel III-423:

Durch diese Bestimmung - in die bislang in Art. 43 lit. b) und c) enthaltene Bedingungen einer vZ in geänderter Formulierung einfließen - werden der Rat und die Kommission verpflichtet, sicher zu stellen, dass die im Rahmen einer vZ durchgeführten Maßnahmen untereinander und mit der Politik der Union im Einklang stehen. Zu diesem Zweck arbeiten die beiden Organe entsprechend zusammen.

 

 

TITEL VII

Gemeinsame Bestimmungen

 

Zu Artikel III- 424:

Diese Bestimmung entspricht Art. 299 Abs. 2, UAbs. 2 und 3 EGV. Die namentliche Aufzählung der französischen überseeischen Departements ist eine rein formale Änderung. Die auch in Art. 299 Abs. 2, UAbs. 2, EGV vorgesehenen Maßnahmen können in Form von Europäischen Gesetzen, Rahmengesetzen, Verordnungen und Beschlüssen erfolgen. (Vgl. Art. IV-440 Abs. 2.)

 

Zu Artikel III-425:

Diese Bestimmung entspricht Art. 295 EGV.

 

Zu Artikel III-426:

Dieser Artikel entspricht Art. 282 EGV. In Ergänzung zu Art. 282 EGV wird festgehalten, dass die Union in Fragen, die das Funktionieren der einzelnen Organe betreffen, aufgrund von deren Verwaltungsautonomie von dem betreffenden Organ vertreten wird.

 

Zu Artikel III- 427:

Diese Bestimmung entspricht Art. 283 EGV. Im Unterschied zum EGV wird das Beamtenstatut nicht vom Rat allein, sondern gemeinsam mit dem Europäischen Parlament im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (mit Europäischem Gesetz) erlassen.

 

Zu Artikel III- 428:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 284 EGV. Im Gegensatz zu Art. 284 EGV wird jedoch präzisiert, dass der Rahmen, innerhalb dessen die Kommission Auskünfte einholen und Nachprüfungen vornehmen darf, vom Rat mit einfacher Mehrheit in einer Europäischen Verordnung festgelegt wird.

 

Zu Artikel III - 429:

Diese Bestimmung entspricht Art. 285 EGV. Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken werden durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetzen festgelegt.

 

Zu Artikel III - 430:

Diese Bestimmung entspricht Art. 287 EGV.

 

Zu Artikel III - 431:

Diese Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 288 EGV. Eine Änderung erfuhr lediglich UAbs. 3. Darin ist nunmehr aus Gründen der Rechtssicherheit und angesichts des Umstandes, dass die EZB nicht in der Liste der Organe (Art. I-19) aufscheint, geregelt, dass die EZB den durch sie oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, ersetzt.

 

Zu Artikel III - 432:

Diese Bestimmung entspricht Art. 289 EGV.

 

Zu Artikel III - 433:

Diese Bestimmung entspricht grundsätzlich Art 290 EGV, wird jedoch dahingehend präzisiert, dass die Regelung der Sprachenfrage in Form einer Europäischen Verordnung erfolgt.

 

Zu Artikel III- 434:

Diese Bestimmung entspricht Art. 291 EGV. Das Europäische Währungsinstitut wurde mittlerweile aufgelöst und findet deshalb keine Erwähnung mehr in diesem Artikel.

 

Zu Artikel III - 435:

Diese Bestimmung entspricht Art. 307 EGV.

 

Zu Artikel III - 436:

Diese Bestimmung entspricht Art. 296 EGV.

 

 

TEIL IV

ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

 

Zu Art. IV-437 (Aufhebung der früheren Verträge):

Mit Art. I-1 wird die Union neu gegründet. Das bestehende Primärrecht muss konsequenterweise formell aufgehoben werden. Die Bestimmungen der aufgehobenen Primärrechtsakte sind großteils – vereinfacht, neu geordnet und fallweise abgeändert – direkt in den Verfassungsvertrag eingearbeitet.

 

Aufgehoben werden gemäß Abs. 1 der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der Vertrag über die Europäische Union sowie weitere Primärrechtsakte zu ihrer Ergänzung oder Änderung, die im „Protokoll über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union“ genau bezeichnet sind (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 33). Abs. 1 gilt jedoch „vorbehaltlich des Absatzes 2“.

 

Abs. 2 ist eine Sonderregelung für die Beitrittsverträge. Diese werden zwar ebenfalls aufgehoben, sie enthalten jedoch weiterhin maßgebliche Bestimmungen, die anwendbar bleiben und die deshalb übernommen werden müssen. Zwei Protokolle – eines für die älteren Beitrittsverträge aus 1972, 1979, 1985 und 1994, eines für den Beitrittsvertrag 2003 – übernehmen diejenigen Bestimmungen, welche weiterhin in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkungen nach Maßgabe dieser Protokolle behalten (vgl. Erläuterungen zu den Protokollen Nr. 8 und 9).

 

Nicht von der Aufhebung betroffen ist der Euratom-Vertrag, der als selbständiger Vertrag mit eigener Rechtspersönlichkeit erhalten bleibt (vgl. Erläuterungen zum Protokoll Nr. 36).

 

Zu Art. IV-438 (Rechtsnachfolge und rechtliche Kontinuität):

Um die Kontinuität zwischen der EU bzw. der EG und der neu gegründeten Union zu wahren, enthält Art. IV-438 Bestimmungen zur Rechtsnachfolge und zur rechtlichen Kontinuität. Damit wird der Weiterbestand der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, die Weitergeltung des gesamten „acquis communautaire“ sowie die Kontinuität der administrativen und gerichtlichen Verfahren (Vertragsverletzungsverfahren, Beihilfeverfahren, Klagsverfahren usw.) sichergestellt. Ebenfalls gewährleistet ist, dass die Rechtsprechung des EuGH und des Europäischen Gerichts erster Instanz mutatis mutandis auch weiterhin maßgeblich für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer Bestimmungen des Verfassungsvertrags bleibt.

 

Abs. 1 bestimmt, dass die durch den Verfassungsvertrag geschaffene Europäische Union die Rechtsnachfolge der durch den Vertrag über die Europäische Union gegründeten Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft antritt; nicht von der Rechtsnachfolge betroffen ist die Europäische Atomgemeinschaft, deren eigenständige Rechtspersönlichkeit auf der Grundlage des weitergeltenden Euratom-Vertrags erhalten bleibt (vgl. Erläuterungen zum Protokoll Nr. 36).

 

Abs. 2 regelt die Kontinuität der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen (einschließlich der EU-Agenturen) der Union. Er bestimmt, dass die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen, welche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung bestehen, ihre Befugnisse so lange wahrnehmen, bis in Anwendung des Verfassungsvertrags neue Bestimmungen erlassen werden oder bis ihr Mandat endet. Ihre Zusammensetzung bleibt grundsätzlich unverändert, allerdings legt das „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ Sonderregeln für einige Organe fest (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 34). Die Organe, Einrichtungen und Stellen nehmen ihre Aufgaben nach Maßgabe des Verfassungsvertrags wahr, und nicht mehr gemäß dem aufgehobenen Primärrecht.

 

Abs. 3 bestimmt, dass die Sekundärrechtsakte, welche auf der Grundlage des aufgehobenen Primärrechts erlassen wurden, weiter gelten. Sie behalten so lange Rechtswirkung, bis sie in Anwendung dieses Vertrags aufgehoben, für nichtig erklärt oder geändert werden. Dies gilt auch für Übereinkommen, die auf der Grundlage der durch Artikel IV‑437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte zwischen Mitglied­staaten geschlossen wurden.

 

Ebenso soll nach Abs. 2, UAbs. 2, die Kontinuität der gesamten weiteren Teile des Besitzstands (des „acquis communautaire“, einschließlich des gesamten „soft law“), der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags gilt, gewahrt bleiben . Die einzelnen Teile des Besitzstands haben so lange weiter Bestand, bis sie aufgehoben oder geändert werden. Zum Besitzstand zählen auch die Erklärungen, die im Rahmen von Regierungskonferenzen abgegeben worden sind, u.a. die Erklärungen zu den Schlussakten der Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza.

 

Abs. 4 bestimmt, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz sinngemäß weiterhin maßgeblich bleibt für die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer Bestimmungen der Verfassung. Damit bleibt die Rechtsprechung des EuGH als wertvolle Quelle für die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts erhalten.

 

Gemäß Abs. 5 ist die Kontinuität der Gerichts- und Verwaltungsverfahren, die vor dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrags eingeleiteten wurden, gewährleistet. Dabei müssen jedoch die Bestimmungen des Verfassungsvertrags beachtet werden. Die für diese Verfahren verantwortlichen Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen haben alle hiefür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Gesetzgebungsverfahren sind von dieser Bestimmung nicht erfasst, sie beginnen mit Inkrafttreten auf der Grundlage der Bestimmungen der Verfassung neu zu laufen.

 

Zu Art. IV-439 (Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe):

Dieser Artikel verweist auf das „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“. In diesem Protokoll wurden die Übergangsbestimmungen betreffend die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, die Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat und die Zusammensetzung der Kommission, einschließlich des Außenministers der Union, die in den jeweils betroffenen Teilen des Konventsentwurfs enthalten waren, und andere Regeln, die in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Verfassung und dem Wirksamwerden aller Bestimmungen der Verfassung und der für ihre Anwendung erforderlichen Rechtsakte gelten, zusammengefasst.

 

Die Übergangsbestimmungen stellen Sonderregelungen im Verhältnis zu Art. IV-438 Abs. 2 dar (vgl. Erläuterungen zum Protokoll Nr. 34 bzw. zu den institutionellen Bestimmungen des Teils I).

 

Zu Art. IV-440 (Räumlicher Geltungsbereich):

Art. IV-440 bestimmt den räumlichen Geltungsbereich des Verfassungsvertrags, er entspricht Art. 299 EGV und enthält im Vergleich zu diesem eine wesentliche Veränderung:

 

Gemäß dem Abs. 7 kann der Europäische Rat auf Initiative des betroffenen Mitgliedstaats einen Europäischen Beschluss zur Änderung des Status von Gebieten in äußerster Randlage oder von überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten erlassen; der Europäische Rat beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission.

 

In Hinblick auf diesen Absatz kommen die Vertragsparteien in der Erklärung Nr. 28 zur Schlussakte überein, dass der Europäische Rat einen Europäischen Beschluss zur Änderung des Status von Mayotte gegenüber der Union erlassen wird, um dieses Gebiet zu einem Gebiet in äußerster Randlage im Sinne des Artikels IV-440 Abs. 2 und des Artikels III-424 zu machen, wenn die französischen Behörden dem Europäischen Rat und der Kommission mitteilen, dass die jüngste Entwicklung des internen Status der Insel dies gestattet.

 

Das Königreich der Niederlande erklärt in einer einseitigen Erklärung (Nr. 43), dass eine Initiative für einen Europäischen Beschluss nach Artikel IV-440 Absatz 7, die auf eine Änderung des Status der Niederländischen Antillen und/oder Arubas gegenüber der Union abzielt, nur auf der Grundlage eines Beschlusses vorgelegt wird, der im Einklang mit den Vorschriften des Königreichs der Niederlande gefasst worden ist.

 

Abs. 2 und 6 lit. b zählen die bisher im EGV als „französische überseeische Departements” (Art. 299 Abs. 2 EGV) bzw. „Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern“ (Art. 299 Abs. 6 lit. b EGV) bezeichneten Gebiete im Einzelnen auf, ohne dabei inhaltlich eine Veränderung zu bewirken.

 

Schließlich ist die Möglichkeit, Maßnahmen in Hinblick auf die Besonderheit der Gebiete in äußerster Randlage zu erlassen, im Gegensatz zu Art. 299 EGV nicht in dieser Bestimmung vorgesehen, sondern in Art. III-424.

 

Zu Art. IV-441 (Regionale Zusammenschlüsse):

Diese Bestimmung entspricht Art. 306 EGV und stellt klar, dass der Verfassungsvertrag dem Bestehen und der Durchführung der regionalen Zusammenschlüsse zwischen Belgien und Luxemburg sowie zwischen Belgien, Luxemburg und den Niederlanden nicht entgegensteht, sofern die Ziele dieser Zusammenschlüsse durch die Anwendung des Verfassungsvertrags nicht erreicht werden.

 

Zu Art. IV-442 (Protokolle und Anhänge):

Dieser Artikel bestimmt, dass die dem Verfassungsvertrag beigefügten Protokolle und Anhänge des Verfassungsvertrags Bestandteile dieses Vertrags sind. Er übernimmt in sprachlich vereinfachter Form Art. 311 EGV.

 

Zu Art. IV-443 (Ordentliches Änderungsverfahren):

Diese Bestimmung ersetzt Art. 48 EUV. Das im EUV vorgesehene Vertragsänderungsverfahren wird abgeändert, darüber hinaus sind zwei „vereinfachte Änderungsverfahren“ vorgesehen (vgl. Art. IV-444 und IV-445).

 

Abs. 1 ermöglicht neben den bisherigen Berechtigten (den Regierungen der Mitgliedstaaten bzw. der Europäischen Kommission) auch dem Europäischen Parlament, Vorschläge zur Änderung des Verfassungsvertrages zu unterbreiten. Solche Vorschläge werden dem Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis gebracht.

 

Abs. 2 stellt eine wesentliche Neuerung dar, da mit ihr die Konventmethode als Regelfall des Vertragsänderungsverfahrens etabliert wird. Der Präsident des Europäischen Rates beruft einen Konvent ein, wenn der Europäische Rat (mit einfacher Mehrheit und nach Anhörung des Parlaments und der Kommission) die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen beschließt. Der Konvent besteht – wie schon der Verfassungskonvent - aus Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission. Er prüft die Änderungsentwürfe und nimmt eine Empfehlung an, die an eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten gerichtet ist. Entsprechend der Übung im Verfassungs-  bzw. im Grundrechtskonvent nimmt der Konvent seine Empfehlungen im Konsensverfahren an.

 

Die Einberufung eines Konvents ist allerdings nicht in jedem Fall verpflichtend: Der Europäische Rat kann (wiederum mit einfacher Mehrheit, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments) beschließen, keinen Konvent einzuberufen, wenn aufgrund des Umfangs der geplanten Änderungen seine Einberufung nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall legt der Europäische Rat das Mandat für eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten fest.

 

Mit dieser Bestimmung wird eine Vertragsänderung allein mittels Regierungskonferenz, im Gegensatz zur derzeit geltenden Rechtslage, zur Ausnahme.

 

Unabhängig davon, ob die Änderungsvorschläge von einem Konvent vorbereitet wurden oder nicht, beschließt eine Konferenz der Regierungsvertreter über die vorzunehmenden Vertragsänderungen; die Regierungskonferenz wird gemäß Abs. 3 vom Präsidenten des Rates einberufen.

 

Die Änderungen treten – wie schon aufgrund der Rechtslage nach Artikel 48 EUV – in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind. Ein einzelner Mitgliedstaat kann daher verhindern, dass Änderungen des Verfassungsvertrags in Kraft treten. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten weiterhin „Herren des Vertrags“ bleiben.

 

Abs. 4 enthält ebenfalls eine Neuerung, denn er trifft Vorkehrungen für den Fall, dass in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation – etwa infolge des negativen Ausgangs eines Referendums – auftreten. Schon die Nichtratifikation durch einen einzigen Mitgliedstaat verhindert das Inkrafttreten der Vertragsänderungen. Daher befasst sich der Europäische Rat mit der Frage, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Vertrags zur Änderung des Verfassungsvertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten bereits ratifiziert haben, und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation auftreten. Dieser Absatz entspricht der Erklärung Nr. 30 zur Schlussakte, welche die gleiche Vorgehensweise für Schwierigkeiten bei der Ratifikation des Verfassungsvertrags vorsieht.

 

Zu Art. IV-444 (Vereinfachtes Änderungsverfahren):

Art. IV-444 enthält zwei allgemeine „Passerelle“-Bestimmungen, die ein vereinfachtes Vertragsänderungsverfahren für zwei Typen von Bestimmungen in Teil III des Verfassungsvertrages vorsehen: die eine für den Übergang von der Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit im Rat, die andere für den Übergang von einem besonderen Gesetzgebungsverfahren zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidung des Europäischen Parlaments).

 

Gemäß Abs. 1 kann der Europäische Rat in Fällen, in denen der Rat nach Maßgabe von Teil III in einem Bereich oder in einem bestimmten Fall einstimmig beschließt, einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in diesem Bereich oder in diesem Fall mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann. Diese Möglichkeit kann nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen zur Anwendung kommen.

 

Gemäß Abs. 2 kann der Europäische Rat in Fällen, in denen nach Maßgabe von Teil III Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vom Rat nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden müssen, einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach diese Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden können.

 

In beiden Fällen kann die Änderung herbeigeführt werden, ohne dass ein Konvent und eine Regierungskonferenz einberufen werden muss. Die Änderung erfordert in beiden Fällen auf Unionsebene nur einen Europäischen Beschluss, der vom Europäischen Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig zu erlassen ist. Der Zustimmungsbeschluss des Europäischen Parlaments erfordert die Mehrheit seiner Mitglieder.

 

Im Vergleich zum Konvententwurf hat die Regierungskonferenz die Einbindung der nationalen Parlamente eingeführt, gegen deren Willen die Passerelle-Bestimmung keine Anwendung finden kann. Initiativen zur Anwendung des vereinfachten Änderungsverfahrens werden gemäß Abs. 3 den nationalen Parlamenten übermittelt, die innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung die Möglichkeit haben, die Initiative abzulehnen. Der Europäische Rat kann den Beschluss nur erlassen, wenn kein Parlament die Initiative ablehnt.

 

Der Verfassungsvertrag enthält neben dieser allgemeinen Passerelle-Bestimmung mehrere spezielle Passerelle-Klauseln in einzelnen Artikeln des Teils III (vgl. Art. III-210 Abs. 3 im Bereich der Sozialpolitik , III-234 Abs. 2 im Umweltbereich , und III-269 Abs. 3 im Bereich des Familienrechts sowie Art. I-40 Abs. 7 bzw. Art. III-300 Abs. 3 und 4 für die GASP und Art I-55 Abs. 2 und 4 für die Erlassung des Europäischen Gesetzes, mit dem der mehrjährige Finanzrahmen festgelegt wird). Auch einige Protokolle können vereinfacht abgeändert werden (mit einem „ordentlichen“ Europäischen Gesetz oder einem Europäischen Gesetz des Rates).

