Vorblatt
Problem:
Gemäß der dem
Vertrag von Nizza angeschlossenen Erklärung Nr. 23 „zur Zukunft der Union“
sollten nach einer breit angelegten Diskussion insbesondere die Fragen einer
genaueren, dem Subsidiaritätsprinzip entsprechenden Abgrenzung der
Zuständigkeiten zwischen der Union und ihren Mitgliedstaaten, der künftige
Status der Charta der Grundrechte, die Vereinfachung der Verträge und die Rolle
der nationalen Parlamente Gegenstand einer Regierungskonferenz im Jahr 2004
werden. Die Einleitung einer solchen breiten Debatte im Frühjahr 2001 führte im
Dezember 2001 zur Erklärung des Europäischen Rates von Laeken, die das Mandat
zur Einberufung des Europäischen Konvents am 28.Februar 2002 beinhaltete. Im
Zuge der Arbeiten des Konvents bildete sich ein Konsens, dass die auf mehr
Demokratie, Effizienz und Transparenz ausgerichteten Reformen des Vertragswerks
der EU in einem neuen Verfassungsvertrag zusammengeführt werden sollten. Der
Konvent legte im Juli 2003 einen Entwurf für eine Verfassung für Europa vor,
der in weiterer Folge die Ausgangsbasis für eine von Oktober 2003 bis Juni 2004
durchgeführte Regierungskonferenz bildete. Der Vertrag über eine Verfassung für
Europa wurde am 29. Oktober 2004 in Rom von den Staats- und Regierungschefs und
den Außenministern der Union unterzeichnet.
Lösung:
Der Vertrag über
eine Verfassung für Europa (Verfassungsvertrag) enthält das gesamte Primärrecht
der Union (mit Ausnahme des Euratom-Vertrages), hebt die Säulenstruktur der
bisherigen Verträge auf und gibt der Europäischen Union eine einheitliche
Rechtspersönlichkeit.
Der
Verfassungsvertrag definiert die Ziele und Werte der Union, schafft eine klare
Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten,
erlaubt eine bessere Kontrolle der Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität
und Verhältnismäßigkeit und vereinfacht die Rechtsinstrumente und
Rechtsetzungsverfahren. Durch weitere Reformen werden die Effizienz und die
demokratische Legitimität des institutionellen Rahmens sowie der
Entscheidungsprozesse der Union erhöht. Die Stellung der Bürgerinnen und Bürger
in der Union wir dabei gestärkt. Ebenso werden unter anderem die
Voraussetzungen für eine bessere außenpolitische Handlungsfähigkeit und für
einen weiteren Ausbau des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
geschaffen.
Alternativen:
Keine
Kosten:
Die Kosten institutioneller
Neuregelungen des Verfassungsvertrages sind im Rahmen der bestehenden
Obergrenzen des Eigenmittelsystems zu finanzieren.
Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der EU:
Der Verfassungsvertrag
enthält das gesamte Primärrecht der Europäischen Union mit Ausnahme des
Euratom-Vertrages.
Auswirkungen auf den
Wirtschaftsstandort Österreich:
Der
Verfassungsvertrag wird die europäische Integration wesentlich voranbringen.
Daraus sind positive Auswirkungen auf die Beschäftigung und für den
Wirtschaftsstandort Österreich, wie dies schon bisher Folge der zehnjährigen
Mitgliedschaft der Union war, zu erwarten.
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Die Genehmigung
des Verfassungsvertrages erfolgt auf Grundlage eines besonderen
Bundesverfassungsgesetzes (789 BlgNR XXII. GP).
Abkürzungsverzeichnis
Abs. |
Absatz/Absätze |
AdR AKP |
Ausschuss der Regionen Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (Mitgliedstaaten des
Lomé-Abkommens) |
Art. |
Artikel |
AStV |
Ausschuss der Ständigen Vertreter |
BGBl. BIP BNP |
Bundesgesetzblatt Bruttoinlandsprodukt Bruttonationalprodukt |
BVG |
Bundesverfassungsgesetz |
B-VG |
Bundes-Verfassungsgesetz |
bzw. COSAC |
beziehungsweise Konferenz der Ausschüsse für europäische Angelegenheiten der Parlamente
der Europäischen Union |
dh. EAD EAGV |
das heißt Europäischer Auswärtiger Dienst Europäische Atomgemeinschaft |
EG |
Europäische Gemeinschaft |
EGKS EGMR |
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte |
EGV EK |
Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäische Kommission |
EMRK |
Europäische Menschenrechtskonvention |
EP |
Europäisches Parlament |
EU |
Europäische Union |
EuGH |
Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften |
EuGI |
Gerichtshof 1. Instanz |
Eurojust |
Europäische Stelle für justizielle Zusammenarbeit |
Europol |
Europäisches Polizeiamt |
EUV |
Vertrag über die Europäische Union |
GASP |
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik |
GSVP |
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik |
idF |
in der Fassung |
idgF |
In der geltenden Fassung |
iSd |
im Sinne des |
iVm NATO |
in Verbindung mit North Atlantic Treaty Organisation |
Nr. OSZE |
Nummer Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa |
PSK |
Politisches und Sicherheitspolitisches Komitee |
ua. |
unter anderem |
UAbs. |
Unterabsatz/Unterabsätze |
va. |
vor allem |
vgl. |
vergleiche |
vZ |
verstärkte Zusammenarbeit |
WEU |
Westeuropäische Union |
WSA WTO |
Wirtschafts- und Sozialausschuss World Trade Organization |
WWU |
Wirtschafts- und Währungsunion |
z. B. |
zum Beispiel |
Erläuterungen
zum
VERTRAG ÜBER
EINE
VERFASSUNG
FÜR EUROPA
INHALTSVERZEICHNIS
ALLGEMEINER TEIL
I. EINLEITUNG
II. DIE NEUE
ARCHITEKTUR DER EUROPÄISCHEN UNION
III. WERTE,
ZIELE UND GRUNDSÄTZE DER UNION
1) Werte
2) Ziele
IV. DIE GRUNDSÄTZE
UND DAS KOMPETENZSYSTEM DER UNION
1) Grundsätze
2) Kompetenzkategorien
V. GRUNDRECHTE
VI. INSTITUTIONENREFORM
1) Das Europäische
Parlament
2) Der Europäische Rat und
der Präsident des Europäischen Rates
3) Der Ministerrat
4)
Beschlussfassungsmodalitäten im Rat und im Europäischen Rat
5) Die Europäische
Kommission
Zusammensetzung
Verfahren zur Bestellung der Kommission und ihres Präsidenten
6) Der Außenminister der
Union
7) Der Europäische
Gerichtshof und das Rechtsschutzsystem in der Union
8) Sonstige Organe und
Einrichtungen der Union
VII. DEMOKRATIE UND
BÜRGERNÄHE
1) Die Rechte der
nationalen Parlamente und die Grundsätze der Subsidiarität und der
Verhältnismäßigkeit
Protokoll über die
Anwendung des Subsidiaritäts-
und
Proportionalitätsprinzips
Protokoll über die
Rolle der nationalen Parlamente
2) Grundsätze des
demokratischen Lebens, Bürgerinitiative
VIII. DIE VERFAHREN UND
HANDLUNGSINSTRUMENTE DER UNION
IX. DIE FINANZEN DER UNION
X. VERSTÄRKTE
ZUSAMMENARBEIT
XI. AUSGEWÄHLTE
POLITIKBEREICHE
1) Horizontale Bestimmungen
2) Das auswärtige Handeln
der Union
3) Der Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts
4) Die Wirtschafts- und
Währungspolitik der Union
Stärkung der autonomen Handlungsfähigkeit der Eurozone
Koordinierung der Wirtschaftspolitiken / Stabilitäts- und Wachstumspakt
5) Neue Rechtsgrundlagen in
den Politikbereichen
6) Sonstige ausgewählte
Rechtsgrundlagen mit materiellen Änderungen und/oder
Verfahrensänderungen
Koordination der sozialen Sicherheitssysteme (Art. III-136, ex Art. 42
EGV)
Territoriale Kohäsion und Regionalpolitik (Art. III-220, ex Art. 158
EGV)
Öffentliche Gesundheit (Art. III-278, ex-Art. 152 EGV):
XII. ALLGEMEINE UND
SCHLUSSBESTIMMUNGEN SOWIE
ÜBERGANGSREGELUNGEN
1) Aufhebung des
Primärrechts
2) Sicherung der
rechtlichen Kontinuität und Übergangsbestimmungen
3) Änderungsverfahren
XIII. RECHTLICHE ASPEKTE DES VERFASSUNGSVERTRAGES UND
GEHNEMIGUNGSVERFAHREN DES VERFASSUNGSVERTRAGES
XIV. KOSTEN IM ZUSAMMENHANG
MIT DEM VERFASSUNGSVERTRAG
XV. FRAGEN IM ZUSAMMENHANG
MIT DEN SPRACHFASSUNGEN
SOWIE DER KUNDMACHUNG
BESONDERER TEIL
Inhaltsverzeichnis
PRÄAMBEL
TEIL I
TITEL I
Definition und Ziele der
Union
TITEL II
Grundrechte und
Unionsbürgerschaft
TITEL III
Die Zuständigkeiten der
Union
TITEL IV
Die Organe und
Einrichtungen der Union
Kapitel
I
Institutioneller Rahmen
Kapitel
II
Die sonstigen Organe und
die beratenden
Einrichtungen der Union
TITEL V
Ausübung der
Zuständigkeiten der Union
Kapitel
I
Gemeinsame
Bestimmungen
Kapitel
II
Besondere
Bestimmungen
Kapitel
III
Verstärkte
Zusammenarbeit
TITEL VI
Das demokratische Leben der
Union
TITEL VII
Die Finanzen der Union
TITEL VIII
Die Union und ihre Nachbarn
TITEL IX
Zugehörigkeit zur Union
TEIL II
Die Charta der Grundrechte der Union
TITEL I
Würde des Menschen
TITEL II
Freiheiten
TITEL III
Gleichheit
TITEL IV
Solidarität
TITEL V
Bürgerrechte
TITEL VI
Justizielle Rechte
TITEL VII
Allgemeine Bestimmungen
über die Auslegung und
Anwendung der Charta
TEIL III
Die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union
TITEL I
Allgemeine anwendbare
Bestimmungen
TITEL II
Nichtdiskriminierung und
Unionsbürgerschaft
TITEL III
Interne Politikbereiche und
Maßnahmen
Kapitel
I
Binnenmarkt
Abschnitt
1
Verwirklichung
und Funktionieren des Binnenmarktes
Abschnitt
2
Freizügkigkeit
und freier Dienstleistungsverkehr
Abschnitt
3
Freier
Warenverkehr
Abschnitt
4
Kapital-
und Zahlungsverkehr
Abschnitt
5
Wettbewerbsregeln
Abschnitt
6
Steuerliche
Vorschriften
Abschnitt
7
Gemeinsame
Bestimmungen
Kapitel
II
Wirtschafts-
und Währungspolitik
Abschnitt
1
Wirtschaftspolitik
Abschnitt
2
Währungspolitik
Abschnitt
3
Institutionelle
Bestimmungen
Abschnitt
4
Besondere
Bestimmungen für die Mitgliedstaaten,
deren
Währung der Euro ist
Abschnitt
5
Übergangsbestimmungen
Kapitel
III
Die
Politik in anderen Bereichen
Abschnitt
1
Beschäftigung
Abschnitt
2
Sozialpolitik
Abschnitt
3
Wirtschaftlicher,
sozialer und territorialer Zusammenhalt
Abschnitt
4
Landwirtschaft
und Fischerei
Abschnitt
5
Umwelt
Abschnitt
6
Verbraucherschutz
Abschnitt
7
Verkehr
Abschnitt
8
Transeuropäische
Netze
Abschnitt
9
Forschung,
technologische Entwicklung und Raumfahrt
Abschnitt
10
Energie
Kapitel
IV
Raum
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
Abschnitt
1
Allgemeine
Bestimmungen
Abschnitt
2
Politik
betreffend Grenzkontrollen Asyl und Einwanderung
Abschnitt
3
Justizielle
Zusammenarbeit in Zivilsachen
Abschnitt
4
Justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen
Abschnitt
5
Polizeiliche
Zusammenarbeit
Kapitel
V
Bereiche,
in denen die Union beschließen kann, eine
Koordinierungs-,
Ergänzungs- oder Unterstützungs-
maßnahme
durchzuführen
Abschnitt
1
Öffentliche
Gesundheit
Abschnitt
2
Industrie
Abschnitt
3
Kultur
Abschnitt
4
Tourismus
Abschnitt
5
Allgemeine
Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung
Abschnitt
6
Katastrophenschutz
Abschnitt
7
Verwaltungszusammenarbeit
TITEL IV
Die Assoziierung der
überseeischen Länder und Hoheitsgebiete
TITEL V
Auswärtiges Handeln der
Union
Kapitel
I
Allgemein
anwendbare Bestimmungen
Kapitel
II
Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik
Abschnitt
1
Gemeinsame
Bestimmungen
Abschnitt
2
Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Abschnitt
3
Finanzbestimmungen
Kapitel
III
Gemeinsame
Handelspolitik
Kapitel
IV
Zusammenarbeit
mit Drittländern und humanitäre Hilfe
Abschnitt
1
Entwicklungszusammenarbeit
Abschnitt
2
Wirtschaftliche,
finanzielle und technische Zusammenarbeit
mit
Drittländern
Abschnitt
3
Humanitäre
Hilfe
Kapitel
V
Restriktive
Maßnahmen
Kapitel
VI
Internationale
Übereinkünfte
Kapitel
VII
Beziehungen
der Union zu Internationalen Organisationen
und
Drittländern und Delegationen der Union
Kapitel
VIII
Anwendung
der Solidaritätsklausel
TITEL VI
Arbeitsweise der Union
Kapitel
I
Institutionelle
Bestimmungen
Abschnitt
1
Die
Organe
Unterabschnitt
1
Das
Europäische Parlament
Unterabschnitt
2
Der
Europäische Rat
Unterabschnitt
3
Der
Ministerrat
Unterabschnitt
4
Die
Europäische Kommission
Unterabschnitt
5
Der
Gerichtshof der Europäischen Union
Unterabschnitt
6
Die
Europäische Zentralbank
Unterabschnitt
7
Der
Rechnungshof
Abschnitt
2
Die
beratenden Einrichtungen der Union
Unterabschnitt
1
Der
Ausschuss der Regionen
Unterabschnitt
2
Der
Wirtschafts- und Sozialausschuss
Abschnitt
3
Die
Europäische Investitionsbank
Abschnitt
4
Gemeinsame
Bestimmungen für die Organe,
Einrichtungen
und sonstigen Stellen der Union
Kapitel
II
Finanzvorschriften
Abschnitt
1
Der
mehrjährige Finanzrahmen
Abschnitt
2
Der
Jahreshaushaltsplan der Union
Abschnitt
3
Ausführung
des Haushaltsplanes und Entlastung
Abschnitt
4
Gemeinsame
Bestimmungen
Abschnitt
5
Betrugsbekämpfung
Kapitel
III
Verstärkte
Zusammenarbeit
TITEL VII
Gemeinsame Bestimmungen
TEIL IV
Allgemeine und Schlussbestimmungen
A. Protokolle zum Vertrag über eine Verfassung für
Europa
1. Protokoll
Über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union
2. Protokoll
Über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und
der Verhältnismäßigkeit
3. Protokoll
Zur Festlegung der Satzung des Gerichtshofes der Europäischen Union
4. Protokoll
Zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der Zentral-
Banken und der Europäischen Zentralbank
5. Protokoll
Zur Festlegung der Satzung der Europäischen Investitionsbank
6. Protokoll
Über die Festlegung der Sitze der Organe und bestimmter
Einrichtungen, sonstiger Stellen und Dienststellen der
Europäischen Union
7. Protokoll
Über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union
8. Protokoll
Betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des
Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten
Königreiches Großbritannien und Nordirland, der Hellenischen
Republik, des Königreichs Spanien und der Portugiesischen
Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und
des Königreichs Schweden
9. Protokoll
Betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der
Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik
Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen,
der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen,
der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik
10. Protokoll
Über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
11. Protokoll
Über die Konvergenzkriterien
12. Protokoll
Betreffend die Euro-Gruppe
13. Protokoll
Über einige Bestimmungen betreffend das Vereinigte
Königreich Großbritannien und Nordirland hinsichtlich
der Wirtschafts- und Währungsunion
14. Protokoll
Über einige Bestimmungen betreffend Dänemark
hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion
15. Protokoll
Über bestimmte Aufgaben der Natiomalbank Daänemarks
16. Protokoll
Über die Regelung für den Franc der Pazifischen Finanzgemeinschaft
17. Protokoll
Über den im Rahmen der Europäischen Union einbezogenen
Schengenbesitzstand
18. Protokoll
Über die Anwendung bestimmter Aspekte des Artikels III-130
Der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und auf Irland
19. Protokoll
Über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands
Hinsichtlich der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und
Einwanderung sowie hinsichtlich der justiziellen Zusammen-
Arbeit in Zivilsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit
20. Protokoll
Über die Position Dänemarks
21. Protokoll
Über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich
des Überschreitens der Außengrenzen
22. Protokoll
Über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten
23. Protokoll
Über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit gemäß
Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der Verfassung
24. Protokoll
Zu den Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung
25. Protokoll
Über die Einfuhr von in den Niederländischen Antillen
raffinierten Erdölerzeugnissen in die Europäische Union
26. Protokoll
Betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark
27. Protokoll
Über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten
28. Protokoll
Zu Artikel III-214 der Verfassung
29. Protokoll
Über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt
30. Protokoll
Über die Sonderregelung für Grönland
31. Protokoll
Über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands
32. Protokoll
Zu Artikel I-9 Absatz 2 der Verfassung über den Beitritt
der Union zur Europäischen Konvention zum Schutz der
Menschenrechte und Grundfreiheiten
33. Protokoll
Über die Rechtsakte und Verträge zur Ergänzung oder Änderung
des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft
und des Vertrages über die Europäische Union
34. Protokoll
Über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union
35. Protokoll
Über die finanziellen Folgen des Ablaufs des Vertrages über
Die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und
Stahl und über den Forschungsfonds für Kohle und Stahl
36. Protokoll
Zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen
Atomgemeinschaft
B. Anhänge zum Vertrag über
eine Verfassung für Europa
A. Erklärungen zu den
Bestimmungen der Verfassung
A. Erklärungen zu den Bestimmungen der Verfassung:
1. Erklärung
zu Artikel I-6
2. Erklärung
zu Artikel I-9 Absatz 2
3. Erklärung
zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28
4. Erklärung
zu Artikel I-24 Absatz 7 zu dem Beschluss des
Europäischen Rates über die Ausübung des Vorsitzes im
Rat
5. Erklärung
zu Artikel I-25
6. Erklärung
zu Artikel I-26
7. Erklärung
zu Artikel I-27
8. Erklärung
zu Artikel I-36
9. Erklärung
zu den Artikeln I-43 und III-329
Siehe die
Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.
10.
Erklärung zu Artikel I-51
11.
Erklärung zu Artikel I-57
12.
Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte
13.
Erklärung zu Artikel III-116: Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
14.
Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
15.
Erklärung zu den Artikeln III-160 und III-322
16.
Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe c
17.
Erklärung zu Artikel III-184
18.
Erklärung zu Artikel III-213
19.
Erklärung zu Artikel III-220
20.
Erklärung zu Artikel III-243
21.
Erklärung zu Artikel III-248
22.
Erklärung zu Artikel III-256
23.
Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz 2
24.
Erklärung zu Artikel III-296
25. Erklärung
zu Artikel III-325 über die Aushandlung
und den
Abschluss internationaler Übereinkünfte
betreffend
den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts durch die Mitgliedstaaten
26.
Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4
27.
Erklärung zu Artikel III-419
28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7
29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2
30. Erklärung zur Ratifikation des Vertrages über die
Verfassung für Europa
B.
Erklärungen zu den der Verfassung beigefügten Protokollen:
Erklärungen
zu dem Protokoll betreffend die Verträge
und die
Akten über den Beitritt des Königreiches
Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland, der Hellinischen
Republik,
des
Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik,
der Republik
Österreich, der Republik Finnland und des
Königreichs Schweden
31. Erklärung zu den Ålandinseln
32. Erklärung zu den Samen
Erklärungen
zu dem Protokoll betreffend den Vertrag
und die Akte
über den Beitritt der Tschechischen Republik,
der Republik
Estland, der Republik Zypern, der Republik
Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn,
der
Republik Malta, der Republik Polen, der Republik
Slowenien
und der
Slowakischen Republik:
33. Erklärung zu den Hoheitszonen des Vereinigten
Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern
34. Erklärung der Kommission zu den Hoheitszonen
des
Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland auf Zypern
Siehe die Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen
36. Erklärung zum Transit von Personen auf dem
Landweg zwischen dem Kaliningrader gebiet und
den übrigen
teilen der Russischen Föderation
37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des
Kernkraftwerkes
Bohunice V1 in der Slowakei
38. Erklärung zu Zypern
39. Erklärung zu dem Protokoll über die Position
Dänemarks
40. Erklärung zu dem Protokoll über die Übergangsbe-
stimmung für
die Organe und Einrichtungen der Union
41.
Erklärung betreffend Italien:
Die Konferenz hat ferner die nachstehend aufgeführten
Erklärungen zur Kenntnis genommen, die dieser
chlussakte beigefügt sind:
42.
Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel I-55
43.
Erklärung des Königreichs der Niederlande zu Artikel IV-440
44.
Erklärung der Bundesrepublik Deutschland, Irlands,
der Republik
Ungarn, der Republik Österreich und des
Königreichs Schweden
45. Erklärung des Königreichs Spanien und des
Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
46. Erklärung des Königreichs Großbritannien und
Nordirland zur Definition des Begriffs
„Staatsangehöriger“
47. Erklärung des Königreichs Spanien zur Definition
des Begriffs
„Staatsbürger“
48. Erklärung des Vereinigten Königreichs
Großbritannien
und
Nordirland über das Wahlrecht für die Wahlen zum
Europäischen Parlament
49. Erklärung des Königreichs Belgien zu den
nationalen
Parlamenten
50. Erklärung der Republik
Lettland und der Republik Ungarn
zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in
dem Vertrag über eine
Verfassung für Europa
ALLGEMEINER TEIL
I. Einleitung
Am 18. Juli 2003 wurde dem Präsidenten des Europäischen Rates in Rom der
vom Europäischen Konvent zur Zukunft Europas, nach über 17-monatiger Arbeit im
Konsensverfahren angenommene Entwurf eines „Vertrages über eine Verfassung für
Europa" (in der Folge „Verfassungsvertrag“), überreicht. Dieser Entwurf
stellte entsprechend dem Auftrag des Europäischen Rates von Laeken (Dezember
2001) eine Empfehlung für die anschließenden Beratungen im Rahmen einer
Regierungskonferenz dar.
Während der Konvent zur Zukunft Europas über weite Teile des
Verfassungsvertrages tatsächlich einen Konsens herstellen konnte, blieben
einige Aspekte der institutionellen Reform der Union (v.a. die Definition der
qualifizierten Mehrheit, die Zusammensetzung der Europäischen Kommission, das
System der Präsidentschaft im Europäischen Rat und im Ministerrat) sowie
einzelne Bestimmungen zu den konkreten Politiken der Union in Teil III (v.a.
das Ausmaß des Übergangs zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen) bis zuletzt
umstritten. Diese Teile des Konvententwurfs für einen Verfassungsvertrag wurden
von einer beträchtlichen Zahl von Konventmitgliedern, zu denen auch der
Beauftragte des österreichischen Bundeskanzlers zählte, zuletzt unter der
Prämisse akzeptiert, dass die vorgeschlagenen Lösungen von der
Regierungskonferenz einer nochmaligen Diskussion unterzogen werden.
In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Thessaloniki vom
20. Juni 2003 wurde der Konvententwurf als eine gute Ausgangsbasis für die
bevorstehende Regierungskonferenz bezeichnet.
Im Juli 2003 wurde das formelle Verfahren zur Einberufung der
Regierungskonferenz gemäß Art. 48 EU-Vertrag (in der Folge EUV) in die Wege
geleitet. Nachdem die Europäische Kommission (am 17. September 2003), die EZB
(am 19. September 2003), das Europäische Parlament (am 24. September 2003) und
der Rat (am 29. September 2003) die erforderlichen Stellungnahmen abgegeben
hatten, wurde die Regierungskonferenz am 4. Oktober 2003 in Rom durch die
Staats- und Regierungschefs im Beisein der Außenminister eröffnet.
Die zehn neuen Mitgliedstaaten, deren Beitritt am 1.Mai 2004 erfolgte,
nahmen bereits von Beginn an völlig gleichberechtigt an der Regierungskonferenz
teil. Die Kommission war bei allen Tagungen vertreten. Das Europäische Parlament
war bei allen Sitzungen auf Ministerebene durch zwei Beobachter repräsentiert.
Auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs nahm EP-Präsident Cox eine
Beobachterrolle ein. Die Sekretariatsaufgaben für die Konferenz wurden vom
Generalsekretariat des Rates übernommen.
Im Gegensatz zu früheren Regierungskonferenzen wurden die Verhandlungen
im Wesentlichen auf die politische Ebene beschränkt und von den Staats- und
Regierungschefs mit Unterstützung der Außenminister, jedoch ohne vorgelagerte,
kontinuierlich zusammentretende Beamtengruppe geführt.
Nach der Eröffnung fanden unter italienischer Ratspräsidentschaft im
Jahr 2003 fünf Sitzungen der Außenminister (13. Oktober, 27. Oktober, 18.
November, 28./29. November und 9. Dezember) sowie zwei Tagungen auf Ebene der
Staats- und Regierungschefs statt (16./17. Oktober und 12./13. Oktober).
Lediglich zwei Mal (23. Oktober und 20./21. November) wurden zur Vorbereitung
bzw. Vertiefung der Verhandlungen auf politischer Ebene auch Sitzungen der von
den Mitgliedstaaten als „Focal Points“ nominierten Beamten einberufen. Parallel
zu den politischen Verhandlungen tagte eine Arbeitsgruppe von Rechtsexperten,
die den gesamten Konvententwurf aus juristischer Perspektive überprüfte, wobei
vom Konventtext nur dann abgewichen wurde, wenn keine Delegation einen Einwand
erhob. Diese Rechtsexpertengruppe legte eine juristisch bereinigte Fassung des
Konvententwurfs sowie technisch adaptierte Fassungen der sonstigen, dem
Verfassungsvertrag anzuschließenden Akte des Primärrechts (Protokolle zum EG-
Vertrag und zum EU-Vertrag, Beitrittsverträge und deren Protokolle sowie
Erklärungen) vor.
Allgemein akzeptierter Ausgangspunkt der Regierungskonferenz war, dass
die Grundstruktur des Konventvorschlags nicht in Frage gestellt und die
Verhandlungen der Regierungskonferenz auf eine begrenzte Zahl von Themen
konzentriert werden sollten. Dessen ungeachtet konnten alle von einzelnen
Delegationen als nicht zufrieden stellend gelöst erachteten Bestimmungen des
Konvententwurfes bei der Regierungskonferenz zur Diskussion gestellt werden.
Die italienische Ratspräsidentschaft legte im Laufe des Herbstes 2003
mehrmals überarbeite Textentwürfe zu den Themen Ministerratsformationen,
Vorsitz in den Ministerratsformationen, Außenminister der Union, strukturierte
und engere Zusammenarbeit im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik sowie zu einer Reihe von Einzelbestimmungen des Teils III
des Verfassungsvertrags über die Politiken der Union vor. Dem
Außenministertreffen am 28./29. November 2003 in Neapel unterbreitete die
italienische Präsidentschaft ein Kompromisspaket („Neapel- Paket“), auf dessen
Basis man bereits in vielen dieser Punkte einem Konsens nahe kam. In nochmals
überarbeiteter Fassung („Neapel II-Paket“) dienten diese Vorschläge als
Grundlage für die – ursprünglich als abschließend vorgesehenen - Beratungen der
Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 12./13. Dezember. Zu den höchst
kontroversiellen Fragen der Zusammensetzung der Europäischen Kommission und der
Definition der qualifizierten Mehrheit unterließ es die italienische
Präsidentschaft allerdings bis zuletzt, konkrete Kompromissvorschläge zu
unterbreiten.
Beim Europäischen Rat in Brüssel am 12./13. Dezember gelang es
schließlich nicht, die geplante endgültige Einigung über den Verfassungsvertrag
zu erzielen. Vor allem in der Frage der Definition der qualifizierten Mehrheit
(Beibehaltung der Stimmgewichtung entsprechend dem Vertrag von Nizza oder
Einführung eines Systems der doppelten Mehrheit entsprechend dem
Konventvorschlag) konnte kein Kompromiss gefunden werden. Während insbesondere
Deutschland und Frankreich auf der doppelten Mehrheit beharrten, waren Polen
und Spanien nicht bereit, von der in Nizza vereinbarten Stimmgewichtung
abzugehen.
Beim Europäischen Rat von Brüssel wurde daher eine Unterbrechung der
Regierungskonferenz beschlossen und die irische Ratspräsidentschaft des ersten
Halbjahrs 2004 aufgefordert, in informellen Konsultationen die Möglichkeiten
für einen erfolgreichen Abschluss der Regierungskonferenz zu sondieren. Erst
nach den spanischen Parlamentswahlen am 14. März 2004 ergaben sich erneut
realistische Aussichten, die Pattsituation in den Verhandlungen zu überwinden.
Von allen Teilnehmern der Regierungskonferenz wurde akzeptiert, dass von der
Nizza- Stimmgewichtung abgegangen und die qualifizierte Mehrheit als eine
doppelte Mehrheit von noch näher zu bestimmenden Prozentsätzen von
Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten definiert wird.
Dies ermöglichte es, dass die irische Ratspräsidentschaft beim
Europäischen Rat am 26. März 2004 aufgefordert werden konnte, die formellen
Verhandlungen der Regierungskonferenz so bald wie möglich wieder aufzunehmen
mit dem Ziel, spätestens im Rahmen der Tagung des Europäischen Rates im Juni
2004 eine Einigung über den Verfassungsvertrag zu erreichen. Ausgangsbasis für
die Fortsetzung der Verhandlungen waren der Konvententwurf in der von den
Rechtsexperten bearbeiteten Fassung und das „Neapel II-Paket“ vom Dezember
2003.
Am 4. Mai 2004 fand ein letztesTreffen auf „Focal Point-Ebene“ statt,
bei dem abgeklärt wurde, inwieweit das „Neapel II-Paket“ einer nochmaligen
Überarbeitung bedurfte. In der Folge tagte die Regierungskonferenz noch drei
Mal auf Außenministerebene (17./18. Mai 2004, 24. Mai 2004 und 14./15. Juni
2004). Im Zuge dieser Tagungen legte die irische Ratspräsidentschaft
überarbeitete Fassungen des „Neapel II-Pakets“ sowie erste Kompromissvorschläge
zu den offen gebliebenen institutionellen Fragen vor. Auf diese Weise konnte
für die Tagung der Staats- und Regierungschefs am 17./18. Juni 2004 ein
Kompromisspaket mit einer umfangreichen „geschlossenen Liste“ von bereits außer
Streit gestellten Vorschlägen und einer relativ kurzen „offenen Liste“ von
Vorschlägen, die der abschließenden Klärung auf höchster Ebene bedurften,
vorgelegt werden.
Zu den letzten offenen Fragen zählten insbesondere die Einzelheiten der
Definition der qualifizierten Mehrheit als einer doppelten Mehrheit von
Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten, die Zusammensetzung der Kommission, die
Parameter für die Zusammensetzung des Europäische Parlament, die Ausdehnung
qualifizierter Mehrheitsentscheidungen auf einzelne sensible Politikbereiche
und Finanzbestimmungen der Union sowie gewisse Verfahrensregelungen im Rahmen
der Wirtschafts- und Währungspolitik. Auf Grund der Vorarbeiten der irischen
Ratspräsidentschaft gelang es den Staats- und Regierungschefs, sich am 18. Juni
2004 auf eine alle Delegationen zufrieden stellende Paketlösung zu einigen.
Grundlage für die österreichische Verhandlungsposition in der
Regierungskonferenz war die „Österreichische Grundsatzposition für die
Regierungskonferenz“, die nach einem breiten Begutachtungsverfahren am 23.
September 2003 vom Ministerrat beschlossen und vom Hauptausschuss des
Nationalrates am 30. September 2003 begrüßt wurde. Auf dieser Basis erteilte
der Bundespräsident dem Bundeskanzler und der Bundesministerin für auswärtige
Angelegenheiten das Verhandlungsmandat für die Regierungskonferenz.
Österreich begrüßte den größten Teil der Konventvorschläge, war aber der
Auffassung, dass die Vorschläge zur institutionellen Reform noch einer
Überarbeitung bedürften, damit das institutionelle Gleichgewicht und die
Balance zwischen den Prinzipien der Gleichheit der Mitgliedstaaten und der
Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger zufrieden stellend gewahrt bleiben. Zudem
sollten Bemühungen um die Verbesserung von einzelnen konkreten Bestimmungen zu
den Politikbereichen in Teil III des Verfassungsvertrages unternommen und eine
Perspektive für die Reform des Euratom-Vertrages eröffnet werden.
Aus österreichischer Sicht konnte in der Regierungskonferenz ein
ausgewogenes Verhandlungsergebnis erzielt werden, das sowohl die wesentlichen
Errungenschaften des Konvententwurfs unangetastet lässt als auch eine Reihe von
Verbesserungen enthält, die der österreichischen Verhandlungsposition
entsprechen. Die folgenden Ausführungen dieser Erläuterungen zielen darauf ab,
dies im Einzelnen darzulegen.
Die Genese des neuen Verfassungsvertrages der Europäischen Union zeigt,
dass – entgegen vielfach laut gewordener Kritik - die Verknüpfung von
Konventmethode und Regierungskonferenz erlaubt, innovative Schritte im
europäischen Integrationsprozess zu setzen. Diese innovativen Schritte basieren
auf dem Grundkonsens, dass die EU weder ein Bundesstaat noch ein Staatenbund
ist, sondern sich als ein Gebilde „sui generis“ weiterentwickeln soll. Die
Europäische Union bleibt sowohl eine Union der Staaten als auch der Bürgerinnen
und Bürger. Beide Legitimationsstränge kommen in der Entstehungsgeschichte und
im Text des Verfassungsvertrags zum Ausdruck.
II. Die neue Architektur
der Europäischen Union
Der Europäische Konvent und die nachfolgende Regierungskonferenz haben
mit dem nun vorliegenden Verfassungsvertrag die bisherige Architektur der
Europäischen Union in rechtlicher und institutioneller Hinsicht neu geordnet.
Die wichtigsten Charakteristika des Verfassungsvertrags sind:
- Die
durch den Verfassungsvertrag neu konstituierte Europäische Union erhält eine
eigene, alle Politiken umspannende einheitliche Rechtspersönlichkeit und tritt
die Rechtsnachfolge der Europäischen Gemeinschaft und der bisherigen
Europäischen Union an.
- Die
mit dem EU-Vertrag 1993 eingeführte Säulenstruktur wird abgeschafft. Die
verschiedenen bisherigen Gemeinschaftspolitiken, die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik sowie die polizeiliche Kooperation und justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen werden in einem einheitlichen rechtlichen und
institutionellen Gefüge zusammengeführt. In einzelnen Punkten bleiben jedoch
gewisse Unterschiede hinsichtlich der Handlungsformen und der Verfahren zur
Erlassung von Maßnahmen in den verschiedenen Politikbereichen aufrecht.
Sämtliche Übereinkünfte der Europäischen Union mit Drittstaaten oder
internationalen Organisationen werden nach einem einheitlichen Verfahren ausgehandelt
und abgeschlossen.
Als logische Folge der Abschaffung der Säulen werden die bisherigen
Gründungsverträge vereinfacht und neu geordnet. Der EG-Vertrag und der EU-Vertrag
werden formell aufgehoben und ihre Bestimmungen werden in einem einzigen
Vertragstext zusammengefasst. Um die allgemeinen und institutionellen
Grundsatzbestimmungen sowie die Charta der Grundrechte gegenüber den
Detailbestimmungen zu den Organen und Politiken sowie den Schlussbestimmungen
sichtbar hervorzuheben, wird der Vertrag über eine Verfassung für Europa in
vier Teile gegliedert.
- Bedingung
und Voraussetzung für diese Neuordnung der Verträge sind die in den diversen
Schluss- und Übergangsbestimmungen gefundenen Lösungen für die Neugründung der
Europäischen Union, die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge
und die rechtliche Kontinuität.
- Der
Euratom-Vertrag bleibt als selbständiger Vertrag mit eigener
Rechtspersönlichkeit erhalten. In einem Protokoll zum Verfassungsvertrag werden
lediglich die im Hinblick auf den mit der Union gemeinsamen Haushalt und die
gemeinsamen Organe unumgänglichen technischen Anpassungen vorgenommen.
Aus Gründen der Vereinfachung, Transparenz und Effizienz hat Österreich
diese Neuordnung des Vertragswerkes inhaltlich voll mitgetragen. Aus
österreichischer Sicht bleibt dabei aber ein wesentliches Manko, dass sich eine
substantielle Reform des Euratom-Vertrages trotz nachdrücklicher Bemühungen
vorerst nicht als konsensfähig erwies. Dennoch gelang es Österreich, die
Perspektive einer umfassenden Reform des Euratom-Vertrages offen zu halten. In
einer gemeinsamen Erklärung von Österreich, Deutschland, Irland, Schweden und
Ungarn zur Schlussakte des Verfassungsvertrags wird am Ziel einer
ehestmöglichen Einberufung einer Euratom-Revisionskonferenz festgehalten.
Den vier Teilen des
Verfassungsvertrages ist eine Präambel vorangestellt.
Teil I enthält u.a. Bestimmungen über die Gründung, Ziele, Werte
und Symbole der Union, Grundrechte und Unionsbürgerschaft, die
Rechtspersönlichkeit, den Vorrang des Unionsrechts, die Verteilung der
Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Organe und
Einrichtungen, die Rechtsakte und Rechtssetzungsverfahren für die Ausübung der
Zuständigkeiten der Union, das demokratische Leben der Union, die Finanzen und
die Zugehörigkeit zur Union einschließlich der Kriterien und Verfahren für den
Beitritt zur Union sowie eine Bestimmung über den freiwilligen Austritt aus der
Union.
Teil II enthält die – mit einigen Ergänzungen insbesondere in den
„horizontalen“ Schlussbestimmungen versehene – Charta der Grundrechte der
Union.
Teil III ist der umfangreichste Teil des Verfassungsvertrags. Er
enthält die Bestimmungen über die Politikbereiche und die Arbeitsweise der
Union. In weiten Teilen werden hier die Rechtsgrundlagen der geltenden Verträge
übernommen. Die umfassendsten Neuerungen werden bei den Bestimmungen
vorgenommen, die bislang (im EUV) die zweite und dritte Säule der EU regelten.
Teil IV enthält u. a. Bestimmungen über die Aufhebung der
früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität im
Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft und zur Europäischen Union,
Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe, die Bestimmungen über das
In-Kraft-Treten, die Geltungsdauer sowie über das Verfahren bei künftigen
Änderungen des Verfassungsvertrags.
Dem Verfassungsvertrag sind ferner 36 Protokolle und 50 Erklärungen, die
gemäß Art. IV-442 Bestandteil des Vertrags sind, und Erklärungen beigefügt.
Diese sind teilweise neu, zumeist aber an den Verfassungsvertrag angepasste
Protokolle und Erklärungen zum EGV und zum EUV und deren Änderungsakten.
Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt auf unbegrenzte Zeit
und bedarf zum In-Kraft-Treten der Ratifikation durch alle
Vertragsparteien gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.
III. Werte, Ziele und
Grundsätze der Union
1) Werte
Die Werte, auf die sich die Union gründet, werden in Art. I-2 des
Verfassungsvertrages ausdrücklich verankert: die Achtung der Menschenwürde,
Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der
Menschenrechte, einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten
angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten „in einer Gesellschaft
gemeinsam“, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz,
Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern
auszeichnet.
Im Vergleich zum Konvententwurf sind in diese Bestimmung die Werte
Minderheitenrechte, Nichtdiskriminierung sowie Gleichheit von Frauen und
Männern zusätzlich aufgenommen worden. Aus österreichischer Sicht ist dies eine
klare Verbesserung. Zusätzlich ist in Art. III-116 vorgesehen, dass die Union
bei allen in diesem Teil genannten Maßnahmen darauf hinwirkt, Ungleichheiten
zwischen Männern und Frauen zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern
und Frauen zu fördern. Außerdem wird der Schlussakte eine Erklärung beigefügt,
gemäß der jede Art der häuslichen Gewalt zu bekämpfen ist und die
Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen sollten, um
diesbezügliche Straftaten zu verhindern, unter Strafe zu stellen sowie die
Opfer zu unterstützen und zu schützen.
Die Aufnahme eines ausdrücklichen „Gottesbezuges“ in die Präambel des
Verfassungsvertrags erwies sich in der Regierungskonferenz als nicht
konsensfähig. Allerdings wird in der Präambel auf das „religiöse und
humanistische Erbe Europas“ verwiesen.
Die dem Vertrag von Amsterdam angefügte Erklärung Nr. 11 zum Status der
Kirchen und weltanschaulichen Gemeinschaften wird dem Vorschlag des Konvents
folgend in Art. I-52 Abs. 1 zu einer Bestimmung des Verfassungsvertrags
erhoben. Demgemäß achtet die EU den Status, den Kirchen und religiöse
Vereinigungen oder Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren
Rechtsvorschriften genießen, und beeinträchtigt ihn nicht.
Ergänzt wird dies durch die Bestimmung des Art. I-52 Abs. 3, wonach die
Union in Anerkennung der Identität und des besonderen Beitrags dieser Kirchen
einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit ihnen pflegt. Diese
Bestimmungen wurden im Verlauf der Regierungskonferenz nicht geändert.
2) Ziele
Als Ziele, welche die Union mit geeigneten Mitteln entsprechend den ihr
zugewiesenen Zuständigkeiten zu verfolgen hat, werden in Art. I-3 definiert:
- Förderung
des Friedens, der Werte der Union und des Wohlergehens ihrer Völker (Abs. 1).
- ein
Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen und ein
Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb (Abs. 2).
- die
nachhaltige Entwicklung Europas, auf der Grundlage eines ausgewogenen
Wirtschaftswachstums und der Preisstabilität, eine in hohem Maße
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und
sozialen Fortschritt abzielt, ein
hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität; sowie die
Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts (Abs. 3, 1.
UAbs.).
- Bekämpfung
der sozialen Ausgrenzung und von Diskriminierungen sowie Förderung von sozialer
Gerechtigkeit und sozialem Schutz, Gleichstellung von Frauen und Männern,
Solidarität zwischen den Generationen und Schutz der Rechte des Kindes (Abs. 3,
2. UAbs.).
- Förderung
des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und der
Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten (Abs. 3, 3. UAbs.).
- Wahrung
des Reichtums der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union und Schutz
und Entwicklung des kulturellen Erbes Europas (Abs. 3, 4. UAbs.).
- In
ihren Beziehungen zur übrigen Welt schützt und fördert die Union ihre Werte und
Interessen. Sie leistet einen Beitrag zu Frieden, Sicherheit, weltweiter
nachhaltiger Entwicklung, Solidarität und gegenseitiger Achtung unter den
Völkern, freiem und gerechtem Handel, Beseitigung der Armut und Schutz der
Menschenrechte, insbesondere der Rechte des Kindes, sowie zur strikten
Einhaltung und Weiterentwicklung des Völkerrechts, insbesondere zur Wahrung der
Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen (Abs. 4).
IV. Die Grundsätze und das
Kompetenzsystem der Union
Entsprechend einem Auftrag des Europäischen Rates von Laeken, dem
Österreich besondere Priorität zugemessen hat, wird eine bessere Aufteilung und
Festlegung der Zuständigkeiten in der EU vorgenommen.
1) Grundsätze
Bei der Verfolgung der Ziele der Union und bei der Ausübung ihrer
Zuständigkeiten gelten nachstehende Grundsätze:
- Der
Vorrang des Verfassungsvertrags und des Unionsrechts, das von den Organen der
Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzt wird,
gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten wird ausdrücklich festgelegt (Art.
I-6). In einer Erklärung zu diesem Artikel wird festgehalten, dass diese
Bestimmung die bestehende Judikatur des EuGH reflektiert.
- Die
Mitgliedstaaten sind (weiterhin) „Herren des Vertrags über eine
Verfassung für Europa“ und übertragen der Union Zuständigkeiten zur
Verwirklichung ihrer gemeinsamen Ziele (Art. I-1).
- Die
Union hat die Gleichheit der Mitgliedstaaten vor dem Verfassungsvertrag
zu achten (Art. I-5 Abs.1).
- Die
Union hat die nationale Identität der Mitgliedstaaten zu achten, die in deren
grundlegender politischer und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich
der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt. Ebenso zu
achten hat sie die grundlegenden Funktionen des Staates, insbesondere die
Wahrung der territorialen Unversehrtheit, die Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit (Art. I-5 Abs. 1).
- Nach
dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit achten und unterstützen die
Union und die Mitgliedstaaten einander gegenseitig bei der Erfüllung der
Aufgaben, die sich aus dem Verfassungsvertrag ergeben (Art. I-5 Abs. 2).
- Die
der Union übertragenen Kompetenzen sind konkret aufgezählt (Art. I-12
bis I-18). Gemäß dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die
Union innerhalb der Grenzen der ihr zugewiesenen Zuständigkeiten tätig. Alle
der Union nicht im Verfassungsvertrag ausdrücklich zugewiesenen Zuständigkeiten
verbleiben bei den Mitgliedstaaten (Art. I-11 Abs. 2).
- Die
Union hat die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit bei
der Ausübung ihrer Zuständigkeiten zu achten (Art. I-11 Abs. 3 und 4). Der
Verfassungsvertrag enthält neue Mechanismen zur Kontrolle der Anwendung der
Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (siehe unten Kapitel VII.
Punkt 1).
- Der
Verfassungsvertrag berücksichtigt in der Definition des Subsidiaritätsprinzips
(Art. I-11 Abs. 3) und im Protokoll über dessen Anwendung ausdrücklich, dass
einzelne Mitgliedstaaten eine Reihe ihrer Zuständigkeiten den Regionen und
Kommunen übertragen haben.
In der Regierungskonferenz wurden der Grundsatz der Gleichheit der
Mitgliedstaaten und die Erklärung zum Vorrang des Unionsrechtes ergänzt. Die
weiteren Grundsätze wurden entsprechend dem Entwurf des Konvents in den
Verfassungsvertrag übernommen.
2) Kompetenzkategorien
In Art. I-12 bis I-18 werden die Arten der Zuständigkeiten der Union
definiert und die diesen jeweils zugeordneten Politikbereiche genannt:
- Ausschließliche
Zuständigkeiten der Union (Art. I-12 Abs. 1 und Art. I-13), bei denen
die Mitgliedstaaten nur noch über ausdrückliche Ermächtigung der Union, oder um
Rechtakte der Union umzusetzen, tätig werden dürfen. Die darunter fallenden
Bereiche werden taxativ aufgezählt:
-
für
das Funktionieren des Binnenmarkts nötige Wettbewerbsregeln,
- Zollunion,
- gemeinsame Handelspolitik,
- Währungspolitik für Euro-Staaten,
-
Bewahrung
der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen Fischereipolitik.
- Ebenso wird die Rechtsprechung des EuGH zum
Abschluss internationaler Abkommen kodifiziert („wenn der Abschluss einer
solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union vorgesehen ist, wenn
er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit ausüben kann, oder wenn
er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren Tragweite verändern könnte“).
- Geteilte
Zuständigkeiten (Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14): Diese umfassen alle
der Union in Teil I oder Teil III zugewiesenen Zuständigkeiten, die nicht
ausdrücklich als ausschließliche oder
ergänzende Kompetenzen genannt sind. In einer demonstrativen Liste
werden die Hauptpolitikbereiche genannt:
- Binnenmarkt,
- Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts,
- Landwirtschaft
und Fischerei (ausgenommen Erhaltung der biologischen Meeresschätze),
- Verkehr
und Transeuropäische Netze,
- Energie,
- in Teil III genannte Aspekte der Sozialpolitik,
- wirtschaftlicher,
sozialer und territorialer Zusammenhalt,
- Umwelt,
- Verbraucherschutz,
- gemeinsame
Sicherheitsanliegen im Bereich des Gesundheitswesens.
Den Mitgliedstaaten verbleibt in diesen Bereichen ihre Zuständigkeit,
sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt oder entschieden
hat, diese nicht mehr auszuüben.
In den Bereichen Forschung, technologische Entwicklung, Raumfahrt,
Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe hindert die Wahrnehmung der
geteilten Zuständigkeit durch die Union die Mitgliedstaaten nicht, ihre
Zuständigkeit weiter auszuüben.
- Unterstützende,
koordinierende und ergänzende Maßnahmen (Art. I-12 Abs. 5 und Art.
I-17): In den unter diese Zuständigkeitsart fallenden, taxativ aufgezählten
Politikbereichen sind nur solche rechtsverbindliche Akte zulässig, die keine
Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
beinhalten: Industrie, Schutz und Verbesserung der menschlichen Gesundheit,
allgemeine und berufliche Bildung, Jugend, Sport, Kultur, Tourismus und
Zivilschutz.
Gesondert geregelt werden noch zwei spezifische Zuständigkeiten der
Union:
- Maßnahmen
zur Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik der
Mitgliedstaaten durch die Union und Unionsinitiativen zur Koordinierung der
Sozialpolitik der Mitgliedstaaten (Art. I-15).
- die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, einschließlich der schrittweisen
Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik (Art. I-16).
Weiters übernimmt eine Flexibilitätsklausel (Art. I-18) die bisherige
Kompetenzabrundungsbestimmung des Art. 308 EGV in adaptierter Form: Die Union
kann im Rahmen der in Teil III des Verfassungsvertrags festgelegten
Politikbereiche auch dann tätig werden, wenn dies notwendig ist, um eines der
Ziele des Verfassungsvertrags zu erreichen, und die dazu erforderlichen
konkreten Handlungsbefugnisse im Vertrag nicht vorgesehen sind. Eine
Rechtsharmonisierung in Bereichen, in denen dies vom Vertrag über eine
Verfassung für Europa ausgeschlossen wird, darf damit jedoch nicht bewirkt
werden. Das Einstimmigkeitserfordernis im Ministerrat bei der Anwendung dieser
Klausel bleibt erhalten, das Europäische Parlament erhält das Zustimmungsrecht.
Für einige häufige Anwendungsbereiche der bisherigen Kompetenz- Abrundungsbestimmung
werden zudem spezifische neue Rechtsgrundlagen in Teil III des
Verfassungsvertrags eingeführt. Dies gilt u.a. für die Koordination der
sozialen Sicherheitssysteme von Selbständigen (Art. III-136) und den
einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums (Art. III-176).
V. Grundrechte
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (einschließlich
Präambel) wurde in ihrer Gesamtheit als Teil II im Verfassungsvertrag
verankert. Damit wird die Charta, die sowohl die „klassischen“ bürgerlichen und
politischen Rechte als auch soziale Rechte und Grundsätze enthält, rechtlich
verbindlich.
Die Charta der Grundrechte wurde dabei im Wesentlichen unverändert in
der vom Grundrechte-Konvent (im Jahr 2000) beschlossenen Form aufgenommen. Es
wurden jedoch einige Ergänzungen zu den „horizontalen“ Schlussbestimmungen
aufgenommen, die unter anderem sicherstellen sollen, dass der Anwendungsbereich
der Charta auf die Anwendung und Durchführung von Unionsrecht beschränkt bleibt
und die Kompetenzverteilung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten nicht
berührt wird.
Außerdem wurde – einem beharrlichen britischen Wunsch entgegenkommend -
vorgesehen, dass die Erläuterungen zur Charta, die unter der Leitung des
Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta (im Jahr 2000) formuliert
und unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents zur
Zukunft Europas (im Jahr 2003) aktualisiert wurden, bei der Auslegung der
Charta berücksichtigt werden: So enthält ein neuer Absatz in den
Schlussbestimmungen die Verpflichtung für die Gerichte der Union und der
Mitgliedstaaten, die Erläuterungen gebührend zu berücksichtigen; in die
Präambel des Teil II des Verfassungsvertrags wurde ebenfalls ein Verweis auf
die Erläuterungen aufgenommen. Zudem wird der Text der Erläuterungen der
Schlussakte beigefügt.
Die Erläuterungen, die insbesondere auch Hinweise auf die Herkunft der
einzelnen Chartabestimmungen, ihr Verhältnis zu anderen Bestimmungen des
Vertrags über eine Verfassung für Europa und die geltende Judikatur des
Europäischen Gerichtshofs enthalten, müssen damit bei der Interpretation der
Charta hergezogen werden.
Wenngleich Österreich den diesbezüglichen britischen Wünschen bis zum
Ende der Regierungskonferenz skeptisch gegenüberstand, da die Erläuterungen weder
vom Grundrechte- noch vom Europäischen Konvent zur Zukunft Europas diskutiert
wurden, konnte die Bezugnahme auf die Erläuterungen in Art. II-112 Abs. 7 im
Lichte des Gesamtpaketes akzeptiert werden. Für Österreich war entscheidend,
dass die Charta zu einem rechtsverbindlichen Bestandteil des Vertrags über eine
Verfassung für Europa wird.
In Teil I des Verfassungsvertrags wurde eine Bestimmung aufgenommen
(Art. I-9 Abs. 2), wonach die Union der Europäischen Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten beitritt. Auch dabei wird klargestellt, dass
der Beitritt zu dieser Konvention die im Verfassungsvertrag festgelegten
Zuständigkeiten der Union nicht ändert. Mit einem Protokoll zu Art. I-9 Abs. 2
und einer der Schlussakte beigefügten Erklärung soll sichergestellt werden,
dass der Beitritt der Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention unter
Bedingungen erfolgt, die den besonderen Merkmalen der Union und des
Unionsrechts Rechnung tragen. Mit diesem Protokoll zu Art. I-9 Abs. 2 soll unter
anderem auch die Wahrung der ausschließlichen Zuständigkeit des EuGH für
Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung
des Verfassungsvertrags gemäß Art. III-375 Abs. 2 sichergestellt werden.
Die verbindliche Verankerung der Charta der Grundrechte sowie die
Rechtsgrundlage für einen Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention
entsprechen langjährigen österreichischen Forderungen und werden daher
besonders begrüßt.
VI. Institutionenreform
1) Das Europäische
Parlament
Das Europäische Parlament ist das in allgemeinen, freien und geheimen
Wahlen - jeweils für eine Amtsperiode von fünf Jahren - direkt gewählte
Vertretungsorgan der Bürgerinnen und Bürger der Union.
Das Europäische Parlament übt gemeinsam mit dem Ministerrat die
Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse aus, erfüllt bestimmte Kontroll- und
Beratungsfunktionen und wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission.
Durch den
Verfassungsvertrag werden die Befugnisse des Europäische Parlament v.a. auf
folgende
Weise ausgedehnt bzw. gestärkt:
- Ausdehnung
des Mitentscheidungsrechtes des Europäische Parlament im Rahmen des
ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens auf weitere Politikbereiche: v. a.
Gemeinsame Agrarpolitik, Justiz und Inneres ("Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechtes") und Handelspolitik.
- Kommt
die Kommission einer Aufforderung des Europäischen Parlaments zur Vorlage eines
Vorschlages für einen Rechtsakt nicht nach, so muss sie dies begründen.
- Erweiterung
der Entscheidungsrechte des Europäische Parlament bei der Festlegung der
Finanzen der Union (Zustimmungsrecht beim mehrjährigen Finanzrahmen, genuines
Mitentscheidungsrecht und eingeschränktes 'letztes Wort' im gesamten jährlichen
Haushaltsverfahren).
- Zustimmungsrecht
beim Abschluss internationaler Übereinkommen in Bereichen, die dem
Gesetzgebungsverfahren unterliegen.
- Wahl
des unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Europäischen Parlaments-Wahlen
vom Europäischen Rat vorgeschlagenen Präsidenten der Europäischen Kommission
(anstelle der bisherigen Zustimmung zur Ernennung durch die Staats- und
Regierungschefs).
Für die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments gibt der
Verfassungsvertrag folgende Parameter vor, auf die man sich in der Schlussphase
der Regierungskonferenz unter gewissen Abänderungen des Konvententwurfes
einigte:
- das
Prinzip der (im Verhältnis zur Bevölkerungsstärke der einzelnen
Mitgliedstaaten) degressiv proportionalen Vertretung der Bürgerinnen und
Bürger.
- die
maximale Gesamtanzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten beträgt 750.
- die
maximale Anzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten eines
Mitgliedstaates beträgt 96.
- die
Mindestanzahl der Europäischen Parlaments-Abgeordneten eines Mitgliedstaates
beträgt sechs (Erhöhung gegenüber vier im Konventvorschlag; Malta verfügt
entsprechend der Beitrittsakte derzeit nur über fünf Sitze).
Die genaue Sitzaufteilung zwischen den Mitgliedstaaten wird in einem
Protokoll zum Verfassungsvertrag für die bereits angelaufene Legislaturperiode
2004 – 2009 vorgegeben. Für diesen Zeitraum bleibt in der EU-25 die in den
Beitrittsakten mit den zehn neuen
Mitgliedstaaten festgelegte Sitzaufteilung unverändert. Treten Bulgarien und
Rumänien in diesem Zeitraum der Union bei, so erhöht sich die Gesamtzahl der
Europäischen Parlaments-Sitze entsprechend einer Erklärung zum genannten
Protokoll vorübergehend auf 785.
Die Sitzaufteilung ab 2009 wird in einem - rechtzeitig vor den nächsten
EP-Wahlen – auf Vorschlag des Europäischen Parlaments einstimmig anzunehmenden
Beschluss des Europäischen Rates zu regeln sein. Die Sitzaufteilung muss dabei
unter Wahrung der obgenannten Parameter erfolgen.
Die Erhöhung der demokratischen Legitimität der Entscheidungsprozesse in
der EU durch eine Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments entspricht
einem vorrangigen österreichischen Anliegen. Darüber hinaus hat Österreich
besonderen Wert darauf gelegt, dass hinsichtlich der Aufteilung der
Europäischen Parlaments-Sitze das Prinzip der degressiven Proportionalität beibehalten
wird.
2) Der Europäische Rat und der Präsident
des Europäischen Rates
Der Europäische Rat wird mit dem Verfassungsvertrag erstmals formal zu
einem Organ der Union (Art. I-19). Die Detailbestimmungen zu diesem Organ sind
daher überwiegend neu.
Der Europäische Rat setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs der
Mitgliedstaaten, seinem gewählten Präsidenten und dem Präsidenten der
Kommission zusammen (Art. I-21). Ferner wird der Außenminister der Union in die
Arbeit des Europäischen Rates eingebunden. Entsprechend der Tagesordnung kann
vorgesehen werden, dass sich die Mitglieder des Europäischen Rates durch einen
Minister – im Falle des Kommissionspräsidenten durch einen Kommissar –
unterstützen lassen. Technische Unterstützung erhält der Europäische Rat durch
das Generalsekretariat des Rates.
Der Europäische Rat tagt vierteljährlich, wobei sein Präsident
erforderlichenfalls zusätzliche Tagungen einberufen kann (Art. I-21)
Wie bereits im EUV vorgesehen, gibt der Europäische Rat der Union
auch weiterhin die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und definiert
ihre allgemeinen politischen Ziele und Prioritäten. Neu ist allerdings, dass er
zu diesem Zweck in den im Verfassungsvertrag vorgesehenen Fällen auch bindende
Rechtsakte in der Form Europäischer Beschlüsse erlassen kann (Art. I-35). Dabei
darf er jedoch keine Gesetzgebungsfunktionen ausüben (Art. I-21).
Die bindenden Rechtsakte des Europäischen Rates unterliegen – wie
Österreich nachdrücklich forderte – der Kontrolle des Europäischen
Gerichtshofes, sofern sie nicht die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
betreffen (Art. III-365, Art. III-367, Art. III- 369, Art. III-376).
Der Präsident des
Europäischen Rates:
Der Verfassungsvertrag regelt den Vorsitz im Europäischen Rat erstmals
grundlegend anders als die Vorsitzführung in den Ministerratsformationen.
Der Präsident des Europäischen Rates wird vom Europäischen Rat mit
qualifizierter Mehrheit für zweieinhalb Jahre gewählt und kann ein weiteres Mal
wiedergewählt werden (Art. I-22). Der Präsident darf kein einzelstaatliches Amt
innehaben.
Dem Präsidenten fallen folgende Aufgaben zu (Art. I-22):
- Er
führt den Vorsitz im Europäischen Rat und leitet seine Beratungen. Er sorgt in
Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf Grundlage der Arbeiten
des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ für die angemessene Vorbereitung und
Kontinuität der Beratungen. Dabei wirkt er darauf hin, dass Zusammenarbeit und
Konsens im Europäischen Rat gefördert werden. Zusammen mit dem Vorsitz im Rat
„Allgemeine Angelegenheiten“ und der Kommission sichert er das Follow-Up der
Tagungen des Europäischen Rates (Art. I-24 Abs. 2).
- Er
vertritt die Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik auf
seiner Ebene – unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers der Union –
nach außen.
- Nach
jeder Tagung des Europäischen Rates legt er dem Europäischen Parlament einen
Bericht vor.
Österreich hat sich sowohl im Konvent als auch in der
Regierungskonferenz zusammen mit gleichgesinnten Partnern nachdrücklich dafür
eingesetzt, dass die Zuerkennung des Organstatus an den Europäischen Rat und
die Schaffung eines gewählten Präsidenten nicht zu einer übermächtigen neuen
Institution und einer nachhaltigen Verzerrung des institutionellen
Gleichgewichts in der Union führt.
Schon in der Schlussphase des Konvents gelang dies vor allem durch die
Einfügung folgender Kautelen: Keine Legislativfunktion für den Europäischen
Rat, Vorbereitung und Follow-Up der Tagungen des Europäischen Rates in enger
Abstimmung mit der Kommission sowie dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ bzw.
deren Vorsitzenden, Beschränkung des Außenvertretungsanspruchs des Präsidenten
auf den Bereich der Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik und die Ebene der Staats-
und Regierungschefs unter Wahrung der Zuständigkeiten des Außenministers der
Union. In der Regierungskonferenz konnte Österreich schließlich sicherstellen,
dass bindende Europäische Beschlüsse des Europäischen Rates den
Kontrollinstrumenten des Europäischen Gerichtshofes unterliegen – auch der
Nichtigkeitsklage gemäß Art.III-365.
Außerdem wird in die Schlussakte der Regierungskonferenz eine Erklärung
aufgenommen, wonach bei der Auswahl der Personen für die Ämter des Präsidenten
des Europäischen Rates, des Präsidenten der Kommission und des Außenministers
auf die geographische und demographische Vielfalt der Union entsprechend
Rücksicht zu nehmen ist.
3) Der Ministerrat (Rat)
Der Rat übt zusammen mit dem Europäischen Parlament die Gesetzgebungs-
und Haushaltsbefugnisse aus. Außerdem erfüllt er die ihm vom
Verfassungsvertrag zugewiesenen Aufgaben der Politikfestlegung und der
Koordinierung (Art. I-23).
Er besteht aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaats auf
Ministerebene, der befugt ist, für seinen Mitgliedstaat verbindlich zu handeln
(für Österreich kann dies weiterhin auch durch einen Vertreter der Bundesländer
geschehen) und das Stimmrecht auszuüben. Falls nicht anders geregelt,
entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit (Art. I-23).
Ausdrücklich festgelegt wird in, dass der Rat öffentlich tagt, wenn er
über Gesetzgebungsvorschläge berät oder beschließt. Aus diesem Grund wird der
Rat – in allen seinen Formationen – in zwei Teile geteilt: gesetzgeberische und
nichtgesetzgeberische Beratungen (Art. I-24 Abs. 6 und Art. I-50).
Der Rat kann die Kommission auffordern Vorschläge für Rechtsakte zu
unterbreiten. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, muss sie ihre
Entscheidung hinkünftig begründen (Art. III-345).
Ratsformationen (Art. I-24):
Während im EGV vom Rat im Allgemeinen die Rede ist, nennt der
Verfassungsvertrag zwei konkrete Ratsformationen:
- Der
Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ trägt für die Kohärenz der Arbeiten der
verschiedenen Ratsformationen Sorge und ist zusammen mit den Präsidenten des
Europäischen Rates und der Kommission für Vorbereitung und Follow-Up zu den
Tagungen des Europäischen Rates verantwortlich.
- Der
Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ formuliert die Außenpolitik der Union auf der
Basis strategischer Leitlinien des Europäischen Rates und gewährleistet die
Kohärenz des auswärtigen Handelns der Union.
Die Liste der übrigen Ratsformationen wird in einem mit qualifizierter
Mehrheit zu verabschiedenden Beschluss des Europäischen Rates festgelegt.
Für die Vorbereitung der Arbeiten des Rates ist der Ausschuss der
Ständigen Vertreter zuständig. Ferner wird der Rat vom Generalsekretariat
unterstützt. Der Rat entscheidet über die Organisation des Generalsekretariats
und über verfahrensrechtliche Bestimmungen mit einfacher Mehrheit (Art.
III-344).
Die Euro-Gruppe und ihr für zweieinhalb Jahre zu wählender Vorsitzender
werden in einem gesonderten Protokoll festgelegt.
Vorsitzführung
in den Ratsformationen:
Die Vorsitzführung wird im Verfassungsvertrag selbst in Art. I-24 Abs. 7
festgelegt. Der Vorsitz wird von Vertretern der Mitgliedstaaten im Rat auf der
Basis gleichberechtigter Rotation ausgeübt. Das diesbezügliche System
wird in einem vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmenden
Beschluss festgelegt, für den die Regierungskonferenz einen Entwurf vorlegt,
der am Tag des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags angenommen werden soll.
Eine Sonderregelung gibt es – abgesehen vom Europäischen Rat (siehe oben
den Abschnitt über den Präsidenten des Europäischen Rates) – für den Rat
Auswärtige Angelegenheiten, dem gemäß Art. I-28 Abs. 3 der Außenminister der
Union vorsitzt.
Der genannte Entwurf eines Beschlusses über die Ausübung des Vorsitzes
in den Ministerratsformationen sieht Folgendes vor:
- Das
Prinzip der gleichberechtigten Vorsitzrotation zwischen den Mitgliedsstaaten
wird, ähnlich wie bisher, beibehalten. Vorgesehen ist eine Teampräsidentschaft
von drei Mitgliedstaaten, wobei jeweils ein Mitgliedstaat sechs Monate lang
den Vorsitz in allen Ratsformationen innehat, dabei aber im Rahmen eines
gemeinsamen Programms Aufgaben an die beiden anderen Mitglieder der
Teampräsidentschaft delegieren kann.
- Die
Teams werden auf der Grundlage einer gleichberechtigten Rotation unter den
Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung der Vielfalt und der geographischen
Ausgewogenheit innerhalb der Union zusammengestellt.
- Der
Vorsitz im Ausschuss der Ständigen Vertreter wird jeweils von dem Teammitglied
ausgeübt, das dem Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ vorsitzt.
- Der
Vorsitz im Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem
Vertreter des Außenministers der Union ausgeübt.
- Die
Vorsitzführung in den einzelnen Ratsarbeitsgruppen obliegt demjenigen
Teammitglied, das den Vorsitz in den jeweils korrespondierenden Ratsformationen
ausübt, sofern in einem Durchführungsbeschluss zur Vorsitzregelung nicht
anderes festgelegt wird.
- Der
Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit einen Durchführungsbeschluss zu diesem
Beschluss.
Das Verfahren zur Durchführung des obigen Beschlusses soll gemäß einer
gemeinsamen Erklärung in der Schlussakte der Regierungskonferenz bereits nach
Unterzeichnung des Verfassungsvertrags vom Europäischen Rat mit dem Ziel
vorbereitet werden, innerhalb von sechs Monaten eine politische Einigung zu
erzielen.
Die Regelungen zur Vorsitzführung in den Ministerratsformationen,
die im Zuge der Regierungskonferenz grundlegend überarbeitet wurden,
entsprechen durchgehend den folgenden österreichischen Anliegen:
- Festigung
der Koordinationsrolle des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“; Sicherstellung
einer stabilen Vorsitzführung im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“.
- Aufrechterhaltung
der bestehenden Formationen des Rates (kein einheitlicher Legislativrat).
- Gewährleistung
der Öffentlichkeit, wenn die Ratsformationen als Gesetzgeber tätig werden.
- Festschreibung
des Grundsatzes, dass für die Vorsitzregelung das System gleichberechtigter
Rotation unter den Mitgliedstaaten gilt;
- Ermächtigung,
die Details der Vorsitzregelung nötigenfalls zu einem späteren Zeitpunkt anders
zu gestalten.
- vorläufige
Beibehaltung der bewährten sechsmonatigen, parallelen Rotation in allen
Ratsformationen unter Stärkung der Kontinuität und Flexibilität durch die
Bildung von Teams.
- Sicherung
der vertikalen Kohärenz durch korrespondierende Vorsitzführung im Rat
„Allgemeine Angelegenheiten“ und im Ausschuss der Ständigen Vertreter, im Rat
„Auswärtige Angelegenheiten“ und im Politischen und Sicherheitspolitischen
Komitee sowie in den Fachräten und den diesen jeweils zugeordneten
Ratsarbeitsgruppen.
4) Beschlussfassungsmodalitäten im Rat und
im Europäischen Rat
Der Verfassungsvertrag sieht Folgendes vor:
- Der
Ministerrat (Rat) entscheidet in der Regel – d.h. sofern nicht im
konkreten Fall etwas Anderes (also Einstimmigkeit) vorgesehen ist – mit
qualifizierter Mehrheit.
- Der
Europäische Rat entscheidet in der Regel – d.h. sofern nicht im
konkreten Fall etwas Anderes (also Einstimmigkeit oder qualifizierte Mehrheit)
vorgesehen ist – im Konsens. Beschlüsse im Konsens kommen dann zustande, wenn
sich kein Mitglied des Europäischen Rates explizit gegen einen bestimmten
Beschluss ausspricht. Bei Abstimmungen sind die Präsidenten des Europäischen
Rates und der Kommission nicht stimmberechtigt (Art. I-25 Abs. 4).
Ist Einstimmigkeit in einem der beiden Organe erforderlich, so stehen
Stimmenthaltungen anwesender oder vertretener Mitgliedern dem Zustandekommen
von Beschlüssen nicht entgegen (Art. III-343 Abs. 3).
Gemäß einem dem Verfassungsvertrag beigefügten Protokoll gilt für das
Zustandekommen von Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit bis zum 31.Oktober
2009 die „Nizza-Stimmgewichtung“. Die diesbezüglichen Stimmgewichte der
einzelnen Mitgliedstaaten werden in ein Protokoll zum Verfassungsvertrag
unverändert übernommen.
Ab 1. November 2009 wird das System der doppelten Mehrheit gelten. Die
Festlegung der Schwellenwerte für die doppelte Mehrheit erwies sich als
schwierigste Frage der Regierungskonferenz, da es für den diesbezüglichen
Vorschlag des Konvents (Mehrheit der Mitgliedstaaten und mindestens 60% der
Unionsbevölkerung) keinen Konsens gab. Erst bei der Abschlusstagung der
Regierungskonferenz konnte man sich auf folgende Formel einigen:
- Die
qualifizierte Mehrheit ist dann gegeben, wenn 55% der Mitgliedstaaten, die
mindestens 15 Mitgliedstaaten umfassen und mindestens 65% der Unionsbevölkerung
repräsentieren, ihre Zustimmung zu einem Beschluss ausdrücken. Damit
wurden die Schwellenwerte gegenüber dem Konventvorschlag erhöht, der relative
Abstand zwischen den beiden Kriterien bleibt aber mit 10% unverändert. Der in
der Regierungskonferenz zur Diskussion gestellte Vorschlag, Stimmenthaltungen
bei der Kalkulation der qualifizierten Mehrheit nicht zu berücksichtigen, wurde
zuletzt nicht aufgegriffen.
- Eine
Sperrminorität – die das Zustandekommen eines Beschlusses verhindert – muss
dabei zumindest vier Mitgliedstaaten umfassen. Drei große Mitgliedstaaten
können somit auch dann nicht allein einen Beschluss blockieren, wenn sie mehr
als 35% der Unionsbevölkerung repräsentieren.
- Erfolgt
ein Beschluss nicht auf Grundlage eines Vorschlages der Kommission oder des
Außenministers der Union, so ist für das Zustandekommen der qualifizierten
Mehrheit ein erhöhtes Staatenquorum von 72% bei einem gleich bleibenden
Bevölkerungsquorum von 65% erforderlich.
- Außerdem
wird bei Inkrafttreten des Verfassungsvertrags – einer beharrlichen Forderung
Polens entgegenkommend – ein Ratsbeschluss angenommen werden, der beim Übergang
zur doppelten Mehrheit ab 1. November 2009 einen dem „Ioannina-Kompromiss“ aus
1994 nachgebildeten Mechanismus vorsieht: Sprechen sich Mitgliedstaaten,
die hinsichtlich einer der beiden Schwellen zumindest 75% der für die
Sperrminorität erforderlichen Prozentsätze erreichen, gegen die Annahme eines
Rechtsaktes durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit aus, wird der Rat
versuchen, auf breiterer Basis eine zufrieden stellende Lösung zu finden. Dabei
ist jedoch die Geschäftsordnung des Rates zu respektieren, d.h. eine Abstimmung
kann nicht unbefristet aufgeschoben werden. Der „Ioannina-Mechanismus“ wird
mindestens bis zum Jahr 2014 gelten und kann dann durch einen mit
qualifizierter Mehrheit gefassten Ratsbeschluss aufgehoben werden.
Für die Beurteilung dieser Kompromissformel aus österreichischer Sicht
ist maßgeblich, dass sowohl die Effizienz der Entscheidungsfindung in der Union
erhöht, als auch die Machtbalance zwischen großen, mittleren und kleinen
Mitgliedstaaten gewahrt bleibt. Trotz der Erhöhung der Schwellenwerte gegenüber
dem Konventvorschlag ermöglicht es die vereinbarte Kompromissformel,
- dass
die Wahrscheinlichkeit der Annahme eines Beschlusses im Vergleich zur
Nizza-Stimmgewichtung deutlich steigt,
- ohne
damit die Wahrscheinlichkeit, dass Österreich eine Entscheidung beeinflussen
kann, signifikant abzusenken.
Dazu kommt, dass die Effizienz der Entscheidungsfindung auch durch die
Ausdehnung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen auf weitere Politikbereiche
erhöht wird.
Für quasi-konstitutionelle Beschlüsse und in einigen besonders sensiblen
Politikbereichen wird aber weiterhin am Einstimmigkeitserfordernis
festgehalten.
5) Die Europäische Kommission (Kommission)
Der Verfassungsvertrag bekräftigt die Rolle der Kommission als
Förderin der allgemeinen, europäischen Interessen der Union und Hüterin der
Anwendung des Unionsrechtes (Art. I-26).
Die Kommission nimmt ihre Tätigkeiten in voller Unabhängigkeit wahr.
Ihre Mitglieder dürfen keine Anweisungen von Regierungen oder anderen Stellen
entgegennehmen (Art. I-26) und müssen sich jeglicher mit ihren Pflichten
unvereinbarer Tätigkeiten enthalten (Art. III-347).