 

Zu Art. IV-445 (Vereinfachtes Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche der Union):

Ein vereinfachtes Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche des Teils III Titel III ist ebenfalls ohne Befassung eines Konvents oder einer Regierungskonferenz möglich. Im Unterschied zu den Passerelle-Bestimmungen bedürfen so zustande gekommene Änderungen allerdings nach Abs. 2 UAbs. 2 der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

Ein Vorschlagsrecht haben gemäß Abs. 1, wie im ordentlichen Änderungsverfahren, die Regierungen der Mitgliedstaaten, das Europäischen Parlament und die Europäische Kommission. Angenommen werden Änderungen aller oder eines Teils der Bestimmungen des Teils III Titel III mittels Europäischen Beschluss des Europäischen Rates, der diesen einstimmig, nach Anhörung des Parlaments und der Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich, der Europäischen Zentralbank, annimmt.

 

Eine Ausdehnung der Zuständigkeiten der Union, d.h. eine Änderung der in der Verfassung festgelegten Zuständigkeitsverteilung, darf mit Beschlüssen nach diesem Artikel nicht bewirkt werden (Abs. 3).

 

Zu Art. IV-446 (Geltungsdauer):

Dieser Artikel entspricht den Artikeln 51 EUV bzw. 312 EGV; der Verfassungsvertrag wird, wie schon der EGV bzw. der EUV, auf unbegrenzte Zeit abgeschlossen.

 

Zu Art. IV-447 (Ratifikation und Inkrafttreten):

Dieser Artikel entspricht den Artikeln 52 EUV bzw. 313 EGV.

 

Abs. 1

Gemäß dem Abs. 1 ratifizieren die Vertragsparteien den Verfassungsvertrag im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften und hinterlegen die Ratifikationsurkunden bei der italienischen Regierung, in deren Archiv die in Rom unterzeichneten  Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften EWG und Euratom hinterlegt sind und bei der traditionell Ratifikationsurkunden zu Vertragsänderungen hinterlegt wurden.

 

Abs. 2

Gemäß Abs. 2 tritt der Verfassungsvertrag am 1. November 2006 in Kraft, sofern bis zu diesem Zeitpunkt alle Ratifikationsurkunden hinterlegt worden sind. Ansonsten tritt der Verfassungsvertrag am ersten Tag des zweiten auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats in Kraft.

 

Schon die Ablehnung der Ratifikation durch einen einzigen Mitgliedstaat kann das Inkrafttreten des Verfassungsvertrags verhindern. Daher sieht die Erklärung Nr. 30 zur Schlussakte in Hinblick auf die Ratifikation des Vertrags über eine Verfassung für Europa vor, dass sich der Europäische Rat mit der Frage befasst, wenn in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation – etwa infolge des negativen Ausgangs eines Referendums – auftreten. Der  Europäische Rat muss sich mit der Frage befassen, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des Verfassungsvertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten diesen bereits ratifiziert haben, und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation auftreten. Eine entsprechende Bestimmung enthält auch Art. IV-443 Abs. 4 über das ordentliche Vertragsänderungsverfahren.

 

Zu Art. IV-448 (Verbindliche Fassungen und Übersetzungen):

Beim Abs. 1 des Art. IV-448 handelt es sich um die Nachfolgebestimmung für Art. 53 EUV bzw. Art. 314 EGV, er definiert die authentischen Vertragssprachen. Die Bestimmung kodifiziert die im Lauf der Jahrzehnte erfolgten Änderungen an diesen Artikeln, welche die Amtssprache eines der Europäischen Gemeinschaft (bzw. der Europäischen Union) beitretenden Landes zur authentischen Vertragssprache erklärten. Somit sind alle im Absatz genannten Sprachen gleichermaßen verbindlich und können zur Interpretation der einzelnen Bestimmungen der Verfassung gleichwertig herangezogen werden.

 

Abs. 2, der im Vergleich zum EUV bzw. EGV neu ist, eröffnet die Möglichkeit für Staaten mit mehreren Amtssprachen, die nicht alle Vertrags- oder Amtssprache der Europäischen Union sind, beglaubigte Übersetzungen des Verfassungsvertrags zu erstellen, die in den Archiven des Rates hinterlegt werden und den Bürgern zur Verfügung stehen. Diese Sprachen werden dadurch jedoch weder zur Vertrags- noch zur Amtssprache der Europäischen Union.

 

Gemäß der Erklärung Nr. 29 zur Schlussakte trägt die Möglichkeit, Übersetzungen gemäß Art. IV-448 Abs. 2 zu erstellen, zur Verwirklichung des Ziels bei, den Reichtum der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union zu wahren. Die Regierungskonferenz der Mitgliedstaaten bekräftigt diesbezüglich, dass die Union großen Wert auf die kulturelle Vielfalt Europas legt und diesen und anderen Sprachen weiterhin besondere Bedeutung beimessen wird. Die Regierungskonferenz empfiehlt in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel IV‑448 Abs. 2 vor­gesehenen Möglichkeit Gebrauch machen möchten, dem Rat innerhalb von sechs Monaten nach der Unterzeichnung des Vertrags die Sprache bzw. Sprachen mitteilen, in die der Vertrag übersetzt wird.

 

 

A. PROTOKOLLE ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR EUROPA

1. PROTOKOLL

über die Rolle der nationalen

Parlamente in der Europäischen

Union

 

Dieses Protokoll ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt. Es tritt an die Stelle des Protokolls Nr. 9 zum EUV und EGV „über die Rolle der einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union“ (in der Folge „Amsterdamer Protokoll Nr. 9“), das durch den Vertrag von Amsterdam eingeführt wurde. Im Vergleich zu jenem enthält es wesentliche materielle und formale Änderungen.

 

Die Erwägungsgründe werden inhaltlich unverändert aus dem Amsterdamer Protokoll Nr. 9 übernommen. In diesen wird festgehalten, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten obliegt, die Kontrolle der Regierungen durch die nationalen Parlamente hinsichtlich der Tätigkeiten in der Union zu regeln, gleichzeitig aber der Wunsch besteht, eine stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente an den Tätigkeiten der EU zu fördern und ihnen dazu bessere Möglichkeiten zu geben.

 

ZU TITEL I

In diesem Titel wird festgeschrieben, auf welchem Weg die nationalen Parlamente über bestimmte Vorhaben der EU unterrichtet werden. Gegenüber dem Protokoll Nr. 9 wird dabei einerseits der inhaltliche Umfang der Unterrichtung erweitert und andererseits für die jeweils betroffenen Organe der Union eine Verpflichtung zur direkten Information der nationalen Parlamente neu eingeführt.

 

Zu Artikel 1:

Die Kommission hat ihre Konsultationsdokumente (Grün- und Weißbücher sowie Mitteilungen) bei ihrer Veröffentlichung den nationalen Parlamenten direkt zu übermitteln.

Das jährliche Rechtsetzungsprogramm sowie alle weiteren Dokumente für die Ausarbeitung der Rechtsetzungsprogramme oder politischen Strategien sind von der Kommission gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und nationale Parlamente weiterzuleiten.

 

Dieser Artikel baut auf der Bestimmung der Zi. 1 des Amsterdamer Protokolls Nr. 9 auf, erweitert aber den Umfang der Informationspflicht der Kommission auf das jährliche Rechtsetzungsprogramm sowie weitere im zweiten Satz genannte Dokumente und sieht an Stelle der „unverzüglichen“ explizit eine „direkte“ Zuleitung an die nationalen Parlamente vor.

 

Zu Artikel 2:

Alle an Europäisches Parlament und Rat gerichteten Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten werden den nationalen Parlamenten direkt übermittelt. Als solche gelten Vorschläge der Kommission sowie Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, Initiativen des Europäisches Parlament, Anträge des EuGH und der EIB sowie Empfehlungen der EZB, die auf den Erlass eines Gesetzgebungsaktes abzielen. Die Kommission und das Europäisches Parlament sind für die Übermittlung der von ihnen vorgelegten Entwürfe zuständig. Die Zuleitung von Kommissionsvorschlägen hat gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und nationale Parlamente zu erfolgen. In allen anderen Fällen liegt die Zuständigkeit für die Übermittlung beim Rat.

 

Diese Bestimmung enthält zentrale Neuerungen, denn gemäß Zi. 2 des Amsterdamer Protokolls Nr.9 erfolgt die Übermittlung an die nationalen Parlamente im Wege der nationalen Regierungen und umfasst nur Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte.

 

Zu Artikel 3:

In diesem Artikel wird das Übermittlungsverfahren für begründete Stellungnahmen der nationalen Parlamente im Rahmen des im „Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ (Art. 6 bis 8) neu eingeführten Frühwarnmechanismus geregelt.

Diese Stellungnahmen können an die Präsidenten des Europäisches Parlament, des Rates und der Kommission gerichtet werden. Handelt es sich um eine Gesetzgebungsinitiative einer Gruppe von Mitgliedstaaten bzw. um Entwürfe des Gerichtshofs, der EZB oder der EIB, so werden sie vom Präsidenten des Rates an die Regierungen der betreffenden Mitgliedstaaten bzw. an die betreffende Institution der Union weitergeleitet.

 

Zu Artikel 4:

Außer in dringenden Fällen, die vom Rat zu begründen sind, haben zwischen dem Zeitpunkt der Übermittlung des Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes und dem Zeitpunkt, zu dem dieser auf die vorläufige Tagesordnung des Rates zwecks Erlass oder Festlegung eines Standpunktes gesetzt wird, sechs Wochen zu liegen, wobei vor Ablauf dieser Frist keine Einigung festgestellt werden darf. Ferner haben – wiederum außer in begründeten dringenden Fällen – zwischen einer solchen Aufnahme in die vorläufige Tagesordnung und der Festlegung eines Standpunktes weitere zehn Tage zu verstreichen.

 

Dieser Artikel präzisiert die bereits in Zi. 3 des Amsterdamer Protokolls Nr.9 enthaltenen Bestimmungen zur sechswöchigen Frist und führt die weitere zehntägige Frist neu ein.

 

Zu Artikel 5:

Gemäß diesem Artikel – der keine Entsprechung im Amsterdamer Protokoll Nr. 9 findet – werden den nationalen Parlamenten auch die Tagesordnungen für die Tagungen des Rates und die Ergebnisse dieser Tagungen, einschließlich der Protokolle der Tagungen, auf denen der Rat über Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten berät, gleichzeitig mit der Übermittlung an die nationalen Regierungen direkt zugeleitet.

 

Zu Artikel 6:

Dieser Artikel präzisiert die in Art. IV-444 Abs. 3 des Verfassungsvertrages verankerte Verpflichtung, die nationalen Parlamente von einer Initiative des Europäischen Rates zur Inanspruchnahme der „Passerelle“ gemäß Art. IV-444 Abs. 2 oder 3 (einstimmiger Beschluss des Europäischen Rates betreffend den Übergang zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in bestimmten in Teil III des Verfassungsvertrages geregelten Fällen, in denen ein besonderes Gesetzgebungsverfahren vorgesehen ist) so zu informieren, dass diese innerhalb von sechs Monaten Einspruch erheben können. Die nationalen Parlamente sind folglich mindestens sechs Monate vor Erlass eines solchen Europäischen Beschlusses von der Initiative des Europäischen Rates zu unterrichten.

 

Zu Artikel 7:

Gemäß dieser Bestimmung – die keine Entsprechung im Protokoll Nr.9 findet - hat auch der Rechnungshof seinen Jahresbericht dem Europäische Parlament, dem Rat und den nationalen Parlamenten gleichzeitig zu übermitteln.

 

Zu Artikel 8:

In diesem Artikel – der keine Entsprechung im Amsterdamer Protokoll Nr. 9 findet - wird festgehalten, dass die in den Art. 1 bis 7 verankerten Unterrichtungs- bzw. Übermittlungsverpflichtungen in denjenigen Mitgliedstaaten, deren nationale Parlamente über mehr als eine Kammer verfügen, für jede Kammer des Parlaments gelten.

 

Belgien hat aufgrund seiner diesbezüglich einzigartigen verfassungsrechtlichen Situation eine einseitige Erklärung (Erklärung Nr. 49) abgegeben, „dass aufgrund seines Verfassungsrechts sowohl das Abgeordnetenhaus und der Senat des Bundesparlaments als auch die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen - je nach den von der Union ausgeübten Befugnissen - als Bestandteil des Systems des nationalen Parlaments oder als Kammern des nationalen Parlaments handeln.“

 

ZU TITEL II

Dieser Titel ist der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten untereinander und mit dem Europäischen Parlament gewidmet. Die Bestimmungen dieses Titels sind genereller und gestraffter abgefasst als der ausschließlich die Konferenz der Europa-Ausschüsse (COSAC) betreffende Teil II des Amsterdamer Protokolls Nr. 9.

 

Zu Artikel 9:

Die Art und Weise der Gestaltung und Förderung einer effizienten und regelmäßigen Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten ist vom Europäisches Parlament und den nationalen Parlamenten gemeinsam festzulegen.

 

Zu Artikel 10:

Dieser Artikel nennt Aufgaben und Rechte „einer Konferenz der Europa-Ausschüsse der Parlamente“ und stellt somit nicht – wie das alte Amsterdam Protokoll Nr. 9 – zwingend nur auf die Organisationsform der am 16./17.November 1989 in Paris gegründeten Konferenz der Europa-Ausschüsse (COSAC) ab.

 

Eine solche Konferenz kann dem Europäisches Parlament, dem Rat und der Kommission jeden ihr zweckmäßig erscheinenden Beitrag zur Kenntnis bringen, fördert den Austausch von Informationen und bewährten Praktiken zwischen nationalen Parlamenten und Europäisches Parlament (einschließlich ihrer Fachausschüsse) und kann interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen organisieren, insbesondere zu Fragen der GASP, einschließlich der GSVP. Die Beiträge einer solchen Konferenz sind für die nationalen Parlamente allerdings nicht bindend und greifen ihrem Standpunkt nicht vor.

 

2. PROTOKOLL

über die Anwendung der

Grundsätze der Subsidiarität

und der Verhältnismäßigkeit

Dieses Protokoll tritt an die Stelle des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ (in der Folge „Amsterdamer Protokoll Nr. 30“), das durch den Vertrag von Amsterdam eingeführt wurde. Im Vergleich zu jenem enthält es wesentliche materielle und formale Änderungen.

 

Entsprechend den Erwägungsgründen zielt das Protokoll darauf ab sicherzustellen, dass die Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden. In diesem Sinne legt das Protokoll entsprechend Art. I-11 des Verfassungsvertrages die Bedingungen für die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit fest und schafft ein neues System zur Kontrolle der Anwendung dieser Grundsätze.

 

 

Zu Artikel 1:

Für die Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit hat jede Institution der Union stets Sorge zu tragen.

 

Zu Artikel 2:

Vor Unterbreitung eines Gesetzgebungsvorschlages ist die Kommission verpflichtet umfangreiche Anhörungen durchzuführen, bei denen gegebenenfalls der regionalen und lokalen Bedeutung der in Betracht gezogenen Maßnahme Rechnung zu tragen ist. Von diesen Konsultationen darf die Kommission nur mit Begründung in außergewöhnlich dringenden Fällen absehen.

Dieser Artikel baut auf der Formulierung von Zi. 9, erster Anstrich, des Amsterdamer Protokolls Nr. 30 auf, wobei die Begründungspflicht beim Absehen von Konsultationen in außergewöhnlich dringenden Fällen und die Erwähnung der „regionalen und lokalen Bedeutung“ von Maßnahmen ergänzt werden.

 

Zu Artikel 3:

Wird in diesem Protokoll vom „Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsaktes“ gesprochen, so umfasst dieser Begriff – in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 des Protokolls „über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU“ - Folgendes: die Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des Europäischen Parlaments, die Anträge des EuGH, die Empfehlungen der EZB und die Anträge der EIB, die den Erlass eines Europäischen Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.

 

Zu Artikel 4:

Die Abs. 1 bis 3 dieses Artikels entsprechen weitgehend Art. 2, Abs. 3 bis 5 des Protokolls „über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU“. Die Kommission und das Europäisches Parlament sind für die Übermittlung der von ihnen vorgelegten Entwürfe an die nationalen Parlamente zuständig, wobei die Zuleitung von Kommissionsvorschlägen gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und nationale Parlamente zu erfolgen hat. In allen anderen Fällen liegt die Zuständigkeit für die Übermittlung beim Rat. Ergänzt wird in diesem Artikel, dass in allen genannten Fällen nicht nur die ursprünglichen Entwürfe, sondern auch die geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zuzuleiten sind.

 

Gemäß Abs. 4 übermittelt das Europäische Parlament auch seine legislativen Entschließungen und der Rat seine Standpunkte an die nationalen Parlamente.

 

Zu Artikel 5:

Alle Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten sind im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu begründen und sollten einen Vermerk mit detaillierten diesbezüglichen Angaben enthalten. Der Vermerk sollte Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen enthalten und – bei Rahmengesetzen – zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten (gegebenenfalls auch auf regionaler Ebene) zu erlassenden Rechtsvorschriften. Die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, hat dabei auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen Kriterien zu beruhen. Alle Entwürfe haben auf eine so gering wie mögliche finanzielle Belastung und einen so gering wie möglichen Verwaltungsaufwand auf der Ebene der Union, der nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Bürgerinnen und Bürger abzuzielen. Finanzielle Belastung und Verwaltungsaufwand müssen in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen.

 

Der Artikel komprimiert, präzisiert und ergänzt Elemente von Bestimmungen die an verschiedener Stelle bereits im Amsterdamer Protokoll Nr. 30 zu finden sind. Die detaillierte Begründungspflicht wird Zi. 9, zweiter Anstrich, entnommen und dabei inhaltlich genauer spezifiziert, zusätzlich zur Subsidiaritäts- auf die Verhältnismäßigkeitsbegründung erweitert und von Vorschlägen der Kommission auf alle Entwürfe von Gesetzgebungsakten ausgedehnt. Die Bindung des Kriteriums der besseren Erreichbarkeit auf Unionsebene bei der Subsidiaritätsprüfung an qualitative und quantitative Kriterien entstammt Zi. 4. Der letzte Satz des Artikels entspricht im Wesentlichen Zi. 9, dritter Anstrich, wird aber wiederum nicht nur – wie bislang – auf die Vorschläge der Kommission, sondern auf alle Entwürfe von Gesetzgebungsakten bezogen.

 

Zu Artikel 6:

Dieser Artikel regelt die erste Phase eines neuen „Frühwarnmechanismus“:

 

Die nationalen Parlamente oder die Kammern eines dieser Parlamente können binnen sechs Wochen nach dem Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Europäischen Gesetzgebungsakts in einer begründeten Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission darlegen, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nach nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Dabei obliegt es dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer eines nationalen Parlaments, gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnissen zu konsultieren.

Stammt der Entwurf des Gesetzgebungsaktes nicht von der Kommission oder dem Europäisches Parlament, so fällt es dem Präsidenten des Rates zu, die Stellungnahmen der nationalen Parlamente an die Regierungen der Gruppe von Mitgliedstaaten, die den Entwurf vorgelegt haben, bzw. gegebenenfalls an den EuGH, die EZB oder die EIB zu übermitteln.

 

Zu Artikel 7:

Dieser Artikel regelt die zweite Phase des „Frühwarnmechanismus“:

 

Gemäß Abs. 1 sind die begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer ihrer Kammern vom Urheber des jeweiligen Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes generell zu berücksichtigen.

 

Gemäß Abs. 2 hat jedes nationale parlamentarische System im „Frühwarnmechanismus“ zwei Stimmen, die nach dem jeweiligen System des nationalen Parlaments aufgeteilt sind. In einem Zweikammersystem hat daher jede der beiden Kammern eine Stimme.

 

Abs. 3 legt fest, dass der Entwurf eines Gesetzgebungsaktes überprüft werden muss, wenn die Anzahl der begründeten Stellungnahmen, die einen Widerspruch des Entwurfs mit dem Subsidiaritätsprinzip reklamieren, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Maßgabe des Abs. 2 zugewiesenen Stimmen beträgt. Handelt es sich um einen Entwurf, der auf Rechtsgrundlagen des Teils III des Verfassungsvertrages zu den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen oder polizeiliche Zusammenarbeit basiert, so beträgt die Auslöseschwelle für die Überprüfung nur ein Viertel dieser Stimmen.

 

Gemäß Abs. 4 kann nach Abschluss der Überprüfung der jeweilige Urheber des Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes an dem Entwurf festhalten, ihn ändern oder ihn zurückziehen, wobei der entsprechende Beschluss zu begründen ist.

 

Zu Artikel 8:

Dieser Artikel begründet neue Klagsrechte wegen Verstoßes eines Europäischen Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip.

 

Gemäß Abs. 1 können solche Klagen nach Inkrafttreten eines Gesetzgebungsaktes von einem Mitgliedstaat nach Maßgabe von Art. III-365 (betreffend Nichtigkeitsklagen) beim EuGH erhoben werden. Sofern die innerstaatliche Rechtsordnung eines Mitgliedstaates dies vorsieht, kann dieser solche Klagen auch im Namen seines nationalen Parlamentes oder einer Kammer dieses Parlamentes übermitteln. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, ihren nationalen Parlamenten oder den einzelnen Kammern ihres Parlaments ein mittelbares Klagsrecht wegen Verstoßes eines Europäischen Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip einzuräumen.

 

Gemäß Abs. 1 können solche Klagen nach Inkrafttreten eines Gesetzgebungsaktes auch vom Ausschuss der Regionen erhoben werden, sofern für dessen Erlass nach der Verfassung die Anhörung des Ausschusses der Regionen vorgeschrieben ist.

 

Zu Artikel 9:

Die Kommission legt dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den nationalen Parlamenten jährlich einen Bericht über die Anwendung der in Art. I-11 des Verfassungsvertrags festgelegten Grundprinzipien der Zuständigkeiten der Union vor und leitet diesen auch dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss zu.

Diese Bestimmung übernimmt Ziffer 9, 4. Anstrich, des Amsterdamer Protokolls Nr. 30, erweitert aber dabei den Adressatenkreis des Jahresberichts um die nationalen Parlamente.

 

3. PROTOKOLL

zur Festlegung der Satzung des

Gerichtshofes der Europäischen Union

 

Dieses Protokoll ersetzt das gleichnamige Protokoll Nr. 6 zum EUV und EGV.

 

Die überwiegende Zahl der an der EuGH-Satzung vorgenommenen Änderungen stellen technische Anpassungen dar, die aus den rechtlichen und institutionellen Änderungen im Verfassungsvertrag resultieren. Großteils handelt es sich dabei um Bezugnahmen auf die neuen Rechtsinstrumente, um Anpassungen an die neue Terminologie und um Korrekturen der Artikelverweise. Auf diese wird in den nachfolgenden Erläuterungen nicht in jedem einzelnen Fall eingegangen oder hingewiesen.

 

Zu Artikel 1:

Die Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt.

 

Zu Artikel 13:

Die Ernennung von Hilfsberichterstattern ist in Hinkunft durch Europäische Gesetze vorgesehen. Anstelle eines einstimmigen Beschlusses des Rates ist die konkrete Ernennung durch einfachen Mehrheitsbeschluss des Rates vorgesehen.

 

Zu Artikel 46:

Der Artikel wird durch seinen neuen letzten Satz auch für Ansprüche, die aus außervertraglicher Haftung der EZB hergeleitet werden, anwendbar (siehe auch Erläuterungen zu Art. III-431).

 

Zu Artikel 64:

Die Gestaltung des Sprachenregimes am EuGH erfolgt in Art. III-381 iVm Art. 64 Abs. 1 EuGH-Satzung in Anlehnung an die allgemeine Regelung für die übrigen Unionsorgane (Art. III-433). Die Sprachenfrage für den Gerichtshof der Europäischen Union wird demnach auch durch eine vom Rat einstimmig zu erlassende Europäische Verordnung geregelt werden. Eine Änderung des in Art. 64 der Satzung festgelegten Verfahrens zur Regelung des Sprachenregimes am EuGH bedarf einer formellen Verfassungsänderung. Bis zum Erlass der endgültigen Sprachenregelung mittels Europäischer Verordnung finden gemäß Abs. 2 die Bestimmungen der Verfahrensordnung des EuGH und der Verfahrensordnung des EuGI, die die Regelung der Sprachenfrage betreffen, Anwendung. Abs. 2 bestimmt weiter, dass Änderungen der genannten Bestimmungen in den Verfahrensordnungen oder deren Aufhebung - abweichend von den Artikeln III-355 Abs. 4 und III-356 Abs. 5 - der einstimmigen Genehmigung durch den Rat bedürfen (und nicht bloß der sonst erforderlichen qualifizerten Mehrheit).

 

Zu Artikel 65:

Zur Berücksichtigung von Änderungen der EuGH-Satzung, die zwischen der Unterzeichnung und dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrages eintreten, sieht Abs. 2 des neu eingefügten Art. 65 der Satzung ein Europäisches Gesetz des Rates vor, mit dem diese Änderungen in konsolidierter Form in die Satzung eingearbeitet werden sollen.

 

4. PROTOKOLL

zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems

der Zentralbanken

und der Europäischen Zentralbank

 

Dieses Protokoll tritt an Stelle des Maastrichter Protokolls Nr. 18 zum EGV. Neben technischen Anpassungen (entsprechend den Bezeichnungen der Rechtsakte, Anpassung der Artikelverweise an die Nummerierungen im Verfassungsvertrag; Ersatz von „ECU“ durch Euro) werden gegenüber dem Maastrichter Protokoll folgende Anpassungen vorgenommen:

Art. 1 übernimmt - analog zu Art. I-30 - den Begriff des Eurosystems. Obsolet gewordene Bestimmungen über die Errichtung der EZB und des ESZB (Art. 1.1, Art. 14.1) sowie über den Übergang zur dritten Stufe der Währungsunion (Art. 32.3, Art. 37, Art. 50, Art. 51) entfallen. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass das Protokoll über die Satzung des Europäischen Währungsinstituts, das mit der Errichtung der EZB vertragsgemäß liquidiert wurde, nicht mehr übernommen wird.

Art. 10 Abs. 2 betreffend die Stimmrechte im Rat der EZB wird entsprechend dem Beschluss des Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21. März 2003 über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung geändert. In Hinblick auf zukünftige Erweiterungen der Eurozone werden die Abstimmungsmodalitäten im EZB-Rat abgeändert: Wenn die Anzahl der nationalen Notenbankgouverneure 15 übersteigt, werden die Stimmrechte der Mitglieder des EZB-Rats mit 21 limitiert - d.h. sechs permanente Stimmrechte für die Mitglieder des EZB-Direktoriums und 15 rotierende Stimmrechte für die Gouverneure der nationalen Zentralbanken. Die vorübergehend nicht stimmberechtigten Gouverneure nehmen an allen Sitzungen des EZB-Rates teil und können sich an den Diskussionen beteiligen.

Art. 40 Abs. 1 betreffend vereinfachte Verfahren zur Änderung der EZB-Satzung wird im Einklang mit Art. III-187 Abs. 3 geändert. (Siehe dortige Erläuterungen). Art. 40 Abs. 2 und 3 entspricht dem Art. 10.6 des Maastrichter Protokolls in der Fassung des Vertrages von Nizza.

 

5. PROTOKOLL

zur Festlegung der Satzung

der Europäischen Investitionsbank

 

Dieses Protokoll entspricht dem „Protokoll Nr. 11 zum EGV über die Satzung der Europäischen Investitionsbank (EIB)“, wobei obsolete Satzungsbestimmungen gestrichen und eine Reihe von Bestimmungen redaktionell adaptiert und teilweise auch substantiell modernisiert wurden. Damit soll der Bank die weitere Entwicklung ihrer Tätigkeit in einem durch stärkeren Wettbewerb und größere Herausforderungen geprägten Umfeld ermöglicht werden.

 

Hervorzuheben ist, dass der Verfassungsvertrag ein vereinfachtes Verfahren zur Änderung der primärrechtlich festgelegten Satzung der EIB vorsieht. Gemäß Art. III-393 (siehe die dortigen Erläuterungen) können Änderungen der Satzung nunmehr generell durch vom Rat einstimmig zu erlassende Europäische Gesetze erfolgen. Das Erfordernis der Ratifikation, das auf der Basis von Art. 266 EGV für alle nicht die Art. 4, 11 und 12 sowie Art. 18 Abs. 5 betreffenden Änderungen der Satzung vorgesehen war, entfällt. Hinsichtlich der Antrags- und Anhörungsrechte betreffend Europäische Gesetze, durch die die Satzung geändert wird, gibt es keine Änderungen.

 

Die im Protokoll Nr. 5 verankerten redaktionellen Änderungen der Satzung betreffen:

-       Rein technische Anpassungen („Säuberung“);

-       Präzisierungen in einigen Artikeln, um die veralteten Formulierungen zu verbessern;

-       Die Anzahl der Artikel wurde von 30 auf 28 verringert. Art. 6 (überholte Bestimmung) und 7 (durch die Einführung des Euro hinfällig) werden gestrichen.

 

Die im Protokoll Nr. 5 verankerten substantiellen Änderungen der Satzung betreffen:

-       Eine Änderung in Art. 12 betrifft die Struktur des Prüfungsausschusses durch eine Erhöhung der Zahl seiner Mitglieder und die bessere Definition seiner Rolle im Rahmen der ihm zukommenden dualen Funktion (Prüfung der Abschlüsse und Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Operationen der Bank). Damit soll Übereinstimmung mit den anerkannten Praktiken des Bankensektors gewährleistet werden.

-       Art. 16 über die Operationen der Bank wird weitgehend neu formuliert. Zum einen wird der durch die Operationen der Bank bewirkte zusätzliche Nutzen als ein Schlüsselziel angesehen. Zum Anderen kann die Bank die Finanzstärke ihrer potentiellen Darlehensnehmer als Parameter im Rahmen einer modernen Risikobeurteilung berücksichtigen. Außerdem können die Entscheidungsorgane der Bank in diesem Zusammenhang spezifische Risikoprofil-Aktivitäten genehmigen. Die Bestimmung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem gezeichneten Kapital der Bank und den ausstehenden Finanzierungen wird an die Entwicklung der Tätigkeit der Bank angepasst, wobei von einem Eigenkapitalbegriff im weiteren Sinn ausgegangen wird.

-       Um die Entwicklung der EIB-Gruppe zu ermöglichen wird Art. 28  erweitert. Die Bank wird ermächtigt, Tochtergesellschaften zu gründen und andere Einrichtungen zu schaffen.

 

6. PROTOKOLL

über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der Europäischen Union

 

Dieses Protokoll, das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist, übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 8 zum EUV und EGV. Die Reihenfolge der Aufzählung wurde geändert, um dem Organstatus der Europäischen Zentralbank Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wurden lediglich die im Lichte des Verfassungsvertrags erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen.

 

In Bezug auf den Sitz des Europäischen Rates, der im Verfassungsvertrag zu einem Organ der Union erhoben wird (Art. I-19), ist gemäß Art. IV-438 Abs. 3 weiterhin die Erklärung Nr. 22 zum Vertrag von Nizza (Erklärung zum Tagungsort des Europäischen Rates) bestimmend, die festlegt, dass alle Tagungen des Europäischen Rates in Brüssel stattfinden, sobald die Union achtzehn Mitglieder umfasst.

 

7. PROTOKOLL

über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union

 

Dieses Protokoll, das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist, übernimmt das bisherige Protokoll Nr. 36 über die Vorrechte und Befreiungen zum EGV und EAGV.

 

In den das Statut der Beamten der Union betreffenden Rechtsgrundlagen im Protokoll (Art. 12, 14 und 15) ist nunmehr analog zu Art. III-427 das ordentliche Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Demnach werden die einschlägigen Europäischen Gesetze, u. a. betreffend das System der Sozialleistungen für die Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, künftig vom Rat gemeinsam mit dem Europäischen Parlament erlassen, wobei der Rat mit qualifizierter Mehrheit entscheidet.

 

In Art. 20 UAbs. 2 wurde eine auf Art. 247 Abs. 9 EGV zurückgehende Bestimmung eingefügt, wonach die für die Richter des EuGH geltenden Bestimmungen des Protokolls auch auf die Mitglieder des Europäischen Rechnungshofs Anwendung finden.

 

Darüber hinaus wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen, sowie jene Bestimmungen gestrichen, die aufgrund des Auslaufens des EGKS-Vertrags mit 23. Juli 2002 obsolet geworden sind.

 

8. PROTOKOLL

betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreiches Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden

 

Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags werden nicht nur die Gründungsverträge und die darauf basierenden Akte und Verträge, sondern auch alle Verträge über den Beitritt zu den Gemeinschaften und zur Union aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art. IV-437). In dem vorliegenden Protokoll werden gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 1. Anstrich, diejenigen Bestimmungen der Beitrittsverträge und -akte von Dänemark, Irland und Großbritannien (1973), von Griechenland (1981), von Spanien und Portugal (1986) sowie von Österreich, Finnland und Schweden (1995) übernommen oder angeführt, die auch nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten.

 

Die Aufhebung der Beitrittsverträge betrifft auch die darin enthaltenen Bestimmungen zur Änderung des Euratom-Vertrags, der seinerseits nicht von Art. IV-437 erfasst wird. Durch die Beifügung des vorliegenden Protokolls zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft und durch Art. 1 des Protokolls Nr. 36 zur Änderung des EAGV ist allerdings sichergestellt, dass die durch den Beitrittsvertrag von 2003 vorgenommenen Änderungen in Bezug auf den EAGV in ihrer rechtlichen Wirkung nicht berührt werden (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 36).

 

Das vorliegende Protokoll besteht aus fünf Titeln. Der Titel I enthält die gemeinsamen Bestimmungen. Diese wurden zum Teil neu formuliert und finden keine Entsprechung in den jeweiligen Beitrittsakten. Die anschließenden vier Titel (Titel II bis V) entsprechen den von diesem Protokoll erfassten ersten vier Beitrittsverträgen bzw. -akten. Sie beinhalten die Bestimmungen dauerhaften Charakters dieser Verträge, die weiterhin relevant sind.

 

Die überwiegende Mehrheit der Bestimmungen der vier Beitrittsverträge und -akte mussten nicht übernommen werden, da sie entweder inzwischen überholt sind oder von den Bestimmungen des Verfassungsvertrags bereits abgedeckt werden. Ebenfalls nicht durch das vorliegende Protokoll übernommen wurden die drei Artikel der eigentlichen Beitrittsverträge, da diese rechtlich gegenstandslos geworden sind. Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags sind die Mitgliedstaaten, die den Gemeinschaften und der Union beigetreten sind, Mitglieder der Europäischen Union, und zwar nicht kraft der Beitrittsverträge, sondern aufgrund der Tatsache, dass sie zusammen mit den sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten die Hohen Vertragsparteien sind, die den Verfassungsvertrag, der das neue rechtliche Fundament der Union bildet, geschlossen haben.

 

Die im vorliegenden Protokoll enthaltenen Bestimmungen aus den vier Beitrittsverträgen wurden ohne Änderungen ihrer Substanz übernommen. Es wurden nur die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um sie an die Vorgaben des Verfassungsvertrags anzupassen. In den Bestimmungen, die Rechtsgrundlagen enthalten, wurde auf die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsaktformen zurückgegriffen (Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische Verordnung, Europäischer Beschluss).

 

Was die den vier Beitrittsakten beigefügten Protokolle anbelangt, so wurden ihre weiterhin relevanten normativen Teile direkt in die Titel II bis IV des vorliegenden Protokolls übernommen. Da die Präambeln dieser Protokolle nicht von Art. IV-438 über die rechtliche Kontinuität des Besitzstands erfasst sind, werden ihre Erwägungsgründe, wo dies erforderlich war, als eigene Erklärungen der Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügt. Konkret betrifft dies die Präambeln zu den der Beitrittsakte von 1994 beigefügten Protokolle Nr. 2 über die Ålandinseln und Nr. 3 über die Samen, die als Erklärungen Nr. 31 und Nr. 32 in die Schlussakte des Verfassungsvertrags übernommen wurden.

 

Um zu gewährleisten, dass die in diesen Erklärungen enthaltenen vormaligen Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des normativen Teils der genannten Protokolle bilden, wurden am Ende der Abschnitte des vorliegenden Protokolls, in denen diese Protokolle übernommen wurden, jeweils ein neuer Artikel angefügt, in dem der Stellenwert dieser Erklärungen verdeutlicht wird (Art. 59 und 62).

 

Die Erklärungen, die den Schlussakten der Konferenzen, die die Beitrittsverträge ausgearbeitet haben, beigefügt sind, wurden nicht eigens übernommen. Sie haben – ebenso wie die Erklärungen zu den Gründungsverträgen und den nachfolgenden Revisionsverträgen –  gemäß Art. IV-438 Abs. 3 weiter Bestand.

 

ZU TITEL I

Artikel 1:

Dieser Artikel wiederholt die Daten des Inkrafttretens der vier Beitrittsverträge und bestätigt, dass die mit dem Beitritt verbundenen Rechte und Pflichten erst ab diesem Zeitpunkt für die betreffenden Mitgliedstaaten gelten. Dieser Artikel tritt an die Stelle der Bestimmungen der eigentlichen Beitrittsverträge, die den Beitritt zu den Gemeinschaften und zur Union sowie das Datum des Inkrafttretens des Beitrittsvertrags zum Inhalt hatten (vgl. Art. 1 und 2 des Beitrittsvertrags von 1994).