Die Kommission agiert als Kollegium (Art. I-26) und trifft ihre
Entscheidungen mit der Mehrheit ihrer Mitglieder, wobei sie das Quorum in ihrer
Geschäftsordnung festlegt (Art. III-351).
Das Initiativmonopol erstreckt sich - abgesehen von ganz wenigen
Ausnahmen wie dem EP-Direktwahlakt und dem EP-Abgeordnetenstatut - auf alle
Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze und Rahmengesetze), den mehrjährigen
Finanzrahmen (Art. I-55) und den Jahreshaushalt (Art. I-56 und Art. III-404).
Nur für den Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen bleibt ein paralleles Initiativrecht eines Viertels der
Mitgliedstaaten bestehen.
Außerdem erhält die Kommission das Vorschlagsrecht für die auf den
Abschluss interinstitutioneller Vereinbarungen ausgerichtete jährliche und
mehrjährige Programmplanung der Union (Art. I-26).
Abänderungen eines Rechtsaktvorschlages der Kommission können vom Rat
nur einstimmig beschlossen werden, sieht man von bestimmten fortgeschrittenen
Verfahrensstufen im ordentlichen Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren ab.
Neben ihren Vorschlagsrechten obliegen der Kommission die
Außenvertretung der Union mit Ausnahme der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP), die Ausführung des Haushaltsplanes, die Verwaltung
der Programme sowie die ihr im Verfassungsvertrag übertragenen Koordinierungs-,
Exekutiv- und Verwaltungsfunktionen (Art. I-26).
Zusammensetzung
Während der Vertrag von Nizza (in Art. 4 des Protokolls Nr. 10 zum EUV
und EGV) vorsieht, dass eine „Verkleinerung“ der Kommission bereits ab der
ersten Amtsperiode nach dem Beitritt des 27. Mitgliedstaates zur Union erfolgt
(d.h. voraussichtlich ab 2009), schiebt der Verfassungsvertrag in Art. I-26
Abs. 5 diese „Verkleinerung“ um eine weitere Amtsperiode (d.h. voraussichtlich
bis 2014) auf.
Bis 2014 - d. h. für die derzeitige Amtsperiode (1. November 2004
bis 31. Oktober 2009) sowie die darauf folgende (d.h. die erste unter Anwendung
des Verfassungsvertrags nominierte Kommission) – wird das Prinzip beibehalten,
dass sich die Europäische Kommission (einschließlich ihres Präsidenten und des
Außenministers der Union) aus je einem Staatsangehörigen pro Mitgliedstaat zusammensetzt.
Danach wird die Zahl der Mitglieder der Kommission auf zwei Drittel der
Anzahl der Mitgliedstaaten verkleinert, sofern der Europäische Rat nicht
einstimmig eine Änderung dieser Zahl beschließt. Die Auswahl der Mitglieder der
Kommission erfolgt dann auf der Grundlage eines Systems der gleichberechtigten
Rotation, dessen genaue Modalitäten in einem vom Europäischen Rat einstimmig zu
erlassenden Beschluss festzulegen sind. Bei diesen Modalitäten sind folgende
aus dem Vertrag von Nizza übernommene Prinzipien zu beachten:
- Die
Mitgliedstaaten werden bei der Festlegung der Reihenfolge und der Dauer der
Amtszeiten ihrer Staatsangehörigen in der Kommission vollkommen gleich
behandelt; demzufolge kann die Gesamtzahl der Mandate, welche Staatsangehörige
zweier beliebiger Mitgliedstaaten innehaben, niemals um mehr als eines
voneinander abweichen.
- Vorbehaltlich
obigen Prinzips ist jedes der aufeinander folgenden Kollegien so
zusammengesetzt, dass das demographische und geographische Spektrum der
Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union auf zufrieden stellende Weise zum
Ausdruck kommt.
Darüber hinaus wurde auf Wunsch von Dänemark und Österreich in einer
gemeinsamen Erklärung zu Art. I-26 festgehalten, dass die Kommission künftig
eine besondere Verpflichtung zur Gewährleistung der Transparenz und der engen
Verbindung mit jenen Mitgliedstaaten trifft, die in einem reduzierten Kollegium
nicht vertreten sind. Dieser Verpflichtung soll durch „geeignete
organisatorische Vorkehrungen“ entsprochen werden.
Verfahren zur Bestellung
der Kommission und ihres Präsidenten:
Der Verfassungsvertrag hebt hervor, dass der Kommissionspräsident vom
Europäischen Parlament gewählt (und nicht – wie im EGV – vom Europäischen Rat
ernannt) wird.
Art. I-27 sieht vor, dass der Europäische Rat (mit qualifizierter
Mehrheit) dem Europäischen Parlament einen Kandidaten für das Amt des
Präsidenten der Europäischen Kommission vorschlägt, wobei er das Ergebnis der
Wahlen zum Europäischen Parlament berücksichtigt. Dieser Kandidat wird vom
Europäischen Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt. Kommt die
erforderliche Mehrheit nicht zustande, so muss der Europäische Rat dem
Europäischen Parlament innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten
vorschlagen, wobei die gleichen Verfahrenregeln zur Anwendung kommen.
Die übrigen Mitglieder der Kommission werden von den Mitgliedstaaten
vorgeschlagen und vom Rat mit qualifizierter Mehrheit im gegenseitigen
Einvernehmen mit dem Kommissionspräsidenten ausgewählt, wobei folgende Kriterien
zu berücksichtigen sind:
- Kompetenz,
Engagement für Europa und Gewähr für Unabhängigkeit der Kandidaten.
- obgenanntes
System der gleichberechtigten Rotation (ab der für 2014 vorgesehenen
„Verkleinerung“ der Kommission).
Für die Bestellung des – der Kommission angehörenden – Außenministers
der Union gelten Sonderregeln (siehe den Abschnitt zum Außenminister).
Das gesamte auf diese Weise designierte Kommissionskollegium (einschließlich
seines Präsidenten und des Außenministers) hat sich sodann dem Zustimmungsvotum
des Europäischen Parlamentes zu stellen. Erhält das Kollegium die Mehrheit
der im Europäischen Parlament abgegebenen Stimmen, wird die Kommission vom
Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt.
Das Europäische Parlament kann die gesamte Kommission durch ein
Misstrauensvotum zum Rücktritt verpflichten, wenn dieses mit einer Mehrheit von
zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, die die Mehrheit der Mitglieder des
Europäischen Parlamentes ausmachen, angenommen wird.
Einzelne Mitglieder der
Kommission müssen auf Verlangen des EK-Präsidenten zurücktreten.
Gemäß Art. I-27 Abs. 3 hat der EK-Präsident folgende – im
Wesentlichen bereits in Art. 217 EGV dargelegte – Aufgaben:
- Festlegung
der Leitlinien für die Aufgabenerfüllung der Kommission.
- Festlegung
der internen Organisation der Kommission, wobei die Effizienz, Kohärenz und das
Kollegialitätsprinzip zu wahren sind.
- Ernennung
der Vizepräsidenten – abgesehen vom Außenminister – aus dem Kreis des
Kollegiums.
Die Bestimmungen über die Kommission stellen aus österreichischer Sicht
eine ausgewogene Kompromisslösung dar, die sowohl im Vergleich zum Vertrag von
Nizza als auch zum Konvententwurf substantielle Verbesserungen vorsieht:
- Das
Prinzip ein Kommissar pro Mitgliedstaat wird um eine volle Amtsperiode länger
beibehalten als im Vertrag von Nizza und im Konvententwurf vorgesehen (bis 2014
statt bis 2009).
- Die
vom Konvent für die Zeit ab 2009 vorgeschlagene Zweiteilung der
Kommissionsmitglieder in stimmberechtigte und nicht-stimmberechtigte, die eine
‚Zweiklassengesellschaft’ in der Kommission bedeutet hätte, wurde von der
Regierungskonferenz verworfen und nicht in den Verfassungsvertrag übernommen.
- Bei
der „Verkleinerung“ der Kommission ab 2014 kommt das bereits im Vertrag von
Nizza festgeschriebene Prinzip der gleichberechtigten Rotation mit drei neuen
Verbesserungselementen zur Anwendung:
- Die
Zahl der Kommissionsmitglieder wird mit zwei Dritteln der Anzahl der
Mitgliedstaaten festgesetzt.
- Es
besteht die Möglichkeit, dass diese Zahl im Lichte der Erfahrungen von zwei
Amtsperioden einstimmig revidiert wird.
- Für
die Berücksichtigung der Anliegen von Mitgliedstaaten, die jeweils kein
Kommissionsmitglied nominieren, sind gemäß einer Erklärung geeignete
organisatorische Vorkehrungen zu treffen. Die demokratische Legitimierung des
Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament wird gestärkt (Wahl
durch das Europäische Parlament statt Ernennung durch Europäischen Rat,
Vorschlag des Europäischen Rats berücksichtigt das Ergebnis der Wahlen zum
Europäischen Parlament).
6) Der Außenminister der Union
Der Außenminister der Union wird die bisherigen Funktionen des
Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und
des Kommissars für auswärtige Beziehungen in einer Person („Doppelhut“)
vereinen.
Er ist Mitglied der Kommission, einer ihrer Vizepräsidenten, ständiger
Vorsitzender des Rats für Auswärtige Angelegenheiten und soll für die Kohärenz
des gesamten auswärtigen Handelns der Union sorgen. Die Delegationen der Union
(in Drittstaaten und bei internationalen Organisationen) stehen unter seiner
Leitung.
- Im
Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (einschließlich der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik) ist er dem Rat verantwortlich,
unterbreitet Vorschläge zur Entwicklung dieser Politik und sorgt für deren
Durchführung im Auftrag des Rates. In der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik vertritt er die Union nach außen (gegenüber Drittstaaten und
internationalen Organisationen) – soweit dies nicht dem Präsidenten des
Europäischen Rates auf dessen Ebene obliegt – er empfiehlt dem Rat
Verhandlungsmandate und führt Verhandlungen über internationale Abkommen.
- In
den übrigen Bereichen des auswärtigen Handelns, in denen er der Kommission
zufallende Zuständigkeiten ausübt (Handelspolitik, Entwicklungszusammenarbeit,
wirtschaftliche, finanzielle und technische Kooperation mit Drittländern,
humanitäre Hilfe) handelt er als – für die Koordination der Außenaspekte
verantwortliches – Mitglied der Kommission und ist an deren kollegiale
Verfahren gebunden, soweit sich dies mit seinen Verantwortlichkeiten im Bereich
der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik vereinbaren lässt.
Der Außenminister der Union wird vom Europäischen Rat mit qualifizierter
Mehrheit und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission ernannt und kann
nach dem gleichen Verfahren – gegebenenfalls auch auf Verlangen des
Kommissionspräsidenten – entlassen werden. Er hat sich gemeinsam mit dem
Kommissionspräsidenten und den übrigen Mitgliedern der Kommission dem
Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments zu stellen.
Der Außenminister wird bei der Erfüllung seines Mandats von einem
Europäischen Auswärtigen Dienst unterstützt, der sich aus Beamten der
relevanten Einheiten von Ratssekretariat und Kommission sowie aus von den
Mitgliedstaaten abgestellten Diplomaten zusammensetzt. Dieser Dienst wird durch
einen Europäischen Beschluss des Rates, auf Vorschlag des Außenministers und
nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und Zustimmung der Kommission
eingerichtet. In einer Erklärung wird festgehalten, dass mit den
Vorbereitungsarbeiten zur Einrichtung dieses Dienstes schon nach der
Unterzeichnung des Verfassungsvertrags begonnen werden soll.
7) Der Europäische Gerichtshof und das
Rechtsschutzsystem in der Union
Mit dem Verfassungsvertrag werden auch mehrere das Unionsorgan
Europäischer Gerichtshof (EuGH) betreffende Änderungen und Verbesserungen an
den Gründungsverträgen vorgenommen. Diese zählten im Konvent und in der
Regierungskonferenz zu den am wenigsten umstrittenen institutionellen Fragen.
Neben der Bezeichnung des Organs – nunmehr „Gerichtshof der
Europäischen Union“– werden auch die Bezeichnungen seiner Bestandteile geändert
(das „Gericht erster Instanz“ wird zum „Gericht“, die beigeordneten
„gerichtlichen Kammern“ zu „Fachgerichten“). Hinsichtlich der Aufteilung der
Zuständigkeiten zwischen dem „Gerichtshof“ und dem „Gericht“ nimmt der
Verfassungsvertrag keine Änderung gegenüber der Rechtslage des Vertrags von
Nizza vor (Art. III-358 übernimmt den Wortlaut von Art. 225 EGV).
Die allgemeine Regelung
über die Zuständigkeit des EuGH bleibt unverändert, er entscheidet
- über
Klagen eines Mitgliedstaats, eines Organs oder juristischer oder natürlicher
Personen;
- im
Wege der Vorabentscheidung auf Antrag der einzelstaatlichen Gerichte über die
Auslegung des Unionsrechts oder über die Gültigkeit der Handlungen der Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union;
- sowie
in allen anderen im Verfassungsvertrag vorgesehenen Fällen.
Der sachliche Zuständigkeitsbereich des Gerichtshofs hingegen
wird infolge der Abschaffung der Säulenarchitektur der Europäischen Union
ausgeweitet und erstreckt sich grundsätzlich auf alle Organe und
Politikbereiche.
Die derzeit gemäß Art. 35 EUV und Art. 68 EGV bestehenden Ausnahmen,
Abweichungen und geringfügigen Ergänzungen zu den Regelzuständigkeiten des
EuGH im Bereich Justiz und Inneres werden weitgehend abgeschafft. Der
EuGH wird in Hinkunft somit auch für sämtliche Klagen, Vorabentscheidungsverfahren
und Gutachtenanträge im Bereich Justiz und Inneres zuständig sein. Von der
Zuständigkeit des EuGH weiterhin ausgenommen (vgl. Art. 35 Abs. 5 EUV und Art.
68 Abs. 2 EGV) bleibt gemäß Art. III-377 in den Bereichen der justiziellen Zusammenarbeit
in Strafsachen und der polizeilichen Zusammenarbeit die Überprüfung der
Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer
Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der
Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.
Eine Bereichsausnahme gibt es nach wie vor für die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik: Gemäß Art. III-376 fallen nicht in die Zuständigkeit des
EuGH die Art. I-40 und I-41 sowie der Teil III Titel V Kapitel II (Art. III-294
bis III-313) und die GASP-relevanten Aspekte derjenigen Europäischen
Beschlüsse, mit denen der Europäische Rat gemäß Art. III-293 die strategischen
Interessen und Ziele des auswärtigen Handelns der Union festlegt. Für
ausdrücklich zuständig erklärt wird der EuGH jedoch gemäß Art. III-376 Abs. 2
für die Überwachung der Rechtmäßigkeit von Europäischen Beschlüssen über
restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder juristischen Personen, die der
Rat auf der Grundlage des GASP-Kapitels erlassen hat (Art. III-322) sowie für
die Kontrolle der Einhaltung der gegenseitigen
Rücksichtnahme zwischen der GASP und den internen Politikbereichen
(‚Unberührtheitsklausel’ in Art. III-308).
Ein für Österreich besonders wichtiges rechtsstaatliches Anliegen im
Zuge der Einrichtung des Europäischen Rates als Unionsorgan (Art. I-19 iVm Art. I-21) betrifft die Überprüfbarkeit der Handlungen
des Europäischen Rates mit Rechtswirkung gegenüber Dritten durch den EuGH,
welche durch Art. III-365 Abs. 1 sichergestellt wird. Ferner wird die
Zuständigkeit des EuGH für die Überwachung der Rechtmäßigkeit der Handlungen
der Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber
Dritten geschaffen. Auch die Unterlassungen des Europäischen Rates und der
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union werden nach Art. III-367 Abs. 1
anfechtbar.
Eine Errungenschaft des neuen Verfassungsvertrags stellt die
Verbesserung des Rechtsschutzes Einzelner gegen Rechtsakte der Union dar. Diese
Verbesserung wurde – basierend auf einer österreichischen Forderung – mittels
einer Neuformulierung des Art. 230 EGV bezüglich der Klagemöglichkeit von Einzelpersonen
erreicht.
In Zukunft kann jede natürliche oder juristische Person gegen die an sie
gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie
gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und
keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben.
Diese Formulierung bedeutet, dass die Klagebefugnis gegen generelle
Rechtsakte in Bezug auf Rechtsakte mit Verordnungscharakter insofern ausgedehnt
wird, als gegen diese auch dann vorgegangen werden kann, wenn nur unmittelbare
und nicht auch individuelle Betroffenheit vorliegt. Dies stellt eine
wesentliche Verbesserung des Rechtschutzes Einzelner dar, was Österreich
ausdrücklich begrüßt.
Im Zusammenhang mit der Einführung eigener Verfahren zur Überprüfung der
Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit (siehe auch
Kapitel VII) wird die Zuständigkeit des EuGH auf die in Art. 7 des
Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeits-Protokolls vorgesehenen
Klagebefugnisse erweitert. Nach Inkrafttreten eines Rechtsaktes können die
Mitgliedstaaten, sofern deren nationale Rechtsordnung dies vorsieht, auch im
Namen ihres nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments, Klage
wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips erheben. Dieses Recht erhält auch
der Ausschuss der Regionen bei denjenigen Rechtakten, bei denen der
Verfassungsvertrag eine Konsultation vorsieht.
Ferner wird das Ernennungsverfahren für die Richter und Generalanwälte
am Gerichtshof sowie die Richter am „Gericht“ durch Einschaltung eines
Ausschusses zur Prüfung der Eignung der Bewerber ergänzt, der eine
Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für die Ausübung des betreffenden
Amts abzugeben hat. Hinsichtlich der Verfahrensbestimmungen sowie der Satzung
des Gerichtshofs werden punktuelle Änderungen vorgenommen.
8) Sonstige Organe und Einrichtungen der
Union
Der Verfassungsvertrag regelt in Teil I, Titel IV, Kapitel II (Art. I-30
bis I-32), die „sonstigen Organe“ und Einrichtungen der Union“. Darunter
versteht man konkret die Europäische Zentralbank, den Rechnungshof sowie die
beratenden Einrichtungen Ausschuss der Regionen und Wirtschafts- und
Sozialausschuss. Hinsichtlich Aufgaben und Zusammensetzung dieser Organe und
Einrichtungen hat sich gegenüber dem Status Quo durch den Verfassungsvertrag
nichts Substantielles geändert.
Die Europäische Zentralbank besitzt Rechtspersönlichkeit und ist
gemeinsam mit den Zentralbanken der Mitgliedstaaten für die Währungspolitik der
Union (genauer der Eurozone) zuständig. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des
Euro zu genehmigen. Das vorrangige Ziel der Europäischen Zentralbank ist die
Gewährleistung der Preisstabilität. Im Übrigen unterstützt die Europäische
Zentralbank die allgemeine Wirtschaftspolitik der Union. Sie ist in der Ausübung
ihrer Befugnisse unabhängig.
Der Europäische Rechnungshof ist für die Gebarungskontrolle der Union
zuständig. Er prüft die Einnahmen und Ausgaben der Union sowie die
Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Ihm kommt – wie bereits bisher –
Organeigenschaft zu.
Dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss wird
ausdrücklich die Aufgabe der Beratung des europäischen Parlaments, des Rats und
der Europäische Kommission übertragen. Der Ausschuss der Regionen setzt sich
aus Vertretern regionaler und lokaler Gebietskörperschaften, die entweder ein
Wahlamt innehaben oder gegenüber einer gewählten Versammlung politisch
verantwortlich sind, zusammen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss besteht aus
Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie anderen
Vertretern der Zivilgesellschaft. Die Mitglieder der Ausschüsse üben ihre
Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus.
VII. Demokratie und
Bürgernähe
1) Die Rechte der nationalen Parlamente und
die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
Zwei Protokolle zum Verfassungsvertrag beinhalten eine Übernahme der
Kernbestimmungen der Protokolle zum Amsterdamer Vertrag über die Anwendung des
Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips (Protokoll Nr. 30 zum EGV) und
über die Rolle der nationalen Parlamente (Protokoll Nr. 9 zu EUV und EGV) – in
vereinfachter und verkürzter Form – und verbinden diese mit vom Konvent
vorgeschlagenen neuen Elementen zur Einbeziehung der nationalen Parlamente
einschließlich eines neuen Verfahrens zur Kontrolle der Anwendung des
Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips.
Diese wesentlichen Neuerungen des Konvententwurfs, die die Rolle der
nationalen Parlamente in der Union beträchtlich stärken, wurden im Zuge der
Regierungskonferenz – mit Ausnahme einer Klarstellung hinsichtlich nationaler
Parlamente mit mehr als einer Kammer – unverändert in den Verfassungsvertrag
übernommen.
Darüber hinaus sieht der Verfassungsvertrag eine Befassung der
nationalen Parlamente bei Anträgen europäischer Staaten auf Beitritt zur Union,
allen Änderungen des Verfassungsvertrags, Beschlüssen des Europäischen Rates
betreffend den Übergang zur qualifizierten Mehrheit („Passerelle“) und
Evaluierungen im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
(ehemalige „Dritte Säule“) vor. Die Rechte der nationalen Parlamente bei der
Inanspruchnahme der „Passerelle“ wurden durch die Regierungskonferenz
(gegenüber dem Konvententwurf) ausgeweitet, so dass der Einspruch eines
einzigen nationalen Parlaments genügt, um den Übergang zur qualifizierten
Mehrheit zu blockieren.
Das (im EGV vorgesehene) Ratifikationserfordernis für die Rechtsakte
betreffend die Eigenmittel, die Ausdehnung der Rechte der Unionsbürger sowie
den Direktwahlakt zum Europäischen Parlament wird beibehalten.
Das Subsidiaritätsprinzip wird in Art. I-11 des Verfassungsvertrags
definiert und besagt, dass die Union in den Bereichen, für die sie nicht
ausschließlich zuständig ist, nur dann tätig wird, „sofern und soweit die Ziele
der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler
noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend erreicht werden können,
sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene
besser erreicht werden können.“ Zu der bisherigen Definition dieses Prinzips in
Art. 5 EGV kommt die Hervorhebung der regionalen und lokalen Ebene hinzu.
Weiters heißt es in Art. I-11, dass den nationalen Parlamenten im Rahmen
eines im „Protokoll über die Anwendung des Subsidiaritäts- und
Proportionalitätsprinzip“ dargelegten Verfahrens eine Überwachung der
Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips ermöglicht wird. Ein solches Verfahren
war im bisher geltenden, dem EGV durch den Amsterdamer Vertrag aus 1997
beigefügten Protokoll zur Anwendung dieser Prinzipien noch nicht vorgesehen.
Protokoll über die
Anwendung des Subsidiaritäts- und Proportionalitätsprinzips:
Alle Legislativvorschläge der Kommission werden den nationalen
Parlamenten direkt und zur gleichen Zeit wie den gesetzgebenden Organen der
Union zugeleitet. Auf Vorschläge, die auf der Grundlage der
Flexibilitätsklausel (Art. I-18) unterbreitet werden, ist dabei speziell
aufmerksam zu machen.
Die Kommission muss ihre Vorschläge in Hinblick auf das Subsidiaritäts-
und Proportionalitätsprinzip spezifisch begründen.
- Frühwarnmechanismus:
Innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt eines Vorschlags können die nationalen
Parlamente – nach Konsultation von Regionalparlamenten - dem Europäischen
Parlament, dem Rat und der Kommission eine begründete Stellungnahme
übermitteln, in der sie darlegen, warum sie den entsprechenden Vorschlag als
mit dem Subsidiaritätsprinzip unvereinbar erachten. Jede Kammer eines
nationalen Parlaments kann, nach Konsultation von Regionalparlamenten mit
Gesetzgebungskompetenzen, solche Stellungnahmen abgeben.
Werden solche begründete Stellungnahmen von mindestens einem Drittel der
nationalen Parlamente bzw. deren Kammern abgegeben, muss die Kommission ihren
Vorschlag überprüfen. Jedes Parlament verfügt dabei über zwei Stimmen, die auf
zwei Kammern aufgeteilt werden können. Mit entsprechender Begründung kann die
Kommission sodann den Vorschlag entweder aufrechterhalten oder abändern oder
zurückziehen („gelbe Karte“, keine „rote Karte“). Bei Vorschlägen im Rahmen des
Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (Politikbereich Justiz und
Inneres) beträgt die Schwelle nur ein Viertel der den nationalen Parlamenten
und deren Kammern zustehenden Stimmen.
- Klagerechte:
Nach Inkrafttreten eines Rechtsaktes können die Mitgliedstaaten, sofern deren
nationale Rechtsordnung dies vorsieht, auch im Namen ihres nationalen
Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments, Klage wegen Verletzung des
Subsidiaritätsprinzips erheben. Dieses Recht erhält auch der Ausschuss der
Regionen bei denjenigen Rechtsakten, bei denen der Verfassungsvertrag seine
Konsultation vorsieht.
Protokoll über die Rolle
der nationalen Parlamente:
Alle Konsultationsdokumente und Legislativvorschläge sowie Tagesordnungen
und Ergebnisprotokolle von Ratssitzungen werden direkt an die nationalen
Parlamente übermittelt. Der zeitliche Abstand zwischen Übermittlung und
Beschlussfassung im Rat muss mindestens sechs Wochen betragen.
Darüber hinaus ist auch die direkte Übermittlung des jährlichen
Legislativprogramms und anderer Planungsdokumente sowie des jährlichen
„Subsidiaritätsberichts“ der Kommission und des Jahresberichts des Europäischen
Rechnungshofes an die nationalen Parlamente vorgesehen.
Auch die COSAC (Konferenz der Ausschüsse für europäische Angelegenheiten
der Parlamente der EU) kann Beiträge an das Europäische Parlament, den Rat und
die Kommission übermitteln. COSAC soll außerdem den Austausch von „best
practices“ für die Einbeziehung der Parlamente in Angelegenheiten der Union
fördern. Weiters können im COSAC-Rahmen interparlamentarische Konferenzen
insbesondere zu Themen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
organisiert werden.
Österreich begrüßt die dargestellten Regelungen des Verfassungsvertrags
in besonderem Maße, da diese folgenden Kernanliegen gerecht werden:
- Die
Voraussetzungen für die Kontrolle der nationalen Regierungen durch ihre
Parlamente werden wesentlich gestärkt. Die konkreten Informations- und Kontrollrechte
der Parlamente in Angelegenheiten der Union werden weiterhin von den einzelnen
Mitgliedstaaten in ihren nationalen Verfassungen festgelegt. Durch einen
verstärkten Austausch von „vorbildhaften Praktiken“ sollen die Standards in
dieser Hinsicht aber allgemein angehoben werden. Den hohen österreichischen
Standards könnte dabei Vorbildwirkung zu kommen.
Der neue Frühwarnmechanismus und die zusätzlichen Klagerechte erlauben eine
bessere Überwachung der tatsächlichen Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und
können daher einer exzessiven Ausdehnung von Unionsregelungen und der
Beschneidung mitgliedstaatlicher Kompetenzen Einhalt gebieten.
- Die
wesentliche Rolle, die Gemeinden und Regionen bei der Wahrnehmung nationaler
Kompetenzen in gewissen Mitgliedstaaten – wie Österreich – spielen, findet
explizite Anerkennung und Berücksichtigung.
2) Grundsätze des demokratischen Lebens,
Bürgerinitiative
Der Verfassungsvertrag enthält in seinem Teil I erstmals Regelungen
betreffend das demokratische Leben der Union. Drei tragende Grundsätze werden
in Titel VI des Teiles I des Verfassungsvertrags dazu festgelegt:
- der
Grundsatz der demokratischen Gleichheit,
- der
Grundsatz der repräsentativen Demokratie und
- der
Grundsatz der partizipativen Demokratie.
Gemäß dem erstgenannten Grundsatz achtet die Union in ihrem gesamten
Handeln den Grundsatz der Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger. Dieser wird
durch die Regeln über die Unionsbürgerschaft ergänzt, die inhaltlich
unverändert aus dem EGV übernommen werden. Gemäß dem zweiten Grundsatz beruht
die Arbeitsweise der Union auf der repräsentativen Demokratie. Die Bürgerinnen
und Bürger sind auf Unionsebene durch das Europäische Parlament unmittelbar
vertreten. Europäische politische Parteien tragen zur Herausbildung eines
europäischen politischen Bewusstseins bei. Weiters besteht eine mittelbare
demokratische Legitimation des Rates über die nationalen Parlamente oder
Direktwahl.
Der dritte Grundsatz manifestiert sich einerseits dadurch, dass die
Organe der Union einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den
repräsentativen Verbänden der Zivilgesellschaft pflegen. Neu eingeführt wird
das Instrument der Bürgerinitiative:
Bürgerinnen und Bürger der Union, deren Zahl mindestens eine Million
beträgt, die Staatsangehörige einer erheblichen Zahl von Mitgliedstaaten
umfassen, können eine Initiative ergreifen und die Kommission auffordern, im
Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu unterbreiten, zu denen es nach
Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines Rechtsaktes der Union bedarf, um den
Verfassungsvertrag umzusetzen. Die näheren Durchführungsbestimmungen zur
Bürgerinitiative sind in einem Europäischen Gesetz festzulegen.
Die Einführung eines direktdemokratischen Elements, das Österreich
gemeinsam mit Italien bereits im Rahmen der Regierungskonferenz zum Vertrag von
Amsterdam vorgeschlagen hat, verstärkt in der „neuen“ Union die demokratische
Legitimation und Bürgernähe.
VIII. Die Verfahren und
Handlungsinstrumente der Union
Zur Verwirklichung der Ziele Transparenz und Bürgernähe definiert der
Vertrag über eine Verfassung für Europa einheitliche Verfahren und
Rechtsinstrumente. Die Instrumente der Union werden vereinfacht, zahlenmäßig
beschränkt und genau festgelegt, die besonderen Handlungsformen der ehemaligen
zweiten und dritten Säule werden abgeschafft.
Es werden sechs
Rechtsakttypen unterschieden (Art. I-33 – Art. I-39).
Gesetzgebungsakte sind das Europäische Gesetz (entspricht
der bisherigen Verordnung) und das Europäische Rahmengesetz (entspricht
der bisherigen Richtlinie). Diese werden im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
auf Initiative der Kommission erlassen.
Rechtsakte ohne Gesetzescharakter sind die Europäische Verordnung
und der Europäische Beschluss. Die Europäische Verordnung hat einen
„Doppelcharakter“ und ist entweder direkt anwendbar oder von den
Mitgliedstaaten umzusetzen. Der Europäische Beschluss wird im Vergleich zum
dzt. Beschluss weiter definiert, da er sich nicht nur an bestimmte einzelne
Adressaten richten kann, sondern auch an einen unbestimmten Adressatenkreis.
Der Beschluss ersetzt auch die bisherigen Rechtsakte der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik.
Sonderformen sind die Delegierte Europäische Verordnung sowie die
Europäische Durchführungsverordnung und der Europäische Durchführungsbeschluss
(Art. I-36 und Art. I-37). Der Kommission kann die Befugnis übertragen werden,
mittels einer Delegierten Europäischen Verordnung einige nicht wesentliche
Vorschriften von Gesetzgebungsakten näher auszuführen oder zu ändern. Dazu kann
im Fall, dass eine einheitliche Durchführungsmaßnahme notwendig ist, eine
„Europäische Durchführungsverordnung“ oder ein „Europäischer
Durchführungsbeschluss“ durch die Kommission oder durch den Rat erlassen
werden, wobei aber grundsätzlich, wie bislang, die Mitgliedstaaten für die
Durchführung der rechtlich bindenden Rechtsakte der Union zuständig bleiben.
Delegierte Europäische Verordnungen und Durchführungsmaßnahmen müssen sich auf
Gesetzgebungsakte stützen, womit implizit eine Normenhierarchie eingeführt
wird.
Rechtlich nicht bindende
Rechtsakte sind Empfehlungen und Stellungnahmen.
Zusätzlich werden die Entscheidungsprozesse der Union dadurch
vereinfacht, dass das bisherige Mitentscheidungsverfahren unter der neuen
Bezeichnung „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ als Regelfall der
Gesetzgebung etabliert wird. Daneben bleiben als Modelle der Beteiligung des
Europäischen Parlamentes am Gesetzgebungsprozess nur noch das
Anhörungsverfahren und das Zustimmungsrecht erhalten. Das Verfahren der
Zusammenarbeit wird abgeschafft. Das Initiativmonopol der Kommission im Bereich
der Gesetzgebung bleibt zur Wahrung der Gesamtinteressen der Union erhalten und
gilt grundsätzlich für alle Politikbereiche.
Nur in genau determinierten Fällen kann vom ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren abgewichen werden. Sonderverfahren ermöglichen etwa die
Annahme von Gesetzen allein durch Rat oder Parlament (unter Beteiligung des
jeweils anderen Mitgesetzgebers). Besondere Vorschriften regeln die Gemeinsame
Außen- und Sicherheitspolitik, die Europäische Sicherheits- und
Verteidigungspolitik und den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
(Art. I-40 bis Art. I-42). Für die strafrechtliche und polizeiliche
Zusammenarbeit im Bereich Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts hat,
neben der Kommission, ein Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht. Im
Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) haben die
Mitgliedstaaten, der Außenminister oder der Außenminister mit Unterstützung der
Kommission ein Initiativrecht. Es gilt die Einstimmigkeitsregel, mit einigen
Ausnahmen im Bereich der GASP (vgl. Kapitel XI. 2). Das Europäische Parlament
hat hier generell ein Anhörungsrecht.
Die sprachliche Abfassung der einzelnen Bestimmungen zielt, soweit dies
die rechtliche Komplexität der Materie erlaubt, auf bessere Lesbarkeit und
Verständlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger ab. So werden in sämtlichen
Bestimmungen, die als Rechtsgrundlagen für die Erlassung von Rechtsakten
herangezogen werden können, die in Frage kommenden Rechtsakttypen und die
jeweils anzuwendenden Verfahren angegeben. Zusammen mit der neuen Typologie der
Handlungsinstrumente trägt dies zu größerer Transparenz und mehr
Rechtssicherheit bei. Damit wird einer wesentlichen österreichischen Forderung
Rechnung getragen.
Die Regierungskonferenz hat lediglich redaktionelle Verbesserungen und
juristische Korrekturen an diesen schon im Konventsentwurf enthaltenen
Bestimmungen vorgenommen.
IX. Die Finanzen der Union
Der Verfassungsvertrag führt eine Normenhierarchie für die
Finanzbestimmungen der Union ein: Die Eigenmittelobergrenze bindet den
Finanzrahmen, der die jährlichen Obergrenzen für Ausgabenkategorien festlegt.
Diese sind gesetzlich bindend für den Jahreshaushalt der Union. Damit werden
Haushaltsdisziplin und ausgewogene Balance zwischen den beiden die
Haushaltsbefugnisse ausübenden Unionsorganen Rat und Europäisches Parlament
sichergestellt.
Die Obergrenze für Finanzmittel der Union und die
Mittelkategorien werden in einem Europäischen Gesetz (bislang
"Eigenmittelbeschluss") einstimmig vom Ministerrat nach Anhörung des
Europäischen Parlaments festgelegt. Das Ratifikationserfordernis wird
beibehalten (Art. I-54).
Die Finanzielle Vorschau, derzeit ein Interinstitutionelles Abkommen,
wird unter der Bezeichnung „mehrjähriger Finanzrahmen“ (Art. I-55 und Art.
III-402) vertraglich verankert. Die Beschlussfassung über den mehrjährigen
Finanzrahmen war bis zuletzt Gegenstand der Verhandlungen in der
Regierungskonferenz: Der Konvententwurf sah Einstimmigkeit für den ersten
Finanzrahmen nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags und danach einen
automatischen Übergang zur qualifizierten Mehrheit vor. Als Ergebnis der
Regierungskonferenz bleibt es bei Einstimmigkeit im Rat nach Zustimmung des
Europäischen Parlamentes. Der Europäische Rat kann aber einstimmig einen
Beschluss erlassen, wonach der Rat zur qualifizierten Mehrheit übergehen kann.
In der Regierungskonferenz scheiterte die Einführung der qualifizierten
Mehrheit vor allem am Widerstand der Niederlande. Die Niederlande gaben
allerdings eine einseitige Erklärung zur Schlussakte ab, gemäß der sie dem Übergang
zur qualifizierten Mehrheit zustimmen werden, wenn im Rahmen der derzeit laufenden Verhandlungen über
die finanzielle Vorausschau ab 2007 eine zufrieden stellende Lösung für
Mitgliedstaaten mit exzessiver Nettozahlerposition erreicht wird (allgemeiner
Korrekturmechanismus).
Europäisches Parlament und Rat erlassen auf Vorschlag der Kommission ein
Europäisches Gesetz zur Feststellung des Jahreshaushaltes der Union
(Art. I-56 und Art. III-404). Die Unterscheidung zwischen obligatorischen und
nichtobligatorischen Ausgaben und die daran geknüpften unterschiedlichen
Verfahrensbestimmungen (letztes Wort des Rats bei den obligatorischen Ausgaben,
letztes Wort des Europäischen Parlaments bei den nicht obligatorischen
Ausgaben) werden aufgehoben. Das neue Gleichgewicht zwischen Rat und
Europäischem Parlament wird durch ein Mitentscheidungsverfahren eigener Art
hergestellt, das ein eingeschränktes „letztes Wort“ des Europäischen Parlaments
vorsieht:
- Kommt
es im Vermittlungsausschuss zu keiner Einigung zwischen Parlament und Rat, muss
die Kommission einen neuen Vorschlag für den strittigen Jahreshaushalt
vorlegen.
- Wird
das Ergebnis des Vermittlungsausschusses entweder von Europäischem Parlament
und Rat oder nur vom Europäischen Parlament abgelehnt, so muss die Kommission
einen neuen Haushaltsvorschlag unterbreiten.
- Wenn
jedoch der Rat das Ergebnis des Vermittlungsausschusses im Nachhinein ablehnt,
das Europäische Parlament aber zustimmt, kann das Europäische Parlament seine
Abänderungsvorschläge mit der Mehrheit seiner Mitglieder und 60% der
abgegebenen Stimmen bestätigen.
Der Vorschlag des Konvents, das derzeitige Verfahren für die
nicht-obligatorischen Ausgaben auf alle Ausgaben zu übertragen, fand keinen
Konsens in der Regierungskonferenz. Aus österreichischer Sicht stellt die
erzielte Einigung einen tragfähigen Kompromiss dar, zumal er auch von den
Vertretern des Europäischen Parlaments in der Regierungskonferenz mitgetragen
werden konnte.
X. Verstärkte
Zusammenarbeit
Die im Verfassungsvertrag vorgenommenen Änderungen an den bisherigen
Vertragsbestimmungen über die verstärkte Zusammenarbeit (vZ) ergeben sich zum
überwiegenden Teil aus der Abschaffung der Säulenstruktur bei gleichzeitiger
Beibehaltung des Sondercharakters der GASP (einschließlich der GSVP).
Gleichzeitig wird das Prinzip der Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten
bekräftigt.
Neu ist, dass auch für die vZ eine „Passerelle“ geschaffen wird, die es
erlaubt, dass durch einen einstimmigen Ratsbeschluss der an der vZ
teilnehmenden Mitgliedstaaten in Bereichen, in denen der Verfassungsvertrag
Einstimmigkeit vorsieht, zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen übergegangen
werden kann. Ausgenommen davon ist der Militär- und Verteidigungsbereich, aber
nicht generell die GASP (Art. III-422).
Diese sogenannte „kleine Passerelle“ war in der Regierungskonferenz bis
zuletzt umstritten, wurde aber schließlich als Ausgleich dafür akzeptiert, dass
in bestimmten Politikbereichen (v.a. Steuern) das Einstimmigkeitsprinzip
aufrechterhalten wird. In einer Erklärung zu Art. III-419 wird in diesem
Zusammenhang festgehalten, dass die Mitgliedstaaten, die eine vZ begründen
wollen, bereits von Beginn an bekannt geben sollen, wenn sie beabsichtigen, von
der „kleinen Passerelle“ Gebrauch zu machen.
Die allgemeinen Bedingungen für die Begründung einer verstärkten
Zusammenarbeit (vZ) und für die spätere Aufnahme in eine solche werden
aus Art. 43-45 EUV (in Art. I-44 und Art. III-416 bis III-423) mit folgenden
Änderungen übernommen:
- Die
Mindestanzahl der beteiligten Mitgliedstaaten muss mindestens ein
Drittel der Gesamtanzahl der EU-Mitgliedstaaten betragen. Dies
bedeutet, dass in der EU-27 eine Mindestanzahl von neun Mitgliedstaaten
erforderlich sind, während es gemäß geltendem EUV (Art. 43 lit. f) acht
Mitgliedstaaten unabhängig von der Gesamtanzahl der EU-Mitgliedstaaten sein müssen.
- Das
bislang für die Erste Säule gültige Verfahren für die Ermächtigung zur
Einleitung einer vZ (Art. 11 EGV) wird auch auf den Bereich justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation (Dritte Säule) ausgedehnt,
wobei das Vorschlagsrecht – auf Ersuchen der die vZ begründen wollenden
Mitgliedstaaten – generell nur noch bei der Kommission liegt (in
der derzeitigen dritten Säule können gemäß Art. 40a EUV auch mindestens acht
Mitgliedstaaten die Initiative ergreifen). Die Annahme des Ermächtigungsbeschlusses
erfolgt – wie bisher – durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit. Das
Europäische Parlament erhält ein generelles Zustimmungsrecht (Art.
III-419). Bislang gilt dieses nur für Bereiche, in denen das
Mitentscheidungsverfahren zur Anwendung kommt.
- In
das Verfahren betreffend spätere Beitritte weiterer Mitgliedstaaten zu
einer bereits eingerichteten vZ werden zusätzliche Sicherungen zugunsten beitrittswilliger
Staaten eingebaut. Wie bislang obliegt es der Kommission, die Erfüllung
aller notwendigen Aufnahmevoraussetzungen festzustellen. Der Grundsatz der
Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten wird aber noch dadurch betont,
dass die Kommission bei einer ablehnenden Stellungnahme zu einer neuerlichen
Prüfung innerhalb einer von ihr gesetzten Frist verpflichtet wird und
beitrittswillige Staaten bei einer zweiten ablehnenden Stellungnahme der
Kommission dennoch eine Ratsentscheidung beantragen können. In diesem Fall ist
für einen Ratsbeschluss die qualifizierte Mehrheit der an der vZ teilnehmenden
Mitgliedstaaten erforderlich. (Art. III-420 Abs. 2)
- Für
die qualifizierte Mehrheit innerhalb der vZ sind mindestens 55% der
beteiligten Staaten und 65% der Bevölkerung des Teilnehmerkreises erforderlich.
Eine Sperrminorität muss mindestens einen Mitgliedstaat mehr umfassen, als für
die Erreichung einer Bevölkerungsschwelle von mehr als 35% innerhalb des
Teilnehmerkreises erforderlich ist. In Fällen, in denen nicht auf der Grundlage
eines Vorschlages der Kommission oder des Außenministers der Union entschieden
wird, muss eine Staatenschwelle von mindestens 72% der teilnehmenden
Mitgliedstaaten erreicht werden. (Art. I-44 Abs. 3)
Eine Erleichterung für die Einleitung einer vZ enthalten die
Bestimmungen über die ‚Notbremse’ im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen (siehe diesbezügliches Kapitel): Kann im Rahmen dieses
Mechanismus kein Konsens gefunden werden, dann ist die Ermächtigung für die
Begründung einer vZ mit dem Einverständnis von mindestens einem Drittel der MS
automatisch erteilt.
Für die Begründung und spätere Aufnahme in eine vZ im Bereich der GASP
werden die diesbezüglichen Sonderregelungen in Art. 27a bis Art. 27e EUV
(Antrag zur Ermächtigung ist an den Rat zu richten) mit folgenden Änderungen
übernommen:
- Die
vZ kann auch Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen
umfassen.
- Die
Ermächtigung zur Einleitung einer vZ erfolgt einstimmig durch den Rat, nachdem
neben der Kommission auch der Außenminister der Union Stellung genommen hat
(Art. III-419 Abs.2). Das wird Europäische Parlament wird unterrichtet.
- Die
Feststellung, dass ein später beitrittswilliger Mitgliedstaat die
notwendigen Teilnahmevoraussetzungen erfüllt, obliegt dem Rat in der
Zusammensetzung der teilnehmenden Mitgliedstaaten, der nach Anhörung des
Außenministers einstimmig entscheidet. Im Falle einer negativen Entscheidung
muss sich der Rat eine Frist für eine neuerliche Überprüfung des Antrags setzen
und dem antragstellenden Mitgliedstaat angeben, welche Bedingungen er noch zu
erfüllen hat.
Im Bereich der GSVP gibt es neben der Möglichkeit der „regulären“ vZ auch
die permanente strukturierte Zusammenarbeit einer Gruppe von
Mitgliedstaaten, für die spezifische Regelungen gelten (siehe Kapitel
Auswärtiges Handeln, GSVP).
Österreich begrüßt die in
den Verfassungsvertrag aufgenommenen Bestimmungen über die vZ, da
- bekräftigt
wird, dass die vZ als ‚letztes Mittel’ anzuwenden ist, wenn ihre im Einklang
mit dem Verfassungsvertrag stehenden Ziele nicht innerhalb einer vernünftigen
Periode von der gesamten Union erreicht werden können;
- die
Offenheit und Inklusivität der vZ sichergestellt wird.
- die
‚kleine Passerelle’ in Bereichen, in denen in absehbarer Zukunft ein Abgehen
vom Einstimmigkeitsprinzip in der gesamten Union nicht wahrscheinlich ist, im
Rahmen einer vZ die Einführung effizienterer Entscheidungsmechanismen erlaubt.
XI. Ausgewählte
Politikbereiche
1) Horizontale Bestimmungen
Neben den bereits im EGV enthaltenen horizontalen Bestimmungen
betreffend die Beseitigung von Ungleichheiten zwischen Mann und Frau (Art.
III-116, Art. 3 Abs. 2 EGV) und die Integration der Erfordernisse des
Umweltschutzes (Art. III-119, Art. 6 EGV) bzw. des Konsumentenschutzes (Art.
III-120, Art. 153 Abs. 2 EGV) in die Definition und Durchführung aller
Unionspolitiken enthält der Verfassungsvertrag eine bereits vom Konvent
vorgeschlagene horizontale Verpflichtung zur Bekämpfung von Diskriminierungen
in allen Politikbereichen (Art. III-118).
In der Regierungskonferenz wurden – mit Unterstützung Österreichs – zwei
weitere horizontale Bestimmungen hinzugefügt:
- Sozialklausel
(Art. III-117): In allen Politiken der Union ist auf die Erfordernisse
eines hohen Beschäftigungsniveaus und einen adäquaten Sozialschutz Rücksicht
zunehmen.
- Tierschutzklausel
(Art. III-121 entspricht dem Amsterdamer Protokoll Nr. 33 zum EGV): In den
relevanten Politikbereichen ist den Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere
Rechnung zu tragen.
- Dazu
kommen substantielle Ergänzungen des Querschnittsartikels III-122 über Dienste
von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse („Daseinsvorsorge“), die auf von
Österreich der Regierungskonferenz unterbreiteten Vorschlägen beruhen:
- Entsprechend
dem Konventvorschlag wird eine Rechtsgrundlage für im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren zu erlassende Europäische Gesetze über die Prinzipien
und Bedingungen für die Erbringung dieser Dienste aufgenommen.
- Im Zuge der Regierungskonferenz wurde ein
Verweis auf Art. I-5 hinzugefügt, gemäß dem die Union die regionale und
kommunale Selbstverwaltung als Teil der nationalen Identität der
Mitgliedstaaten zu respektieren hat.
- Im Zuge der Regierungskonferenz wurde ergänzt,
dass die obgenannten Europäische Gesetze nicht die Zuständigkeiten der
Mitgliedstaaten berühren, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse im Einklang mit dem Verfassungsvertrag zur Verfügung zu stellen, in
Auftrag zu geben und zu finanzieren.
- Zudem
wird in Art. II-96 der Charta der Grundrechte auch verankert, dass die Union
den Zugang zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, wie
er von den Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Verfassungsvertrag vorgesehen
wird, anerkennt und achtet.
2) Das auswärtige Handeln der Union
Der Verfassungsvertrag definiert einerseits die grundlegenden Werte und
Ziele, die die Europäische Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene
verfolgt und schafft andererseits die Voraussetzungen für mehr Effizienz und
Kohärenz in der Gestaltung der gesamten auswärtigen Beziehungen.
Zu diesem Zweck werden die bislang teils im EGV („Erste Säule“) und
teils im EUV („Zweite Säule“) geregelten Aspekte der Außenbeziehungen unter dem
Titel „Auswärtiges Handeln der Union“ zusammengefasst und die
Säulenstruktur abgeschafft. Unter diesen Titel fallen:
1. die
sogenannten „vergemeinschafteten“ Bereiche: In diesen verfügt die Union
über eine ausschließliche (in der Handelspolitik) oder geteilte Zuständigkeit
(z.B.: Entwicklungszusammenarbeit, humanitäre Hilfe) und es gilt in der Regel
das Initiativmonopol der Kommission, das ordentliche Gesetzgebungsverfahren mit
qualifizierten Mehrheitsentscheidungen im Rat und dem Mitentscheidungsrecht des
Europäischen Parlaments sowie die gerichtliche Kontrolle aller Rechtsakte durch
den EuGH.
2. die
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) einschließlich der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), in der die
Unionsstrukturen weiterhin in hohem Maße auf zwischenstaatlichen
Kooperationsformen und Entscheidungsmechanismen aufbauen und supranationale
Strukturen erst ansatzweise zum Tragen kommen.
Obgleich für diese Bereiche eine Reihe unterschiedlicher Regeln bestehen
bleiben, wird auf folgende Weise ein stärkerer und konsistenterer
übergreifender Rahmen geschaffen:
- Festlegung
übergeordneter Zielsetzungen für das Wirken der Union in der Welt:
Förderung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechten;
Friedenssicherung, Konfliktverhütung, nachhaltige Entwicklung, Umweltschutz,
Beseitigung der Armut, Integration aller Länder in die Weltwirtschaft, etc.;
- Schaffung
eines Außenministers der Union, der von einem Europäischen Auswärtigen Dienst
unterstützt wird. Der Außenminister vereinigt in Personalunion die Funktionen
des koordinierenden Außenkommissars und des bisherigen Hohen Vertreters für die
GASP und soll so für die Kohärenz des gesamten auswärtigen Handelns und eine
einheitliche Vertretung der EU in der Welt sorgen.
- Festlegung
der strategischen Interessen und Ziele der Unionspolitik durch Beschlüsse des
Europäischen Rates und gemeinsame Vorschläge des Außenministers und der
Kommission.
- Einheitliche
Regelung des Verfahrens für Verhandlung und Abschluss von internationalen
Übereinkommen. Die Verhandlungsführung steht je nach Materie dem Außenminister
oder der Kommission zu. Das Europäische Parlament erhält beim Abschluss
internationaler Übereinkommen zusätzliche Kompetenzen (Zustimmungsrecht zu
Abkommen in Bereichen, die dem Gesetzgebungsverfahren unterliegen).
Dazu kommt eine generelle Solidaritätsklausel, gemäß der die
Union von Terroranschlägen oder Katastrophen menschlichen oder natürlichen
Ursprungs betroffenen Mitgliedstaaten auf deren Ersuchen mit von den
Mitgliedstaaten bereitgestellten Mitteln beisteht. Dies schließt militärische
Mittel ein. Die Wahl der jeweiligen Mittel, die zur Verfügung gestellt werden,
obliegt aber den einzelnen Mitgliedstaaten.
Für die klassische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik – die
GASP und die GSVP – wird das Prinzip der Einstimmigkeit
weitgehend aufrechterhalten. Entscheidungen mit qualifizierter Mehrheit sind
nur – wie schon bislang – für bestimmte Durchführungsmaßnahmen und Ernennungen
von Sonderbeauftragten sowie – neu – in Fällen, in denen der Außenminister auf
spezielles Ersuchen des Europäischen Rates einen Vorschlag unterbreitet,
vorgesehen.
Der Außenminister erhält ein Vorschlagsrecht allerdings kein
Initiativmonopol. Rechtsakte der GASP unterliegen nicht der Kontrolle durch den
EuGH. Dem Europäischen Parlament kommt lediglich ein Anhörungs- bzw.
Informationsrecht zu.
Für die GSVP gelten weitere Sonderbestimmungen. Operative
Ausgaben für militärische Aktivitäten werden – im Unterschied zu sonstigen
GASP-Ausgaben – nicht aus dem Unionshaushalt beglichen, sondern gemäß
BNP-Schlüssel zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt. Wesentliche Bestimmungen
im GSVP-Bereich sind:
- das
Ziel der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen
Verteidigungspolitik, die zu einer gemeinsamen Verteidigung führt. Eine
gemeinsame Verteidigung kann aber nur durch einen einstimmigen Beschluss des
Europäischen Rates eingeführt werden, der der Ratifikation durch alle
Mitgliedstaaten bedarf.
- die
Ausrichtung der GSVP auf die so genannten – erweitert definierten – „Petersberg-Aufgaben“
(Operationen mit zivilen und militärischen Mitteln außerhalb der Union zur
Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der internationalen
Sicherheit).
- die
Möglichkeit der Betrauung einer Gruppe von Mitgliedstaaten mit anspruchsvolleren
Missionen durch den Rat (durch Beschluss aller Mitgliedstaaten).
- die
Begründung einer ständigen strukturierten Zusammenarbeit, die allen
Mitgliedstaaten offen steht, die anspruchsvollere Kriterien in Bezug auf die
militärischen Kapazitäten erfüllen und im Hinblick auf Missionen mit höchsten
Anforderungen festere Verpflichtungen auf der Grundlage von in einem Protokoll
festgehaltenen Kriterien eingegangen sind, durch einen Beschluss des Rates mit
qualifizierter Mehrheit.
- Die
in Art. I-41 Abs. 7 vorgesehene wechselseitige Beistandsgarantie aller
EU-Mitgliedstaaten sieht vor, dass einem Mitgliedstaat, der Opfer eines
bewaffneten Angriffs auf seinem Territorium wurde, Hilfe und Unterstützung nach
Art. 51 Charta der Vereinten Nationen geleistet werden, wobei der spezifische
Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gewisser Mitgliedstaaten
mit Neutralitätsverpflichtungen ebenso unberührt bleibt wie die
Beistandspflichten der der NATO angehörenden Mitgliedstaaten. Es bleibt den
neutralen und bündnisfreien Mitgliedstaaten im Einzelfall vorbehalten, über
allfällige Beistandsleistungen dem Grunde nach bzw. über Art und Umfang zu
entscheiden.
- eine
eigene Rechtsgrundlage für die „Agentur für die Bereiche Entwicklung der
Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung“ (kurz
„Europäische Verteidigungsagentur“).
Was die „vergemeinschafteten“ Bereiche des auswärtigen Handelns
der Union betrifft, so sind folgende Regelungen im Verfassungsvertrag
hervorhebenswert:
Die Handelspolitik einschließlich von Dienstleistungen, Handelsaspekten
des geistigen Eigentums sowie Direktinvestitionen wird unter die
ausschließlichen Zuständigkeiten der Union eingeordnet (Art.I-13 und Art.
III-315).
Der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik wird durch
Europäische Gesetze festgelegt, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
(qualifizierte Mehrheit im Rat und Mitentscheidung des Europäischen
Parlamentes) erlassen werden. Dies bedeutet einen wesentlichen Fortschritt für
das Europäische Parlament, das bisher nur anzuhören war.
Bei der Festlegung von Verhandlungsmandaten und dem Abschluss von
Handelabkommen entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wobei aber –
unter Straffung der bisherigen Ausnahmebestimmungen - in folgenden
Bereichen Einstimmigkeit erforderlich ist:
- Dienstleistungen,
Handelsaspekte des geistigen Eigentums und Direktinvestitionen – sofern
Abkommen Bestimmungen inkludieren, die Regelungen betreffen, die von der Union
intern einstimmig angenommen werden müssen.
- kulturelle
und audiovisuelle Dienstleistungen, sofern das Risiko der Beeinträchtigung der
sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Union besteht.
- Dienstleistungen
des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn Abkommen
die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und
die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung berühren könnten.
Für Verkehrsabkommen gilt das Verkehrskapitel des Verfassungsvertrags in
Verbindung mit Art. III-325 über internationale Abkommen. Die Ausübung der
Unionskompetenzen in der die gemeinsame Handelspolitik darf keine Auswirkungen
auf die Kompetenzabgrenzung zwischen der Union und den Mitgliedstaaten haben
und nicht zu Harmonisierungen führen, wo der Verfassungsvertrag dies
ausschließt.
Die Entwicklungszusammenarbeit ist eine geteilte Kompetenz „sui
generis“, da die Mitgliedstaaten auch dann weiter tätig werden können, wenn die
Union ihre Zuständigkeit wahrnimmt. Generelle Ziele der
Entwicklungszusammenarbeit sind Friedenssicherung, Schutz und Erhalt von Umwelt
und natürlichen Ressourcen, Förderung der nachhaltigen Entwicklung und – als
Hauptziel – die Armutsbekämpfung.
Diese sollen auch horizontal in allen anderen Politikbereichen
berücksichtigt werden.
3) Der Raum der Freiheit, der Sicherheit
und des Rechts
Unter diesem Titel – für den eine geteilte Zuständigkeit zwischen der
Union und der Mitgliedstaaten gilt (Art. I-14 Abs. 2 lit. j) – werden der schon
mit dem Amsterdamer Vertrag vergemeinschaftete Titel IV des EGV betreffend
Visa, Asyl, Einwanderung und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen sowie
die bisher im EUV geregelte „Dritte Säule“ betreffend die justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen und die Polizeikooperation zusammengeführt.
Die Handlungsermächtigungen der Union in diesen Bereichen werden neu
gegliedert, teilweise umformuliert und ergänzt. Übergreifende strategische
Leitlinien des Europäischen Rates (Art. III-258) sollen die Kohärenz des
Handelns der Union in diesen Bereichen sicherstellen.
Für den Bereich Visa, Asyl, Einwanderung und die justizielle
Zusammenarbeit in Zivilsachen gelten das Initiativmonopol der Kommission, das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren und die vollständige Kontrolle aller
Rechtsakte durch den Europäischen Gerichtshof. Das Recht der Mitgliedstaaten
festzulegen, wie viele Drittstaatsangehörige aus Drittstaaten in ihr
Hoheitsgebiet einreisen dürfen, um dort als Arbeitnehmer oder Selbstständige
Arbeit zu suchen, bleibt ausdrücklich unberührt (Art. III-267 Abs. 5). Einstimmigkeit
im Rat und Anhörung des Europäischen Parlamentes ist nur noch bei
zivilrechtlichen Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüberschreitenden Bezügen
vorgesehen.
Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren und die Zuständigkeit des EuGH
werden grundsätzlich auch auf die Bereiche justizielle Zusammenarbeit in
Strafsachen und Polizeikooperation ausgedehnt, allerdings mit bestimmten
Sonderregelungen bzw. Einschränkungen, über die teilweise erst in der letzten
Phase der Regierungskonferenz ein Kompromiss erzielt wurde und die den
besonderen Sensibilitäten der Mitgliedstaaten Rechnung tragen sollen:
- Neben
dem Vorschlagsrecht der Kommission behält in diesen Bereichen auch ein Viertel
der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.
- Die
Auslöseschwelle im Frühwarnmechanismus zur Überprüfung der Einhaltung des
Subsidiariträtsprinzips beträgt nur ein Viertel – anstelle eines Drittels – der
den nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.
- In
den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und Polizeikooperation
sind Maßnahmen der Polizei- oder Strafverfolgungsbehörden und dem
innerstaatlichen Recht unterstehende Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der
öffentlichen Ordnung und zum Schutz der inneren Sicherheit nicht der
Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs unterworfen.
- Im
Strafrechtsbereich (Art.III-270 und Art. III-271) werden Europäische
Rahmengesetze betreffend Mindestvorschriften in taxativ festgelegten Bereichen
grundsätzlich im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (qualifizierte Mehrheit im
Rat und Mitentscheidung des Europäisches Parlament) erlassen. Eine Ausdehnung
auf weitere Bereiche bedarf jedoch eines einstimmigen Ratsbeschlusses und der
Zustimmung des Europäischen Parlaments.
- Dazu
kommt eine „Notbremse“: Ist ein Mitgliedstaat der Auffassung, dass der Entwurf
einer dieser Rechtsvorschriften grundlegende Aspekte seiner Strafrechtsordnung
berührt, kann er die Befassung des Europäischen Rats beantragen. Das
Gesetzgebungsverfahren bleibt dann vier Monate ausgesetzt, während derer der
Europäische Rat im Konsens entscheiden kann,
- dass der Entwurf an den Rat rückverwiesen und
das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt wird oder
- dass die Kommission oder eine Gruppe von
Mitgliedstaaten einen neuen Entwurf vorlegen soll und damit der ursprüngliche
Entwurf als nicht erlassen gilt.
- Trifft
der Europäische Rat binnen vier Monaten keine Entscheidung oder wird das
Europäische Rahmengesetz binnen zwölf Monaten nach Vorlage eines neuen Entwurfs
nicht erlassen, so gilt auf Wunsch von mindestens einem Drittel der
Mitgliedstaaten – die dies dem Europäischen Parlament, dem Rat und der
Kommission mitteilen – die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit auf
der Grundlage des Entwurfs des Rahmengesetzes als erteilt.
- Dieser
Notbremsemechanismus stellt sicher, dass kein für die gesamte Union
verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen eines Mitgliedstaates
angenommen werden kann.
Außerdem werden Voraussetzungen für eine Erweiterung des
Tätigkeitsbereichs von Eurojust durch Europäische Gesetze geschaffen (Art.
III-273), wobei sich die Regierungskonferenz zuletzt auf den Kompromiss
einigte, dass Eurojust im Zusammenhang mit schwerwiegenden, mehrere
Mitgliedstaaten betreffenden Straftaten zwar die Einleitung von Strafermittlungen
(„investigations“) veranlassen könnte, hinsichtlich der Einleitung von
Strafverfolgungen („prosecutions“) aber auf ein Vorschlagsrecht beschränkt
bleibt.
Weiters enthält der Verfassungsvertrag eine Ermächtigungsklausel zur
Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft durch ein vom Rat nach
Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig zu erlassendes Europäisches
Gesetz. Die Zuständigkeit dieser Staatsanwaltschaft würde sich auf die
Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union
beschränken, sofern der Europäische Rat nicht bei der Einrichtung oder später
einstimmig eine Ausdehnung der Zuständigkeiten auf andere schwerwiegende
Straftaten mit grenzüberschreitender Dimension beschließt.
In der Polizeikooperation wird zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
übergegangen, Einstimmigkeit im Rat und Anhörung des Europäischen Parlaments
sind aber bei Folgendem erforderlich:
- Maßnahmen
betreffend die operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden (Art III-275
Abs. 3).
- Festlegung
von Bedingungen und Grenzen für die Tätigkeit von Behörden eines Mitgliedstaats
auf dem Territorium eines anderen Mitgliedstaates (Art. III-277).
Dänemark erhält im Protokoll Nr. 20 zum Verfassungsvertrag – durch eine
Änderung des Amsterdamer Protokolls Nr. 5 zum EUV und EGV – ein auf den
gesamten Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ausgedehntes
Opt-Out (bislang gilt dieses Opt-Out nur für Titel IV EGV: Visa, Asyl,
Migration und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen). Gleichzeitig wird
aber die Möglichkeit verankert, diese Opt-Outs – auf eigenen Wunsch – in
Opt-In-Regelungen überzuführen, wie sie für Großbritannien und Irland bestehen
(Teilnahme an bestimmten Maßnahmen kann dann innerhalb einer bestimmten Frist
nach Vorlage des konkreten Vorschlags notifiziert werden).
Das Protokoll Nr.
19 zum Verfassungsvertrag übernimmt die Bestimmungen des „Amsterdamer
Protokolls Nr. 4 zu EUV und EGV über die Position des Vereinigten Königreichs
und Irlands“ und dehnt den Anwendungsbereich der darin festgelegten Opt Out /
Opt In-Regelungen betreffend Grenzkontrollen, Asyl, Migration und Justizielle
Zusammenarbeit in Zivilsachen (die Titel IV des EGV entsprechenden Art. III-265
bis Art. III-269) auf jene Aspekte der gemäß Art. III-263 erlassenen Rechtsakte
zur Festlegung von Einzelheiten für die Bewertung der gesamten Unionspolitik im
Bereich des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes aus,
- die die
vorgenannten Politikbereiche (Art. III-265 bis Art. III-269) betreffen,
- die
Verwaltungszusammenarbeit gemäß Art. III-263 im gesamten Bereich des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes betreffen,
- die den
Informationsaustausch in der Polizeikooperation gemäß Art. III-275 Abs. 2 lit.
a betreffen.
4) Die Wirtschafts- und Währungspolitik der
Union
Die Bestimmungen zur Wirtschafts- und Währungspolitik bleiben in weiten
Bereichen, insbesondere der Währungspolitik, materiell unverändert, wurden aber
umstrukturiert und bereinigt. Zahlreiche
obsolete Bestimmungen des EGV (v. a. betreffend die Vorstufen zur
Einführung der Währungsunion) wurden gestrichen.
Die Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik wird als
Kompetenz besonderer Art definiert (Art. I-15).
Die Verfahrensregelungen spiegeln die primäre Zuständigkeit des Rats im
Bereich der Wirtschaftspolitik wider, der die Grundzüge dieser Politik für die
Mitgliedstaaten, die sich innerhalb der Union koordinieren, beschließt, und
sind – wie schon im EGV – überwiegend auf nicht-legislative Rechtsakte
(Beschlüsse, Empfehlungen) ausgerichtet. Gegenüber dem EGV werden mehrere
Verfahrensregelungen geändert, um v. a. der Eurozone in verstärktem Maße
autonome Handlungsfähigkeit zu verleihen; die Rolle der Kommission bei der Koordination
der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und insbesondere im Verfahren bei
übermäßigen Defiziten zu stärken und das bisherige – nunmehr völlig
abgeschaffte – Kooperationsverfahren zu ersetzen.
Stärkung der autonomen
Handlungsfähigkeit der Eurozone:
In der Regierungskonferenz einigte man sich zuletzt darauf, den Euro-
Staaten ein stärkeres Mitspracherecht bei der Aufnahme neuer Mitglieder in die
Eurozone zu geben.
Im Einzelnen sieht der Verfassungsvertrag folgende maßgebliche
Änderungen vor:
- In
einem neuen Protokoll (Protokoll Nr. 12 betreffend die Euro-Gruppe) wird
festgehalten, dass die Euro-Gruppe (unter Teilnahme der Kommission) informelle
Tagungen abhält und mit einfacher Mehrheit einen Vorsitzenden für 2,5 Jahre
wählt.
- Ein
Europäischer Beschluss des Rates, der auf Vorschlag der Kommission mit
qualifizierter Mehrheit über die Aufnahme neuer Euro-Mitglieder entscheidet,
wird erst nach einer Empfehlung durch die qualifizierte Mehrheit der
Euro-Gruppe getroffen. Eine solche Empfehlung muss innerhalb von 6 Monaten nach
Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag abgegeben werden (Art.III-198
Abs. 2).
- Das
Direktorium der EZB wird mit qualifizierter Mehrheit vom Europäischen Rat von
den Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, bestellt, während im EGV eine
einvernehmliche Entscheidung der Euro-Mitglieder vorgesehen war (Art. III-382
iVm Art. III-197).
- Die
Bereiche, in denen nur die Eurostaaten stimmberechtigt sind (Art.
III-197 und III-196), wurden in der Regierungskonferenz weiter ausgeweitet und
betreffen nun u. a.:
- Empfehlungen
an die Euro-Mitgliedstaaten zu den Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen (Art.
III-179 Abs. 4 iVm Art. III-194);
- Maßnahmen
bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (Art.
III-184 Abs. 6, 7, 8 und 11 iVm Art. III-194);
- Europäische
Beschlüsse betreffend eine einheitliche Position und Maßnahmen bezüglich der
einheitlichen Vertretung der Eurostaaten in internationalen Finanzinstitutionen
(Art. III-196, vgl. bereits Art. 122 Abs 3 EGV);
- Rechtsakte
der Europäischen Zentralbank (Art. III-326 iVm Art. III-197);
- Währungsvereinbarungen
und andere Maßnahmen bezüglich der Wechselkurspolitik (Art. III-326 iVm Art.
III-197).
- Darüber
hinaus hat der Konvent zusätzliche besondere Bestimmungen für Euro-Staaten (Art.
III-194) eingeführt: Die Euro-Staaten können die Koordinierung und Überwachung
ihrer Haushaltspolitik verstärken und die Grundzüge ihrer Wirtschaftspolitik
ausarbeiten. Damit wird dem im Euroraum besonderen wirtschaftspolitischen
Abstimmungsbedarf Rechnung getragen.
Koordinierung der
Wirtschaftspolitik / Stabilitäts- und Wachstumspakt:
Bei den Instrumenten zur Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik
der Mitgliedstaaten wird die Rolle der Kommission teilweise gestärkt und
das Stimmrecht betroffener Staaten bei gewissen Entscheidungen suspendiert:
Grundzüge der
Wirtschaftspolitik (Art. III-179)
- Die
Kommission kann an einen Mitgliedstaat eine Verwarnung richten, wenn im
Rahmen der multilateralen Überwachung festgestellt wird, dass seine
Wirtschaftspolitik nicht mit den gemeinsamen Grundzügen der Wirtschaftspolitik
vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der Wirtschafts- und
Währungsunion zu gefährden droht (Art. III-179 Abs. 4).
- Bei
der anschließenden Empfehlung des Rats an den Mitgliedstaat auf Empfehlung der
EK ist der betroffene Mitgliedstaat nicht stimmberechtigt (Art. III-179 Abs.
4).
Verfahren bei
übermäßigem Haushaltsdefizit (Art. III-184)
- Neu
eingeführt wird ein Vorschlagsrecht (statt - wie im EGV - Empfehlung) der
Kommission bei der Feststellung eines übermäßigen Defizits (Art. III-184 Abs.
6). Dies bedeutet, dass der Rat einen solchen Vorschlag – gegen den Willen der
Kommission – nur einstimmig abändern kann (vgl. Art. III-395 Abs. 1).
- Die
folgenden Empfehlungen an den betroffenen Mitgliedstaat werden vom Rat
allerdings weiterhin auf Empfehlung (und nicht ebenfalls auf Vorschlag,
wie im Konvententwurf vorgesehen) der Kommission mit qualifizierter Mehrheit
beschlossen.
- Die
Verfahrensschritte, bei denen ein betroffener Mitgliedstaat bei der
Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist, werden auf die Feststellung des
Defizits ausgeweitet.
Die Regierungskonferenz einigte sich auch auf eine Erklärung (zu Art.
III- 184) zum Stabilitäts- und Wachstumspakt, in der das Ziel, „in Zeiten
günstiger Konjunktur schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu erreichen, um in
Zeiten der konjunkturellen Abschwächung über den nötigen Spielraum zu verfügen
und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beizutragen“,
bekräftigt wird. Außerdem erklären die Mitgliedstaaten ihre Offenheit für
Änderungsvorschläge der EK sowie für Beiträge aus ihren eigenen Reihen zwecks
Verbesserung des Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Das Sekundärrecht zum Verfahren bei übermäßigen Defiziten kann auch
künftig nur von allen Mitgliedstaaten
erlassen werden (Art. III-194 Abs. 1 iVm Art. III-184 Abs. 13).
Hinsichtlich des in Europäischen Gesetzen festzulegenden Sekundärrechtes betreffend
die multilaterale Überwachung
erhält die Eurogruppe hingegen die Möglichkeit, autonome Regelungen zu
erlassen (vgl. Art. III-194 Abs. 1 iVm Art. III-179 Abs. 6).
Österreich hat sich in der Regierungskonferenz für die Beibehaltung der
Konventvorschläge zur Stärkung der Rolle der Kommission bei der Koordinierung
der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten ausgesprochen und für einen Ausbau
der autonomen Handlungsfähigkeit der Eurozone eingesetzt. Die Bestimmungen, auf
die man sich letzten Endes geeinigt hat, stellen aus österreichischer Sicht
einen ausgewogenen Kompromiss dar.
Steuern:
Zu dem vom Konvent vorgeschlagenen und von Österreich unterstützten
Übergang zur qualifizierten Mehrheit für Bereiche wie der administrativen
Zusammenarbeit oder Bekämpfung der Steuerhinterziehung fand sich in der
Regierungskonferenz kein Konsens. Die Bestimmung des Art. III-171 sieht nun –
unverändert zum EGV – generell Einstimmigkeit im Steuerbereich vor.
5) Neue Rechtsgrundlagen in den
Politikbereichen
Der Verfassungsvertrag ergänzt die aus dem EGV übernommenen Bestimmungen
zu den Politikbereichen durch folgende neue Rechtsgrundlagen:
- Geistiges
Eigentum (Art. III-176),
- Weltraumpolitik
(Art. III-254),
- Energie
(Art. III-256),
- Tourismus
(Art. III-281),
- fiskalischer
Natur vom Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlamentes anzunehmen
sind.
Der Energieartikel trägt nicht nur zu einer größeren Transparenz der
Unionskompetenzen im Allgemeinen bei, sondern schafft auch bessere
Voraussetzungen für eine umfassende, nachhaltige und auf die Förderung
erneuerbarer Energien ausgerichtete Energiepolitik der Union. Zwar wurde der
Energieartikel im Vergleich zum Konventsvorschlag - auf Grund britisch –
niederländischer Bedenken hinsichtlich ihrer Verfügungsrechte über die Erdöl-
und Erdgasressourcen in der Nordsee - abgeändert, doch wird durch den
expliziten Hinweis, dass auch andere Rechtsgrundlagen des Verfassungsvertrags
weiterhin für spezifische energiepolitische Maßnahmen herangezogen werden
können, abgesichert, dass das Spektrum der Handlungsfähigkeit der Union dadurch
keineswegs minimiert wird.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Bereich
Nuklearenergie weiterhin vom Euratom-Vertrag erfasst wird und nicht unter den
Anwendungsbereich des Energieartikels fällt. Die Rechtsgrundlage für Energie
eröffnet aber die Möglichkeit, den Nuklearbereich bei einer zukünftigen
Revision des Euratom-Vertrags in den Anwendungsbereich des Artikels
einzubeziehen.
6) Sonstige ausgewählte Rechtsgrundlagen
mit materiellen Änderungen und/oder Verfahrensänderungen
Koordination der sozialen
Sicherheitssysteme:
Dieser Artikel ist die Rechtsgrundlage für die zur Herstellung der
Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf
dem Gebiet der sozialen Sicherheit notwendigen Maßnahmen. Diese umfassen
insbesondere ein System zur Wahrung von in verschiedenen Mitgliedstaaten
erworbenen Rechten und Anwartschaften im Bereich der sozialen Sicherheit für
Personen, die von der Freizügigkeit innerhalb der Union Gebrauch machen.
Der Anwendungsbereich für Maßnahmen zur Koordination der sozialen
Sicherheitssysteme wird von Arbeitnehmern auf Selbständige (jeweils mit
Familienangehörigen) erstreckt. Drittstaatsangehörige und Nicht-Erwerbstätige
sind weiterhin nicht von diesem Artikel erfasst. Für die Sicherstellung solcher
Rechte für nichterwerbstätige Unionsbürger wird weiterhin auf Art. III-125 Abs.
2 zurückzugreifen sein, in dem einstimmige Beschlussfassung des Rates nach
Anhörung des Europäische Parlament vorgesehen ist.