 

Artikel 2:

Dieser Artikel übernimmt die in den jeweiligen Beitrittsakten enthaltene Verpflichtung für die beitretenden Staaten den Übereinkünften, die vor dem jeweiligen Beitritt zwischen den Mitgliedstaaten oder von diesen gemeinsam mit den Gemeinschaften mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen geschlossen wurden, beizutreten (vgl. Art. 3 bis 5 der Beitrittsakte aus 1994). Diese Bestimmung musste eingefügt werden, da keine Gewissheit besteht, ob die betreffenden Mitgliedstaaten tatsächlich bereits all ihren Verpflichtungen insbesondere in Bezug auf den Beitritt zu Übereinkünften zwischen den Mitgliedstaaten nachgekommen sind.

 

Artikel 3:

Abs. 1 legt fest, dass die Bestimmungen der Beitrittsakte, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte der Gemeinschaft zum Inhalt haben, weiterhin in Kraft bleiben. Erfasst werden damit die Anhänge I und II der vier Beitrittsakte, die die im Zuge der Beitritte erforderlichen technischen Anpassungen des Sekundärrechts zum Inhalt haben. Diese Bestimmung stellt eine Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 3 dar, wonach der gesamte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags bestehende Besitzstand in Kraft bleibt. Darüber hinaus wird in Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 4 festgehalten, dass die Rechtssprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zu diesen Bestimmungen weiterhin maßgeblich bleibt. Gemäß Abs. 2 behalten die von Abs. 1 erfassten Bestimmungen den ihnen bereits in den jeweiligen Beitrittsakten zugewiesen Charakter (vgl. Art. 9 der Beitrittsakte von 1994): Obwohl sie an sich primärrechtlichen Rang haben, unterliegen sie in Bezug auf die Änderungsverfahren denselben Regeln wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen.

 

Artikel 4:

Dieser Artikel bestimmt, dass die Rechtsakte der Gemeinschaften und der EU, die vor den Beitritten erlassen wurden, ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts in englischer, dänischer, griechischer, spanischer, portugiesischer, finnischer und schwedischer Sprachfassung gleichermaßen verbindlich sind. Er fasst damit die bereits in den einzelnen Beitrittsakten enthaltenen einschlägigen Bestimmungen zusammen (vgl. Art. 170 der Beitrittsakte von 1994).

 

Artikel 5:

Mit diesem Artikel, der zur Gänze neu formuliert wurde, wird ein Mechanismus zur Aufhebung der Übergangsbestimmungen, die im Laufe der Zeit hinfällig werden, geschaffen. Demnach kann der Rat einstimmig und nach Anhörung der Europäischen Parlaments Übergangsbestimmungen durch Europäisches Gesetz aufheben, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Dieser Mechanismus, der in keinem Beitrittsvertrag vorgesehen ist, erlaubt es überflüssig gewordene Bestimmungen auszusondern, ohne auf das Verfahren zur Vertragsrevision zurückgreifen zu müssen.

 

ZU TITEL II

Dieser Titel enthält Bestimmungen aus der Akte betreffend die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (Art. 6 bis Art. 20).

 

ZU TITEL III

Dieser Titel enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Hellenischen Republik (Art. 21 bis Art. 26).

 

ZU TITEL IV

Dieser Titel enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (Art. 27 bis Art. 45).

 

ZU TITEL V

Dieser Titel enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden (Art. 46 bis Art. 74).

 

Artikel 46 bis 49:

Diese Artikel, die den Art. 108 und 141 bis 143 der Beitrittsakte von 1994 entsprechen, betreffen nur Finnland und Schweden.

 

Artikel 50:

Dieser Artikel entspricht Art. 144 der Beitrittsakte von 1994. Er bezieht sich auf die Beihilfen, die vor dem Beitritt gewährt wurden, und sieht vor, dass nur diejenigen als bestehende Beihilfen gelten, die der Kommission bis zum 30. April 1995 mitgeteilt wurden. Bestehende Beihilfen und Vorhaben zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen, die der Kommission vor dem 1. Jänner 1995 mitgeteilt wurden, gelten ab diesem Tag als notifiziert.

 

Artikel 51:

Dieser Artikel entspricht Art. 148 der Beitrittsakte von 1994. Er normiert die Beschlussfassungsmodalitäten für den Rat für die Durchführung der Bestimmungen über die Landwirtschaft (Art. 47 bis 52 des Protokolls).

 

Artikel 52:

Dieser Artikel entspricht Art. 149 der Beitrittsakte von 1994. Auf Grundlage dieses Artikels kann der Rat den - am 31. Dezember 1997 endenden - Zeitraum für Übergangsmaßnahmen für die Überleitung zur Anwendung der gemeinsamen Marktorganisationen verlängern.

 

Artikel 53:

Mit diesem Artikel, der Art. 88 Abs. 2 und Art. 155 Abs. 2 der Beitrittsakte von 1994 entspricht, werden die Art. 51 und 52 auf Fischereierzeugnisse für anwendbar erklärt.

 

Artikel 54:

Dieser Artikel entspricht Art. 151 Abs. 1 der Beitrittsakte von 1994. In dieser Bestimmung wird auf diejenigen in Anhang XV der Beitrittsakte festgelegten Übergangsmaßnahmen Bezug genommen, die entweder Fristen enthalten, die noch nicht abgelaufen sind, oder keine Fristen vorsehen. Angeführt werden Übergangsmaßnahmen betreffend Landwirtschaft (Punkte VII.B.I, VII.D.1, VII.D.2.c), betreffend Steuern (Punkte IX.2.b, c, f, g, h, i, j, l, m, n, x, y, z und aa), und betreffend Verschiedenes (Punkte X. a, b, und c). Durch diesen Verweis wird sichergestellt, dass die genannten Bestimmungen gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 2. Anstrich, des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkungen behalten.

 

Artikel 55:

Mit diesem Artikel werden die Absätze 4, 5 und 7 des Art. 172 der Beitrittsakte von 1994 übernommen, die die Gültigkeit von Beschlüssen der EFTA-Überwachungsbehörde nach dem 1. Jänner 1995 regeln.

 

Artikel 56 bis 59:

Mit diesen Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte von 1994 über die Ålandinseln übernommen. Neu hinzugekommen ist Art. 59, der auf die Erklärung Nr. 31 zur Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist. Diese Erklärung übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 2 von 1994, in der auf den völkerrechtlichen Sonderstatus dieser Inseln Bezug genommen wird. Mit diesem neuen Artikel wird gewährleistet, dass die in dieser Erklärung enthaltenen vormaligen Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des hier inhaltlich übernommenen verfügenden Teils des genannten Protokolls bilden.

 

Artikel 60 bis 62:

Mit diesen Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 3 zur Beitrittsakte von 1994 über die Samen übernommen. Neu hinzugekommen ist Art. 62, der auf die Erklärung Nr. 32 zur Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist. Diese Erklärung übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 3 von 1994, in der auf die Verpflichtung Schwedens und Finnlands zu Erhaltung der traditionellen Kultur der Samen Bezug genommen wird. Mit diesem neuen Artikel wird gewährleistet, dass die in dieser Erklärung enthaltenen vormaligen Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des hier inhaltlich übernommenen verfügenden Teils des genannten Protokolls bilden.

 

Artikel 63:

Dieser Artikel übernimmt Art. 2 des Protokolls Nr. 6 zur Beitrittsakte von 1994 über Sonderbestimmungen im Rahmen der Strukturfonds in Finnland und Schweden.

 

Artikel 64 bis 73:

Mit diesen Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 9 zur Beitrittsakte von 1994 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in Österreich (Transitprotokoll) übernommen. Zur Gänze übernommen wurden dabei die Art. 2 bis 9 des ursprünglichen Protokolls betreffend den Schienenverkehr und den kombinierten Verkehr (jetzt Art. 65 bis 71). Ebenso übernommen wurden Teile des Art. 1 zu den Begriffsbestimmungen und des Art. 16 zum Komitologieverfahren (jetzt Art. 64 und 73).

 

Einen Sonderfall stellt Art. 72 dar, der die Regelung zum so genannten Ökopunktesystem enthält. Dieser Artikel übernimmt den Text der Art. 10 und 11 des ursprünglichen Protokolls, ohne allerdings eine technisch-redaktionelle Anpassung an den Verfassungsvertrag vorzunehmen. Diese Kompromisslösung war erforderlich, da aufgrund der Befristung des Ökopunktesystems mit 31. Dezember 2003 die Relevanz dieser Bestimmung im Sinne des Art. IV-437 Abs. 2 des Verfassungsvertrags über das genannte Datum hinaus von einigen Mitgliedstaaten in Frage gestellt wurde.

 

Artikel 74:

Mit diesen Artikeln werden die Bestimmung des Protokolls Nr. 10 zur Beitrittsakte von 1994 über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union übernommen. Durch den in Art. 74 enthaltenen Verweis auf die dem Protokoll Nr. 10 angehängte Liste wird Art. IV-437 Abs. 2 entsprechend sichergestellt, dass diese Liste weiterhin ihre Gültigkeit behält.

 

9. PROTOKOLL

betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik

Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik

 

Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags werden nicht nur die Gründungsverträge und die darauf folgenden Akte und Verträge, sondern auch alle Verträge über den Beitritt zu den Gemeinschaften und zur Union mit aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art. IV-437). In dem vorliegenden Protokoll werden gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 2. Anstrich, des Verfassungsvertrags diejenigen Bestimmungen des Beitrittsvertrags und der Beitrittsakte von 2003 übernommen oder angeführt, die auch nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung behalten.

 

Die Aufhebung der Beitrittsverträge betrifft auch die darin enthaltenen Bestimmungen zur Änderung des Euratom-Vertrags, der seinerseits nicht von Art. IV-437 erfasst wird. Durch die Beifügung des vorliegenden Protokolls zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft und durch Art. 1 des Protokolls Nr. 36 zur Änderung des EAGV ist allerdings sichergestellt, dass die durch den Beitrittsvertrag von 2003 vorgenommenen Änderungen in Bezug auf den Euratom-Vertrag in ihrer rechtlichen Wirkung nicht berührt werden (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 36).

 

Da der Beitrittsvertrag für die zehn neuen Mitgliedstaaten erst am 1. Mai 2004 in Kraft getreten ist, sind fast alle seine Bestandteile noch relevant. Im Gegensatz zu den ersten vier Beitrittsverträgen (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 8) mussten daher die meisten Bestimmungen der Beitrittsakte durch das vorliegende Protokoll übernommen werden.

 

Die übernommenen Bestimmungen wurden in ihrer Substanz unverändert gelassen. Es wurden nur die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um sie an die Vorgaben des Verfassungsvertrags anzupassen. In den Bestimmungen, die Rechtsgrundlagen enthalten, wurde auf die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsaktformen zurückgegriffen (Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische Verordnung, Europäischer Beschluss).

 

Nicht durch das vorliegende Protokoll übernommen wurden die drei Artikel des eigentlichen Beitrittsvertrags, die rechtlich gegenstandslos geworden sind. Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags sind die Mitgliedstaaten, die den Gemeinschaften und der Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind, Mitglieder der Europäischen Union, und zwar nicht kraft ihres Beitrittsvertrags, sondern aufgrund der Tatsache, dass sie zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten die Hohen Vertragsparteien sind, die den Verfassungsvertrag, der das neue rechtliche Fundament der Union bildet, geschlossen haben. Ebenfalls nicht übernommen wurden die Bestimmungen der Beitrittsakte, die von den Bestimmungen des Verfassungsvertrags abgedeckt werden (dies betrifft z. B. die meisten institutionellen Bestimmungen) oder die bereits zum Zeitpunkt des Beitritts ihren Zweck erfüllt haben.

 

Was die der Beitrittsakte aus 2003 beigefügten zehn Protokollen anbelangt, so wurden ihre weiterhin relevanten verfügenden Teile in das vorliegende Protokoll übertragen.

 

Entsprechend dem Konzept, das auch im Protokoll Nr. 8 zu den ersten vier Beitrittsverträgen verfolgt wurde, wurden die Präambeln dieser Protokolle als eigene Erklärungen der Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügt. Konkret betrifft dies die folgenden Erklärungen:

-       Erklärung Nr. 33 zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 3 zur Beitrittsakte von 2003. Mit der Erklärung Nr. 34 wird die diesem Protokoll unmittelbar angehängte Erklärung der Kommission übernommen.

-       Erklärung Nr. 35 zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 4 zur Beitrittsakte von 2003.

-       Erklärung Nr. 36 zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 5 zur Beitrittsakte von 2003.

-       Erklärung Nr. 37 zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 9 zur Beitrittsakte von 2003.

-       Erklärung Nr. 38 zu Zypern übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 10 zur Beitrittsakte von 2003.

 

Um zu gewährleisten, dass die in diesen Erklärungen enthaltenen vormaligen Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des verfügenden Teils der genannten Protokolle bilden, wurden am Ende der Titel des vorliegenden Protokolls, in denen die verfügenden Teile dieser Protokolle übernommen wurden, jeweils ein neuer Artikel angefügt, in dem der Stellenwert dieser Erklärungen verdeutlicht wird (Art. 51, 56, 60, 67 und 72).

 

Die Erklärungen, die der Schlussakte der Konferenz, die den Beitrittsvertrag ausgearbeitet hat, beigefügt sind, wurden nicht eigens übernommen. Sie haben – ebenso wie die Erklärungen zu den Gründungsverträgen und den nachfolgenden Revisionsverträgen –  gemäß Art. IV-438 Abs. 3 des Verfassungsvertrags weiter Bestand.

 

Neben den fünf genannten Artikeln sind nur wenige Bestimmungen des vorliegenden Protokolls neu und finden nicht ihre Entsprechung in der Beitrittsakte. In der Folge werden daher nur die Struktur des Protokolls sowie die neu dazugekommenen Bestimmungen dargestellt. In Bezug auf die Bestimmungen dieses Protokolls, die vom Beitrittsvertrag übernommen wurden, wird auf die Erläuterungen zum Vertrag über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union verwiesen (Seite 230 der Beilagen XXII. GP - Staatsvertrag – Materialien).

 

Das Protokoll besteht aus drei Teilen, wobei der Struktur des Beitrittsvertrags gefolgt wird. Der erste Teil enthält die weiterhin relevanten Bestimmungen der Beitrittsakte im vollen Wortlaut sowie einige neu gefasste horizontale Bestimmungen. Im zweiten Teil werden die weiterhin relevanten Bestimmungen der Protokolle, die der Beitrittsakte 2003 beigefügt sind, übernommen. Der dritte Teil betrifft die Anhänge zur Beitrittsakte und die dazugehörigen Anlagen:

 

Erster Teil - Bestimmungen über die Beitrittsakte vom 16. April 2003

Titel I Grundsätze (Art. 1 bis 11)

Dieser Titel übernimmt die Art. 1 bis 10 und 58 der Beitrittsakte aus 2003.

 

Art. 2 entspricht Art. 2 der Beitrittsakte aus 2003. Im Unterschied zu Art. 2 der Beitrittsakte stellt er nicht auf den Tag des Beitritts ab, sondern bestimmt, dass die mit dem Beitritt verbundenen Rechte und Pflichten mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004 gelten. Diese Präzisierung ist aufgrund der Aufhebung des Beitrittsvertrags durch Art. IV-437 erforderlich.

 

Teilweise neu formuliert wurde Art. 8 Abs. 1. Dieser legt fest, dass die Bestimmungen der Beitrittsakte, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte der Gemeinschaft zum Inhalt haben, weiterhin in Kraft bleiben. Erfasst wird damit der Anhang II der Beitrittsakte, der die meisten der im Zuge des Beitritts erforderlichen technischen Anpassungen des Sekundärrechts enthält (vgl. auch Erläuterungen zu Art. 74). Dieser Artikel stellt eine Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 3 dar, wonach der gesamte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags bestehende Besitzstand in Kraft bleibt. Darüber hinaus wird in Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 4 festgehalten, dass die Rechtssprechung des EuGH und des EuGI zu diesen Bestimmungen weiterhin maßgeblich bleibt. Abs. 2 übernimmt Art. 9 der Beitrittsakte und bestimmt, dass die von Abs. 1 erfassten Bestimmungen denselben Rechtscharakter aufweisen und denselben Änderungsverfahren unterliegen wie die durch sie aufge­hobenen oder geänderten Bestimmungen.

 

Neu hinzugekommen ist Art. 10, mit dem ein Mechanismus zur Aufhebung der Übergangsbestimmungen, die im Laufe der Zeit hinfällig werden, geschaffen wird. Demnach kann der Rat einstimmig und nach Anhörung der Europäischen Parlaments Übergangsbestimmungen durch Europäisches Gesetz aufheben, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Dieser Mechanismus, der in keinem Beitrittsvertrag vorgesehen ist, erlaubt es überflüssig gewordene Bestimmungen auszusondern, ohne auf das Verfahren zur Vertragsrevision zurückgreifen zu müssen.

 

Titel II - Ständige Bestimmungen (Art. 12 bis 14)

Dieser Titel übernimmt die Art. 21 bis 23 der Beitrittsakte von 2003.

 

Titel III - Bestimmungen mit begrenzter Geltungsdauer (Art. 15 bis 32)

Dieser Titel übernimmt die Art. 24, 27 bis 42 und 52 der Beitrittsakte von 2003.

 

Titel IV - Anwendbarkeit der Rechtsakte der Organe (Art. 33 bis 37)

Dieser Titel übernimmt die Art. 53, 54, 56, 57 und 59 der Beitrittsakte von 2003.

 

Zweiter Teil - Bestimmungen über die Protokolle

Titel I - Übergangsbestimmungen für die Europäische Investitionsbank (Art. 38 bis 41)

Dieser Titel übernimmt die Art. 2 bis 5 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte von 2003.

Titel II - Bestimmungen über die Umstrukturierung der tschechischen Stahlindustrie (Art. 42)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 2 zur Beitrittsakte von 2003.

Titel III - Bestimmungen über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern (Art. 43 bis 51)

Dieser Titel übernimmt die Art. 2 bis 9 des Protokolls Nr. 3 zur Beitrittsakte von 2003.

Neu hinzugekommen ist Art. 51, der auf die Erklärung Nr. 33 in der Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).

Titel IV - Bestimmungen über das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

(Art. 52 bis 56)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 4 zur Beitrittsakte von 2003.

Neu hinzugekommen ist Art. 56, der auf die Erklärung Nr. 35 in der Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).

Titel V - Bestimmungen über den Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der russischen Föderation (Art. 57 bis 60)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 5 zur Beitrittsakte von 2003.