Der EGV sieht für diesen Artikel Einstimmigkeit im Rat und
Mitentscheidung des Europäischen Parlaments vor. Das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren (mit qualifizierter Mehrheit im Rat) wird auf diesen
Artikel ausgedehnt, allerdings vorbehaltlich einer in der Regierungskonferenz
eingeführten „Notbremse“: Wenn ein Mitgliedstaat die Grundprinzipien seines
sozialen Sicherheitssystems – einschließlich seines Anwendungsbereichs, seiner
Kosten oder Finanzstruktur – oder das finanzielle Gleichgewicht durch eine
Rechtsvorschrift berührt sieht, kann er die Befassung des Europäischen Rates
beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann binnen vier Monaten
ausgesetzt. Der Europäische Rat, der im Konsens entscheidet, kann den Entwurf
zwecks Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens an den Rat rückverweisen oder
die Kommission auffordern, einen neuen Vorschlag vorzulegen. (Anders als im
Bereich der strafjustiziellen Zusammenarbeit gibt es hier keinen automatischen
Übergang zu einer verstärkten Zusammenarbeit).
Außerdem wird in einer von Österreich initiierten Erklärung
festgehalten, dass die im Zusammenhang mit der „Notbremse“ festgelegten
Bedingungen auch bei der Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf
der Basis von Art. III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene
Berücksichtigung der Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die
Grundprinzipien ihres sozialen Sicherheitssystems oder dessen finanzielles
Gleichgewicht beeinträchtigt sehen).
Der in der letzten Phase der Regierungskonferenz erzielte Kompromiss
entspricht den österreichischen Interessen, da einerseits durch die Einführung
der qualifizierten Mehrheit eine effizientere Entscheidungsfindung
gewährleistet wird und andererseits durch die ‚Notbremse’ sowie die Erklärung
sichergestellt wird, dass Gesetzgebungsakte der Union nicht Elemente enthalten,
die die Finanzierbarkeit bestimmter österreichischer – von anderen EU-Staaten
nicht oder in erheblich geringerem Ausmaß gewährter – Sozial- oder
Familienleistungen gefährden würden.
Territoriale Kohäsion und
Regionalpolitik:
Gemäß Art. I-14 fällt die
Kohäsionspolitik unter die Bereiche mit geteilter Zuständigkeit.
Die Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Kohäsion)
war schon bisher ein Ziel bzw. eine Aufgabe der Union (Art. 3 lit. k sowie Art.
158 EGV). Dieses Ziel findet sich im Verfassungsvertrag nunmehr in Art. I-3
Abs. 3 sowie Art. III-220 wieder.
Neu ist in den beiden Artikeln der Begriff des „territorialen“
Zusammenhalts. Der Begriff findet sich erstmals im Art. 16 EGV und steht hier
im Zusammenhang mit der Sicherung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse. Er wird jedoch mittlerweile im Kontext der EU in einem weiteren Sinn
verwendet und verweist einerseits auf räumlich – physische Aspekte der
wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion (naturräumliche Faktoren wie
Topographie, Klima etc., räumliche Verteilung sozio–ökonomischer Aktivitäten
mit Auswirkungen auf Distanzen, Dichte etc.), anderseits auf die notwendige
Einbindung der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften (Territorien im
institutionellen Sinn).
Im bisherigen Art. 158 EGV waren bereits Inseln und ländlichen Gebiete
ausdrücklich als „benachteiligte Gebiete“ erwähnt. Diese Liste ist nun – als
Ergebnis der Regierungskonferenz – in Art. III-220 erweitert worden. Der
Verfassungsvertrag bestimmt nunmehr, dass „unter den betroffenen Gebieten … den
ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den
Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen
Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte
sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt“
werden soll. Für Österreich ist die Erwähnung der Grenz- und Bergregionen
zweifellos von Interesse.
Die übrigen Artikel betreffend die Kohäsionspolitik (d.h. die bisherigen
Art. 159 bis 162 EGV) werden – abgesehen von redaktionellen Anpassungen zur
Verbesserung der Lesbarkeit und Berücksichtigung der geänderten
institutionellen Rahmenbedingungen – unverändert in den Verfassungsvertrag
übernommen.
Öffentliche Gesundheit:
Dieser Artikel sieht teils geteilte, teils ergänzende Kompetenzen der
Union vor. In Ergänzung der Bestimmungen im EGV betrifft die geteilte
Zuständigkeit nunmehr auch die in Abs. 4 lit. c genannte Festlegung von
Qualitätsstandards für medizinische Produkte und die in Abs. 4 lit. d
angeführte Bekämpfung schwerwiegender grenzüberschreitender
Gesundheitsgefahren. Eine neue, als ergänzende (Harmonisierung ausschließende)
Kompetenz definierte Ermächtigung, sieht Unionsmaßnahmen zum Schutz vor
Tabakkonsum und Alkoholmissbrauch vor. Explizit wird klargestellt, dass die
Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer Gesundheitspolitik
und die Organisation ihres Gesundheitswesens unberührt bleibt.
XII. Allgemeine und
Schlussbestimmungen sowie Übergangsregelungen
Teil IV des neuen Verfassungsvertrags ist jener Teil, der im Vergleich
zum Konventstext die umfangreichsten Ergänzungen erfahren hat. Diese
Überarbeitungen und die Erstellung eines Protokolls zu den
Übergangsbestimmungen waren deshalb erforderlich, weil der Konvent sich diesem
Teil aus Zeitgründen nicht mehr mit der erforderlichen Präzision widmen konnte.
Wesentliche Punkte des Teils IV:
1) Aufhebung des Primärrechts
Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags wird das gesamte Primärrecht –
mit Ausnahme des Euratom-Vertrages – aufgehoben und durch den
Verfassungsvertrag ersetzt werden. Die Europäische Union tritt die
Rechtsnachfolge der bisherigen Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft
an. Aus diesem Grund war die Schaffung detaillierter Bestimmungen erforderlich,
die die rechtliche Kontinuität beim Übergang von EUV/EGV zum neu geschaffenen
Verfassungsvertrag im Sinne der Rechtssicherheit sicherstellen.
Dementsprechend regelt Artikel IV-437, dass mit dem Verfassungsvertrag
der EGV und der EUV sowie – nach Maßgabe des „Protokolls über die Rechtsakte
und Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union“ – die
Rechtsakte und Verträge zu ihrer Ergänzung oder Änderung aufgehoben werden.
Die Beitrittsverträge werden durch Art. IV-437 Abs. 2 aufgehoben. Jene
Bestimmungen aus den Beitrittsverträgen, die weiterhin rechtliche Wirkungen
entfalten bzw. sich auf weiter geltendes Sekundärrecht beziehen (z.B.: Art. 10
und 11 des Protokolls Nr. 9 aus dem Beitrittsvertrag mit Österreich), sind in
zwei Protokollen aufgelistet:
1. Protokoll
betreffend die Verträge und die Akte über den Beitritt des Königreichs
Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und
des Königreichs Schweden.
2. Protokoll
betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen
Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der
Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen,
der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik.
2) Sicherung der rechtlichen Kontinuität
und Übergangsbestimmungen
Durch Art. IV-438 wird der Weiterbestand der Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen, die Weitergeltung des gesamten „acquis communautaire“ sowie die
Kontinuität der administrativen und gerichtlichen Verfahren
(Vertragsverletzungsverfahren, Beihilfeverfahren, Klagsverfahren usw.)
sichergestellt.
Ebenfalls gewährleistet ist, dass die Rechtsprechung des EuGH und des
Europäischen Gerichts 1. Instanz mutatis mutandis auch weiterhin maßgeblich für
die verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer
Bestimmungen des Verfassungsvertrags ist.
Aus Gründen der Übersicht und der besseren Lesbarkeit wurden gemäß Art.
IV-439 sämtliche im Konventstext bereits vorhandenen bzw. neu geschaffenen
Übergangsbestimmungen (z.B.: zur Zusammensetzung des Europäische Parlament, zur
Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat und zur
Zusammensetzung der Kommission einschließlich des Außenministers der Union) in
einem eigenen „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union“ zusammengefasst.
3) Änderungsverfahren
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass alle vier Teile des Vertrags über
eine Verfassung für Europa formal gleichgestellt sind. Eine Änderung von
Bestimmungen des Verfassungsvertrags ist nur unter Einhaltung der im
Verfassungsvertrag vorgesehenen Verfahren möglich. Im Regelfall ist dabei die
Konventmethode zur Vorbereitung einer Regierungskonferenz vorgesehen (Art.
IV-443).
Gemäß dieser Bestimmung kann in Zukunft neben der Regierung jedes
Mitgliedstaats bzw. neben der Kommission auch das Europäische Parlament dem
Rat Entwürfe zur Änderung des Verfassungsvertrags vorlegen. Derartige Entwürfe
werden dem Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten der
Mitgliedstaaten zur Kenntnis gebracht. Wenn der Europäische Rat in der Folge
mit einfacher Mehrheit die Prüfung der vorgeschlagenen Änderungen beschließt,
beruft der Präsident des Europäischen Rates einen Konvent ein, der diese
Prüfung vornimmt und Empfehlungen für die im Anschluss tagende
Regierungskonferenz abgibt.
Der Europäische Rat kann jedoch mit einfacher Mehrheit und Zustimmung
des Europäischen Parlaments beschließen, keinen Konvent, sondern gleich eine
Regierungskonferenz einzuberufen, falls die Einberufung eines Konvents aufgrund
des Umfangs der geplanten Änderungen nicht gerechtfertigt ist.
Wenn die Regierungskonferenz die vorgeschlagenen Änderungen vereinbart, treten
diese in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten gemäß ihren
verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.
In zwei Fällen sind vereinfachte Änderungsverfahren vorgesehen:
- Art.
IV-444: Die sogenannte „Passerelle“-Bestimmung ist für Rechtsgrundlagen des
Teil III vorgesehen und ermöglicht einen Übergang einerseits von der
Einstimmigkeit zur qualifizierten Mehrheit für jene Bestimmungen, in denen im
Verfassungsvertrag eine einstimmige Beschlussfassung vorgesehen ist (mit Ausnahme
der Bestimmungen über die gemeinsame Verteidigungspolitik und Bestimmungen mit
militärischen Implikationen), bzw. andererseits von besonderen auf das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren. Wird eine solche Initiative innerhalb von
sechs Monaten von keinem nationalen Parlament abgelehnt, kann der Europäische
Rat einstimmig und nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einen
diesbezüglichen Beschluss fassen.
- Art.
IV-445: Gemäß diesem Artikel ist für die Bestimmungen des Titels III, Teil III
des Verfassungsvertrags („Interne Politikbereiche und Maßnahmen“) ein insofern
vereinfachtes Vertragsänderungsverfahren vorgesehen, als weder ein Konvent noch
eine Regierungskonferenz erforderlich sind. Es obliegt allein dem Europäischen
Rat, diese Bestimmungen mit Beschluss einstimmig abzuändern. Auf diese Weise
zustande gekommene Änderungen treten jedoch erst in Kraft, nachdem sie von
allen Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften
angenommen worden sind.
Aus österreichischer Sicht ist zu den Bestimmungen über die Änderung des
Verfassungsvertrags festzuhalten, dass die nunmehr vorgesehenen Bestimmungen
zwar insofern unterschiedliche Vertragsänderungsverfahren vorsehen, als nicht
für jede Änderung ein Konvent und eine Regierungskonferenz erforderlich sind;
die grundsätzliche Forderung Österreichs, dass Vertragsänderungen nicht gegen
die Ablehnung durch ein nationales Parlament bzw. nur mit Zustimmung aller
Mitgliedstaaten vorgenommen werden dürfen, ist im Verfassungsvertrag erfüllt.
Teil IV des Verfassungsvertrags ermöglicht die rechtliche Kontinuität und den
reibungslosen Übergang beim Wechsel vom aktuellen Vertragswerk zum Vertrag über
eine Verfassung für Europa. Zusätzlich garantiert das „Protokoll über die
Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ eine bessere
Lesbarkeit sowie eine gute Übersicht über jene Änderungen, die nicht
unmittelbar mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags Wirksamkeit entfalten.
XIII. Rechtliche Aspekte des EU-Verfassungsvertrages,
Genehmigungsverfahren des EU-Verfassungsvertrages:
Der
EU-Verfassungsvertrag schafft neues Primärrecht und hebt gleichzeitig
grundsätzlich (siehe die diesbezüglichen Erläuterungen) das durch den
EU-Beitrittsvertrag, BGBl. Nr. 45/1995, und durch die nachfolgenden Änderungen
(Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza, Beitrittsvertrag 2003/4) von
Österreich übernommene Primärrecht der Europäischen Union auf.
Für das
parlamentarische Genehmigungsverfahren zum Abschluss des EU-Beitrittsvertrags
wurde mit Art. II des Bundesverfassungsgesetzes über den Beitritt
Österreichs zur Europäischen Union, BGBl. Nr. 744/1994, eine eigenständige
Rechtsgrundlage geschaffen. Darin wurden im Hinblick auf die besondere
Bedeutung des EU-Beitrittsvertrags sowohl für die Genehmigung durch den Nationalrat
als auch für die Zustimmung durch den Bundesrat jeweils erhöhte Präsenz- und
Konsensquoren (Zweidrittelmehrheit) vorgesehen. Die gleiche Vorgangsweise wurde
auch anlässlich des Abschlusses des Vertrags von Amsterdam, des Vertrags von
Nizza sowie des EU-Beitrittsvertrages 2003/4 gewählt.
Damit wurde – im
Hinblick auf den besonderen Charakter des EU/EG-Rechts – die Anwendung des Art.
50 Abs. 1 bis 3 B-VG ausgeschlossen. Von einer Beschlussfassung über die
Erlassung von Erfüllungsgesetzen konnte daher ebenso abgesehen werden wie von
einer gesonderten Bezeichnung allfälliger verfassungsändernder Bestimmungen des
Beitrittsvertrags bzw. des Vertrags von Amsterdam.
Es wurde als
zweckmäßig erachtet, die eingeschlagene Vorgangsweise auch beim EU-Verfassungsvertrag
beizubehalten (siehe das Bundesverfassungsgesetz über den Abschluss des
Vertrags über eine Verfassung für Europa).
Wie bisher wird
auch hier im Hinblick auf den besonderen Charakter des EU-Rechts – abweichend
von Art. 50 B-VG – eine verfassungsrechtliche Sonderregelung für das
parlamentarische Genehmigungsverfahren geschaffen. In dieser Sonderregelung ist
vorgesehen, dass sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat ihre Beschlüsse
jeweils mit erhöhten Zustimmungs- und Anwesenheitsquoren zu fassen haben. Die
Bezeichnung einzelner Vertragsbestandteile oder des ganzen Vertrags als
„verfassungsändernd“ – abweichend von Art. 50 Abs. 3 letzter Satz B-VG – kann
unterbleiben. Das zitierte BVG sieht jedoch vor, dass, soweit es nicht
besondere Bestimmungen enthält, auf den Verfassungsvertrag die Bestimmungen des
B-VG über Staatsverträge (z.B. Art. 49 Abs. 1) anzuwenden sind.
XIV. Kosten im Zusammenhang mit dem
Verfassungsvertrag:
Die Kosten
institutioneller Neuregelungen des Verfassungsvertrages sind im rahmen der
bestehenden Obergrenzen des Eigenmittelsystems zu finanzieren. Der Beitrag
Österreichs zum Haushalt der Union
wird im Eigenmittelsystem festgelegt.
Der
Verfassungsvertrag belässt die primärrechtlichen Bestimmungen zur Festlegung
des Eigenmittelsystems (siehe Art. I-54) im Wesentlichen unverändert.
Insbesondere bleiben weiterhin einstimmige Beschlussfassung im Rat und das
Erfordernis der Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen
verfassungsrechtlichen Vorschriften.
Der derzeit geltende
Eigenmittelbeschluss, BGBl III Nr. 70/2002, geändert mit BGBl III Nr. 50/2003
legt die Eigenmittelobergrenze für Zahlungen auf 1,24% des
Bruttonationalproduktes der Gemeinschaft und für Verpflichtungen auf 1,31% des
Bruttonationalprodukts der Gemeinschaft fest.
Der Europäische
Rat billigte am 16./17. Dezember 2004 den Vorschlag der Kommission, die
Obergrenze für Eigenmittel von derzeit 1,24% des Bruttonationalprodukts der EU
im Zeitraum 2007 bis 2013 beizubehalten.
XV. Fragen im Zusammenhang mit den Sprachfassungen
sowie der Kundmachung:
Der
EU-Verfassungsvertrag ist in deutscher Sprache sowie in Dänisch, Englisch,
Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch,
Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Schwedisch,
Slowakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch gleichermaßen
authentisch.
Gegenstand der
Beschlussfassung des Nationalrats sowie des Bundesrats werden alle
Sprachfassungen des EU-Verfassungsvertrages sein. Aus verwaltungsökonomischen
Gründen wird jedoch nur die deutsche Sprachfassung samt Erläuterungen in
gedruckter Form vorliegen. Die übrigen authentischen Sprachfassungen werden in
je einem Exemplar zur Auflage in der Parlamentsdirektion zwecks allfälliger
Einsichtnahme bereitgestellt (vgl. § 23 Abs. 2
Geschäftsordnungsgesetz 1975). Der EU-Verfassungsvertrag wurde im Übrigen
bereits im ABl. Nr. C 310 vom 16. Dezember 2004 kundgemacht.
Die Genehmigung
des EU-Verfassungsvertrages erfolgt nach dem Verfahren auf Grund einer
verfassungsrechtlichen Sonderbestimmung. Diese Regelung lässt jedoch (Art. 1
Abs. 3) die Kundmachungsbestimmungen des B-VG (Art. 49) unberührt. Folglich
wird die Kundmachung der deutschen Fassung des EU-Verfassungsvertrages im Bundesgesetzblatt
III und die Kundmachung der übrigen Sprachfassungen gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG
erfolgen.
BESONDERER
TEIL
PRÄAMBEL
In der Präambel
werden die Beweggründe für den europäischen Integrationsprozess und für die
Ausarbeitung des Vertrages über eine Verfassung für Europa in Erinnerung
gerufen. Da der Verfassungsvertrag die Union auf eine neue völkerrechtliche
Grundlage stellt, werden die Erwägungsgründe aus den Präambeln des EUV und EGV
nicht übernommen.
Zum ersten Erwägungsgrund:
Der erste Erwägungsgrund
verweist auf das gemeinsame kulturelle, religiöse und humanistische Erbe
Europas, aus dem sich die unverletzlichen und unveräußerlichen Rechte des
Menschen sowie Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit als
universelle Werte entwickelt haben. Diese Werte sind auch in Art. I-2
aufgelistet und stellen die Grundlage dar, auf die sich die Union gründet. Ein
konkreter Gottesbezug oder Bezug auf das christliche Erbe Europas wurde in die
Präambel nicht aufgenommen (Siehe dazu die Erläuterungen zu Art. I-52).
Zum zweiten Erwägungsgrund:
Der zweite
Erwägungsgrund verleiht der Überzeugung Ausdruck, dass ein nach schmerzlichen Erfahrungen nunmehr geeintes Europa
auf dem Weg der Zivilisation, des Fortschritts und des Wohlstands zum Wohl aller
seiner Bewohner, auch der Schwächsten und der Ärmsten, weiter voranschreiten
will, dass es ein Kontinent bleiben will, der offen ist für Kultur, Wissen und
sozialen Fortschritt, dass es Demokratie und Transparenz als Grundlage seines
öffentlichen Lebens stärken und auf Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität in
der Welt hinwirken will.
Zum dritten Erwägungsgrund:
Der dritte
Erwägungsgrund weist darauf hin, dass die Völker Europas, stolz auf ihre
nationale Identität und Geschichte, entschlossen sind, die alten Gegensätze zu
überwinden und immer enger vereint ihr Schicksal gemeinsam zu gestalten. Dieser
Erwägungsgrund ist an den ersten Erwägungsgrund des EGV („in dem festen Willen,
die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluss der europäischen Völker
zu schaffen“) sowie an den zweitletzten Erwägungsgrund des EUV (entschlossen,
den Prozess der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas
...weiterzuführen“) angelehnt.
Zum vierten Erwägungsgrund:
Der vierte
Erwägungsgrund ergänzt den dritten und stellt fest, dass Europa, "in
Vielfalt geeint", den Völkern Europas die besten Möglichkeiten bietet,
unter Wahrung der Rechte des Einzelnen und im Bewusstsein ihrer Verantwortung
gegenüber den künftigen Generationen und der Erde dieses große Unterfangen
fortzusetzen, das einen Raum eröffnet, in dem sich die Hoffnung der Menschen
entfalten kann.
Zum fünften Erwägungsgrund:
Der fünfte
Erwägungsgrund weist darauf hin, dass der Verfassungsvertrag das Werk der
europäischen Integration, das im Rahmen der Verträge zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaften und des Vertrags über die Europäische Union
geschaffen wurde, unter Wahrung der Kontinuität des gemeinschaftlichen
Besitzstands fortsetzt.
Zum sechsten Erwägungsgrund:
Im sechsten Erwägungsgrund
werden die Leistungen der Mitglieder des Europäischen Konvents gewürdigt, die
den Entwurf des Verfassungsvertrages erarbeitet haben.
TEIL I
Definition und Ziele der Union
Gründung der Union
Zu Artikel I-1:
Gemäß Abs. 1 wird
die Europäische Union neu gegründet. Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit den
Übergangs- und Schlussbestimmungen des Teils IV, welche die Rechtsnachfolge und
die Kontinuität im Verhältnis zur bisherigen Europäischen Union und zur
Europäischen Gemeinschaft bestimmen, zu lesen (vgl. die Erläuterungen zu Art.
IV-437 ff. sowie zum Protokoll Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die
Organe und Einrichtungen der Union).
In der Bestimmung
kommt die doppelte Legitimationsgrundlage der Union, die sowohl eine Union der
Bürgerinnen und Bürger (vertreten im direkt gewählten Europäischen Parlament)
als auch eine Union der Staaten Europas (vertreten im Rat) ist, zum Ausdruck.
Die Mitgliedstaaten bleiben jedoch „Herren des Vertrags“. Der Form nach ist der
Verfassungsvertrag ein völkerrechtlicher Vertrag, für dessen Zustandekommen
Art. 48 EUV die Grundlage darstellt.
Zur Verwirklichung
ihrer gemeinsamen Ziele werden der Union Zuständigkeiten übertragen. Die
Feststellung, dass die Union die ihr übertragenen Zuständigkeiten „in
gemeinschaftlicher Weise“ ausübt, verweist auf die supranationale
Gemeinschaftsmethode, für die das Initiativmonopol der Europäischen Kommission,
die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat, die Mitentscheidung
des Europäischen Parlaments und die Kontrolle durch den Europäischen
Gerichtshof charakteristisch sind. Allerdings gilt die Gemeinschaftsmethode für
die Ausübung der Zuständigkeiten nicht uneingeschränkt, die Verfassung
definiert diesbezüglich konkrete Ausnahmen. Verwiesen wird auch auf die Rolle
der Union bei der Koordinierung der Politiken zur Erreichung der Unionsziele.
Gemäß Abs. 2 steht
die Union allen europäischen Staaten offen, die ihre Werte achten und sich
verpflichten, sie gemeinsam zu fördern. Diese Feststellung steht in
Zusammenhang mit Art. I-58 über den Beitritt zur Union und ist Art. 49 EUV
nachempfunden.
Die Werte der Union
Zu Artikel I-2:
Dieser Artikel
nennt die Werte, auf die sich die Union gründet: Die Achtung der Menschenwürde,
Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der
Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten
angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft
gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz,
Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern
auszeichnet.
Diese Bestimmung
ist inhaltlich Art. 6 Abs. 1 EUV nachgebildet, wo bereits einige dieser
Grundsätze – nun „Werte“ der Union – genannt werden (Freiheit, Demokratie,
Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie Rechtsstaatlichkeit). Den
bereits in Art. 6 Abs. 1 EUV genannten Grundsätzen werden die Werte
Pluralismus, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität, Nichtdiskriminierung und
Gleichheit von Frauen und Männern hinzugefügt.
Die Achtung der in
diesem Artikel genannten Werte ist Grundvoraussetzung für die Mitgliedschaft in
der Union und Grundlage für die Rechtmäßigkeit des Handelns der Union und der
Mitgliedstaaten. Daher ist die Achtung und die Förderung der Werte
Voraussetzung für den Beitritt zur Union (vgl. Art. I-1 Abs. 2 und Art. I-58
Abs. 1). Die Verletzung der Werte kann die Einleitung eines Sanktionsverfahrens
(vgl. Art. I-59, Aussetzung bestimmter, mit der Zugehörigkeit zur Union
verbundener Rechte) nach sich ziehen.
Die Ziele der Union
Zu Artikel I-3:
In diesem Artikel,
der Art. 2 EUV und Art. 2 EGV ersetzt, werden die allgemeinen Ziele der Union
genannt. Inhaltlich werden die Ziele des EUV und des EGV zwar übernommen, sind
aber im Vergleich zum EUV und zum EGV übersichtlicher und kompakter
wiedergegeben und um einige Ziele ergänzt: Neu sind die Hinweise auf eine
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft; die Bekämpfung der sozialen
Ausgrenzung und von Diskriminierungen, Förderung von sozialer Gerechtigkeit und
sozialem Schutz, Solidarität zwischen den Generationen und Schutz der Rechte
des Kindes; die Förderung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts
und des territorialen Zusammenhalts; die Wahrung des Reichtums der kulturellen
und sprachlichen Vielfalt der Union und die Sorge für den Schutz und die
Entwicklung des kulturellen Erbes Europas und im Bereich der Außenbeziehungen
auf die weltweite nachhaltige Entwicklung, die Solidarität und
gegenseitige Achtung unter den Völkern, den freien und gerechten Handel, die
Beseitigung der Armut und den Schutz der Menschenrechte. Auf die Nennung
einzelner Politikbereiche wird in der Zielbestimmung verzichtet, diese finden
sich nun in den Kompetenzbestimmungen. Weitere, spezifische Ziele ergeben sich
aus einzelnen Bestimmungen zu den Politikbereichen in Teil III.
Abs. 5 legt fest,
dass die Union diese Ziele mit geeigneten Mitteln und entsprechend den
Zuständigkeiten, die ihr in der Verfassung übertragen sind, zu verfolgen hat
und enthält damit einen Hinweis auf die Regeln für die Ausübung der Kompetenzen
der Union (siehe Erläuterungen zu Art. I-11 bis I-18). Zusammen mit den Kompetenzregeln dienen die Ziele zur Abgrenzung
der durch die Verfassung der Union übertragenen Zuständigkeiten, stärken den
Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (vgl. Art. I-11 Abs. 1) und
definieren die Grenzen der Flexibilitätsklausel (vgl. Art. I-18).
Grundfreiheiten und Nichtdiskriminierung
Zu Artikel I-4:
Die
Grundfreiheiten und das Diskriminierungsverbot sind für das Funktionieren des
Binnenmarktes – wie schon im EGV – grundlegend und werden in der Verfassung an
prominenter Stelle genannt.
Abs. 1 bestimmt,
dass der freie Personen‑, Dienstleistungs‑, Waren‑ und Kapitalverkehr sowie die
Niederlassungsfreiheit von der Union und innerhalb der Union nach Maßgabe der
Verfassung gewährleistet werden. Im Unterschied zu Art. 14 Abs. 2 EGV wird auch
die Niederlassungsfreiheit erwähnt.
Abs. 2 entspricht
Art. 12 EGV und verbietet, unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verfassung,
jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit im Anwendungsbereich
der Verfassung.
Beziehungen zwischen der Union und den Mitgliedstaaten
Zu Artikel I-5:
In diesem Artikel
werden die wesentlichsten Grundsätze des Verhältnisses zwischen der Union und
den Mitgliedstaaten festgelegt: Gleichheit der Mitgliedstaaten, die Achtung
ihrer nationalen Identität und den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit.
Abs. 1 übernimmt
inhaltlich Art. 6 Abs. 3 und Art. 33 EUV. Neu ist der Hinweis auf die
„Gleichheit der Mitgliedstaaten vor der Verfassung“, welche einen Verweis auf
die souveräne Gleichheit der Mitgliedstaaten darstellt. Die Achtung der
nationalen Identität der Mitgliedstaaten wird aus Art. 6 Abs. 3 EUV übernommen,
jedoch präzisiert durch die Ergänzung „die in deren grundlegender politischer
und verfassungsrechtlicher Struktur einschließlich der regionalen und
kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt“. Damit ist klargestellt, dass
die Union auch auf die föderalen und regionalen Strukturen der Mitgliedstaaten
und auf die Ebene der Gemeinden Rücksicht zu nehmen hat.
Der zweite Satz
entspricht Art. 33 EUV. Er enthält den Grundsatz der Achtung der „grundlegenden
Funktionen des Staates“ durch die Union. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und der Schutz der nationalen Sicherheit werden im Vergleich zum EUV
durch das Prinzip der Wahrung der territorialen Unversehrtheit ergänzt. Diese
Ergänzung sowie die Änderung von „innere“ auf „nationale“ Sicherheit ist
dadurch begründet, dass dieser Grundsatz auf alle Politikbereiche,
einschließlich die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, und nicht
mehr nur auf die frühere Dritte Säule bezogen ist (vgl. Art. III-262 und
III-377).
Abs. 2 übernimmt
inhaltlich Art. 10 EGV. Der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gilt im
Anwendungsbereich des Verfassungsvertrages entsprechend der zu Art. 10 EGV
ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und ist nicht nur für
die Mitgliedstaaten gegenüber der Union, sondern auch für die Union gegenüber
den Mitgliedstaaten wirksam.
Das Unionsrecht
Zu Artikel I-6:
Diese Bestimmung
stellt fest, dass die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung
der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzte Recht Vorrang vor dem Recht
der Mitgliedstaaten haben. Damit wird die langjährige Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz zur Vorrangwirkung in
die Verfassung aufgenommen. Dies unterstreicht auch die Erklärung Nr. 1 zur
Schlussakte des Vertrages nochmals.
Rechtspersönlichkeit
Zu Artikel I-7:
Im aktuellen
Primärrecht besitzt die Europäische Gemeinschaft gemäß Art. 281 EGV
Rechtspersönlichkeit. Der EUV enthält keine Bestimmung über die Rechtspersönlichkeit
der Union, obwohl ihr gemäß Art. 24 EUV eine völkerrechtliche
Vertragsabschlußkompetenz zukommt und von Teilen der Lehre wegen der Befugnis
der EU-Organe zur Erlassung von für die Mitgliedstaaten verbindlichen
Rechtsakten (im Rahmen der GASP und der polizeilichen und justiziellen
Zusammenarbeit in Strafsachen) bereits jetzt eine Rechtspersönlichkeit
angenommen wird.
In Entsprechung
der Aufhebung der Säulenstruktur besitzt die Union nun gemäß Art. I-7 eine
einheitliche Rechtspersönlichkeit.
Die Symbole der Union
Zu Artikel I-8:
Diese Bestimmung
nennt die Symbole der Union, die bislang nicht formell im Primärrecht der Union
verankert waren (gemeinsame Währung Euro, Flagge, Hymne, Leitspruch und
Europatag).
Grundrechte und Unionsbürgerschaft
Grundrechte
Zu Artikel I-9:
Abs. 1 legt fest,
dass die Union die in Teil II des Verfassungsvertrages (Charta der Grundrechte)
verankerten Rechte und Grundsätze anerkennt.
Abs. 2 stellt die
Rechtsgrundlage für den Beitritt der Union zur Europäischen Konvention zum
Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) dar. Es wird klargestellt,
dass der Beitritt zu dieser Konvention die in der Verfassung festgelegten
Zuständigkeiten der Union nicht ändert. Die Union besitzt daher im Bereich der
Grundrechte nur dort eine Rechtssetzungskompetenz, wo ihr der
Verfassungsvertrag eine solche ausdrücklich zuweist. Mit einem der Verfassung
beigefügten Protokoll (sie Erläuterungen zu Protokoll Nr. 32) wird sichergestellt
werden, dass der Beitritt der Union zur EMRK unter Bedingungen erfolgt, die den
besonderen Merkmalen der Union und des Unionsrechts Rechnung tragen. In diesem
Zusammenhang ist weiters auf die der Schlussakte beigefügte Erklärung Nr. 2 zu
Art. I-9 Abs. 2 hingewiesen, wonach der EMRK-Beitritt der Union unter
Bedingungen erfolgen soll, die es gestatten, die Besonderheiten der
Rechtsordnung der Union zu wahren und zu achten. In dieser Erklärung wird der
regelmäßige Dialog zwischen dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
(EGMR) und dem EuGH hervorgehoben.
Abs. 3 entspricht
im Wesentlichen Art. 6 Abs. 2 EUV. Diese Bestimmung ermöglicht, dass zusätzlich
zu dem durch die Charta der Grundrechte gegebenen Schutz künftige Entwicklungen
der EMRK und der Menschenrechtsgesetzgebung der Mitgliedstaaten in das
Unionsrecht einfließen können.
Unionsbürgerschaft
Zu Artikel I-10:
Abs. 1 übernimmt
Art. 17 Abs.1 EGV. Es wird klargestellt, dass Staatsangehörige eines
Mitgliedstaats auch die Unionsbürgerschaft besitzen. Diese ergänzt die
nationale Staatsbürgerschaf, ersetzt diese aber nicht.
In Abs. 2 werden
die wesentlichen mit der Unionsbürgerschaft verbundenen Rechte und Pflichten
aufgelistet, die inhaltlich den in Art. 18 bis 21 EGV genannten entsprechen:
Das Recht
sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.
Die Detailbestimmung dazu findet sich in
Art. III-125.
Das aktive
und passive Wahlrecht bei Wahlen zum Europäischen Parlament und bei
Kommunalwahlen, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat.
Die Detailbestimmung dazu findet sich in
Art. III-126.
Das Recht
auf diplomatischen und konsularischen Schutz durch die Behörden eines jeden
Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses
Staats.
Die
Detailbestimmung dazu findet sich in Art. III-127.
Das
Petitionsrecht an das Europäische Parlament und an den Europäischen
Bürgerbeauftragten sowie das Recht, sich in einer der 21 Sprachen der
Verfassung an die Organe der Union zu wenden und eine Antwort in derselben zu
erhalten.
Die
Detailbestimmungen dazu finden sich in Art. III-128 und IV-448 Abs. 1.
Diese Rechte und
Pflichten können unter den Bedingungen und innerhalb der Grenzen, die in der
Verfassung und durch die in Anwendung der Verfassung erlassenen Maßnahmen
festgelegt sind, ausgeübt werden.
Dieser Titel
regelt die vertikale Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und
ihren Mitgliedstaaten (Kompetenzordnung). Die in EGV und in EUV verstreuten
bzw. nur implizit enthaltenen und/oder aus der ständigen Rechtssprechung des
EuGH erwachsenen Kompetenzbestimmungen werden erstmals systematisch
zusammengefasst, primärrechtlich vollständig kodifiziert und in Einzelaspekten
substantiell (in materieller oder formaler Hinsicht) ergänzt.
Grundprinzipien
Zu Artikel I-11:
Abs. 1 nennt drei
Grundsätze für die Abgrenzung bzw. die Ausübung der Zuständigkeiten der Union,
die aus Art. 5 EGV übernommen werden. Für die Abgrenzung gilt der Grundsatz der
begrenzten Einzelermächtigung, für die Ausübung gelten die Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit.
In Abs. 2 wird der
Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung in Anlehnung an die Formulierung
von Art. 5 EGV definiert. Die Tätigkeit der Union wird auf die Zuständigkeiten
begrenzt, die die Mitgliedstaaten der Union zur Verwirklichung der in der
Verfassung niedergelegten Ziele übertragen haben. Zur Klarstellung wird
ergänzend darauf hingewiesen, dass somit alle der Union in der Verfassung nicht
übertragenen Zuständigkeiten bei den Mitgliedstaaten verbleiben.
Abs. 3 UAbs. 1
enthält die Definition des Subsidiaritätsprinzips und grenzt dessen
Anwendungsbereich – wie Art. 5 EGV – auf die Bereiche ein, die nicht in die
ausschließliche Zuständigkeit der Union fallen. In diesen Bereichen wird die
Union nur tätig „sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen
Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder
lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen
ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen
sind.“ Die Definition übernimmt aus Art. 5 EGV das Negativkriterium der nicht
ausreichenden Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene (erster
Satzteil) sowie das Positivkriterium der besseren Erreichbarkeit auf
Unionsebene (zweiter Satzteil). Neu gegenüber der Formulierung in Art. 5 EGV
ist die zusätzliche Erwähnung der regionalen und lokalen Ebene im Kriterium der
nicht ausreichenden Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene. Außerdem
heißt es im zweiten Satzteil „sondern vielmehr“ an Stelle von „und daher“ im
EGV, womit deutlich gemacht wird, dass die Kriterien der nicht ausreichenden
Verwirklichbarkeit auf mitgliedstaatlicher Ebene und der besseren
Erreichbarkeit auf Unionsebene kumulativ vorliegen müssen. Das Erfordernis der
Erfüllung beider Kriterien stellt allerdings keine materielle Neuerung dar, da
es schon derzeit in Ziffer 5 des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die Anwendung
der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ primärrechtlich
eindeutig festgeschrieben ist.
In UAbs. 2 wird
festgehalten, dass die Organe der Union das Subsidiaritätsprinzip gemäß den
Bestimmungen des „Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der
Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“ anzuwenden haben. Besonders
hervorgehoben wird die Rolle der nationalen Parlamente in den in diesem
Protokoll vorgesehenen Verfahren zur Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips
(siehe Erläuterungen zu den Protokollen Nr. 1 und Nr. 2).
In Abs. 4 wird der
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit definiert. Die Maßnahmen der Union dürfen
„inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verfassung
erforderliche Maß hinaus“ gehen. Ergänzt zur Formulierung in Art. 5 EGV wird
die Wortfolge „inhaltlich wie formal“, womit betont wird, dass der Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit nicht nur hinsichtlich des Inhalts, sondern auch
hinsichtlich des Typus des Rechtsinstruments (vgl. Art. I-38) zu beachten ist.
Dieses doppelte Kriterium stellt allerdings keine materielle Neuerung dar, da
auch die Beachtung des formalen Aspekts des Verhältnismäßigkeitsprinzips schon
derzeit in den Ziffern 6 und 7 des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die
Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit“
primärrechtlich verlangt wird.
Genauso wie beim
Subsidiaritätsprinzip wird in Abs. 4 auch bei der Anwendung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit durch die Organe der Union auf die Bestimmungen des
„Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und
Verhältnismäßigkeit“ verwiesen.
Arten von Zuständigkeiten
Zu Artikel I-12:
Der Artikel nennt
die Arten von Zuständigkeiten, die durch die Verfassung der Union übertragen
werden und gibt für diese jeweils generell gültige Wesensmerkmale an.
Abs.1 legt fest,
dass in den Bereichen, in denen die Union über eine ausschließliche
Zuständigkeit verfügt, nur die Union gesetzgeberisch tätig werden und
verbindliche Rechtsakte erlassen kann. Ein Tätigwerden der Mitgliedstaaten ist
nur auf der Basis einer spezifischen Ermächtigung durch die Union oder zur
Durchführung von Rechtsakten der Union zulässig.
Gemäß Abs. 2 sind
in den Bereichen geteilter Zuständigkeit die Union und die Mitgliedstaaten
gleichermaßen befugt, gesetzgeberisch tätig zu werden und rechtlich bindende
Rechtsakte zu erlassen. Die Mitgliedstaaten nehmen ihre Zuständigkeiten wahr,
sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat oder entschieden
hat, diese nicht mehr auszuüben. Demnach liegt die Zuständigkeit zunächst bei
den Mitgliedstaaten und geht erst nach Maßgabe des Tätigwerdens der Union an
diese über. Sofern, soweit und solange die Union ihre Zuständigkeit ausübt,
dürfen die Mitgliedstaaten nur nach Maßgabe der einschlägigen Unionsrechtsakte
rechtlich verbindlich tätig werden. In Art. I-14 Abs. 3 und 4, für die geteilte Zuständigkeit
gilt, werden allerdings Ausnahmen
von dieser generellen Regel festgelegt.
In Abs. 3 wird
festgehalten, dass die Mitgliedstaaten ihre Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik koordinieren. Diese Koordinierung erfolgt im Rahmen von
Regelungen, die die Union auf der Basis der in Teil III des
Verfassungsvertrages enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen festlegt.
Gemäß Abs. 4 ist
die Union dafür zuständig, eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen
Verteidigungspolitik zu erarbeiten und zu verwirklichen. Die Formulierung
„einschließlich der schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen
Verteidigungspolitik“ ist Art. 17 EUV entnommen.
Aus Abs. 5 geht
hervor, dass in den Bereichen, in denen die Verfassung Maßnahmen der Union zur
Unterstützung, Koordinierung oder Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten
vorsieht, die Ausübung von Zuständigkeiten durch die Union keinen Verlust von
Zuständigkeiten für die Mitgliedstaaten bedingt. Außerdem dürfen die
verbindlichen Rechtsakte der Union, die auf der Basis der in Teil III des
Verfassungsvertrags für diese Bereiche enthaltenen Handlungsermächtigungen
erlassen werden, keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten beinhalten.
Der konkrete
Umfang der jeweiligen Zuständigkeiten der Union und die Einzelheiten ihrer
Ausübung ergeben sich gemäß Abs. 6 allerdings erst aus den in Teil III des
Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den
jeweiligen Einzelbereichen.
In Zusammenhang
mit Art. I-14 Abs.1 ergibt sich, dass es grundsätzlich nur die drei in den Abs.
1, 2 und 5 genannten Arten von Zuständigkeiten gibt (ausschließliche, geteilte
und unterstützende/koordinierende/ergänzende Zuständigkeit). Bei den in den
Abs. 3 und 4 genannten Zuständigkeiten (Koordinierung der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik sowie Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) handelt
es sich allerdings um Sonderformen, die keiner dieser Kategorien zugeordnet
wurden und deren Besonderheiten in Art. I-15 bzw. I-16 ausgeführt werden.
Bereiche mit ausschließlicher Zuständigkeit
Zu Artikel I-13:
Der Artikel führt
taxativ diejenigen Bereiche an, in denen der Union ausschließliche
Zuständigkeit im Sinne von Art. I-12 Abs. 1 zukommt. Zu berücksichtigen ist
dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeit und die Einzelheiten
seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in Teil III des
Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den
jeweiligen Einzelbereichen ergeben:
Abs.1 nennt als
solche Bereiche:
- die
Zollunion,
- die
Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen
Wettbewerbsregeln,
- die
Währungspolitik für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist,
- die
Erhaltung der biologischen Meeresschätze im Rahmen der gemeinsamen
Fischereipolitik und
- die
gemeinsame Handelspolitik.
Abs. 2 kodifiziert
im Wesentlichen die ständige Rechtsprechung des EuGH zur ausschließlichen
Zuständigkeit der Union für den Abschluss internationaler Übereinkünfte.
Demnach hat die Union ausschließliche Zuständigkeit auf diesem Gebiet, wenn der
Abschluss einer solchen Übereinkunft in einem Gesetzgebungsakt der Union
vorgesehen ist, wenn er notwendig ist, damit sie ihre interne Zuständigkeit
ausüben kann, oder soweit er gemeinsame Regeln beeinträchtigen oder deren
Tragweite verändern könnte.
Die Bereiche
ausschließlicher Zuständigkeit werden gemäß der ständigen Rechtssprechung des
EuGH präzisiert und hinsichtlich der für das Funktionieren des Binnenmarkts
erforderlichen Wettbewerbsregeln sowie von Einzelaspekten der gemeinsamen
Handelspolitik erweitert. Der genaue Umfang der ausschließlichen Zuständigkeit
für die gemeinsame Handelspolitik ergibt sich allerdings erst aus den
korrespondierenden, konkreten Handlungsermächtigungen in Teil III des
Verfassungsvertrages. Auf Grund der Auflösung der Säulenstruktur gilt ferner
die ausschließliche Vertragsschlusskompetenz unter den genannten
Voraussetzungen des Abs. 2 auch für die GASP (Zweite Säule im EUV) und die
polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (Dritte Säule im
EUV).
Bereiche mit geteilter Zuständigkeit
Zu Artikel I-14:
In diesem Artikel
wird festgelegt, welche Bereiche unter die geteilte Zuständigkeit fallen. Zu
berücksichtigen ist dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeit
und die Einzelheiten seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in
Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen
Handlungsermächtigungen zu den jeweiligen Einzelbereichen ergeben.
Abs.1 enthält eine
Generalklausel, gemäß der in allen denjenigen Bereichen eine geteilte
Zuständigkeit zwischen der Union und den Mitgliedstaaten besteht, die nicht in
Art. I-13 taxativ als in die ausschließliche Zuständigkeit der Union fallende
Bereiche und nicht in Art. I-17 taxativ als Bereiche, in denen die Union für
die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen
zuständig ist, genannt werden.
In Abs. 2 werden
die Hauptbereiche geteilter Zuständigkeit im Sinne von Art. I-12 Abs. 2
demonstrativ angeführt:
- Binnenmarkt,
- Sozialpolitik
hinsichtlich der in Teil III genannten Aspekte,
- wirtschaftlicher,
sozialer und territorialer Zusammenhalt,
- Landwirtschaft
und Fischerei, ausgenommen die Erhaltung der biologischen Meeresschätze,
- Umwelt,
- Verbraucherschutz,
- Verkehr,
- transeuropäische
Netze,
- Energie,
- Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts,
- gemeinsame
Sicherheitsanliegen im Bereich der öffentlichen Gesundheit hinsichtlich der in
Teil III genannten Aspekte.
Gemäß Abs. 3 und
Abs. 4 fallen auch die Bereiche
Forschung, technologische Entwicklung und Raumfahrt sowie
Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe unter die geteilten
Zuständigkeiten. Allerdings gilt für diese Bereichskomplexe eine Ausnahme von
dem in Art. I-12 Abs. 2 festgelegten Wesensmerkmal geteilter Zuständigkeit,
indem die Ausübung der Zuständigkeit durch die Union die Mitgliedstaaten nicht
daran hindert, ihre Zuständigkeit weiter parallel auszuüben. Der Unterschied
zwischen dieser Sonderform geteilter Zuständigkeit und der in Art. I-12 Abs. 5
definierten unterstützenden, koordinierenden und ergänzenden Zuständigkeit
besteht darin, dass bei Ersterer eine Harmonisierung der Rechts- und
Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten nicht ausgeschlossen wird.
Die der geteilten
Zuständigkeit zugeordneten Hauptbereiche spiegeln im Wesentlichen die derzeit,
auf der Basis des EGV im Einklang mit der ständigen Rechtssprechung des EuGH
geltende Kompetenzlage wider. Dies gilt auch für den Bereich „Energie“, der
bislang lediglich in Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV als ein Tätigkeitsbereich der
Gemeinschaft genannt wird, für den es aber keine spezifische
Handlungsermächtigung im EGV gibt. Energiepolitische Maßnahmen der Gemeinschaft
basieren aber auch derzeit auf Rechtsgrundlagen, die eine geteilte
Zuständigkeit begründen. Neu ist hingegen, dass auf Grund der Auflösung der
Säulenstruktur auch die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und die
polizeiliche Zusammenarbeit unter die geteilten Zuständigkeiten fällt.
Die Koordinierung der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik
Zu Artikel I-15:
Dieser Artikel
enthält spezifische Bestimmungen für die Koordinierung der Wirtschafts- und
Beschäftigungspolitik, die eine Ergänzung zu Art. I-12 Abs. 3 darstellen.
Gemäß dem ersten
Satz des Abs. 1 koordinieren die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik innerhalb
der Union, wobei der Ministerrat zu diesem Zweck Maßnahmen erlässt und
insbesondere die Grundzüge dieser Politik beschließt. Aus dieser Formulierung
geht in Zusammenhang mit Art. I-34 und Art. I-35 hervor, dass bei der
Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik nicht das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren, sondern entweder besondere Gesetzgebungsverfahren oder
Rechtsakte ohne Gesetzescharakter Anwendung finden.
Der zweite Satz
von Abs. 2 schafft die Kompetenzgrundlage dafür, dass für die Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist, in Teil III des Verfassungsvertrages festgelegte,
besondere Regelungen gelten.
Gemäß Abs. 2 ist
die Union dafür zuständig, Maßnahmen zur Koordinierung der
Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten zu treffen, wobei insbesondere die
Festlegung von Leitlinien für diese Politik erwähnt wird.
Gemäß Abs. 3 kann
die Union ferner Initiativen zur Koordinierung der Sozialpolitik der
Mitgliedstaaten ergreifen.
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Zu Artikel I-16:
Dieser Artikel
enthält spezifische Bestimmungen für die Zuständigkeit der Union im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Er stellt eine Ergänzung zu Art. I-12 Abs. 4 dar.
Gemäß Abs.1
erstreckt sich die Zuständigkeit der Union in der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik auf alle Bereiche der Außenpolitik sowie auf sämtliche
Fragen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Union, einschließlich der
schrittweisen Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik, die zu einer
gemeinsamen Verteidigung führen kann. Der Absatz entspricht im Wesentlichen dem
materiellen Inhalt des ersten Satzes von Art. 17 Abs. 1 EUV. Die formalen
Regelungen für den eventuellen Übergang zu einer gemeinsamen Verteidigung
finden sich in Art. I-41 Abs. 2.
Gemäß Abs. 2
unterstützen die Mitgliedstaaten die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
der Union aktiv und vorbehaltlos im Geiste der Loyalität und der gegenseitigen
Solidarität und achten das Handeln der Union in diesem Bereich. Sie enthalten
sich jeder Handlung, die den Interessen der Union zuwiderläuft oder ihrer
Wirksamkeit schaden könnte. Dieser Absatz entspricht dem ersten Satz und dem
ersten Teil des dritten Satzes von Art. 11 Abs. 2 EUV.
Unterstützungs-, Koordinierungs- und
Ergänzungsmaßnahmen
Zu Artikel I-17:
Der Artikel nennt
taxativ „Tätigkeitsfelder mit europäischer Zielsetzung“, bei denen die Union
für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder
Ergänzungsmaßnahmen im Sinne von Art. I-12 Abs. 5 zuständig ist:
- Schutz und
Verbesserung der menschlichen Gesundheit – sofern nicht konkrete
Handlungsermächtigungen in Teil III des Verfassungsvertrages in Einklang mit
Art. I-14 Abs. 2 lit. k eine
geteilte Zuständigkeit für bestimmte gemeinsame Sicherheitsanliegen im Bereich
des Gesundheitswesens betreffende Aspekte festlegen;
- Industrie;
- Kultur;
- Tourismus;
- allgemeine
Bildung, Jugend, Sport und berufliche Bildung;
- Katastrophenschutz;
- Verwaltungszusammenarbeit.
Zu berücksichtigen
ist dabei, dass sich der konkrete Umfang dieser Zuständigkeiten und die
Einzelheiten seiner Ausübung gemäß Art. I-12 Abs. 6 erst aus den in Teil III
des Verfassungsvertrags enthaltenen spezifischen Handlungsermächtigungen zu den
jeweiligen Einzelbereichen ergeben.
Die in diesem
Artikel genannten Zuständigkeitsbereiche entsprechen im Wesentlichen der
derzeitigen Kompetenzlage. Für den Tourismus und den Katastrophenschutz erfolgt
eine Klarstellung der Kompetenzlage, da „Fremdenverkehr“ und
„Katastrophenschutz“ zwar in Art. 3 Abs. 1 lit. u EGV als Tätigkeitsbereiche
der Gemeinschaft genannt werden, sich im EGV jedoch keine konkreten
Handlungsermächtigungen dafür finden. Neu hinzugefügt wird der Bereich Sport.
Flexibilitätsklausel
Zu Artikel I-18:
Die „Flexibilitätsklausel“ tritt an die Stelle der
bisherigen Kompetenzabrundungsbestimmung des Art. 308 EGV.
Der Wortlaut des
Abs. 1 entspricht im Wesentlichen Art. 308 EGV. Die Union kann die
Flexibilitätsklausel anwenden, wenn dies im Rahmen der in Teil III des
Verfassungsvertrages festgelegten Politikbereiche erforderlich erscheint, um
eines der Ziele der Verfassung zu verwirklichen, in der Verfassung aber die
hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind. Die Bedingungen für
die Anwendung der Klausel sind daher grundsätzlich die gleichen wie bei Art.
308 EGV: Fehlen einer konkreten Rechtsgrundlage, Erforderlichkeit des
Tätigwerdens, um ein Ziel der Union zu verwirklichen. Die Einschränkung auf die
„im Rahmen der in Teil III festgelegten Politikbereiche“ tritt an die Stelle
der EGV-Wortfolge „im Rahmen des Gemeinsamen Marktes“, die vom EuGH in seiner
ständigen Rechtssprechung mittlerweile als Verweis auf die gesamten
EGV-Bestimmungen ausgelegt wird. Die neue Wortfolge steht zwar einem
Tätigwerden der Union für den Fall, dass in Teil I des Verfassungsvertrages
genannte Ziele keinem der in Teil III angeführten Politikbereichen zugeordnet
werden könnten, entgegen. Allerdings fallen unter die Politikbereiche des Teils
III auch die bislang außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 308 EGV
befindlichen Bereiche GASP bzw. polizeiliche und strafrechtliche
Zusammenarbeit.
In formaler
Hinsicht wird das Einstimmigkeitserfordernis im Rat beibehalten; allerdings ist
nicht mehr nur Anhörung, sondern Zustimmung des Europäischen Parlaments
erforderlich. Darüber hinaus schreibt Abs. 2 vor, dass die Kommission die
nationalen Parlamente im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips nach Art. I-11 Abs. 3 auf Vorschläge, die sich auf die
Flexibilitätsklausel stützen, besonders aufmerksam zu machen hat. Damit wird
die Kontrollfunktion der nationalen Parlamente erheblich gestärkt (vgl. Art. 6
bis 8 des Protokolls Nr. 2 über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität
und der Verhältnismäßigkeit).
Abgesehen von
diesen formalen Neuerungen wird eine weitere Grenze für die Anwendung der
Flexibilitätsklausel gezogen: Gemäß Abs. 3 dürfen Maßnahmen, die sich auf die
„Flexibilitätsklausel“ stützen, nicht dazu dienen, ein in der Verfassung
vorgesehenes Verbot der Harmonisierung von Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten zu umgehen.
Die detaillierte
Regelung der Kompetenzbestimmungen in Teil I Titel III sowie neue
Rechtsgrundlagen in Teil III des Verfassungsvertrages sollen dazu beitragen,
dass ein Rückgriff auf die Flexibilitätsklausel in wesentlich weniger Fällen
erforderlich wird als dies bei Art. 308 EGV der Fall ist.
Die Organe und Einrichtungen der Union
KAPITEL I
Institutioneller
Rahmen
Die Organe
der Union
Zu Artikel I-19:
Abs. 1 legt die
Zwecke, auf die die Tätigkeit des „institutionellen Rahmens“ der Union
ausgerichtet ist, und die Organe die von ihm umfasst werden, fest. Der
„institutionelle Rahmen“ der Union dient vier Hauptaufgaben:
Er hat den
Werten der Union Geltung zu verschaffen,
- ihre Ziele zu verfolgen
- den Interessen der Union, der
Bürger und der Mitgliedstaaten zu dienen sowie
- die Kohärenz, Effizienz und
Kontinuität der Unionspolitik und ihrer Maßnahmen sicherzustellen.
Der
institutionelle Rahmen setzt sich aus dem Europäischen Parlament, dem
Europäischen Rat, dem Ministerrat (im Folgenden „Rat“), der Europäischen
Kommission (im Folgenden „Kommission“) und dem EuGH zusammen.
Festzuhalten ist,
dass Artikel I-19 unter dem Begriff des institutionellen Rahmens nicht alle
Organe der Union erfasst. Nicht genannt werden die Europäische Zentralbank
und der Rechnungshof der Union.
Diese und die beiden beratenden Einrichtungen, der Wirtschafts- und
Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen, werden in Teil I Titel IV
Kapitel 2 gesondert geregelt.
Die Hervorhebung
der genannten fünf Organe durch den Ausdruck „institutioneller Rahmen“ ergibt
sich aus der zentralen Bedeutung dieser für alle Politikbereiche der Union
zuständigen Organe. Ein eigenständiger normativer Gehalt kommt dem Begriff des
„institutionellen Rahmens“ nicht zu.
Abs. 2 bestimmt,
dass jedes Organ – und nicht nur die gemäß Abs. 1 im institutionellen Rahmen
genannten - nach Maßgabe der ihm in der Verfassung zugewiesenen Befugnisse,
nach den Verfahren und unter den Bedingungen, die in der Verfassung festgelegt
sind, handelt. Der 2. Satz von Art. I-19 Abs. 2 normiert die Verpflichtung der
Organe zur loyalen Zusammenarbeit.
Abs. 2 gibt den
derzeitigen Rechtsbestand, wie er sich aus Artikel 5 EUV und Artikel 7 EGV
ergibt, wieder. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, dessen
Definition sich in Artikel I-11 Abs. 2 findet, wird ausdrücklich als die
leitende Handlungsmaxime für die Organe der Union festgelegt.
Das Europäische Parlament
Zu Artikel I-20:
Gemäß Abs. 1 übt das Europäische Parlament gemeinsam mit dem Ministerrat
die Gesetzgebungs- und Haushaltsbefugnisse aus, erfüllt bestimmte Kontroll- und
Beratungsfunktionen und wählt den Präsidenten der Europäischen Kommission. Neu
in dieser Aufzählung der wichtigsten Funktionen ist die Wahl des Präsidenten
der Kommission. Die Modalitäten dieser Wahl sind in Art. I-27 Abs. 1 geregelt.
Gemäß Abs. 2 setzt sich das Europäische Parlament aus Vertretern der
Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zusammen. Für die Zusammensetzung des
Europäischen Parlaments werden das Prinzip der degressiven Proportionalität,
eine maximale Gesamtanzahl von 750 Sitzen, eine Mindestanzahl von sechs Sitzen
pro Mitgliedstaat und eine Maximalanzahl von 96 Sitzen pro Mitgliedstaat
vorgegeben.
Das Prinzip der degressiven Proportionalität, das die im EGV verankerte
konkrete Aufteilung der Sitze auf die Mitgliedstaaten seit Gründung der EG
bestimmt und aus der Formulierung in Art.190 Abs. 2, UAbs. 2, EGV abgeleitet
werden konnte, wonach „durch die Zahl der in jedem Mitgliedstaat gewählten
Abgeordneten eine angemessene Vertretung der Völker der in der Gemeinschaft
zusammengeschlossenen Staaten gewährleistet sein“ muss, wird im
Verfassungsvertrag erstmals explizit angeführt.
Im Unterschied zu Art. 190 Abs. 2 EGV wird die konkrete Zusammensetzung
des Europäischen Parlaments im Verfassungsvertrag nicht festgelegt. Die
maximale Gesamtanzahl der Sitze erhöht sich im Vergleich zu Art.189 EGV (i. d.
F. von Art. 11 Beitrittsvertrag 2004) von 736 auf 750. Die Mindest- und die
Maximalanzahl der Sitze pro Mitgliedstaat werden neu eingeführt.
Die konkrete Zusammensetzung auf der Basis dieser Grundsätze ist in
einem Europäischen Beschluss zu regeln, der vom Europäischen Rat einstimmig auf
Initiative des Europäischen Parlamentes und mit dessen Zustimmung erlassen
wird.
Bis zum Ende der Wahlperiode 2004-2009 ist die Zusammensetzung des
Europäischen Parlamentes in Art. I des Protokolls Nr. 34 über die
Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union geregelt
(siehe Erläuterungen zum Protokoll Nr. 34).
Gemäß Art. I-20 Abs. 3 werden die Mitglieder des Europäischen
Parlamentes in allgemeiner, unmittelbarer, freier und geheimer Wahl für eine
Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Als Prinzipien für die Wahl werden gegenüber
Art. 190 EGV die Grundsätze des freien und geheimen Wahlrechts ergänzt. Die
Wahlperiode bleibt unverändert.
Gemäß Abs. 4 wählt das Europäische Parlament seinen Präsidenten und sein
Präsidium aus seiner Mitte. Dies entspricht Art. 197 Abs. 1 EGV.
Detailbestimmungen zum Europäischen Parlament finden
sich in Art. III-330 bis III-340.
In der einseitigen
Erklärung Nr. 48 stellt das Vereinigte Königreich fest, dass durch Art. I-20
und andere Bestimmungen des Verfassungsvertrages die Grundlagen des Wahlrechts
zum Europäischen Parlament nicht geändert werden sollen.
Der Europäische Rat
Zu Artikel I-21:
Die Bestimmung ist
in vier Abs. gegliedert und übernimmt den wesentlichen Regelungsgehalt des
derzeitigen Art. 4 EUV. Dazu kommt eine neue Bestimmung über die
Beschlussfassung im Europäischen Rat.
Abs. 1 definiert
die Aufgaben des Europäischen Rates. Er gibt der Union die für ihre Entwicklung
erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen
und Prioritäten hierfür fest. Gemäß Art. I-40 Abs. 2 und Art. III-295 bestimmt
er die strategischen Interessen der Union und legt die Ziele der GASP fest.
Gemäß Art. III-258 legt er weiters die strategischen Leitlinien für die
gesetzgeberische und operative Programmplanung im Raum der Freiheit der
Sicherheit und des Rechts fest.
Der Europäische
Rat kann bindende Rechtsakte in Form von Europäischen Verordnungen oder
Europäischen Beschlüssen erlassen (vgl. Art. I-35), darf jedoch nicht
gesetzgebend tätig werden, d.h. keine Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze
beschließen.
Abs. 2 legt die Zusammensetzung des
Europäischen Rates fest. Dieser setzt sich aus den Staats- und Regierungschefs
der Mitgliedstaaten sowie den Präsidenten des Europäischen Rates und der
Europäischen Kommission zusammen. Der Außenminister der Union nimmt an den
Arbeiten des Europäischen Rates teil.
Abs. 3 normiert, dass der Europäische Rat
vierteljährlich zusammentritt. Die Einberufung obliegt seinem Präsidenten.
Dieser kann, wenn es die Lage erfordert, auch außerordentliche Tagungen
einberufen.
Über eine
allfällig erforderliche fachliche Unterstützung entscheiden die Staats- und
Regierungschefs, wenn dies die Tagesordnung erfordern sollte. Diese
Unterstützung kann durch zuständige Minister der Mitgliedstaaten erfolgen. Im
Unterschied zu Art. 4 Abs. 2 EUV kommt den Ministern für auswärtige
Angelegenheiten in diesem Zusammenhang keine gesonderte Erwähnung zu. Auch der Präsident
der Kommission kann ein weiteres Kommissionsmitglied zu seiner Unterstützung
beiziehen.
Abs. 4 bestimmt, dass der Europäische Rat im
Konsens entscheidet, sofern in konkreten Bestimmungen des Verfassungsvertrages
nicht anderes festgelegt ist. Der Präsident des Europäischen Rates und der
Präsident der Kommission nehmen an der Abstimmung im Europäischen Rat nicht
teil (Art. I-25 Abs. 4). Dasselbe gilt für den Außenminister der Union.
Weitere Detailbestimmungen zum Europäischen Rat finden
sich in Art. III-341.
Durch die
Anführung des Europäischen Rates unter den Organen (siehe die Erläuterungen zu
Art. I-19), trägt der Verfassungsvertrag der tatsächlichen politischen
Bedeutung des Europäischen Rates Rechnung. Durch Einräumung des Organstatus an
den Europäischen Rat werden die Zusammenkünfte der Staats- und Regierungschefs
aus einem rechtlich unterdeterminierten Raum in das institutionelle Gefüge der
Union eingebunden. Somit wird der zunehmenden Formalisierung des Europäischen
Rates in den letzten Jahren entsprechend Rechnung getragen.
Die Organstellung
des Europäischen Rates hat zur Folge, dass die horizontalen Vorschriften über
die Organe auch auf den Europäischen Rat Anwendung finden. Es sind dies unter
anderem der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung (Artikel I-19 Abs. 2),
die Vorschriften über die Transparenz, insbesondere das Recht auf Zugang zu
Dokumenten (Artikel I-50, insb. Abs. 3), das Recht der Unionsbürger sich in
einer der Sprachen der Verfassung an die Organe der Union zu wenden und eine
Antwort in dieser Sprache zu erhalten (Artikel I-10 Abs. 2 lit. d, der Schutz
personenbezogener Daten (Art. I-51) sowie die Vorschriften, wonach die Organe
einen regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der
Zivilgesellschaft führen sollen (Artikel I-47 Abs. 2). Eine wichtige Konsequenz
ist auch, dass Rechtsakte des Europäischen Rates mit Rechtswirkungen gegenüber
Dritten der gerichtlichen Kontrolle durch den EuGH (Artikel III-365 Abs. 1)
unterliegen.
Der Europäische
Rat erfüllt weiters Funktionen bei der Ernennung bestimmter besonders wichtiger
Amtsträger (z.B. der Kommission gemäß Art. I-27 Abs. 1 und Abs. 2, des
Außenministers der Union gemäß Art. I-28 Abs. 1, der Mitglieder des
Direktoriums der Europäischen Zentralbank gemäß III-382 Abs. 2).
Von Bedeutung ist
auch die Rolle, die der Verfassungsvertrag dem Europäischen Rat im Rahmen des
ordentlichen Änderungsverfahrens gemäß Artikel IV-443 einräumt sowie die
Funktion, die der Europäische Rat im vereinfachten Änderungsverfahren betreffend
die internen Politikbereiche (Teil III Titel III des Verfassungsvertrages – z.
B. Binnenmarkt, Wirtschafts- und Währungspolitik, Beschäftigung, Sozialpolitik,
Landwirtschaft, Umwelt, Verkehr u. a.) der Union gemäß Artikel IV-445 besitzt.
(näheres siehe Erläuterungen zu den angeführten Bestimmungen).
Art. IV-444 regelt
die so genannte „Passerelle“. In Fällen, in denen der Verfassungsvertrag noch
Einstimmigkeit vorsieht, kann der Europäische Rat gemäß Abs. 1 einstimmig den
Übergang zur qualifizierten Mehrheitsentscheidung beschließen. In Fällen, in
denen der Verfassungsvertrag noch ein besonderes Gesetzgebungsverfahren
vorsieht, kann der Europäische Rat gemäß Abs. 2 einstimmig den Übergang zum
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren beschließen. Ausgenommen von der
Ermächtigung nach Abs. 1 sind Beschlüsse mit militärischen und
verteidigungspolitischen Bezügen.
Gemäß Abs. 3 kann
der Widerspruch nur eines einzigen nationalen Parlamentes die Inanspruchnahme
der „Passerelle“ durch den Europäischen Rat verhindern (Vetorecht der
nationalen Parlamente).
Schließlich räumt
der Verfassungsvertrag dem Europäischen Rat im Rahmen des Raums der Freiheit
der Sicherheit und des Rechts sowie im Bereich der GASP eine spezifische
Funktion ein (sog. „Notbremse“ – siehe dazu die Erläuterungen zu den Art.
III-270 und III-271).
Der Präsident des Europäischen Rates
Zu Artikel I-22:
Diese Bestimmung
des Verfassungsvertrages bringt eine ganz wesentliche institutionelle Neuerung
gegenüber dem derzeitigen Vorsitzsystem im Europäischen Rat, das sich nach dem
Rotationsprinzip des Art. 203 EGV richtet, mit sich.
Abs. 1 legt den
Wahlmodus, die Amtsdauer und die Bedingungen für die vorzeitige Beendigung der
Funktion des Präsidenten des Europäischen Rates fest. Er wird vom Europäischen
Rat für die Dauer von zweieinhalb Jahren (mit einmaliger Wiederwahlmöglichkeit)
mit qualifizierter Mehrheit gewählt. Im Falle einer Verhinderung oder einer
schweren Verfehlung kann der Europäische Rat den Präsidenten im Wege des
gleichen Verfahrens von seinem Amt auch wieder entbinden.
Abs. 2 bestimmt fünf Aufgabenbereiche, die
der Präsident des Europäischen Rates wahrzunehmen hat:
- Er führt
den Vorsitz bei den Arbeiten des Europäischen Rates und gibt ihnen die
erforderlichen Impulse.
- Er sorgt in
Zusammenarbeit mit dem Präsidenten der Kommission auf der Grundlage der
Arbeiten des „Rates Allgemeine Angelegenheiten“ für die Vorbereitung und
Kontinuität der Arbeiten des Europäischen Rates.
- Er wirkt
darauf hin, dass Zusammenhalt und Konsens im Europäischen Rat gefördert werden.
- Er legt dem
Europäischen Parlament am Ende jeder Tagung des Europäischen Rates einen
Bericht vor.
- Er nimmt
auf seiner Ebene – unbeschadet der Befugnisse des Außenministers der
Europäischen Union – die Außenvertretung der Union in Angelegenheiten der GASP
wahr.
Abs. 3 nennt als einzige Voraussetzung für
die Ausübung des Präsidentenamtes, dass der Präsident des Europäischen Rates
kein einzelstaatliches Amt ausüben darf.
Die Erklärung Nr.
3 zu den Schlussakten des Verfassungsvertrages sieht vor, dass bei der Auswahl
der Personen, die das Amt des Präsidenten des Europäischen Rates, des
Präsidenten der Kommission und des Außenministers der Union ausfüllen sollen,
die geographische und demographische Vielfalt der Union und ihrer Mitgliedstaaten
gebührend zu berücksichtigen ist. Diese Erklärung hält fest, dass die genannten
Amtsinhaber aus verschiedenen und hinsichtlich ihrer geographischen Lage und
Bevölkerungszahl unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen sollen.
Die dem Präsidenten
des Europäischen Rates zukommende Außenvertretungsfunktion ist sowohl in
inhaltlicher, als auch in organisatorischer Weise eingeschränkt. Der Präsident
besitzt lediglich im Bereich der GASP Außenvertretungskompetenz und auch das
nur auf „seiner“ Ebene (gemeint auf Ebene der Staats- und Regierungschefs),
unbeschadet der Zuständigkeiten des Außenministers. Die Union verfügt somit
über drei hochrangige Repräsentanten, denen Außenvertretungsbefugnis zukommt:
- den
Präsident des Europäischen Rates,
- den Präsident
der Kommission und
- den
Außenminister der Union.
Der Ministerrat
Detailbestimmungen zum Ministerrat finden sich in den
Art. III-342 bis III-346.
Zu Artikel I-23:
Art. I-23 des
Verfassungsvertrages definiert die Zusammensetzung, die Aufgaben und die
generellen Beschlussfassungsregeln des Rates. Gemäß Abs. 1 ist der Rat
gemeinsam mit dem Europäischen Parlament:
- der
Gesetzgeber der Union und
- übt die
Haushaltsbefugnisse aus.
Weiters gehört zu
seinen Aufgaben:
- die
Festlegung der Politik und
- die
Koordinierung nach Maßgabe der Verfassung.
Gegenüber Art. 202
EGV umschreibt Abs. 1 des Art. I-23 die Funktionen und Befugnisse des Rates
klarer. Nicht mehr angeführt werden in Abs. 1 die exekutiven Befugnisse des
Rates. Gemäß Art. I-37 Abs. 2 hat der Rat jedoch weiterhin in begründeten
Sonderfällen und im Bereich der GASP Durchführungsbefugnisse.
Gemäß Abs. 2
besteht der Rat aus je einem Vertreter jedes Mitgliedstaates auf Ministerebene,
der befugt ist, für die Regierung des von ihm vertretenen Staates verbindlich
zu handeln und das Stimmrecht auszuüben.
Abs. 2 entspricht
weitgehend Art. 203 Abs. 1 EGV. Damit ist sichergestellt, dass für
bundesstaatlich organisierte Mitgliedstaaten – wie Österreich – auch weiterhin
die Möglichkeit besteht, Regional- bzw. Ländervertreter in den Rat zu
entsenden.
Anders als Art.
205 Abs. 1 EGV – der einfache Mehrheit vorsieht – bestimmt Abs. 3, dass der Rat
seine Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit trifft, sofern die Verfassung
nichts anderes festlegt. Das Regelquorum für die Beschlussfassung im Rat ist
also nach dem Verfassungsvertrag die qualifizierte Mehrheit, während es nach
dem EGV die einfache Mehrheit ist (siehe Erläuterungen zu Art. III-343).
Eine durch den
Verfassungsvertrag festgelegte Ausnahme gilt gemäß Art. III-300 Abs. 1 für das
gesamte Kapitel II (GASP) von Teil III Titel V des Verfassungsvertrags. In
diesem Kapitel gilt die Einstimmigkeit als Regel, sofern nicht ausdrücklich
anderes bestimmt wird.
Gemäß III-344 Abs.
3 beschließt der Rat weiterhin mit einfacher Mehrheit über Verfahrensfragen
sowie über den Erlass seiner Geschäftsordnung.
Die Zusammensetzung des Ministerrates
Zu Artikel I-24:
Der Rat ist auch
künftig ein einheitliches Organ, das gemäß Abs. 1 in verschiedenen
Zusammensetzungen tagt. Daraus folgt, dass auch weiterhin alle Ratsformation
alle Aufgaben des Rates wahrnehmen können. Zwei Ratsformationen werden jedoch
ausdrücklich primärrechtlich verankert. Es sind dies der Rat „Allgemeine
Angelegenheiten“ und der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“. Weitere
Ratsformationen sind sekundärrechtlich gem. Abs. 4 festzulegen (siehe unten).
Gemäß Abs. 2 sorgt
der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in
seinen verschiedenen Zusammensetzungen. In Verbindung mit dem Präsidenten des
Europäischen Rates und mit der Kommission bereitet er die Tagungen des
Europäischen Rates vor und sorgt in deren Anschluss für das weitere Vorgehen.
Diese Bestimmung spiegelt die derzeit in der Geschäftsordnung des Rates
niedergelegte Rechtslage wider.
Gemäß Abs. 3
gestaltet der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“ das auswärtige Handeln der Union
entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für
die Kohärenz des Handelns der Union.
Den Vorsitz in
dieser Ratsformation führt der Außenminister der Union.
Abs. 4 ermächtigt
den Europäischen Rat – wie oben erwähnt – zur Festlegung weiterer
Ratsformationen in einem mit qualifizierter Mehrheit zu fassenden Europäischen
Beschluss. Bislang erfolgt die Festlegung der Ratsformationen im Rahmen der
Geschäftsordnung des Rates, die gemäß Art. 205 EGV mit einfacher Mehrheit beschlossen
wird.
Abs. 5 entspricht in Verbindung mit Art. III-344 Abs.
1 dem Art. 207 Abs. 1 EGV.
Im Sinne größerer
Transparenz bestimmt Abs. 6 in Verbindung mit I-50 Abs. 2 und III-399 Abs. 2,
dass der Rat stets öffentlich tagt, wenn er über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten
berät oder abstimmt. Damit werden die Bestimmungen der Art. 7 bis 9 der
Geschäftsordnung des Rates weiterentwickelt und erstmals primärrechtlich
verankert. Zu diesem Zweck wird jede Ratstagung in zwei Teile unterteilt. Ein
Teil dient der Beratungen und der Abstimmung über Entwürfe zu
Gesetzgebungsakten, der andere ist den nicht die Gesetzgebung betreffenden
Tätigkeiten gewidmet.
Abs. 7 legt das
Präsidentschaftssystem im Rat fest. Der Vorsitz wird von Vertretern der
Mitgliedstaaten im Rat auf Grundlage eines vom Europäischen Rat mit
qualifizierter Mehrheit zu verabschiedenden Europäischen Beschlusses nach einem
System der gleichberechtigten Rotation ausgeübt. Das System der
gleichberechtigten Rotation gilt für alle gemäß Abs. 4 festgelegten
Ratsformationen sowie den Rat „Allgemeine Angelegenheiten“. Im Rat „Auswärtige
Angelegenheiten“ führt – wie bereits erwähnt – der Außenminister den Vorsitz.
Die
Regierungskonferenz hat zu Art. I-24 Abs. 7 die Erklärung Nr. 4 abgegeben, der
der Entwurf für den dort genannten Europäischen Beschluss des Europäischen
Rates über die Ausübung des Vorsitzes im Rat angeschlossen ist. Dieser
Beschluss soll am Tag des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages förmlich
durch den Europäischen Rat angenommen werden.
Art. 1 des
Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Vorsitz im Rat (ausgenommen in der
Formation „Auswärtige Angelegenheiten“) von zuvor festgelegten Gruppen von drei
Mitgliedstaaten für einen Zeitraum von 18 Monaten wahrgenommen wird. Die
Zusammenstellung der Gruppen erfolgt „unter Berücksichtigung ihrer
Verschiedenheit und des geographischen Gleichgewichtes innerhalb der Union“
(Abs. 1). Innerhalb der Gruppe übernimmt jeder Mitgliedstaat für die Dauer von
je sechs Monaten den Vorsitz in allen Zusammensetzungen des Rates (ausgenommen
den Rat „Auswärtige Angelegenheiten“). Der jeweils den Vorsitz führende
Mitgliedstaat wird durch die anderen Mitglieder der Gruppe auf Grundlage eines
gemeinsamen Programms unterstützt. Innerhalb der Gruppe können jedoch auch alternative
Regelungen vereinbart werden (Abs. 2).
Art. 2 des
Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Vorsitz im Ausschuss der Ständigen
Vertreter jeweils von dem Mitgliedstaat wahrgenommen wird, der den Vorsitz im
Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ innehat. Der Vorsitz im Politischen und
Sicherheitspolitischen Komitee wird von einem Vertreter des Außenministers der
Union wahrgenommen. Der Vorsitz in den vorbereitenden Gremien des Rates wird
von dem Mitglied der Gruppe wahrgenommen, das den Vorsitz in der entsprechenden
Zusammensetzung des Rates führt. Es kann jedoch im Anwendungsbeschluss zum
gegenständlichen Beschluss anderes festgelegt werden (siehe unten zu Art. 4).
Art. 3 des
Beschlussentwurfes bestimmt, dass der Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ im
Rahmen einer Mehrjahresplanung in Zusammenarbeit mit der Kommission für die
Kohärenz und die Kontinuität der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen
Zusammensetzungen verantwortlich ist. Die den Vorsitz führenden Mitgliedstaaten
werden durch das Generalsekretariat des Rates unterstützt.
Schließlich
bestimmt Art. 4 Beschlussentwurf, dass der Rat einen weiteren Europäischen
Beschluss zur Anwendung des gegenständlichen Beschlusses zu erlassen hat. Gemäß
der Erklärung ist über diesen Anwendungsbeschluss binnen sechs Monaten nach
Unterzeichnung des Verfassungsvertrages politische Einigung zu erzielen. Diesem
Auftrag wurde bereits durch Beschluss des Rates vom 13. Dezember 2004
entsprochen. In diesem Entwurf wird die Reihenfolge, in denen die
Mitgliedstaaten in Dreiergruppen den Vorsitz des Rates ab 1. Jänner 2007
wahrnehmen werden sollen, bis 2020 festgelegt.
Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen
Rat und im Rat
Zu Artikel I-25:
Zu beachten ist,
dass die Abs. 1 bis 3 dieses Artikels gemäß Art. 2 Abs. 1 des Protokolls Nr. 34 „über die
Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union“ erst ab 1.
November 2009 wirksam werden. Gemäß Art. 2 Abs. 2 dieses Protokolls werden für
die Dauer vom Inkrafttreten des Verfassungsvertrages bis zum 1. November 2009
die in Art.205 EGV enthaltenen Bestimmungen übernommen. Damit bleibt die
Nizza-Stimmgewichtung in der Fassung des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai
2004 beigetretenen Mitgliedstaaten bis 31. Oktober 2009 in Geltung.
Gemäß Art. I-25
Abs. 1, UAbs.1, kommt die qualifizierte Mehrheit dann zustande, wenn folgende
beiden Schwellenwerte erreicht werden („doppelte Mehrheit“):
Staatenschwelle:
Mehrheit von mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens
15 Mitgliedstaaten.
Bevölkerungsschwelle:
Diese Staatenmehrheit bildenden Mitgliedstaaten müssen mindestens 65 % der
Bevölkerung der Union repräsentieren.
Aus der Tatsache,
dass für das Zustandekommen der qualifizierten Mehrheit beide Schwellenwerte
erreicht werden müssen, ergibt sich implizit, dass eine Sperrminorität schon
über eine der beiden Schwellen erzielt werden kann:
Mehr als 45% der
Mitglieder des Rates stellen automatisch eine Sperrminorität dar.
Für die
Sperrminorität über das Bevölkerungskriterium definiert Abs.1, UAbs. 2, jedoch
ein Zusatzerfordernis: Für das Erreichen der Bevölkerungssperrminorität sind
mindestens vier Mitglieder des Rates erforderlich, andernfalls die
qualifizierte Mehrheit jedenfalls als erreicht gilt. Das bedeutet, dass drei
Mitgliedstaaten auch dann nicht einen Beschluss blockieren können, wenn sie
über mehr als 35 % der Unionsbevölkerung verfügen.
Abs. 2 sieht eine
erhöhte Staatenschwelle von 72 % (bei unveränderter Bevölkerungsschwelle von
65%) vor, wenn der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des
Außenministers der Union beschließt.
Abs. 3 legt fest,
dass die in Abs.1 und Abs. 2 enthaltenen Definitionen der qualifizierten
Mehrheit sowohl für die Beschlussfassung im Rat als auch im Europäischen Rat
gilt.
Gemäß Abs. 4 nehmen
der Präsident des Europäischen Rates und der Präsident der Kommission nicht an
den Abstimmungen des Europäischen Rates teil (siehe Erläuterungen zu Artikel
I-22).
An einer Reihe von
Stellen sieht der Verfassungsvertrag spezifische Definitionen der qualifizierten
Mehrheit vor, durch die die generelle Definition von Art. I-25 Abs. 1 und Abs.
2 an Umstände angepasst werden, unter denen nicht alle Mitglieder des Rates an
bestimmten Abstimmungen teilnehmen. Es sind dies insbesondere folgende
Bestimmungen:
- Art. I-44
Abs. 3 betreffend die verstärkte Zusammenarbeit;
- Art.
III-179 und III-184 betreffend Verfahren in der Wirtschaftspolitik, bei denen
in bestimmten Phasen betroffene Mitgliedstaaten nicht stimmberechtigt sind.
- Art.
III-197 und III -198 betreffend bestimmte Maßnahmen der Eurostaaten;
- Art.
III-312 betreffend die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
- Protokoll
Nr. 19 über die Position des Vereinigten Königreich und Irlands;
- Protokoll
Nr. 20 über die Position Dänemarks.
Zu den
Bestimmungen des Art. I-25 ist ferner in der Erklärung Nr. 5 eine an den
„Kompromiss von Ioannina“ (ABl. C1 vom 1. Jänner 1995) aus dem Jahr 1994
angelehnte ergänzende Regelung vorgesehen, die am Tag des Inkrafttretens des
Verfassungsvertrages vom Rat in Form eines Europäischen Beschlusses angenommen
werden soll. Der Entwurf dieses Beschlusses wird in der Erklärung Nr. 5
wiedergeben:
Gemäß Art. 1
dieses Beschlusses wird der Rat in den Fällen, in denen Mitglieder des Rates
entweder im Bereich der Bevölkerungs- oder der Staatenschwelle mindestens 75%
der für die Sperrminorität erforderlichen Schwellenwerte erreichen und
erklären, dass sie die Annahme eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit
ablehnen, die betreffende Frage weiter erörtern.
Gemäß Art. 2 des
Beschlusses wird der Rat dabei alles in seiner Macht stehende tun, um eine
zufrieden stellende Lösung für die von den Mitgliedstaaten, die den Mechanismus
nach Art. 1 ausgelöst haben, vorgebrachten Anliegen zu finden. Diese
Lösungssuche hat jedoch innerhalb einer angemessenen Zeit zu erfolgen und
jedenfalls unter Einhaltung der für das Rechtsetzungsverfahren zwingend
vorgeschriebenen Fristen. Diesbezüglich sind insbesondere die für das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren in Art. III-396 festgelegten Fristen zu
beachten.
Gemäß Art. 3 des
Beschlusses haben die Bemühungen um eine breitere Einigungsgrundlage im Rat
außerdem unter Einhaltung der Geschäftsordnung des Rates zu erfolgen. Demnach
setzt die Geschäftsordnung des Rates, die gemäß Art. III-344 Abs. 3 mit
einfacher Mehrheit vom Rat erlassen wird, den Rahmen für die Anwendung des
Beschlusses.
Gemäß Art. 4 wird der Beschluss mit dem
Inkrafttreten des neuen Systems der doppelten Mehrheit am 1. November 2009
wirksam und bleibt mindestens bis 2014 in Kraft. Danach kann der Beschluss vom
Rat mit qualifizierter Mehrheit aufgehoben werden.
Artikel I-25
bringt eine grundsätzliche Änderung des Systems der qualifizierten
Mehrheitsentscheidung mit sich. Das bisherige – seit den Gründungverträgen der
Europäischen Gemeinschaften in Geltung stehende System - sieht grundsätzlich
vor, dass eine vertraglich bestimmte Anzahl der gewogenen Stimmen der
Ratsmitglieder für eine Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Rat
erforderlich ist. Bei der Festlegung der Stimmgewichte der Ratsmitglieder und
deren Anpassung im Rahmen der jeweiligen Beitrittsverträge wurde die
Bevölkerungszahl der Mitgliedstaaten zwar berücksichtigt, den kleineren
Mitgliedstaaten aber ein überproportionales Stimmgewicht eingeräumt.
Dieses System wird
– sowohl für den Rat als auch für den Europäschen Rat – durch das System der
doppelten Mehrheit ersetzt werden. Durch die abstrakten Kriterien der doppelten
Mehrheit im Vertrag wird verhindert, dass bei jedem künftigen Beitritt erneut
über die Stimmgewichtung verhandelt und die Schwelle für qualifizierte
Mehrheitsentscheidungen neu festgelegt werden muss. Das neue System wird auch
dem demokratischen Postulat gerecht, der jeweiligen Bevölkerungsmehrheit ein
hohes Gewicht einzuräumen, wobei den Interessen der bevölkerungsärmeren
Mitgliedstaaten durch das Erfordernis der Zustimmung der 55%-igen bzw. der
72%-igen Mehrheit der Ratsmitglieder ebenfalls Rechnung getragen wird.
Die Europäische Kommission
Detailbestimmungen zur Europäischen Kommission finden
sich in Art. III-347 bis III-352.
Zu Artikel I-26:
Dieser Artikel
enthält die grundsätzlichen Bestimmungen betreffend die Europäische Kommission.
Abs. 1 nennt die
Aufgaben der Kommission. Sie übt nach Maßgabe der Verfassung Koordinierungs-,
Exekutiv- und Verwaltungsfunktion aus. Sie fördert die allgemeinen Interessen
der Union, sorgt für die Anwendung der Verfassung sowie der von den Organen
kraft Verfassung erlassenen Maßnahmen, führt die Haushaltsplanung aus und
initiiert die jährliche und mehrjährige Programmplanung der Union mit dem Ziel,
interinstitutionelle Vereinbarungen zu erreichen. Mit Ausnahme der GASP und der
übrigen in der Verfassung vorgesehenen Fälle übernimmt sie die Vertretung der
Union nach außen.
Abs. 2 normiert
das Initiativmonopol der Kommission. Soweit von der Verfassung nicht anders
festgelegt, darf ein Gesetzgebungsakt (Europäisches Gesetz oder Europäisches
Rahmengesetz) nur auf Vorschlag der Kommission erlassen werden. Für die übrigen
Rechtsakte (Beschlüsse und Verordnungen) gilt das Initiativmonopol der
Kommission nur dann, wenn es ausdrücklich festgelegt ist.
Abs. 3 legt für die Kommission – wie bisher Art. 214
Abs. 1 EGV – eine Amtszeit von fünf Jahren fest.
Abs. 4 entspricht
Art. 213 Abs. 1 EGV. Die Mitglieder der Kommission werden auf Grund ihrer
allgemeinen Befähigung ausgewählt und müssen ihre Unabhängigkeit gewährleisten.
Neu hinzu kommt als Auswahlkriterium der „Einsatz für Europa“.
Abs. 5 und Abs. 6
enthalten die Bestimmungen über die Kommission nach dem 31. Oktober 2009. Die
Zusammensetzung der Kommission bis 2009 ergibt sich aus Art. 4 des Protokolls
Nr. 34. Demgemäß bleibt die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Verfassungsvertrages amtierende Kommission bis einschließlich 31. Oktober 2009
im Amt.
Gemäß Abs. 5
besteht die erste Kommission die nach den Bestimmungen des Verfassungsvertrages
ernannt wird, aus je einem Staatsangehörigen jedes Mitgliedstaates.
Gemäß Abs. 6
entspricht nach Ablauf der Amtszeit dieser Kommission (also frühestens 2014) die
Zahl der Mitglieder der Kommission zwei Drittel der Zahl der Mitgliedstaaten,
es sei denn, der Europäische Rat beschließt einstimmig eine Änderung. Die
Mitglieder der Kommission werden dann nach einem System der gleichberechtigten
Rotation zwischen den Mitgliedstaaten ausgewählt. Dieses System wird durch
einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates geschaffen, in dem zu
berücksichtigen ist, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der
Reihenfolge und Dauer der Amtszeit völlig gleich behandelt werden und dass in
der jeweiligen Zusammensetzung der Kommission das demografische und
geografische Spektrum der Gesamtheit der Mitgliedstaaten der Union zum Ausdruck
kommt.
Für den Zeitpunkt,
ab dem der Kommission nicht mehr Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten
angehören, ist besonders die Erklärung Nr. 6 zu Art. I-26 zu beachten. Demnach
muss die Kommission ab diesem Zeitpunkt besonders darauf achten, dass in den
Beziehungen zu allen Mitgliedstaaten vollständige Transparenz gewährleistet
ist. Dementsprechend sollte die Kommission enge Verbindungen zu allen
Mitgliedstaaten unterhalten und besonders darauf achten, dass Informationen mit
allen Mitgliedstaaten geteilt und alle Mitgliedstaaten konsultiert werden. Des
Weiteren sollte die Kommission gemäß dieser Erklärung alle notwendigen
Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die politischen, sozialen und
wirtschaftlichen Gegebenheiten in allen Mitgliedstaaten in vollem Umfang
berücksichtigt werden; also auch in jenen, die kein Kommissionsmitglied stellen.
Abs. 7 entspricht
den Bestimmungen des Art. 213 Abs. 2 EGV zur Unabhängigkeit der
Kommissionsmitglieder und enthält Unvereinbarkeitsregeln (die in Art. III-347
näher ausgeführt werden; siehe die Erläuterungen dazu).
Abs. 8 legt –
entsprechend Art. 201 EGV – fest, dass die Kommission als Kollegium dem
Europäischen Parlament verantwortlich ist. Nimmt das Parlament einen
Misstrauensantrag an, so legen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr
Amt nieder. Der Außenminister legt dabei sein im Rahmen der Kommission
ausgeübtes Amt nieder.
Der Präsident der Europäischen Kommission
Zu Artikel I-27:
Abs. 1 dieses
Artikels ersetzt Art. 214 Abs. 2 EGV und sieht vor, dass der Präsident der
Europäischen Kommission auf Vorschlag des Europäischen Rates, den dieser in
Form eines Beschlusses mit qualifizierter Mehrheit fasst, vom Europäischen
Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt wird. Der Europäische Rat
hat bei seinem Vorschlag das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament zu
berücksichtigen. Erhält der vom Europäischen Rat vorgeschlagene Kandidat nicht
die erforderliche Mehrheit, so schlägt der Europäische Rat innerhalb eines
Monats einen neuen Kandidaten vor.
In diesem
Zusammenhang ist besonders auf die Erklärung Nr. 7 zu Art. I-27 hinzuweisen,
wonach das Europäische Parlament und der Europäische Rat gemeinsam für den
reibungslosen Ablauf der Wahl des Kommissionspräsidenten verantwortlich sind.
Dementsprechend werden Vertreter des Europäischen Parlaments und des
Europäischen Rates die erforderlichen Konsultationen durchführen. Die
Konsultationen betreffen das Profil der Kandidaten. Die Einzelheiten dieser
Konsultationen werden zu gegebener Zeit einvernehmlich zwischen dem
Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat festgelegt werden.
Abs. 2 legt fest,
dass der Rat - im Einvernehmen mit dem gewählten Kommissionspräsidenten - die
Liste jener Persönlichkeiten annimmt, die er, auf Grundlage der Vorschläge der
Mitgliedstaaten, als Mitglieder der Kommission vorschlägt.
Abs. 3 normiert
die Aufgaben und Befugnisse des Kommissionspräsidenten. Er legt die Leitlinien
fest, nach denen die Kommission ihre Aufgaben ausübt, beschließt über die
interne Organisation der Kommission und ernennt, mit Ausnahme des Außenministers
der Union, die Vizepräsidenten der Kommission aus dem Kreis der
Kommissionsmitglieder (entspricht Art. 217 Abs. 3 EGV). Des Weiteren ist in
Art. I-27 vorgesehen, dass ein Mitglied der Kommission sein Amt niederlegt,
wenn es vom Präsidenten dazu aufgefordert wird. Für den Außenminister gilt
gemäß Art. I-28 ein spezielles Verfahren.
Der Außenminister der Union
Zu Art. I-28:
Der Artikel
enthält grundlegende Bestimmungen zur Bestellung und zu den Aufgabenbereichen
der neu geschaffenen Funktion des Außenministers der Union. Ein Gesamtbild über
alle Aspekte seiner Bestellung und Aufgaben ergibt sich aber nur in
Zusammenhang mit Art. I-22 über den Präsidenten des Europäischen Rates, Art.
I-26 und I-27 sowie Art. III-347 bis III-353 über die Europäische Kommission
und mit dem gesamten Titel V von Teil III des Verfassungsvertrages (Art.
III-292 bis Art. III-329) über das auswärtige Handeln der Union (siehe dortige
Erläuterungen).
Gemäß Abs.1 wird
der Außenminister der Union vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit
und mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission ernannt und kann nach dem
gleichen Verfahren – gegebenenfalls auch auf Verlangen des
Kommissionspräsidenten – entlassen werden. Zudem ergibt sich aus Art. I-27 Abs.
2, dass er sich gemeinsam mit dem Kommissionspräsidenten und den übrigen
Mitgliedern der Kommission dem Zustimmungsvotum des Europäischen Parlaments zu
stellen hat.
Gemäß Abs. 2
leitet der Außenminister der Union die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik. Diese (einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und
Verteidigungspolitik) führt er im Auftrag des Rates durch. Außerdem trägt er
durch seine Vorschläge zur Entwicklung dieser Politik bei.
Abs. 3 legt fest,
dass der Außenminister der Union ständig den Vorsitz im Rat „Auswärtige Angelegenheiten“
führt. Gemäß Abs. 4 ist der Außenminister auch einer der Vizepräsidenten der
Kommission. Er sorgt – durch seine Verankerung in Rat und Kommission – für die
Kohärenz des gesamten auswärtigen Handelns der Union. Innerhalb der Kommission
ist er mit deren Zuständigkeiten im Bereich der Außenbeziehungen betraut – d.h.
er übernimmt das Portfolio des
„Außenkommissars“ – und koordiniert die übrigen Aspekte des auswärtigen
Handelns der Union. Als Mitglied der Kommission ist er an deren kollegiale Verfahren
gebunden, soweit sich dies mit seinen Verantwortlichkeiten im Bereich der
Gemeinsamen Außen und Sicherheitspolitik vereinbaren lässt.
Der Gerichtshof der Europäischen Union
Zu Artikel I-29:
Die Bezeichnung
des gerichtlichen Unionsorgans in seiner Gesamtheit wird in Abs. 1 zu
„Gerichtshof der Europäischen Union“ geändert (bislang: „Gerichtshof“), jene
seiner Bestandteile in „Gerichtshof“ (für den EuGH, bislang: „Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften“) und „Gericht“ (für das EuGI, bislang „Gericht
erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften“). Die beigeordneten
„gerichtlichen Kammern“ werden zu „Fachgerichten“. Es wird ferner ausdrücklich
die Verpflichtung der Mitgliedstaaten verankert, die erforderlichen
Rechtsbehelfe zu schaffen, damit ein wirksamer Rechtsschutz in den vom
Unionsrecht erfassten Bereichen gewährleistet ist.
Die Zahl der
Richter und Generalanwälte am Gerichtshof und am Gericht bleibt in Abs. 2
ebenso unverändert wie die Ernennungsvoraussetzungen und weitgehend das
Ernennungsverfahren (mit Ausnahme der Einschaltung eines Ausschusses, siehe
dazu Art. III-357).
Abs. 3 enthält
eine gegenüber dem geltenden Recht inhaltlich unveränderte abstrakte
Umschreibung der Zuständigkeit des Gerichtshofs nach verschiedenen
Verfahrensarten (Klageverfahren, Vorabentscheidung, sonstige Verfahren). Hinter
dieser allgemeinen Formulierung verbergen sich allerdings die im allgemeinen
Teil der Erläuterungen umschriebenen Ausweitungen der Zuständigkeiten des
Gerichtshofs der Europäischen Union, welche sich aus der weitgehenden
Abschaffung der bisherigen Besonderheiten der Dritten Säule, der Erweiterung
der Politikbereiche, in denen gemäß Art. III-365 anfechtbare Rechtsakte
erlassen werden, sowie der Einführung eines neuen Verfahrens zur Überprüfung
der Einhaltung der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit
ergeben.
KAPITEL II
Die sonstigen
Organe und die beratenden Einrichtungen der Union
Die
Europäische Zentralbank
Zu Artikel I-30:
Diese Bestimmung übernimmt
zentrale Bestimmungen des EGV und verweist auf – gegenüber dem EGV inhaltlich
unverändert übernommene – nähere Bestimmungen im Teil III und im „Protokoll zur
Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen
Zentralbank“ (siehe Erläuterung zum Protokoll Nr. 4).
Abs. 1 normiert
entsprechend Art. 107 Abs. 1 EGV, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken
das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) bilden. Erstmals definiert wird
der Begriff „Eurosystem“, den der
EZB-Rat seit 1998 in seiner Kommunikation mit der Öffentlichkeit
verwendet. Die EZB und die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten deren
Währung der Euro ist, bilden das Eurosystem und betreiben die Währungspolitik
der Union. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Währungspolitik für
die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gemäß Art. I-13 Abs. 1 lit. c
unter die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union fällt. Bereits in Art. I-8
wird der Euro als Währung der Union unter den Symbolen der Union aufgelistet.
Abs. 2 normiert
entsprechend Art. 107 Abs. 3 EGV, dass das ESZB von den Beschlussorganen der
EZB (Rat und Direktorium) geleitet wird und mit seiner Tätigkeit das vorrangige
Ziel der Preisstabilität verfolgt. Unbeschadet dieses Zieles unterstützt es die
allgemeine Wirtschaftspolitik der Union, um zur Verwirklichung der Ziele der
Union beizutragen (entspricht Art. 105 Abs. 1 EGV). Die Bestimmung wird in Art.
III-185 wiederholt.
Abs. 3 normiert
entsprechend Art. 107 Abs. 2 EGV die Organstellung der EZB und weist ihr
Rechtspersönlichkeit zu. Sie allein ist befugt, die Ausgabe des Euro zu
genehmigen. Sie ist in der Ausübung ihrer Befugnisse und in der Verwaltung
ihrer Mittel unabhängig. Die Organe, Einrichtungen und sonstige Stellen der
Union sowie die Regierungen der Mitgliedstaaten achten diese Unabhängigkeit.
Abs. 4 verweist
hinsichtlich aller weiteren Aufgaben der EZB auf Teil III des
Verfassungsvertrages und auf das Protokoll zur Festlegung der Satzung des Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank (siehe die
Erläuterung zum Protokoll Nr. 4). Festgehalten wird, dass entsprechend diesen
näheren Bestimmungen Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, sowie
deren Zentralbanken ihre Zuständigkeiten im Währungsbereich behalten.
Abs. 5 entspricht
der Bestimmung des Art. 105 Abs. 4 EGV (Recht auf Anhörung und Stellungnahme
der EZB). Diese Bestimmung wird durch Art. III-185 konkretisiert.
Abs. 6 verweist
auf Detailregelungen zur Zusammensetzung und Arbeitsweise der Beschlussorgane
in Teil III des Verfassungsvertrages und auf das „Protokoll zur Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ (siehe
Erläuterung zum Protokoll Nr. 4).
Der Rechnungshof
Zu Artikel I-31:
Abs. 1 gibt dem
Rechnungshof – wie bislang Art. 7 Abs. 1 EGV – Organstatus und definiert als
seine Aufgabe – wie bisher Art. 246 EGV – „die Rechnungsprüfung der Union“.
Abs. 2 greift folgende Leitelemente aus Art. 248 EGV heraus:
- Der
Rechnungshof prüft die Einnahmen- und Ausgabenrechnung der Union;
- Er
überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung.
Abs. 3 entspricht
Art. 247 Abs. 1 EGV (der Rechnungshof besteht aus einem Staatsangehörigen je
Mitgliedstaat) und Art. 247 Abs. 4, 1. Satz, EGV (Mitglieder des Rechnungshofes
üben ihre Aufgaben in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Union
aus).
Weitere Detailbestimmungen zum Rechnungshof finden
sich in den Art. III-384 und III-385.
Die beratenden Einrichtungen der Union
Zu Artikel I-32:
Die Bestimmung
enthält einige grundsätzliche Regelungen zum Ausschuss der Regionen und zum
Wirtschafts- und Sozialausschuss, die in den Art. III-386 bis III-392 näher
ausgeführt werden.
Gemäß Abs. 1 beraten die beiden Ausschüsse das Europäische
Parlament, den Rat und die Kommission.
Die Abs. 2 bis 5
sind in Zusammenhang mit den Art. III-386 bis III-392 zu lesen (siehe die
diesbezüglichen Erläuterungen).
Ausübung der Zuständigkeiten der Union
Die
Rechtsakte der Union
Zu Artikel I-33:
In den derzeitigen
Verträgen gibt es neben den verschiedenen Instrumenten der Ersten Säule (Verordnung,
Richtlinie, Entscheidung, Empfehlung und Stellungnahme), der Zweiten Säule
(Allgemeine Leitlinie, Gemeinsame Strategie, Gemeinsame Aktion, Gemeinsamer
Standpunkt) und der Dritten Säule (Gemeinsamer Standpunkt, Rahmenbeschluss,
Beschluss, Übereinkommen) eine Vielzahl an Handlungsformen und Instrumenten,
deren Rechtswirkungen oft unklar sind und die relativ beliebig verwendet
werden. Im Interesse der Transparenz und der Rechtssicherheit wird genauer
festgelegt, wie, wann und mit welchen Mitteln die Union handeln kann: Daher
werden die Instrumente der Union vereinfacht, zahlenmäßig beschränkt und genau
festgelegt. Die besonderen Handlungsformen der Zweiten und Dritten Säule werden
abgeschafft. Die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Instrumente der Union
gehört zu den wichtigsten formalen Neuerungen der Verfassung.
Art. I-33
definiert sechs Rechtsaktformen, welche die Organe der Union ausschließlich zu
verwenden haben:
Gesetzgebungsakte
sind das Europäische Gesetz und das Europäische Rahmengesetz. Diese werden im
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren auf Vorschlag der Europäischen Kommission
erlassen.
Das Europäische
Gesetz entspricht der bisherigen Verordnung. Es besitzt allgemeine Geltung, ist
in allen seinen Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Das Europäische Rahmengesetz entspricht der bisherigen Richtlinie: Es ist für
jeden Mitgliedstaat, an den es gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden
Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der
Form und der Mittel.
Rechtsakte ohne
Gesetzescharakter sind die Europäische Verordnung und der Europäische
Beschluss. Die Europäische Verordnung ist ein Rechtsakt ohne Gesetzescharakter
mit allgemeiner Geltung; sie dient der Durchführung der Gesetzgebungsakte und
einzelner Bestimmungen der Verfassung. Sie gilt entweder unmittelbar, wie die
derzeitige Verordnung, oder aber ist von den Mitgliedstaaten umzusetzen, wie
die heutige Richtlinie. Allein aus seiner Bezeichnung ist somit die Rechtswirkung
einer Verordnung – ob direkt anwendbar oder nicht – nicht mehr ableitbar. Der
Europäische Beschluss wird im Vergleich zum dzt. Beschluss (bzw. der
Entscheidung) weiter definiert, da er sich nicht nur an bestimmte einzelne
Adressaten richten kann, sondern auch an einen unbestimmten Adressatenkreis; in
ersterem Fall ist er nur für diese verbindlich. Der Europäische Beschluss tritt
auch an Stelle der bisherigen Rechtsakte der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik und ist die im Bereich der GASP zu verwendende
Rechtsaktform.
Mit der
Unterscheidung zwischen Gesetzgebungsakten und Rechtsakten ohne
Gesetzescharakter, die hauptsächlich zur Durchführung von Gesetzgebungsakten
dienen, wird eine Normenhierarchie eingeführt.
Nicht verbindliche Rechtsakte der Union sind die
Empfehlung und die Stellungnahme.
Gemäß Abs. 2
dürfen das Europäische Parlament und der Rat wenn sie mit dem Entwurf eines
Gesetzgebungsaktes befasst worden sind, keine anderen Akte annehmen als die
ausdrücklich vorgesehenen. So kann der Rat z.B. keine Empfehlungen annehmen, wenn ausdrücklich die
Annahme eines Gesetzes vorgesehen ist.
Gesetzgebungsakte
Zu Artikel I-34:
Abs. 1 präzisiert,
dass Europäisches Gesetz und Rahmengesetz im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
nach Artikel III-396 auf Vorschlag der Kommission vom Europäischen Parlament
und vom Rat gemeinsam erlassen werden. Rat und Parlament sind gleichberechtigte
Mitgesetzgeber. Gelangen die beiden Organe nicht zu einer Einigung, so kommt
der betreffende Gesetzgebungsakt nicht zustande.
Abs. 2 definiert
die Ausnahmen vom Grundsatz des Abs. 1. Nur in bestimmten, in der Verfassung
vorgesehenen Fällen kann ein Gesetzgebungsakt anders als im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Im Fall eines solchen besonderen
Gesetzgebungsverfahrens wird der Gesetzgebungsakt vom Europäischen Parlament
mit Beteiligung des Rates oder vom Rat mit Beteiligung des Europäischen
Parlaments erlassen.
Abs. 3 sieht
Ausnahmen vom grundsätzlichen Initiativmonopol der Europäischen Kommission im
Gesetzgebungsverfahren vor. Nur in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen
Fällen können Europäisches Gesetz und Rahmengesetz auf Initiative einer Gruppe
von Mitgliedstaaten oder des Europäischen Parlaments, auf Empfehlung der
Europäischen Zentralbank oder auf Antrag des Gerichtshofs oder der Europäischen
Investitionsbank erlassen werden. Die wesentlichste Ausnahme gilt für die
strafrechtliche und polizeiliche Zusammenarbeit im Bereich des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts; hier hat, neben der Kommission, ein
Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht. Bei den anderen Ausnahmen
handelt es sich großteils um Fälle, in denen ein Organ ein Initiativrecht für
einen Rechtsakt hat, der seine innere Organisation betrifft. Das im EGV
vorgesehene Initiativmonopol der Kommission im Bereich der Gesetzgebung bleibt
somit zur Wahrung der Gesamtinteressen der Union bis auf wenige, konkret
definierte Ausnahmen erhalten und gilt grundsätzlich für alle Politikbereiche
(vgl. auch Erläuterungen zu Art. III-395).
Rechtsakte ohne Gesetzescharakter
Zu Artikel I-35:
Die Bestimmung
legt fest, welche Rechtsakte ohne Gesetzescharakter von welchem Organ erlassen
werden können. Für Rechtsakte ohne Gesetzescharakter gilt das Initiativmonopol
der Europäischen Kommission nicht allgemein, die Kommission hat ein
Vorschlagsrecht, wenn die konkrete Rechtsgrundlage dies festhält. Auch das
jeweils anzuwendende Verfahren (einstimmige Beschlussfassung oder qualifizierte
Mehrheit, Beteiligung des Europäischen Parlaments oder anderer Organe etc.)
ergibt sich für Rechtsakte ohne Gesetzescharakter aus der jeweiligen
Rechtsgrundlage.
Die „Delegierte
Verordnung (Art. I-36) und „Durchführungsrechtsakte“ (Art. I-37) –
Durchführungsverordnung und Durchführungsbeschluss – sind Rechtsakte ohne
Gesetzescharakter, für die besondere Entstehungsbedingungen gelten.
Der Europäische
Rat wird gemäß Art. I-21 Abs. 1 nicht gesetzgeberisch tätig und hat auch keine
durchführenden Aufgaben, entsprechend sieht Abs. 1 vor, dass er in den in der
Verfassung vorgesehenen Fällen Europäische Beschlüsse erlässt.
Gemäß Abs. 2
können der Rat, die Kommission und in bestimmten, in der Verfassung vorgesehenen
Fällen die Europäische Zentralbank Europäische Verordnungen und Europäische
Beschlüsse erlassen.
Empfehlungen
können gemäß Abs. 3 der Rat, die Kommission und – wiederum in bestimmten, in
der Verfassung vorgesehenen Fällen – die Europäische Zentralbank abgeben; der
Rat ist in Fällen, in denen er nach Maßgabe der Verfassung Rechtsakte auf
Vorschlag der Kommission erlässt, auch bei der Abgabe von Empfehlungen an die
Vorschläge der Kommission gebunden.
Delegierte Europäische Verordnungen
Zu Artikel I-36:
Delegierte
Europäische Verordnungen sind Europäische Verordnungen, welche die Kommission
erlassen kann, wenn ihr dazu die Befugnis in einem Europäischen Gesetz oder
Rahmengesetz übertragen wird. Der Zweck einer solchen Delegation ist die
Ergänzung oder Änderung bestimmter nicht wesentlicher Vorschriften des
betreffenden Gesetzes oder Rahmengesetzes. Eine Befugnisübertragung für die
wesentlichen Aspekte eines Bereichs ist ausgeschlossen. Die delegierte
Verordnung steht somit in der Normenhierarchie unter dem jeweiligen
delegierenden Gesetzgebungsakt und wird durch diesen bedingt. Ziele, Inhalt,
Geltungsbereich und Dauer der Befugnisübertragung werden im delegierenden
Gesetzgebungsakt ausdrücklich festgelegt.
Um die Kontrolle
des Gesetzgebers über delegierte Verordnungen zu wahren, bestimmt Abs. 2, dass
die Bedingungen, unter denen die Übertragung erfolgt, in Europäischen Gesetzen
oder Rahmengesetzen ausdrücklich festgelegt werden. Zwei konkrete Möglichkeiten
für die Ausübung der Kontrolle werden vorgegeben: Erstens, der Widerruf der
Delegation durch den Gesetzgeber; zweitens die Möglichkeit, dass eine
delegierte Verordnung nur in Kraft treten kann, wenn das Europäische Parlament
oder der Rat innerhalb einer im delegierenden Gesetzgebungsakt festgelegten
Frist keine Einwände dagegen erhebt. Als Beschlussfassungserfordernis für die
in Abs. 2 definierten Möglichkeiten wird qualifizierte Mehrheit im Rat und die
Mehrheit der Mitglieder des Parlaments vorgeschrieben.
Durchführungsrechtsakte
Zu Artikel I-37:
Gemäß Abs. 1
dieser Bestimmung verbleibt die Zuständigkeit zur Durchführung des
Unionsrechts, wie schon gemäß Art. 10 Abs. 1 erster Satz des EGV, grundsätzlich
bei den Mitgliedstaaten. Diese ergreifen alle zur Durchführung der
verbindlichen Rechtsakte der Union erforderlichen Maßnahmen nach
innerstaatlichem Recht.
Wenn es jedoch
einheitlicher Bedingungen für die Durchführung der verbindlichen Rechtsakte
der Union bedarf, gibt es nach Abs. 2 die Möglichkeit, der Kommission im
jeweiligen Rechtsakt Durchführungsbefugnisse zu übertragen. Dem Rat können
solche Durchführungsbefugnisse nur in entsprechend begründeten Sonderfällen
und in den Fällen nach Artikel I-40 übertragen werden. Diese Bestimmung
ersetzt Art. 202 EGV (dritter Anstrich) und entspricht der Auslegung dieser
Bestimmung durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs insofern, als
der Rat nur in Ausnahmefällen Durchführungsbefugnisse sich selbst vorbehalten
darf.
Die konkrete
Ausgestaltung der Modalitäten für die Übertragung von Durchführungsbefugnissen,
insbesondere allgemeine Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten
die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission
kontrollieren, werden gemäß Abs. 3 im Voraus in einem Europäischen Gesetz
festgelegt.
Durchführungsrechtsakte
sind Europäische Durchführungsverordnungen oder Europäische
Durchführungsbeschlüsse.
Gemeinsame Grundsätze für die Rechtsakte der Union
Zu Artikel I-38:
Im Allgemeinen
schreibt jede Rechtsgrundlage der Verfassung die Art des Rechtsakts vor, der
auf seiner Grundlage erlassen werden kann. Auch das stellt eine wichtige
Neuerung der Verfassung im Sinne der Transparenz und der Vorhersehbarkeit dar,
da im EUV und im EGV zumeist die Form des zu erlassenden Rechtsakts offen
bleibt und die Organe daher beliebig die jeweiligen Instrumente wählen können.
Für die Fälle, in
denen die Verfassung in einer Rechtsgrundlage kein konkretes Rechtsinstrument
vorschreibt, gilt gemäß Abs. 1 dieser Bestimmung, dass die Organe über die Art
des Rechtsakts von Fall zu Fall, jedoch unter Einhaltung der geltenden Verfahren
und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nach Artikel I-11 entscheiden.
Abs. 2 entspricht
Art. 253 EGV. Die Rechtsakte sind mit einer Begründung zu versehen und nehmen
auf die in der Verfassung vorgesehenen Vorschläge, Initiativen, Empfehlungen,
Anträge oder Stellungnahmen Bezug.
Veröffentlichung und Inkrafttreten
Zu Artikel I-39:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 254 EGV und wird lediglich den formellen Vorgaben der
Verfassung (Unterscheidung zwischen Gesetzgebungsakten und Rechtsakten ohne
Gesetzescharakter) angepasst.
Für
Gesetzgebungsakte ist vorgeschrieben, dass sie vom Präsidenten des Europäischen
Parlaments und vom Präsidenten des Rates unterzeichnet werden, wenn sie im
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen wurden; wurden sie in einem
besonderen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so unterzeichnet der Präsident des
jeweiligen Gesetzgebungsorgans. Ebenso werden Europäische Beschlüsse, die an
keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, sowie Europäische Verordnungen vom
Präsidenten des Organs, das sie erlassen hat, unterzeichnet.
In Kraft treten
Europäische Gesetze, Rahmengesetze, Verordnungen sowie Beschlüsse, die an
keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, zu dem durch sie festgelegten
Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung.
Europäische
Beschlüsse mit einem bestimmten Adressatenkreis werden denjenigen, für die sie
bestimmt sind, bekannt gegeben und durch diese Bekanntgabe wirksam (sie werden
nicht im Amtsblatt veröffentlicht).
Besondere
Bestimmungen über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Zu Artikel I-40:
Dieser Artikel
enthält die besonderen Bestimmungen zur Ausübung der der Union entsprechend
Art. I-12 Abs. 4 und Art. I-16 übertragenen Zuständigkeiten im Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Auf der Basis dieses Artikels
und der Detailbestimmungen in Teil III, Titel V, Kapitel II des
Verfassungsvertrages gelten für die GASP einschließlich der GSVP – unbeschadet
der Abschaffung der Säulenstruktur – eine Reihe von formalrechtlichen
Sonderbestimmungen, die mit gewissen Abänderungen aus dem EUV übernommen
werden.
Abs. 1 bestimmt,
dass die Union eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik verfolgt, die auf
einer Entwicklung der gegenseitigen politischen Solidarität der Mitgliedstaaten
beruht, und der Ermittlung von Fragen allgemeiner Bedeutung und der Erreichung
einer immer stärkeren Konvergenz des Handelns der Mitgliedstaaten beruht.
Abs. 2 entspricht
Art. 13 EUV Abs. 1 und Abs. 3 UAbs. 1. Der Europäische Rat bestimmt die
strategischen Interessen der Union und legt die Ziele der GASP fest. Der Rat
gestaltet diese Politik im Rahmen der vom Europäischen Rat festgelegten
strategischen Leitlinien in Übereinstimmung mit Teil III. Die formalen
Detailbestimmungen hiezu finden sich in Art.III-295 (siehe dortige
Erläuterungen).
Gemäß Abs. 3
bedienen sich der Europäische Rat und der Rat bei der Festlegung der
Unionspolitik im Bereich der GASP der nicht-legislativen Rechtsaktform des
Europäischen Beschlusses.
Gemäß Abs. 4
obliegt die Durchführung der GASP dem Außenminister der Union und den
Mitgliedstaaten, wobei diese sowohl auf einzelstaatliche Mittel als auch auf
Mittel der Union zurückgreifen.
Abs. 5 ergänzt und
präzisiert Art. 11 Abs. 2 und Art.16 EUV, indem festgelegt wird, dass sich die
Mitgliedstaaten im Europäischen Rat und im Rat zu jeder gemeinsamen- und
außenpolitischen Frage von allgemeiner Bedeutung abstimmen, um ein gemeinsames
Vorgehen festzulegen. Bevor ein Mitgliedstaat auf internationaler Ebene auf
eine Weise tätig wird, die die Interessen der Union berühren könnte, oder eine
Verpflichtung eingeht, konsultiert er die anderen Mitgliedstaaten im
Europäischen Rat oder im Rat. Auf diese Weise gewährleisten die Mitgliedstaaten
durch konvergentes Handeln, dass die Union ihre Interessen und ihre Werte auf
internationaler Ebene geltend machen kann. Die Mitgliedstaaten sollen
untereinander solidarisch sein.
Gemäß Abs. 6
unterliegt die Annahme von Europäischen Beschlüssen im Bereich der GASP –
sofern keiner der in Art. III-300 Abs. 2 angeführten Sonderfälle vorliegt oder
in einem konkreten Verfassungsartikel ausdrücklich anderes bestimmt wird der
Einstimmigkeit. Diese formale „lex specialis“ derogiert für den Bereich der
GASP (Titel V, Kapitel II von Teil III des Verfassungsvertrages) den
allgemeinen Regeln von Art. I-21 Abs. 4 und Art. I-23 Abs. 3, wonach der
Europäische Rat im Konsens und der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließt,
soweit in der Verfassung nicht ausdrücklich anderes festgelegt ist. Das
Initiativrecht kommt in der GASP den einzelnen Mitgliedstaaten, dem
Außenminister der Union und dem Außenminister der Union mit Unterstützung der
Kommission zu. Dies wird in Art. III-299 Abs.1 nochmals bekräftigt.
Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze oder Rahmengesetze) werden für die
Festlegung der GASP als Rechtsakte ausgeschlossen.
Abs. 7 enthält
eine „spezifische Passerelle“ für die GASP – die in Art. III-300 Abs. 3
spezifiziert wird, derzufolge der Europäische Rat einstimmig einen Europäischen
Beschluss erlassen kann, wonach der Rat in anderen als in den in Art. III-300
Abs. 2 genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Der wesentliche
Unterschied zum vereinfachten Änderungsverfahren („allgemeine Passerelle“)
gemäß Art. IV-444 besteht darin, dass beim vereinfachten Änderungsverfahren die
Unterrichtung sowie ein Vetorecht der nationalen Parlamente vorgesehen ist.
Abs. 8 entspricht
im Wesentlichen Art. 21 EUV und wird in Art. III-304 weiter ausgeführt. Das
Europäische Parlament wird zu den wichtigsten und grundlegenden
Weichenstellungen der GASP gehört und über ihre Entwicklung auf dem Laufenden
gehalten.
Besondere
Bestimmungen über die Gemeinsame
Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Zu Artikel I-41:
Abs. 1 führt den
Begriff der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) in den
Verfassungsvertrag ein. Die GSVP
ist demnach ein integraler Bestandteil der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik (GASP). In ihrem Rahmen stellen die Mitgliedsstaaten der
Union zivile und militärische Mittel für Einsätze außerhalb der Union zum
Zwecke der Friedenssicherung, Konfliktverhütung und Stärkung der
internationalen Sicherheit in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vereinten
Nationen zur Verfügung.
Abs. 2 UAbs. 1
baut auf der bereits in den Art. I-12 Abs. 4 festgehaltenen Zuständigkeit der
Union für „die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik“,
die gemäß Art. I-16 Abs. 1 „zu einer gemeinsamen Verteidigung führen kann“, auf
und sieht hinsichtlich der Ausübung dieser Zuständigkeit vor, dass die
schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik „zu einer
gemeinsamen Verteidigung führt, sobald der Europäische Rat dies einstimmig
beschlossen hat.“ In diesem Fall empfiehlt der Europäische Rat den
Mitgliedstaaten, einen diesbezüglichen Beschluss im Einklang mit ihren
verfassungsrechtlichen Vorschriften zu erlassen. Die Union ist somit in der
GSVP verpflichtet, das Ziel einer gemeinsamen Verteidigung zu verfolgen, es
bleibt aber die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, den Übergang von der
gemeinsamen Verteidigungspolitik zur gemeinsamen Verteidigung zu beschließen.
Allerdings wird das Ziel einer gemeinsamen Verteidigung deklaratorisch
festgelegt, während in Art. 17 Abs.1 EUV eine gemeinsame Verteidigung nur als
mögliches Ziel der GSVP vorgesehen wird.
Gemäß UAbs. 2
berührt die Politik der Union nach diesem Artikel nicht den besonderen
Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten
und achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer
Mitgliedschaft in der NATO ergeben.
Abs. 3 sieht vor,
dass zu den von den Mitgliedsstaaten der Union als Beitrag zu den vom Rat
festgelegten Zielen zur Verfügung gestellten zivilen und militärischen
Fähigkeiten auch von mehreren Mitgliedsstaaten zusammen aufgestellte
multinationale Streitkräfte gehören können. Die Mitgliedsstaaten verpflichten
sich zur schrittweisen Verbesserung der militärischen Fähigkeiten. U.a. ist zur
Bedarfserhebung und Ermittlung von Maßnahmen zur Bedarfsdeckung eine
Europäische Verteidigungsagentur vorgesehen, die bereits mit der Gemeinsamen
Aktion des Rates vom 12. Juli 2004 eingerichtet wurde.
Abs. 4 sieht
Einstimmigkeit für alle Europäischen Beschlüsse zur GSVP, inkl. denjenigen zur
Einleitung einer Mission, vor. Die Beschlussfassung erfolgt auf Initiative des
Außenministers oder eines Mitgliedstaates. Der Außenminister kann
gegebenenfalls gemeinsam mit der Kommission den Rückgriff auf einzelstaatliche Mittel
sowie auf Instrumente der Union vorschlagen.
Abs. 5 sieht
erstmals die Möglichkeit vor, dass der Rat einstimmig eine Gruppe von
Mitgliedsstaaten mit der Durchführung einer Mission der Union beauftragt. Die
betroffenen Mitgliedstaaten informieren entsprechend Art. III-310 die anderen
Mitgliedsstaaten und befassen den Rat bei zu erwartenden schwerwiegenden
Konsequenzen oder wenn die weitere Durchführung der Mission neue Beschlüsse des
Rates erforderlich macht.
Nach Abs. 6 können
Mitgliedsstaaten, die im militärischen Bereich anspruchsvollere Kriterien
erfüllen und zur Durchführung von Missionen mit höchsten Anforderungen
untereinander weitergehende Verpflichtungen eingegangen sind, eine Ständige
Strukturierte Zusammenarbeit eingehen. Es handelt sich dabei um ein neues
Instrument der GSVP. Die Zusammenarbeit erfolgt nach den Bestimmungen von Art.
III-312 (Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit zur Einrichtung
der Strukturierten Zusammenarbeit; Bestimmungen über Aufnahme und Ausscheiden von
Mitgliedsstaaten) und berührt nicht die Bestimmungen nach Art. III-309
(Beschlussfassung über Missionen).
Für den Fall eines
bewaffneten Angriffs auf das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates sieht Abs. 7
erstmals ausdrücklich vor, dass alle anderen Mitgliedsstaaten nach Art. 51 der
Satzung der Vereinten Nationen alle in ihrer Macht stehende Hilfe und
Unterstützung leisten müssen. Diese wechselseitige Beistandsgarantie lässt den
besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten
unberührt. Damit bleibt es den neutralen und bündnisfreien Mitgliedsstaaten
vorbehalten, über allfällige Beistandsleistungen dem Grunde nach bzw. über Art
und Umfang zu entscheiden. Ebenfalls unberührt bleiben die Verpflichtungen
bestimmter Mitgliedstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO
ergeben, Abs. 8 sieht eine regelmäßige Anhörung und laufende Information des
Europäischen Parlaments zu den wichtigsten Aspekten und grundlegenden
Weichenstellungen der GSVP vor.
Besondere
Bestimmungen über den Raum
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
Zu Artikel I-42:
Nachdem sich die
Union in Art. I-3 Abs. 2 das Ziel setzt einen Raum der Freiheit, der Sicherheit
und des Rechts zu schaffen und der Union in Art. I-14 Abs. 2 eine geteilte Zuständigkeit zu diesem Zweck
übertragen wird, enthält Art I-42
besondere Bestimmungen betreffend die Ausübung dieser Zuständigkeit.
Abs. 1 beschreibt
die Hauptformen der Unionstätigkeit in diesem Bereich: Rechtsangleichung (durch
den Erlass von Europäischen Gesetzen und Rahmengesetzen, werden, soweit erforderlich,
die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den in Teil III genannten
Bereichen einander angeglichen), gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen
(Förderung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den zuständigen Behörden der
Mitgliedstaaten, insbesondere auf der Grundlage der gegenseitigen Anerkennung
der gerichtlichen und außergerichtlichen Entscheidungen) und operative
Zusammenarbeit (operative
Zusammenarbeit der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten einschließlich der
Polizei, des Zolls und anderer auf die Verhütung und die Aufdeckung von
Straftaten spezialisierter Behörden).
Auf die auch nach Wegfall der Dritten Säule (Titel VI EUV) bestehenden
Besonderheiten weisen die Abs. 2 und Abs. 3 hin. Gemäß Abs. 2 haben die nationalen Parlamente das Recht, sich an
der nach Art. III-260 vorgesehenen objektiven und unparteiischen Bewertung der
Durchführung der Maßnahmen in diesem Bereich zu beteiligen und werden in die
politische Kontrolle von Europol und die Bewertung der Tätigkeit von Eurojust
einbezogen.
Nach Abs. 3
verfügt im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen – neben der Kommission – ein Viertel der Mitgliedstaaten über ein
Initiativrecht (vergleiche Art. III-264).
Zu Artikel I-43:
Die Solidaritätsklausel zählt zu den Neuerungen im
Verfassungsvertrag.
Abs. 1 spricht die
Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten für den Fall an, dass ein
Mitgliedstaat von einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer von
Menschen verursachten Katastrophe betroffen ist. Die Union mobilisiert zu diesem
Zweck alle, einschließlich der ihr von den Mitgliedsstaaten zur Verfügung
gestellten militärischen Mittel. Die Union kann dabei auf Ersuchen der
politischen Organe des betroffenen Mitgliedsstaates innerhalb dessen
Hoheitsgebietes Unterstützung leisten. Im Falle drohender Terroranschläge ist
die Unterstützung zur Abwendung bzw. zum Schutz der demokratischen
Institutionen und der Zivilbevölkerung vorgesehen.
Abs. 2 verweist
bezüglich der Einzelheiten der Durchführung auf Art. III-329 (siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel).
Zu Artikel I-44:
Dieser Artikel
nennt einige wenige wesentliche materielle und formale Bedingungen, die für die
Begründung bzw. Gestaltung einer verstärkten Zusammenarbeit (vZ) generell
gelten, und verweist im Übrigen auf in Teil III des Verfassungsvertrages
enthaltene Detailbestimmungen.
Neu ist, dass
Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen nicht mehr - wie
bislang durch Art. 27b EUV – von Anwendungsgebieten der vZ ausgeschlossen
werden. Für die GASP einschließlich der GSVP gelten allerdings
besondere Bestimmungen (siehe Art. III-416 ff.).
Abs.1, 1. UAbs., stellt - in Anlehnung an die einleitende Formulierung von
Art. 43 EUV - klar, dass die Begründung einer vZ durch eine Gruppe von
Mitgliedstaaten nur im Rahmen der nicht ausschließlichen Zuständigkeiten, die
der Union durch den Verfassungsvertrag übertragen werden, erfolgen kann. Die an
einer vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten können für die Ausübung dieser
Zuständigkeiten, die entsprechend der einschlägigen Bestimmungen des
Verfassungsvertrages erfolgen muss, die Organe der Union heranziehen. Dies hat
im Einklang mit den generellen (Art. I-44) und spezifischen Bestimmungen (Art.
III-416 bis Art. III-423) des Verfassungsvertrages zur vZ zu erfolgen.
Der 2. UAbs. greift die in lit. a und j von Art. 43 EUV enthaltenen
Bestimmungen heraus: Eine vZ hat darauf ausgerichtet zu sein, die
Verwirklichung der Ziele der Union zu fördern, ihre Interessen zu schützen und
ihren Integrationsprozess zu stärken. Außerdem wird stipuliert, dass eine vZ
sowohl bei ihrer Begründung als auch später allen Mitgliedstaaten gemäß den
Detailbestimmungen in Art. III-418 offen zu stehen hat.
Abs. 2 übernimmt die Bedingung des „letzten Mittels“ (die mit der vZ
angestrebten Ziele können von der Union in ihrer Gesamtheit nicht innerhalb
eines vertretbaren Zeitraums verwirklicht werden) aus Art. 43a EUV und schreibt
als Mindestteilnehmerzahl für die Begründung einer vZ ein Drittel der
Mitgliedstaaten vor, während gemäß Art. 43 lit. u EUV mindestens acht
Mitgliedstaaten erforderlich sind. Diese Festlegung auf eine Mindestanzahl von
einem Drittel der Mitgliedstaaten - d.h. neun Mitgliedstaaten in einer EU von
25 bis 27 Mitgliedstaaten - bedeutet de facto eine leichte Anhebung der
Teilnehmerschwelle für die Begründung einer vZ. Formal wird die Ermächtigung zu
einer vZ durch einen Europäischen Beschluss des Rates gemäß dem in Art. III-419
festgelegten Verfahren erlassen.
In Abs. 3 werden generelle Beschlussfassungsmodalitäten, die innerhalb
einer vZ gelten, festgelegt.
Die UAbs. 1 und 2 sind Art. 44 Abs. 1 EUV entnommen:
- Alle
Mitglieder des Rates können an dessen Beratungen im Rahmen einer vZ teilnehmen,
aber nur die an einer vZ teilnehmenden Mitglieder des Rates nehmen an der
Abstimmung teil.
- Die
Einstimmigkeit bezieht sich allein auf die Stimmen der Vertreter der an der
Verstärkten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten.
In den UAbs. 3 und 5 wird die qualifizierte Mehrheit innerhalb einer vZ
analog zu Art. I-25 definiert:
Für diese sind mindestens 55% der beteiligten Staaten und 65% der Bevölkerung
des Teilnehmerkreises erforderlich. Für eine Sperrminorität ist mindestens die
Mindestzahl der Mitglieder des Rates, die zusammen mehr als 35 % der
Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines
Mitgliedes erforderlich. In Fällen, in denen nicht auf der Grundlage eines
Vorschlages der Kommission oder des Außenministers der Union entschieden wird,
muss eine Staatenschwelle von mindestens 72% der teilnehmenden Mitgliedstaaten
erreicht werden.
Gemäß Abs. 4 sind
an die im Rahmen einer vZ erlassenen Rechtsakte nur die an dieser Zusammenarbeit
beteiligten Mitgliedstaaten gebunden. Diese Rechtsakte gelten nicht als
Rechtsbesitzstand der Union, der von Staaten, die der Union beitreten wollen,
angenommen werden muss. Mit Ausnahme des neuen letzten Halbsatzes, der eine
Klarstellung darstellt, sind diese Bestimmungen Art. 44 EUV entnommen.
Hinsichtlich der
vZ betreffend den Schengenbesitzstand gelten die Sonderbestimmungen des
Protokolls Nr. 17 über den in den Rahmen der EU einbezogenen
Schengenbesitzstand (siehe die dortigen Erläuterungen).
Das demokratische Leben der Union
Grundsatz
der demokratischen Gleichheit
Zu Artikel I-45:
Die Bestimmung
enthält den Auftrag an die Union „in ihrem gesamten Handeln den Grundsatz der
Gleichheit ihrer Bürgerinnen und Bürger“ zu achten. Ihnen gebührt ein gleiches
Maß an Aufmerksamkeit seitens der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen
der Union.
Die Bestimmung ist
eine Ausformung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes (siehe die Art. I-2 und II-20),
wie er den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsam ist. Er wird
vom EuGH in ständiger Rechtssprechung zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen
gezählt. Daraus abzuleiten ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger von den
Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union gleich zu behandeln
sind. Adressaten sind die Institutionen der Union, die bei ihrem Tätigwerden
die unterschiedlichen Interessen der Unionsbürger grundsätzlich gleich zu
werten und bei der Politikgestaltung und Politikvollziehung ihnen gleiche
Aufmerksamkeit zu widmen haben.
Der Grundsatz der
Gleichheit ist im Verfassungsvertrag in einer Reihe weiterer Bestimmungen, zum
Teil mit unterschiedlichem sachlichem Anwendungsbereich und mit
unterschiedlichen Zielrichtungen verankert (siehe dazu insbesondere die
Ausführungen zu den Art. I-2, I-4, II-80 bis II-86, III-116, III-118, III-123,
III-124).
Grundsatz der repräsentativen Demokratie
Zu Artikel I-46:
Abs. 1 dieser
Bestimmung normiert, dass die Arbeitsweise der Union auf dem Grundsatz der
repräsentativen Demokratie beruht.
Abs. 2
konkretisiert diese Aussage. Die Bürgerinnen und Bürger sind auf Unionsebene
unmittelbar im Europäischen Parlament und die Mitgliedstaaten im Europäischen
Rat und im Rat vertreten: im Europäischen Rat durch die Staats- oder
Regierungschefs, im Rat durch Vertreter ihrer jeweiligen Regierungen. Die
Staats- und Regierungschefs und die nationalen Regierungen sind ihrerseits den
nationalen Parlamenten und somit ihren Bürgern demokratisch verantwortlich. Die
Bestimmung spiegelt das in Art. I-1 vorgesehene Prinzip der doppelten
Legitimation der Union wieder. Art. I-2 definiert die Demokratie als einen der
tragenden Werte der Europäischen Union. Nach Art. I-1 Abs. 2 steht die Union
allen europäischen Staaten offen, die die Werte der Union achten und sich
verpflichten sie gemeinsam zu fördern.
Abs. 3 bestimmt,
dass alle Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, am demokratischen Leben der
Union teilzunehmen. Entscheidungen in der Union sind so offen und bürgernah wie
möglich zu treffen.
Nachdem sich die
Teilhabe der Unionsbürger an der Ausübung der Hoheitsgewalt der Union
grundsätzlich bereits aus dem Bekenntnis zur repräsentativen Demokratie ergibt,
ist mit dem ersten Satz des Abs. 3 ganz allgemein jede weitere Form
demokratischer Meinungskundgebung angesprochen (z.B. Demonstrationsrecht,
Petitionsrecht gemäß Art. I-10 Abs. 2 lit. d, Bürgerinitiative und weitere
Aspekte der Unionsbürgerschaft). Der zweite Satz des Abs. 3 enthält die
Aufforderung an die Unionsorgane, sich bei ihren Entscheidungen an den
Grundsatz der Transparenz (siehe dazu Art. I-50) und Subsidiarität sowie an den
Interessen und Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger der Union zu
orientieren.
Gemäß Abs. 4
tragen politische Parteien auf europäischer Ebene zur Herausbildung eines
europäischen politischen Bewusstseins und zum Ausdruck des Willens der
Bürgerinnen und Bürger der Union sowie zur Realisierung einer repräsentativen
Demokratie bei. Art. III-331 stellt die konkrete Ermächtigungsnorm für ein
Europäisches Gesetz betreffend Regelungen über politische Parteien auf
europäischer Ebene („Europäisches Parteienstatut“) dar. Abs. 4 iVm Art. III-331
ist die Nachfolgeregelungen für Art. 191 EGV.
Grundsatz der partizipativen Demokratie
Zu Artikel I-47:
Die Bestimmung
ergänzt Art. I-46 um das Element der „partizipativen Demokratie“. Gemäß Abs. 1
haben die Organe den Unionsbürgern und den „repräsentativen Verbänden“ in
„geeigneter“ Weise die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten in allen Bereichen
des Handelns der Union bekannt zugeben und auszutauschen.
Gemäß Abs. 2 haben
die Organe mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft einen
„offenen, transparenten und regelmäßigen Kontakt“ zu pflegen.
Die oben genannten
Vorschriften enthalten einen Auftrag an die Organe mit der Zivilgesellschaft
einen kontinuierlichen Dialog zu pflegen und deren Standpunkte in ihre
Tätigkeit – im Sinne eines möglichst bürgernahen Handelns – einfließen zu
lassen. Der Auftrag an die Organe ist in zweifacher Weise formuliert.
Einerseits sollen die Organe den Bürgern und den repräsentativen Verbänden
offen gegenüber stehen und deren Beiträgen Beachtung schenken, andererseits
sollen die Organe aktiv auf die repräsentativen Verbände der Zivilgesellschaft
zugehen und den Dialog mit ihnen suchen.
Abs. 3 enthält
eine an die Kommission gerichtete Verpflichtung umfangreiche Anhörungen der
„Betroffenen“ durchzuführen, um die „Kohärenz und die Transparenz“ des Handelns
der Union zu gewährleisten. Diese Bestimmung ist darauf gerichtet, dass die
Kommission in Vorbereitung von Legislativakten die durch diese Akte unmittelbar
Betroffenen zu den geplanten Maßnahmen anhört.
Abs. 4 gibt einer
Million Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern aus einer „erheblichen Anzahl von
Mitgliedstaaten“ das Recht, die Initiative zu ergreifen und die Kommission
aufzufordern, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten Vorschläge zu Themen zu
unterbreiten, zu denen es nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger eines
Rechtsaktes bedarf, um die Verfassung umzusetzen. Die Bedingungen und Verfahren
für eine solche Initiative sind durch Europäisches Gesetz näher festzulegen.
Durch diese Bestimmung wird ein Instrument neu eingeführt, dass der in der
österreichischen Bundes-Verfassung erwähnten Einrichtung eines Volksbegehrens
ähnlich ist. Dadurch wird das Prinzip der repräsentativen Demokratie durch ein
direktdemokratisches Element ergänzt.
Art. I-47 zielt in
seiner Gesamtheit auf die langjährigen Forderungen nach stärkerer
Demokratisierung und Bürgernähe der Union ab. Diesem Anspruch wird nicht nur
durch Einführung eines direktdemokratischen Elementes Rechnung entsprochen,
sondern insbesondere auch durch umfangreiche Anhörungs- und
Konsultationsverpflichtungen gegenüber der Zivilgesellschaft.
Die
Sozialpartner und der autonome soziale
Dialog
Zu Artikel I-48:
Gemäß dieser
Bestimmung anerkennt und fördert die Union die Rolle der Sozialpartner auf
Unionsebene. Sie hat dabei die Unterschiedlichkeit der nationalen Systeme zu
berücksichtigen. Die Union fördert den sozialen Dialog unter Achtung der
Autonomie der Sozialpartner. Ein „Dreigliedriger Sozialgipfel“ für Wachstum und
Beschäftigung soll zum sozialen Dialog beitragen.
Diese Bestimmung
betont, dass die Rolle der Sozialpartner seitens der Union anerkannt wird und
von ihr zu fördern ist, ohne dass in die Autonomie der Sozialpartner
eingegriffen werden darf. Bislang spielen die Sozialpartner nur im Rahmen der
Sozialpolitik eine Rolle (vgl. Art. 138 EGV), nun wird ihnen allgemeine
Bedeutung zuerkannt. Mit dem „Dreigliedrigen Sozialgipfel“ wird eine bestehende
Einrichtung im Verfassungsvertrag primärrechtlich verankert.
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Zu Artikel I-49:
Art. I-49 richtet
das Amt des Bürgerbeauftragten ein, der vom Europäischen Parlament gewählt
wird. Seine Aufgabe liegt in der Entgegennahme von Beschwerden über Missstände
bei der Tätigkeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union.
Der Bürgerbeauftragte untersucht diese Beschwerden und erstattet darüber
Bericht. Er übt sein Amt in völliger Unabhängigkeit aus.
Die Einrichtung
dieses Amtes dient der Gewährleistung von Transparenz und Bürgernähe in der
Union und in ihren Organen.
Die Bestimmung
übernimmt die wesentlichen Elemente des Art. 195 Abs. 1 EGV. Die
Detailbestimmungen finden sich in Art. III-135.
Transparenz
der Arbeit der Organe,
Einrichtung und sonstigen Stellen der
Union
Zu Artikel I-50:
Gemäß Abs. 1
handeln die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union unter
weitestgehender Beachtung des Grundsatzes der Offenheit. Dieses Gebot dient der
Förderung einer „verantwortungsvollen Verwaltung“ und stellt die Voraussetzung
für die Beteiligung der Zivilgesellschaft dar. Insofern knüpft diese Bestimmung
inhaltlich an Art. I-47 an.
Gemäß Abs. 2 tagt
das Europäische Parlament stets öffentlich. Dies gilt auch für den Rat, wenn er
über Entwürfe zu Gesetzgebungsakten berät oder abstimmt (siehe Erläuterungen zu
Art. I-24 Abs. 6). Diese Bestimmung ist eine Fortsetzung der seit dem Vertrag
von Amsterdam eingeleiteten Entwicklung (siehe Art. 207 Abs. 3 EGV sowie die
Art. 7 bis 10 GeoRat). Sie normiert die grundsätzliche Öffentlichkeit der
Tagungen des Rates, wenn er als Gesetzgeber tätig wird. In Verbindung mit Art.
III-399 Abs. 2 ist dies eine wichtige Ausweitung des Transparenzgrundsatzes.
Mit dieser
Bestimmung wird einer der Hauptforderungen des Mandates des Europäischen Rates
von Laeken Rechnung getragen. Die Öffentlichkeit des Handels, eine der
grundlegendsten Voraussetzungen eines demokratisch gestalteten Gemeinwesens,
wird als Legitimationsgrundlage der Union gestärkt.
Gemäß Abs. 3 haben
alle Unionsbürger sowie jede natürliche Person mit Wohnsitz in der Union und
jede juristische Person mit satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat, das
Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen
der Union. Dieses Recht ist unabhängig von der Form der für die Dokumente
verwendeten Träger. Einschränkungen der Ausübung dieses Rechts dürfen nur auf
Grund öffentlicher oder privater Interessen erfolgen. Sie sind durch
Europäisches Gesetz zu regeln. Dieses Gesetz hat auch die allgemeinen
Grundsätze für den allgemeinen Zugang zu solchen Dokumenten festzulegen.
Abs. 3 entspricht
im Wesentlichen Artikel 255, Abs. 1 und Abs. 2 EGV.
Gemäß Abs. 4 legen
die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen in ihren jeweiligen
Geschäftsordnungen besondere Bestimmungen für den Zugang zu ihren Dokumenten
fest. Diese Bestimmungen müssen im Einklang mit dem in Abs. 3 genannten
Europäischen Gesetz stehen. Entsprechend Art. 255 Abs. 3 EGV können in den
Geschäftsordnungen der Organe ergänzende Regelungen getroffen werden (vgl. Art.
III-399 Abs. 1).
Schutz personenbezogener Daten
Zu Artikel I-51:
Gemäß Abs. 1 hat
jeder Mensch das Recht auf Schutz der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.
Die Bestimmung entspricht Art. II-68 Abs. 1 des Verfassungsvertrages. Nach
dieser Bestimmung haben alle Personen, die sich in der Union befinden, –
unabhängig von ihrer Staatszugehörigkeit – Anspruch auf Schutz der sie
betreffenden personenbezogenen Daten.
Gemäß Abs. 2 sind
Vorschriften über die Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen
durch Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union sowie durch
Mitgliedstaaten bei der Ausübung von Tätigkeiten, die in den Anwendungsbereich
des Unionsrechtes fallen, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz
festzulegen. Diese Bestimmung schafft erstmals eine spezifische
primärrechtliche Ermächtigung zur Erlassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen
zur Ausführung des in Abs. 1 verbrieften Rechtes und ersetzt damit Art. 286
EGV.
Gemäß Erklärung
Nr. 10 der Schlussakte der Regierungskonferenz müssen auf Art. I-51 gestützte
Bestimmungen direkte Auswirkungen auf die nationale Sicherheit gebührend
berücksichtigen. Die Erklärung weist darauf hin, dass die derzeit geltenden
Rechtsvorschriften (insbesondere RL 95/46/EG) besondere Ausnahmeregelungen
hierzu enthalten. Die Richtlinie 95/46/EG gilt derzeit nur „im
Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts“, d.h. ausdrücklich nicht im Bereich
der Zweiten und Dritten Säule und enthält u.a. Ausnahmen für die öffentliche
Sicherheit, die Landesverteidigung und die Sicherheit des Staates.
Status der
Kirchen und weltanschaulichen
Gemeinschaften
Zu Artikel I-52:
Gemäß Abs. 1
achtet die Union den Status, den Kirchen und religiöse Vereinigungen oder
Gemeinschaften in den Mitgliedstaaten nach deren Rechtsvorschriften genießen.
Abs. 2 erstreckt
diesen Auftrag auf weltanschauliche Gemeinschaften.
Gemäß Abs. 3 hat
die Union mit Kirchen und sonstigen religiösen oder weltanschaulichen
Gemeinschaften einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog zu führen.
Die Bestimmung
übernimmt in Abs. 1 und Abs. 2 die Erklärung Nr. 11 zu den Schlussakten der
Regierungskonferenz von Amsterdam über den Status der Kirchen und
weltanschaulichen Gemeinschaften. Abs. 3 begründet ein positives Verhältnis der
Union zu den Kirchen und sonstigen religiösen und weltanschaulichen
Gemeinschaften. Der Union wird die Verpflichtung auferlegt einen regelmäßigen
Dialog mit den genannten Institutionen zu führen.
Detailbestimmungen zu diesem Titel finden sich in Art.
III-402 bis III-415.
Die Haushalts- und Finanzgrundsätze
Zu Artikel I-53:
Dieser Artikel fasst die Haushalts-
und Finanzgrundsätze der Union zusammen:
Abs. 1 übernimmt das Prinzip der Einheitlichkeit des Unionsbudgets aus
Art. 268, 1. UAbs., EGV. Gestrichen wird der obsolete Verweis auf die Ausgaben
des Europäischen Sozialfonds. Mit dem Verweis auf „im Einklang mit Teil III“
wird insbesondere auch auf die spezifischen Finanzierungsvorschriften der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (vgl. Art. III-313) hingewiesen.
Abs. 2 übernimmt den
Grundsatz des Haushaltsausgleichs aus EGV Art 268, 3. UAbs..
Abs. 3 enthält den Grundsatz der Jährlichkeit des Budgets der Union, der
derzeit in Art 271, 1. UAbs., EGV festgelegt wird. Verwiesen wird auf nähere
Bestimmungen in der Hauhaltsordnung die gemäß Art. III-412 nunmehr als Europäisches
Gesetz verabschiedet wird.
Abs. 4 basiert auf einer Bestimmung der derzeit geltenden
Haushaltsordnung sowie des Interinstitutionellen Abkommens vom 9. Mai 1999
betreffend die Haushaltsdisziplin: Die Ausführung der in den Haushaltsplan
eingesetzten Ausgaben setzt einen verbindlichen Rechtsakt voraus. Ausnahmen von
diesem Grundsatz können in der Haushaltsordnung gemäß Art. III-412 festgelegt
werden.
Abs. 5 konkretisiert den Grundsatz der Haushaltsdisziplin und basiert
auf Art. 270 EGV. Die Union darf keine Rechtsakte mit erheblichen Auswirkungen
auf den Haushaltsplan verabschieden, ohne Gewähr zu bieten, dass die damit
verbundenen Ausgaben im Rahmen der Eigenmittel der Union und – wie neu hinzugefügt wird – unter
Einhaltung des mehrjährigen Finanzrahmens nach Art. I-55 finanziert werden
können.
Wie schon Art.
274, 1. UAbs., EGV hält Abs. 6 fest, dass der Haushaltsplan entsprechend dem
Grundsatz der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung ausgeführt wird. Die
Mitgliedstaaten arbeiten mit der Union zusammen um sicherzustellen, dass die im
haushaltsplan vorgesehenen Mittel nach diesem Grundsatz verwendet werden.
Abs. 7 betrifft die Betrugsbekämpfung. Er übernimmt den ersten Teilsatz
aus Art 280 Abs. 1 EGV und verweist auf die Detailbestimmung des Art. III-415.
Zu Artikel I-54:
Dieser Artikel regelt
umfassend die Eigenmittel der Union.
Abs. 1 übernimmt Art. 6
Abs. 4 EUV.
Abs. 2 übernimmt Art. 269,
1. UAbs., EGV.
Abs. 3 übernimmt Art. 269, 2. UAbs., EGV. Der bisherige
„Eigenmittelbeschluss“ wird ein einstimmig zu verabschiedendes Europäisches
Gesetz des Rats mit Anhörungsrecht des Europäischen Parlaments. Unverändert bleibt das Zustimmungserfordernis
der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen
Vorschriften. Neu eingefügt wird, dass (Anm.: nur) mit diesem
Gesetz neue Kategorien von Eigenmittel eingeführt und bestehende Kategorien
abgeschafft werden.
Abs. 4 enthält eine neue Bestimmung: Durchführungsmaßnahmen zum System
der Eigenmittel können dann durch ein mit qualifizierter Mehrheit erlassenes
Europäisches Gesetz des Rats, dem das Europäische Parlament zustimmen muss,
festgelegt werden, sofern dies in dem vom Rat einstimmig zu erlassenden
Europäischen Gesetz zum System der Eigenmittel gemäß Abs. 3 vorgesehen wird.
Zu Artikel I-55:
Dieser Artikel
enthält die grundsätzlichen Bestimmungen zum erstmals primärrechtlich
verankerten mehrjährigen Finanzrahmen.
Die bisherige
mehrjährige Finanzielle Vorausschau hat keine spezifische Rechtsgrundlage in
den geltenden Verträgen. Sie beruht auf interinstitutionellen Vereinbarungen
zwischen den Organen Europäisches Parlament, Rat und Kommission. Solche
Vereinbarungen werden seit 1988 abgeschlossen (Delors-I-Paket 1988-92,
Delors-II-Paket 1993-1999, Agenda 2000, Agenda 2007). Seit dem Vertrag von
Nizza wird die Existenz der Finanziellen Vorausschau durch eine Erwähnung in
Art 161, 3. UAbs., EGV indirekt anerkannt.