Neu hinzugekommen ist Art. 60, der auf die Erklärung Nr. 36 in der Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).

Titel VI - Bestimmungen über den Erwerb von Zweitwohnsitzen in Malta
(Art. 61)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 6 zur Beitrittsakte von 2003.

Titel VII - Bestimmungen über den Schwangerschaftsabbruch in Malta (Art. 62)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 7 zur Beitrittsakte von 2003.

Titel VIII - Bestimmungen über die Umstrukturierung der polnischen Stahlindustrie (Art. 63)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 8 zur Beitrittsakte von 2003.

Titel IX - Bestimmungen über die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der Slowakei (Art. 64 bis 67)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 9 zur Beitrittsakte von 2003.

Neu hinzugekommen ist Art. 67, der auf die Erklärung Nr. 37 in der Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).

Titel X - Bestimmungen über Zypern (Art. 68 bis Art. 72)

Dieser Titel übernimmt das Protokoll Nr. 10 zur Beitrittsakte von 2003.

Neu hinzugekommen ist Art. 72, der auf die Erklärung Nr. 38 in der Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).

Dritter Teil - Bestimmungen über die Anhänge der Beitrittsakte vom 16. April 2003

 

Art. 73 entspricht Art. 60 der Beitrittsakte von 2003. In dieser Bestimmung wird auf die Anhänge I und III bis XVII der Beitrittsakte von 2003, auf die dazugehörigen Anlagen sowie auf die Anhänge der Protokolle Nr. 2, 3 und 8 der Beitrittsakte von 2003 verwiesen. Durch diesen Verweis bleiben die genannten Anhänge und Anlagen gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 2. Anstrich, des Verfassungsvertrags in Kraft und behalten ihre Rechtswirkungen. Ausgenommen von dieser Übernahme durch Verweis sind nur die Anhänge II und XVIII. Die in Anhang II enthaltenen Änderungen der Rechtsakte der Organe werden durch Art. 8 des vorliegenden Protokolls erfasst (vgl. Erläuterungen zu Art. 8). Anhang XVIII, der diejenigen Ausschüsse aufzählt, die mit 1. Mai 2004 vollständig neu zu besetzen waren, ist nicht mehr rechtswirksam.

 

Da durch Art. 73 weite Teile der Beitrittsakte ohne weitere Anpassungen übernommen werden, wird in Art. 74 zum Teil unter Zuhilfenahme von Übereinstimmungstabellen bestimmt, wie die verschiedenen Bezugnahmen und Verweise in diesen Anhängen und Anlagen zu lesen sind.

 

10. PROTOKOLL

über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit

 

Das Maastrichter  „Protokoll Nr. 20 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“ wird inhaltlich unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen.

 

Das Protokoll enthält ergänzende Bestimmungen zur Durchführung des in Art. III-184 festgelegten Verfahrens bei übermäßigen Defiziten.

Hervorzuheben ist, dass die in dem Protokoll verankerten primärrechtlichen Bestimmungen gemäß Art. III-184 Abs. 13 UAbs. 2 – unverändert im Vergleich zu Art. 104 Abs. 14 UAbs. 2 EGV - einem vereinfachten Änderungsverfahren durch ein Europäisches Gesetz des Rates unterliegen, das eine einstimmige Beschlussfassung des Rates – nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank -, jedoch keine Ratifikation durch die Mitgliedstaaten vorsieht.

Außerdem werden gemäß Art. III-184 Abs. 13 UAbs. 3 – der Art. 104 Abs. 14, UAbs. 3, EGV entspricht - Einzelheiten und Begriffsbestimmungen zur Durchführung des Protokolls in vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit zu erlassenden Europäischen Verordnungen oder Beschlüssen festgelegt.

 

11. PROTOKOLL

über die Konvergenzkriterien

 

Das Protokoll übernimmt inhaltlich unverändert das Maastrichter Protokoll Nr. 21 zum EGV. In dem Protokoll werden die Konvergenzkriterien näher festgelegt, die die Union bei Beschlüssen zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Euro-Zone gem. Art. III-198 leiten sollen.

 

12. PROTOKOLL

Betreffend die Euro-Gruppe

 

Dieses Protokoll ist neu und enthält ergänzende Bestimmungen zu dem in Teil III Titel III des Verfassungsvertrages in Kapitel II „Wirtschafts- und Währungspolitik“ neu eingeführten Abschnitt 4 „Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist“(Art. III-194 bis III-196). Art. III-195 verweist hinsichtlich der Einzelheiten für die Tagungen der Minister der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, auf das Protokoll Nr. 12.

Gemäß dem ersten Erwägungsgrund des Protokolls wird die Förderung einer immer engeren Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet mit dem Wunsch verfolgt, die Voraussetzungen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der gesamten EU zu verbessern.

 

Der zweite Erwägungsgrund unterstreicht das Ziel, dass der Euro zur Währung aller Mitgliedstaaten werden soll. Besondere Bestimmungen für einen verstärkten Dialog innerhalb der Euro-Gruppe werden für solange als notwendig erachtet, als dieses Ziel noch nicht erreicht ist. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nur für zwei Mitgliedstaaten eine primärrechtliche Ausnahme von der Verpflichtung, den Euro – im Einklang mit den im Verfassungsvertrag festgelegten Voraussetzungen und Verfahren – einzuführen, besteht. Gemäß Protokoll Nr.13 (siehe dortige Erläuterungen) ist das Vereinigte Königreich nicht zur Einführung des Euro verpflichtet und gemäß Protokoll Nr. 14 (siehe dortige Erläuterungen) ist Dänemark von der Einführung des Euro freigestellt.

 

Art. 1 schafft eine primärrechtliche Grundlage für die bereits etablierte Praxis, dass die Minister der Euro-Gruppe zu informellen Sitzungen zusammentreten, um Fragen, die im Zusammenhang mit der einheitlichen Währung stehen, gemeinsam zu erörtern. Die Kommission nimmt an den Sitzungen teil. Die Europäische Zentralbank wird zu den Sitzungen eingeladen.

Die Vorbereitung der Sitzungen erfolgt durch die Vertreter der für Finanzen zuständigen Minister der Euro-Gruppe und der Kommission.

 

Gemäß Art. 2  wählen die Minister der der Euro-Gruppe angehörenden Mitgliedstaaten mit einfacher  Mehrheit einen Präsidenten der Euro-Gruppe für die Dauer von zweieinhalb Jahren.

 

13. PROTOKOLL

über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion

 

Das Protokoll Nr. 13 entspricht Protokoll Nr. 25 „über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland“ aus 1992 zum Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurde hinsichtlich seines Inhaltes an die Rechtslage des Verfassungsvertrages angepasst. Das Protokoll Nr. 25 aus dem Jahr 1992 sieht im Art. 1 vor, dass das Vereinigte Königreich dem Rat notifiziert, ob es den Übergang zur dritten Stufe beabsichtigt. Die Regierung des Vereinigten Königreichs hat dem Rat am 16. Oktober 1996 und am 30. Oktober 1997 notifiziert, dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion teilzunehmen. Das Protokoll Nr. 13 trägt dieser Notifikation im zweiten Erwägungspunkt Rechnung.

 

14. PROTOKOLL

über einige Bestimmungen betreffend Dänemark hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion

 

Das Protokoll Nr. 14 entspricht Protokoll Nr. 26 „über einige Bestimmungen betreffend Dänemark“ aus 1992 zum Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Hinsichtlich seines Inhaltes wurde es an den Verfassungsvertrag angepasst.

 

15. PROTOKOLL

über bestimmte Aufgaben der Nationalbank Dänemarks

 

Das Protokoll entspricht Protokoll Nr. 22 betreffend Dänemark aus 1992 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

 

16. PROTOKOLL

über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft

 

Dieses Protokoll entspricht Protokoll Nr. 27 betreffend Frankreich aus 1992 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

 

17. PROTOKOLL

über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengenbesitzstand

 

Das Protokoll Nr.17 ersetzt das „Amsterdamer Protokoll Nr. 2 zu EUV und EGV zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der EU“, wobei die vorgenommenen Änderungen folgenden Umständen Rechnung tragen:

 

-       Die Einbeziehung des Schengen-Besitzstandes in den Rechtsrahmen der Europäischen Union wurde auf der Basis des Amsterdamer Protokolls mittlerweile bereits vollzogen. Der den Schengen-Besitzstand definierende Anhang des Amsterdamer Protokolls konnte daher - ebenso wie dessen Art. 5 Abs. 2 und Art. 7  - ersatzlos gestrichen werden.

 

-       Der Kreis der Teilnehmer an der durch das Amsterdamer Protokoll eingerichteten verstärkten Zusammenarbeit in den Bereichen, die den Schengen-Besitzstand bilden, ist auf der Basis des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 beigetretenen zehn Mitgliedstaaten auf insgesamt 23 Mitgliedstaaten angewachsen.

 

-       Durch die mit dem Verfassungsvertrag verbundene Aufhebung der Säulenstruktur und die Ausweitung der Opt-Out-Regelungen für Dänemark im „Protokoll Nr. 20 über die Position Dänemarks“ auf den gesamten Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (siehe Erläuterungen zu diesem Protokoll) konnten die den Schengen-Besitzstand betreffenden Regelungen für Dänemark, das Vereinigte Königreich und Irland vereinfacht werden.

 

Art. 1 übernimmt die in Art. 1 des Amsterdamer Protokolls enthaltene Ermächtigung zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit, wobei als deren Anwendungsbereich nunmehr die „vom Rat festgelegten Bestimmungen, die den Schengen-Besitzstand“ bilden, bestimmt werden. Teilnehmer an dieser Verstärkten Zusammenarbeit sind 23 Mitgliedstaaten, d.h. alle Mitgliedstaaten außer dem Vereinigten Königreich und Irland. Die Verstärkte Zusammenarbeit hat innerhalb des institutionellen und rechtlichen Rahmens der EU und unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung zu erfolgen.

 

Art. 2 ist neu abgefasst, da die Bestimmungen des Art. 2 des Amsterdamer Protokolls obsolet geworden sind. Übernommen wird nur die Feststellung, dass der Rat an die Stelle des durch die Schengener Übereinkommen eingesetzten Exekutivausschusses tritt. Darüber hinaus heißt es nunmehr, dass der Schengen-Besitzstand für alle in Art. 1 genannten 23 Teilnehmer der verstärkten Zusammenarbeit anwendbar ist, unbeschadet der Bestimmungen von Art. 3 des Protokolls Nr. 9 zur Geltung und Anwendung des Schengen-Besitzstandes für die am 1. Mai 2004 der Europäischen Union beigetretenen Staaten.

 

Art. 3 ist neu abgefasst, indem hinsichtlich der Sonderbestimmungen unterliegenden Beteiligung Dänemarks an der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes nunmehr auf die einschlägigen Bestimmungen (insbesondere Art. 4) des Protokolls Nr. 20 über die Position Dänemarks verwiesen wird (siehe Erläuterungen zum Protokoll Nr. 20).

 

Art. 4 entspricht Art. 4 des Amsterdamer Protokolls.

Art. 5 entspricht Art. 5 Abs. 1 des Amsterdamer Protokolls mit redaktionellen Anpassungen.

Art. 6 entspricht Art. 6 des Amsterdamer Protokolls.

Art. 7 entspricht Art. 8 des Amsterdamer Protokolls.

 

18. PROTOKOLL

über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland

 

Das Protokoll entspricht Protokoll Nr. 3 aus 1997 „über die Anwendung bestimmter Aspekte des Art. 14 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf das Vereinigte Königreich und auf Irland“.

 

19. PROTOKOLL

über die Position des Vereinigten Königreiches und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit

 

Dieses Protokoll übernimmt die Bestimmungen des Amsterdamer Protokolls Nr. 4 zu EUV und EGV „über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands“ und dehnt den Anwendungsbereich der darin festgelegten Opt Out / Opt In-Regelungen betreffend Grenzkontrollen, Asyl, Immigration und Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen (die Titel IV des EGV entsprechenden Art. III-265 bis Art. III-269) auf jene Aspekte der gemäß Art. III-263 erlassenen Rechtsakte zur Festlegung von Einzelheiten für die Bewertung der gesamten Unionspolitik im Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes aus,

-       die die vorgenannten Politikbereiche (Art. III-265 bis Art. III-269) betreffen;

-       die Verwaltungszusammenarbeit gemäß Art. III-263 im gesamten Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes betreffen;

-       die den Informationsaustausch in der Polizeikooperation gemäß Art. III-275 Abs. 2 lit. a betreffen.

 

In Art. 1 und Art. 3 des Protokolls werden die in Art. I-25 und in Art. III-343 festgelegten Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen das Vereinigte Königreich und Irland Opt Out-/ Opt In-Regelungen genießen, in folgender Weise angepasst:

-       Für einstimmig zu erlassende Rechtsakte des Rates ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme der Vertreter der Regierungen Großbritanniens und Irlands erforderlich.

-       Für Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 55% der nach Abzug des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Für eine Sperrminorität ist dann mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die nach Abzug der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und Irlands mehr als 35% der verbleibenden Unionsbevölkerung vertreten zuzüglich eines weiteren Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

-       Für nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union zu erlassende Rechtsakte, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 72% der nach Abzug des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Dazu ist anzumerken, dass in den von den Bestimmungen des Protokolls Nr.19 erfassten Bereichen das Initiativmonopol der Kommission für Rechtsakte besteht. Hinsichtlich von Übereinkünften mit Drittländern gemäß Art. III-267 Abs.3 erfolgt die Aufnahme von Verhandlungen jedoch entsprechend Art. III-325 nicht auf Vorschlag der Kommission.

-       Bis 31. Oktober 2009 ist für die Definition der qualifizierten Mehrheit Art. 2 Abs. 4 zweiter Unterabsatz des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ maßgeblich.

 

 

20. PROTOKOLL

über die Position Dänemarks

 

Dieses Protokoll übernimmt die Bestimmungen des Amsterdamer Protokolls Nr. 5 zu EUV und EGV „über die Position Dänemarks“ mit folgenden wesentlichen Änderungen:

 

-       Das Opt-Out Dänemarks im Bereich des Titels IV EGV (Visa, Asyl, Migration und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen) wird auf die strafjustizielle Zusammenarbeit und die Polizeikooperation ausgedehnt und umfasst somit den gesamten Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

-       Auf Wunsch Dänemarks können die Opt-Out-Regelungen betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts jederzeit in Opt-In-Regelungen übergeführt werden, die im Wesentlichen jenen des Protokolls Nr. 19 für das Vereinigte Königreich und Irland entsprechen.

 

TEIL I

Dieser Teil regelt die Position Dänemarks zu den Bestimmungen des Verfassungsvertrags betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.

 

In Art. 1 wird das im Amsterdamer Protokoll auf die Bereiche des Titels IV EGV (Visa abgesehen von Maßnahmen gemäß Art. 62 Abs. 2 lit. b i) erster Halbsatz und lit. b iii), Asyl, Migration und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen) beschränkte Opt-Out auf den gesamten Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ausgedehnt: d.h. Dänemark beteiligt sich nicht am Erlass von Maßnahmen durch den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV (Art. III-257 bis Art. III-277) des Verfassungsvertrags vorgeschlagen werden. Ausgenommen von diesem Opt-Out sind gemäß Art.7 des Protokolls weiterhin Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten ein Visum benötigen sowie Maßnahmen zur einheitlichen Visumgestaltung.

In Art. 1 werden ferner die in Art. I-25 und in Art. III-343 festgelegten Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen die oben genannte Sonderposition Dänemarks besteht, in folgender Weise angepasst:

-       Für einstimmig zu erlassende Rechtsakte des Rates ist die Zustimmung der Mitglieder des Rates mit Ausnahme des Vertreters Dänemarks erforderlich.

-       Für Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 55% der nach Abzug Dänemarks verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung Dänemarks verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Für eine Sperrminorität ist dann mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die nach Abzug der Bevölkerung Dänemarks mehr als 35% der verbleibenden Unionsbevölkerung vertreten zuzüglich eines weiteren Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.

-       Für nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union zu erlassende Rechtsakte, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 72% der nach Abzug Dänemarks verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung Dänemarks verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Diese Regelung ist vor allem für die Bereiche der strafjustiziellen Zusammenarbeit und der Polizeikooperation relevant, in denen gemäß Art. III-264 neben der Kommission auch einem Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht zukommt.

-       Bis 31. Oktober 2009 ist für die Definition der qualifizierten Mehrheit Art. 2 Abs. 4 zweiter Unterabsatz des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ maßgeblich.

 

Artikel 2 entspricht inhaltlich Art. 2 des Amsterdamer Protokolls.

 

Artikel 3 entspricht inhaltlich Art. 3 des Amsterdamer Protokolls.

 

Artikel 4 passt Art. 5 des Amsterdamer Protokolls an den Verfassungsvertrag an. In Abs. 2 wird klar gestellt, das Dänemark in Bezug auf den Schengen-Besitzstand die vor dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrags bestehenden Rechte und Pflichten behält.

 

In Abs. 1 der gemeinsamen Erklärung Nr. 39 zum Protokoll Nr. 20 wird folgende Klarstellung Dänemarks zur Kenntnis genommen: Dänemark wird in Bezug auf Rechtsakte, die vom Rat allein oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu erlassen sind und die für Dänemark sowohl anwendbare als auch gemäß Teil I des Protokolls Nr. 20 nicht anwendbare Bestimmungen enthalten, nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch machen, um den Erlass von Bestimmungen zu verhindern, die nicht auf Dänemark anwendbar sind.

 

TEIL II

Dieser Teil regelt die Position Dänemarks zu den Bestimmungen des Verfassungsvertrags über die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik entsprechend Teil II, Art. 6 des Amsterdamer Protokolls.

 

Gemäß Art. 5 beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben. Dies gilt hinsichtlich der vom Rat nach Art. I-41, Art III-295 Abs. 1 und Art III-309 bis Art III-313 erlassenen Maßnahmen. Vom Opt-Out erfasst sind damit auch die vom Europäischen Rat gemäß Art. III-295 Abs.1 bestimmten allgemeinen Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, sofern diese verteidigungspolitische Bezüge beinhalten.

Die Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen die oben genannte Sonderposition Dänemarks besteht, werden in gleicher Weise wie in Artikel 1 des Protokolls geregelt (siehe dortige Erläuterungen).

 

In Abs. 2 der gemeinsamen Erklärung Nr. 39 zum Protokoll Nr. 20 wird die Klarstellung Dänemarks zur Kenntnis genommen, dass seine Beteiligung an Maßnahmen oder Rechtsakten in Zusammenhang mit der Solidaritätsklausel (Art I-43 und Art III-329) in Einklang mit Teil I und Teil II des Protokolls Nr. 20 erfolgen wird.

 

 

TEIL III

Art. 6 ist neu und stellt klar, dass die Opt Out-Regelungen des Protokolls Nr.20 auch für alle Maßnahmen gelten, die auf der Basis der Opt Outs des Amsterdamer Protokolls getroffen wurden und die entsprechend Art. IV-438 auch nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrages in Kraft bleiben.

 

Art. 7 entspricht Art. 4 des Amsterdamer Protokolls, der bestimmt dass Maßnahmen zur Bestimmungen visapflichtiger Drittstaaten sowie zur einheitlichen Visumgestaltung nicht von den Opt Out-Regelungen des Teils I des Protokolls Nr.20 erfasst sind.

 

TEIL IV

Art. 8 betreffend das Recht Dänemarks, jederzeit von diesem Protokoll insgesamt oder zum Teil keinen Gebrauch mehr zu machen, entspricht Art. 7 des Amsterdamer Protokolls.

 

Art. 9 ist neu und schafft die Möglichkeit, dass die Opt Out-Regelungen von Teil I des Protokolls betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf Wunsch Dänemarks in Opt-In-Regelungen übergeführt werden.

Gemäß Abs.1 erfolgt eine solche Überführung durch eine Mitteilung Dänemarks an die anderen Mitgliedstaaten, die am ersten Tag des auf die Mitteilung folgenden Monats in Kraft tritt. In diesem Fall werden die Art. 1 bis 4 (Teil I) des Protokolls Nr. 20 durch die Art. 1 bis 7 ersetzt, die im Anhang zum Protokoll Nr. 20 festgelegt sind.

Gemäß Abs. 2 sind sechs Monate nach dem Wirksamwerden der neuen Anhangbestimmungen zu Teil I des Protokolls der gesamte Schengen-Besitzstand und alle zur Ergänzung dieses Besitzstandes erlassenen Maßnahmen, die für Dänemark bis dahin als Verpflichtungen im Rahmen des Völkerrechts bindend waren, für Dänemark als Unionsrecht bindend.

 

ANHANG

Der Anhang enthält sieben Artikel, die im Falle einer Mitteilung Dänemarks gemäß Art. 9 Abs. 1 des Protokolls die Art. 1 bis 4 dieses Protokolls ersetzen werden. Die Bestimmungen des Anhangs sehen eine dem Protokoll Nr.19 zur Position des Vereinigten Königreiches und Irlands entsprechende „Opt-In-Regelung“ vor.

 

Art. 1 des Anhangs entspricht dem derzeitigen Art. 1 des Protokolls, wobei die Opt-Outs nur dann zum Tragen kommen, wenn Dänemark nicht Art. 3 des Anhangs in Anspruch nimmt.

 

Art. 2 des Anhangs entspricht dem derzeitigen Art. 2 des Protokolls.

 

Art. 3 des Anhangs ist Art. 3 des Protokolls Nr.19 zur Position des Vereinigten Königreiches und Irlands nachgebildet. Danach kann Dänemark dem Präsidenten des Rates die Teilnahme an Erlass und Anwendung einer bestimmten Maßnahme innerhalb von drei Monaten nach Vorlage des konkreten Vorschlags mitteilen, was Dänemark daraufhin gestattet ist. Verhindert Dänemark in der Folge die Annahme der betreffenden Maßnahme, hat der Rat, nach Verstreichen eines “angemessenen Zeitraums“ die Möglichkeit, die Maßnahme auch ohne Dänemark  zu beschließen.

 

Art.  4 des Anhangs ist Art. 4 des Protokolls Nr.19 zur Position des Vereinigten Königreiches und Irlands nachgebildet. Will sich Dänemark an einer bereits beschlossenen Maßnahme im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen, findet das Verfahren des Art. III-420 Abs. 1 über die Verstärkte Zusammenarbeit sinngemäß Anwendung. (Entscheidung der Kommission innerhalb von vier Monaten nach Mitteilung des Beteiligungswunsches).

 

Art. 5 des Anhangs enthält Sonderregelungen für den Fall, dass das von Dänemark gemäß Art. 3 oder 4 des Anhangs in Anspruch genommene Opt-In den Schengen-Besitzstand betrifft.

 

Art. 6 des Anhangs stellt klar, das Dänemark bei Inanspruchnahme des Opt-Ins hinsichtlich der betreffenden Maßnahmen an die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung gebunden ist.

 

Art. 7 des Anhangs schränkt den materiellen Gehalt des derzeitigen Art. 3 des Protokolls auf jene Maßnahmen ein, bei denen Dänemark nicht von der Möglichkeit des Opt-Ins Gebrauch macht.

 

21. PROTOKOLL

über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen

 

Dieses Protokoll entspricht dem gleichnamigen Amsterdamer „Protokoll Nr. 31 zum EGV“.

 

22. PROTOKOLL

über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten

 

Dieses Protokoll entspricht dem gleichnamigen Amsterdamer „Protokoll Nr. 29 zum EGV“.

 

23. PROTOKOLL

über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit

gemäß Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung

Dieses neue Protokoll regelt die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedsstaaten.

 

Zur Präambel:

Die Präambel verweist auf die Bestimmungen der Art I-41 Abs. 6 und III-312 des Verfassungsvertrages zur Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und führt folgende Parameter für die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit an:

-       Die Gemeinsame Außen-. und Sicherheitspolitik zielt auf eine stärkere Konvergenz des Handelns der Mitgliedsstaaten ab;

-       Die GSVP ist Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und zielt auf die Stärkung der internationalen Krisenmanagementfähigkeiten der Union ab, wobei diese Aufgaben nur dank der von den Mitgliedsstaaten nach dem Grundsatz der „nur einmal einsetzbaren Streitkräfte“ bereitgestellten militärischen Fähigkeiten erfüllt werden;

-       Die GSVP lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedsstaaten unberührt;

-       Die GSVP achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO ergeben;

-       Die maßgebliche Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung trägt im Einklang mit den so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen (Modalitäten für die Zusammenarbeit zwischen EU und NATO im Bereich des Krisenmanagements) zur Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisse bei;

-       Die Union muss ihre ihr im Rahmen der Staatengemeinschaft obliegende Verantwortung wahrnehmen können;

-       Die Vereinten Nationen können die Union um Unterstützung bei der Durchführung von Missionen nach den Kap. VI und VII der Satzung der Vereinten Nationen ersuchen;

-       Die Stärkung der GSVP erfordert Anstrengungen der Mitgliedsstaaten im Bereich der Fähigkeiten;

-       Der Eintritt in eine neue Phase der GSVP erfordert entschieden Anstrengungen der dazu bereiten Mitgliedsstaaten;

-       Bedeutung der umfassenden Beteiligung des Außenministers an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit;.

 

Zu Artikel 1:

Der Art. hält fest, dass die Teilnahme an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit jedem Mitgliedstaat offen steht, der nach dem Inkrafttretens des Verfassungsvertrages folgende Verpflichtungen eingeht:

-       Entwicklung seiner Verteidigungsfähigkeit durch Ausbau seiner nationalen Beiträge und gegebenenfalls durch Beteiligung an multinationalen Streitkräften, Teilnahme an den wichtigsten europäischen Ausrüstungsprogrammen und an den Tätigkeiten der Europäischen Verteidigungsagentur; bis 2007 Stellung eines nationalen Kontingents oder Beteiligung an einem multinationalen Truppenverband mit bewaffneten Einheiten, die auf die in Aussicht genommenen Missionen ausgerichtet sind, taktisch als Gefechtsverband konzipiert sind, über Unterstützung u.a. für Transport und Logistik verfügen und fähig sind innerhalb von 5 bis 30 Tagen Missionen nach Art. III-309 aufzunehmen, um insbesondere Ersuchen der Vereinten Nationen nachzukommen, und diese Missionen für eine Dauer von zunächst 30 Tagen, die bis auf 120 Tage  ausgedehnt werden kann, aufrechtzuerhalten.

 

Zu Artikel 2:

Der Artikel stipuliert eine Verpflichtung der an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit teilnehmenden Staaten die in Art. 1 genannten Ziele durch folgende Maßnahmen zu erreichen:

-       Zusammenarbeit zur Verwirklichung zu vereinbarender Ziele für die Höhe der Investitionsausgaben für Verteidigungsgüter sowie die regelmäßige Überprüfung dieser Ziele;

-       Angleichung ihres Verteidigungsinstrumentariums, insbesondere durch Harmonisierung des militärischen Bedarfs, gemeinsame Nutzung bzw. gegebenenfalls Spezialisierung ihrer Verteidigungsmittel und -fähigkeiten, Zusammenarbeit auf den Gebieten Ausbildung und Logistik;

-       Stärkung der Verfügbarkeit, Interoperabilität, Flexibilität und Verlegungsfähigkeit ihrer Truppen, insbes. durch Festlegung diesbezüglicher gemeinsamer Ziele und gegebenenfalls Überprüfung der nationalen Beschlussfassungsverfahren;

-       Schließung von Fähigkeitslücken, die im Rahmen des „Mechanismus zur Entwicklung der Fähigkeiten“ festgestellt werden, durch multinationale Konzepte unbeschadet ihrer Verpflichtungen aus dem Nordatlantikvertrag;

-       Allenfalls Mitwirkung an der Entwicklung gemeinsamer oder europäischer Programme für wichtige Güter im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur.

 

Zu Artikel 3:

Der Artikel sieht vor, dass die Europäische Verteidigungsagentur zumindest einmal jährlich Bericht über ihre Beurteilung der Beiträge der teilnehmenden Mitgliedsstaaten zu den Fähigkeiten erstattet. Diese Beurteilung kann Grundlage für die Empfehlungen sowie die Europäischen Beschlüsse des Rates nach Art. III-312 (u.a. Aufnahme bzw. Ausscheiden eines Mitgliedstaates) sein.

 

24. Protokoll

Zu Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung

 

Dieses Protokoll entspricht dem durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Protokoll Nr. 1 „zu Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union“, das auf eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Westeuropäischen Union ausgerichtet ist.

 

Zur Präambel:

Ziel ist die volle Umsetzung von Art. I-41 (GSVP), wobei der besondere Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten und die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO ergeben, nicht berührt werden.

 

Zum Einzigen Artikel:

Vorgesehen ist eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Westeuropäischen Union.

 

25. PROTOKOLL

über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen raffinierten Erdölerzeugnissen in die Europäische Union

Dieses Protokoll übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 14 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

26. PROTOKOLL

betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark

 

Dieses Protokoll übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 16 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

27. PROTOKOLL

über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten

 

Dieses Protokoll übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 32 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

28. PROTOKOLL

zu Artikel III-214 der Verfassung

 

Dieses Protokoll betreffend bestimmte Leistungen aus einem betrieblichen System der sozialen Sicherheit übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 17 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Protokoll zu Art. 141 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft). Es wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

29. PROTOKOLL

über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt

 

Dieses Protokoll übernimmt das bisherige Protokoll Nr. 28 über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, das dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt war.

In Übereinstimmung mit Art. I-3 und Teil III Titel III Kapitel III Abschnitt 3 des Verfassungsvertrags stellt der Titel und der nachfolgende Text des Protokolls auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt ab. Neben der Streichung der durch Zeitablauf obsolet gewordenen Bestimmungen wurden die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

30. PROTOKOLL

über die Sonderregelung für Grönland

 

Dieses Protokoll übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 15 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen, und eine in der Zwischenzeit obsolet gewordene Bestimmung gestrichen.

 

31. PROTOKOLL

über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands

 

Dieses Protokoll betreffend das Recht ungeborenen menschlichen Lebens in der irischen Verfassung, das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist, übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 7 zu EUV und EGV.

 

32. PROTOKOLL

Zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

 

Zu Artikel 1:

Dieser Artikel soll sicherstellen, dass der Beitritt der Union zur EMRK unter Bedingungen erfolgt, die den besonderen Merkmalen der Union und des Unionsrechts Rechnung tragen. Beispielhaft werden zwei Bereiche angeführt, für die im Zuge des Beitritts besondere Regelungen für die Union gefunden werden müssen. Es sind dies der Bereich einer allfällige Beteiligung der Union an den Kontrollgremien der Europäischen Konvention und die Schaffung der nötigen Mechanismen, um sicherzustellen, dass Beschwerden von Nichtmitgliedstaaten und Individualbeschwerden den Mitgliedstaaten und /oder gegebenenfalls der Union ordnungsgemäß übermittelt werden.

 

Zu Artikel 2:

Dieser Artikel sieht vor, dass in der Übereinkunft über den Beitritt der Union zur EMRK sichergestellt wird, dass die Zuständigkeiten der Union und die Befugnisse der Organe durch den Beitritt unberührt bleiben. Weiters soll sichergestellt werden, dass die jeweilige Situation der einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die EMRK unberührt bleibt. Der Beitritt der Union zur EMRK lässt daher insbesondere einen allenfalls unterschiedlichen Ratifikationsstand der einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Protokolle zur EMRK, Maßnahmen der Mitgliedstaaten gemäß Art. 15 EMRK (Außerkraftsetzen im Notstandsfall) sowie die mitgliedstaatlichen Vorbehalte zur EMRK unberührt.

 

Zu Artikel 3:

Mit diesem Artikel wird die ausschließliche Zuständigkeit des EuGH für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung der Verfassung gemäß Art. III-375 Abs. 2 gewahrt.

 

33. PROTOKOLL

über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrages über die Europäische Union

 

Dieses Protokoll ist sowohl dem Verfassungsvertrag, als auch dem EAGV beigegeben. Es ergänzt Artikel IV-437 Abs. 1 und enthält die Liste der Rechtsakte und Verträge zur Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union, die gemeinsam mit diesen aufgehoben werden. Art. 9 Abs. 7 des Vertrags von Amsterdam sowie der Akt vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden in dieses Protokoll übernommen und damit gem. Art. IV-442 Bestandteil des Verfassungsvertrags.

 

Zu Artikel 1:

Mit dieser Bestimmung werden die genannten Rechtsakte und Verträge aufgehoben. Diese werden infolge der Übernahme ihres Inhalts in einzelne Bestimmungen oder in Protokolle des Verfassungsvertrags obsolet.

 

Zu Artikel 2:

Abs. 1 übernimmt inhaltlich Art. 9 Abs. 7 des Vertrags von Amsterdam, der vorschreibt, dass unbeschadet der Anwendung des Artikels III-432 der Verfassung und des Artikels 189 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen die Vorschriften erlassen, die zur Regelung einiger besonderer Probleme des Großherzogtums Luxemburg erforderlich sind, welche sich aus der Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Euro­päischen Gemeinschaften ergeben.

 

Abs. 2 bestimmt, dass der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des Euro­päischen Parlaments in der zum Zeitpunkt des Inkraft­tretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Fassung in Kraft bleibt. Darüber hinaus werden in den lit. a bis o die notwendigen technischen Anpassungen an den Verfassungsvertrag vorgenommen.

 

34. PROTOKOLL

Über die Übergangsbestimmungen für die
Organe und Einrichtungen der Union

 

Dieses Protokoll ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigegebene. Da die Bestimmungen über die Organe der Europäischen Union nicht alle zeitgleich mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrages rechtswirksam werden sollen, werden in diesem Protokoll entsprechende Übergangsbestimmungen vorgesehen.

 

TITEL I

Bestimmungen über das Europäische Parlament

 

Zu Artikel 1:

Gemäß Abs.1 ist der Europäische Beschluss über die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes ab der Wahlperiode 2009-2014 gemäß Art. I-20 Abs. 2 UAbs. 2 rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 zu erlassen.

 

Gemäß Abs.2 entsprechen während der Wahlperiode 2004-2009 die Zusammensetzung und die Anzahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten Abgeordneten des Europäisches Parlament der durch den Beitrittsvertrag 2004 im EGV für die EU-25 festgelegten Zusammensetzung und Anzahl. Die Anzahl der Abgeordneten pro Mitgliedstaat wird in einer Tabelle konkret angeführt.

 

Gemäß Ziffer 1 der Erklärung Nr. 40 zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union werden die Mitgliedstaaten bei den Konferenzen über den Beitritt von Rumänien und/oder Bulgarien hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament den gemeinsamen Standpunkt einnehmen, wonach bis zum Inkrafttreten des neuen Beschlusses über die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes gemäß Art. I-20 Abs. 2 für die verbleibende Zeit der Wahlperiode 2004-2009 Rumänien 35 und Bulgarien 18 EP-Sitze in der Tabelle von Art. 1 Abs. 2 des Protokolls erhalten. Dadurch kann die Gesamtanzahl der EP-Sitze vorübergehend auf 785 ansteigen. Danach gilt die Höchstgrenze von 750 Mandataren.

 

TITEL II

Bestimmungen über den Europäischen Rat
und den Rat

 

Zu Artikel 2:

Abs. 1 bestimmt, dass Artikel I-25 Abs. 1 bis 3 über die Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat am 1. November 2009 nach der Durchführung von Wahlen zum Europäischen Parlament in Kraft treten. Bis zum 31. Oktober 2009 gilt bei der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat gemäß Abs. 2 des Art. 2 des vorliegenden Protokolls die Bestimmung des seit 1. November 2004 in Geltung befindlichen Art. 205 EGV über die Gewichtung der Stimmen im Rat weiter.

 

Gemäß Abs. 3 wird bei jedem weiteren Beitritt, der zwischen dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrages (frühestens am 1. November 2006; siehe dazu Artikel IV-447 Abs. 2) und dem 1. November 2009 erfolgt, die Schwelle nach Abs. 2  (das ist 72,27% der gewogenen Stimmen, in ganzen Zahlen: 232 von 321 Stimmen) so berechnet, dass die in Stimmen ausgedrückte Schwelle für die qualifizierte Mehrheit die Zahl nicht überschreitet, die sich aus der Tabelle in der Erklärung zur Erweiterung der Europäischen Union in der Schlussakte der Konferenz, die den Vertrag von Nizza angenommen hat, ergibt.

 

Die Erklärung Nr. 20 zum Vertrag von Nizza legte die Stimmenanzahl Rumäniens mit 14 und die Bulgariens mit 10 fest. Dies ergäbe im Fall des Beitritts dieser beiden Länder eine Gesamtstimmenanzahl im Europäischen Rat und im Rat von 345 (321 + 24). Für diese Konstellation sieht der Vertrag von Nizza ein Zustandekommen der Beschlüsse mit einer Mindestanzahl von 258 Stimmen (bei einer Gesamtstimmenanzahl von 345 entspricht dies einer Schwelle von 74,78%), welche die Mehrheit der Mitglieder umfassen (wenn die Beschlüsse über Vorschlag der Kommission gefasst werden; andernfalls mit der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Rates), vor.