Die Detailbestimmungen zu Art. I-55 werden in Art. III-402 festgelegt.
Der mehrjährige Finanzrahmen soll eine geordnete Entwicklung der Ausgaben
innerhalb der Grenzen der Eigenmittel sicherstellen.
Gemäß Abs. 2 wird der mehrjährige Finanzrahmen in einem vom Rat auf
Vorschlag der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen Gesetz
festgelegt. Das Europäische Parlament muss diesem Gesetz mit der Mehrheit
seiner Mitglieder zustimmen.
Abs. 3 besagt, dass bei der Aufstellung des jährlichen Haushaltsplans
der mehrjährige Finanzrahmen einzuhalten ist.
Gemäß Abs. 4 kann der
Europäische Rat einstimmig einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach der
Rat das Europäische Gesetz gem. Abs. 2 mit qualifizierter Mehrheit beschließen
kann. Sobald diese „spezifische Passerelle“ in Anspruch genommen und bei der
Beschlussfassung im Rat zur qualifizierten Mehrheit übergegangen wird, ist zu
beachten, dass diesbezüglich in Art. III-395 folgende verfahrensrechtliche
Sonderbestimmung normiert wird: In Abweichung von der allgemeinen Regel für das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren genügt
für die Abänderung des Kommissionsvorschlags in diesem Fall die qualifizierte Mehrheit im Rat.
Hinsichtlich Abs.
4 ist auf die in die Schlussakte aufgenommene einseitige Erklärung Nr. 42 der
Niederlande hinzuweisen, wonach diese einem Europäischen Beschluss zustimmen
würden, sobald im Rahmen der Überprüfung des Europäischen Gesetzes nach Art.
I-54 Abs. 3 für die Niederlande eine zufrieden stellende Lösung für ihre in
Bezug auf den Haushalt der Union äußerst nachteilige Position als Nettozahler
gefunden wurde.
Wesentlich ist die in Art I-54 und Art. I-55 eingeführte
Normenhierarchie der Finanzbestimmungen: Die Eigenmittelobergrenze bindet den
mehrjährigen Finanzrahmen, der die jährlichen Obergrenzen für
Ausgabenkategorien festlegt. Diese sind gemäß Abs. 3 gesetzlich bindend für den
Jahreshaushalt der Union (vgl. Art. I-56).
Zu Art. I-56:
Dieser Artikel bestimmt,
dass der jährliche Haushaltsplan der Union in einem Europäischen Gesetz
festgelegt wird, das nach dem in Art. III-404 dargelegten besonderen Verfahren
von Rat und Europäischem Parlament erlassen wird.
Die Union und ihre Nachbarn
Zu Artikel I-57:
Mit diesem neuen
Titel, der einen einzigen Artikel (Art. I-57) umfasst, wird erstmals eine
vertragliche Basis für die Nachbarschaftspolitik der Union geschaffen. Die
Union verfügt bereits heute über ein enges politisches und wirtschaftliches
Beziehungsnetz zu ihren Nachbarregionen, zu dem neben zahlreichen bilateralen
Abkommen auch der Europäische Wirtschaftsraum zählt. Dazu kommt die im Jahr
2002 von der Kommission und dem Rat gemeinsam initiierte Europäische
Nachbarschaftspolitik, mit besonderem Augenmerk auf die neuen Nachbarn der
Union in Folge der EU-Erweiterung. Für diese Konzepte besteht nunmehr mit dem
vorliegenden Artikel eine eigene Grundlage. Sie begründet keine neuen
Verpflichtungen, schafft aber einen einheitlichen Rechtsrahmen für die
Beziehungen der EU zu den Staaten in ihrer Nachbarschaft.
Abs. 1 umschreibt
die generelle Zielsetzung der EU-Nachbarschaftspolitik mit der Schaffung eines
Raums des Wohlstands und der guten Nachbarschaft basierend auf engen,
friedlichen Beziehungen. Darüber hinaus wird ausdrücklich festgehalten, dass
dieser gemeinsame Raum auf den in Artikel I-3 genannten Werten der Union
aufbaut. Der Artikel enthält zwar keine Definition des Begriffs
„Nachbarschaft“, allerdings ist davon auszugehen, dass auch Staaten erfasst
werden, die nicht über gemeinsame Grenzen mit EU-Mitgliedstaaten verfügen.
Abs. 2 räumt der
Union die Möglichkeit ein, „spezielle Übereinkünfte“ mit diesen Ländern zu
schließen. Diese Übereinkünfte, die gegenseitige Rechte und Pflichten umfassen
und die Möglichkeit zu gemeinsamem Vorgehen eröffnen, sind als eine Sonderform
der Assoziationsabkommen gedacht (vgl. Art. III-324). Zu ihrer Durchführung
finden regelmäßige Konsultationen statt.
Das Verfahren für
die Verhandlung und den Abschluss dieser Übereinkünfte richtet sich nach den
allgemeinen Bestimmungen der Verfassung für internationale Übereinkünfte (Art.
III-323 ff.). Unbeschadet dieser neuen Grundlage gelten darüber hinaus die
besonderen Bestimmungen der Verfassung z.B. in Bezug auf die
Außenhandelspolitik (Art. III-315).
In Zusammenhang
mit diesem Artikel steht die der Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügte
Erklärung Nr. 11, die einen besonderen Hinweis auf die europäischen
Kleinstaaten (Andorra, Liechtenstein, Monaco, San Marino, Vatikan) enthält. In
dieser Erklärung versichert die Union, dass sie im Rahmen ihrer
Nachbarschaftspolitik der besonderen Lage dieser Länder, die sich durch ihre
spezifischen Nachbarschaftsbeziehungen zur Union auszeichnen, Rechnung tragen
wird.
Dieser Titel enthält
die grundlegenden Bestimmungen zur Mitgliedschaft in der Europäischen Union:
der Beitritt zur und der Austritt aus der Union sowie die Möglichkeit zur
Aussetzung bestimmter Mitgliedschaftsrechte bei einer schwerwiegenden und
anhalten Verletzung der Werte der Union. Während die Bestimmungen zum Beitritt
und zum Sanktionsverfahren im Wesentlichen an die geltende Rechtslage
anknüpfen, stellt die ausdrückliche Verankerung eines Austrittsverfahrens eine
Neuerung dar.
Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union
Zu Artikel I-58:
Diese Bestimmung
übernimmt das in Art. 49 EUV vorgesehene Verfahren: Antrag eines
beitrittwilligen Staates, Beschluss des Rates nach Anhörung der Kommission und
nach Zustimmung des Europäischen Parlaments und Ratifikation des Beitrittsvertrags
durch alle Vertragsstaaten. Auch im Hinblick auf die Beschlussfassungsregeln
im Rat und im Europäischen Parlament gibt es keine Änderung (Einstimmigkeit im
Rat und Mehrheit der Mitglieder im Europäischen Parlament).
Darüber hinaus
enthält der Artikel aber zwei Neuerungen bzw. Präzisierungen:
- Der
Grundsatz, dass die Union allen europäischen Staaten offen steht, die ihre
grundlegenden Werte achten, gilt gemäß Abs. 1 unverändert. In Wiederholung des
Art. I-1 Abs. 2 müssen sich allerdings die Kandidatenländer künftig zudem
verpflichten, diesen Werten „gemeinsam Geltung zu verschaffen“.
- Abs. 2
enthält die Verpflichtung für den Rat nicht nur das Europäische Parlament,
sondern auch die nationalen Parlamente über jeden Beitrittsantrag zu unterrichten.
Wenngleich die Verfassung keine Frist angibt, ist davon auszugehen, dass diese
Unterrichtung unmittelbar nach Einlangen des Beitrittsantrags zu erfolgen hat.
Der Umstand, dass
Abs. 2 im Hinblick auf den Inhalt des Beitrittsvertrags nur allgemein von
„Einzelheiten der Aufnahme“ spricht und nicht mehr ausdrücklich – wie in Art.
49 EUV – auf die erforderlichen Anpassungen des Primärrechts Bezug nimmt, ist
hingegen lediglich eine redaktionelle Änderung, die den Charakter und
Regelungsgehalt der Beitrittsverträge unberührt lässt.
Aussetzung
bestimmter mit der Zugehörigkeit
zur Union verbundener Rechte
Zu Artikel I-59:
Der
Sanktionsmechanismus gegenüber einem Mitgliedstaat im Falle einer
schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der in Art. I-2 genannten
Werte, der zur Aussetzung der Mitgliedschaftsrechte, einschließlich der
Stimmrechte im Rat, führen kann, entspricht inhaltlich dem derzeitigen
Verfahren (Artikel 7 EUV und Artikel 309 EGV). Es wurden allerdings
die erforderlichen technischen Anpassungen vorgenommen, um der Stellung des
Europäischen Rates als Organ (Abs. 2) und der neuen Stimmgewichtung im Rat
(Abs. 5) Rechnung zu tragen.
Die einzige
substantielle Änderung gegenüber dem EU- und EG-Vertrag besteht darin, dass die
Möglichkeit für den Rat im Rahmen des Vorverfahrens einen Bericht von
unabhängigen Persönlichkeiten (Weisenbericht) einzuholen nicht mehr erwähnt
wird. Trotz der Streichung dieses fakultativen Elements steht es dem Rat aber
auch in Zukunft frei im Bedarfsfall auf einen solchen Behelf zurückzugreifen.
Freiwilliger Austritt aus der Union
Zu Artikel I-60:
Mit dieser neuen
Bestimmung wird erstmals ausdrücklich die Möglichkeit des Austritts eines
Mitgliedstaats aus der Union verankert. Wenngleich die geltenden
Gründungsverträge – im Unterschied zu den Gründungsakten zahlreicher anderer
internationaler Organisationen wie z.B. Europarat, NATO oder WTO – keine
Regelung zum Austritt oder zur Kündigung der Mitgliedschaft kennen, bedeutet
dies nicht, dass die Mitgliedschaft unauflösbar ist. Bereits bisher ist
zumindest die Möglichkeit des Austritts eines Mitgliedsstaats im gegenseitigen
Einvernehmen mit den anderen Mitgliedsstaaten gemäß Artikel 54 des Wiener
Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969 als rechtlich
zulässig anzusehen. Nunmehr wird dazu erstmals im Primärrecht ein formales
Verfahren vorgesehen.
Gemäß Abs. 1 kann
jeder Mitgliedstaat gemäß seinen internen Verfassungsvorschriften beschließen,
aus der EU auszutreten, wobei er den Europäischen Rat darüber in Kenntnis zu
setzen hat. Mit dieser Mitteilung an den Europäischen Rat beginnt gemäß Abs. 3
die zweijährige Frist, innerhalb der eine einvernehmliche Regelung über die
Modalitäten des Austrittes erfolgen sollte.
Der Austritt ist
nicht an die Zustimmung der anderen Mitgliedstaaten oder an andere Bedingungen
gebunden. Abs. 2 sieht allerdings vor, dass die Union mit dem austretenden
Staat ein Abkommen über die Modalitäten des Austritts abschließt, in dem auch
die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union geregelt werden. Die
Verhandlungen erfolgen auf der Grundlage von Leitlinien des Europäischen Rates,
der gemäß Art. III-325 den Verhandlungsführer oder den Leiter des
Verhandlungsteams der Union benennt. Das Austrittsabkommen wird nach Zustimmung
des Europäischen Parlaments vom Rat mit qualifizierter Mehrheit im Namen der
Union geschlossen. Gemäß Abs. 3 findet die Verfassung ab dem Inkrafttreten des
Austrittsabkommen keine Anwendung mehr auf den betroffenen Staat.
Wenngleich es
aufgrund der engen Verflechtung zwischen den Mitgliedstaaten in der Praxis kaum
vorstellbar ist, dass ein Austritt ohne begleitendes Abkommen erfolgt, ist der
Abschluss eines solchen Abkommens keine Bedingung für den Austritt. Gemäß Abs.
3 wird nämlich der Austritt zwei Jahre nach der Mitteilung über die
Austrittsabsicht an den Europäischen Rat automatisch wirksam, sollte bis dahin
kein Austrittsabkommen geschlossen und in Kraft getreten sein. Der Europäische
Rat kann allerdings diese zweijährige Frist durch einstimmigen Beschluss und im
Einvernehmen mit dem betroffenen Mitgliedstaat verlängern.
Gemäß Abs. 4 nimmt
der Vertreter des austretenden Mitgliedstaats weder an den Beratungen im
Zusammenhang mit dem Austrittsverfahren noch an den diesbezüglichen
Beschlussfassungen im Europäischen Rat oder im Rat teil.
Abs. 5 bestimmt,
dass der Austritt ein absoluter ist und dass dem Staat, der aus der Union
ausgetreten ist, auch im Austrittsabkommen keine „Beitrittsoption“ eingeräumt
werden kann. Möchte der betreffende Staat neuerlich Mitglied der Union werden,
so gilt für ihn das übliche in Art. I-58 festgelegte Verfahren für den
Beitritt zur Union.
DIE CHARTA DER GRUNDRECHTE DER UNION
Teil II des
Vertrags über eine Verfassung für Europa enthält die Charta der Grundrechte der
Europäischen Union. Die in der Charta verankerten Rechte und Grundsätze sind
somit rechtlich verbindlich.
Die Charta der
Grundrechte wurde von Dezember 1999 bis September 2000 vom Konvent zur
Ausarbeitung der Charta erarbeitet und auf der Tagung des Europäischen Rates
vom 7. bis 9. Dezember 2000 in Nizza vom Europäischen Parlament, dem Rat und
der Kommission feierlich proklamiert. Teil II übernimmt die Charta im
Wesentlichen unverändert in der vom Grundrechtskonvent beschlossenen Form. Es
wurden jedoch einige Ergänzungen insbesondere zu den „horizontalen“
Schlussbestimmungen aufgenommen, die unter anderem sicherstellen sollen, dass
der Anwendungsbereich der Charta auf die Anwendung und Durchführung von
Unionsrecht beschränkt bleibt und die Kompetenzverteilung zwischen der Union
und den Mitgliedstaaten nicht berührt wird.
Gemäß Art. II-112
Abs. 7 sind die Erläuterungen, die als Anleitung für die Charta der Grundrechte
verfasst wurden, von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend
zu berücksichtigen. Der Text der Erläuterungen ist der Schlussakte in einer
Erklärung beigefügt (vgl. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der
Grundrechte). Die Erläuterungen (im Folgenden: Erläuterungen des Präsidiums)
wurden unter der Leitung und Verantwortung des Präsidiums des Konvents zur
Ausarbeitung der Charta formuliert, unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents aktualisiert und auf Grund der vom Europäischen Konvent
vorgenommen Ergänzungen der Charta ergänzt. Die Erläuterungen des Präsidiums
stellen eine Interpretationshilfe dar, die bei der Auslegung der Charta
heranzuziehen ist und die dazu dient, die Bestimmungen der Charta zu
verdeutlichen.
Die der Schlussakte
als Erklärung Nr. 12 beigefügten Erläuterungen des Präsidiums enthalten bereits
eine ausführliche Kommentierung der einzelnen Bestimmungen der Charta der
Grundrechte; sie enthalten insbesondere auch Hinweise auf die Herkunft der
einzelnen Chartabestimmungen, ihr Verhältnis zu anderen Verfassungsbestimmungen
und die geltende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs. Die vorliegenden
Erläuterungen gehen daher im Folgenden nur so weit auf die einzelnen
Bestimmungen der Charta ein, als sie nicht bereits in den Erläuterungen des
Präsidiums behandelt werden. Hingewiesen wird in Folge auch auf jene
Ergänzungen bzw. Aktualisierung der Erläuterungen des Präsidiums, die erst
unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents vorgenommen
wurden.
Präambel
Die Präambel der
Charta wurde im Wesentlichen unverändert übernommen. Im Europäischen Konvent
wurde der letzte Satz des Abs. 5 eingefügt, wonach die Auslegung der Charta
durch die Gerichte der Union und der Mitgliedstaaten unter gebührender Berücksichtigung
der Erläuterungen erfolgt. Vgl. hiezu auch Art. II-112 Abs. 7 sowie die der
Schlussakte beigefügte Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der
Grundrechte.
Titel I steht unter der Überschrift „Würde des
Menschen“ und enthält die fundamentalen Rechte des Menschen.
Zu Artikel II-61:
Art. II-61 enthält das Grundrecht der Würde des
Menschen.
Aus der
Formulierung „unantastbar“ sowie aus der Entstehungsgeschichte des Art. II- 61
ergibt sich, dass das Grundrecht der Menschenwürde keinerlei Einschränkungen
unterliegt. Insbesondere ist daher die allgemeine Schrankenklausel des Art.
II-112 Abs. 1 restriktiv zu interpretieren und auf Art. II-61 nicht anwendbar
(vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums: „Sie darf daher auch bei
Einschränkungen eines Rechtes nicht angetastet werden“).
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen
enthaltene Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rs C-377/98 wurde unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-62:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Leben sowie das Verbot der Todesstrafe. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-63:
Art. II-63
garantiert das Recht auf geistige und körperliche Unversehrtheit. Es wird auf
die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene
Hinweis auf das Urteil des EuGH in der Rs C-377/98 wurde unter der Verantwortung
des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-64:
Das Verbot der
Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung
entspricht Art. 3 EMRK und unterliegt daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 keinen
Einschränkungen.
Zu Artikel II-65:
Das in Abs. 1
verankerte Verbot der Sklaverei entspricht Art. 4 Abs. 1 EMRK und unterliegt
daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 keinen Einschränkungen.
Abs. 2 normiert
das Verbot der Zwangs- oder Pflichtarbeit. Er entspricht Art. 4 Abs. 2 EMRK und
unterliegt daher gemäß Art. II-112 Abs. 3 auch den in Art. 4 Abs. 3 EMRK
normierten Ausnahmen. Bei den Ausnahmen des Art. 4 Abs. 3 EMRK handelt es sich
nicht um zulässige Eingriffe, sondern um eine Beschränkung des sachlichen
Schutzbereiches des absoluten Verbots der Zwangs- und Pflichtarbeit.
Abs. 3 enthält das
Verbot des Menschenhandels. Auf Grund des inhaltlichen Zusammenhangs mit der
Menschenwürde (vgl. hiezu auch die Erläuterungen des Präsidiums) und mit dem
Verbot von Sklaverei unterliegt das Verbot des Menschenhandels keinen
Einschränkungen.
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. In den Erläuterungen zu Abs. 3
wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents im
ersten Satz die Wortfolge „dem Grundsatz“ gestrichen. Dies hat seinen Grund
darin, dass man der Rechtsprechung des EuGH zur Zuordnung der einzelnen
Chartabestimmungen in die Kategorien „Rechte“ und „Grundsätze“ nicht
zuvorkommen wollte. Die Charta selbst (vgl. die Art. II-111 Abs. 1 und Art. II-112
Abs. 5) unterscheidet zwar zwischen Rechten und Grundsätzen, lässt jedoch
offen, welche Bestimmungen jeweils in die eine oder andere Kategorie fallen.
Mit der Streichung des Wortes „Grundsatz“ in den Erläuterungen zu jenen
Artikeln, deren Einstufung als Grundsatz nicht ohnehin eindeutig ist, sollte
eine unabsichtliche bzw. missverständliche Einstufung dieser Artikel als
(bloßer) Grundsatz vermieden werden.
Der in den
Erläuterungen zu Abs. 3 weiters enthaltene Hinweis auf den Rahmenbeschluss zur
Bekämpfung des Menschenhandels wurde auf Veranlassung des Präsidiums des
Europäischen Konvents eingefügt.
TITEL II
Freiheiten
Der Titel
Freiheiten übernimmt im Wesentlichen die Freiheitsrechte der EMRK, enthält aber
auch zusätzliche Bestimmungen (vgl. etwa Art. II-78).
Zu Artikel II-66:
Das Recht auf
Freiheit und Sicherheit entspricht Art. 5 EMRK. Es wird auf die Erläuterungen
des Präsidiums verwiesen.
Der letzte Absatz
der Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen
Konvents an den Verfassungsvertrag angepasst.
Zu Artikel II-67:
Das Recht auf
Achtung des Privat- und Familienlebens entspricht Art. 8 EMRK. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-68:
Art. II-68
garantiert das Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Der Hinweis auf
Art. I-51 der Verfassung sowie auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 wurde unter
der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents in die Erläuterungen
eingefügt. Gestrichen wurde der Verweis im letzten Satz der Erläuterungen,
wonach Einschränkungen dieses Rechts gemäß den Bedingungen des Art. 52 der
Charta (d.h. Art. II-112 der Verfassung) zulässig sind. Dadurch wurde
inhaltlich jedoch nichts geändert, da Art. II-112 Auslegungsregeln für alle im
Teil II der Verfassung verankerten Rechte und Grundsätze enthält und der
nunmehr gestrichene Hinweis daher nur Selbstverständliches ausgeführt hat.
Zu Artikel II-69:
Das Recht, eine
Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, stützt sich auf Art. 12 EMRK, ist
aber insofern weiter, als in Art. II-69 grundsätzlich auch
gleichgeschlechtliche Ehen erfasst sind. Art. II-69 verleiht jedoch
homosexuellen Partnern nicht das Recht zu heiraten, und die Mitgliedstaaten
werden durch Art. II-69 nicht verpflichtet, Verbindungen von Personen gleichen
Geschlechts den Status der Ehe zu verleihen. Falls jedoch die
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die Eheschließung und Familiengründung
zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern anerkennen, so gilt Art. II-69 auch
für diese. Mit dem Verweis auf die einzelstaatlichen Gesetze wird der jeweilige
nationale Status quo geschützt. Art. II-69 hat daher die gleiche Bedeutung,
unter Umständen – nämlich wenn die einzelstaatlichen Vorschriften dies vorsehen
– aber eine umfassendere Tragweite als Art. 12 EMRK (vgl. Art. II-112 Abs. 3
sowie die dazugehörigen Erläuterungen).
Vgl. auch die
Erläuterungen des Präsidiums.
Zu Artikel II-70:
Abs. 1 gewährleistet
das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit und entspricht Art. 9
EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Abs. 2
gewährleistet das Recht auf Wehrdienstverweigerung nur nach Maßgabe
einzelstaatlicher Gesetze. Es wird daher der nationale Status quo beibehalten
und der Umfang des Rechts dem Ermessen des nationalen Gesetzgebers überlassen.
Zu Artikel II-71:
Art. II-71
garantiert die Freiheit der Meinungsäußerung und entspricht Art. 10 EMRK.
Während die Medienfreiheit in Art. 10 EMRK als Teil der Freiheit der
Meinungsäußerung betrachtet wird, ist die Freiheit der Medien in Art.II-71 Abs.
2 ausdrücklich verankert. Auf die Erläuterungen des Präsidiums wird verwiesen.
Zu Artikel II-72:
Abs. 1 garantiert die Versammlungs- und
Vereinigungsfreiheit und entspricht Art. 11 EMRK.
Gemäß Abs. 2
tragen politische Parteien auf der Ebene der Union dazu bei, den politischen
Willen der Unionsbürgerinnen und Unionsbürger zum Ausdruck zu bringen.
Auf die Erläuterungen des Präsidiums wird verwiesen.
Zu Artikel II-73:
Dieser Artikel
enthält die Freiheit von Kunst und Wissenschaft. Es wird auf die Erläuterungen
des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-74:
Dieser Artikel enthält das Recht auf Bildung.
Abs. 1 und Abs. 3
(bezüglich der Rechte der Eltern) stützen sich auf Art. 2 des 1.
Zusatzprotokolls zur EMRK (vgl. die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-74
und Art. II-112 Abs. 3).
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents wurde im ersten Satz des zweiten Absatzes
der Erläuterungen zu Art. II-74 das Wort "Recht" durch
"Artikel" ersetzt. Damit sollte ein Vorgriff auf die Einstufung
dieses Artikels als Recht oder als (bloßer) Grundsatz durch die Erläuterungen
vermieden werden (vgl. auch oben zu Art. II-65).
Zu Artikel II-75:
Dieser Artikel
enthält die Berufsfreiheit und das Recht zu arbeiten. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-76:
Dieser Artikel enthält die unternehmerische Freiheit.
Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-77:
Art. II-77
gewährleistet das Eigentumsrecht und stützt sich auf Art. 1 des 1.
Zusatzprotokolls zur EMRK. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-78:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Asyl nach Maßgabe der Genfer Flüchtlingskonvention sowie
der Verfassung. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-79:
Abs. 1 enthält das
Verbot von Kollektivausweisungen und stützt sich auf Art. 4 des 4.
Zusatzprotokolls zur EMRK.
Das in Abs. 2
verankerte Refoulement-Verbot stützt sich auf die Rechtsprechung des EGMR zu
Art. 3 EMRK.
Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Gleichheit
Titel III enthält
die Gleichheitsrechte und Gleicheitsgrundsätze sowie besondere Bestimmungen zu
Kindern, älteren Menschen und Menschen mit Behinderungen.
Zu Artikel II-80:
Dieser Artikel
enthält einen allgemeinen Gleichheitssatz. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-81:
Abs. 1 enthält den
Grundsatz der Nichtdiskriminierung und verbietet jede Diskriminierung aus den
beispielhaft angeführten Gründen.
In die
Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-81 wurde unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents ein neuer Absatz hinzugefügt, der das
Verhältnis zwischen Art. II-81 und Art. III-124 klarstellt. Während Art.
III-124 eine Kompetenznorm zur Erlassung sekundärrechtlicher Bestimmungen für
bestimmte, abschließend aufgezählte Diskriminierungsformen darstellt, verbietet
Art. II-81 jede Art von Diskriminierung durch die Union bei der Ausübung der
ihr sonst durch die Verfassung eingeräumten Zuständigkeiten (sowie durch die
Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich der Charta, vgl. II-111 Abs. 1). Vgl. die
Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-81, 2. Abs.
Abs. 2, der das
Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit enthält, wurde
vom Europäischen Konvent an die Verfassung angepasst.
Zu Artikel II-82:
Gemäß Art. II-92
achtet die Union die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen. Adressat
dieser Bestimmung ist nur die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Es wird auf
die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene
Hinweis auf Art. I-3 Abs. 3 der Verfassung wurde unter Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-83:
Dieser Artikel
enthält die Gleichheit von Männern und Frauen. In Abs. 2 wird die
Zulässigkeit positiver Maßnahmen ausdrücklich bekräftigt. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-84:
Dieser Artikel garantiert die Rechte des Kindes. Es
wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Der zweite Absatz
der Erläuterungen zu Art. II-84 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums
des Europäischen Konvents hinzugefügt.
Zu Artikel II-85:
Art. II-85
normiert den Schutz älterer Menschen. Adressat dieser Bestimmung ist nur die
Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Aus der Formulierung „anerkennt und
achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten
Rechte verpflichtet ist. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-86:
Art. II-86 enthält
den Grundsatz der Integration von Menschen mit Behinderung. Adressat dieser
Bestimmung ist nur die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Aus der
Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu
aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der – vom Präsidium des
Grundrechtskonvents offenbar versehentlich in die Erläuterungen aufgenommene –
Hinweis auf Artikel 23 der revidierten Sozialcharta (Recht älterer Menschen auf
soziale Unterstützung) wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents gestrichen.
Solidarität
Titel IV enthält soziale Rechte und Grundsätze.
Zu Artikel II-87:
Dieser Artikel
garantiert das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer im Unternehmen. Mit dem Hinweis auf das Unionsrecht und
insbesondere die „einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten“
wird der Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf die Richtlinien 2002/14/EG und 2001/23/EG
in den Erläuterungen zu Art. II-87 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums
des Europäischen Konvents aufgenommen.
Zu Artikel II-88:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen. Mit dem
Hinweis auf die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten wird
der Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-89:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst. Es wird auf
die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-90:
Art. II-90 gewährleistet
Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung, allerdings nur nach dem Unionsrecht
und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten. Es wird daher
der jeweilige nationale Status quo beibehalten. Im Übrigen wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf die einschlägigen
Richtlinien in den Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums
des Europäischen Konvents aktualisiert.
Zu Artikel II-91:
Dieser Artikel
enthält Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Hinblick auf gerechte
und angemessene Arbeitsbedingungen. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-92:
Dieser Artikel
enthält das Verbot der Kinderarbeit und garantiert den Schutz der Jugendlichen
am Arbeitsplatz. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-93:
Dieser Artikel
gewährleistet den Schutz der Familie sowie einige mit der Mutterschaft
zusammenhängende Rechte. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-94:
Abs. 1 enthält den
Grundsatz des Zugangs zu den Leistungen der sozialen Sicherheit. Adressat
dieser Bestimmung ist die Union, nicht aber die Mitgliedstaaten. Abs. 1 stellt
daher ein Abwehrrecht dar, das insbesondere Eingriffe des Unionsrechts
(beispielsweise unter dem Titel des Wettbewerbsrechts) in die einzelstaatlichen
Sozialstandards verhindern soll. Aus der Formulierung „anerkennt und achtet“
ergibt sich, dass die Union nicht zu aktivem Schutz der genannten Rechte
verpflichtet ist. Der Hinweis auf das Unionsrecht sowie die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten bedeutet, dass der jeweilige Status quo
beibehalten wird und sich die Unterlassungsverpflichtung auf das jeweils
geltende Recht bezieht.
Abs. 2 verankert
einen Anspruch auf die Leistungen der sozialen Sicherheit und die sozialen
Vergünstigungen, sofern und soweit sie nach dem Unionsrecht bzw. den
einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten bestehen.
Nach Abs. 3
anerkennt und achtet die Union das Recht auf eine soziale Unterstützung und
eine Unterstützung für die Wohnung. Zum Umfang dieser Bestimmung vgl. auch oben
zu Abs. 1.
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen zu
Abs. 2 enthaltene Verweis auf Art. 12 Abs. 4 der Europäischen Sozialcharta
sowie der in den Erläuterungen zu Abs. 3 enthaltene Verweis auf Art. 13 der
Europäischen Sozialcharta wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-95:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge sowie den Grundsatz eines
hohen Gesundheitsschutzniveaus. Durch den Verweis auf die einzelstaatlichen
Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten wir der jeweilige nationale Status quo
beibehalten. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Der Hinweis auf
Art. 13 der Europäischen Sozialcharta in den Erläuterungen wurde unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-96:
Dieser Artikel
enthält den Grundsatz, wonach die Union den Zugang zu Dienstleistungen von
allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anerkennt und achtet. Adressat dieser
Bestimmungen ist lediglich die Union, nicht die Mitgliedstaaten. Aus der
Formulierung „anerkennt und achtet“ ergibt sich, dass die Union nicht zu
aktivem Schutz der genannten Rechte verpflichtet ist. Zweck dieser Bestimmung
ist insbesondere, Eingriffe der Union in durch die Mitgliedstaaten gewährte
Rechte zu verhindern. Vgl. im Übrigen die Erläuterungen des Präsidiums.
Zu Artikel II-97:
Dieser Artikel
enthält den Grundsatz des Umweltschutzes. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-98:
Dieser Artikel
enthält den Grundsatz des Verbraucherschutzes. Es wird auf die Erläuterungen
des Präsidiums verwiesen.
TITEL V
Bürgerrechte
Titel V enthält
die Bürgerrechte. Mit Ausnahme von Art. II-101 kommen die in diesem Titel
enthaltenen Rechte nur Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern oder
Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern sowie Personen mit Wohnsitz bzw.
satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat zu.
Zu Artikel II-99:
Abs. 1 enthält das
aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament.
Grundrechtsträger sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.
Abs. 2 enthält die
Wahlgrundsätze.
Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-126 in den
Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen
Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-100:
Dieser Artikel
enthält das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen. Grundrechtsträger
sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-126 in den Erläuterungen wurde
unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-101:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf eine gute Verwaltung. Trotz der Stellung des Artikels im
Kapitel der Bürgerrechte kommt dieses Recht nicht nur Unionsbürgern, sondern
jeder Person zu. Verpflichtet sind gemäß Abs. 1 die Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen der Union, nicht aber jene der Mitgliedstaaten. Die Wortfolge
„und sonstigen Stellen“ in Abs. 1 wurde vom Europäischen Konvent zum Zwecke der
Anpassung an die Verfassung eingefügt. Der Ausdruck „Einrichtungen und sonstige
Stellen“ wird in der Verfassung üblicherweise als Bezeichnung für alle durch
die Verfassung oder durch sekundäre Rechtsakte geschaffenen Einrichtungen
verwendet (vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums zu Art. II-112 Abs. 1).
Abs. 2 zählt beispielhaft einige besondere
Verfahrensgarantien auf.
Abs. 3 enthält die Haftung der Union für durch ihre
Organe und Bediensteten verursachte Schäden.
Abs. 4 enthält das Recht auf Korrespondenz mit den
Organen der Union in einer Sprache der Verfassung.
Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der Hinweis auf Art. III-398 im ersten
Absatz der Erläuterungen zu Art. II-101 wurde unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents aufgenommen.
Zu Artikel II-102:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Zugang zu Dokumenten und entsprach ursprünglich fast
wortgleich Art. 255 EGV. Das nunmehr in Art. I-50 Abs. 3 verankerte Recht auf
Zugang zu Dokumenten wurde vom Europäischen Konvent auf die Dokumente aller
Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, unabhängig von der Form
der für diese Dokumente verwendeten Träger, ausgeweitet; Art. II-102 wurde
daher entsprechend angepasst. Vgl. auch die aktualisierten Erläuterungen des
Präsidiums. Grundrechtsträger sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie
jede Person mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat.
Zu Artikel II-103:
Dieser Artikel
enthält das Recht auf Befassung des Europäischen Bürgerbeauftragten. Berechtigt
sind die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede Person mit Wohnsitz bzw.
satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat. Die Wortfolge „und sonstigen
Stellen“ in Abs. 1 wurde vom Europäischen Konvent zum Zwecke der Anpassung an
die Verfassung eingefügt.
Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-104:
Dieser Artikel
enthält das Petitionsrecht. Berechtigt sind die Unionsbürgerinnen und
Unionsbürger sowie jede Person mit Wohnsitz bzw. satzungsmäßigem Sitz in einem
Mitgliedstaat. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-105:
Dieser Artikel garantiert die Freizügigkeit und die
Aufenthaltsfreiheit für Unionsbürgerinnen und Unionsbürger.
Abs. 2 räumt Drittstaatsangehörigen
kein individuelles Recht auf Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit ein.
Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit für Drittstaatsangehörige kann
vielmehr lediglich nach Maßgabe der Verfassung gewährt werden.
Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in den Erläuterungen enthaltene
Hinweis auf Art. III-125 und die Rs. C-413/99 wurde unter der Verantwortung des
Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Zu Artikel II-106:
Dieser Artikel
garantiert diplomatischen und konsularischen Schutz für Unionsbürgerinnen und
Unionsbürger. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der in
den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf Art. III-127 wurde unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Der Titel VI
enthält grundrechtliche Organisations- und Verfahrensgarantien. Im Gegensatz
zum vorhergehenden Titel handelt es sich hier wieder um Jedermannsrechte.
Zu Artikel II-107:
Abs. 1 garantiert
das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Dieses Recht ist insofern weiter
als jenes des Art. 13 EMRK, als es sich nicht nur auf die Rechte des Teils II
der Verfassung, sondern auf alle durch das Recht der Union garantierten Rechte
und Freiheiten bezieht. Vgl. auch die Erläuterungen des Präsidiums. Der in den
Erläuterungen enthaltene Hinweis auf die Änderungen des Systems des
gerichtlichen Rechtsschutzes der Union durch den Europäischen Konvent wurde
unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents eingefügt.
Abs. 2 normiert
das Recht auf ein faires gerichtliches Verfahren. Dieses Recht entspricht Art.
6 Abs. 1 EMRK, ist aber insofern weiter, als es nicht auf Streitigkeiten über
zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder Entscheidungen über die
Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage beschränkt ist.
Abs. 3 enthält ein Recht auf Prozesskostenhilfe.
Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Zu Artikel II-108:
Dieser Artikel gewährleistet
die Unschuldsvermutung sowie die Verteidigungsrechte des Angeklagten. Es wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Zu Artikel II-109:
Dieser Artikel
enthält die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und der Verhältnismäßigkeit im
Zusammenhang mit Straftaten und Strafen. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen. Im ersten Satz der Erläuterungen wurde unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents das Wort „Grundsatz“
durch das Wort „Regel“ ersetzt. Man wollte damit eine nicht beabsichtigte
Zuordnung der Bestimmung zur Kategorie „Grundsätze“ im Sinne der Art. II-111
Abs. 1 und Art. II-112 Abs. 5 vermeiden (vgl. auch oben zu Art. II-65).
Zu Artikel II-110:
Dieser Artikel
enthält das Verbot der Doppelbestrafung. Es wird auf die Erläuterungen des
Präsidiums verwiesen.
Im 5. und 6.
Absatz der Erläuterungen wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents das Wort „Grundsatz“ durch das Wort „Regel“ ersetzt. Man
wollte damit eine nicht beabsichtigte Zuordnung der Bestimmung zur Kategorie
„Grundsätze“ im Sinne der Art. II-111 Abs. 1 und Art. II-112 Abs. 5 vermeiden
(vgl. auch oben zu Art. II-65). Der in den Erläuterungen enthaltene Hinweis auf
die Rs. C-187/01 wurde unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen
Konvents eingefügt.
Allgemeine Bestimmungen über die Auslegung und
Anwendung der Charta
Titel VII enthält
die so genannten „horizontalen“ Bestimmungen, das heißt, die allgemeinen
Bestimmungen über den Anwendungsbereich und die Auslegung der Charta. Diese
horizontalen Bestimmungen wurden vom Europäischen Konvent teilweise ergänzt.
Bei diesen Ergänzungen handelt es sich jedoch nicht um substanzielle
Änderungen; vielmehr sollten die bestehenden Auslegungsregeln im Interesse der
Rechtssicherheit klarer formuliert und präzisiert werden.
Zu Artikel II-111:
Abs. 1 legt den
Anwendungsbereich der Charta fest. Demnach gilt Teil II der Verfassung für
die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten bei der „Durchführung“ des
Rechts der Union. Was die Mitgliedstaaten betrifft, verweisen die Erläuterungen
des Präsidiums auf die bisherige Rechtsprechung des EuGH. Nach dieser
Rechtsprechung sind die Mitgliedstaaten auf drei Ebenen an die
Gemeinschaftsgrundrechte gebunden: bei der Vollziehung von unmittelbar
anwendbarem Gemeinschaftsrecht, bei der Durchführung von nicht unmittelbar
anwendbarem Gemeinschaftsrecht sowie bei der Anwendung nationaler
Rechtsvorschriften, die Grundfreiheiten einschränken. Dieser Rechtsprechung
folgend – und entgegen dem engeren Wortlaut des Abs. 1 („Durchführung“) – sind
die Mitgliedstaaten daher im gesamten Anwendungsbereich des Unionsrechts an die
in Teil II der Verfassung verankerten Rechte und Grundsätze gebunden. Es wird
weiters auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
Abs. 1 bringt auch
ansatzweise die Unterscheidung zwischen Rechten und Grundsätzen zum Ausdruck.
Demnach sind die Rechte zu „achten“, während sich die Adressaten der Charta an
die Grundsätze zu „halten“ haben. Vgl. dazu noch näher Art. II-112 Abs. 5.
Der Europäische
Konvent fügte im 2. Satz in Abs. 1 den Satzteil „und unter Achtung der Grenzen
der Zuständigkeiten, die der Union in anderen Teilen der Verfassung übertragen
werden“, an. Damit soll noch deutlicher als bisher klargestellt werden, dass
der Union mit Teil II der Verfassung keine zusätzlichen Kompetenzen übertragen
werden (vgl. dazu näher unten zu Abs. 2 sowie die Erläuterungen des
Präsidiums). Zwecks Anpassung an die Verfassung wurde vom Europäischen Konvent
weiters die Wortfolge „und sonstige Stellen“ in Abs. 1 eingefügt.
Abs. 2 in
Verbindung mit Abs. 1 2. Satz soll jede kompetenzrechtliche Änderung durch Teil
II der Verfassung ausschließen. Die Union muss und kann die in Teil II
verankerten Rechte und Grundsätze daher nur dort „fördern“ (vgl. Art. II-111
Abs. 1), wo ihr die Teile I und III eine entsprechende Zuständigkeit einräumen.
Werden der Union in Bezug auf bestimmte Rechte oder Grundsätze in den Teilen I
und III der Verfassung keine entsprechenden Kompetenzen eingeräumt (vgl. z.B.
Art. II-88 im Hinblick auf das Streikrecht), ist sie lediglich verpflichtet,
diese Rechte und Grundsätze bei der Ausübung ihrer sonstigen Zuständigkeiten zu
achten und Eingriffe zu unterlassen. So besteht beispielsweise der Zweck
mancher insbesondere im Titel IV (Solidarität) enthaltenen Bestimmungen vor
allem darin, Eingriffe der Union in die mitgliedstaatlichen Sozialstandards
(etwa aus dem Titel Wettbewerbsrecht) zu unterbinden.
Abs. 2 wurde vom
Europäischen Konvent dahingehend ergänzt, dass die Charta den Geltungsbereich
des Unionsrechts nicht über die Zuständigkeiten der Union hinaus ausdehnt. Vgl.
dazu den unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents neu
hinzugefügten letzten Absatz der Erläuterungen zu Art. II-111.
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Diese wurden unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents entsprechend den
Ergänzungen in Art. II-112 ergänzt und aktualisiert.
Zu Artikel II-112:
Dieser Artikel
enthält Bestimmungen betreffend den Schutzbereich und die Schranken der in der
Charta enthaltenen Rechte und Grundsätze sowie Regeln für ihre Auslegung.
Abs. 1 enthält
eine allgemeine Schrankenklausel und ist subsidiär gegenüber den besonderen
Bestimmungen der Abs. 2 bis 4. Es wird auf die Erläuterungen des Präsidiums
verwiesen.
Abs. 2 legt fest,
dass jene Rechte der Charta, die dem EG-Vertrag entnommen wurden und nunmehr in
den Teilen I und III der Verfassung geregelt sind, im Rahmen der dort
festgelegten Bedingungen und Grenzen ausgeübt werden. Es wird daher
klargestellt, dass diese Rechte durch die Charta nicht geändert werden. Dabei
wird auch das einschlägige Sekundärrecht zur Interpretation dieser
Chartabestimmungen herangezogen (vgl. etwa die Erläuterungen zu Art. II-68).
Die Erläuterungen
zu Abs. 2 wurden unter der Verantwortung des Präsidiums des Europäischen
Konvents neu gefasst. Dies führt jedoch zu keinen inhaltlichen Änderungen. Sinn
und Zweck des Abs. 2 sollten nur etwa ausführlicher dargelegt werden.
Abs. 3 legt fest,
dass jene Artikel der Charta, die Rechten der EMRK entsprechen, dieselbe
Bedeutung und Tragweite haben, wie sie ihnen in der EMRK verliehen wird. Damit
sollen die Garantien der entsprechenden Artikel der EMRK in die Charta
übernommen werden. Dies betrifft daher sowohl den jeweiligen Schutzbereich als
auch die ausführlichen Regeln der zulässigen Einschränkungen und etwaige zusätzliche,
im jeweiligen Artikel der EMRK enthaltene substanzielle Rechte (vgl. etwa Art.
II-66, Recht auf Freiheit und Sicherheit, der damit implizit auch die in den
Abs. 2 bis 5 enthaltenen Rechte des Art. 5 EMRK übernimmt). Mit dieser
Bestimmung sollen einerseits Divergenzen im Schutzniveau zwischen der EMRK und
der Charta (und in der Folge zwischen der Rechtsprechung des EGMR und des EuGH)
vermieden werden, andererseits soll sichergestellt werden, dass der durch die
Charta gewährleistete Schutz niemals geringer als der durch die EMRK
gewährleistete Schutz ist.
Im Übrigen wird
auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Diese enthalten insbesondere
auch eine Auflistung jener Rechte, deren Bedeutung und Tragweite jenen der EMRK
entsprechen, sowie jener Rechte, die dieselbe Bedeutung haben wie die
entsprechenden Artikel der EMRK, deren Tragweite aber umfassender ist.
Unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents neu hinzugefügt wurde
Abs. 5 der Erläuterungen zu Art. II-112, wonach die den Mitgliedstaaten offen
stehende Möglichkeit, von Art. 15 EMRK (Außerkraftsetzen im Notstandsfall)
Gebrauch zu machen, von der Charta nicht berührt wird.
Die Abs. 4 bis 7
wurden vom Europäischen Konvent neu eingefügt:
Abs. 4 enthält
eine Auslegungsregel für jene Rechte, die sich aus den gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben. Den mitgliedstaatlichen
Verfassungsüberlieferungen wird damit kein Vorrang verliehen, es handelt sich
lediglich um einen Hinweis auf die rechtsvergleichende Ableitung
grundrechtlicher Inhalte, wie es vom EuGH in seiner ständigen Rechtsprechung
praktiziert wird. Es wird auf die (unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents erstellten) Erläuterungen verwiesen.
In Abs. 5 wird die
Unterscheidung zwischen „Rechten“ und „Grundsätzen“ in der Charta näher
bestimmt. Es wird auf die (unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents erstellten) Erläuterungen verwiesen.
Nach Abs. 6 ist
den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten, wenn auf diese in
der Charta verwiesen wird, in vollem Umfang Rechnung zu tragen. Mit dieser
Bestimmung soll nochmals bekräftigt werden, dass durch jene Artikel, welche auf
die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten verweisen, der
jeweilige nationale Status quo beibehalten wird.
Gemäß Abs. 7 sind
die Erläuterungen des Präsidiums bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen
von den Gerichten der Union und der Mitgliedstaaten gebührend zu berücksichtigen.
Auch die Präambel
der Charta nimmt auf die Erläuterungen Bezug. In der Erklärung Nr. 12
betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte werden die
Erläuterungen wiedergegeben.
Zu Artikel II-113:
Dieser Artikel soll klarstellen, dass das (sonstige) Unionsrecht, das
Völkerrecht, internationale Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle
Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind (darunter insbesondere die EMRK) sowie
die Verfassungen der Mitgliedstaaten in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich durch
die Charta nicht zum Nachteil des Einzelnen abgeändert und ausgelegt werden.
Die Charta soll daher außerhalb ihres Anwendungsbereichs keine negativen
Auswirkungen auf die in anderen – nationalen und internationalen – Normen
garantierten Rechte haben.
Im Übrigen wird auf die Erläuterungen des Präsidiums verwiesen. Der
letzte Satz der Erläuterungen, wonach der durch die Charta gewährleistete
Schutz unter keinen Umständen geringer als der durch die EMRK gewährleistete
Schutz sein darf, wurde – da in diesem Zusammenhang völlig missverständlich und
nicht zu Art. II-113 passend – unter der Verantwortung des Präsidiums des
Europäischen Konvents gestrichen und den Erläuterungen zu Art. II-112
beigefügt.
Zu Artikel II-114:
Dieser Artikel
enthält das Verbot des Missbrauchs der Rechte der Charta. Es wird auf die
Erläuterungen des Präsidiums verwiesen.
DIE POLITIKBEREICHE UND DIE
ARBEITSWEISE DER UNION
Allgemein anwendbare
Bestimmungen
In diesem Titel
werden bereits im EGV enthaltene horizontale Grundsätze und Ziele der
Unionspolitik zusammengefasst und durch eine „Kohärenzklausel“, eine
„Nichtdiskriminierungsklausel“, eine „Sozialklausel“ und eine
„Tierschutzklausel“ ergänzt.
Zu Artikel III-115:
Dieser Artikel
beinhaltet eine neue „horizontale Kohärenzklausel“, die Elemente aus den Art. 2
und 3 EUV aufnimmt. Die Union achtet auf die Kohärenz aller ihrer Tätigkeiten,
die sie auf Basis der in Teil III des Verfassungsvertrags enthaltenen
Handlungsermächtigungen unternimmt. Diese Tätigkeiten haben unter Einhaltung
des Grundsatzes der begrenzten Einzelermächtigung (siehe Art. I-11 Abs. 2) zu
erfolgen und müssen den Zielen der Union (siehe Art. I-3) in ihrer Gesamtheit
Rechnung tragen.
Zu Artikel III-116:
Dieser Artikel
entspricht im Wesentlichen Art. 3 Abs. 2 EGV. Die Union wirkt bei allen
Maßnahmen, die sie auf Grundlage der in Teil III des Verfassungsvertrags
enthaltenen Handlungsermächtigungen trifft, auf die Beseitigung von
Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen hin und fördert deren
Gleichstellung.
Diese horizontale
Bestimmung bekräftigt die Gleichheit von Frauen und Männern als Wert der Union
(siehe Art. I-2), die Gleichstellung von Frauen und Männern als Ziel der Union
(siehe Art. I-3, Abs. 3, UAbs 2) sowie die in der Charta der Grundrechte
verbürgte Nichtdiskriminierung wegen des Geschlechts (siehe Art. II-81 Abs. 1)
und die Gleichheit von Frauen und Männern (siehe Art. II-83) hinsichtlich aller
konkreten Tätigkeitsfelder der Union.
Ergänzend wird in
der Erklärung Nr. 13 festgehalten, dass die Union bei ihren allgemeinen
Bemühungen, Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen, in den
verschiedenen Politikbereichen darauf hinwirken wird, jede Art der häuslichen
Gewalt zu bekämpfen. Die Mitgliedstaaten sollen alle erforderlichen Maßnahmen
ergreifen, um strafbare Handlungen zu verhindern und zu ahnden sowie die Opfer
zu unterstützen und zu schützen.
Zu Artikel III-117:
Dieser Artikel
begründet eine neue „horizontale Sozialklausel“, wonach den wesentlichen
Elementen der in Art. III-209 (entspricht Artikel 136 EGV) festgelegten Ziele
der Sozialpolitik bei allen
Tätigkeiten der Union Rechnung zu tragen ist:
„Bei der
Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil
genannten Bereichen trägt die Union den Erfordernissen im Zusammenhang mit der
Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, der Gewährleistung eines
angemessenen sozialen Schutzes, der Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung sowie
mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des
Gesundheitsschutzes Rechnung.“
Die „horizontale
Sozialklausel“ bekräftigt und konkretisiert die Unionswerte Gerechtigkeit und
Solidarität (siehe Art. I-2), die Soziales und Beschäftigung betreffenden
Unionsziele (siehe Art. I-3 Absatz 3) sowie Aspekte der Bestimmungen betreffend
die Solidarität in der Charta der Grundrechte (siehe Teil II, Titel IV)
hinsichtlich aller Tätigkeitsfelder der Union.
Zu Artikel III-118:
Dieser Artikel
begründet ein horizontales Diskriminierungsverbot, wonach die in Art. III-124
Abs.2 (entspricht Art. 13 Absatz 1 EGV) festgelegten Diskriminierungsverbote
bei allen Tätigkeiten der Union zu beachten sind:
„Bei der
Festlegung und Durchführung der Politik und der Maßnahmen in den in diesem Teil
genannten Bereichen zielt die Union darauf ab, Diskriminierungen aus Gründen
des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der
Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu
bekämpfen.“
Diese horizontale
Bestimmung bekräftigt die genannten Diskriminierungsverbote als Wert und Ziel
der Union (siehe Art. I-2 und Artikel I-3 Abs.3, UAbs. 2) sowie die in der
Charta der Grundrechte verbürgten Diskriminierungsverbote (siehe Art. II-81
Abs.1) hinsichtlich aller konkreten Tätigkeitsfelder der Union.
Zu Artikel III-119:
Dieser Artikel
entspricht der „horizontalen Umweltklausel“ des Art. 6 EGV:
„Die Erfordernisse
des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und Durchführung der Politik und
der Maßnahmen der Union in den in diesem Teil genannten Bereichen,
insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden.“
Diese horizontale
Bestimmung bekräftigt die Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele der Union (siehe
Art. I-3 Abs. 3 UAbs. 1) sowie die in der Charta der Grundrechte enthaltene
Bestimmung betreffend den Umweltschutz (siehe Art. II-97) hinsichtlich aller
konkreten Tätigkeitsfelder der Union.
Zu Artikel III-120:
Dieser Artikel
entspricht der „horizontalen Verbraucherschutzklausel“ des Art. 153 Abs. 2 EGV:
„Den
Erfordernissen des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung
der Politik und der Maßnahmen der Union in den anderen Bereichen Rechnung
getragen.“
Diese horizontale
Bestimmung bekräftigt die in der Charta der Grundrechte enthaltene Bestimmung
betreffend den Verbraucherschutz (siehe Art. II-98).
Zu Artikel III-121:
Durch diesen
Artikel wird eine „horizontale Tierschutzklausel“ in den Verfassungsvertrag
aufgenommen, die im Wesentlichen der primärrechtlichen Bestimmung des durch den
Vertrag von Amsterdam eingeführten Protokolls Nr. 33 zum EGV „über den
Tierschutz und das Wohlergehen der Tiere“ entspricht:
„Bei der
Festlegung und Durchführung der Politik der Union in den Bereichen
Landwirtschaft, Fischerei, Verkehr, Binnenmarkt, Forschung, technologische
Entwicklung und Raumfahrt tragen die Union und die Mitgliedstaaten den
Erfordernissen des Wohlergehens der Tiere als fühlende Wesen in vollem Umfang
Rechnung; sie berücksichtigen hierbei die Rechts- und Verwaltungsvorschriften
und die Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten insbesondere in Bezug auf religiöse
Riten, kulturelle Traditionen und das regionale Erbe.“
Gegenüber dem
Protokoll Nr. 33 wird der horizontale Anwendungsbereich des Art. auf Fischerei
und Raumfahrt ausgedehnt. Der Einschub „als fühlende Wesen“ nach dem Wort
„Tiere“ ist insofern neu, als er im Protokoll Nr. 33 nur in einem
Erwägungsgrund zu finden ist.
Zu Artikel III-122:
Diese horizontale
Bestimmung betreffend Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
entspricht Art. 16 EGV mit folgenden Ergänzungen:
- Durch einen
zusätzlichen Verweis auf Art. I-5 wird hervorgehoben, dass die Union bei einem
Tätigwerden - auf der Basis der in Art. III-122 enthaltenen Ermächtigung - die
in der regionalen und kommunalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommende
nationale Identität der Mitgliedstaaten jedenfalls zu achten hat.
- Dem
deklaratorischen Gehalt von Art. 16 EGV wird eine ausdrückliche Ermächtigung
für die Union hinzugefügt, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Europäische
Gesetze zu erlassen, in denen Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren
der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festgelegt werden.
- Dabei wird
klargestellt, dass durch solche Europäischen Gesetze nur solche direkt
anwendbaren Rahmenregelungen erlassen werden dürfen, die nicht die
Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem
Interesse im Einklang mit dem Verfassungsvertrag zur Verfügung zu stellen, in
Auftrag zu geben und zu finanzieren, beeinträchtigen.
Weitere
spezifische Bestimmungen zu Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse
finden sich in den Art. II-96 und Art. III-166.
Nichtdiskriminierung und Unionsbürgerschaft
Zu Artikel III-123:
Diese Bestimmung entspricht Art. 12 Abs. 2 EGV.
Zu Artikel III-124:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 13 EGV mit geringfügigen Änderungen:
In Abs. 1 wird die
Zustimmung des Europäischen Parlaments anstatt seiner Anhörung vorgesehen. Abs.
2 ändert die Art der Maßnahmen, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
erlassen werden dürfen: Anstatt „gemeinschaftliche Förderungen... zur
Unterstützung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten“ heißt es nun „die
Grundprinzipien für die Fördermaßnahmen der Union“ und „Maßnahmen zur
Unterstützung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten...“.
Zu Artikel III-125 bis Artikel III-129:
Bei diesen
Bestimmungen handelt es sich um die Detailregelungen zu Art. I-10 Abs. 2, die
im Wesentlichen den Regelungen über die Unionsbürgerschaft in Art. 17 bis 22
EGV entsprechen.
Zu Artikel III-125:
Abs. 1 entspricht Art. 18 Abs. 2 EGV.
Abs. 2 ändert Art.
18 Abs. 3 EGV, da die darin genannten Bereiche nicht mehr vom Anwendungsbereich
dieses Artikels ausgenommen sind. Der Rat kann einstimmig nach Anhörung des
Europäischen Parlaments Maßnahmen, die Pässe, Personalausweise,
Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente betreffen, sowie
Maßnahmen, die die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz betreffen, mit
Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen erlassen.
Zu Artikel III-126:
Diese Bestimmung entspricht Art. 19 EGV.
Zu Artikel III-127:
Diese Bestimmung
übernimmt Art. 20 EGV. Im Unterschied zu Art. 20 EGV enthält sie jedoch eine
ausdrückliche Handlungsermächtigung: Durch Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze des Rates können die zur Erleichterung des Schutzes notwendigen
Maßnahmen erlassen werden.
Zu Artikel III-128:
Diese Bestimmung übernimmt inhaltlich unverändert Art.
21 Abs. 3 EGV.
Zu Artikel III-129:
Diese Bestimmung
übernimmt Art. 22 EGV, modifiziert jedoch das Gesetzgebungsverfahren: Statt
Anhörung ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments zur Annahme von
Gesetzen oder Rahmengesetzen des Rates erforderlich.
Interne Politikbereiche und Maßnahmen
Verwirklichung und Funktionieren
des Binnenmarktes
Zu Artikel III-130:
Dieser Artikel
entspricht Art. 14 und 15 EGV mit geringfügigen redaktionellen Änderungen. In
Abs. 1, war eine unveränderte Übernahme des aus dem Vertrag „Einheitliche
Europäische Akte“ aus 1986 stammenden Art. 14 Abs. 1 EGV nicht mehr zeitgemäß,
nachdem die Verwirklichung des Binnenmarktes bereits weit fortgeschritten ist.
Abs. 1 „gewährleistet“ daher nicht nur die Verwirklichung, sondern auch das
Funktionieren des Binnenmarktes.
In Abs. 3 sind Europäische Verordnungen und Beschlüsse anstatt „Leitlinien“
vorgesehen.
Hinsichtlich von
Personenkontrollen an den Grenzen des Vereinigten Königreichs mit anderen
Mitgliedstaaten der Union sind – u.a. ungeachtet der Art. III-130 und III-265 –
die Bestimmungen des Protokolls Nr.18 „über die Anwendung bestimmter Aspekte
des Art. III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und Nordirland“
maßgeblich.
Zu Artikel III-131:
Die Bestimmung entspricht Artikel 297 EGV.
Zu Artikel III-132:
Die Bestimmung entspricht Artikel 298 EGV.
Freizügigkeit und freier Dienstleistungsverkehr
Zu Artikel III-133:
Die Bestimmung entspricht Artikel 39 EGV.
Eine
erwähnenswerte Änderung sprachlicher Natur findet sich in Abs. 2. Definiert
Art. 39 Abs. 2 EGV die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als Abschaffung jeder
unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern der Mitgliedstaaten bezüglich
Beschäftigung, Entlohnung und sonstigen Arbeitsbedingungen, so spricht der
Verfassungsvertrag in diesem Artikel nunmehr ausdrücklich vom Verbot unterschiedlicher
Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die genannten
Kriterien. Die Verwendung des Begriffs „Verbot“ ist eine konsequente Anpassung
an die fortgeschrittene Integration der Arbeitsmärkte in der Union. Stand
ursprünglich die „Abschaffung“ bestehender Unterschiede in der Behandlung von
Arbeitnehmern im Vordergrund, so ist nunmehr an der erreichten Gleichbehandlung
festzuhalten und jede unterschiedliche Behandlung verboten.
Zu Artikel III-134:
Die Bestimmung entspricht Artikel 40 EGV.
Zu Artikel III-135:
Die Bestimmung entspricht Artikel 41 EGV.
Zu Artikel III-136:
Der Artikel
entspricht Art. 42 EGV mit folgenden Änderungen:
- In
Abs. 1 wird der personelle Anwendungsbereich des Artikels für Maßnahmen zur
Koordination der sozialen Sicherheitssysteme von zu- und abwandernden
Arbeitnehmern sowie deren anspruchsberechtigten Angehörigen auf Selbständige
sowie deren anspruchsberechtigte Angehörige erstreckt.
- Als
Gesetzgebungsakte werden in Abs.1 das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz
vorgesehen, womit grundsätzlich das ordentliche Gesetzgebungsverfahren zur
Anwendung kommt. Dies bedeutet, dass der Rat mit qualifizierter Mehrheit
beschließt, während im EGV noch Einstimmigkeit im Rat im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens
vorgesehen ist.
- Ein
neu eingefügter Abs. 2 sieht eine „Notbremse“ im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren vor: Wenn ein Mitgliedstaat die Grundprinzipien seines
sozialen Sicherheitssystems – einschließlich seines Anwendungsbereichs, seiner
Kosten oder Finanzstruktur – oder das finanzielle Gleichgewicht durch eine
Rechtsvorschrift berührt sieht, kann er die Befassung des Europäischen Rates
beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann für vier Monate ausgesetzt.
Der Europäische Rat, der im Konsens entscheidet, kann den Entwurf zwecks
Fortsetzung des Gesetzgebungsverfahrens an den Rat rückverweisen oder die
Kommission auffordern, einen neuen Vorschlag zu unterbreiten. In letzterem Fall
gilt der ursprünglich vorgeschlagene Rechtsakt als nicht erlassen.
Weiterhin nicht vom Anwendungsbereich dieses Artikels erfasst sind
Drittstaatsangehörige und nicht-erwerbstätige Personen. Hinsichtlich
nicht-erwerbstätiger Personen bietet sich Art. III-125 Abs. 2 als
Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Koordination der sozialen Sicherheitssysteme
an, in dem einstimmige Beschlussfassung des Rates nach Anhörung des
Europäischen Parlaments vorgesehen ist. Hinsichtlich Drittstaatsangehöriger
wird auf Art. III-267 zurückzugreifen sein, wobei in der „Erklärung Nr. 14 zu
den Art. III-136 und III-267“ festgehalten wird, dass die im Zusammenhang mit
der „Notbremse“ in Art. III-136 Abs. 2 festgehaltenen Bedingungen auch bei der
Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf der Basis von Art.
III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene Berücksichtigung der
Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die Grundprinzipien ihres sozialen
Sicherheitssystems oder dessen finanzielles Gleichgewicht beeinträchtigt
sehen).
Zu Artikel III-137:
Die Bestimmung entspricht Artikel 43 EGV.
Zu Artikel III-138:
Die Bestimmung entspricht Artikel 44 EGV.
Zu Artikel III-139:
Die Bestimmung entspricht Artikel 45 EGV, allerdings
gilt fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.
Zu Artikel III-140:
Die Bestimmung entspricht Artikel 46 EGV.
Zu Artikel III-141:
Die Bestimmung
entspricht Artikel 47 EGV. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren gilt fortan
ohne Ausnahmen.
Zu Artikel III-142:
Die Bestimmung entspricht Artikel 48 EGV.
Zu Artikel III-143:
Die Bestimmung entspricht Artikel 294 EGV.
Zu Artikel III-144:
Die Bestimmung entspricht Artikel 49 EGV, allerdings
gilt fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.
Zu Artikel III-145:
Die Bestimmung entspricht Artikel 50 EGV.
Zu Artikel III-146:
Die Bestimmung entspricht Artikel 51 EGV.
Zu Artikel III-147:
Die Bestimmung
entspricht Artikel 52 EGV. Statt der Anhörung des Europäischen Parlaments gilt
fortan das ordentliche Gesetzgebungsverfahren.
Zu Artikel III-148:
Die Bestimmung entspricht Artikel 53 EGV.
Zu Artikel III-149:
Die Bestimmung entspricht Artikel 54 EGV.
Zu Artikel III-150:
Die Bestimmung entspricht Artikel 55 EGV.
Zu Artikel III-151:
Die Bestimmung fasst die Artikel 23 bis 27 EGV
zusammen.
Zu Artikel III-152:
Die Bestimmung entspricht Artikel 135 EGV, allerdings
entfällt der letzte Satz (vgl. auch Art. III-271).
Zu Artikel III-153:
Die Bestimmung fasst die Artikel 28 und 29 EGV
zusammen.
Zu Artikel III-154:
Die Bestimmung entspricht Artikel 30 EGV.
Zu Artikel III-155:
Die Bestimmung entspricht Artikel 31 EGV.
Zu Artikel III-156:
Die Bestimmung entspricht Artikel 56 EGV.
Zu Artikel III-157:
Die Bestimmung entspricht Artikel 57 EGV.
Abs. 1, der
bestimmte innerstaatliche oder gemeinschaftsrechtliche Beschränkungen des
Kapital- und Zahlungsverkehrs, die zum Zeitpunkt 31. Dezember 1993 mit
Drittländern bestanden, im Hinblick auf die Anwendung der Vorschriften über die
Kapitalverkehrsfreiheit unberührt lässt, wird hinsichtlich der neuen
Mitgliedstaaten Estland und Ungarn um eine Sonderbestimmung aus der
Beitrittsakte 2004 (Art. 18) ergänzt. Danach bleiben die zum Zeitpunkt 31.
Dezember 1999 in Estland und Ungarn bestehenden Beschränkungen gegenüber
Drittstaaten unberührt.
Auch in Abs. 2
findet sich eine erwähnenswerte sprachliche Änderung. Die derzeitige
Formulierung spricht vom Bemühen des Rates einen freien Kapitalverkehr zwischen
den Mitgliedstaaten und dritten Ländern möglichst weitgehend zu verwirklichen.
Der Auftrag wird im Hinblick auf die Überführung dieser Bestimmung in das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren (Mitentscheidungsverfahren) dahingehend
abgeändert, dass sich künftig der Rat und das Europäische Parlament gemeinsam
um eine möglichst weitgehende Verwirklichung des Zieles eines freien
Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten zu bemühen haben.
Gemäß Abs. 3
bleibt die Beschlussfassung für Maßnahmen, die einen Rückschritt für die
Liberalisierung darstellen, einstimmig. Dies entspricht Art. 57 Abs. 2 EGV.
Zu Artikel III-158:
Die Bestimmung entspricht Art. 58 EGV.
Abs. 1 entspricht
mit einer sprachlichen Ausnahme Art. 58 Abs. 1 EGV. Lit. b spricht nunmehr von „erforderlichen
Maßnahmen“ anstelle von „unerlässlichen Rechtsvorschriften“, die die
Mitgliedstaaten hinsichtlich des Zuwiderhandelns gegen innerstaatliche
Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des Steuerrechtes, der Finanzaufsicht und der
Meldeverfahren für den Finanzverkehr ergreifen können.
Die Abs. 2 und 3 bleiben unverändert.
Abs. 4 ist neu. Er
knüpft an Art. III-157 Abs. 3 an und bestimmt, dass – sofern kein Gesetz oder
Rahmengesetz gemäß Art. III-157 Abs. 3 vorliegt – die Kommission oder, wenn
diese binnen drei Monaten nach Vorlage eines entsprechenden Antrages eines
Mitgliedstaates keinen Beschluss gefasst hat, der Rat einstimmig einen
Europäischen Beschluss erlassen kann. Mit diesem kann festgelegt werden, dass
die von einem Mitgliedstaat in Bezug auf ein oder mehrere Drittländer
getroffenen restriktiven steuerlichen Maßnahmen insofern mit der Verfassung
als vereinbar anzusehen sind, als sie durch eines der Ziele der Union gerechtfertigt
und mit dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes vereinbar sind.
Die Bestimmung ermöglicht somit die Absicherung
restriktiver Maßnahmen der Mitgliedstaaten.
Zu Artikel III-159:
Die Bestimmung entspricht Art. 59 EGV.
Zu Artikel III-160:
Die Bestimmung ersetzt Art. 60 EGV.
Dieser Artikel
weicht von Art. 60 EGV ab und verlagert den inhaltlichen Schwerpunkt der Norm
von der allgemeinen Außenpolitik zur Terrorismusbekämpfung.
Art. 60 Abs. 1 EGV
knüpft an Art. 301 EGV an. Letzterer bestimmt, dass der Rat mit qualifizierter
Mehrheit über Vorschlag der Kommission erforderliche Sofortmaßnahmen trifft,
wenn in einem auf Titel V EUV (GASP) gestützten Rechtsakt ein Tätigwerden der
Gemeinschaft vorgesehen ist, um die Wirtschaftsbeziehungen zu einem dritten
Land auszusetzen, einzuschränken oder vollständig einzustellen. Gemäß Art. 60
Abs. 1 EGV kann der Rat dabei auch Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und
Zahlungsverkehrs gegenüber dritten Staaten auf Art. 301 EGV stützen.
Abs. 2 von Art. 60
EGV bestimmt, dass solange noch keine Maßnahmen wie oben dargestellt erlassen
wurden, jeder Mitgliedstaat bei Vorliegen schwerwiegender politischer Umstände
aus Gründen der Dringlichkeit gegenüber dritten Ländern einseitige Maßnahmen
auf dem Gebiet der Kapital- und Zahlungsverkehrs treffen kann. Der Rat kann
jedoch mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen,
dass der Mitgliedstaat die Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben hat.
Art. III-160
bezieht sich auf Art. III-257, der den Raum der Freiheit, der Sicherheit und
des Rechts definiert und ist in seinem Anwendungsbereich auf die Verhütung und
Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten eingeschränkt. In
diesen Fällen erlässt der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Gesetze
oder Rahmengesetze zur Schaffung eines Rahmens für Verwaltungsmaßnahmen in
Bezug auf Kapitalbewegungen und Zahlungen, wozu das Einfrieren von Geldern,
finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Erträgen gehören kann, deren
Eigentümer oder Besitzer natürliche oder juristische Personen, Gruppierungen
oder nichtstaatliche Einheiten sind. Solche Rechtsakte müssen jedenfalls die
„erforderlichen“ Bestimmungen über den Rechtsschutz enthalten.
In diesem
Zusammenhang ergänzt die Erklärung Nr. 15, dass die Achtung der Grundrechte und
Grundfreiheiten es insbesondere erforderlich macht, dass der Rechtsschutz der
betreffenden Einzelpersonen oder Einheiten gebührend berücksichtigt wird. Zu
diesem Zweck und zur Gewährleistung einer gründlichen gerichtlichen Prüfung von
Europäischen Beschlüssen, durch die Einzelpersonen oder Einheiten restriktiven
Maßnahmen unterworfen werden, müssen diese Beschlüsse auf klaren und
eindeutigen Kriterien beruhen. Diese Kriterien müssen auf die Besonderheiten
der jeweiligen restriktiven Maßnahme zugeschnitten sein.
Zur Durchführung
des in Abs. 1 genannten Europäischen Gesetzes erlässt der Rat auf
Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen oder Beschlüsse.
Zu Artikel III-161:
Die Bestimmung entspricht Art. 81 EGV.
Zu Artikel III-162:
Die Bestimmung entspricht Art. 82 EGV.
Zu Artikel III-163:
Die Bestimmung entspricht Art. 83 EGV.
Zu Artikel III-164:
Die Bestimmung entspricht Art. 84 EGV.
Zu Artikel III-165:
Abs. 1 und 2 entsprechen Art. 85 EGV.
Abs. 3 übernimmt
die bestehende Praxis ins Primärrecht und räumt der Kommission die Befugnis zur
Erlassung von Durchführungsverordnungen zu den Gruppen von Vereinbarungen, „zu
denen der Rat gemäß Art. III-163 Absatz 2 lit. b eine Europäische Verordnung
erlassen hat“, ein. Die letztzitierte Bestimmung verweist ihrerseits auf
Artikel III-161 Abs. 3 des Verfassungsvertrages. Gemäß dieser Vorschrift können
die im Hinblick auf die gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln normierten Verbote
(Art. III-161 Abs. 1) für Unternehmen, die in bestimmten Fällen für nicht
anwendbar erklärt werden können, hinsichtlich ihrer Einzelheiten durch
Verordnung des Rates auf Vorschlag der Kommission, festgelegt werden.
Zu Artikel III-166:
Die Bestimmung entspricht Art. 86 EGV.
Zu Artikel III-167:
Die Bestimmung
entspricht Art. 87 EGV, wobei Abs. 2 lit. c und Absatz 3 lit. a jeweils um
einen Schlusssatz ergänzt werden:
Abs. 2 nennt die
Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. Dazu gehören auch Beihilfen
für die Wirtschaft bestimmter durch die Teilung Deutschlands betroffener
Gebiete. Der Verfassungsvertrag ergänzt nunmehr, dass diese fünf Jahre nach dem
Inkrafttreten des Verfassungsvertrages auf Vorschlag der Kommission durch den
Rat mit Europäischem Beschluss aufgehoben werden kann.
Abs. 3 bestimmt
die Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt als vereinbar angesehen werden
können. Dazu gehören Beihilfen zur
Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen der
Lebensstandard außergewöhnlich niedrig ist oder erhebliche Unterbeschäftigung
herrscht. Ergänzt wird diese Vorschrift durch die Einbeziehung der in Art.
III-424 genannten Gebiete. Es sind dies insbesondere die überseeischen Gebiete
und die Inselgebiete.
Die Erklärung Nr.
16 stellt in diesem Zusammenhang fest, dass Art. III‑167 Abs. 2
lit. c im Einklang mit der geltenden Rechtsprechung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften und des Gerichts erster Instanz zur Anwendbarkeit
dieser Bestimmungen auf die Beihilfen für bestimmte, durch die frühere Teilung
Deutschlands beeinträchtigte Gebiete der Bundesrepublik Deutschland auszulegen
ist.
Zu Artikel III-168:
Die Bestimmung entspricht Art. 88 EGV.
Die Vorschrift
wird um einen Abs. 4 ergänzt. Danach kann die Kommission Europäische
Verordnungen zu den Arten staatlicher Beihilfen erlassen, die auf Grundlage
einer vorhergehenden Europäischen Verordnung des Rates gemäß Art. III-169 vom
Verfahren nach Art. III-168 Abs. 3 ausgenommen werden können. Das bedeutet,
dass die Arten von Beihilfen, über deren Einführung oder Umgestaltung die
Mitgliedstaaten – entgegen der Bestimmung des Art. III-168 Abs. 3 – die
Kommission nicht unterrichten müssen, durch einen generellen Rechtsakt der
Kommission gemäß Art. III-168 Abs. 4 festgelegt werden können.
Zu Artikel III-169:
Die Bestimmung entspricht Art. 89 EGV.
Zu Artikel III-170:
Die Bestimmung fasst Art. 90 bis 92 EGV zusammen.
Zu Artikel III-171:
Die Bestimmung entspricht Art. 93 EGV.
Der Wortlaut des
Art. 93 EGV wird durch die Wortfolge „Notwendigkeit der Vermeidung von
Wettbewerbsverzerrungen“ ergänzt.
Zu Artikel III-172:
Die Bestimmung
entspricht Art. 95 EGV, wird aber im Verfassungsvertrag der Art. 94 EGV
entsprechenden Bestimmung des Art. III-173 vorangestellt. Diese Umreihung der
Artikel bedingt keine Änderungen hinsichtlich der jeweiligen
Verfahrensvorschriften und Anwendungsbereiche der Bestimmungen, trägt aber der
Tatsache Rechnung, dass schon bislang auf die Errichtung und das
Funktionieren des Binnenmarkts abzielende Maßnahmen im Regelfall gemäß Art. 95
EGV im Mitentscheidungsverfahren erlassen werden und der die Einstimmigkeit im
Rat und die bloße Anhörung des Europäischen Parlaments vorsehende Art. 94 EGV
in der Praxis bereits den in Art. 95 Abs. 2 ausdrücklich ausgenommenen
Anwendungsbereichen (Steuern, Freizügigkeit sowie Rechte und Interessen der
Arbeitnehmer) vorbehalten bleibt.