 

Im Ergebnis bedeutet dies, dass anlässlich eines Beitritts von Rumänien und Bulgarien zur Union vor dem 1. November 2009 die Schwelle von 258 von 345 Stimmen (74,78%) bei einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit nicht überschritten werden darf.

 

Abs. 4 listet in der Folge Bereiche des Verfassungsvertrages auf, für die ab 1. November 2009 Sonderbestimmungen zur qualifizierten Mehrheit im Verfassungsvertrag vorgesehen sind, da in den betreffenden Fällen nicht alle Mitgliedstaaten stimmberechtigt sind. Es sind dies Bestimmungen:

-       zur verstärkten Zusammenarbeit;

-       zur Aussetzung bestimmter mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte;

-       zum freiwilligen Austritt;

-       zur Wirtschaftspolitik;

-       zur Vermeidung übermäßiger Defizite;

-       zu den besonderen Bestimmungen für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist;

-       zu Übergangsbestimmungen der Wirtschafts- und Währungsunion;

-       zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik;

-       zum Protokoll über die Position des Vereinigten Königreiches und Irlands hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit;

-       zum Protokoll über die Position Dänemarks.

 

Abs.  4 UAbs. 2 sieht für die Zeit bis 31. Oktober 2009 folgende Regel hinsichtlich der Ausübung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen in den obgenannten Fällen vor:

Bei den in Unterabsatz 1 aufgelisteten Bestimmungen handelt es sich um Fälle, in denen nicht alle Mitglieder des Rates an den Abstimmungen teilnehmen. Bis zum Inkrafttreten des neuen Modus für qualifizierte Mehrheitsentscheidungen gilt als qualifizierte Mehrheit derselbe Anteil gewogener Stimmen und derselbe Anteil der Anzahl der Mitglieder des Rates sowie allenfalls derselbe Prozentsatz der Bevölkerung der Mitgliedstaaten, wie in Absatz 2 festgelegt, also entsprechend der Bestimmung des Artikels 12 Absatz 1 lit. a Beitrittsvertrag 2004.

 

Zu Artikel 3:

Diese Vorschrift trifft Vorkehrungen für den Fall, dass der Europäische Rat nicht zeitgerecht einen Beschluss über die „anderen Zusammensetzungen des Rates“ gemäß Artikel I-24 Absatz 4 trifft. Bis zum Inkrafttreten dieses Beschlusses kann der Rat in den in der Verfassung unmittelbar genannten Zusammensetzungen sowie in denjenigen Zusammensetzungen zusammentreten, die in einer vom Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ beschlossenen Liste, die mit einfacher Mehrheit angenommen wird, angeführt werden.

 

TITEL III

Bestimmungen über die Kommission
einschließlich des Außenministers der Union

 

Zu Artikel 4:

Dieser Artikel legt fest, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine Verfassung für Europa amtierenden Mitglieder der Kommission bis zum Ende ihrer Amtszeit im Amt bleiben. Jedoch endet am Tag der Ernennung des Außenministers der Union die Amtszeit des Kommissionsmitglieds, das die gleiche Staatsangehörigkeit wie dieser besitzt.

 

TITEL IV

Bestimmungen betreffend den Generalsekretär des Rates, den Hohen
Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und den
stellvertretenden Generalsekretär des Rates

 

Zu Artikel 5:

Die Bestimmung legt fest, dass die derzeit laufende Amtszeit des Generalsekretärs des Rates und Hohen Vertreters für die GASP sowie des stellvertretenden Generalsekretärs des Rates mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages endet. Der Rat ernennt in der Folge seinen Generalsekretär gem. Art. III-344 Abs. 2 der Verfassung.

 

 

TITEL V

Bestimmungen über die beratenden Einrichtungen

 

Zu Artikel 6 und Artikel 7:

Siehe die Erläuterungen zu den Artikeln III-386 bis III-392.

 

Zur Erklärung Nr. 40:

Zu diesem Protokoll haben die Mitgliedstaaten eine Erklärung (Nr. 40) zu den Schlussakten der Regierungskonferenz abgegeben.

 

Gemäß dieser Erklärung werden bei den Konferenzen über den Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament und der Stimmgewichtung im Europäischen Rat folgende gemeinsame Standpunkte seitens der Mitgliedstaaten eingenommen:

 

-       Sofern der Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union vor dem Inkrafttreten des Beschlusses zur Neuverteilung der Sitze im Europäischen Parlament für die Wahlperioden ab 2009 gemäß Art. I-20 Abs. 2 erfolgt, gilt hinsichtlich der Sitzverteilung im europäischen Parlament für die verbleibende Legislaturperiode 2004 bis 2009 die Tabelle gemäß Artikel 11 Beitrittsvertrag 2004. Bulgarien erhält – gleich wie Österreich – 18 Sitze, Rumänien 35 Sitze im Europäischen Parlament. Die Gesamtanzahl der Sitze im Europäischen Parlament steigt damit vorübergehend von derzeit 732 auf 785. Die Erklärung sieht daher weiters vor, dass im Vertrag über den Beitritt dieser Länder, abweichend von Art. 20 Abs. 2 Verfassungsvertrag, der die Sitzanzahl im Europäischen Parlament mit 750 Mitgliedern begrenzt, die Höchstanzahl für den Zeitraum 2004 bis 2009 vorübergehend überschritten werden darf.

-       Hinsichtlich der Stimmgewichtung im Rat legt die Erklärung unter Ziffer 2 fest, dass im Europäischen Rat und im Rat Rumänien 14 und Bulgarien 10 Stimmen zugewiesen werden. Dies entspricht der Festlegung gemäß der Erklärung Nr. 20 zu den Schlussakten des Vertrages von Nizza. Bei jedem Beitritt findet – gemäß Ziffer 3 – die im Protokoll Nr. 34 in Art. 2 Abs. 3 vorgesehene Übergangsbestimmung zur Festlegung der Schwelle Anwendung.

 

35. PROTOKOLL

über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrages über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl

 

Dieses Protokoll, das die Eigentumsrechte an den EGKS-Mitteln nach dem Auslaufen des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl am 23. Juli 2002 regelt, entspricht dem bisherigen Protokoll Nr. 34 zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

 

Eine Änderung wurde in Art.  2, der die Beschlussfassungsmodalitäten bestimmt, vorgenommen. Abs. 1 sieht nun ein Europäisches Gesetz des Rates für die Festlegung der erforderlichen Durchführungsbestim­mungen einschließlich der wesentlichen Grundsätze vor, wobei der Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließt. Die Festlegung der mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des Forschungsfonds sowie der technischen Leitlinien für das Forschungs­programm des Fonds erfolgt künftig gemäß Abs. 2 durch Europäische Verordnungen oder Be­schlüsse, die vom Rat nach Anhörung des Europäischen Parla­ments erlassen werden.

 

Darüber hinaus wurden die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.

 

36. PROTOKOLL

zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft

 

Der EAGV ist einer der drei Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaft. Er wird nicht mit dem Primärrecht der Europäischen Union aufgehoben, sondern bleibt als selbständiger völkerrechtlicher Vertrag mit eigener Rechtspersönlichkeit bestehen. Die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) teilt sich jedoch weiterhin insbesondere u.a. die Organe und den Haushalt mit der Union. Die in Hinblick auf diese Verflechtungen notwendigen Anpassungen nimmt das Protokoll zur Änderung des EAGV vor.

 

In der Erklärung Nr. 44 zur Schlussakte stellen Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und Schweden fest, dass die zentralen Bestimmungen des EAGV seit dessen Inkrafttreten nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen diese Mitgliedstaaten den Gedanken einer möglichst raschen Einberufung einer Regierungskonferenz zur Änderung des EAGV.

 

Präambel

In der Präambel wird zu Beginn von den Hohen Vertragsparteien festgehalten, dass der EAGV weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten muss.

 

Weiters wird von den Hohen Vertragsparteien der Wunsch ausgedrückt, den EAGV an die Bestimmungen – insbesondere solche über Institutionen und Finanzen – des Verfassungsvertrages anzupassen. Dies soll durch den Verweis auf Bestimmungen des Verfassungsvertrages erfolgen.

 

Zu Artikel 1:

Der 1. Abs. legt die Fassung des EAGV fest, die durch das Protokoll geändert wird. Hierbei wird auf die Fassung abgestellt, die der EAGV zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages hat.

 

Der 2. Abs. der geltenden Fassung des EAGV wurde - als einer der Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften - durch alle späteren Änderungsverträge (alle Beitrittsverträge, Einheitliche Europäische Akte, Vertrag von Maastricht, Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza) bestimmt. Die durch Art. IV-437 verfügte Aufhebung der früheren Verträge (mit Ausnahme des Euratom-Gründungsvertrags) schafft insofern ein Problem, als dadurch auch alle durch spätere Änderungsverträge bewirkten Änderungen des EAGV aufgehoben werden. Zur Lösung dieses Problems verfügt Art. 1 Abs. 2 Euratom-Protokoll eine „virtuelle“ Konsolidierung des EAGV und die rechtliche Kontinuität des Euratom-Sekundärrechtsacquis.

 

Zu Artikel 2:

Art. 2 legt fest, dass die Überschrift des Titels III des EAGV von „Vorschriften über die Organe“ auf „Vorschriften über die Organe und Finanzvorschriften“ geändert wird.

 

Zu Artikel 3:

Mit dieser Bestimmung wird ein zusätzliches Kapitel  mit einem Artikel („Kapitel 1; Anwendung von Bestimmungen des Vertrags über eine Verfassung für Europa; Artikel 106a“) in den Titel III „Vorschriften über die Organe und Finanzvorschriften“ eingefügt.

 

Artikel 106a Absatz 1:

Dieser Absatz listet bestimmte Artikel des Verfassungsvertrags auf, und legt fest, dass diese Art. auch für den EAGV gelten.

 

a)     Verweis auf Art. I-19 bis I-29 des Verfassungsvertrags

(„Institutioneller Rahmen“) und auf die Art. III-330 bis III-381 sowie auf Art. IV-439 des Verfassungsvertrags mit Ausnahme der Art. III-373, III-376 und III-377.

 

Die Art. I-19 bis Art. I-29 und die Art. III-330 bis Art. III-381 beschreiben den institutionellen Rahmen (Europäisches Parlament, Europäischer Rat, Ministerrat, Europäische Kommission, Gerichtshof der Europäischen Union) u.a. hinsichtlich Zuständigkeit, Zusammensetzung, Abstimmungsquorum und Funktionsweise der in diesen Artikeln genannten Organe.

 

Art. IV-439 („Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe“) legt ergänzend fest, dass Übergangsbestimmungen zu einzelnen Bereichen (Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat, Zusammensetzung der Kommission) im Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union enthalten sind.

 

Auf Art. III-373 des Verfassungsvertrags wurde nicht verwiesen, weil diese Bestimmung ausschließlich die Zuständigkeiten des EuGH in Bezug auf die EIB und die Satzung des ESZB und der EZB festlegt. Art. III-376 Verfassungsvertrags bezieht sich auf Bestimmungen im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Außen – und Sicherheitspolitik bzw. Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Art. I-40 und I-41; Titel V Kapitel II, auch in Zusammenhang mit Art. III-365 Abs. 4; Art. III-293; Art. III-308). Alle diese Bestimmungen werden nicht durch den neu eingefügten Art. 106a des EAGV auf diesen für anwendbar erklärt. Daher wurde auch nicht auf Art. III-376 des Verfassungsvertrages verwiesen. Ebenso verhält es sich mit Art. III-377 (Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts).

 

b)     Verweis auf Art. I-31 und die Art. III-384 und III-385 („Der Rechnungshof“) sowie auf Art. I-32 („Die beratenden Einrichtungen der Union“) und die Art. III-389 bis III-392 („Der Wirtschafts- und Sozialausschuss“).

 

Mit diesen Artikeln werden die Bestimmungen des Verfassungsvertrags betreffend den Rechnungshof und den Wirtschafts- und Sozialausschuss auf den EAGV anwendbar. Nicht verwiesen wird auf Art. I-30 und die Art. III-382 und Art. III-383 Verfassungsvertrags betreffend die EZB, auf die Art. III-386 bis Art. III-388 betreffend den Ausschuss der Regionen sowie auf die Art. III-393 bis Art. III-394 betreffend die EIB.

 

c)     Verweis auf die Art. I-33 bis I-39 („Ausübung der Zuständigkeiten der Union – Gemeinsame Bestimmungen“).

 

Die durch den Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsakte der Union (vgl. Erläuterungen zu den Art. I-33 bis Art.  I-37) werden auch auf den EAGV anwendbar. Ebenso gilt Art. I-38 zur Bestimmung der Art des zu erlassenden Rechtsaktes in den Fällen, in denen die Art des zu erlassenden Rechtsaktes von der Verfassung nicht vorgegeben wird, und Art. I-39 („Veröffentlichung und Inkrafttreten“) im Rahmen des EAGV.

 

d)     Verweis auf die Artikel I-49 („Der Europäische Bürgerbeauftragte“) und I-50 („Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“) des Verfassungsvertrags.

 

Aus Teil I Titel VI („Das demokratische Leben der Union“) werden Art. I-49 und Art. I-50 übernommen. Art. I-51 („Schutz personenbezogener Daten“) ist im Rahmen des EAGV nicht anwendbar.

 

e)     Verweis auf Art. I-53 bis Art. I-56 des Verfassungsvertrags („Die Finanzen der Union“).

 

Der gesamte Titel VII des Teil I („Die Finanzen der Union“) ist auf den EAGV anwendbar.

 

f)      Verweis auf Art. I-58 bis I-60 des Verfassungsvertrags („Zugehörigkeit zur Union“).

 

Der gesamte Titel IX des Teil I („Zugehörigkeit zur Union“) ist auf den Verfassungsvertrag anwendbar.

 

g)     Verweis auf Art. III-395 bis Art. III-414 des EAGV (mit Ausnahme des Art. III- 411).

 

Verweis auf die Art. III-395 bis Art. III-401 (Teil III, Titel VI, Kapitel I, Abschnitt 4 „Gemeinsame Bestimmungen für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“).

 

Die oben genannten Bestimmungen (u.a. ordentliches Gesetzgebungsverfahren, interinstitutionelle Zusammenarbeit, Transparenz und Zwangsvollstreckung) sind auf den EAGV anwendbar.

 

Verweis auf den Art. III-402 („Der Mehrjährige Finanzrahmen“), auf die Art. III-403 bis III-406 („Der Jahreshaushaltsplan der Union“), auf die Art. III-407 bis III-409 („Ausführung des Haushaltsplanes und Entlastung“) und auf die Art. III-410 bis Art. III-414 (mit Ausnahme des Art. III-411) („Gemeinsame Bestimmungen“).

 

Die Bestimmungen des Teil III Titel VI Kapitel II („Finanzvorschriften“) sind bis auf Art. III-411 in ihrer Gesamtheit auf den EAGV anwendbar.

 

Art. III-182 des EAGV enthält eine Sonderregel für den Devisenverkehr im Hinblick auf die gemeinsamen Unternehmen und die Versorgungsagentur (siehe auch Art. 5 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft). Auf den diese Frage regelnden Art. III-411 des Vertrages über die Verfassung für Europa wird daher nicht verwiesen.

 

Verweis auf Art. III-415 („Betrugsbekämpfung“).

 

Art. III-415 ist auf den Vertrag zur EAGV anwendbar.

 

h)     Verweis auf Art. III-427 den Verfassungsvertrag („Beamtenstatut“) und auf Artikel III-433 des Vertrages über die Verfassung für Europa („Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage“).

 

Der Verweis auf diese Artikel stellt sicher, dass das Europäische Beamtenstatut und die Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage in den jeweils geltenden Fassungen auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft anwendbar sind. Diese Regelung ist in Hinblick auf die gemeinsamen Organe notwendig.

 

i)      Verweis auf Art. IV-443 des Verfassungsvertrags („Ordentliches Änderungsverfahren“).

 

Durch den Verweis auf Art. IV-443 wird das ordentliche Änderungsverfahren des Verfassungsvertrags auf den EAGV anwendbar. Damit gilt die neue „Konventmethode“ (vgl. Erläuterung zu Art. IV-443) auch für Änderungen des EAGV.

 

Artikel 106a Absatz 2

Dieser Absatz stellt sicher, dass die Bezugnahmen auf die Union und auf den Verfassungsvertrag in den in Abs. 1 genannten Bestimmungen sowie in den Bestimmungen der Protokolle, die dem Verfassungsvertrag und dem EAGV beigefügt sind, als Bezugnahmen auf die Europäische Atomgemeinschaft und auf den EAGV zu betrachten sind. Art. 106a Abs. 2 legt also die mutatis-mutandis-Anwendung der in Art. 106a Abs. 1 genannten Artikel des Verfassungsvertrags auf den EAGV fest.

 

Artikel 106a Absatz 3

Dieser Absatz legt fest, dass der EAGV als lex specialis gegenüber dem Vertrag über eine Verfassung für Europa einzustufen ist und daher widersprechenden Bestimmungen des Verfassungsvertrags vorgeht.

 

Zu Artikel 4:

Art. 4 stellt sicher, dass die vor dem Inkrafttreten dieses Protokolls bestehende Nummerierung der Kapitel in Titel III des EAGV an den Umstand angepasst wird, dass durch Art. 3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft ein neues Kapitel 1 mit Art. 106a in den Titel III des EAGV eingefügt wird, und dadurch die bestehende Kapitelnummerierung jeweils um eine Stelle nach hinten verschoben wird.

 

Zu Artikel 5:

1. Absatz 1

Durch diese Bestimmung werden eine Reihe von Artikeln des EAGV aufgehoben.

 

a)      Aufhebung des Art. 3 des EAGV:

Im Abs. 1 der aufgehobenen Bestimmung wurden die Organe aufgezählt, die die Aufgaben der Atomgemeinschaft wahrgenommen haben. Dieser Zweck wird nach Inkrafttreten des gegenständlichen Protokolls dadurch erreicht, dass in Art. 106a Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft auf Art. I-19 des Vertrages über eine Verfassung für Europa verwiesen wird, der die maßgebenden Organe (institutioneller Rahmen) aufzählt.

 

Im Abs. 2 der aufgehobenen Bestimmung wurde festgelegt, dass der Rat und die Kommission von einem Wirtschafts- und Sozialausschuss mit beratender Aufgabe unterstützt werden. Im Art. 106a Abs. 1 des EAGV wird in Hinkunft auf Art. I-32 des Verfassungsvertrags verwiesen. Demzufolge wird nun neben dem Rat und der Kommission auch das Europäische Parlament von einem Wirtschafts- und Sozialausschuss beratend unterstützt.