Abs.1 sieht als
Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vor.
Bei der Änderung
von "die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts" (Art. 95
Abs. 1 EGV) auf „die Verwirklichung oder das Funktionieren des Binnenmarkts“
handelt es sich um eine Anpassung an den Wortlaut in anderen Bestimmungen des
Verfassungsvertrags.
Zu Artikel III-173:
Diese Bestimmung,
die Art. 94 EGV entspricht, wird nunmehr dem Art. 95 EGV entsprechenden Art.
III-172 nachgestellt. Damit stellt nun diese Bestimmung die Ausnahme im
Verhältnis zur Art. III-173 dar (siehe Erläuterungen zu Art. III-172).
Zu Artikel III-174:
Die Bestimmung entspricht Art. 96 EGV.
Zu Artikel III-175:
Die Bestimmung entspricht Art. 97 EGV.
Zu Artikel III-176:
Diese Bestimmung
wird neu in den Verfassungsvertrag aufgenommen. Sie stellt eine Rechtsgrundlage
für unionsweit einheitliche Regelungen zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums
dar.
Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze werden im Rahmen der Verwirklichung oder des
Funktionierens des Binnenmarkts Maßnahmen zur Schaffung europäischer
Rechtstitel über einen einheitlichen Schutz der Rechte des geistigen Eigentums
in der Union und zur Einführung von zentralisierten Zulassungs-,
Koordinierungs-, und Kontrollregelungen auf Unionsebene festgelegt.
Die
Sprachenregelungen für die europäischen Rechtstitel werden durch vom Rat
einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlamentes zu erlassende Europäische
Gesetze angenommen.
Wirtschafts- und Währungspolitik
Die Bestimmungen
dieses Kapitels sowie der dazu gehörigen Protokolle werden überwiegend
unverändert aus dem EGV übernommen. Änderungen betreffen vor allem:
- einzelne
Verfahrensschritte bei den Grundzügen der Wirtschaftspolitik und beim Verfahren
bei übermäßigen Defiziten (siehe Abschnitt 1);
- Verfahrensänderungen
infolge des im Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehenen Verfahrens der
Zusammenarbeit gemäß Art. 252 EGV (siehe Abschnitte 1 und 2);
- die
Erweiterung der autonomen Beschlussfassungsrechte der Eurostaaten (siehe
Abschnitt 4);
- die
Übergangsregelungen für Mitgliedstaaten, die nicht der Eurozone angehören, bei
denen den Änderungen bezüglich der Beschlussfassungsrechte der Eurostaaten und
dem Umstand, dass die Übergangsphase zur Einführung des Euro bereits
abgeschlossen ist, Rechnung getragen wird (siehe Abschnitt 5).
Zudem wird in
einzelnen Rechtsgrundlagen (Art. III-179 Abs. 4, Art. III-184 Abs. 6 und
7, Art. III-194 Abs. 2, Art.
III-196 Abs. 3, Art. III-197 Abs. 4 und Art. III-198 Abs. 2) die Definition der
qualifizierten Mehrheit von Art. I-25 Abs. 1 dem Umstand angepasst, dass
- nur die
Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind
und/oder
- in
einzelnen Verfahrensstufen vom Verfahren betroffene Mitgliedstaaten nicht
stimmberechtigt sind.
Als qualifizierte
Mehrheit gilt in diesen Fällen eine Mehrheit von mindestens 55% der
stimmberechtigten Mitglieder des Rates, sofern diese Mitgliedstaaten vertreten,
die zusammen mindestens 65% der Bevölkerung der stimmberechtigten
Mitgliedstaaten ausmachen. Für eine Sperrminorität ist mindestens die
Mindestanzahl der stimmberechtigten Mitglieder des Rats, die zusammen mehr als
35% der Bevölkerung der stimmberechtigten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich
eines (weiteren) Mitgliedes erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte
Mehrheit als erreicht. Daraus ergibt sich, dass für eine Sperrminorität über
die Bevölkerungsschwelle auch in diesen Fällen ein Mitgliedstaat mehr
erforderlich ist als die Mindestanzahl jener Mitgliedstaaten, die einen
Bevölkerungsanteil von 35% überschreiten.
In den Fällen, in
denen diese „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten Mehrheit zur
Anwendung kommt, gilt diese unabängig davon, ob der Rat auf Vorschlag der
Kommission beschließt oder nicht. Das erhöhte „Staatenquorum“ (mindestens 72%
der Mitglieder des Rates), das gemäß Art. I-25 Abs. 2 dann vorgesehen ist, wenn
der Rat nicht auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union
beschließt, gilt in diesen Fällen nicht.
Ebenso wie die
generelle Neudefinition der qualifizierten Mehrheit des Art. I-15 treten auch
diese Spezialbestimmungen zur qualifizierten Mehrheit im Bereich der
Wirtschafts- und Währungspolitik gemäß Art. 2 Abs. 4, 1. UAbs. des Protokolls
Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der
Union erst am 1.November 2009 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt gemäß Art.
2 Abs. 4, 2. UAbs. des Protokolls, dass für Beschlüsse des Rates, die nicht auf
Vorschlag der Kommission zustande kommen, neben der erforderlichen Anzahl der
gewogenen Stimmen auch die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der
stimmberechtigten Mitglieder des Rates erforderlich ist.
Zu Artikel III-177:
Dieser Artikel
übernimmt die Bestimmungen des Art. 4 EGV. Die Änderung „Euro“ anstelle „Ecu“
verdeutlicht, dass der Übergang zum Euro endgültig stattgefunden hat.
Zu Artikel III-178:
Dieser Artikel übernimmt die Bestimmungen des Art. 98
EGV.
Zu Artikel III-179:
Die Bestimmungen
des Art. 98 Abs. 1 bis Abs. 3 EGV zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik
werden unverändert übernommen. In Abs. 4 wird ein neues Frühwarnrecht der
Kommission bei der multilateralen Überwachung der Wirtschaftspolitik der
Mitgliedstaaten verankert.
In Abs. 4, 1.
UAbs., wird neu eingefügt, dass die Kommission an den betreffenden
Mitgliedstaat eine Verwarnung richten kann, wenn im Verfahren nach Abs. 3
festgestellt wird, dass dessen Wirtschaftspolitik nicht mit den in Abs. 2
genannten Grundzügen vereinbar ist oder das ordnungsgemäße Funktionieren der
Wirtschafts- und Währungsunion zu gefährden droht. Unverändert bleibt die
Bestimmung, wonach in der Folge der Rat auf Empfehlung der Kommission die
erforderlichen Empfehlungen an den Mitgliedstaat richtet. Neu ist hingegen,
dass im Verfahren nach Abs. 4, 1. UAbs., der betroffene Mitgliedsstaat nicht
stimmberechtigt ist.
Im Verfahren gemäß
Abs. 4 gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend
die Definition der qualifizierten Mehrheit.
Abs. 5 übernimmt den 2. UAbs. aus Art. 99 Abs.4 EGV
unverändert.
In Abs. 6, der
Einzelheiten des Verfahrens der multilateralen Überwachung im Sinne der Absätze
3 und 4 festlegt, wird das derzeit geltende Verfahren der Zusammenarbeit gemäß
EGV Art. 252, das im Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehen ist, durch das
ordentliche Gesetzgebungsverfahren ersetzt.
Zu Artikel III-180:
Dieser Artikel entspricht Art. 100 EGV.
Zu Artikel III-181:
Dieser Artikel entspricht Art. 101 EGV.
Zu Artikel III-182:
Dieser Artikel
entspricht Art. 101 Abs. 1 EGV.
Die
Rechtsgrundlage in Art. 101 Abs. 2 wird in Art. III-183 Abs. 2 verschoben. Das
Verfahren der Zusammenarbeit wird durch das Anhörungsverfahren ersetzt.
Handlungsformen sind Europäische Verordnungen oder Europäische Beschlüsse des
Rates auf Vorschlag der Kommission.
Zu Artikel III-183:
Abs. 1 entspricht Art. 103 Abs. 1 EGV.
In Abs. 2 wird das
derzeit geltende Verfahren der Zusammenarbeit gemäß Art. 252 EGV, das im
Verfassungsvertrag nicht mehr vorgesehen ist, durch das Anhörungsverfahren
ersetzt. Handlungsformen sind Europäische Verordnungen oder Europäische
Beschlüsse des Rates auf Vorschlag der Kommission. Abs. 2 bildet somit die
Rechtsgrundlage für Europäische Verordnungen oder Beschlüsse zur Festlegung der
Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Art. III-181, III-182 sowie
III-183 Abs. 1 vorgesehenen Verbote.
Zu Artikel III-184:
Dieser Artikel
über die Vermeidung übermäßiger öffentlicher Defizite übernimmt in den Abs. 1
bis 4 die Abs. 1 bis 4 des Art. 104 EGV unverändert. Die Bestimmungen des Art.
104 Abs. 8, 9, 10, 11, 12 und 14 EGV werden in neuer Reihenfolge inhaltlich
unverändert übernommen (siehe unten).
Abgeändert wird
Abs. 5, der nunmehr das Recht der Kommission verankert, einem Mitgliedstaat
eine Stellungnahme vorzulegen, wenn sie der Auffassung ist, dass in diesem
Mitgliedstaat ein übermäßiges Defizit besteht oder sich ergeben könnte. Sie
unterrichtet den Rat. Derzeit legt die Kommission gemäß Art. 104 Abs. 5 EGV in
diesem Fall dem Rat eine Stellungnahme vor.
In Abs. 6 neu eingeführt wird
ein Vorschlagsrecht (statt - wie im EGV – „Empfehlung“) der Kommission bei der
Feststellung eines übermäßigen Defizits. Dies bedeutet, dass der Rat (gemäß
Art. III-395 Abs. 1) einen solchen Vorschlag – gegen den Willen der Kommission
– nur einstimmig abändern kann.
Die folgenden Empfehlungen an den betroffenen Mitgliedstaat werden vom
Rat allerdings weiterhin auf Empfehlung der Kommission mit
qualifizierter Mehrheit beschlossen.
Die Verfahrensschritte, bei denen ein betroffener Mitgliedstaat bei der
Beschlussfassung nicht stimmberechtigt ist, werden auf die Feststellung des
Defizits ausgeweitet.
Im Verfahren gemäß
Abs. 6 gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend
die Definition der qualifizierten Mehrheit.
Abs. 7 legt das für
die Annahme der in den nachstehenden Abs. 8 bis 11 genannten Rechtsakte
geltende Verfahren fest: Der Rat erlässt auf Empfehlung der Kommission (nicht
auf Vorschlag) Europäische Beschlüsse und Empfehlungen. Unverändert gegenüber
dem EGV bleibt, dass bei diesen Verfahrensschritten der betroffene
Mitgliedstaat jeweils nicht stimmberechtigt ist. Es gilt dabei die zu Kapitel
II einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der
qualifizierten Mehrheit.
Abs. 8 und 9 entsprechen Art. 104 EGV Abs. 8
und 9.
Abs. 10 entspricht Art. 104 Abs. 11 EGV.
Abs. 11 entspricht Art. 104 Abs. 12 EGV.
Abs. 12 entspricht Art. 104 Abs. 10 EGV.
Abs. 13 übernimmt
inhaltlich unverändert Art 104 Abs. 14 EGV. Für eine Änderung des Protokolls
Nr. 13 über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit (siehe die dortigen
Erläuterungen) durch ein Europäisches Gesetz des Rates, bleibt weiterhin
Einstimmigkeit und Anhörung des Europäischen Parlaments vorgesehen.
In Bezug auf
Artikel III‑184 bekräftigt die gemeinsame Erklärung Nr.17, dass die
Wirtschafts- und Haushaltspolitik der Union und der Mitgliedstaaten auf die
beiden fundamentalen Ziele ausgerichtet ist, das Wachstumspotenzial zu steigern
und eine solide Haushaltslage zu gewährleisten. Der Stabilitäts- und
Wachstumspakt ist ein wichtiges Instrument für die Verwirklichung dieser Ziele.
Die Konferenz bekennt sich zu den Bestimmungen über den Stabilitäts- und
Wachstumspakt als Rahmen für die Koordinierung der Haushaltspolitik in den
Mitgliedstaaten und bestätigt, dass sich mit einem auf Regeln beruhenden System
am besten gewährleisten lässt, dass die Verpflichtungen tatsächlich eingehalten
und alle Mitgliedstaaten gleich behandelt werden.
Das Ziel, in guten Zeiten schrittweise einen Haushaltsüberschuss zu
erreichen, um in Zeiten des Wirtschaftsabschwungs über den nötigen Spielraum zu
verfügen und so zur langfristigen Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen
beizutragen, wird bekräftigt.
Außerdem erklären die Mitgliedstaaten ihre Offenheit für Änderungsvorschläge
der Kommission sowie Beiträge aus ihren eigenen Reihen zwecks Verbesserung des
Stabilitäts- und Wachstumspakts.
Zu Artikel III-185 bis III-190 allgemein:
Diese Artikel
normieren gemeinsam mit Art. I-30 und dem „Protokoll Nr. 4 zur Satzung des
Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ die
Strukturen, Aufgaben und Rechte der EZB, die gegenüber dem EGV nicht abgeändert
werden.
Zu Artikel III-185:
Die Abs. 1 bis 5
von Art 105 EGV betreffend die Europäische Zentralbank werden unverändert
übernommen.
Abs. 6 sieht für
die Übertragung von Aufgaben (im Zusammenhang mit der Aufsicht über
Kreditinstitute und sonstige Finanzinstitute mit Ausnahme von
Versicherungsunternehmen) an die EZB vom Rat einstimmig nach Anhörung des
Europäischen Parlaments und der EZB zu erlassende Europäische Gesetze vor.
Damit wird das Zustimmungsrecht des Europäischen Parlaments gemäß Art. 105 Abs.
6 EGV durch das Anhörungsrecht ersetzt.
Zu Artikel III-186:
Dieser Artikel
übernimmt Art. 106 EGV betreffend die Ausgabe von Euro-Münzen. Das im Art. 106
Abs. 2 EGV vorgesehene Verfahren
der Zusammenarbeit nach Art. 252 EGV wird durch das Anhörungsverfahren ersetzt.
Europäische Verordnungen des Rates werden auf Vorschlag der Kommission nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und der EZB erlassen.
Zu Artikel III-187:
Dieser Artikel
übernimmt die Bestimmungen aus Art. 107 EGV. Die Definition des ESZB und der
Verweis auf die Rechtspersönlichkeit der EZB werden an dieser Stelle nicht mehr
angeführt, da diese in Teil I Art. I-30 normiert werden.
Abs. 3 betreffend
die Änderung bestimmter Artikel im „Protokoll zur Satzung des Europäischen
Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank“ enthält zwei
Änderungen: Die Beschlussfassung im Rat erfolgt generell mit qualifizierter
Mehrheit, während der EGV Einstimmigkeit für Änderungen auf Vorschlag der
Kommission und qualifizierte Mehrheit für Änderungen auf Vorschlag der EZB
vorsieht. Weiters wird das derzeitige in Art. 107 Abs. 5 EGV vorgesehene
Zustimmungsverfahren durch das Verfahren das ordentliche Gesetzgebungsverfahren
ersetzt. Die EZB behält dabei explizit das Recht, Empfehlungen auszusprechen.
Abs. 4 entspricht Art. 107 Abs. 6 EGV.
Erfolgt die
Beschlussfassung gemäß Art. III-187 Abs. 3 und 4 auf Empfehlung der EZB, so ist
Art. I-25 Abs. 2 zu beachten, wonach in Fällen, in denen der Rat nicht auf
Vorschlag der Kommission (oder des Außenministers der Union) beschließt, als
qualifizierte Mehrheit eine Mehrheit von 72 % der Mitglieder des Rates,
sofern sie Mitgliedstaaten vertreten, die zusammen mindestens 65 % der
Bevölkerung der Union ausmachen, erforderlich ist.
Zu Artikel III-188:
Dieser Artikel entspricht Art. 108 EGV.
Zu Artikel III-189:
Dieser Artikel übernimmt die Bestimmung des Art. 109
EGV, wobei die Textpassage
„spätestens zum Zeitpunkt der Errichtung
des ESZB“ gestrichen wird. Die
Änderung trägt dem Umstand Rechung, dass die Übergangsphase im Zusammenhang mit
der Einführung des Euro abgeschlossen ist.
Zu Artikel III-190:
Dieser Artikel
übernimmt in den Abs. 1 bis 3 die Bestimmung des Art. 110 Abs. 1, Abs. 2
letzter UAbs. sowie Abs. 3 EGV. Art. 110 Abs. 2, UAbs. 1-3 EGV, wird
gestrichen, da die darin vorgesehenen Rechtsakte in den Art. I-33, I-38 und
I-39 erfasst werden.
Zu Artikel III-191:
Dieser Artikel
ersetzt Art. 123 Abs. 4 EGV und stellt eine Rechtsgrundlage für die Annahme von
Maßnahmen bezüglich der einheitlichen Währung dar. Seit der Einführung des Euro
im Jahr 1999 diente der derzeitige Artikel 123 Abs. 4 EGV als Rechtsgrundlage
für die Annahme von Maßnahmen bezüglich der einheitlichen Währung. Diese
Rechtsgrundlage, die für eine Übergangsphase geschaffen worden war, enthält
jedoch überholte Textpassagen, wie zum Beispiel „Maßnahmen, die für eine rasche
Einführung der ECU (…) erforderlich sind“, die im EGV in dem Kapitel
„Übergangsbestimmungen“ enthalten sind.
Mit Art. III-191
wird diese Bestimmung in das Kapitel, das die „normalen“ Regelungen zur
Währungspolitik enthält, verschoben und angepasst. Um den endgültigen Charakter
zu bestätigen, wird die Textpassage „rasche Einführung der ECU“ durch
„Verwendung des Euro“ ersetzt.
Neu eingefügt wird
die einleitende Textpassage „Unbeschadet der Befugnisse der EZB“: Mit dieser
Anpassung wird vermieden, dass im Zusammenhang mit der Schaffung der „stabilen
Rechtsgrundlage“ die Aufgaben der EZB beeinträchtigt werden. Art. III-197 Abs.
2 lit. f definiert, dass nur Mitgliedstaaten deren Währung der Euro ist, an der
Beschlussfassung teilnehmen.
Zu Artikel III-192:
In den Abs. 1 bis
4 werden die Bestimmungen des Art. 114 Abs. 2 bis 4 EGV zum Wirtschafts-
und Finanzausschuss, der mit Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und
Währungsunion eingesetzt wurde, übernommen. Gestrichen werden die mittlerweile
obsoleten Bestimmungen zum Währungsausschuss, der gemäß Art. 114 Abs. 1 EGV
mit Beginn der dritten Stufe (1.
Jänner 1999) aufgelöst wurde.
Zu Artikel III-193:
Dieser Artikel entspricht Art. 115 EGV.
Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist
Dieser Abschnitt
wird in Hinblick auf das reibungslose Funktionieren der Wirtschafts- und
Währungsunion neu eingeführt und normiert Bestimmungen, die ausschließlich für
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, gelten.
Zu Artikel III-194:
Abs.1 enthält neue
Ermächtigungen für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (i.e. der
Eurozone). Diese können nach den Bestimmungen der Art. III-179 (Grundzüge der
Wirtschaftspolitik) und Art. III-184 (Verfahren bei übermäßigem Defizit) autonom
Maßnahmen setzen, um
- die
Koordinierung und Überwachung ihrer Haushaltspolitik zu verstärken;
- die
Grundzüge der Wirtschaftspolitik auszuarbeiten.
Dabei sind die
Verfahrensregeln der Art. III-179 und III-184 zu beachten. Ausgenommen von
dieser Ermächtigung wird der Art. III-184 Abs. 13, der das Verfahren zur
Abänderung des Protokolls über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
sowie das Verfahren zur Festlegung näherer Einzelheiten und
Begriffsbestimmungen für die Durchführung des Protokolls festlegt, die von
allen Mitgliedstaaten zu beschließen sind.
Gemäß Abs. 2
gilt für autonome Maßnahmen der Eurostaaten gemäß Abs. 1 die zu Kapitel II
einleitend dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der
qualifizierten Mehrheit.
Zu Artikel III-195:
Dieser Artikel
verweist hinsichtlich der Einzelheiten der Tagungen der Minister der Euro-Zone
auf das im Verfassungsvertrag neu eingefügte Protokoll Nr. 12 betreffend die
Euro-Gruppe. (siehe dortige
Erläuterungen).
Zu Artikel III-196:
Abs. 1 betreffend
Gemeinsame Standpunkte für internationale Einrichtungen und Konferenzen im
Finanzbereich übernimmt in modifizierter Form Art. 111 Abs. 4 EGV: Um die
Stellung des Euro im internationalen Währungssystem sicherzustellen, erlässt
der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB (Verfahren
gegenüber EGV unverändert) einen Europäischen Beschluss zur Festlegung der
gemeinsamen Standpunkte zu Fragen, die für die Wirtschafts- und Währungsunion
von besonderem Interesse sind.
Abs. 2 wird neu aufgenommen
und normiert das Ziel einer einheitlichen Vertretung bei den internationalen
Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich. Der Rat kann auf Vorschlag der
Kommission und nach Anhörung der EZB geeignete Maßnahmen erlassen.
Abs. 3 normiert,
dass nur Mitglieder der Eurozone bei Maßnahmen nach Abs. 1 und 2
stimmberechtigt sind. Es gilt die zu Kapitel II einleitend dargelegte „lex
specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten Mehrheit.
Die Bestimmungen
des Art. 111 EGV hinsichtlich von Vereinbarungen über ein Wechselkurssystem für
den Euro gegenüber den Währungen von Drittländern, von allgemeinen
Orientierungen für die Wechselkurspolitik oder Vereinbarungen der Union in
Zusammenhang mit Währungsfragen finden sich in Art. III-326 (siehe
Erläuterungen zu Art. III-326).
Dieser Abschnitt
enthält Bestimmungen für all jene Mitgliedstaaten der Union, die vertraglich
zur Einführung des Euro verpflichtet sind, jedoch die Voraussetzungen für die
Einführung des Euro noch nicht erfüllen. Diese Staaten werden als
„Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt“, bezeichnet. Art. 4 des
Protokolls Nr. 9 zum Verfassungsvertrag – durch das der Beitrittsvertrag und
die Beitrittsakte mit diesen Staaten übernommen wird –stellt klar, dass die am
1. Mai 2004 der Union beigetretenen Staaten vorerst zu diesen „Mitgliedstaaten,
für die eine Ausnahmeregelung gilt“ gehören.
Ferner ergibt sich
- aus Art. 1
des Protokolls Nr. 14 zum Verfassungsvertrag, dass die Übergangsbestimmungen
dieses Abschnitts uneingeschränkt für das von der Einführung des Euro
freigestellte Dänemark gelten;
- aus dem
Protokoll Nr.13 zum Verfassungsvertrag, dass die Übergangsbestimmungen dieses
Abschnitts in weiten Teilen – jedoch mit im Protokoll spezifizierten teilweise
abweichenden Ausnahmeregelungen – für das nicht zur Einführung des Euro
verpflichtete Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gelten
(vgl. die Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln dieses Abschnitts und zum
Protokoll Nr. 13).
Der Abschnitt
ersetzt die Art. 116 bis 124 EGV, wobei dem Umstand Rechnung getragen wird,
dass die Übergangsphase zur Einführung des Euro bereits abgeschlossen ist.
Zahlreiche Bestimmungen betreffend die zweite Stufe der Wirtschafts- und
Währungsunion (1. Jänner 1994 bis 31. Dezember 1998), die mit der Einführung
des Euro als Währung der Union obsolet geworden sind, werden daher gestrichen.
Zu Artikel III-197:
Dieser Artikel
listet Bestimmungen auf, die gemäß seinem Abs. 1 in Verbindung mit den
Protokollen Nr.13 und Nr.14 (vgl. obige einleitende Anmerkungen zu Abschnitt 5)
für alle diejenigen Mitgliedstaaten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der
„Eurozone“ nicht angehören, keine Anwendung finden.
Abs. 1 entspricht Art. 122 Abs.1 UAbs. 2 EGV.
Abs. 2 ergänzt die
bereits in Art. 122 Abs. 3 EGV genannten Bestimmungen um drei weitere Bereiche:
- lit. a die
Annahme der das Euro-Währungsgebiet generell betreffenden Teile der Grundzüge
der Wirtschaftspolitik (Art. III-179 Abs. 2);
- lit. i
Europäische Beschlüsse zur Festlegung der innerhalb der zuständigen
internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich einzunehmenden
gemeinsamen Standpunkte zu den Fragen, die von besonderer Bedeutung für die
Wirtschafts- und Währungsunion sind (Art. III-196 Abs. 1);
- lit. j
Maßnahmen zur Sicherstellung einer einheitlichen Vertretung bei den
internationalen Einrichtungen und Konferenzen im Finanzbereich (Art. III-196
Abs. 2.
Es ist darauf
hinzuweisen, dass gemäß Art.4 des Protokolls Nr. 13 für das Vereinigte
Königreich von Großbritannien und Nordirland zusätzlich zu den in Art. III-197
Abs. 2 angeführten u.a. noch folgende weitere Bestimmungen des Kapitels II
„Wirtschafts- und Währungspolitik“ des Verfassungsvertrags nicht gelten: Art.
III-177 Abs. 2, Art. III-184 Abs. 1, Art. III-185 Abs. 4, Art. III-188, Art.
III-189 und Art. III-198 Abs. 3.
Abs. 3 verweist
- unverändert gegenüber Art. 122 Abs. 3 letzter Satz EGV - auf Kapitel IX des
Protokolls Nr.4 zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems der
Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, der zufolge Mitgliedstaaten,
für die eine Ausnahmeregelung gilt, und deren Zentralbanken von den Rechten und
Pflichten im Rahmen des Europäischen Systems der Zentralbanken ausgeschlossen
sind. Für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gilt dies
nach Maßgabe von Art. 8 des Protokolls Nr.13.
Gemäß Abs. 4 (und
Art. 6 des Protokolls Nr. 13) sind Mitgliedstaaten, für die eine
Ausnahmeregelung gilt, in den Fällen des Abs. 2 sowie in den folgenden zwei
Fällen nicht stimmberechtigt:
- Empfehlungen
des Rates an Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist , im Rahmen der
multilateralen Überwachung, einschließlich Empfehlungen zu den
Stabilitätsprogrammen und Verwarnungen (III-179 Abs. 4);
- Maßnahmen
bei übermäßigem Defizit von Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
(III-184 Abs. 6, 7, 8 und 11).
Gemäß Abs. 4,
2.UAbs., gilt in den in Art. III-197 Abs. 2 und Abs. 4, 1. UAbs., genannten
Fällen, in denen nur die
Mitglieder der Eurozone stimmberechtigt sind, die zu Kapitel II einleitend
dargelegte „lex specialis“ betreffend die Definition der qualifizierten
Mehrheit.
Zu Artikel III-198:
Dieser Artikel
regelt die Aufhebung einer Ausnahmeregelung (d.h. die Aufnahme neuer Mitglieder
in die Eurozone). Für das Vereinigte
Königreich von Großbritannien und Nordirland gilt diese Bestimmung nach Maßgabe
von Art. 9 des Protokolls Nr. 13.
Abgesehen von
einer neuen Bestimmung in Abs. 2 (siehe unten) werden die Art. 121 Abs. 1, 122
Abs. 2 und 123 Abs. 5 EGV übernommen.
In Abs. 1 wird der
erste Teilsatz („Mindestens einmal alle zwei Jahre bzw. auf Antrag eines Mitgliedstaats,
für den eine Ausnahmeregelung gilt, berichten die Kommission und die EZB dem
Rat“) aus Art. 122 Abs. 2, erster Satz, EGV übernommen. Der Rest dieses
Absatzes wird mit redaktionellen Anpassungen (Nennung des Euro als
Referenzwährung im Kriterium der Wechselkursstabilität in lit. c aus Art. 121
Abs. 1 EGV übernommen. Anstatt auf das „dem Vertrag beigefügte Protokoll“ wird
nunmehr auf das „Protokoll Nr. 11 über die Konvergenzkriterien“ verwiesen.
Abs.2 1. UAbs.
entspricht Art. 122 Abs. 2, zweiter Satz, EGV mit redaktionellen Anpassungen.
Im 2.UAbs. wird
neu eingefügt, dass der Rat die Aufhebung der Ausnahmeregelung auf Empfehlung
einer qualifizierten Mehrheit derjenigen Mitglieder, deren Währung der Euro
ist, beschließt. Diese Mitglieder beschließen binnen sechs Monaten nach
Befassung des Rates mit dem Kommissionsvorschlag. Im 3. UAbs. wird die
qualifizierte Mehrheit und die Sperrminorität für diese Beschlussfassung, an
der nur Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist teilnehmen, analog zu Art.
III-197 Abs. 4 definiert (siehe dortige Erläuterungen).
Abs. 3 entspricht
Art. 123 Abs. 5 EGV mit folgender Ergänzung: Durch die Einfügung des Adjektivs
„unwiderruflich“ bei der Festlegung des Kurses wird ein wesentlicher
Bestandteils des – als obsolet – gestrichenen Art. 118 EGV (Zusammensetzung des
ECU Währungskorbs) übernommen.
Zu Artikel III-199:
Diese Bestimmung
gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der
„Eurozone“ nicht angehören, einschließlich des Vereinigten Königreichs von
Großbritannien und Nordirland (siehe Art. 8 des Protokolls Nr.13).
Abs. 1 entspricht
Art. 123 Abs. 3 EGV. Solange es Mitgliedstaaten mit Ausnahmeregelung gibt,
besteht der Erweiterte Rat der EZB als drittes Beschussfassungsorgan der EZB.
Abs. 2 übernimmt
mit Ausnahme des Einleitungssatzes Art. 117 Abs. 2 EGV, wobei Anpassungen
vorgenommen werden, um der Liquidation des Europäischen Währungsinstituts
Rechnung zu tragen. Der neue Einleitungssatz stellt klar, dass die Europäische
Zentralbank das Europäische Währungsinstitut ersetzt hat.
Zu Artikel III-200:
Diese Bestimmung
gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der
„Eurozone“ nicht angehören, einschließlich des Vereinigten Königreichs von
Großbritannien und Nordirland (siehe Art. 5 des Protokolls Nr.13)
Der Artikel
entspricht Art. 124 Abs. 1 EGV. Jeder Mitgliedstaat, für den eine
Ausnahmeregelung gilt, behandelt seine Wechselkurspolitik als eine
Angelegenheit von gemeinsamem Interesse.
Zu Artikel III-201:
Diese Bestimmung
gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der
„Eurozone“ nicht angehören, ausgenommen das Vereinigte Königreich (siehe Art. 5
des Protokolls Nr.13).
Art. 119 EGV wird
mit redaktionellen Anpassungen, die eine Streichung von dessen Abs. 4 ohne
inhaltliche Änderungen ermöglichen, übernommen.
Zu Artikel III-202:
Diese Bestimmung
gilt für Mitgliedstaaten, für die eine Ausnahmeregelung gilt, d.h. die der
„Eurozone“ nicht angehören, ausgenommen das Vereinigte Königreich (siehe Art. 5
des Protokolls Nr.13).
Art. 120 EGV wird
mit redaktionellen Anpassungen, die eine Streichung von dessen Abs. 4 ohne
inhaltliche Änderungen ermöglichen, übernommen.
Die Politik in anderen Bereichen
Beschäftigung
Zu Artikeln III-203 bis Art. III-208:
Diese Artikel
entsprechen im Wesentlichen Art. 125 bis Art.130 EGV.
In Art. III-207
werden als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze für
Anreizmaßnahmen zur Förderung der Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten
vorgesehen.
In Art. III-208
wird für die Einsetzung des Beschäftigungsausschusses die Rechtsaktform des
Europäischen Beschlusses vorgesehen.
Sozialpolitik
Zu Artikel III-209:
Diese Bestimmung entspricht Art. 136 EGV.
Zu Artikel III-210:
Dieser Artikel,
der die Handlungsermächtigungen für Gesetzgebungsakte der Union im Bereich der
Sozialpolitik spezifiziert, entspricht Art. 137 EGV.
In Abs. 2 lit. a
werden als Gesetzgebungsakte für unterstützende und ergänzende Maßnahmen der
Union Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen. Die Festlegung von
Mindestvorschriften im Sinne von Abs. 2 lit. b erfolgt durch Europäische
Rahmengesetze. Hinsichtlich der in Abs.1 lit. c bis d und f bis g angeführten
Bereiche, in denen Gesetzgebungsakte vom Rat einstimmig nach Anhörung des
Europäischen Parlamentes erlassen werden, gibt es keine Änderungen gegenüber
dem EGV. Für die dem EGV entnommene „spezifische Passerelle“ in Abs. 3 UAbs. 2,
die die Möglichkeit des Übergangs zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in
diesen Bereichen eröffnet, ist ein vom Rat einstimmig zu erlassender
Europäischer Beschluss vorgesehen.
Zu Artikel III-211:
Diese Bestimmung entspricht Art. 138 EGV.
Zu Artikel III-212:
Dieser Artikel
entspricht Art. 139 EGV. Neu ist, dass das Europäisches Parlament über die
Durchführung der auf Unionsebene zwischen den Sozialpartnern geschlossenen
Vereinbarungen, die auch durch vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassene
Europäische Verordnungen oder Beschlüsse erfolgen kann, zu unterrichten ist.
Zu Artikel III-213:
Dieser Artikel
entspricht Art. 140 EGV mit folgender Ergänzung: Die Kommission wird in
Verbindung mit den Mitgliedstaaten nicht nur durch Untersuchungen,
Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen im Hinblick auf die
Erreichung der Ziele des Artikels III-209 tätig, sondern insbesondere im Wege
von Initiativen, die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen,
den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente
für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten. Das Europäische
Parlament wird davon unterrichtet.
Durch diese
Hinzufügung wird Art. I-15 Abs. 3
präzisiert, in dem es heißt, dass die Union Initiativen zur Koordinierung der
Sozialpolitik der Mitgliedstaaten ergreifen kann.
In der gemeinsamen
Erklärung Nr.18 zu Art. III-213 wird bestätigt, dass die in diesem
Artikel aufgeführten Politikbereiche im Wesentlichen in die Zuständigkeit der
Mitgliedstaaten fallen. Die Tätigkeit der Union nach diesem Artikel hat
ergänzenden Charakter, dient nicht der Harmonisierung einzelstaatlicher Systeme
und lässt die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Garantien und
Gepflogenheiten hinsichtlich der Verantwortung der Sozialpartner unberührt.
Gleichzeitig wird
festgehalten, dass diese Erklärung nicht die im Verfassungsvertrag vorgesehenen
Zuständigkeitsübertragungen an die Union, einschließlich derer im
Sozialbereich, berührt.
Zu Artikel III-214 bis Art. III-219:
Diese Artikel
entsprechen im Wesentlichen Art. 141 bis 148 EGV.
In Art. III-217
ist vorgesehen dass die Einsetzung des Ausschusses für Sozialschutz durch einen
Europäischen Beschlusses des Rates, der mit einfacher Mehrheit gefasst wird,
erfolgt.
Wirtschaftlicher, sozialer und
territorialer Zusammenhalt
Zu Artikel III-220:
Die Förderung des
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Kohäsion) ist schon bisher ein
Ziel der EU (Art. 3 lit. k sowie Art. 158 EGV idF des Vertrages von Amsterdam).
Dieses Ziel findet sich im Verfassungsvertrag nunmehr in Art. I-3 Abs. 3 sowie
Art. III-220 wieder. Gemäß Art. I-14 Abs. 2 lit. c besteht für den Bereich des
wirtschaftlich, territorialen und sozialen Zusammenhalts eine geteilte
Zuständigkeit.
Neu ist die
Hinzufügung des Begriffs des „territorialen“ Zusammenhalts. Dieser Begriff
findet sich auch in Art. III-122 und steht dort im Zusammenhang mit der
Sicherung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Er wird
jedoch mittlerweile im EU-Kontext in einem weiteren Sinn verwendet und steht,
entsprechend dem französischen Sprachverständnis, für die räumliche Dimension
in ihrer umfassenden (physische ebenso wie sozioökonomische und kulturelle
Aspekte umfassenden) Bedeutung.
Neben der
allgemeinen Beschreibung der Aufgaben der Kohäsionspolitik sind schon bisher
bestimmte Gebietstypen (Inseln und ländliche Gebiete im Art. 158 EGV) als
Adressaten ausdrücklich erwähnt. Diese Liste wird in Art. III-220, 3. Abs. deutlich erweitert. Der
Verfassungsvertrag bestimmt nunmehr, dass „unter den betroffenen Gebieten … den
ländlichen Gebieten, den vom industriellen Wandel betroffenen Gebieten und den
Gebieten mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen
Nachteilen, wie den nördlichsten Regionen mit sehr geringer Bevölkerungsdichte
sowie den Insel-, Grenz- und Bergregionen, besondere Aufmerksamkeit geschenkt“
werden soll.
In Protokoll Nr.
29 zum Verfassungsvertrag und einer Erklärung zur Schlussakte betreffend Art.
III-220 wird das Verständnis der Vertragsparteien zum Bereich wirtschaftlicher,
sozialer und territorialer Zusammenhalt in einzelnen Punkten näher präzisiert.
Zu den Artikeln III-221 bis III-224:
Diese Bestimmungen
betreffend die Kohäsionspolitik (die bisherigen Art. 159 bis 162 EGV) werden –
abgesehen von Anpassungen zur Berücksichtigung der geänderten institutionellen
Rahmenbedingungen – unverändert in den Verfassungsvertrag übernommen.
Landwirtschaft und Fischerei
In der Bezeichnung
des von diesem Abschnitt erfassten Politikbereichs wird gegenüber Titel II des
dritten Teils des EGV „Fischerei“ ergänzt.
Zu Artikel III-225:
Gemäß Abs. 1
dieses Artikels legt die Union eine gemeinsame Agrar- und Fischereipolitik fest
und führt sie durch. Entsprechend Art. I-14 Abs. 2 lit. d handelt es sich dabei
um eine Zuständigkeit, die die Union mit den Mitgliedstaaten teilt.
Abs. 2 übernimmt
die Definition landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Art. 32 EGV, wobei ergänzt wird,
dass unter gemeinsamer Agrarpolitik bzw. Landwirtschaft – unter
Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors - auch die
Fischerei zu verstehen ist.
Zu Artikel III-226:
Der Artikel
entspricht Art. 32 EGV mit Ausnahme der in Art. III-225 verschobenen Definition
landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
Zu Artikel III-227 bis Artikel III-229:
Die Art. 33 bis Art. 35 EGV werden unverändert
übernommen.
Zu Artikel III-230:
Dieser Artikel
entspricht Art. 36 EGV, wobei die zur Anwendung kommenden Rechtsaktformen
konkretisiert werden. Die Wettbewerbsregeln finden auf die Produktion
landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit
Anwendung, als Europäische Gesetze oder Rahmengesetze dies nach Art. III-231
Abs. 2 unter Berücksichtigung der Ziele des Artikels III-227 bestimmen. Um
Beihilfen zu genehmigen, kann der Rat auf Vorschlag der Kommission eine
Europäische Verordnung oder einen Europäischen Beschluss erlassen.
Zu Artikel III-231:
Dieser Artikel
entspricht Art. 37 EGV mit wesentlichen verfahrensrechtlichen Änderungen, durch
die das Europäische Parlament erstmals das Mitentscheidungsrecht bei der
Festlegung der gemeinsamen Marktorganisationen und der grundlegenden
Bestimmungen zur gemeinsamen Agrarpolitik erhält. Die Detailbestimmungen werden
hingegen ohne Mitwirkung des Europäischen Parlamentes erlassen. Außerdem werden
obsolet gewordene Bestimmungen (Abs. 1 und Teile von Abs. 2 des Art. 37 EGV)
weggelassen.
Abs. 1 ist Art. 37 Abs. 2 EGV entnommen.
Gemäß Abs. 2
werden die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte sowie andere für die
Verwirklichung der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik notwendige
Bestimmungen durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt, wobei der
Wirtschafts- und Sozialausschuss anzuhören ist. Damit wird das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren eingeführt, während bei den entsprechenden Rechtsakten
gemäß Art. 37 Abs. 2 EGV nur eine Anhörung des Europäisches Parlament zu den
Vorschlägen der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit erlassen
werden, vorgesehen ist.
Gemäß Abs. 3
erfolgt hingegen die Festlegung der Detailregelungen zur gemeinsamen
Agrarpolitik ohne Beteiligung des Europäischen Parlaments. Der Rat erlässt auf
Vorschlag der Kommission die Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse zur
Festsetzung der Preise, der Abschöpfungen, der Beihilfen und der mengenmäßigen
Beschränkungen, sowie zur Festsetzung der Aufteilung der Fangmöglichkeiten in
der Fischerei.
Die Abs. 4 und 5 entsprechen Art. 37 Abs. 3 und 4 EGV.
Zu Artikel III-232:
Art. 38 EGV wird
übernommen, wobei als Rechtsaktform in Abs. 2 Europäische Verordnungen oder
Beschlüsse der Kommission vorgesehen werden.
Umwelt
Nach Artikel I-14
ist die Zuständigkeit für den Bereich Umwelt zwischen der Union und den
Mitgliedstaaten geteilt.
Zu Artikel III-233:
Art. 174 EGV wird
übernommen, wobei in Abs. 4 Übereinkünfte zwischen der Union und dritten
Parteien vorgesehen werden. Dies impliziert, dass hinsichtlich solcher
Übereinkünfte Art. III-323 bis Art. III-325 zur Anwendung kommen.
Zu Artikel III-234:
Art. 175 EGV und
Art. 176 EGV werden zusammengefasst übernommen.
In Abs. 1 werden
als Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen.
Hinsichtlich der
in Abs. 2 vorgesehenen Fälle, in denen Gesetzgebungsakte vom Rat einstimmig
nach Anhörung des Europäisches Parlament erlassen werden, gibt es keine
Änderungen zum EGV.
Abs. 3 bestimmt
als Rechtsaktform für allgemeine Aktionsprogramme, in denen die vorrangigen
Ziele festgelegt werden, das Europäisches Gesetz.
Abs. 6 des Art.
III-234 entspricht Art. 176 EGV.
Verbraucherschutz
Nach Artikel I-14
ist die Zuständigkeit für den Bereich Verbraucherschutz zwischen der Union und
den Mitgliedstaaten geteilt.
Zu Artikel III-235:
Dieser Artikel
entspricht Art. 153 Abs. 1, 3, 4 und 5 EGV, wobei in Abs. 3 als
Gesetzgebungsakte Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen werden.
Die horizontale
Verbraucherschutzklausel des Art. 153 Abs. 2 EGV wird als Art. III-120 im Titel
„allgemein anwendbare Bestimmungen“ in den Verfassungsvertrag übernommen (siehe
dortige Erläuterungen).
Abschnitt 7
Verkehr
Nach Artikel I-14
ist die Zuständigkeit für den Bereich Verkehr zwischen der Union und den
Mitgliedstaaten geteilt
Zu Artikel III-236:
Dieser Artikel
übernimmt die Bestimmungen von Art. 70 und Art. 71 EGV mit einzelnen Anpassungen
bzw. Änderungen.
Abs. 1 entspricht
Art. 70 EGV, wobei durch die geänderte Satzstruktur klarer zum Ausdruck
gebracht wird, dass es sich bei der gemeinsamen Verkehrspolitik um eine von der
Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit handelt.
Abs. 2 entspricht
Art. 71 Abs. 1 EGV. Als Gesetzgebungsakte werden Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze vorgesehen.
Abs. 3 ändert Art.
71 Abs. 2 EGV ab. In formaler Hinsicht gibt es keine Ausnahmen mehr vom
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, womit der Tatsache Rechnung getragen wird,
dass der eine einstimmige Beschlussfassung des Rates erfordernde Abs. 2 von
Art. 71 EGV bislang nie zur Anwendung gekommen ist. Die materiellen
Kernelemente von Art. 71 Abs. 2 EGV werden jedoch insofern übernommen, als beim
Erlass von Gesetzgebungsakten nach Abs. 2 des vorliegenden Artikels den Fällen
Rechnung zu tragen ist, in denen deren „Anwendung den Lebensstandard und die
Beschäftigungslage in bestimmten Regionen sowie den Betrieb der
Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen“ könnten.
Zu Artikel III-237:
Art. 72 EGV wird übernommen. Als Rechtsaktform ist der
Europäische Beschluss vorgesehen.
Zu Artikel III-238:
Art. 73 EGV wird übernommen.
Zu Artikel III-239:
Art. 74 EGV wird übernommen.
Zu Artikel III-240:
Art.75 EGV wird
übernommen.
In Abs. 3 werden
als Rechtsaktformen Europäische Verordnungen oder Beschlüsse vorgesehen.
Nach Abs.4 erlässt
die Kommission Europäische Beschlüsse.
Zu Artikel III-241:
Art.76 EGV wird
übernommen.
In Abs. 2 werden
als Rechtsaktsform Europäische Beschlüsse der Kommission vorgesehen.
Zu Artikel III-242:
Art. 77 EGV wird übernommen, wobei in Abs. 2 das Wort
„schrittweise“ gestrichen wird.
Zu Artikel III-243:
Art. 78 EGV wird
mit der neuen Zusatzklausel übernommen, dass diese Bestimmung fünf Jahre nach
Inkrafttreten des Verfassungsvertrages auf Vorschlag der Kommission vom Rat
durch einen mit qualifizierter Mehrheit zu erlassenden Europäischen Beschluss
aufgehoben werden kann.
Die Bestimmung
gestattet der Bundesrepublik Deutschland innerstaatliche Maßnahmen zum
Ausgleich von wirtschaftlichen Nachteilen zu ergreifen, die Regionen an der
ehemaligen innerdeutschen Staatsgrenze auf Grund der Teilung Deutschlands
erwachsen. Obgleich Deutschland schon während der Teilung seines Staatsgebietes
nie Gebrauch von dem Artikel machte und diese Vorschrift auf Grund der
Wiedervereinigung Deutschlands weithin als obsolet erachtet wird, wird sie im
Hinblick auf mögliche fortbestehende Auswirkungen seiner Teilung vorerst noch
beibehalten.
In der gemeinsamen
Erklärung Nr. 20 zu Art. III-243 wird dazu festgestellt, dass der
Artikel nach der gegenwärtigen Praxis anzuwenden und im Einklang mit der
geltenden Rechtsprechung des EuGH und des EuGI auszulegen ist.
Zu Artikel III-244:
Art. 79 EGV wird
übernommen, wobei wegfällt, dass die Befugnisse des Wirtschafts- und
Sozialausschusses unberührt bleiben.
Zu Artikel III-245:
Dieser Artikel
entspricht Art. 80 EGV, wobei in Abs. 2 des vorliegenden Artikels eine
unmittelbare Handelsermächtigung für die Union, geeignete Maßnahmen für die
Seeschifffahrt und die Luftfahrt durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze
festzulegen, an die Stelle der in Abs. 2 von Art. 80 EGV enthaltenen
Ermächtigungsklausel für den Rat, Vorschriften für die Seeschifffahrt und den
Luftverkehr gemäß den Verfahrensvorschriften des Art. 71 EGV zu erlassen,
tritt.
Nach Artikel I-14 ist der Bereich „transeuropäische
Netze“ eine geteilte Zuständigkeit der Union.
Zu Artikel III-246:
Dieser Artikel entspricht Art. 154 EGV.
Zu Artikel III-247:
Art. 155 EGV und
Art. 156 EGV werden zusammengefasst übernommen.
Gemäß Abs. 2
werden die Leitlinien und übrigen Maßnahmen nach Abs. 1 durch Europäisches Gesetz
oder Rahmengesetz nach Anhörung des Ausschusses der Regionen und des
Wirtschafts- und Sozialausschusses festgelegt.
Abs. 2, UAbs. 2
entspricht Art. 156 Abs. 2 EGV.
Forschung, technologische Entwicklung und
Raumfahrt
Die Bezeichnung
des Politikbereichs wird gegenüber dem EGV („Forschung und technologische
Entwicklung“) um die „Raumfahrt“ erweitert, für die eine neue Rechtsgrundlage
eingeführt wird.
Für den gesamten
Abschnitt besteht gemäß Art. I-14 Abs. 3 eine Sonderform der geteilten
Zuständigkeit, wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten
parallel ausüben können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die
Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und
soweit die Union ihre Zuständigkeit ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.
Zu Artikel III-248:
Dieser Artikel
ergänzt Art. 163 EGV substantiell, indem dem Handeln der Union im Bereich
Forschung und technologische Entwicklung das umfassende Ziel eines europäischen
Raums der Forschung vorgegeben wird:
Gemäß Abs.1 zielt
das Handeln der Union auf die Stärkung der „wissenschaftlichen und
technologischen Grundlagen der Union“ ab – nicht nur auf diejenigen der
„Industrie der Gemeinschaft“, wie es im EGV heißt. Neu hinzugefügt wird zudem,
dass diese Stärkung dadurch erfolgen soll, dass „ein europäischer Raum der
Forschung geschaffen wird, in dem Freizügigkeit für Forscher herrscht und
wissenschaftliche Erkenntnisse und Technologien frei ausgetauscht werden“.
Ferner soll die Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit umfassend, einschließlich
derjenigen der Industrie, gefördert werden, während im Text des EGV
Wettbewerbsfähigkeit lediglich auf Industrie der Gemeinschaft bezogen wird.
In Abs. 2 wird in
der demonstrativen Aufzählung der Hauptzwecke der Förderung der
Zusammenarbeitsbestrebungen die über die Grenzen hinweg ungehinderte
Zusammenarbeit der Forscher ergänzt.
Zu Artikel III-249:
Art. 164 EGV wird übernommen.
Zu Artikel III-250:
Der Artikel
entspricht Art. 165 EGV, wobei in Abs. 2 hinsichtlich von Initiativen der
Kommission zur Förderung der Koordinierung der Tätigkeiten zwischen der Union
und den Mitgliedstaaten ergänzt wird, dass es sich dabei insbesondere um solche
Initiativen handelt, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren
festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen, sowie die
erforderlichen Elemente einer Überwachung auszuarbeiten“. Neu ist auch, dass
das Europäische Parlament in vollem Umfang über diese Initiativen zu
unterrichten ist.
Zu Artikel III-251:
Dieser Artikel
entspricht Art. 166 EGV, wobei in formaler Hinsicht – in Anlehnung an die
bereits im EGV vorgesehenen Verfahren - Folgendes präzisiert wird:
Abs. 1 legt fest,
dass das mehrjährige Rahmenprogramm durch Europäisches Gesetz, d.h. im
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, bestimmt wird.
Abs. 3 bestimmt,
dass die spezifischen Programme zur Durchführung des mehrjährigen Programms
durch vom Rat (mit qualifizierter Mehrheit) nach Anhörung des Europäisches
Parlament und des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu erlassende Europäische
Gesetze festgelegt werden.
Gemäß Abs. 4
werden wiederum ergänzende Maßnahmen zu den im mehrjährigen Jahresprogramm
vorgesehenen Aktionen, die für die Verwirklichung des Europäischen Raums der
Forschung notwendig sind, durch Europäische Gesetze – d.h. im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren – nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses
erlassen.
Zu Artikel III-252:
Die Art. 167 bis
Art. 170 EGV werden zusammengefügt, wobei als Gesetzgebungsakte in Abs. 1 das
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze,
in Abs. 2 und 3 nur Europäische Gesetze vorgesehen werden.
Verfahrensrechtlich kommt es dabei zu keinen Änderungen gegenüber dem EGV, da
bereits Art. 172 Abs. 2 EGV für die im vorliegenden Artikel erfassten Materien
das Mitentscheidungsverfahren und die Anhörung des Wirtschafts- und
Sozialausschusses festschreibt.
Zu Artikel III-253:
Dieser Artikel
entspricht materiell Art. 171 EGV und verfahrensrechtlich Art. 172 Abs. 1 EGV,
wobei als Rechtsaktform, für die Gründung „gemeinsamer Unternehmen“ oder
„anderer Strukturen“ Europäische Verordnungen oder Beschlüsse vorgesehen
werden.
Zu Artikel III-254:
Dieser Artikel schafft eine neue Rechtsgrundlage für
eine Europäische Raumfahrtpolitik.
Gemäß Abs. 1
arbeitet die Union eine europäische Raumfahrtpolitik zur Förderung des
wissenschaftlichen und technischen Fortschritts, der Wettbewerbsfähigkeit der
Industrie und der Durchführung ihrer Politik aus. Zu diesem Zweck kann die
Union gemeinsame Initiativen fördern, die Forschung und technologische
Entwicklung unterstützen und die Anstrengungen zur Erforschung und Nutzung des
Weltraums koordinieren.
Abs. 2 legt die
gesetzliche Grundlage für eine solche Politik fest: die notwendigen Maßnahmen
können durch Europäische Gesetze und Rahmengesetze festgelegt werden. Dies kann
in Form eines europäischen Raumfahrtprogramms geschehen.
Abs. 3 bestimmt,
dass die Union die zweckdienlichen Verbindungen zur Europäischen Weltraumorganisation
(ESA) herstellen wird.
Zu Artikel III-255:
Art. 173 EGV wird übernommen.
Abschnitt 10
Energie
Nach Artikel I-14
ist die Zuständigkeit für den Bereich Energie zwischen der Union und den
Mitgliedstaaten geteilt.
Zu Artikel III-256:
Abs. 1 bestimmt
den Rahmen für die Energiepolitik der Union und definiert die Ziele, die sie
verfolgt. Demnach hat sie sich an zwei Leitlinien zu orientieren:
- Die
Energiepolitik der Union dient der Verwirklichung bzw. dem Funktionieren des
Binnenmarktes und
- sie
berücksichtigt die „Erfordernisse der Erhaltung und der Verbesserung der
Umwelt“.
Die im Rahmen
dieser Leitlinien zu verfolgenden Ziele sind:
- Sicherstellung
des Funktionierens des Energiemarktes;
- Gewährleistung
der Energieversorgungssicherheit in der Union und
- Förderung
der Energieeffizienz und von Energieeinsparungen sowie Entwicklungen neuer und
erneuerbarer Energiequellen.
Abs. 2 bestimmt
als Handlungsformen zur Verwirklichung der genannten
Politikziele Europäische Gesetze und Rahmengesetze zur Verwirklichung der
genannten Politikziele. Sowohl der Ausschuss der Regionen, als auch der
Wirtschafts- und Sozialausschuss sind im Verfahren zwingend zu hören. Abs. 2
stellt weiters klar, dass das Recht der Mitgliedstaaten, die Bedingungen für
die Nutzung ihrer Energieressourcen, ihre Wahl zwischen verschiedenen
Energiequellen und die allgemeine Struktur ihrer Energieversorgung zu
bestimmen, durch diese Bestimmung unberührt bleibt.
Gemäß Abs. 3
werden Maßnahmen (durch Gesetz oder Rahmengesetz) zur Verwirklichung der oben
genannten Ziele mit überwiegend steuerlicher Natur vom Rat einstimmig nach
Anhörung des Europäischen Parlaments beschlossen.
Die europäische
Energiepolitik, die bisher auf verschiedene Rechtsgrundlagen im EGV (vorwiegend
Art. 95 und 175 EGV) gestützt wurde, bekommt durch den Verfassungsvertrag eine
eigene Rechtsgrundlage. Der Kompetenzumfang der Union orientiert sich an der
bisherigen Praxis, die auf den Binnenmarkt ausgerichtet ist. Abs. 1 stellt
daher auch die Verwirklichung und das Funktionieren des Binnenmarktes in den
Vordergrund. Erhaltung und Verbesserung der Umwelt sind dabei zu
berücksichtigen. Die konkret auf Grundlage dieses Rahmens zu erreichenden Ziele
sind ein funktionierender Energiemarkt, der Energie in hinreichender Menge und
zu erschwinglichen Preisen bereitstellt, so dass entsprechende
Versorgungssicherheit in der Union gewährleistet ist. Die Union hat bei der
Erlassung von Rechtsakten darauf zu achten, dass die Energieverwendung
möglichst effizient und sparsam erfolgt. Die Entwicklung neuer und erneuerbarer
Energiequellen ist zu fördern.
In diesem
Zusammenhang sei auch auf die Erklärung Nr. 22 hingewiesen wonach Art. III-256
das Recht der Mitgliedstaaten unberührt lässt, Bestimmungen zu erlassen, die
für die Gewährleistung ihrer Energieversorgung unter den Bedingungen des Art.
III-131 erforderlich sind.
Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts
In diesem Kapitel – für das eine geteilte Kompetenz zwischen der Union
und den Mitgliedstaaten gilt (Art. I-14 Abs. 2 lit. j) – werden der schon mit
dem Amsterdamer Vertrag vergemeinschaftete Titel IV des EGV betreffend Visa,
Asyl, Einwanderung und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen sowie die
bisher im EUV geregelte „Dritte Säule“ betreffend die justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen und die Polizeikooperation zusammengeführt. Die
Handlungsermächtigungen der Union in diesen Bereichen werden dabei neu
gegliedert sowie teilweise umformuliert und substantiell ergänzt.
Im Rahmen des
Kapitels IV sind nachstehende Protokolle zum Verfassungsvertrag zu
berücksichtigen, aus denen sich Sonderregelungen für die Beschlussfassung
ergeben (vgl. die Erläuterungen zu den nachstehenden Protokollen und die
Hinweise auf Bestimmungen dieser Protokolle in den Erläuterungen zu den
einzelnen Bestimmungen dieses Kapitels):
- „Protokoll
Nr. 17 über den in den Rahmen der EU einbezogenen Schengen-Besitzstand“;
- „Protokoll
Nr. 19 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich
der Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl, Einwanderung sowie hinsichtlich
der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen
Zusammenarbeit“;
- „Protokoll
Nr. 20 über die Position Dänemarks“;
In der Erklärung
Nr. 25 zu Art. III-325 (betreffend internationale Übereinkünfte) wird
bestätigt, dass die Mitgliedstaaten Übereinkünfte mit Drittländern oder
internationalen Organisationen in den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in
Zivilsachen, justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und polizeiliche
Zusammenarbeit (Art. III-369 bis III-377) aushandeln und schließen können, sofern
diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht in Einklang stehen.
Allgemeine Bestimmungen
Dieser Abschnitt
enthält - in Ergänzung von Art. I-42 - horizontale Bestimmungen, die für
mehrere oder alle Abschnitte von Kapitel IV gelten.
Zu beachten ist,
dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der
qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im Protokoll
Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit Dänemark
von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen keinen
Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20).
Artikel III-257:
Gemäß Abs. 1, der
Art. I-42 Abs. 1 bekräftigt, bildet die Union einen Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts, in dem die Grundrechte und die verschiedenen
Rechtsordnungen und Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten geachtet werden.
Diese Bestimmung ersetzt Art. 29 EUV und Art. 61 EGV.
Abs. 2 stellt die
Grundlage für die Entwicklung einer gemeinsamen Politik in den Bereichen Asyl,
Einwanderung und Außengrenzkontrolle sowie für die Aufhebung von
Personenkontrollen an den Binnengrenzen dar. Diese gemeinsame Politik gründet
sich auf die Solidarität der Mitgliedstaaten und ist Drittstaaten gegenüber
angemessen. Staatenlose werden in diesem Zusammenhang Drittstaatsangehörigen
gleichgestellt.
Gemäß Abs. 3 wirkt
die Union auf die Gewährleistung eines hohen Maßes an Sicherheit hin. Dazu
werden Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Kriminalität sowie von
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Koordinierung und Zusammenarbeit von
Polizeibehörden und Organen der Strafrechtspflege und anderer zuständiger
Behörden sowie Maßnahmen zur gegenseitige Anerkennung strafrechtlicher
Entscheidungen und Angleichung strafrechtlicher Bestimmungen, ergriffen.
Gemäß Abs. 4 wird
der Zugang zum Recht durch die Union insbesondere durch den Grundsatz der
gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen
in Zivilsachen erleichtert.
Artikel III-258:
Dieser Artikel
normiert die Festlegung der strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische
und operative Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts durch den Europäischen Rat. Damit wird die mit dem „Tampere-Programm“
1999 eingeleitete und mit dem „Haager Programm“ 2004 fortgesetzte Praxis der
Festlegung von strategischen Leitlinien für die gesetzgeberische und operative
Programmplanung im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts durch den
Europäischen Rat primärrechtlich verankert.
Artikel III-259:
Dieser Artikel
bestimmt, dass die nationalen Parlamente bei Gesetzgebungsvorschlägen und
Gesetzesinitiativen, die im Rahmen der justiziellen Zusammenarbeit in
Strafsachen (Abschnitt 4) sowie der Polizeilichen Zusammenarbeit (Abschnitt 5)
vorgelegt werden, Sorge für die Achtung des Subsidiaritätsprinzips tragen. Dies
erfolgt entsprechend Art. 7 Abs. 3 des Protokolls über die Anwendung der
Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (siehe dazu Protokoll
Nr. 2). Darin wird hinsichtlich der Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“
zur Überprüfung der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips festgehalten: Handelt
es sich um einen Entwurf, der auf Rechtsgrundlagen des Teils III des
Verfassungsvertrages zu den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
oder polizeiliche Zusammenarbeit basiert, so beträgt die Auslöseschwelle für
die Überprüfung nicht ein Drittel, sondern nur ein Viertel der den nationalen
Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.
Artikel III-260:
Gemäß dieser
Bestimmung kann der Rat auf Vorschlag der Kommission Europäische Verordnungen
oder Beschlüsse erlassen, mit welchen Einzelheiten festgelegt werden, nach
denen die Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit der Kommission eine objektive
und unparteiische Bewertung der Durchführung der unter das Kapitel „Raum der
Freiheit, des Rechts und der Sicherheit“ fallenden Unionspolitiken durch die
Behörden der Mitgliedstaaten vornehmen. Diese Evaluierungs-Normen berühren in
keiner Weise die Bestimmungen über das Verfahren vor dem Europäischen
Gerichtshof (Art III-360 bis Art III-362) und haben insbesondere die Förderung
der umfassenden Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung zum
Zweck.
Das Europäische
Parlament und die nationalen Parlamente werden vom Inhalt und den Ergebnissen
dieser Bewertung unterrichtet. Gemäß Art. I-42 Abs. 2 können sich die
nationalen Parlamente an den Bewertungsmechanismen nach Art. III-260
beteiligen.
Zu beachten ist,
dass bei Art. III-260 nicht nur jene Sonderbestimmungen zur Definition der
qualifizierten Mehrheit wirksam werden können, die sich aus den Dänemark im
Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, soweit und solange
Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen
keinen Gebrauch macht, sondern zusätzlich auch die, die sich aus den dem
Vereinigten Königreich in Protokoll Nr. 9 zugestandenen
Opt-Out/Opt-In-Regelungen ergeben (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 19
und Protokoll Nr. 20).
Artikel III-261:
Art. III-261
ermöglicht die Einsetzung eines ständigen Ausschusses im Rat, um
sicherzustellen, dass innerhalb der Union die operative Zusammenarbeit im
Bereich der inneren Sicherheit gefördert und verstärkt wird. Unbeschadet des
Art. III-344 betreffend den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen
der Mitgliedstaaten (AStV), fördert dieser Ausschuss die Koordinierung der
Maßnahmen der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten. Die Vertreter der
betroffenen Stellen und sonstigen Stellen der Union können an den Arbeiten des
Ausschusses beteiligt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen
Parlamente werden über diese Arbeiten auf dem Laufenden gehalten. Diese
Bestimmung ersetzt Art. 36 EGV.
Artikel III-262:
Die
Mitgliedstaaten bleiben weiterhin für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit zuständig. Diese Zuständigkeiten
werden durch Kapitel IV nicht berührt. Diese Bestimmung entspricht Art. 33 EUV
und Art. 64 Abs. 1 EGV mit einigen redaktionellen Änderungen.
Artikel III-263:
Um im
Regelungsbereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts die Verwaltungszusammenarbeit
zwischen den zuständigen Dienststellen der Mitgliedstaaten sowie die
Zusammenarbeit zwischen diesen und den Dienstellen der Kommission zu
gewährleisten erlässt der Rat Europäische Verordnungen.
Dabei beschließt
er auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Hinsichtlich der Verwaltungszusammenarbeit in den Bereichen „Zusammenarbeit in
Strafsachen“ und „Polizeiliche Zusammenarbeit“ verfügt auch ein Viertel der
Mitgliedstaaten über ein Initiativrecht. Diese Bestimmung ersetzt Art. 66 EGV.
Artikel III-264:
Diese Bestimmung
ergänzt Art. I-42 Abs. 3. In folgenden Bereichen behält eine Gruppe von einem
Viertel der Mitgliedstaaten neben der Kommission ein Initiativrecht:
- Justizielle
Zusammenarbeit in Strafsachen (Art. III-269 bis III-274);
- Polizeiliche
Zusammenarbeit (Art. III-275 bis III-277);
- Verwaltungszusammenarbeit
in den vorgenannten Bereichen gemäß Art. III-263.
Politik betreffend Grenzkontrollen
Asyl und Einwanderung
Dieser gesamte
Abschnitt unterliegt dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren. Damit wird der
Prozess der Überführung der Bereiche Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung in
die Gemeinschaftsmethode, der mit dem Vertrag von Amsterdam begonnen wurde,
abgeschlossen.
Zu beachten ist,
dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der
qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den dem Vereinigten Königreich
von Großbritannien und Nordirland sowie Irland im Protokoll Nr. 19 und Dänemark
im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, soweit und
solange diese Mitgliedstaaten von den in diesen Protokollen ebenfalls
vorgsehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch machen (siehe die Erläuterungen
zu Protokoll Nr. 19 und Protokoll Nr. 20).
Artikel III-265:
Diese Bestimmung
ersetzt Art. 62 EGV und regelt die Entwicklung der Unionspolitik im Bereich
Grenzkontrollen. Diese Politik zielt auf Folgendes ab:
- Personen
dürfen – unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – beim Überschreiten der
Binnengrenzen nicht kontrolliert werden;
- die
Personenkontrolle und die wirksame Überwachung des Grenzübertritts an den
Außengrenzen;
- schrittweise
Einführung eines integrierten Außengrenzschutzsystems.
Gemäß Abs. 2
betreffen in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen festgelegte Maßnahmen
folgende Bereiche:
- gemeinsame
Politik in Bezug auf Visa und andere kurzfristige Aufenthaltstitel;
- Personenkontrollen
an den Außengrenzen;
- Voraussetzungen,
unter denen sich Drittstaatsangehörige innerhalb der Union während eines kurzen
Zeitraums bewegen können;
- alle
Maßnahmen, die für die schrittweise Einführung eines integrierten
Grenzschutzsystems an den Außengrenzen erforderlich sind;
- Abschaffung
der Kontrolle von Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit beim
Überschreiten der Binnengrenzen.
Das Protokoll Nr.
21 hält zu Art. III‑265 Abs. 2 lit. b fest, dass entsprechende Maßnahmen über
Personenkontrollen an den Außengrenzen nicht die Zuständigkeit der
Mitgliedstaaten für die Aushandlung und den Abschluss von Übereinkünften mit
Drittländern berühren, sofern diese mit dem Unionsrecht und anderen in Betracht
kommenden internationalen Übereinkünften im Einklang stehen.
Gemäß Abs. 3 wird
die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die geographische Festlegung ihrer
Grenzen nach dem Völkerrecht durch Art III-265 nicht berührt.
Hinsichtlich von
Personenkontrollen an den Grenzen des Vereinigten Königreichs mit anderen Mitgliedstaaten
der Union sind – u. a. ungeachtet der Art. III-130 Art. III-265 – die
Bestimmungen des Protokolls Nr.18 „über die Anwendung bestimmter Aspekte des
Art. III-130 der Verfassung auf das Vereinigte Königreich und Irland“
maßgeblich.
Artikel III-266:
Diese Bestimmung ersetzt Art. 63 Abs. 1 und 2 und Art.
64 Abs. 2 EGV und betrifft
die Asylpolitik
der Union gegenüber Drittstaatsangehörigen. Bei Asylanträgen von
Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates der Union ist das Protokoll Nr. 22 „über
die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten“ anzuwenden.
Gemäß Abs. 1
entwickelt die Union in Fortsetzung ihrer bisherigen Politik eine gemeinsame
Politik im Bereich Asyl, subsidiärer Schutz und vorübergehender Schutz. Damit
soll in diesen Bereichen ein gemeinsames integriertes System an Stelle der
bislang vorgesehenen Mindestnormen geschaffen werden.
Jedem
Drittstaatsangehörigen, der internationalen Schutz benötigt, soll ein
angemessener Status angeboten und die Einhaltung des Grundsatzes der
Nicht-Zurückweisung gewährleistet werden. Diese Politik muss mit dem Genfer
Abkommen vom 28. Juli 1951 und dem Protokoll vom 31. Jänner 1967 über die
Rechtslage von Flüchtlingen sowie den anderen einschlägigen Verträgen im
Einklang stehen.
Gemäß Abs. 2 legen
Europäische Gesetze oder Rahmengesetze in Bezug auf eine gemeinsame europäische
Asylregelung fest:
- einen in
der ganzen Union gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsnagehörige;
- einen
einheitlichen subsidiären Schutzstatus für Drittstaatsangehörige, die keinen
europäischen Asylstatus erhalten, aber internationalen Schutz benötigen;
- eine
gemeinsame Regelung für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen im Falle
eines Massenzustroms;
- gemeinsame
Verfahren für die Gewährung und den Entzug eines einheitlichen Asylstatus
beziehungsweise des subsidiären Schutzstatus;
- Kriterien
und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines
Antrags auf Asyl oder subsidiären Schutz zuständig ist;
- Normen über
die Aufnahmebedingungen von Personen, die Asyl oder subsidiären Schutz
beantragen;
- Partnerschaft
und Zusammenarbeit mit Drittländern zur Steuerung der Zuströme von Personen,
die Asyl oder subsidiären Schutz beziehungsweise vorübergehenden Schutz
beantragen.
Abs. 3 schafft
eine neue Rechtsgrundlage für den Fall der Notlage eines oder mehrerer
Mitgliedstaaten auf Grund eines plötzlichen Zustroms von
Drittstaatsangehörigen. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission und nach
Anhörung des Europäischen Parlaments Europäische Verordnungen oder Beschlüsse
erlassen, die vorläufige Maßnahmen zugunsten der betreffenden Mitgliedstaaten
vorsehen.
Artikel III-267:
Diese Bestimmung ersetzt Art. 63 Abs. 3 und 4 EGV.
Gemäß Abs. 1
entwickelt die Union eine gemeinsame Einwanderungspolitik. Diese wird erstmals
in ihrer Gesamtheit dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren unterworfen und
soll Folgendes gewährleisten:
- eine
wirksame Steuerung der Migrationsströme;
- eine
angemessene Behandlung von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem
Mitgliedstaat aufhalten, sowie
- die
Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und
Menschenhandel.
Zu diesem Zweck
werden gemäß Abs. 2 durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen für
folgende Bereiche festgelegt:
- Einreise-
und Aufenthaltsvoraussetzungen sowie Normen für die Erteilung von Visa und
Aufenthaltstiteln für einen langfristigen Aufenthalt, einschließlich solcher
zur Familienzusammenführung, durch die Mitgliedstaaten;
- Festlegung
der Rechte von Drittstaatsangehörigen, die sich rechtmäßig in einem
Mitgliedstaat aufhalten, einschließlich der Bedingungen, unter denen sie sich
in den anderen Mitgliedstaaten frei bewegen und aufhalten dürfen;
- illegale
Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und
Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat
aufhalten;
- Bekämpfung
des Menschenhandels, insbesondere des Handels mit Frauen und Kindern.
Die Bekämpfung des Menschenhandels, die bislang im Rahmen der
strafrechtlichen Zusammenarbeit der Dritten Säule erfolgte, wird nunmehr in
die Rechtsgrundlage für die
Einwanderungspolitik einbezogen.
Da bei Maßnahmen zur Koordination der Systeme der sozialen Sicherheit
hinsichtlich Drittstaatsangehöriger auf Art. III-267 zurückzugreifen ist, wird
in der „Erklärung Nr.14 zu den Art. III-136 und III-267“ festgehalten, dass die
im Zusammenhang mit der „Notbremse“ in Art. III-136 Abs. 2 festgehaltenen
Bedingungen auch bei der Ausdehnung von Maßnahmen auf Drittstaatsangehörige auf
der Basis von Art. III-267 gebührend zu berücksichtigen sind (angemessene
Berücksichtigung der Interessen derjenigen Mitgliedstaaten, die die
Grundprinzipien ihres sozialen Sicherheitssystems oder dessen finanzielles
Gleichgewicht beeinträchtigt sehen).
Die Union kann
gemäß Abs. 3 weiters mit Drittländern Übereinkünfte über die Rückübernahme von
Drittstaatsangehörigen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das
Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den
Aufenthalt auf diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen, in ihr Ursprungs-
oder Herkunftsland schließen.
Gemäß Abs. 4
werden unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetz Maßnahmen
festgelegt, mit welchen die Integrationsbemühungen der Mitgliedstaaten
hinsichtlich der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhaltenden
Drittstaatsangehörigen gefördert oder unterstützt werden.
Gemäß Abs. 5
berührt Art. III-267 nicht das Recht der Mitgliedstaaten festzulegen, wie viele
Drittstaatsangehörige aus Drittländern in ihr Hoheitsgebiet einreisen dürfen,
um dort als Arbeitsnehmer oder Selbständige Arbeit zu suchen.
Artikel III-268:
Diese neue
Bestimmung normiert hinsichtlich der Politik im Bereich Grenzkontrollen, Asyl
und Einwanderung sowie deren Umsetzung den Grundsatz der Solidarität und
gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeiten unter den Mitgliedstaaten, und
zwar auch in finanzieller Hinsicht. Dementsprechend haben die auf Grund dieses
Abschnitts erlassenen Rechtsakte der Union, immer wenn dies erforderlich ist,
entsprechende Maßnahmen für die Anwendung dieses Grundsatzes zu enthalten.
Justizielle Zusammenarbeit inZivilsachen
Zu beachten ist,
dass in diesem Abschnitt die Sonderbestimmungen zur Definition der
qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den dem Vereinigten
Königreich von Großbritannien und Nordirland sowie Irland im Protokoll Nr. 19
und Dänemark im Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben,
soweit und solange diese Mitgliedstaaten von den in diesen Protokollen
ebenfalls vorgsehenen Opt-In-Regelungen keinen Gebrauch machen (siehe die
Erläuterungen zu Protokoll Nr. 19 und Protokoll Nr. 20).
Zu Artikel III-269:
Dieser Artikel ersetzt Art. 65 EGV.
Abs. 1 definiert
die Zuständigkeiten der Union in diesem Abschnitt. Demnach ist die justizielle
Zusammenarbeit auf zivilrechtliche Sachverhalte mit grenzüberschreitenden
Bezügen beschränkt. Wichtigste Methode der Zusammenarbeit in Zivilsachen ist
die „gegenseitige Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher
Entscheidungen“. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit können jedoch auch Maßnahmen
zur „Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten“ gesetzt werden.
Abs. 2 enthält im
Unterschied zum EGV eine taxative Aufzählung von Maßnahmen die in Form von
Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze zur Erreichung der Zwecke des Abs. 1 gefasst werden können. Diese
Maßnahmen sind nunmehr insbesondere dann zu erlassen, wenn dies für das
reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist. Durch die Einführung
des Worts „insbesondere“ ist das Kriterium der Erforderlichkeit für das
reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts gegenüber dem EGV abgeschwächt
worden. In Ergänzung der in Art. 65 EGV haben die Maßnahmen der Union folgende
weitere Ziele:
- „einen
effektiven Zugang zum Recht“;
- die Entwicklung
von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten;
- die
Förderung und Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.
Gemäß Abs. 3 gilt
für familienrechtliche Maßnahmen mit grenzüberschreitenden Bezügen wie bislang
eine Sonderregelung für die Beschlussfassung: Der Rat entscheidet einstimmig
nach Anhörung des Europäischen Parlaments.
Im 2. UAbs. wird
eine spezifische „Passerelle“ eingeführt, wonach der Rat für bestimmte Aspekte
des Familienrechts mit grenzüberschreitendem Charakter nach Anhörung des
Europäischen Parlaments einstimmig den Übergang zum ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren beschließen kann.
Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
Dieser in Titel VI
des EUV geregelte Politikbereich, der bislang als „Dritte Säule“ der Union
nicht der Gemeinschaftsmethode des EGV unterliegt, wird in diesem Abschnitt des
Verfassungsvertrags in den nunmehr einheitlichen Rechtsrahmen der Union
integriert, wobei allerdings weiterhin folgende Sonderbestimmungen zur
Anwendung kommen:
- Gemäß Art.
I-42 Abs. 3 und Art. III-264 behält neben der Kommission eine Gruppe von einem
Viertel der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.
- Gemäß Art.
III-259 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 des Protokolls Nr.2 beträgt die
Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“ zur Überprüfung der Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips nur ein Viertel – an Stelle eines Drittels – der den nationalen
Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.
- Gemäß Art.
I-42 Abs. 2 und Art. III-273 werden die nationalen Parlamente in die Bewertung
der Tätigkeit von Eurojust speziell einbezogen.
- Der
Abschnitt 4 wird zwar grundsätzlich der EUGH-Kontrolle unterworfen, gemäß Art.
III-377 unterliegt dabei jedoch die Überprüfung der Gültigkeit oder
Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer
Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates oder der Wahrnehmung der
mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit nicht der Zuständigkeit des EUGH.
- Im
Strafrechtsbereich können nur in Europäischen Rahmengesetzen
Mindestvorschriften in taxativ genannten Einzelbereichen im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren festgelegt werden. Zudem kann das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren durch eine „Notbremse“ (siehe Erläuterungen zu Art.
III-270 und III-271) unterbrochen werden, die sicher stellt , dass kein
für die gesamte Union verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen
eines Mitgliedstaates angenommen werden kann. Eine Ausdehnung von Mindestvorschriften auf weitere,
im Verfassungsvertrag nicht bereits explizit genannte Einzelbereiche bedarf
darüber hinaus einstimmiger Ratsbeschlüsse mit Zustimmung des Europäischen
Parlaments.
- Zu beachten
ist außerdem , dass in diesem Abschnitt 4 die Sonderbestimmungen zur Definition
der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im
Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit
Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen
keinen Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20).
In Abschnitt 4
werden die Rechtssetzungsbefugnisse der Union hinsichtlich der Befugnisse zur
Angleichung des materiellen Strafrechts klarer umschrieben als im EUV. Auch im
Bereich des Strafprozessrechts werden künftig Rechtsangleichungen möglich sein.
Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen wird der Grundsatz der
gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen mitgliedstaatlicher Gerichte sein.
Er wird förmlich im Verfassungsvertrag verankert. Die Kompetenz zur Angleichung
der Rechtsvorschriften steht im Dienste dieses Grundsatzes und soll im Hinblick
auf die unterschiedlichen europäischen Rechtstraditionen seine Umsetzung
erleichtern.
Zu Artikel III-270:
Diese Bestimmung ersetzt Art. 31 Abs. 1 EUV.
Absatz 1 definiert
den zentralen Grundsatz der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen und legt
die zur Erreichung des Zieles erforderlichen Maßnahmen fest.
Grundsatz der
Unionskompetenz ist die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Urteile und
Entscheidungen. Sie umfasst die Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten in den in Absatz 2 und Artikel III-271 genannten Bereichen
(siehe unten).
Durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze werden
Maßnahmen erlassen, um
- Regeln und
Verfahren festzulegen, durch die die Anerkennung aller Arten von Urteilen und
gerichtlichen Entscheidungen in der Union sichergestellt wird;
- Kompetenzkonflikte
zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern oder beizulegen;
- die
Weiterbildung von Richtern, Staatsanwälten und Justizbediensteten zu fördern;
- die
Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der
Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der
Vollstreckung von Entscheidungen zu erleichtern.
Abs. 2 definiert
die Voraussetzungen für die Erlassung von Mindestvorschriften, die
ausschließlich in Form Europäischer Rahmengesetze zu erlassen sind. Solche
Mindestvorschriften müssen zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung
gerichtlicher Urteile und Entscheidungen sowie der polizeilichen oder
justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension
erforderlich sein. Die Unterschiede der mitgliedsstaatlichen Rechtsordnungen
und Traditionen sind bei der Erlassung von Mindestvorschriften zu
berücksichtigen.
Gemäß einer
taxativen Aufzählung können Gegenstand dieser Vorschriften sein:
- Die
Zulässigkeit von Beweismitteln zwischen den Mitgliedstaaten auf gegenseitiger
Basis;
- die Rechte
des Einzelnen im Strafverfahren;
- die Rechte
der Opfer von Straftaten;
Darüber hinaus
kann der Rat einstimmig nach
Zustimmung des Europäischen Parlaments durch Europäischen Beschluss sonstige
Aspekte des Strafverfahrens bestimmen, die Gegenstand von Mindestvorschriften
sein können.
Der Erlass von
Mindestvorschriften hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, ein höheres
Schutzniveau für den Einzelnen beizubehalten oder einzuführen.
Gemäß Abs. 3 kann das ordentliche Gesetzgebungsverfahren beim Erlass von
Mindestnormen entsprechend Abs. 2 durch eine „Notbremse“ unterbrochen
werden: Ist ein Mitgliedstaat der
Auffassung, dass der Entwurf einer dieser Rechtsvorschriften die
Grundprinzipien seiner Rechtsordnung berührt, kann er die Befassung des
Europäischen Rats beantragen. Das Gesetzgebungsverfahren bleibt dann vier
Monate ausgesetzt, während derer der Europäische Rat im Konsens entscheiden
kann,
- dass
der Entwurf an den Rat rückverwiesen und das Gesetzgebungsverfahren fortgesetzt
wird oder
- dass
die Kommission oder eine Gruppe von Mitgliedstaaten einen neuen Entwurf
vorlegen soll und damit der ursprüngliche Entwurf als nicht angenommen gilt.
Trifft der Europäische Rat gemäß Abs. 4 binnen vier Monaten keine
Entscheidung oder wird das Europäische Rahmengesetz binnen zwölf Monaten nach
Vorlage eines neuen Entwurfs nicht erlassen, so gilt auf Wunsch von mindestens
einem Drittel der Mitgliedstaaten – die dies dem Europäischen Parlament, dem
Rat und der Kommission mitteilen – die Ermächtigung zu einer verstärkten
Zusammenarbeit auf der Grundlage des Entwurfs des Rahmengesetzes als erteilt.
Dieser Notbremsemechanismus stellt sicher, dass kein für die gesamte
Union verbindlicher Gesetzesakt gegen den ausdrücklichen Willen eines
Mitgliedstaates angenommen werden kann.
Zu Artikel III-271:
Gemäß Abs. 1 können
durch Europäische Rahmengesetze
Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in
Bereichen besonders schwerer Kriminalität festgelegt werden. Solche
Mindestvorschriften können unter der Bedingung erlassen werden, dass die
betroffenen Bereiche schwerer Kriminalität eine grenzüberschreitende Dimension
entweder aufgrund ihrer Art oder Auswirkungen oder aufgrund einer besonderen
Notwendigkeit, diese gemeinsam zu bekämpfen, haben.
Als betroffene
Kriminalitätsbereiche werden genannt:
- Terrorismus;
- Menschenhandel
und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern;
- illegaler
Drogenhandel;
- illegaler
Waffenhandel;
- Geldwäsche;
- Korruption;
- Fälschung
von Zahlungsmitteln;
- Computerkriminalität,
und
- organisierte
Kriminalität.
Der Rat kann
jedoch einstimmig, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments, einen
Europäischen Beschluss erlassen und den Anwendungsbereich dieses Artikels auf
weitere Kriminalitätsbereiche ausdehnen.
Abs. 2 enthält
eine Ermächtigung für den Fall, dass sich im Zusammenhang mit bereits erfolgten
Harmonisierungsmaßnahmen in anderen Politikbereichen die Angleichung
strafrechtlicher Vorschriften der Mitgliedstaaten als unerlässlich für die
wirksame Durchführung der Politik der Union in jenem Politikbereich erweist. In diesen Fällen können in Europäischen
Rahmengesetzen Mindestvorschriften für die Festlegung von Straftaten und
Strafen normiert werden. Dabei ist das gleiche Gesetzgebungsverfahren wie beim
Erlass der Harmonisierungsmaßnahmen in dem betreffenden Politikbereich
anzuwenden. Jedenfalls besteht aber auch dann ein Initiativrecht für eine
Gruppe von einem Viertel der Mitgliedstaaten.
Durch diese
Bestimmung wird eine Unionskompetenz zur Erlassung vereinheitlichter
Tatbestände und Strafen im Hinblick auf Bereiche, in denen bereits
harmonisierende Maßnahmen gesetzt wurden, geschaffen. Die Regelung verfolgt den
Zweck, in einem vereinheitlichten Binnenmarkt nicht nur harmonisierte
administrative Regelungen, sondern auch vereinheitlichte Sanktionsnormen
schaffen zu können.
Die Abs. 3 und 4 enthalten eine gleich lautende
„Notbremsebestimmung“ wie Artikel III-270.
Zu Artikel III-272:
Die Bestimmung
schafft eine Rechtsgrundlage für die Erlassung gemeinsamer Maßnahmen im Bereich
der Kriminalprävention, die gemäß Art. 29 EUV bereits ein Ziel der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen ist. Diese
Maßnahmen dienen der Förderung und Unterstützung der diesbezüglichen Maßnamen
der Mitgliedstaaten. Eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten durch solche Maßnahmen ist aber ausgeschlossen.
Zu Artikel III-273:
Dieser Artikel ist
die Rechtsgrundlage für die bereits bestehende Einrichtung der Union „Eurojust“
und ersetzt Art. 31 Abs. 2 EUV. Dabei werden Aufgaben und Auftrag von Eurojust
präzisiert:
Absatz 1 definiert
den Kompetenzrahmen von Eurojust. Es ist zuständig für die Unterstützung und
Verstärkung der Koordinierung und Zusammenarbeit der nationalen Behörden, die
für die Ermittlung und Verfolgung schwerer Kriminalität zuständig sind:
- wenn zwei
oder mehrere Mitgliedstaaten betroffen sind oder
- eine
Verfolgung auf gemeinsamer Grundlage erforderlich ist.
Eurojust stützt
sich dabei auf die von den Behörden der Mitgliedstaaten oder von Europol
gelieferten Informationen und durchgeführten Operationen.
Aufbau,
Arbeitsweise, Tätigkeitsbereich und Aufgaben von Eurojust, werden durch
Europäisches Gesetz, das heißt im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren,
festgelegt. Der mögliche Aufgabenkreis von Eurojust umfasst:
- Einleitung
strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen und Vorschläge zur Einleitung von
strafrechtlichen Verfolgungsmaßnahmen, insbesondere bei Straftaten zum Nachteil
der finanziellen Interessen der Union. Die Maßnahmen werden von den Behörden
der Mitgliedstaaten durchgeführt.
- Koordinierung
der obgenannten Ermittlungs- und Verfolgungsmaßnahmen.
- Verstärkung
der justiziellen Zusammenarbeit, enge Kooperation mit dem Europäischen
justiziellen Netz und Beilegung von Kompetenzkonflikten.
Durch Europäisches
Gesetz werden die Beteiligung des Europäischen Parlamentes und der nationalen
Parlamente an der Bewertung der Tätigkeit von Eurojust festgelegt.
Abs. 2 legt fest,
dass förmliche Prozesshandlungen stets durch die zuständigen einzelstaatlichen
Bediensteten vorgenommen werden.
In der Erklärung
Nr. 23 zu Abs. 1 UAbs. 2 wird festgehalten, dass das genannte Europäische
Gesetz den nationalen Vorschriften und Verfahrensweisen im Zusammenhang mit der
Einleitung strafrechtlicher Ermittlungsmaßnahmen Rechnung tragen soll.
Zu Artikel III-274:
Der Artikel
enthält eine Ermächtigungsklausel zur Errichtung einer Europäischen
Staatsanwaltschaft, die nur einstimmig vom Rat aktiviert werden kann. Der
Verfassungsvertrag führt damit keineswegs unmittelbar zur Schaffung einer
Europäischen Staatsanwaltschaft.
Gemäß Abs. 1 kann
ausgehend von Eurojust eine Europäische Staatsanwaltschaft auf Grundlage eines
einstimmig beschlossenen Europäischen Gesetzes nach Zustimmung des europäischen
Parlamentes eingesetzt werden, deren Zuständigkeit ausschließlich auf die Bekämpfung
von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union beschränkt
wird.
Abs. 2 enthält
Grundsätze betreffend die Ausübung der Zuständigkeit der Europäischen
Staatsanwaltschaft, denen in einem Europäischen Gesetz gemäß Abs. 1 Rechnung zu
tragen ist:
- Die
Staatsanwaltschaft ist – gegebenenfalls in Verbindung mit Europol – zuständig
für strafrechtliche Untersuchung, Verfolgung und Anklageerhebung betreffend
Personen, die Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union
begangen haben;
- Die
Straftaten sind in dem obgenannten Europäischen Gesetz zur Einrichtung der
Europäischen Staatsanwaltschaft zu definieren;
- Bei den
festgelegten Straftaten nimmt die Europäische Staatsanwaltschaft die Aufgabe
der nationalen Anklagebehörde vor den zuständigen (nationalen) Gerichten war.
Abs. 3 ergänzt
Abs. 2 hinsichtlich des erforderlichen Inhaltes des gemäß Abs. 1 vorgesehenen
Europäischen Gesetzes. In diesem Gesetz sind die Satzung der Europäischen
Staatsanwaltschaft, die Einzelheiten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für
ihre Tätigkeit geltenden Verfahrensvorschriften und die Regeln für die
Zulässigkeit von Beweismitteln und für die gerichtliche Kontrolle der von der
Europäischen Staatsanwaltschaft bei der Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommenen
Prozesshandlungen, festzulegen.
Abs. 4 enthält
eine Ermächtigung zur Ausweitung des in Abs. 1 definierten Aufgabenbereichs der
Europäischen Staatsanwaltschaft auf Befugnisse zur Bekämpfung schwerer
grenzüberschreitender Kriminalität sowie hinsichtlich Personen, die als Täter
oder Teilnehmer schwere, mehr als einen Mitgliedstaat betreffende Straftaten
begangen haben. Eine solche Ausweitung kann durch einstimmig zu erlassenden
Beschluss des Europäischen Rates, nach Zustimmung des Europäischen Parlaments
und nach Anhörung der Kommission erfolgen. Der Europäische Rat kann diesen
Beschluss entweder bereits bei der Annahme des Europäischen Gesetzes zur
Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft beschließen oder zu einem
späteren Zeitpunkt.
Polizeiliche Zusammenarbeit
Dieser bislang in
Titel VI des EUV geregelte Politikbereich, der bislang als „Dritte Säule“ der
Union nicht der Gemeinschaftsmethode des EGV unterliegt, wird in diesem Abschnitt
des Verfassungsvertrags in den nunmehr einheitlichen Rechtsrahmen der Union
integriert, wobei allerdings weiterhin folgende Sonderbestimmungen zur
Anwendung kommen:
- Gemäß Art.
I-42 Abs. 3 und Art. III-264 behält neben der Kommission eine Gruppe von einem
Viertel der Mitgliedstaaten das Initiativrecht.
- Gemäß Art.
III-259 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 3 des Protokolls Nr. 2 beträgt die
Auslöseschwelle im „Frühwarnmechanismus“ zur Überprüfung der Einhaltung des
Subsidiaritätsprinzips nur ein Viertel – an Stelle eines Drittels – der den
nationalen Parlamenten bzw. deren Kammern zukommenden Stimmen.
- Gemäß Art.
I-42 Abs. 2 und Art. III-276 werden die nationalen Parlamente an der Kontrolle
der Tätigkeiten von Europol beteiligt.
- Der
Abschnitt 5 wird zwar grundsätzlich der EUGH-Kontrolle unterworfen, gemäß Art.
III-377 unterliegt dabei jedoch die Überprüfung der Gültigkeit oder
Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer
Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaates oder der Wahrnehmung der
mitgliedstaatlichen Zuständigkeiten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit nicht der Zuständigkeit des EUGH.
- Zu beachten
ist außerdem , dass in diesem Abschnitt 5 die Sonderbestimmungen zur Definition
der qualifizierten Mehrheit wirksam werden, die sich aus den Dänemark im
Protokoll Nr. 20 zugestandenen Opt-Out-Regelungen ergeben, solange und soweit
Dänemark von den in diesem Protokoll ebenfalls vorgesehenen Opt-In-Regelungen
keinen Gebrauch macht (siehe die Erläuterungen zu Protokoll Nr. 20)
Die Bestimmungen
zur operativen Zusammenarbeit werden in diesem Abschnitt ergänzt und decken den
Teilbereich der polizeilichen Zusammenarbeit sowohl der Mitgliedsstaaten
untereinander als auch mit Europol ab. Im Gegensatz zu Art. 30 EUV hat man von
einer umfassenden Detailregelung Abstand genommen und dem Gesetzgeber Spielraum
für die konkrete Ausgestaltung der polizeilichen Zusammenarbeit eingeräumt.
Die Tätigkeit der
nationalen Polizeibehörden gehört zu den ureigensten Aufgaben der
Mitgliedsstaaten und zum Kernbestand ihrer Rechtstraditionen. Deshalb wird auch klargestellt, dass
alle operativen Maßnahmen, an denen Europol mitwirkt, in Verbindung und in
Absprache mit dem betreffenden Mitgliedsstaat durchgeführt werden müssen und
Zwangsbefugnisse nur von Beamten des jeweils zuständigen Mitgliedsstaates
gesetzt werden dürfen.
Artikel III-275:
Diese Bestimmung
übernimmt Art. 30 Abs. 1 EUV mit Änderungen in Hinblick auf seine Reichweite
sowie auf die anzuwendenden Rechtsinstrumente und Verfahren.
Abs. 1 legt fest,
dass die Union eine polizeiliche Zusammenarbeit zwischen allen zuständigen
Behörden der Mitgliedstaaten, einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer
auf die Verhütung oder die Aufdeckung von Straftaten sowie entsprechende
Ermittlungen spezialisierter Strafverfolgungsbehörden entwickelt.
Abs. 2 bestimmt,
dass durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz, das heißt im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren, Maßnahmen festgelegt werden können, die Folgendes
umfassen:
- Einholen,
Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen sachdienlicher
Informationen;
- Unterstützung
der Aus- und Weiterbildung von Personal sowie Zusammenarbeit in Bezug auf den
Austausch von Personal, die Ausrüstungsgegenstände und die kriminaltechnische
Forschung;
- gemeinsame
Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der organisierten
Kriminalität.
Ferner können
gemäß Abs. 3 durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze Maßnahmen festgelegt
werden, die die operative Zusammenarbeit zwischen den in diesem Artikel
genannten Behörden betreffen. Die Beschlussfassung des Rates erfolgt nach
Anhörung des Europäischen Parlaments einstimmig.
Artikel III-276:
Diese Bestimmung entwickelt Art. 30 Abs. 2 EUV fort.
Nach Abs. 1 hat
Europol den Auftrag, die Tätigkeit der Polizeibehörden und der anderen
Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie deren gegenseitige
Zusammenarbeit bei der Verhütung und Bekämpfung der zwei oder mehr Mitgliedstaaten
betreffenden schweren Kriminalität, des Terrorismus und der
Kriminalitätsformen, die ein gemeinsames Interesse verletzen, das Gegenstand
einer Politik der Union ist, zu unterstützen und zu verstärken. Diese
Formulierung ist allgemeiner als ihre Entsprechung im EUV.
Abs. 2 legt fest,
dass der Aufbau, die Arbeitsweise, der Tätigkeitsbereich und die Aufgaben von
Europol, ferner die Einzelheiten für die vom Europäischen Parlament
wahrzunehmende Kontrolle der Tätigkeiten von Europol durch Europäisches Gesetz
festgelegt werden. Damit ist als konstitutiver Rechtsakt für Europol in Zukunft
ein Europäisches Gesetz - und nicht mehr, wie bislang, ein Übereinkommen der
Dritten Säule nach Art. 34 EUV - vorgesehen. Eine Beteiligung der nationalen
Parlamente an der Kontrolle von Europol ist vorgesehen.
Festgehalten wird,
dass zu den Aufgaben von Europol Folgendes gehören kann:
- Einholen,
Speichern, Verarbeiten, Analysieren und Austauschen von Informationen, die
insbesondere von den Behörden der Mitgliedstaaten oder Drittländern
beziehungsweise Stellen außerhalb der Union übermittelt werden;
- Koordinierung,
Organisation und Durchführung von Ermittlungen und von operativen Maßnahmen,
die gemeinsam mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten oder im Rahmen
gemeinsamer Ermittlungsgruppen durchgeführt werden, gegebenenfalls in
Verbindung mit Eurojust.
Gemäß Abs. 3 kann
Europol zwar operative Maßnahmen ergreifen allerdings unter konkret
festgelegten und beschränkten Bedingungen. Operative Maßnahmen dürfen von
EUROPOL nur in Verbindung und in Absprache mit den Behörden des Mitgliedstaats
oder der Mitgliedstaaten, deren Hoheitsgebiet betroffen ist, ergriffen werden.
Europol kann keine Zwangsmaßnahmen setzen. Diese bleiben ausschließlich den
zuständigen einzelstaatlichen Behörden vorbehalten.
Artikel III-277:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 32 EUV. Unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Grenzen
die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen
Mitgliedstaats in Verbindung und in Absprache mit dessen Behörden tätig werden
dürfen, ist durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze des Rates festzulegen.
Die Beschlussfassung des Rates erfolgt weiterhin einstimmig, wobei nunmehr das
Europäische Parlament anzuhören ist.
Bereiche, in denen die Union beschließen kann, eine
Koordinierungs-, Ergänzungs-
oder Unterstützungsmaßnahme
durchzuführen
Dieses Kapitel
enthält die Rechtsgrundlagen zu jenen Politikbereichen, in denen die Union
gemäß Art. I-17 für Unterstützungs-, Ergänzungs- und Koordinierungsmaßnahmen
zuständig ist. Bei den unter diesem Kapitel angeführten Rechtsgrundlagen gelten
daher – unabhängig davon, ob dies in den einzelnen Artikel noch einmal explizit
bekräftigt wird – die in Art. I-12 Abs. 5 definierten Wesensmerkmale der
Zuständigkeit der Union für Unterstützungs-, Ergänzungs- und
Koordinierungsmaßnahmen, das heißt:
- Die
Wahrnehmung der Unionszuständigkeit schließt ein paralleles Tätigwerden der
Mitgliedstaaten nicht aus.
- Die
verbindlichen Rechtsakte der Union dürfen keine Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten beinhalten.
Eine diesbezügliche
Ausnahme besteht nur für die unter Art. III-278 genannten Maßnahmenbereiche der
öffentlichen Gesundheit, bei denen im Einklang mit Art. I-14 Abs. 2 lit. k eine geteilte Zuständigkeit
besteht.
Öffentliche Gesundheit
Die Bezeichnung des Politikbereichs wird gegenüber dem
EGV („Gesundheitswesen“) geändert.
Zu Artikel III-278:
Dieser Artikel
entspricht Art. 152 EGV, enthält aber einige substantielle Änderungen.
Hinsichtlich der konkreten Handlungsermächtigungen wird klar zwischen
denjenigen Bereichen unterschieden, in denen die Union im Einklang mit Art.
I-12 Abs. 5 und Art. I-17 lit. a unterstützend, ergänzend oder koordinierend
tätig wird, und denjenigen Bereichen, in denen die Union über eine geteilte
Zuständigkeit entsprechend Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14 Abs. 2 lit. k
verfügt. Außerdem werden die Maßnahmenbereiche für beide Arten von
Zuständigkeiten ergänzt und der Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten, der
bei der Tätigkeit der Union zu wahren ist, präziser umschrieben.
Abs.1 UAbs.1
übernimmt die horizontale Klausel von Art. 152 Abs.1 EGV und verpflichtet die
Union bei ihren Maßnahmen in allen Politikbereichen, ein hohes
Gesundheitsschutzniveau sicherzustellen.
Abs. 1 UAbs. 2
lit. b erweitert die in Art. 152 Abs.1 EGV genannten Tätigkeitsfelder, in denen
die Union die Politik der Mitgliedstaaten ergänzt (Zuständigkeit gemäß Art.
I-17), um „die Beobachtung, frühzeitige Meldung und Bekämpfung schwerwiegender
grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren.“
Abs. 2 präzisiert
die Art. 152 Abs. 2 EGV entnommenen koordinierenden Zuständigkeiten (ebenfalls
entsprechend Art. I-17) der Union im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Neu
ist in UAbs. 1, das die Förderung der Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten
insbesondere darauf abzielt, „die
Komplementarität ihrer Gesundheitsdienste in den Grenzgebieten zu verbessern.“
In UAbs. 2 wird hinzugefügt, dass die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten
insbesondere solche Initiativen zur Förderung der Koordinierung zwischen den
Mitgliedstaaten ergreift, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren
festzulegen, den Austausch bewährter Verfahren durchzuführen und die
erforderlichen Elemente für eine regelmäßige Überwachung und Bewertung
auszuführen.“ Ergänzt wird auch, dass das Europäisches Parlament in vollem
Umfang über solche Initiativen zu unterrichten ist.
Abs. 3 entspricht
Art. 152 Abs. 3 EGV, wonach die Union und die Mitgliedstaaten die
Zusammenarbeit mit Drittländern und den für die öffentliche Gesundheit
zuständigen internationalen Organisationen fördern.
Abs. 4 nennt die
Maßnahmenbereiche, bei denen die Union auf der Basis einer geteilten
Zuständigkeit – gemäß Art. I-12 Abs. 2 und Art. I-14 Abs. 2 lit. k – Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze erlässt um gemeinsamen Sicherheitsanliegen Rechnung zu tragen.
Die lit. a und b entsprechen den lit. a und b von Art. 152 Abs. 4 EGV. Neu
kommen die lit. c und d hinzu: Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und
Sicherheitsstandards für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie Maßnahmen zur
Beobachtung, frühzeitigen Meldung und Bekämpfung schwerwiegender
grenzüberschreitender Gesundheitsgefahren. Im Gesetzgebungsverfahren ist – wie
im EGV – die Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und
Sozialausschusses vorgesehen.
In Abs. 5 wird das
in Art. 152 Abs. 4 lit. c angeführte Ziel des Schutzes und der Verbesserung der
menschlichen Gesundheit, das durch lediglich ergänzende, unterstützende oder
koordinierende, in Europäischen Gesetzen oder Rahmengesetzen festgelegte
Maßnahmen (entsprechend Art. I-12 Abs. 5 ohne Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten) gefördert wird, demonstrativ
präzisiert. Als diesem Ziel dienend werden insbesondere genannt: die Bekämpfung
weit verbreiteter schwerer grenzüberschreitender Krankheiten sowie Maßnahmen,
die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor Tabakkonsum und
Alkoholmissbrauch zum Ziel haben. Im Gesetzgebungsverfahren ist – wie im EGV –
die Anhörung des Ausschusses der Regionen und des Wirtschafts- und
Sozialausschusses vorgesehen.
Abs.6 entspricht
dem letzten Satz von Art. 152 Abs. 3 EGV, wonach der Rat auf Vorschlag der
Kommission für die Zwecke des Artikels Empfehlungen abgeben kann.
Abs. 7 präzisiert
Art. 152 Abs. 5 EGV, wonach die Union bei der Ausübung ihrer Zuständigkeiten
gemäß den konkreten Handlungsermächtigungen für den Bereich öffentliche
Gesundheit die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Festlegung ihrer
Gesundheitspolitik sowie die Organisation des Gesundheitswesens und die
medizinische Versorgung wahrt. Spezifiziert wird, dass die Verantwortung der
Mitgliedstaaten die Verwaltung des Gesundheitswesens und der medizinischen
Versorgung sowie die Zuweisung der dafür bereitgestellten Mittel umfasst. Aus
dem EGV übernommen wird, dass die Maßnahmen gemäß Abs. 4 lit. a (zur Festlegung
hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen
menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate) die einzelstaatlichen
Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und
Blut unberührt lassen.
Industrie
Zu Artikel III-279:
Die Bestimmung
entspricht Art. 157 EGV mit geringfügigen redaktionellen Anpassungen und einer
Klarstellung in Abs. 2. In diesem Absatz wird neu ergänzt, dass die Kommission
insbesondere solche Initiativen ergreift, die der Koordinierung förderlich
sind, „die darauf abzielen, Leitlinien und Indikatoren festzulegen, den Austausch
bewährter Verfahren durchzuführen und die erforderlichen Elemente für eine
regelmäßige Überwachung und Bewertung auszuarbeiten.“ Neu ist weiter, dass das
Europäische Parlament in vollem Umfang über solche Initiativen zu unterrichten
ist.
Abs. 3 sieht als
Gesetzgebungsakte für Maßnahmen im Bereich dieses Artikels Europäische Gesetze
oder Rahmengesetze vor.
Abschnitt 3
Kultur
Zu Artikel III-280:
Die Bestimmung entspricht Artikel 151 EGV mit einer
wesentlichen verfahrensrechtlichen Änderung.
Gemäß Abs. 5
werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze, die zur Verwirklichung der Ziele
dieses Artikels dienen, im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen,
während im EGV dafür noch eine einstimmige Beschlussfassung des Rates im Rahmen
des Mitentscheidungsverfahrens vorgesehen ist. Das Gleiche gilt für
Empfehlungen des Rates auf Vorschlag der Kommission, die nunmehr mit
qualifizierter Mehrheit abgegeben werden können.
Tourismus
Zu Artikel III-281:
Mit diesem Artikel
wird erstmals eine spezifische Rechtsgrundlage für den Bereich Tourismus
geschaffen, in dem der Union gemäß Art. I-17 lit. d eine Zuständigkeit für die
Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder Ergänzungsmaßnahmen
zukommt. Dies stellt eine Neuerung gegenüber dem EGV dar, der zwar
„Fremdenverkehr“ in Art. 3 Abs. 1 lit. u als eines der Tätigkeitsfelder der
Gemeinschaft nennt, jedoch keine weitere spezifische Handlungsermächtigung zu
diesem Politikbereich enthält.
In Abs. 1 wird
festgestellt, dass die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten insbesondere im
Hinblick auf die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der Union
im Tourismussektor ergänzt.
Lit. a) und lit.
b) erläutern die Ziele des Tätigwerdens der Union:
- ein
günstiges Umfeld für die Entwicklung der Unternehmen in diesem Sektor soll
angeregt werden;
- die
Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten soll durch den Austausch bewährter Praktiken
unterstützt werden.
Abs. 2 gibt den
legislativen Rahmen für das Tätigwerden der Union vor. Durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze werden spezifische Maßnahmen gesetzt, die eine
Ergänzung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Erfüllung der Ziele dieses
Artikels darstellen. Dabei wird jegliche Harmonisierung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten ausgeschlossen.
Allgemeine Bildung, Jugend,
Sport und berufliche Bildung
Zu Artikel III-282:
Dieser Artikel
entspricht hinsichtlich der Bereiche allgemeine Bildung, Jugend und berufliche
Bildung Art. 140 EGV mit geringfügigen redaktionellen Anpassungen. Neu ist die
Handlungsermächtigungen im Bereich des Sports.
Abs. 1 verbindet
Art. 149 Abs.1 und 2, wobei folgende Ziele der Tätigkeit der Union ergänzt
werden:
- Lit. e
„verstärkte Beteiligung der Jugendlichen am demokratischen Leben in Europa“;
- lit. g
„Entwicklung der europäischen Dimension des Sportes, durch Förderung der
Fairness und der Offenheit von Sportwettkämpfe und der Zusammenarbeit zwischen
den für den Sport verantwortlichen Organisationen sowie durch den Schutz der
körperlichen und seelischen Unversehrtheit der Sportler, insbesondere junger
Sportler“
In Abs. 2 wird eine Bezugnahme auf den Sport ergänzt.
In Abs. 3 werden als Rechtsakte Europäische Gesetze
und Europäische Rahmengesetze festgelegt.
Zu Artikel III-283:
Diese Bestimmung entspricht Art. 150 EGV mit
geringfügigen redaktionellen Anpassungen.
In Abs. 3 werden
als Rechtsakte Europäisches Gesetze und Europäische Rahmengesetze festgelegt.
Explizit hinzugefügt wird, dass der Rat auf Vorschlag der Kommission
Empfehlungen abgeben kann.
Katastropfenschutz
Zu Artikel III-284:
Mit diesem Artikel
wird erstmals eine spezifische Rechtsgrundlage für den Bereich
Katastrophenschutz geschaffen, in dem der Union gemäß Art. I-17 lit. d eine
Zuständigkeit für die Durchführung von Unterstützungs-, Koordinierungs- oder
Ergänzungsmaßnahmen zukommt.
Abs. 1 bestimmt,
dass die Union die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert, um die
Systeme zur Verhütung von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten
Katastrophen und zum Schutz vor solchen Katastrophen wirksamer zu gestalten.
Als Ziele für das
Handeln der Union im Rahmen des Katastrophenschutzes werden genannt:
- Unterstützung
und Ergänzung der Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf nationaler, regionaler und
kommunaler Ebene im Hinblick auf die Risikoprävention, auf die Ausbildung der
in den Mitgliedstaaten am Katastrophenschutz Beteiligten und auf Einsätze im
Falle von Naturkatastrophen oder von vom Menschen verursachten
Katastrophen in der Union;
- Förderung
einer schnellen und effizienten Zusammenarbeit in der Union zwischen den einzelstaatlichen
Katastrophenschutzstellen;
- Verbesserung
der Kohärenz der Katastrophenschutzmaßnahmen auf internationaler Ebene.
Gemäß Abs. 2
werden die zur Erreichung der Ziele erforderlichen Maßnahmen durch Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze festgelegt, wobei bekräftigt wird, dass dies unter
Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
erfolgt.
Verwaltungszusammenarbeit
Zu Artikel III-285:
Diese Bestimmung
schafft erstmals eine Rechtsgrundlage für ergänzende Maßnahmen im Bereich der
Verwaltungszusammenarbeit soweit die Durchführung des Unionsrechts betroffen
ist.
Abs. 1
unterstreicht, dass die effektive Durchführung des Unionsrechts durch die
Mitgliedstaaten für das ordnungsgemäße Funktionieren der Union wichtig und
daher als Frage von gemeinsamem Interesse anzusehen ist.
Gemäß Abs. 2
können die Mitgliedstaaten in ihren Bemühungen um eine Verbesserung der
Fähigkeit ihrer Verwaltung zur Durchführung des Unionsrechts von der Union
unterstützt werden. Dies kann sowohl durch die Erleichterung des Austauschs von
Informationen und Beamten als auch durch die Unterstützung von Aus- und
Weiterbildungsprogrammen erfolgen. Es besteht keine Verpflichtung der
Mitgliedsstaaten diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die erforderlichen
Maßnahmen werden durch Europäische Gesetze erlassen, wobei jegliche
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ausgeschlossen wird.
Gemäß Abs. 3
bleiben von dieser Bestimmung unberührt:
- die
Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das Unionsrecht durchzuführen,
- die
Befugnisse und Pflichten der Kommission,
- die übrigen
Bestimmungen der Verfassung, in denen eine Verwaltungszusammenarbeit unter den
Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und der Union vorgesehen ist.
Die Assoziierung der
überseeischen Länder und Hoheitsgebiete
Dieser Titel
regelt die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit
Dänemark, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden besondere
Beziehungen unterhalten, wobei im Wesentlichen die Bestimmungen des EGV (Art.
182 bis 188) übernommen werden.
Zu Artikel III–286:
Dieser Artikel
verbindet Art. 182 und Art. 188 EGV betreffend Grönland.
Zu Artikel III-287 bis Artikel III-289:
Die Art. 183 bis 185 EGV werden übernommen.
Zu Artikel III-290:
Der Artikel
entspricht im Wesentlichen Art. 186 EGV, wobei die Regelung der Freizügigkeit
durch die vom Rat einstimmig zu erlassenden Rechtsakte gemäß Art. III-291
erfolgt, während im EGV dafür von den Mitgliedstaaten einstimmig zu billigende
Abkommen vorgesehen werden.
Zu Artikel III-291:
Dieser Artikel
entspricht weitgehend Art.187 EGV. Neu ist, dass dem Europäischen Parlament ein
Anhörungsrecht eingeräumt wird. Der Rat erlässt somit einstimmig auf Vorschlag
der Kommission nach Anhörung des Europäischen Parlaments Europäische Gesetze,
Rahmengesetze, Verordnungen und Beschlüsse über die Einzelheiten und das
Verfahren für die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete mit
der Union.
Entsprechend der
Aufhebung der Säulenstruktur und der Schaffung einer einheitlichen
Rechtspersönlichkeit für die Europäische Union werden unter diesem Titel der
bislang im EUV geregelte Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
(GASP) einschließlich der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
(GSVP) und die derzeit an verschiedenen Stellen im EGV geregelten Bereiche der
gemeinsamen Handelspolitik, der Entwicklungszusammenarbeit, der
wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Zusammenarbeit, der
internationalen Übereinkünfte (Abkommen) und der Beziehungen zu Drittländern
und internationalen Organisationen in einem einheitlichen, kohärenten Rahmen
zusammengefasst. Dem EUV und dem EGV entnommene Einzelbestimmungen werden dabei
nicht nur neu strukturiert, sondern zu größeren Teilen auch substantiell
abgeändert und durch neue Bestimmungen ergänzt.
KAPITEL I
Allgemein
anwendbare Bestimmungen
Dieses Kapitel
enthält horizontale Bestimmungen, die für den gesamten Titel V über das
auswärtige Handeln der Union gelten.
Zu Artikel III-292:
In diesem Artikel
werden die vor allem in Art. 11 und Art. 3 EUV enthaltenen Ziel- und
Kohärenzbestimmungen für die GASP übernommen, substantiell ergänzt und zu für
den gesamten Bereich des auswärtigen Handelns geltenden Grundsatzbestimmungen
erhoben.
Abs. 1 bekräftigt
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die universelle Gültigkeit und Unteilbarkeit
der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Achtung der Menschenwürde, den
Grundsatz der Gleichheit und den Grundsatz der Solidarität sowie die Achtung
der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen und des Völkerrechts als Grundsätze,
von denen sich die Union bei ihrem Handeln auf internationaler Ebene leiten
lässt.
Die Zusammenarbeit
im Bereich der Vereinten Nationen wird besonders betont. Mit Drittländern sowie
regionalen und weltweiten internationalen Organisationen, die die in diesem
Artikel genannten Grundsätze teilen, sollen Partnerschaften aufgebaut werden.
Abs. 2 betont,
dass die Union für das gesamte auswärtige Handeln eine gemeinsame Politik und
Maßnahmen festlegt und diese durchführt. Als Grundsätze und Ziele der Union für
diese Politik kommen zu den in Art. 11 Abs. 1 EUV genannten Folgende hinzu:
- Förderung
der nachhaltigen Entwicklung in Bezug auf Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt
in den Entwicklungsländern mit dem vorrangigen Ziel, die Armut zu bekämpfen;
- Förderung
der Integration aller Länder in die Weltwirtschaft, u.a. durch den
schrittweisen Abbau von Handelshemmnissen;
- Sicherstellung
einer nachhaltigen Entwicklung;
- Hilfe bei
Naturkatastrophen;
- Förderung
einer verstärkten multilateralen Zusammenarbeit.
Abs. 3 bekräftigt,
dass die in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Grundsätze und Ziele bei der
Ausarbeitung und der Umsetzung aller Bereiche des auswärtigen Handelns und bei
den externen Aspekten der übrigen Politikbereiche zu wahren sind. Die Kohärenz
zwischen den einzelnen Bereichen des auswärtigen Handelns der Union und den
übrigen Politikbereichen ist durch Rat, Kommission und Außenminister der Union
sicher zu stellen, die zur Erfüllung dieses Zwecks zusammenarbeiten.
Damit wird das
gesamte auswärtige Handeln der Union – auch im Verhältnis zu den internen
Politikbereichen – einem generellen und somit noch umfassenderen
Kohärenzpostulat unterworfen als dies in Art. 3 EUV, der die Kohärenz von
Außen-, Sicherheits-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik hervorhebt, der Fall
ist.
Zu Artikel III-293:
Abs. 1 weist
darauf hin, dass der Europäische Rat auf der Grundlage der in Art. III-292
aufgeführten Grundsätze und Ziele die strategischen Interessen und Ziele der
Union festlegt.
Diese strategischen
Interessen und Ziele der Union werden in Europäischen Beschlüssen des
Europäischen Rates festgelegt und erstrecken sich auf die Gemeinsame Außen- und
Sicherheitspolitik sowie auf andere Bereiche des auswärtigen Handelns der
Union. Sie können Beziehungen der Union zu einem Land oder einer Region oder
aber ein bestimmtes Thema beinhalten. Sie legen die Geltungsdauer und die von
der Union und den Mitgliedstaaten bereitzustellenden Mittel fest.
Die
Beschlussfassung im Europäischen Rat erfolgt einstimmig auf Empfehlung des
Rates, die dieser nach den für den jeweiligen Bereich vorgesehenen Regelungen
abgibt. Die in der Verfassung
vorgesehenen Verfahren müssen bei der Durchführung der Beschlüsse des
Europäischen Rates berücksichtigt werden.
Abs. 2 legt fest,
dass der Außenminister der Union und die Kommission dem Rat gemeinsame
Vorschläge vorlegen können. Der Außenminister ist dabei für den Bereich der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik zuständig, die Kommission für die
anderen Bereiche des auswärtigen Handelns.
KAPITEL II
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik
Gemeinsame Bestimmungen
Art. I-12 Abs. 4
und Art. I-16 legen die Zuständigkeit der Union für die GASP fest. Art. I-40 enthält besondere
Bestimmungen über die Ausübung dieser Zuständigkeit, die in diesem Kapitel im
Einzelnen ausgeführt werden.
Zu Artikel III-294:
Dieser Artikel
fügt die Bestimmungen von Art. 11 und Art. 12 EUV mit folgenden Änderungen
zusammen:
Gemäß Abs. 1
erfolgt die Bestimmung und Verwirklichung der GASP im Rahmen der Gesamtheit der
in Art. III-292 angeführten Grundsätze und Ziele.
In Abs. 2 wird
ergänzt, dass neben dem Rat auch der Außenminister der Union für die Einhaltung
der Grundsätze der Loyalität und gegenseitigen Solidarität Sorge zu tragen hat.
Abs. 3 nennt als
spezifische Instrumente der Union zur Durchführung der GASP allgemeine
Leitlinien (lit. a), Europäische Beschlüsse (lit. b) und den Ausbau der
systematischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten (lit. c). Diese Systematik
ist ebenso neu wie die Zuordnung der bisherigen „gemeinsamen Aktionen“ und
„gemeinsamen Standpunkte zur Rechtsaktform des Europäischen Beschlusses (lit. b
i) und ii)). Ergänzt wird zudem, dass die Einzelheiten der in Europäischen
Beschlüssen festgelegten Aktionen bzw. Standpunkte der Union wiederum in
eigenen Europäischen Beschlüssen geregelt werden können (lit. b iii)). Der Sinn
der Unterscheidung zwischen übergeordneten Beschlüssen gemäß lit. b i) und ii)
einerseits und untergeordneten Beschlüssen gemäß lit. b iii) andererseits
ergibt sich aus Art. III-300, der für den ersten Fall einstimmige
Beschlussfassung und für den zweiten Fall Beschlussfassung mit qualifizierter
Mehrheit im Rat vorschreibt.
Die bislang
ebenfalls in Art. 12 EUV genannte, beiden vorgenannten Beschlusskategorien
übergeordnete Kategorie von Beschlüssen über „gemeinsame Strategien“ werden
durch die in lit. a) genannten allgemeinen Leitlinien ersetzt, die gemäß Art.
I-40 Abs. 2 und Art. III-295 Abs. 1 vom Europäischen Rat bestimmt werden.
Zu Artikel III-295:
Dieser Artikel
legt – in Anlehnung an Art. 13 Abs. 1 und Abs. 3 EUV – Verfahrensregeln für die
„allgemeinen Leitlinien“ (im Sinne von Art. III-294 Abs. 3 lit. a) und die
Europäischen Beschlüsse (im Sinne von Art.III-294 Abs. 3 lit. b) im Bereich der
GASP fest:
Gemäß Abs.1 werden
solche allgemeinen Leitlinien – die auch Fragen mit verteidigungspolitischen
Bezügen umfassen – vom Europäischen Rat bestimmt. Neu ergänzt wird, dass der
Präsident des Europäischen Rates eine außerordentliche Sitzung des Europäischen
Rates einberuft, wenn dies angesichts einer besonderen internationalen
Entwicklung zur Festlegung strategischer Vorgaben für die Politik der Union
erforderlich ist.
Gemäß Art. 5 des
Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht
an der Bestimmung dieser Leitlinien, sofern diese verteidigungspolitische
Bezüge umfassen.
Gemäß Abs. 2
obliegt es dem Rat, die in Art. III-294 Abs. 3 lit. b genannten Europäischen
Beschlüsse zur Festlegung und Durchführung der GASP zu erlassen. Der Rat hat
dabei auf der Grundlage der vom Europäischen Rat gemäß Abs.1 festgelegten
allgemeinen Leitlinien und strategischen Vorgaben zu handeln.
Zu Artikel III-296:
Dieser Artikel
enthält nähere Bestimmungen zu Art. I-28 Abs. 2 und 3 betreffend die Rolle des
neu geschaffenen Außenministers der Union im Bereich der GASP und schafft eine
Rechtsgrundlage für die Einrichtung eines Europäischen Auswärtigen Dienstes.
Damit werden insbesondere die Materien von Art.18 Abs. 1 bis Abs. 4 und Art. 26
EUV neu geregelt.
Abs. 1 wiederholt
den Regelungsgehalt von Art. I-28 Abs. 2 und 3. Dabei wird präzisiert, dass die
Durchführung der GASP, die der Außenminister sicher zu stellen hat, auf der
Basis der vom Europäischen Rat und vom Rat erlassenen Europäischen Beschlüsse
erfolgt.
Abs. 2 bestimmt,
dass der Außenminister die Union in den Bereichen der GASP vertritt. Er führt
den politischen Dialog mit Dritten im Namen der Union und vertritt den
Standpunkt der Union in internationalen Organisationen und auf internationalen
Konferenzen. (gemäß dem EUV ist dies die Aufgabe des Vorsitzes mit Beteiligung
der Kommission, unterstützt durch den Hohen Vertreter der GASP). In diesem Zusammenhang
ist darauf zu achten, dass gemäß Art. I-22 Abs. 2 die Außenvertretung der Union
in Angelegenheiten der GASP auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs dem
Präsidenten des Europäischen Rates, unbeschadet der Befugnisse des
Außenministers, obliegt.
Abs. 3 bestimmt,
dass der Außenminister der Union bei der Erfüllung seines Auftrags von einem
Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD) unterstützt wird. Dieser arbeitet mit den
diplomatischen Diensten der Mitgliedstaaten zusammen und umfasst Beamte aus dem
Generalsekretariat des Rates, der Kommission sowie Personal, das die nationalen
diplomatischen Dienste zu diesem Zweck abstellen. Die Organisation und die
Arbeitsweise des EAD werden durch einen Europäischen Beschluss des Rates
festgelegt. Der Rat beschließt (einstimmig) auf Vorschlag des Außenministers
der Union, nach Anhörung des Europäischen Parlamentes und nach Zustimmung der
Kommission.
Aus der
systematischen Einordnung dieser Bestimmung in das GASP-Kapitel lässt sich
schließen, dass sich die Aufgaben des EAD primär auf die GASP zu beziehen
haben. Der Wortlaut der Bestimmung lässt allerdings einen umfassenderen
Aufgabenkatalog für den EAD zu, da der „Auftrag“ des Außenministers, zu dessen
Unterstützung der Europäische Auswärtige Dienst geschaffen wird, gemäß Art.
I-28 Abs. 4 auch andere Bereiche des auswärtigen Handelns bzw. der
Außenbeziehungen der Union einschließt.
Zu Artikel III-297:
Dieser Artikel
entspricht Art. 14 EUV, wobei gemäß Abs. 1 das operative Vorgehen der Union vom
Rat durch Europäische Beschlüsse festgelegt wird.
Zu Artikel III-298:
Dieser Artikel
entspricht Artikel 15 EUV, wobei als Rechtsaktform zur Festlegung der
Standpunkte der Union der Europäische Beschluss vorgesehen werden.
Zu Artikel III-299:
Dieser Artikel
entspricht Artikel 22 EUV mit folgenden Änderungen:
Gemäß Abs. 1 kommt
im Einklang mit Art. I-40 Abs. 6 das Initiativrecht in der GASP jedem
Mitgliedstaat, dem Außenminister der Union oder dem Außenminister mit
Unterstützung der Kommission zu. Während der neu geschaffene Außenminister
somit ein Initiativrecht erhält, kommt der Kommission als Kollegialorgan allein
kein Vorschlagsrecht mehr zu. Initiativen der Kommission bedürfen somit nicht
nur einer Mehrheit ihrer Mitglieder im Kollegium (Art. III-35), sondern auch
der ausdrücklichen Unterstützung des Außenministers der Union.
Gemäß Abs. 2
erfolgt die Einberufung außerordentlicher Tagungen des Rates Auswärtige
Angelegenheiten entweder durch den Außenminister der Union von sich aus oder
auf Antrag eines Mitgliedstaates. Der Kommission kommt diesbezüglich – im
Unterschied zu Art. 22 Abs. 2 EUV – kein eigenes Antragsrecht mehr zu. Die
Einberufung kann binnen 48 Stunden, bei absoluter Notwendigkeit auch in
kürzerer Zeit erfolgen.
Zu Artikel III-300:
Dieser Artikel
legt die für die Annahme von Europäischen Beschlüssen im Bereich der GASP im
Rat erforderlichen Quoren fest. Dabei kommt es nur zu relativ geringfügigen
Änderungen gegenüber Art. 23 EUV.
Abs. 1 des Art.
III-300 sowie Art. I-40 Abs. 6 bekräftigen, dass die einstimmige
Beschlussfassung im GASP-Kapitel die Regel bleibt. Die Regelung der
konstruktiven Enthaltung wird mit folgender Anpassung an das System der
doppelten Mehrheit übernommen: Bei Abgabe entsprechender förmlicher Erklärungen
verhindert die Stimmenthaltung von mindestens einem Drittel der
Mitgliedstaaten, die – das ist neu – mindestens ein Drittel der
Unionsbevölkerung ausmachen, das Zustandekommen eines Beschlusses.
Abs. 2 erster
UAbs. nennt im Einklang mit Art. I-40 Abs. 7 diejenigen Fälle, in denen der Rat
in Abweichung von Abs.2 mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Demnach
beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit, wenn er
a) auf der Grundlage eines Europäischen
Beschlusses des Europäischen Rates über die strategischen Interessen und Ziele
der Union (nach Artikel III-293 Abs. 1) Europäische Beschlüsse erlässt, mit
denen eine Aktion oder ein Standpunkt festgelegt werden. Dies entspricht Art.
23 Abs. 2 erster Anstrich EUV, wonach der Rat gemeinsame Standpunkte oder
Aktionen oder andere Beschlüsse dann mit qualifizierter Mehrheit fasst, wenn er
auf der Grundlage „gemeinsamer Strategien“ handelt.
b) einen Europäischen Beschluss erlässt, mit dem
ein Standpunkt oder eine Aktion der Union festgelegt wird, der auf Vorschlag
des Außenministers nach einem entsprechenden Ersuchen des Europäischen Rates
erfolgt. Diese Option wird neu eingeführt.
c) einen Europäischen Beschluss zur Durchführung
eines Europäischen Beschlusses (entsprechend Art. III-294 Abs. 3 lit. b iii)
erlässt, mit dem eine Aktion oder ein Standpunkt der Union festgelegt wird.
Dies entspricht Art. 23 Abs. 2 zweiter Anstrich EUV, wonach der Rat Beschlüsse
zur Durchführung einer gemeinsamen Aktion oder eines gemeinsames Standpunkts
mit qualifizierter Mehrheit fasst.
d) einen Europäischen Beschluss zur Ernennung
eines Sonderbeauftragten gemäß Art. III-302 erlässt. Dies entspricht Art. 23
Abs. 2 dritter Anstrich EUV.
Im zweiten UAbs.
werden die Bedingungen, unter denen ein Mitgliedstaat in allen diesen Fällen
die Aussetzung einer Abstimmung bewirken kann und unter denen der Rat mit
qualifizierter Mehrheit einen einstimmigen Beschluss des Europäischen Rates
verlangen kann, unverändert aus Art. 23 Abs. 2 zweiter UAbs. übernommen.
Abs. 3 präzisiert
die in Art. I-40 Abs. 7 enthaltene „spezifische Passerelle“ für den Bereich der
GASP. Der Europäische Rat kann einstimmig einen Europäischen Beschluss
erlassen, in dem vorgesehen ist, dass der Rat auch in anderen als den in Abs. 2
genannten Fällen mit qualifizierter Mehrheit beschließt. Der wesentliche
Unterschied zwischen dieser „spezifischen Passerelle“ für die GASP und dem
vereinfachten Änderungsverfahren („allgemeine Passerelle“) gemäß Art. IV-444
besteht darin, dass beim vereinfachten Änderungsverfahren die Unterrichtung
sowie ein Vetorecht der nationalen Parlamente vorgesehen ist.
Abs. 4 übernimmt
Art. 23 Abs. 2 UAbs. 4, wonach Beschlüsse mit militärischen und
verteidigungspolitischen Bezügen von Anwendungsbereichen der qualifizierten
Mehrheit gemäß Abs.2 des vorliegenden Artikels ausgenommen sind.
Zu Artikel
III-301
Abs. 1 bestimmt,
dass der Außenminister der Union und die Minister für auswärtige
Angelegenheiten der Mitgliedstaaten ihre Tätigkeiten im Rat koordinieren, falls
der Europäische Rat oder der Rat ein gemeinsames Vorgehen der Union im Rahmen
einer außen- oder sicherheitspolitischen Frage gemäß Art. I-40 Abs. 5
festgelegt hat.
Gemäß Abs. 2
arbeiten die diplomatischen Vertretungen der Mitgliedstaaten und die
Delegationen der Union in Drittländern und bei internationalen Organisationen
zusammen und tragen zur Festlegung und Durchführung des in Abs. 1 genannten
gemeinsamen Vorgehens bei. Art. 20 Abs. 1 EUV wird damit im Wesentlichen
übernommen, wobei anstelle der Delegationen der Kommission die Delegationen der
Union genannt werden.
Zu Artikel III-302:
Art. 18 Abs. 5 EUV
wird abgeändert, indem der Außenminister der Union das Vorschlagsrecht bei der
Ernennung von Sonderbeauftragten (durch den Rat mit qualifizierter Mehrheit
gemäß Art. III-300 Abs. 2 lit. d erhält. Außerdem wird ergänzt, dass
Sonderbeauftragte ihr Mandat unter der Verantwortung des Außenministers
ausüben.
Zu Artikel III-303:
Dieser Artikel
ersetzt Art. 24 EUV. Übereinkünfte im Rahmen der GASP werden entsprechend dem
in Art. III-323 bis Art. III-326 geregelten einheitlichen Verfahren und mit den
dort aufgeführten Sonderbestimmungen für GASP-Übereinkünfte geschlossen.
Zu Artikel III-304:
Dieser Artikel entspricht Art. 21 EUV mit leichten
Änderungen.
Abs. 1 legt fest,
dass anstelle des bislang rotierenden Vorsitzes im Rat nunmehr der
Außenminister der Union das Europäische Parlament zu den wichtigsten Aspekten
und den grundlegenden Weichenstellungen der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik hört
und unterrichtet. Ergänzend weist Abs. 1 darauf hin, dass Sonderbeauftragte zur
Unterrichtung des Europäischen Parlaments mit herangezogen werden können.
Gemäß Abs. 2 kann
das Europäische Parlament Anfragen oder Empfehlungen an den Rat und den
Außenminister der Union richten. Zweimal jährlich (anstatt einmal gemäß Art. 21
EUV) führt das Europäische Parlament Aussprachen über die Fortschritte bei der
Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik. Neu ist, dass diese
Aussprachen auch die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
einschließen.
Zu Artikel III-305:
Abs. 1 entspricht
im Wesentlichen Art. 19 EUV Abs. 1. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der
Außenminister der Union für die Organisation der Koordinierung des Handelns der
Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen und auf internationalen
Konferenzen Sorge trägt.
Gemäß Abs. 2
werden nicht nur die in internationalen Organisationen sowie auf
internationalen Konferenzen oder im UN-Sicherheitsrat nicht vertretenen Mitglieder,
sondern auch der Außenminister der Union auf dem Laufenden gehalten. Abs. 2
ergänzt zu Art. 19 Abs. 2 UAbs. 2 EUV, dass die im Sicherheitsrat der Vereinten
Nationen vertretenen Mitglieder der Union beantragen, dass der Außenminister
der Union gebeten wird, den Standpunkt der Union vorzutragen, falls ein Thema
auf der Tagesordnung des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen steht, zu dem
die Union einen gemeinsamen Standpunkt festgelegt hat.
Zu Artikel III-306:
Dieser Artikel
entspricht im Wesentlichen Art. 20 EGV. An die Stelle der Delegationen der
Kommission in dritten Ländern treten die Delegationen der Union in
Drittländern.
Zu Artikel III-307:
Dieser Artikel entspricht im Wesentlichen Art. 25 EUV.
In Abs. 1 wird,
wie in den vorhergehenden Artikeln, die Rolle des Außenministers der Union
ergänzt. Das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) trägt auf
Ersuchen des Rates, des Außenministers oder von sich aus durch an den Rat
gerichtete Stellungnahmen zur Festlegung der Politik bei. Die Überwachung der
Durchführung der vereinbarten Politik durch das PSK erfolgt unbeschadet der
Zuständigkeiten des Außenministers der Union (anstatt – wie bisher – des
Vorsitzes und der Kommission).
Gemäß Abs. 2 nimmt
das PSK die politische Kontrolle und die strategische Leitung von
Krisenbewältigungsoperationen unter der Verantwortung des Rates und des
Außenministers der Union wahr.
Zu Artikel III-308:
Abs.1 bestimmt,
dass die Durchführung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die
Anwendung der Verfahren und den jeweiligen Umfang der Befugnisse der Organe für
die Ausübung der im Verfassungsvertrag genannten (ausschließlichen, geteilten
sowie koordinierenden, unterstützenden oder ergänzenden) Zuständigkeiten der
Union unberührt lässt.
Abs. 2 sieht eine
parallele, umgekehrte Unberührtheitsklausel betreffend die Anwendung der
Verfahren und die Befugnisse der Organe, die in der Verfassung für den
GASP-Bereich vorgesehen werden, im Verhältnis zur Ausübung der übrigen
Zuständigkeiten der Union vor.
Abs. 1 adaptiert
Art. 47 EUV, wonach die Bestimmungen des EUV (über die Zweite und Dritte Säule)
die Bestimmungen des EGV (über die Erste Säule) im Wesentlichen unberührt
lassen, mit dem Unterschied, dass dieses Unberührtheitspostulat nunmehr
ausschließlich auf die GASP-Bestimmungen bezogen wird und die umgekehrte
Unberührtheitsklausel des Abs. 2 hinzukommt. Da die Säulenstruktur wegfällt,
ist die Bestimmung auf die Verfahren und den Umfang der Befugnisse der Organe
bezogen. Nur in Hinblick auf diese bestehen weiterhin Unterschiede zwischen der
GASP und den anderen Politikbereichen. Wesentlich ist, dass gemäß Art.III-376
Abs. 2 der EuGH für die Kontrolle der Einhaltung von Art. III-308 zuständig
ist.
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Aus Art. I-12 Abs.
4, Art. I-16 Abs. 1 und Art. I-41 Abs. 1 ergibt sich, dass die GSVP integraler
Bestandteil der GASP ist. Sofern Art. I-41 sowie die Artikel dieses Abschnittes
(Art. III-309 bis Art. III-313) keine spezifischen Sonderbestimmungen für die
GSVP festlegen, gelten die generellen Sonderbestimmungen der GASP.
Gemäß Art. 5 des
Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht
an gemäß diesem Abschnitt erlassenen Maßnahmen mit verteidigungspolitischen
Bezügen.
Zu Artikel III-309:
Abs. 1 beinhaltet
gegenüber der Vorgängerregelung des Art. 17 EUV eine Ausweitung jener Missionen
(sogenannte „Petersberg-Aufgaben“), die im Rahmen der GSVP durchgeführt werden
können. Diese umfassen gemeinsame
Abrüstungsmaßnahmen, humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, Aufgaben der
militärischen Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und
der Erhaltung des Friedens sowie Kampfeinsätze im Rahmen der Krisenbewältigung
einschließlich Frieden schaffender Maßnahmen und Operationen zur Stabilisierung
der Lage nach Konflikten. Neu ist die Erwähnung von Aufgaben der militärischen
Beratung und Unterstützung, Aufgaben der Konfliktverhütung und Operationen zur
Stabilisierung der Lage nach Konflikten. Die genannten Missionen können zur
Bekämpfung des Terrorismus, u. a. durch die Unterstützung von Drittstaaten bei
der Bekämpfung des Terrorismus auf ihrem Hoheitsgebiet, beitragen.
Nach Abs. 2 hat
der Rat die entsprechenden Beschlüsse, insbesondere über Ziel und Umfang der
Missionen sowie die für sie geltenden allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu
fassen. Der Außenminister koordiniert unter Aufsicht des Rates und im
Einvernehmen mit dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee die zivilen
und militärischen Aspekte dieser Missionen.
Zu Artikel III-310:
Dieser Artikel findet keine Entsprechung im EUV.
Abs. 1 sieht vor,
dass der Rat im Rahmen der nach Art. III-309 erlassenen Beschlüsse eine Gruppe
von Mitgliedsstaaten mit der Durchführung einer Mission betrauen kann, sofern
diese es wünschen und über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Die
betreffenden Mitgliedstaaten vereinbaren in Absprache mit dem Außenminister
untereinander die Ausführung der Mission.
Nach Abs. 2
informieren die an der Mission beteiligten Mitgliedstaaten die anderen
Mitgliedstaaten und befassen den Rat bei zu erwartenden schwerwiegenden
Konsequenzen oder wenn die weitere Durchführung der Mission neue Beschlüsse des
Rates erforderlich macht. Der Rat hat in diesem Fall die entsprechenden
Beschlüsse zu fassen.
Zu Artikel III-311:
Dieser Artikel
regelt die Einrichtung der gemäß Art. I-41 Abs. 3 vorgesehenen Europäischen
Verteidigungsagentur. Damit wird eine neue Rechtsgrundlage für die bereits mit
der Gemeinsamen Aktion des Rates vom 12. Juli 2004 geschaffene Agentur
eingeführt.
Abs. 1 umschreibt
die Aufgaben der nach Art. I-41 Abs. 3 errichteten Europäischen Verteidigungsagentur.
Demnach zählt zu den Aufgaben der Agentur:
- Mitwirkung
bei der Ermittlung der Ziele im Bereich der militärischen Fähigkeiten und ihrer
Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten;
- Förderung
bei der Harmonisierung des operativen Bedarfs sowie der Festlegung effizienter
Beschaffungsverfahren;
- Erstellung
von Vorschlägen zur Erfüllung der Ziele im Bereich der militärischen
Fähigkeiten sowie Koordinierung und Verwaltung diesbezüglicher
Kooperationsprogramme der Mitgliedsstaaten; Unterstützungsmassnahmen auf dem
Gebiet der Verteidigungsforschung;
- Beitrag zur
Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors
sowie des wirkungsvolleren Einsatzes der Verteidigungsausgaben.
Abs. 2 stipuliert,
dass die Agentur allen Mitgliedsstaaten für eine Mitarbeit offen steht.
Rechtsstellung sowie Sitz und Funktionsweise der Agentur werden durch einen
Europäischen Beschluss des Rates festgelegt, der mit qualifizierter Mehrheit
erlassen wird. Dieser Beschluss hat dem Umfang der effektiven Beteiligung der
Mitgliedstaaten an den Tätigkeiten der Agentur Rechnung zu tragen. Gruppen von
Mitgliedsstaaten können im Rahmen der Agentur gemeinsame Projekte durchführen,
die Agentur versieht ihre Aufgaben erforderlichenfalls in Verbindung mit der Kommission.
Zu Artikel III-312:
Dieser Artikel
regelt in Zusammenhang mit dem Protokoll Nr. 23 die in Art. I-46 Abs. 6 neu
vorgesehene Ständige Strukturierte Zusammenarbeit.
Abs. 1 sieht vor,
dass jene Mitgliedsstaaten, die sich an der Ständigen Strukturierten
Zusammenarbeit nach Art. I-41 Abs. 6 beteiligen möchten und die entsprechenden
Kriterien des Protokolls Nr. 23 über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
(siehe Erläuterungen zu diesem Protokoll) erfüllen, dem Rat und dem
Außenminister ihre Absicht mitteilen.
Nach Abs. 2
erlässt der Rat nach Anhörung des Außenministers mit qualifizierter Mehrheit
binnen drei Monaten nach der Mitteilung über die Absicht gemäß Abs. 1 einen
Beschluss über die Begründung der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und über
die Liste der daran teilnehmenden Staaten.
Mitgliedsstaaten,
die sich zu einem späteren Zeitpunkt an der Zusammenarbeit beteiligen wollen,
haben dies nach Abs. 3 dem Rat und dem Außenminister mitzuteilen. Der Rat
beschließt nach Anhörung des Außenministers mit qualifizierter Mehrheit der an
der Zusammenarbeit teilnehmenden Mitgliedsstaaten über die Teilnahme des
interessierten Mitgliedsstaates und bestätigt die Erfüllung der Kriterien nach
Abs. 1 und 2 sowie nach dem Protokoll Nr. 23 über die Ständige Strukturierte
Zusammenarbeit. Die qualifizierte Mehrheit wird mit 55% der an der Ständigen
Strukturierten Zusammenarbeit beteiligten Mitgliedstaaten festgelegt, sofern
diese 65% der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedsstaaten repräsentieren. Eine
Sperrminorität erfordert mindestens die Mindestanzahl der Mitgliedstaaten, die
zusammen mehr als 35% der Bevölkerung der an der strukturierten Zusammenarbeit
beteiligten Mitgliedstaaten vertreten, zuzüglich eines Mitgliedes.
Abs. 4 sieht einen
Beschluss des Rates mit qualifizierter Mehrheit über das Aussetzen der
Teilnahme eines Staates an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit vor,
wenn dieser die Kriterien der Zusammenarbeit nicht mehr erfüllt oder erfüllen
kann. Die Beschlussfassung erfolgt
durch die an der ständigen Strukturierten Zusammenarbeit teilnehmenden
Mitgliedstaaten mit Ausnahme des betroffenen Mitgliedstaates. Die qualifizierte
Mehrheit und die Sperrminorität sind entsprechend Abs. 3 festgelegt.
Nach Abs. 5 nimmt
der Rat die Mitteilung eines Staates über seine Absicht, aus der Ständigen
Strukturierten Zusammenarbeit auszutreten, zur Kenntnis.
Abs. 6 sieht vor,
dass der Rat mit Ausnahme der Beschlüsse nach den Abs. 2 bis 5 Beschlüsse und
Empfehlungen im Rahmen der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit einstimmig
erlässt, wobei sich die Einstimmigkeit allein auf die an der Zusammenarbeit
teilnehmenden Mitgliedstaaten bezieht.
Abschnitt 3
Dieses Kapitel
enthält Bestimmungen zu den finanziellen Rahmenbedingungen der GASP und GSVP,
wobei auf Bestimmungen des EUV zurückgegriffen wird.
Gemäß Art. 5 des
Protokolls Nr. 20 („über die Position Dänemarks“) beteiligt sich Dänemark nicht
an gemäß diesem Abschnitt erlassenen Maßnahmen mit verteidigungspolitischen
Bezügen.
Zu Artikel III-313:
Dieser Artikel
übernimmt Art. 28 Abs. 2 und 3 EUV mit folgenden Änderungen und Ergänzungen:
Abs.1 entspricht
Art. 28 Abs. 2 EUV.
Abs. 2 entspricht
Art.28 Abs. 3 EUV.
Abs. 3 ist neu:
Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss um besondere Verfahren
festzulegen, die einen schnellen Zugriff auf die Haushaltsmittel der Union
ermöglichen, um Sofortinitiativen der GASP zu finanzieren, insbesondere
Tätigkeiten zur Vorbereitung einer Mission nach Art. I-41 Abs. 1 und Art.
III-309. Es besteht ein Anhörungsrecht des Europäischen Parlamentes.
Gemäß UAbs. 2 wird
ein Anschubfond gegründet, um die Vorbereitung der Tätigkeiten der nach Artikel
I-41 Abs. 1 und Art. III-309 genannten Missionen, die nicht aus den
Haushaltsmitteln der Union bezahlt werden, zu finanzieren. Dieser Fonds wird
durch die Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert.
Der Rat erlässt
mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag des Außenministers Europäische
Beschlüsse betreffend Folgendes:
- Einzelheiten
für die Bildung und Finanzierung des Anschubfonds, insbesondere die Höhe der
Mittelzuweisungen für den Fonds;
- Einzelheiten
für die Verwaltung des Anschubfonds;
- Einzelheiten
für die Finanzkontrolle.
Kann eine geplante
Mission nach Art. I-41 Abs. 1 und Art. III-309 nicht aus dem Haushalt der Union
finanziert werden, ermächtigt der Rat den Außenminister der Union dazu, diesen
Fonds zu beanspruchen. Der Außenminister hat die Pflicht, dem Rat über die
Erfüllung dieses Mandats Bericht zu erstatten.
Für die gemeinsame
Handelspolitik besteht in dem gesamten Umfang, der in diesem Kapitel festgelegt
wird, eine ausschließliche Zuständigkeit der Union (siehe Erläuterungen zu Art.
I-12 und
I-13). Dieser Umfang wird
gegenüber dem EGV auf ausländische Direktinvestitionen erweitert. Die Ausnahmen
von der generellen Beschlussfassungsregel im Rat (qualifizierte Mehrheit)
werden komprimiert. Das Europäische Parlament erhält mit der Festlegung des
Rahmens für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik durch Europäische
Gesetze erstmals Mitwirkungsrechte in der gemeinsamen Handelspolitik. Aus der
Einordnung in Titel V des Teils III des Verfassungsvertrags ergibt sich zudem,
dass die Ausübung der handelspolitischen Zuständigkeit durch die Union im
Einklang mit den allgemein anwendbaren Bestimmungen für das auswärtige Handeln
der Union (Art. III-292 und III-293) zu erfolgen hat.
Zu Artikel III-314:
In diesem Artikel
werden in Anlehnung an die Formulierung in Art. 131 Abs.1 EGV die sich aus der
Schaffung der Zollunion gemäß Art. III-151 ergebenden Ziele der gemeinsamen
Handelspolitik festgeschrieben. Auf Grund der ausschließlichen Zuständigkeit
obliegt die Verfolgung dieser Ziele nicht mehr – wie im EGV – den
Mitgliedstaaten, sondern der Union. Zudem wird der Umfang dieser Ziele
gegenüber dem EGV erweitert, indem die Union auf globaler Ebene nicht nur
generell zur schrittweisen Beseitigung von Handelsbeschränkungen sowie konkret
zum Abbau von Zollschranken, sondern auch explizit zur schrittweisen
Beseitigung der Beschränkungen bei den ausländischen Direktinvestitionen und
zum Abbau nicht-tarifärer Handelsschranken beizutragen hat.
Zu Artikel III-315:
Dieser Artikel entspricht Art. 133 EGV mit einigen
wesentlichen materiellen und formalen Änderungen.
In Abs. 1 werden
demonstrativ Bereiche genannt, in denen die gemeinsame Handelspolitik nach
einheitlichen Grundsätzen zu gestalten ist. Diese Liste wird gegenüber Art. 133
Abs. 1 EGV substantiell präzisiert und erweitert, indem ausdrücklich
festgeschrieben wird, dass die einheitlichen Grundsätze generell sowohl den
Handel mit Waren als auch mit Dienstleistungen sowie die Handelsaspekte des
geistigen Eigentums und die ausländischen Direktinvestitionen umfassen. Während
Abkommen betreffend den Handel mit Dienstleistungen und betreffend
Handelsaspekte des geistigen Eigentums, sofern sie nicht ohnehin bereits von
Art. 133 Abs. 1 bis 4 EGV umfasst sind, mit gewissen Einschränkungen bereits
durch Art. 133 Abs. 5 EGV in die gemeinsame Handelspolitik einbezogen sind, ist
die Hinzufügung der ausländischen Direktinvestitionen neu.
Mit dem letzten
Satz von Abs.1 wird bekräftigt, dass die gemeinsame Handelspolitik im Rahmen der
Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union (siehe Art. III-292 und
293) zu gestalten ist.
Gemäß Abs. 2 wird
der Rahmen für die Umsetzung der gemeinsamen Handelspolitik in Europäischen
Gesetzen festgelegt. Dies bedeutet, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren
zur Anwendung kommt, während gemäß Art. 133 Abs. 2 iVm Abs. 4 EGV entsprechende
Durchführungsmaßnahmen auf Vorschlag der Kommission vom Rat mit qualifizierter
Mehrheit – aber ohne Einbeziehung des Europäischen Parlaments – erlassen
werden.
Abs. 3 legt das
Verfahren für die Aufnahme und Führung von Verhandlungen über internationale
Abkommen im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik fest. Die diesbezüglichen
Bestimmungen werden im Wesentlichen aus Art. 133 Abs. 3 EGV übernommen. Neu ist, dass das
Europäische Parlament regelmäßig über den Stand der Verhandlungen unterrichtet
werden muss. Auf der Basis von Empfehlungen der Kommission ermächtigt der Rat
die Kommission zur Aufnahme und Führung von Verhandlungen und kann ihr dazu
Richtlinien vorgeben. Die Kommission führt die Verhandlungen mit Unterstützung
eines vom Rat bestellten Sonderausschusses, den sie ebenso wie das Europäische
Parlament über den Verhandlungsstand regelmäßig informiert. Vorbehaltlich der
Sonderbestimmungen dieses Artikels findet Art. III-325 über internationale
Übereinkünfte Anwendung.
Gemäß Abs. 4,
UAbs. 1, beschließt der Rat über die Aushandlung und den Abschluss der in Abs.
3 genannten Übereinkünfte mit qualifizierter Mehrheit. Diese generelle
Beschlussfassungsregel wird unverändert aus Art. 133 Abs. 4 EGV übernommen.