 

b)     Aufhebung der Art. 107 bis 132, der Art. 136 bis 143, der Art. 146 bis 156 und der Art. 158 bis 160c des EAGV.

In den genannten Artikeln wurden bisher die institutionellen Bestimmungen der Organe (Europäisches Parlament, Rat, Kommission, Gerichtshof und Rechnungshof) festgelegt. Die maßgebenden Bestimmungen für das Europäische Parlament (bisher die Art. 107 bis 114 des EAGV) finden sich nun in Art. I-20 und in den Art. III-330 bis Art. III-340 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für den Ministerrat (bisher die Art. 115 bis Art. 123 des EAGV finden sich nun in den Art. I-23 bis Art. I-25 und in Art. III-342 bis Art. III-346 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für die Europäische Kommission (bisher die Art. 124 bis Art. 132 des EAGV) finden sich nun in den Art. I-26 bis Art. I-28 und in Art. III-347 bis Art. III-352 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für den EuGH (bisher die Art. 136 bis Art. 160 des EAGV) finden sich nun in Art. I-29 und in den Art. III-353 bis Art. III-381 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für den Rechnungshof (bisher die Artikel 160a bis Art. 160c des EAGV) finden sich nun in Art. I-31 und in den Art. III-384 und Art. III-385 des Verfassungsvertrages.

 

Weiterhin bestehen bleiben folgende Artikel:

 

Art. 134 des EAGV, der den speziell für die Atomgemeinschaft konzipierten Ausschuss für Wissenschaft und Technik vorsieht.

 

Art. 144 des EAGV legt die Zuständigkeit des EuGH für spezifische Klagen (Klagen im Zusammenhang mit den Art. 12 und 83 des EAGV) fest, die sich aus dem EAGV ergeben.

 

Art. 145 EAGV legt die Zuständigkeit des EuGH für Klagen fest, die nicht in den Anwendungsbereich des Art. 83 des EAGV fallen, aber Verletzungen des EAGV darstellen.

 

Art. 157 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft entspricht Art. III-379 Abs. 1 des Verfassungsvertrages, mit der Ausnahme der Klausel „Soweit dieser Vertrag nichts anderes bestimmt.“ Der EAGV sieht nämlich in spezifischen Fällen, z. B. in Art. 18 und in Art. 83, eine aufschiebende Wirkung vor, während im Vertrag über eine Verfassung für Europa kein solcher Sonderfall besteht.

 

c)     Aufhebung der Art. 161, 162 und 163 und der Art. 165 bis 170 des EAGV.

In den genannten Artikeln wurden gemeinsame Vorschriften für mehrere Organe, und Vorschriften betreffend den Wirtschafts- und Sozialausschuss festgelegt.

 

Die maßgebenden gemeinsamen Vorschriften für mehrere Organe (bisher die Artikel 161 bis 163 des Vertrages zum EAGV) werden durch Art. I-33 bis I-39 des Verfassungsvertrages ersetzt. Die maßgebenden Vorschriften für den Wirtschafts- und Sozialausschuss (bisher die Art. 165 bis 170 des EAGV) werden durch Art. I-32 und III-389 bis III-392 des Verfassungsvertrages ersetzt.

 

Weiterhin bestehen bleibt Art. 164 des EAGV, weil dieser im Vergleich zu Art. III-401 des Verfassungsvertrages (der durch Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV auch auf die Europäische Atomgemeinschaft anwendbar wird) auch auf den im Art. 18 des EAGV eingesetzten Schiedsausschuss Bezug nimmt. Zu Art. 164 muss der erste Satz von Art. III-401 des Verfassungsvertrages ergänzend hinzu gelesen werden, wonach die Handlungen des Rates, der Kommission oder der EZB, die eine Zahlung auferlegen, vollstreckbare Titel sind, und dies nicht gegenüber den Mitgliedstaaten gilt.

 

d)     Titel IV (Finanzvorschriften, Artikel 171 bis 183a des EAGV.

 

Im Titel IV des EAGV werden allgemeine Bestimmungen über Finanzvorschriften aufgehoben und bestimmte auf die Europäische Atomgemeinschaft bezogene Artikel aufrechterhalten.

 

Aufgehoben werden folgende Artikel:

 

Der Inhalt des Art. 173 Abs. 1 des EAGV wird durch Art. I-54 Abs. 2, Art. 173 Abs. 2 des EAGV wird durch Art. I-54 Abs. 3 und 4 abgedeckt. Art. 173a des EAGV wird durch die Art. I-53 Abs. 5 behandelt. Die Art. I-53 und I-54 werden durch Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV für den EAGV anwendbar.

 

Bis auf  Art. 175 Abs. 1 des EAGV wird der Inhalt dieses Artikels (Ausweis und der Mittel, Übertragung von nicht verbrauchten Mitteln auf das nächste Haushaltsjahr) durch Art. III-406 des Verfassungsvertrages (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt. Die Bewilligung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben (Art. 175 Abs. 1 des EAGV) wird im Art. I-53 Abs. 3 (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt.

 

Das im Art. 177 des EAGV festgelegte Verfahren für die Festlegung des Haushaltplanes wird in den Art. III-403 und III-404 (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) geregelt.

 

Art. 178 des EAGV legt das Verfahren für den Fall fest, dass zu Beginn eines Haushaltsjahres noch kein Haushaltsplan verabschiedet wurde. Für einen solchen Fall wird das in Art. III-405 des Verfassungsvertrages (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) festgelegte Verfahren anwendbar.

 

Art. 179, Art. 179a und Art. 180b des EAGV behandeln die Ausführung des Haushaltplanes und die Entlastung, Art. 181 des EAGV regelt die Rechnungseinheit, in der die Haushaltspläne festgelegt werden. Der Inhalt der genannten Artikel wird in den Art. III-407 bis III-409 (Ausführung des Haushaltsplans und Entlastung) sowie in Art. III-410 (Rechnungseinheit) des EAGV geregelt.

 

Der Inhalt von Art. 183 des EAGV, der das Verfahren zur Festlegung der Haushaltsordnung, die Vorschriften über die Verantwortung bestimmter Personen (z.B. Finanzkontrolleure), das Verfahren zur Zurverfügungstellung von Haushaltseinnahmen und das Verfahren zur Bereitstellung von Kassenmitteln festlegt, wird durch Art. III-412 des Vertrages über eine Verfassung für Europa (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft) behandelt.

 

Statt Art. 183a (Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft) gilt Art. III-415 (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft).

 

Weiterhin bestehen bleiben folgende Artikel:

 

Art. 171 des EAGV enthält Finanzvorschriften für die besonderen im Verfassungsvertrag enthaltenen Einrichtungen („Gemeinsames Unternehmen“ – Art. 45 ff. - und Versorgungsagentur – Art. 52 ff.). Siehe auch Art. 7 Abs. 2 des Protokolls zur Änderung des EAGV.

 

Art. 172 Abs. 4 des EAGV enthält die Sonderbestimmung betreffend die Zulässigkeit zur Aufnahme von Anleihen durch die Europäische Atomgemeinschaft. Siehe auch Art. 7 Abs. 4 des Protokolls zur Änderung des EAGV.

 

Art. 174 legt unter anderem Ausgabenkategorien für gemeinsame Unternehmen und die Versorgungsagentur fest.

 

Art. 176 des EAGV enthält Sonderbestimmungen für Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen, den Fälligkeitsplan, sowie die Gliederung der bereitgestellten Mittel im Bereich der Forschungs- und Investitionsausgaben. Siehe auch Art. 7 Abs. 2 des Protokolls zur Änderung des EAGV.

 

Art. 182 des EAGV enthält im Gegensatz zum nicht übernommenen Art. III-411 des EAGV (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) in den Abs. 3, 4 und 5 Sonderbestimmungen für Ausgaben, welche die Gemeinschaft in den Währungen dritter Länder vorzunehmen hat, bzw. über Währungsbeträge dritter Länder, sowie in Abs. 6 eine Anwendbarkeitsklausel der Sonderregel für den Devisenverkehr auf gemeinsame Unternehmen und die Versorgungsagentur.

 

Siehe zur Bezeichnung des Kapitels über die Finanzvorschriften auch unten Art. 6 des Protokolls zur Änderung des EAGV.

 

e)     Titel V (Allgemeine Bestimmungen) – Aufhebung der Art. 190 und 204.

 

Die in Art. 190 des EAGV geregelte Sprachenfrage wird durch Art. III-433 des EAGV (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt.

 

Die in Art. 204 des EAGV enthaltene Regelung betreffend der Aussetzung der Stimmrechte und bestimmter Rechte, die sich aus der Anwendung des EAGV auf den betroffenen Mitgliedstaat herleiten, wird durch Artikel I-59 des Verfassungsvertrages (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt.

 

2. Abs. 2:

Die Protokolle Nr. 1, 3, 6 bis 9, 31, 33 sowie 34 zum Verfassungsvertrag sind auch dem EAGV beigefügt und gelten auch für diesen.

 

Durch Art. 5 Abs. 2 werden daher die alten Fassungen der Protokolle, die bisher dem EAGV beigefügt waren, aufgehoben.

 

Zu Artikel 6:

Diese Bestimmung legt fest, dass die Überschrift des Titels IV des EAGV von „Finanzvorschriften“ auf „Besondere Finanzvorschriften“ umbenannt wird.

 

Zu Artikel 7:

Abs. 1 bis 3:

Die Abs. 1 bis 3 des Art. 7 des EAGV stellen sicher, dass Bezugnahmen in bestehenden Artikeln des EAGV auf solche Artikel, die durch das Protokoll zur Änderung des EAGV aufgehoben wurden, angepasst werden. In den Abs. 1 bis 3 des Art. 7 des EAGV werden die Artikel des Verfassungsvertrages angeführt, auf die in den Art. 38 Abs. 3, 82 Abs. 3, Art. 171 Abs. 2, 176 Abs. 3 und Art. 172 Abs. 4 des EAGV Bezug genommen wird.

 

Abs. 4:

Wegen der Anpassung der Rechtsinstrumente des EAGV an die Rechtsakte der Union (Art. I-33) wird in den Art. 38, 82, 96 und 98 das Wort „Richtlinie“, die es im Verfassungsvertrag nicht mehr gibt, durch „Europäische Verordnung“ ersetzt. Die neue „Europäische Verordnung“ besitzt einen Doppelcharakter und ist das Nachfolgeinstrument sowohl der „Verordnung“ als auch der „Richtlinie“, sofern es sich um Rechtsakte ohne Gesetzescharakter handelt (vgl. Erläuterungen zu Art. I-33 bis I-37). Bei den Art. 96 und 98 ist der Handlungsspielraum des Rates durch diese Änderung geringfügig weiter als bislang, da eine Europäische Verordnung definitionsgemäß auch direkte Wirkung entfalten kann.

 

Abs. 5:

Die in der Bestimmung genannten Ausnahmen der Art. 18, 20 und 23 des EAGV betreffen Entscheidungen des in diesen Artikeln behandelten Schiedsausschusses, der keinen Europäischen Beschluss im Sinne des Art. I-33 Abs. 1 des Verfassungsvertrages treffen kann.

 

Die in der Bestimmung genannte Ausnahme des Art. 53 Abs. 1 des EAGV bezieht sich auf Entscheidungen der Versorgungsagentur. Solche Entscheidungen stellen keine Europäischen Beschlüsse im Sinne des Art. I-33 Abs. 1 des Verfassungsvertrages dar.

 

Der letzte Fall des Abs. 5 stellt sicher, dass Beschlüsse bzw. Entscheidungen des EuGH weiterhin die Bezeichnung Beschlüsse bzw. Entscheidungen tragen können.

 

Abs. 6:

Durch diese Bestimmung wird die im Euratom-Vertrag verwendete Bezeichnung „Gerichtshof“ an die in Art. I-19, I-29 und III-353 ff. des Verfassungsvertrages gewählte Bezeichnung „Gerichtshof der Europäischen Union“ angepasst.

 

Zu Artikel 8:

Aufgrund der durch Art. 5 Abs. 2 bedingten Aufhebung der Protokolle, die bisher dem EAGV beigefügt waren, wird eine Neuformulierung des Art. 191 notwendig. Diese Bestimmung verweist nun auf das „Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union“ (Protokoll Nr. 7), das dem Verfassungsvertrag und dem EAGV beigefügt ist.

 

Zu Artikel 9:

Art. 198 des EAGV wird neu gefasst, und diese Neufassung des räumlichen Geltungsbereichs wird im Protokoll wiedergegeben.

 

In Titel V Abschnitt 5 (Art. 56 bis 59) des Protokolls Nr. 8 des Verfassungsvertrages (Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreiches Schweden) werden die Bestimmungen betreffend die Ålandinseln im Beitrittsvertrag 1995 (BGBl 1995/45 idgF), und in Titel II Abschnitt 3 (Art. 8 bis 13) des oben genannten Protokolls die Bestimmungen des Vertrages über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland betreffend die Kanalinseln und die Insel Man übernommen.

 

Die Neufassung des Art. 198 des EAGV entspricht daher der alten Fassung mit der Änderung, dass nunmehr auf das oben genannte Protokoll Nr. 8 des Verfassungsvertrages Bezug genommen wird, in dem die geltenden Ausnahmebestimmungen betreffend die Ålandinseln sowie die Kanalinseln und die Insel Man enthalten sind.

 

Zu Artikel 10:

Art. 206 des EAGV wird neu gefasst, und diese Neufassung wird im Protokoll wiedergegeben. Im Gegensatz zur früheren Formulierung („... Abkommen schließen, die eine Assoziierung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren herstellen“) heißt es in der neuen Formulierung: „...Abkommen schließen, durch die eine Assoziation mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren gegründet wird.“ Dies ist eine Anpassung an die Formulierung in Art. III-324.

Der Verweis auf Art. 48 EUV wird durch den Verweis auf Art. IV-443 des Vertrages über eine Verfassung für Europa ersetzt.

 

Zu Artikel 11:

Art. 225 Abs. 2 des EAGV wird neu gefasst, und diese Neufassung wird in diesem Artikel wiedergegeben. Durch die Ausweitung der Verbindlichkeit des Vertrages in weiteren 17 Sprachen werden die seit der Gründung von Euratom erfolgten Beitritte zum EAGV berücksichtigt.

 

Zu Artikel 12:

Die Bestimmung legt fest, dass die Einnahmen und Ausgaben der Versorgungsagentur und der gemeinsamen Unternehmen der Europäischen Atomgemeinschaft getrennt vom Haushaltsplan der Union ausgewiesen werden.

 

 

B. ANHÄNGE

zum Vertrag über eine Verfassung für Europa

 

Dem Vertrag über eine Verfassung für Europa sind zwei Anhänge beigegeben:

-       eine Liste zu Art. III-226 der Verfassung und

-       eine Auflistung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, auf welche Teil III, Titel IV, der Verfassung Anwendung findet.

 

Die Liste zu Art. III-226 in Anhang I ist mit der Liste zu Art. 32 EGV identisch und enthält die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die unter die Bestimmungen der landwirtschaftlichen Gemeinschaftspolitik fallen.

 

Anhang II listet diejenigen Staaten und Hoheitsgebiete auf, auf die die Bestimmungen über „die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (Art. III-286 bis III-291) Anwendung finden.

 

ERKLÄRUNGEN

die die

Konferenz angenommen und den

Schlussakten beigefügt hat

 

 

A. Erklärungen zu den Bestimmungen der Verfassung:

 

1. Erklärung zu Artikel I-6

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28

Siehe die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.

 

4. Erklärung zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

5. Erklärung zu Artikel I-25

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

6. Erklärung zu Artikel I-26

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

7. Erklärung zu Artikel I-27

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

8. Erklärung zu Artikel I-36

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329

Siehe die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.

 

10. Erklärung zu Artikel I-51

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

11. Erklärung zu Artikel I-57

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte

Siehe die Erläuterungen zu Teil II des Verfassungsvertrages.

 

13. Erklärung zu Artikel III-116

Siehe die Erläuterungen zu dieser Bestimmung.

 

14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267

Siehe die Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.

 

15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322

Siehe die Erläuterungen zu diesen Artikeln.

 

16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

17. Erklärung zu Artikel III-184

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

18. Erklärung zu Artikel III-213

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

19. Erklärung zu Artikel III-220

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

20. Erklärung zu Artikel III-243

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

21. Erklärung zu Artikel III-248

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

22. Erklärung zu Artikel III-256

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

24. Erklärung zu Artikel III-296

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

25. Erklärung zu Artikel III-325 über die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch die Mitgliedstaaten

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

27. Erklärung zu Artikel III-419

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrages über die Verfassung für Europa

Siehe die Erläuterungen zu Art. IV-447 Abs. 2.

 

 

B. Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen:

 

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, der Hellinischen Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden:

 

31. Erklärung zu den Ålandinseln

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 8.

 

32. Erklärung zu den Samen

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 8.

 

Erklärungen zu dem Protokoll betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik:

 

33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader gebiet und den übrigen teilen der Russischen Föderation

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerkes Bohunice V1 in der Slowakei

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

38. Erklärung zu Zypern

Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.

 

39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position Dänemarks

Nicht erläutert.

 

40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbestimmung für die Organe und Einrichtungen der Union

Siehe die Erläuterungen zum Prot. Nr. 34.

 

41. Erklärung betreffend Italien

Nicht erläutert.

 

Die Konferenz hat ferner die nachstehend aufgeführten Erklärungen zur Kenntnis genommen, die dieser Schlussakte beigefügt sind:

 

42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

43. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440

Siehe die Erläuterungen zu diesem Artikel.

 

44. Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands, der Republik Ungarn, der Republik Österreich und des Königreichs Schweden

Siehe die Erläuterungen zum Euratom-Protokoll (Nr. 36).

 

45. Erklärung des Königreichs Spanien und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland

Nicht erläutert.

 

46. Erklärung des Königreichs Großbritannien und Nordirland zur Definition des Begriffs „Staatsangehöriger“

Nicht erläutert.

 

47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition des Begriffs „Staatsbürger“

Nicht erläutert.

 

48. Erklärung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum Europäischen Parlament

Siehe die Erläuterungen zu Art. I-20.

 

49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den nationalen Parlamenten

Siehe die Erläuterungen zu Art. 8 des Protokolls Nr. 1.

 

50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik Ungarn zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in dem Vertrag über eine Verfassung für Europa

Nicht erläutert.


 

Mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung wurde gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung der Vorlage Abstand genommen.

 

Die Regierungsvorlage kann auf der Homepage des Parlaments unter

 

http://www.parlament.gv.at

 

aufgerufen werden.

 

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.