Die UAbs. 2 und 3
nennen diejenigen Bereiche, in denen der Rat – in Abweichung von Unterabs.1 –
einstimmig beschließt:
- Dienstleistungen,
Handelsaspekte des geistigen Eigentums und ausländische Direktinvestitionen –
sofern Abkommen Bestimmungen inkludieren, die Regelungen betreffen, die von der
Union intern einstimmig angenommen werden müssen;
- kulturelle
und audiovisuelle Dienstleistungen, sofern das Risiko der Beeinträchtigung der
sprachlichen und kulturellen Vielfalt der Union besteht.
- Dienstleistungen
des sozialen, des Bildungs- und des Gesundheitssektors, wenn
Übereinkünfte die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen
ernsthaft stören und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung
berühren könnten.
Somit werden
einzelne Kategorien von Bereichen, die gemäß Art. 133 Abs. 5 EGV einer
einstimmigen Beschlussfassung des Rates bedürfen oder gemäß Art. 133 Abs. 6 EGV
eine einvernehmliche Zustimmung der Mitgliedstaaten erfordern, in
vereinheitlichter Form der Einstimmigkeitsregel unterworfen. Dabei entfällt
dann das bisher ausdrücklich angeordnete Einstimmigkeitserfordernis, wenn die
Gemeinschaft ihre interne Zuständigkeit noch nicht ausgeübt hat. Die
Ausnahmeklausel hinsichtlich der Beschlussfassung postuliert im Unterschied zu
Art. 133 Abs. 6 UAbs. 2 EGV keine expliziten, konkreten Ausnahmen von der
ausschließlichen Zuständigkeit der Union. Außerdem werden die Bedingungen,
unter denen in den angeführten Bereichen die Einstimmigkeitsregel gilt,
gegenüber dem EGV eingeschränkt.
Gemäß Abs. 5 – der
Art. 133 Abs. 6, UAbs. 3, EGV entspricht - gelten für die Aushandlung und den
Abschluss von internationalen Abkommen im Bereich des Verkehrs die Bestimmungen
des Verfassungsvertrages über den Politikbereich Verkehr (Teil III Kapitel III
Abschnitt 7) sowie Art. III-325 betreffend internationale Übereinkünfte. Damit
wird klargestellt, dass Abkommen
im Bereich des Verkehrs, selbst wenn sie etwa den Handel mit
Transportdienstleistungen zum Gegenstand haben, nicht in den Anwendungsbereich der Regelungen für die
gemeinsame Handelspolitik fallen.
Gemäß Abs. 6 hat die Ausübung der Unionskompetenzen für die gemeinsame
Handelspolitik keine Auswirkungen auf die Abgrenzung der Zuständigkeiten zwischen
der Union und den Mitgliedstaaten und führt nicht zu Harmonisierungen, wo der
Verfassungsvertrag dies ausschließt. Diese generelle Begrenzungsklausel für die
ausschließliche Zuständigkeit der Union in der gemeinsamen Handelspolitik ist
an die Formulierung von Art. 133 Abs. 6, UAbs. 1, EGV angelehnt und ist vor
allem deshalb von Bedeutung, weil der Union in Zukunft selbst in jenen
Bereichen eine umfassende Zuständigkeit für autonome und vertragliche Maßnahmen
der Handelspolitik zusteht, wo sonst ihre übrigen internen
Regelungszuständigkeiten begrenzt sind.
Zusammenarbeit mit Drittländern und humanitäre Hilfe
Für diesen Bereich
besteht gemäß Art. I-14 Abs. 4 eine Sonderform der geteilten Zuständigkeit,
wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten parallel ausüben
können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit
nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit
ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.
Die konkreten
Bestimmungen dieses Abschnitts sind im Wesentlichen dem EGV entnommen.
Zu Artikel III-316:
Dieser Artikel übernimmt
alle wesentlichen Elemente von
Art. 177 und Art. 178 EGV, wobei in Abs.1 die in Art. III-292
dargelegten Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union als Rahmen
für die Politik der Union in diesem Bereich vorgegeben werden.
Zu Artikel III-317:
Dieser Artikel
fügt die Bestimmungen von Art. 179 Abs. 1 und 2 EGV sowie Art. 181 zweiter und
dritter Satz EGV zusammen.
Wesentlich ist, dass Art. 179 Abs. 3 EGV, der die Zusammenarbeit mit den
AKP-Staaten aus dem Anwendungsbereich der allgemeinen Maßnahmen im Bereich der
Entwicklungszusammenarbeit ausschließt, wegfällt. Dadurch wird die spezifische
Rechtsgrundlage für die Ausklammerung des im Rahmen der AKP (Afrika, Karibik,
Pazifik) EG-Abkommen eingerichteten „Europäischen Entwicklungsfonds“ aus dem
Unionshaushalt gestrichen.
Gemäß Abs. 1
werden als Gesetzgebungsakte für Maßnahmen zur Durchführung der Politik der
Union Europäische Gesetze oder Rahmengesetze vorgesehen.
Gemäß Abs. 2 kann
die Union mit Drittländern und zuständigen internationalen Organisationen
Übereinkünfte abschließen. Im Einklang mit dem in Art. I-14 Abs. 4 festgelegten
besonderen Wesensmerkmal der geteilten Zuständigkeit für die
Entwicklungszusammenarbeit berührt diese Ermächtigung nicht die Zuständigkeit
der Mitgliedstaaten, in internationalen Gremien zu verhandeln und Übereinkünfte
zu schließen.
Abs. 3 betreffend
die Europäische Investitionsbank entspricht Art.179 Abs. 2.
Zu Artikel III-318:
Abs. 1 und 2 entsprechen Art. 180 EGV. Abs. 3
entspricht dem ersten Satz von Artikel 181 EGV.
Wirtschaftliche, finanzielle und technische
Zusammenarbeit
mit Drittländern
Zu Artikel III-319:
Dieser Artikel
entspricht im wesentlichen Art. 181a EGV, wobei allerdings in verfahrensrechtlicher
Hinsicht das Mitwirkungsrecht des Europäischen Parlaments gestärkt wird.
Abs. 1 enthält
einen ausdrücklichen Verweis darauf, dass die Zusammenarbeit der Union mit
Entwicklungsländern in einem anderen Kapitel geregelt wird. Daher wird – bei
gleichzeitiger Einengung des Anwendungsbereichs des Abschnitts gegenüber Art.
180 EGV – ergänzt, dass die Union Maßnahmen der wirtschaftlichen, finanziellen
und technischen Zusammenarbeit mit solchen Drittstaaten ausführt, die keine
Entwicklungsländer sind. Vorgegeben wird auch, dass die Maßnahmen der
wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit im Rahmen der
Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union durchzuführen sind.
Gemäß Abs. 2
werden die Maßnahmen der Union durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetze
festgelegt. Dies bedeutet, dass das ordentliche Gesetzgebungsverfahren ohne
Einschränkungen gilt, während in Art. 181a Abs. 2 EGV zwar die Beschlussfassung
des Rates mit qualifizierter Mehrheit, aber nur die Anhörung des Europäischen
Parlaments vorgesehen ist.
In Abs. 3 wird
festgelegt, dass die Einzelheiten der Zusammenarbeit der Union mit Drittländern
und zuständigen internationalen Organisationen – unbeschadet der
Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten – in Übereinkünften geregelt werden kann.
Für Übereinkünfte
mit beitrittswilligen Staaten ist gemäß Art. III-325 Abs. 8 weiterhin die
einstimmige Beschlussfassung des Rates erforderlich.
Zu Artikel III-320:
Dieser neue
Artikel legt fest, dass erforderlichenfalls sofortige finanzielle Hilfe an
einen Drittstaat geleistet werden kann, wenn der Rat auf Vorschlag der
Kommission die notwendigen Europäischen Beschlüsse erlässt.
Zu Artikel III-321:
Mit diesem Artikel
wird eine neue Rechtsgrundlage für humanitäre Hilfe geschaffen. Für diesen
Bereich besteht gemäß Art. I-14 Abs. 4 eine Sonderform der geteilten
Zuständigkeit, wonach die Union und die Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeiten
parallel ausüben können; d.h. die Auflage von Art. I-12 Abs. 2, dass die
Mitgliedstaaten ihre Zuständigkeit nicht mehr wahrnehmen dürfen, sofern und
soweit die Union ihre Zuständigkeit ausübt, gilt in diesem Bereich nicht.
Gemäß Abs. 1
erfolgt die humanitäre Hilfe im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Union.
Einwohnern von Drittländern, die von Naturkatastrophen oder von vom Menschen
verursachten Katastrophen betroffen sind, soll gezielt Hilfe, Rettung und
Schutz gebracht werden. Die Maßnahmen der Union und der Mitgliedstaaten
ergänzen und verstärken sich gegenseitig.
Abs. 2 verlangt
die Berücksichtigung der Grundsätze des Völkerrechts, der Unparteilichkeit, der
Neutralität und der Nichtdiskriminierung bei Maßnahmen der humanitären Hilfe.
Abs. 3 sieht als
Gesetzgebungsakte für Maßnahmen der humanitären Hilfe Europäische Gesetze oder
Rahmengesetze vor.
Abs. 4 schafft die
Möglichkeit, dass die Union mit Drittländern und den zuständigen
internationalen Organisationen alle Übereinkünfte schließen kann, die zur
Verwirklichung der Ziele der humanitären Hilfe und der Ziele des auswärtigen
Handelns allgemein beitragen.
Abs. 5 sieht die
Schaffung eines Europäischen Freiwilligenkorps für humanitäre Hilfe vor. Das
Korps soll als Rahmen für gemeinsame Beiträge der europäischen Jugendlichen zu
den Maßnahmen der humanitären Hilfe dienen. Rechtsstellung und Einzelheiten der
Arbeitsweise des Korps werden durch Europäisches Gesetz festzulegen sein.
Gemäß Abs. 6
kann die Kommission zur
Wirksamkeit und besseren Ergänzung der Programme der Union und der
Mitgliedstaaten koordinierende Initiativen ergreifen.
Abs. 7 legt fest,
dass die Maßnahmen der humanitären Hilfe mit den Maßnahmen der internationalen
Organisationen, insbesondere des Systems der Vereinten Nationen abgestimmt
werden und im Einklang stehen sollen.
Zu Artikel III-322:
Dieser Artikel
ermächtigt die Union zur Verhängung von Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen
Dritte. Er fasst die bisherigen Rechtsgrundlagen des EGV über
Wirtschaftssanktionen (Art. 301 EGV) und Finanzsanktionen (Art. 60 EGV) in
einer einzigen Bestimmung zusammen und erweitert ihren Anwendungsbereich.
Wie dies bereits
im EGV der Fall ist, gilt für die restriktiven Maßnahmen ein zweistufiges
Verfahren. Gemäß Abs. 1 muss dem Erlass der restriktiven Maßnahme ein
außenpolitischer Beschluss im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik (Art. III-294 bis III-313) vorangehen, der die Aussetzung,
Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts- und
Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vorsieht. Der Rat
erlässt anschließend mit qualifizierter Mehrheit und auf gemeinsamen Vorschlag
des Außenministers der Union und der Kommission die erforderlichen Verordnungen
oder Beschlüsse. Neu ist, dass das Europäische Parlament vom Rat über diese
Maßnahmen informiert werden muss.
Abs. 2 dehnt den
Geltungsbereich aus und schafft eine ausdrückliche Rechtsgrundlage auch für
Sanktionen gegen einzelne natürliche oder juristische Personen sowie gegen
Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten. Bislang müssen solche Maßnahmen
auf Art. 308 EGV gestützt werden, da die Art. 60 und 301 des EGV nur
restriktive Maßnahmen gegen Drittländer zulassen. Für die Sanktionen gegen
Einzelne und nichtstaatliche Akteure, denen ebenfalls ein entsprechender
GASP-Beschluss vorangehen muss, gilt dasselbe Verfahren wie für Sanktionen
gegen Drittländer nach Abs. 1.
Mit Blick auf
diese Ausdehnung des Geltungsbereichs bestimmt Abs. 3, dass die Verordnungen
und Beschlüsse, mit denen restriktive Maßnahmen verhängt werden, auch die
erforderlichen Bestimmungen über den Rechtsschutz enthalten müssen (vgl. dazu
auch Art. III-365 Abs. 4). Während die Beschlüsse und Verordnungen nach diesem
Artikel jedenfalls der EuGH-Kontrolle unterliegen, hat der EuGH gemäß Art.
III-376 Abs. 2 des Verfassungsvertrages auch eine ausdrückliche Zuständigkeit
zur Überwachung der Rechtmäßigkeit der vorausgehenden GASP-Beschlüsse des Rates
über restriktive Maßnahmen gegen natürliche und juristische Personen.
Im Zusammenhang
mit diesem Artikel ist auch auf Artikel III-160 zu verweisen, der in Bezug auf
die Verhütung und Bekämpfung von Terrorismus und damit verbundenen Aktivitäten
eine besondere Rechtsgrundlage für Finanzrestriktionen gegen Einzelne und
nichtstaatliche Akteure innerhalb der Union schafft.
Zu Artikel III-323:
Abs. 1 enthält die
allgemeine Umschreibung der Zuständigkeit der Union zum Abschluss von
völkerrechtlichen Verträgen mit Drittstaaten oder internationalen
Organisationen. Eine solche ist im Sinne der bisherigen EuGH-Judikatur gegeben,
wenn dies im Verfassungsvertrag vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer
Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines
der im Verfassungsvertrag festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem
verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften
beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte. Diese Bestimmung
ist im Zusammenhang mit Art. I-13 Abs. 2 zu lesen. Er führt die Fälle an, in
denen die Union eine ausschließliche Zuständigkeit für den Abschluss solcher
Übereinkünfte (auch in der GASP und im gesamten Bereich des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts) besitzt. Die Tatbestände der Art. I-13
Abs. 2 und III-323 überschneiden sich teilweise, verwenden jedoch auch
unterschiedliche Formulierungen.
Abs. 2 enthält die
bisher in Art. 300 Abs. 7 EGV enthaltene Bindungswirkung, welche von der Union
geschlossene Übereinkünfte für deren Organe und die Mitgliedstaaten entfalten.
Die Übereinkünfte sind daher als verbindliche Rechtsakte der Union -
einschließlich Vorrangwirkung gegenüber dem Recht der Mitgliedstaaten gemäß
Art. I-6 - anzusehen, auch wenn sie in der Aufzählung in Art. I-33 nicht
genannt werden. Hinsichtlich der Einordnung der Übereinkünfte in die
Unionsrechtsordnung wird unverändert von der „Mezzanin“-Theorie (d.h. zwischen
Primär- und sonstigem Sekundärrecht) auszugehen sein. Infolge der Aufhebung der
Säulenstruktur und des Wegfalls des Art. 47 EUV wird im Sinne des Art. III-308
Gleichrangigkeit von GASP-Übereinkünften und sonstigen Unionsübereinkünften anzunehmen
sein (vgl. Art. III-325).
Zu Artikel III-324:
Die
Assoziierungsabkommen werden Art. 310 EGV entsprechend als besondere Form der
Übereinkünfte mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren
internationalen Organisationen ausdrücklich erwähnt. Assoziierungsabkommen
werden als Abkommen mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem
Vorgehen und besonderen Verfahren definiert.
In diesem
Zusammenhang ist auch Art. I-57 („Die Union und ihre Nachbarn“) zu beachten,
der in Abs. 2 die Möglichkeit der Union vorsieht „spezielle Übereinkünfte“ mit
den betreffenden Ländern zu schließen. Die Definition dieser speziellen
Übereinkünfte greift auf ähnliche Elemente wie im gegenständlichen Artikel
zurück.
Auf das in Art.
III-325 Abs. 6, UAbs. 2, lit. i
verankerte Zustimmungserfordernis des Europäischen Parlaments zu
Assoziierungsabkommen und die einstimmige Beschlussfassung des Rates gemäß Art.
III-325 Abs. 8 UAbs. 2 wird hingewiesen.
Zu Artikel III-325:
Infolge der
ausdrücklichen Verankerung der Rechtspersönlichkeit der Europäischen Union in
Art. I-7 sowie der Abschaffung der Säulenstruktur der Union werden
völkerrechtliche Übereinkünfte der Union in sämtlichen Politikbereichen
grundsätzlich nach einem einheitlichen Verfahren ausgehandelt und geschlossen,
welches im gegenständlichen Artikel festgelegt wird. Die Regelungen orientieren
sich dabei an Art. 300 EGV. Einzelne Besonderheiten der Abkommen gemäß Art. 24
EUV werden unter Berücksichtigung der institutionellen Neuerungen
(Außenminister der Union) eingearbeitet. Abweichende Regelungen finden sich
allerdings weiterhin in Art. III-315 als lex specialis betreffend
Handelsabkommen (vgl. den ausdrücklichen in Abs. 1 des Art. III-315) und in
Art. III-326 betreffend Wechselkursvereinbarungen.
Abs. 2 umschreibt die Rolle des Rates bei den
verschiedenen Stadien des Zustandekommens einer Übereinkunft.
Abs. 3 entspricht
Art. 300 Abs. 1 EGV hinsichtlich der Vorlage von Empfehlungen der Kommission
für die Aufnahme von Verhandlungen und die diesbezügliche Ermächtigung durch
den Rat mit Europäischem Beschluss. Bei ausschließlich oder überwiegend die
GASP betreffenden Übereinkünften legt der Außenminister der Union die
entsprechenden Empfehlungen vor. Aus diesem Grunde ist auch die Benennung des
jeweils nach dem Gegenstand der geplanten Übereinkunft zuständigen
Verhandlungsführers vorgesehen. Derzeit ist bei Gemeinschaftsabkommen in Art.
300 Abs. 1 EGV ausschließlich die Kommission, bei Unionsabkommen in Art. 24 EUV
der Ratsvorsitz, der gegebenenfalls von der Kommission unterstützt wird, als
Verhandlungsführer vorgesehen.
Gemäß Abs. 4 kann
der Rat - in Anlehnung an Art. 300 Abs. 1 EGV - dem Verhandlungsführer
Richtlinien erteilen und einen Sonderausschuss bestellen. Die Verhandlungen
sind im Benehmen mit diesem Sonderausschuss zu führen.
Gemäß Abs. 5 wird
auf Vorschlag des Verhandlungsführers durch Europäischen Beschluss des Rates
die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige
Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt.
Abs. 6 UAbs. 1
betrifft die Genehmigung des Abschlusses durch den Rat durch Europäischen
Beschluss auf Vorschlag des Verhandlungsführers. In UAbs. 2 lit. a werden die
Übereinkünfte aufgeführt, die nur mit Zustimmung des Europäischen Parlaments
abgeschlossen werden können (vgl. dazu Art. 300 Abs. 3 UAbs. 2 EGV).
Neu hinzu kommt in
der Liste in Punkt ii) die Übereinkunft betreffend den Beitritt der Union zur
Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten.
Inhaltlich
ausgeweitet wird die Mitwirkungsbefugnis des Europäischen Parlaments auch mit
Punkt v) auf Übereinkünfte in Bereichen, für die entweder das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren oder, wenn die Zustimmung des Europäischen Parlaments
erforderlich ist, das besondere Gesetzgebungsverfahren gilt. Derzeit gilt das
Zustimmungserfordernis nur, wenn ein Abkommen konkret eine Änderung eines im
Mitentscheidungsverfahren angenommenen Rechtsakts bedingt, es bleibt aber
(siehe ausdrückliche Festlegung in Art. 300 Abs. 3 UAbs. 1 EGV) bei der bloßen
Anhörung selbst dann, wenn in dem Bereich, den das Abkommen betrifft, für die
Annahme interner Vorschriften abstrakt die Verfahren der Mitentscheidung oder
der Zusammenarbeit anzuwenden sind.
In UAbs. 2 lit. b
wird für die übrigen Abkommen lediglich die Anhörung des Europäischen
Parlaments vorgesehen. Mangels besonderer Bestimmung in Art. III-315 (siehe
dessen Abs. 3) unterliegen daher auch Handelsabkommen, welche derzeit infolge
Art. 300 Abs. 3 UAbs. 1 EGV von jeglicher Befassung des Europäischen Parlaments
ausgenommen sind, der Anhörung des Europäischen Parlaments. Betreffend
Übereinkünfte, die ausschließlich die GASP betreffen, hat das EP keinerlei Anhörungsrecht.
Die Möglichkeiten der Fristsetzung für die Stellungnahme bzw. Zustimmung des
Europäischen Parlaments sind Art. 300 Abs. 3 EGV nachgebildet.
Abs. 7 über die
Ermächtigung zur Zustimmung in einem vereinfachten Änderungsverfahren
entspricht Art. 300 Abs. 4 EGV.
Abs. 8 stellt für
das gesamte Verfahren des Aushandelns und Abschlusses von Übereinkünften die
Regel der Entscheidung des Rates mit qualifizierter Mehrheit auf.
Einstimmigkeit ist in Anlehnung an Art. 300 Abs. 2 UAbs. 3 EGV nur erforderlich,
wenn die Übereinkunft einen Bereich betrifft, in dem für den Erlass eines
Rechtsakts der Union Einstimmigkeit vorgesehen ist, sowie dann, wenn es um Assoziierungsabkommen
und - als neuer Fall - um die Übereinkünfte betreffend wirtschaftliche,
finanzielle und technische Zusammenarbeit gemäß Art. III-319 mit
beitrittswilligen Staaten geht. Zu beachten sind - trotz fehlenden
Querverweises an dieser Stelle - auch die in Art. III-315 Abs. 4 als lex
specialis für bestimmte Handelsabkommen vorgesehenen Fälle der einstimmigen
Entscheidung des Rates.
Abs. 9 betrifft in
Anlehnung an Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV die Entscheidungen über die Aussetzung
der Anwendung einer Übereinkunft und die Festlegung der Standpunkte der Union
in Staatengemeinschaftsorganen (mit Ausnahme der Ergänzung oder Änderung des
institutionellen Rahmens), die mit den Übereinkünften der Union geschaffen
werden. Mangels anders lautender Festlegung gilt für solche Beschlüsse des
Rates gemäß Art. I-23 Abs. 3 die allgemeine Regel der qualifizierten Mehrheit.
Aufgrund des leicht veränderten Wortlauts und der systematischen Stellung
dieses Absatzes im Verhältnis zu Abs. 8 gilt die qualifizierte Mehrheit somit
auch für die Aussetzung von und die Standpunkte der Union bezüglich
Übereinkünften, für deren Abschluss ansonsten Einstimmigkeit erforderlich ist
(vgl. demgegenüber Art. 300 Abs. 2 UAbs. 2 EGV „Abweichend von Abs. 3 gelten
diese Verfahren auch ...“ Gemeint
ist also, dass die jeweils erforderliche qualifizierte Mehrheit oder aber
Einstimmigkeit zur Anwendung kommt). Betrifft die Übereinkunft die GASP,
handelt der Rat auf Vorschlag des Außenministers der Union.
Die Verpflichtung
zur unverzüglichen und umfassenden Unterrichtung des Europäischen Parlaments
wird mit Abs. 10 angesichts der Ausweitung seiner Mitwirkungsbefugnisse
gegenüber Art. 300 Abs. 2 UAbs. 3 folgerichtig auf alle Phasen des Verfahrens
ausgedehnt.
Abs. 11 übernimmt
die in Art. 300 Abs. 6 EGV verankerte Möglichkeit der Einholung eines
Gutachtens des EuGH über die Vereinbarkeit einer geplanten Übereinkunft mit der
Verfassung, welche damit inhaltlich auf den gesamten Bereich des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ausgeweitet wird. Betreffend
Übereinkünfte, die ausschließlich oder überwiegend die GASP betreffen, erscheint
die Zuständigkeit des EuGH für Gutachten infolge des Art. III-376 fraglich. Die
Folgen eines negativen EuGH-Gutachtens bleiben unverändert (Erfordernis der
vorherigen Anpassung des Primärrechts).
In Erklärung Nr.
25 zu Art. III-325 - die der Erklärung Nr. 4 zum Vertrag von Amsterdam
entspricht - bestätigt die Regierungskonferenz, dass die Mitgliedstaaten
Übereinkünfte mit Drittländern oder internationalen Organisationen in den
Bereichen des Teils III Titel III Kapitel IV Abschnitte 3, 4 und 5 - d.h. betreffend
den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - aushandeln und schließen
können, sofern diese Übereinkünfte mit dem Unionsrecht im Einklang stehen.
Zu Art. III-326:
Diese Bestimmung
enthält als lex specialis gegenüber Art. III-325 teilweise abweichende
Verfahrensregelungen betreffend Wechselkursvereinbarungen für den Euro
gegenüber den Währungen von Drittländern, allgemeine Orientierungen für die
Wechselkurspolitik gegenüber bestimmten Drittwährungen, denen gegenüber kein
Wechselskurssystem im Sinne des Abs. 1 des gegenständlichen Artikels besteht,
sowie Vereinbarungen im Zusammenhang mit Währungsfragen oder Devisenregelungen
mit einem oder mehreren Drittländern. Die Abs. 1 bis 3 des gegenständlichen
Artikels entsprechen inhaltlich Art. 111 Abs. 1 bis 3 EGV, es werden lediglich
die aus formalen Gründen notwendigen redaktionellen Anpassungen an die neuen
Rechtsinstrumente und Verfahren der Verfassung vorgenommen. Abs. 4 (Wahrung der
Zuständigkeit der Mitgliedstaaten) entspricht Art. 100 Abs. 5 EGV.
Gemäß Art. III-197
Abs. 4 gilt für die Beschlussfassung des Rates mit qualifizierter Mehrheit auf
der Basis von Art. III-326 die am Beginn (vor Art. III-177) von Titel III,
Kapitel II („Wirtschafts- und Währungspolitik“) erläuterte – in Bereichen, in
denen nur Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind, zur Anwendung
gelangende - „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten Mehrheit.
Beziehungen der Union zu Internationalen Organisationen
und Drittländern und
Delegationen der Union
Dieses Kapitel
trägt der Abschaffung der Säulenstruktur Rechnung und entwickelt in den Art.
302, 303 und 304 EGV sowie in den Art. 19 und 20 EUV enthaltene Elemente
weiter. Diese werden zu für den gesamten Bereich des auswärtigen Handelns der
Union gültigen, einheitlichen Bestimmungen über die Außenbeziehungen und die
Außenvertretung der Union in Drittländern und bei internationalen
Organisationen.
Zu Artikel III-327:
Gemäß Abs.1 führt
die Union jede zweckdienliche Zusammenarbeit mit internationalen
Organisationen, wobei in Ergänzung zu den in den Art. 302, 303 und 304 EGV
speziell angeführten Organisationen auch die OSZE explizit genannt wird.
Gemäß Abs. 2
obliegt die Durchführung dieses Artikels dem Außenminister der Union und der
Kommission entsprechend ihren jeweiligen Zuständigkeiten in den Bereichen des
auswärtigen Handelns.
Zu Artikel III-328:
Abs.1 schafft
erstmals eine Grundlage für die Einrichtung von Delegationen der Union in
Drittländern und bei internationalen Organisationen, die die Vertretung der
Union sicher zu stellen haben.
Gemäß Abs. 2 sind
diese Delegationen der Leitung des Außenministers der Union unterstellt und
arbeiten eng mit den konsularischen und diplomatischen Vertretungen der
Mitgliedstaaten zusammen.
Bislang gibt es im
Rahmen der EU/EG über 120 Delegationen der Kommission und zwei Verbindungsbüros
des Ratssekretariats. Art. III-328 ermöglicht die Umwandlung bzw.
Zusammenlegung dieser Vertretungsbehörden zu einheitlichen Delegationen der
Union.
Art.III-306
bestimmt Aufgaben der Delegationen der Union im Rahmen der GASP. Aus dem
Wortlaut von Art. III-328 und dessen systematischer Einordnung in ein eigenes
auf den gesamten Titel V über das auswärtige Handeln bezogenes Kapitel ergibt
sich allerdings, dass sich der Aufgabenbereich der Delegationen nicht auf die
GASP beschränken soll.
Anwendung der Solidaritätsklausel
Zu Artikel III-329 EUV:
Diese Bestimmung regelt die Einzelheiten der Anwendung
der in Art. I-43 enthaltenen Solidaritätsklausel.
Nach Abs. 1 findet
die Solidaritätsklausel für den Fall Anwendung, dass ein Mitgliedstaat von
einem Terroranschlag, einer Naturkatastrophe oder einer von Menschen
verursachten Katastrophe betroffen ist. Zur Festlegung der
Unterstützungsmaßnahmen, die von den politischen Organen des betroffenen
Mitgliedsstaates angefordert werden, sprechen sich die Mitgliedsstaaten im Rat
ab.
Abs. 2 sieht vor,
dass der Rat über die Einzelheiten der Anwendung der Solidaritätsklausel nach
Art I-43 aufgrund eines gemeinsamen Vorschlags von Außenminister und Kommission
einen Europäischen Beschluss fasst. Hat dieser Beschluss Auswirkungen im
Bereich der Verteidigung, entscheidet der Rat nach Art. III-300 (einstimmig,
konstruktive Enthaltung vorgesehen). Der Rat wird unbeschadet des Art. III-344
(Ausschuss der Ständigen Vertreter) vom PSK, das auf die Strukturen des GSVP
zurückgreift, sowie vom Ausschuss nach Art. III-261 (Ständiger Ausschuss zur
Förderung und Stärkung der Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit)
unterstützt.
Abs. 3 ordnet die
regelmäßige Einschätzung der Bedrohungslage durch den Europäischen Rat an, um
ein effizientes Tätigwerden der Union und der Mitgliedstaaten zu gewährleisten.
Die Organe
In diesen
Unterabschnitt werden die in den Art. 190 bis Art. 201 EGV enthaltenen institutionellen
Detailbestimmungen zum Europäischen Parlament aufgenommen, soweit diese nicht
schon in Art. I-20 Berücksichtigung finden.
Zu Artikel III-330:
Abs. 1 entspricht
Art. 190 Abs. 4 EGV (Rechtsgrundlage für den „EP-Direktwahlakt“), wobei als
Rechtsaktform das Europäische Gesetz oder Rahmengesetz vorgesehen wird. Zur
Geltung des EP-Direktwahlaktes siehe Art. 2 des Protokolls Nr. 33.
Abs. 2 entspricht
Art. 190 Abs. 5 EGV (Rechtsgrundlage für ein Statut der Abgeordneten zum
Europäischen Parlament), wobei als Rechtsaktsform das Europäische Gesetz
vorgesehen wird.
Zu Artikel III-331:
Dieser Artikel
entspricht Art. 191 Abs. 2 EGV über das Verfahren, gemäß dem die Regelungen für
die politischen Parteien auf europäischer Ebene festgelegt werden, dessen Abs.
1 in Art. I-46 Abs. 4 in den Verfassungsvertrag übernommen wird. Als
Rechtsaktsform wird das Europäische Gesetz vorgesehen.
Zu Artikel III-332:
Art. 192 Abs. 2
EGV wird inhaltlich unverändert übernommen. Neu hinzu kommt eine
Begründungspflicht der Kommission gegenüber dem Europäischen Parlament, wenn
die Kommission einer Aufforderung des Europäischen Parlaments zur Vorlage eines
geeigneten Vorschlags nicht nachkommt.
Zu Artikel III-333:
Art. 193 EGV
betreffend nichtständige Untersuchungsausschüsse wird hinsichtlich seiner
materiellen Bestimmungen unverändert übernommen. Die formale Festlegung der
Einzelheiten der Ausübung des Untersuchungsrechtes erfolgt durch ein
Europäisches Gesetz des Europäischen Parlaments, das der Zustimmung des Rates
und der Kommission bedarf, während der EGV die Festlegung „im gegenseitigen
Einvernehmen“ der drei Organe vorsieht.
Zu Artikel III-334:
Die Einzelheiten
des in Art. I-10 Abs. 2 lit. d verbrieften Petitionsrechts der
Unionsbürgerinnen und -bürger an das Europäische Parlament werden entsprechend
Art. 194 EGV festgelegt.
Zu Artikel III-335:
Die materiellen
und formalen Detailbestimmungen zu den grundlegenden Bestimmungen über den
Europäischen Bürgerbeauftragten in Art. I-49 und Art. I-10 Abs. 2 lit. d werden
entsprechend Art. 195 EGV festgelegt. Im Einklang mit der Formulierung in Art.
I-49 heißt es, dass der Bürgerbeauftragte vom Europäischen Parlament gewählt
wird, während er gemäß EGV vom Europäischen Parlament ernannt wird. De facto
bedingt dies allerdings keine Änderung im Bestellungsverfahren, da in beiden
Fällen die Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Europäischen Parlament
erforderlich ist.
Zu Artikel III-336:
Art. 196 EGV
betreffend die Sitzungsperiode des Europäischen Parlaments wird unverändert
übernommen.
Zu Artikel III-337:
Art. 197 Abs. 2
bis 4 betreffend die Beziehungen von Rat und Kommission zum Europäischen
Parlament und Art. 200 EGV betreffend den jährlichen Gesamtbericht der
Kommission werden zusammengefasst übernommen. Ergänzt wird, dass auch der
Europäische Rat nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung vom Europäischen Parlament
gehört wird.
Zu Artikel III-338:
Art. 198 EGV
betreffend das reguläre Beschlussfassungsquorum im Europäischen Parlament wird
inhaltlich unverändert übernommen.
Zu Artikel III-339:
Art. 199 EGV
betreffend die Geschäftsordnung und die Verhandlungsniederschriften des
Europäischen Parlaments wird inhaltlich unverändert übernommen.
Zu Artikel III-340:
Art. 201 EGV
betreffend Misstrauensanträge des Europäischen Parlaments gegenüber der
Kommission wird übernommen. Ergänzt wird, dass bei Annahme des
Misstrauensantrages durch das Europäische Parlament auch der Außenminister der
Union sein im Rahmen der Kommission ausgeübtes Amt niederlegt.
Zu Artikel III-341:
Diese neue
Bestimmung ergänzt Art. I-21 in Hinblick auf Verfahrensbestimmungen, die den
Europäischen Rat als Organ betreffen.
Nach Abs. 1 kann
sich – entsprechend der Regelung im Ministerrat (siehe unten Art. III-343 Abs.
1 und Artikel 206 EGV) – jedes Mitglied des Europäischen Rates das Stimmrecht
von höchstens einem anderen Mitglied übertragen lassen. Aus Art. I-25 Abs. 4
ergibt sich, dass nur den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten
Stimmrecht zukommt.
Der 2. Satz des
Abs. 1 normiert, dass Stimmenthaltungen von anwesenden oder vertretenen
Mitgliedern dem Zustandekommen von Beschlüssen des Europäischen Rates, zu denen
Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegenstehen. Auch diese Bestimmung
ist den Vorschriften des Ministerrates nachgebildet (siehe Art. III-343 Abs.
3).
Abs. 2 normiert
die bestehende Praxis, dass zu Beginn jeder Tagung der Präsident des
Europäischen Parlaments gehört werden kann.
Aus Abs. 3 ergibt
sich, dass der Europäische Rat seine eigene Geschäftsordnung erlässt. Diese
nimmt er, ebenso wie Beschlüsse zu Verfahrensfragen, entsprechend der Regelung
für den Ministerrat (siehe Art. III-344 Abs. 3), mit einfacher Mehrheit an.
Abs. 4 bestimmt,
dass der Europäische Rat durch das Generalsekretariat des Rates (siehe Art.
III-344 Abs. 2) unterstützt wird und keine eigene administrative Einheit
beigestellt bekommt.
Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art. I-23 bis I-25.
Zu Artikel III-342:
Diese Bestimmung entspricht Art. 204 EGV.
Zu Artikel III-343:
Abs. 1 entspricht Art. 206 EGV.
Abs. 2 bringt eine
wichtige Änderung: Während der Rat nach Art. 205 Abs. 1 EGV immer dann mit
einfacher Mehrheit beschließt, wenn im EGV nichts anderes bestimmt ist,
beschließt der Rat nach Art. III-343 Abs. 2 nur mehr dann mit der Mehrheit der
Stimmen seiner Mitglieder, wenn nach der Rechtsgrundlage ausdrücklich
Beschlussfassung des Rates mit einfacher Mehrheit erforderlich ist. Nach Art.
I-23 Abs. 3 beschließt der Rat immer dann mit qualifizierter Mehrheit, wenn in
der Verfassung nichts anderes festgelegt ist.
Abs. 3 entspricht Art. 205 Abs. 3 EGV.
Zu Artikel III-344:
Diese Vorschrift
entspricht weitgehend Art. 207 EGV. Während Abs. 1 die korrespondierende
Bestimmung des EGV wörtlich übernimmt, finden sich in den Abs. 2 und 3
Anpassungen an den neuen Verfassungsvertrag.
Die in Abs. 2 des
Art. 207 EGV enthaltene Bestimmung, wonach der Generalsekretär des Rates in
Personalunion auch Hoher Vertreter für die GASP ist, wird im Hinblick auf die
Einrichtung des Amtes des Europäischen Außenministers (siehe Art. I-28)
gestrichen. Hinsichtlich der Organisation des Ratssekretariates, das wieder
einem eigenständigen Generalsekretär untersteht, entscheidet der Rat mit
einfacher Mehrheit.
Ebenfalls gekürzt
wird Abs. 3. Die Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten und die
Vorschriften über die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse sowie von
Erklärungen zur Stimmabgabe konnten im Hinblick auf Art. I-23 Abs. 6 und Art.
I-50 (Transparenz der Arbeit der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen
der Union – siehe oben) gestrichen. Abs. 3 ist nunmehr mit Art. III-341
Abs. 3 betreffend den Europäischen
Rat identisch. Der Rat entscheidet über den Erlass seiner Geschäftsordnung und
über Verfahrensfragen mit einfacher Mehrheit.
Zu Artikel III-345:
Der 1. Satz dieser
Bestimmung entspricht Art. 208 EGV. Der 2. – neu angefügte – Satz normiert eine
Begründungspflicht der Kommission für die Fälle, in denen sie der Aufforderung
des Rates zur Ergreifung einer Initiative nicht nachkommt.
Zu Artikel III-346:
Die Bestimmung
entspricht Art. 209 EGV. Die ausdrückliche Erwähnung, dass der Rat mit
einfacher Mehrheit beschließt, ist keine inhaltliche Neuerung, war jedoch
erforderlich, da jede andere Form der Beschlussfassung als die der
qualifizierten Mehrheit ausdrücklich in der Verfassung angeführt werden muss.
Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art.
I-26 und Art. I-27.
Zu Artikel III-347:
Diese Bestimmung entspricht Art. 213 Abs. 2 EGV.
Zu Artikel III-348:
Diese Bestimmung
entspricht im Wesentlichen Art. 215 EGV. Neu ist die Rücktrittbestimmung für
den Europäischen Außenminister und die Mitwirkungsbefugnisse des
Kommissionspräsidenten bei der Ernennung bzw. Nicht-Ernennung von
Ersatzmitgliedern sowie das Anhörungsrecht des Europäischen Parlaments bei der
Ernennung eines Ersatzmitglieds.
Zu Artikel III-349:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 216 EGV. Die ausdrückliche Erwähnung, dass der Rat mit einfacher
Mehrheit beschließt, ist keine inhaltliche Neuerung, war jedoch erforderlich,
da jede andere Form der Beschlussfassung als die der qualifizierten Mehrheit
ausdrücklich in der Verfassung angeführt werden muss (vgl. Erläuterungen zu
I-23 Abs. 3).
Zu Artikel III-350:
Diese Bestimmung entspricht Art. 217 Abs. 2 EGV.
Zu Artikel III-351:
Diese Bestimmung entspricht Art. 219 Abs. 1 EGV.
Zu Artikel III-352:
Abs. 1 entspricht Art. 218 Abs. 2 EGV. Abs. 2
entspricht Art. 212 EGV.
Der Gerichtshof der Europäischen Union
Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen den
Art. I-29.
Zu Artikel III-353:
Art. III-353
hinsichtlich der Spruchkörper, in denen der Gerichtshof (EuGH) tagt, entspricht
Art. 221 Abs. 2 und 3 EGV.
Zu Artikel III-354:
Die Regelung
betreffend Ernennung und Aufgaben der Generalanwälte am EuGH entspricht Art.
222 EGV.
Zu Artikel III-355:
Die
Ernennungsvoraussetzungen und -verfahren für Richter und Generalanwälte des
Gerichtshofs bleiben gegenüber Art. 223 EGV mit Ausnahme der Einschaltung des
Ausschusses gemäß Art. III-357 unverändert. Gleiches gilt für die Vorschriften
über die regelmäßige Teilerneuerung, die Wahl des Präsidenten des EuGH und die
Verfahrensordnung.
Zu Artikel III-356:
Die
Ernennungsvoraussetzungen und -verfahren für Richter und Generalanwälte des
Gerichts bleiben gegenüber Art. 224 EGV mit Ausnahme der Einschaltung des
Ausschusses gemäß Art. III-357 unverändert. Gleiches gilt für die Vorschriften
über die regelmäßige Teilerneuerung, die Wahl des Präsidenten des EuGI, die
Verfahrensordnung und - mangels anders lautender Regelung in der Satzung - die
subsidiäre Geltung der den Gerichtshof betreffenden Bestimmungen der Verfassung
auch für das Gericht.
Zu Artikel III-357:
Zwecks
Objektivierung der Besetzung von Richter- und Generalanwaltsposten am
Gerichtshof und am Gericht wird erstmals ein Ausschuss eingerichtet, der die
Aufgabe hat, vor einer Ernennung durch die Regierungen der Mitgliedstaaten gemäß
Art. III-355 und III-356 eine Stellungnahme über die Eignung der Bewerber für
die Ausübung des Amts eines Richters oder Generalanwalts beim Gerichtshof oder
beim Gericht abzugeben.
Der Ausschuss
setzt sich aus sieben Persönlichkeiten zusammen, die aus dem Kreis ehemaliger
Mitglieder des Gerichtshofs und des Gerichts, der Mitglieder der höchsten
einzelstaatlichen Gerichte und der Juristen von anerkannt hervorragender
Befähigung ausgewählt werden, von denen einer vom Europäischen Parlament
vorgeschlagen wird. Der Rat legt mit Europäischem Beschluss die Vorschriften
für die Arbeitsweise des Ausschusses fest und nimmt die Ernennung der
Mitglieder dieses Ausschusses mit Europäischem Beschluss vor. Dabei handelt der
Rat jeweils auf Initiative des Präsidenten des Gerichtshofs.
Zu Artikel III-358:
Hinsichtlich der
Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen dem „Gerichtshof“ und dem „Gericht“
übernimmt der Verfassungsvertrag in Art. III-358 Abs. 1 den Wortlaut von Art.
225 EGV und nimmt somit keine Änderung gegenüber der bisherigen Rechtslage vor.
Auch die Vorschriften über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Gerichts
bleiben unverändert.
Ebenfalls
unverändert bleiben die Vorschriften des Abs. 2 über die Zuständigkeit des
Gerichts für Entscheidungen über Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der
Fachgerichte, des Abs. 3 betreffend Zuständigkeit für
Vorabentscheidungsverfahren nach Maßgabe der EuGH-Satzung sowie die jeweilige
außerordentliche Überprüfungsmöglichkeit der in den Abs. 2 und 3 genannten
Entscheidungen des Gerichts durch den Gerichtshof.
Zu Artikel III-359:
Diese Bestimmung
zur Möglichkeit der Einrichtung von „Fachgerichten“ durch Europäisches Gesetz
(bisher „gerichtliche Kammern“ genannt, wobei der Rat derzeit mit einstimmigem
Beschluss entscheidet und dem Europäischen Parlament nur ein Anhörungsrecht
zusteht) entspricht Art. 225a EGV, auch hinsichtlich der in den einzelnen
Absätzen geregelten Einzelheiten. Abs. 6 letzter Satz präzisiert, dass Titel I
(„Die Richter und die Generalanwälte“) sowie Art. 64 (Sprachenregelung) der
EuGH-Satzung jedenfalls für die Fachgerichte gelten, wodurch diesbezügliche
Sonderregelungen ausgeschlossen sind.
Zu Artikel III-360:
Diese Bestimmung entspricht Art. 226 EGV (durch die
Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren).
Zu Artikel III-361:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 227 EGV (durch einen Mitgliedstaat gegen einen anderen
Mitgliedstaat eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren).
Zu Artikel III-362:
Abs. 1 (Folgen
einer durch den EuGH getroffenen Feststellung einer Vertragsverletzung eines
Mitgliedstaats) entspricht Art. 228 Abs. 1 EGV.
Auf ausdrücklichen
Wunsch der Kommission in der Regierungskonferenz wird der Kommission in Abs. 2
jedoch mangels geeigneter Maßnahmen des betreffenden Mitgliedstaats zur
Umsetzung eines EuGH-Urteils nunmehr die Möglichkeit eingeräumt, den EuGH
bereits nach nur einmaliger Gelegenheit des Mitgliedstaats zur Äußerung erneut
anzurufen und direkt die Höhe des Pauschalbetrags oder des Zwangsgelds für den
Fall einer neuerlichen Verurteilung anzugeben. Bisher war auch das einem
verurteilenden Erkenntnis des EuGH folgende Vorverfahren zweistufig
(Mahnschreiben und begründete Stellungnahme; letztere kann in Hinkunft
entfallen).
In Abs. 3 wird in
Ergänzung und unter Verschärfung
der bisherigen Regelung außerdem für den Fall der Vertragsverletzungsklage der
Kommission gegen einen Mitgliedstaat wegen Nichtmitteilung von Maßnahmen zur Umsetzung
eines Europäischen Rahmengesetzes vorgesehen, dass die Kommission - sofern sie
dies für zweckmäßig hält - bereits im Rahmen des ursprünglichen
Vertragsverletzungsverfahrens gemäß Art. III-360 einen den Umständen
angemessenen Pauschalbetrag oder ein ebensolches Zwangsgeld benennen kann. Bei
Verurteilung durch den EuGH gilt ab dem im Urteil festgelegten Zeitpunkt die
vom EuGH festgelegte Zahlungsverpflichtung bis zu der von der Kommission
beantragten Höhe. Ein zweites Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtumsetzung
eines ersten verurteilenden Erkenntnisses des EuGH ist in solchen Fällen der
Nichtumsetzung daher nicht mehr erforderlich.
Zu Artikel III-363:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 229 EGV (Möglichkeit, durch Europäische Gesetze oder
Verordnungen des Rates dem Unionsorgan „Gerichtshof der Europäischen Union“
eine Zuständigkeit zu übertragen, die die Befugnis zu unbeschränkter
Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung der in ihnen vorgesehenen
Sanktionen umfasst).
Zu Artikel III-364:
Diese Bestimmung
entspricht weitgehend Art. 229a EGV (Möglichkeit der Übertragung der
Zuständigkeit an das Unionsorgan „Gerichtshof der Europäischen Union“ für die
Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Anwendung von
Unionsrechtsakten, mit denen europäische Rechtstitel für das geistige Eigentum
geschaffen werden). Anstelle eines einstimmigen Ratsbeschlusses nach Anhörung
des Europäischen Parlaments ist hiefür allerdings jetzt das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Weiters ist – anders als nach Art. 229a EGV
– für das Inkrafttreten einer solchen Zuständigkeitsübertragung dessen Annahme
durch die Mitgliedstaaten gem. ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften nicht
mehr erforderlich.
Zu Artikel III-365:
Art. III-365
entspricht weitgehend Art. 230 EGV (Zuständigkeit des EuGH für
Nichtigkeitsklagen gegen die in Abs. 1 bezeichneten Unionsrechtsakte). Infolge
der Einrichtung des Europäischen Rates als ordentliches Unionsorgan finden sich
auch dessen Handlungen mit Rechtswirkungen gegenüber Dritten unter den anfechtbaren
Rechtsakten. Neu ist auch die ausdrückliche Einbeziehung der Handlungen der
Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union mit Rechtswirkung gegenüber
Dritten. Diesbezüglich ermöglicht der neu eingefügte Abs. 5 die Festlegung
besonderer Bedingungen und Einzelheiten für die Erhebung von Klagen von
natürlichen und juristischen Personen gegen die Handlungen solcher
Einrichtungen und Stellen in den jeweiligen Gründungsrechtsakten.
Die in Abs. 2
genannten privilegierten, weil ohne weitere Erfordernisse (vgl. Abs. 3 und 4),
aktiv Klagslegitimierten und die Gründe, auf die eine Nichtigkeitsklage
gestützt werden kann, werden von Art. 230 Abs. 2 EGV unverändert übernommen.
Abs. 3 enthält
gegenüber Art. 230 Abs. 3 EGV unverändert die Klagslegitimation der EZB und des
Rechnungshofs zur Wahrung ihrer Rechte und verleiht erstmals dem Ausschuss der
Regionen diese Befugnis.
Abs. 4 enthält die
Bedingungen, unter denen natürliche oder juristische Personen Nichtigkeitsklage
gegen Unionsrechtsakte erheben können. Gegenüber Art. 230 Abs. 4 EGV werden
diese Bedingungen erleichtert: In Zukunft kann jede natürliche oder juristische
Person gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell
betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die
sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen,
Klage erheben. Für Rechtsakte mit Verordnungscharakter entfällt somit in
Hinkunft eine von zwei Bedingungen, die "individuelle Betroffenheit".
Einzelpersonen müssen daher nicht mehr - wie bislang - ein durch besondere
Eigenschaften oder Umstände "hervorgehobener" Adressat eines
Rechtsaktes mit Verordnungscharakter sein. Es genügt, dass sie zum allgemein
umschriebenen Kreis der Betroffenen zählen, denen unmittelbar durch den
angefochtenen Rechtsakt Verpflichtungen auferlegt werden.
Die Frist für die
Einbringung einer Nichtigkeitsklage bleibt in Abs. 6 bei zwei Monaten.
Gemäß Art. 8 des
Protokolls Nr. 2 können die Mitgliedstaaten und der Ausschuss der Regionen in
den Fällen, in denen seine
Anhörung vorgeschrieben ist, Klagen wegen Verstoßes eines Europäischen
Gesetzgebungsaktes gegen das Subsidiaritätsprinzip nach Maßgabe des Art.
III-365 erheben.
Zu Artikel III-366:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 231 EGV, sieht nunmehr aber die Möglichkeit der
Aufrechterhaltung der Rechtswirkungen eines vom EuGH aufgehobenen Rechtsakts
ausdrücklich für sämtliche Rechtsakte (bisher nur „Verordnungen“) vor.
Zu Artikel III-367:
Diese Bestimmung
entspricht weitgehend Art. 232 EGV (Zuständigkeit des EuGH für
Untätigkeitsklagen gegen die in Abs. 1 bezeichneten Unionsorgane), denen jedoch
in Parallelität zu Art. III-365 der Europäische Rat sowie die Einrichtungen
oder sonstigen Stellen der Union hinzugefügt werden.
Zu Artikel III-368:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 233 EGV (Folgen einer durch den EuGH getroffenen Feststellung
der Nichtigkeit einer Handlung oder Verfassungswidrigkeit einer Untätigkeit
eines Unionsorgans, einer Einrichtung oder sonstigen Stelle der Union).
Zu Artikel III-369:
Diese Bestimmung
entspricht weitgehend Art. 234 EGV (Zuständigkeit des EuGH für
Vorabentscheidungsverfahren über die Auslegung der Verfassung oder die
Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen der Union).
Der neue Abs. 4
trägt der Ausweitung der materiellen Zuständigkeit des EuGH in Sachen Justiz
und Inneres Rechnung und betrifft Vorabentscheidungsersuchen einzelstaatlicher
Gerichte zu Fragen in einem schwebenden Verfahren, das eine inhaftierte Person
betrifft. Diesbezüglich wird angeordnet, dass der Gerichtshof innerhalb
kürzester Zeit entscheidet.
Zu Artikel III-370:
Diese Bestimmung entspricht Art. 235 EGV
(Schadenersatzverfahren).
Zu Artikel III-371:
Dieser neue
Artikel ersetzt Art. 46 lit. e EUV und verankert den Rechtsschutz im Rahmen des
Sanktionsverfahrens gemäß Art. I-59, den ein von einer Feststellung des
Europäischen Rates oder des Rates betroffener Mitgliedstaat genießt. Der
Gerichtshof ist auf Antrag des betroffenen Mitgliedstaats für Entscheidungen
über die Rechtmäßigkeit eines nach Artikel I-59 erlassenen Rechtsakts des
Europäischen Rates oder des Rates und lediglich im Hinblick auf die Einhaltung
der in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrensbestimmungen zuständig. Der
Antrag muss binnen eines Monats nach der jeweiligen Feststellung gestellt
werden. Der Gerichtshof entscheidet binnen eines Monats nach Antragstellung.
Zu Artikel III-372:
Diese Bestimmung entspricht Art. 236 EGV
(EuGH-Zuständigkeit in Dienstrechtsstreitigkeiten).
Zu Artikel III-373:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 237 EGV (Streitsachen im Zusammenhang mit der Europäischen
Investitionsbank und den Verpflichtungen der nationalen Zentralbanken und der
Satzung des ESZB).
Zu Artikel III-374:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 238 EGV (EuGH-Zuständigkeit in Streitsachen auf der Grundlage
einer Schiedsklausel).
Zu Artikel III-375:
Art. III-375 betrifft diverse Zuständigkeiten des
Gerichtshofs der Europäischen Union und deren Abgrenzung. Abs. 1 entspricht
Art. 240 EGV, Abs. 2 entspricht Art. 292 EGV, Abs. 3 entspricht Art. 239 EGV.
Zu Artikel III-376:
Dieser neue
Artikel enthält die Abgrenzung der Zuständigkeiten des Gerichtshofs der
Europäischen Union im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik.
Gemäß Abs. 1 fallen nicht in die Zuständigkeit des EuGH die Art. I-40 und I-41
sowie der Teil III Titel V Kapitel II (Art. III-294 bis III-313) und die
GASP-relevanten Aspekte derjenigen Europäischen Beschlüsse, mit denen der
Europäische Rat gemäß Art. III-293 die strategischen Interessen und Ziele des
auswärtigen Handelns der Union festlegt. Für ausdrücklich zuständig erklärt
wird der EuGH jedoch gemäß Abs. 2 für die Überwachung der Rechtmäßigkeit von
Europäischen Beschlüssen über restriktive Maßnahmen gegenüber natürlichen oder
juristischen Personen, die der Rat auf der Grundlage des GASP-Kapitels erlassen
hat (Art. III-322) und die gemäß Art. III-365 Abs. 4 erhoben werden, sowie für
die Kontrolle der Einhaltung der sogenannten „Unberührtheitsklausel“ (vgl. Art.
III-308).
Zu Artikel III-377:
In den Bereichen
justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und polizeiliche Zusammenarbeit
bleibt, entsprechend Art. 35 Abs. 5 EUV, die Überprüfung der Gültigkeit oder
Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer
Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der
Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit von der Zuständigkeit des EuGH
ausgenommen.
Zu Artikel III-378:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 241 EGV (inzidente Normenkontrolle), berücksichtigt jedoch die
in Art. III-365 vorgenommenen Änderungen und weitet entsprechend der geltenden
Rechtsprechung des EuGH die Einrede der Unanwendbarkeit auf die Rechtmäßigkeit
eines von einem Organ, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union
erlassenen Rechtsakts mit allgemeiner Geltung aus.
Zu Artikel III-379:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 242 und 243 EGV (aufschiebende Wirkung von Klagen und
Möglichkeit des Treffens einstweiliger Anordnungen).
Zu Artikel III-380:
Diese Bestimmung entspricht Art. 244 EGV
(Vollstreckbarkeit der Urteile des EuGH).
Zu Artikel III-381:
Dieser Art.
III-381 entspricht weitgehend Art. 245 EGV. Die Satzung des Gerichtshofs der
Europäischen Union wird in einem Protokoll festgelegt (Protokoll Nr. 3 zur
Festlegung der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union). Mit Ausnahme
ihres Titels I („Die Richter und die Generalanwälte“) und ihres Art. 64
(Sprachenregelung), für deren Änderung eine formelle Verfassungsänderung
erforderlich ist, erfolgt die Änderung der Satzung durch Europäisches Gesetz,
welches entweder auf Antrag des Gerichtshofs nach Anhörung der Kommission oder
auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des Gerichtshofs erlassen wird (vgl.
Art III-433 hinsichtlich der allgemeinen Sprachenregelung). Derzeit sieht Art.
245 EGV für Änderungen der Satzung mit Ausnahme des Titels I einen einstimmigen
Ratsbeschluss vor.
Die institutionellen Detailbestimmungen in diesem
Unterabschnitt ergänzen Art. I-30.
Zu Artikel III-382:
Dieser Artikel
ersetzt Art. 112 EGV. Die wesentliche Neuerung in dieser Bestimmung betrifft
die Ernennung der Mitglieder des EZB-Direktoriums mit qualifizierter Mehrheit
(siehe Abs. 2)
Gemäß Art. 4 des
Protokolls Nr. 13 gilt dieser Artikel nicht für das Vereinigte Königreich von
Großbritannien und Nordirland.
Abs. 1 entspricht
Art. 112 Abs. 1 EGV, wobei hinsichtlich der Zusammensetzung des EZB-Rates durch
die Ergänzung der Wortfolge „der Mitgliedstaaten, für die keine
Ausnahmeregelung im Sinne des III-197 gilt“ präzisiert wird, dass diesem neben
den Mitgliedern des Direktoriums der EZB nur die Präsidenten der nationalen
Zentralbanken der Eurozone angehören. Es handelt sich dabei nur um eine
Klarstellung, da sich dies bislang schon aus Art. 122 Abs. 3 letzter Satz EGV in
Verbindung mit den Art. 43.4 und 10.1 der Satzung des ESZB ergibt.
Abs. 2 erster
UAbs. betreffend die Zusammensetzung des EZB-Direktoriums entspricht Art. 112
Abs. 2 lit. a EGV.
Gemäß dem zweiten
UAbs. erfolgt die Ernennung der Mitglieder des EZB-Direktoriums durch den
Europäischen Rat nunmehr mit qualifizierter Mehrheit, während in Art. 112 Abs.2
lit. b dafür eine einvernehmliche Ernennung von den Regierungen der
Mitgliedstaaten auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs vorsieht. Gemäß
Art. III-197 Abs. 4 gilt in diesem Fall die am Beginn (vor Art. III-177) von
Titel III, Kapitel II („Wirtschafts- und Währungspolitik“) erläuterte – in
Bereichen, in denen nur Mitgliedstaaten der Eurozone stimmberechtigt sind, zur
Anwendung gelangende - „lex specialis“ zur Definition der qualifizierten
Mehrheit.
Der dritte und
vierte UAbs. werden unverändert aus dem genannten Artikel des EGV übernommen.
Zu Artikel III-383:
Dieser Artikel entspricht Art. 113 EGV.
Die Bestimmungen dieses Unterabschnitts ergänzen Art.
I-31.
Zu Artikel III-384:
Dieser Artikel
entspricht Art. 248 EGV, wobei
durch die Ergänzung der Wortfolge „ und jeder sonstigen Stelle der Union“ in
Abs. 1 und 3 klar gestellt wird, dass sich die Prüfungskompetenz des
Rechnungshofes grundsätzlich auf den gesamten Rahmen der Organe, Institutionen,
Einrichtungen und Stellen der Union erstreckt. Die Ermächtigung, im Wege
sekundärrechtlicher Einrichtungsakte diesbezügliche Ausnahmeregelungen
vorzusehen, bleibt gemäß Abs. 1 bestehen.
Zu Artikel III-385:
Dieser Artikel entspricht Art. 247 Abs. 2 bis 7 EGV.
Art. 247 Abs. 4
UAbs. 1 EGV betreffend die Unabhängigkeit der Mitglieder des Rechnungshofs wird
in Art. I-31 Abs. 3 übernommen.
Die bislang in
Art. 247 Abs. 8 EGV enthaltene Rechtsgrundlage für die Festsetzung der
Beschäftigungsbedingungen und insbesondere der Gehälter, Vergütungen und
Ruhegehälter des Präsidenten und der Mitglieder des Rechnungshofes durch den
Rat mit qualifizierter Mehrheit wird in Art. III-400 Abs. 1 lit. b (vgl.
dortige Erläuterungen) verschoben. Verfahrensrechtlich ergibt sich dadurch
keine Änderung.
Der bislang in
Art. 247 Abs. 9 EGV enthaltene Verweis auf die Geltung gewisser Bestimmungen
des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der EG für die Mitglieder des
Rechnungshofes entfällt, da durch eine entsprechende Ergänzung in Art. 20 des
„Protokolls Nr. 7 über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Union“
die Art. 11 bis 14 und Art. 17 dieses Protokolls auch auf die Mitglieder des
Rechnungshofes Anwendung finden (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 7).
Die Beratenden Einrichtungen der Union
Die Bestimmungen dieses Abschnitts ergänzen Art. I-32.
Zu III-386 bis Artikel III-388:
Diese Artikel
enthalten – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – folgende Änderungen
gegenüber den Art. 263 bis 265 EGV:
- Gemäß Art.
III-386 Abs. 1 wird die Zusammensetzung des Ausschusses der Regionen in einem
vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen
Beschluss festgelegt. Dieser Beschluss hat den in Art. I-32 Abs. 2 dargelegten
Auflagen Rechnung zu tragen: Die Mitglieder des Ausschusses haben Vertreter
regionaler und lokaler Gebietskörperschaften zu sein, die dort entweder über
ein auf Wahlen beruhendes Mandat verfügen oder gegenüber einer gewählten
Versammlung politisch verantwortlich sind. Gemäß Art. I-32 Abs. 5 ist vom Rat
ferner regelmäßig zu überprüfen, ob die Zusammensetzung des Ausschusses der
wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Entwicklung der Union
entspricht.
- Im
Unterschied zu Art. 263 EGV wird in den Bestimmungen von Teil I und Teil III
des Verfassungsvertrags keine konkrete Aufteilung der Mitglieder des
Ausschusses auf die Mitgliedstaaten vorgenommen. Bis zum Inkrafttreten eines
Beschlusses gemäß Art. III-386 ist daher die Zusammensetzung des Ausschusses in
Art. 6 des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union“ entsprechend der in Art. 263 EGV (in der Fassung des
Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 der EU beigetretenen Staaten)
festgelegten Aufteilung zwischen den Mitgliedstaaten geregelt.
- Die
Amtsperiode der Mitglieder des Ausschusses wird in Art. III-386 auf fünf Jahre
– gegenüber vier Jahren in Art. 263 EGV – ausgedehnt. Dementsprechend wird die
Amtszeit des Präsidenten sowie des Präsidiums gemäß Art. III-387 auf
zweieinhalb Jahre – gegenüber zwei Jahren in Art. 264 EGV – verlängert.
- Hinsichtlich
der Einberufung des Ausschusses sowie hinsichtlich seiner Beziehungen zu den
Organen der EU wird in Art. III-387 und III-388 auch jeweils das Europäische
Parlament ausdrücklich genannt.
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss
Zu Artikel III-389 bis Artikel III-392:
Diese Artikel
enthalten – abgesehen von redaktionellen Anpassungen – folgende Änderungen
gegenüber den Art. 257 bis 262 EGV:
- Gemäß Art.
III-389 Abs. 1 wird die Zusammensetzung des WSA in einem vom Rat auf Vorschlag
der Kommission einstimmig zu erlassenden Europäischen Beschluss festgelegt.
Dieser Beschluss hat den in Art. I-32 Abs. 3 dargelegten Auflagen Rechnung zu
tragen: Die Mitglieder des Ausschusses sind Vertreter der Organisationen der
Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie andere Vertreter der Zivilgesellschaft,
insbesondere aus dem sozialen, wirtschaftlichen, dem staatsbürgerlichen, dem
beruflichen und dem kulturellen Bereich. Gemäß Art. I-32 Abs. 5 ist vom Rat
ferner regelmäßig zu überprüfen, ob die Zusammensetzung des Ausschusses der
wirtschaftlichen, sozialen und demographischen Entwicklung der Union
entspricht.
Im
Unterschied zu Art. 258 EGV wird in den Bestimmungen von Teil I und Teil III
des Verfassungsvertrags keine konkrete Aufteilung der Mitglieder des
Ausschusses auf die Mitgliedstaaten vorgenommen. Bis zum Inkrafttreten
eines Beschlusses gemäß Art. III-389 ist daher die Zusammensetzung des
Ausschusses in Art. 7 des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für
die Organe und Einrichtungen der Union“ entsprechend der in Art. 258 EGV (in
der Fassung des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004 der EU beigetretenen
Staaten) festgelegten Aufteilung zwischen den Mitgliedstaaten geregelt.
- Die
Amtsperiode der Mitglieder des Ausschusses wird in Art. III-390 auf fünf Jahre
– gegenüber vier Jahren in Art. 259 EGV – ausgedehnt. Dementsprechend wird die
Amtszeit des Präsidenten sowie des Präsidiums gemäß Art. III-391 auf
zweieinhalb Jahre – gegenüber zwei Jahren in Art. 260 EGV - verlängert.
- Hinsichtlich
der Einberufung des Ausschusses sowie hinsichtlich seiner Beziehungen zu den
Organen der EU wird in Art. III-391 und III-392 auch jeweils das Europäische
Parlament ausdrücklich genannt.
Die Europäische Investitionsbank
Zu Artikel III-393:
Der Artikel
entspricht Art. 266 EGV, wobei die Verfahrensregelung zur Änderung der im
Protokoll Nr. 5 festgelegten Satzung der Europäischen Investitionsbank
vereinfacht wird.
Änderungen der
Satzung können nunmehr generell durch vom Rat einstimmig zu erlassende
Europäische Gesetze erfolgen. Das Erfordernis der Ratifikation, das gemäß EGV
für alle nicht die Art. 4, 11 und 12 und Art. 18 Abs. 5 betreffenden
Änderungen der Satzung vorgesehen war, entfällt. Hinsichtlich der Antrags- und
Anhörungsrechte betreffend solche Europäische Gesetze gibt es keine Änderungen.
Zu Artikel III-394:
Der Artikel entspricht Art. 267 EGV.
Gemeinsame Bestimmungen für die Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union
Zu Artikel III-395:
Diese Bestimmung
legt entsprechend Art. 250 EGV fest, dass der Rat Vorschläge der Kommission nur
einstimmig abändern kann, wenn aufgrund des Verfassungsvertrages ein
Vorschlagsrecht der Kommission vorgeschrieben ist. Die Ausnahmen von diesem
Grundsatz sind aufgezählt: Zusätzlich zu den Ausnahmen des EGV (Art. III-396
Abs. 10 und 13 entspricht Art. 251 Abs. 4 und 5 EGV, er betrifft das Verfahren
im Vermittlungsausschuss) sind die Art. I-55 und I-56, III-404 sowie III-405
Abs. 2 (der mehrjährige Finanzrahmen und der Haushaltsplan der Union) genannt.
In allen anderen
Fällen kann der Rat von Vorschlägen der Kommission nur einstimmig abweichen.
Für Gesetzgebungsakte (Europäische Gesetze und Europäische Rahmengesetz) gilt
automatisch das Vorschlagsrecht der Kommission, es sei denn, die Verfassung
sieht ausdrücklich etwas anderes vor (vgl. Art. I-34 Abs. 1 und 3).
Abs. 2 (Änderungsrecht der Kommission bezüglich ihrer
Vorschläge) entspricht Art. 250 Abs. 2 EGV.
Zu Artikel III-396:
Dieser Artikel
definiert das ordentliche Gesetzgebungsverfahren, das für Gesetzgebungsakte zur
Anwendung gelangt, wenn die Verfassung nicht ausdrücklich etwas anderes
vorsieht (vgl. Art. I-34 Abs. 1).
Die Bestimmungen
über das ordentliche Gesetzgebungsverfahren entsprechen Art. 251 EGV – über das
Mitentscheidungsverfahren – mit geringfügigen Änderungen:
Bei der
Unterteilung des Verfahrens wird nunmehr erstmals ausdrücklich von „Lesungen“
gesprochen.
Dem Europäischen
Parlament kommt schon bei der ersten Lesung die Stellung eines Mitgesetzgebers
zu. Im Mitentscheidungsverfahren nach Art. 251 EGV gibt das Europäische
Parlament in der ersten Phase des Gesetzgebungsverfahrens lediglich eine
Stellungnahme ab, wonach der Rat den Rechtsakt erlässt, wenn er alle
Änderungsvorschläge des Europäischen Parlaments billigt oder das Europäische
Parlament keine Änderungen vorgeschlagen hat. Dagegen ist in der ersten Lesung
des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens der Standpunkt des europäischen
Parlaments eines von zwei Elementen (neben dem diesen billigenden Standpunkt
des Rates), die notwendig sind, damit ein Rechtsakt als erlassen gilt. Der
Standpunkt des Europäischen Parlaments ist damit schon in der ersten Lesung
Teil der Entscheidungsphase. Klargestellt wird mit der neuen Präsentation auch,
dass das europäische Parlament im Gesetzgebungsverfahren immer als erster befasst
wird. Allerdings handelt es sich hierbei um keine materielle Änderung der
Regeln des Mitentscheidungsverfahrens.
Außerdem ist Abs.
15 den Fällen angepasst, in denen der Kommission kein (ausschließliches)
Vorschlagsrecht zukommt. Werden Europäische Gesetze oder Rahmengesetze nicht
auf Vorschlag der Kommission, sondern auf Initiative einer Gruppe von
Mitgliedstaaten, auf Empfehlung der Europäischen Zentralbank oder auf Antrag
des Gerichtshofs im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen, so finden gewisse
Elemente des Verfahrens keine Anwendung (Abs. 2 – Vorschlag der Kommission;
Abs. 6, Satz 2 – Unterrichtung des Europäischen Parlaments über den Standpunkt
der Kommission und Abs. 9 – Änderungen durch den Rat mittels einstimmigen
Beschluss, wenn die Kommission eine ablehnende Stellungnahme abgegeben hat).
Zu Artikel III-397:
Diese Bestimmung
ist teilweise neu, kodifiziert jedoch nur bestehende Praxis. Der erste Satz ist
Art. 218 Abs. 1 EGV nachempfunden; die Institutionen Parlament, Rat und die
Kommission beraten sich demnach und regeln einvernehmlich die Einzelheiten
ihrer Zusammenarbeit.
Gemäß dem zweiten
Satz können diese Organe zu diesem Zweck, unter Wahrung der Verfassung,
interinstitutionelle Vereinbarungen schließen: Damit wird die Praxis der interinstitutionellen
Vereinbarungen primärrechtlich verankert und diesen entsprechend der
Rechtssprechung des EuGH Bindungswirkung zuerkannt (vgl. Erklärung Nr. 3
betreffend Art. 10 EGV zum Vertrag von Nizza).
Zu Artikel III-398:
Diese neue
Bestimmung definiert die Verwaltung der Union, welche die Organe, Einrichtungen
und sonstigen Stellen bei der Ausübung ihrer Aufgaben unterstützt, als offen,
unabhängig und effizient. Um diesen Grundsätzen gerecht zu werden, können
Regelungen durch Europäische Gesetze erlassen werden. Die so erlassenen
Bestimmungen haben das Statut der Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für
die sonstigen Bediensteten (Art. III-427) zu beachten.
Zu Artikel III-399:
Diese Bestimmung
ergänzt und präzisiert Art. I-50 über die Transparenz der Arbeit der Organe,
Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union. Betreffend den Zugang zu
Dokumenten ist sie Art. 255 EGV nachempfunden, erstreckt sich jedoch – wie Art.
I-50 – auf alle Organe, Einrichtungen und Stellen, und nicht nur auf das Europäische
Parlament, den Rat und die Kommission.
Allerdings werden
der Gerichtshof der Europäischen Union, die Europäische Zentralbank und die
Europäische Investitionsbank aus dem Anwendungsbereich des Artikels bzw. des
Art. I-50 Abs. 3 ausgenommen, außer, wenn sie Verwaltungsaufgaben wahrnehmen:
Auf diese Organe sind die allgemeinen Grundsätze des Rechts auf Zugang zu
Dokumenten nicht übertragbar.
Abs. 2 stellt eine
wichtige Ergänzung zu Art. I-50 dar, da klargestellt wird, dass nicht nur die
Tagungen des Europäischen Parlaments bzw. die Beratungen und Abstimmungen über
Gesetzgebungsakte im Rat öffentlich sind, sondern auch die zum
Gesetzgebungsverfahren gehörigen Dokumente öffentlich zugänglich zu sein haben.
Rechtsgrundlage für Maßnahmen in Hinblick auf das Recht auf Zugang zu
Dokumenten ist Art. I-50.
Zu Artikel III-400:
Dieser Artikel
fügt die Bestimmungen von Art. 210 EGV mit denjenigen von Art. 247 Abs. 8 und
Art. 258 letzter Satz EGV inhaltlich unverändert zusammen und schafft somit
eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Festlegung der Gehälter, Vergütungen
und Ruhegehälter der höchstrangigen Funktionsträger der Union. Als Rechtsakte
sind Europäische Verordnungen und Beschlüsse vorgesehen, die – wie bislang –
vom Rat mit qualifizierter Mehrheit erlassen werden.
In Abs.1 lit. a
werden den bereits in Art. 210 EGV genannten Funktionsträgern der
Generalsekretär des Rates und die durch den Verfassungsvertrag neu geschaffenen
Funktionsträger Präsident des Europäischen Rates und Außenminister der Union hinzugefügt.
Abs. 1 lit. b
ersetzt Art. 247 Abs. 8 EGV und fügt den Präsidenten sowie die Mitglieder des
Rechnungshofes hinzu.
Abs. 2 ersetzt den
letzten Satz von Art. 258 EGV und schließt die Vergütungen für die Mitglieder
des Wirtschafts- und Sozialausschusses in den Anwendungsbereich von Art.
III-400 ein.
Zu Artikel III-401:
Dieser Artikel
übernimmt Art. 256 EGV inhaltlich unverändert. Er wird lediglich den strengeren
sprachlichen Vorgaben des Verfassungsvertrags angepasst.
KAPITEL II
Der mehrjährige Finanzrahmen
Zu Artikel III-402:
Die Bestimmung zum Mehrjährigen Finanzrahmen ist neu
und ergänzt Art. I-55.
Abs. 1 bestimmt, dass der Zeitraum, auf den sich der
Finanzrahmen erstreckt, mindestens fünf Jahre umfasst.
Gemäß Abs. 2
werden im Finanzrahmen die jährlichen Obergrenzen der Mittel für
Verpflichtungen für eine begrenzte Zahl von Ausgabenkategorien, die den
Haupttätigkeitsbereichen der Union entsprechen, sowie die jährlichen Obergrenze
der Mittel für Zahlungen festgelegt. Die Veranschlagung in Form von
Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen wird somit primärrechtlich
verankert. Entsprechend Art. I-55 muss bei der Festsetzung der Obergrenzen im
Finanzrahmen die Obergrenze der Eigenmittel eingehalten werden.
Abs. 3 normiert,
dass der Finanzrahmen auch alle sonstigen für den reibungslosen Ablauf des
jährlichen Haushaltsverfahrens sachdienlichen Bestimmungen enthält. Damit wird
auf eng mit der Durchführung des Finanzrahmens zusammenhängende Regelungen
Bezug genommen, die sich bereits bislang in interinstitutionellen
Vereinbarungen betreffend die Finanzielle Vorausschau finden.
Abs. 4 sieht
Regelungen für den Fall vor, dass das Europäische Gesetz über einen neuen
mehrjährigen Finanzrahmen nicht rechtzeitig vor dem Ablauf des vorhergehenden
Finanzrahmens erlassen wird: In diesem Falle werden die Obergrenzen des letzten
Jahres des vorangegangenen Finanzrahmens fortgeschrieben. Eine analoge Bestimmung
ist in der derzeitigen Interinstitutionellen Vereinbarung zur Finanziellen
Vorausschau (2000-2006) enthalten.
In der Erklärung
Nr.26 zu Art. III-402 Abs. 4 wird festgehalten, dass ab 2007 die
Mittelzuweisung auf der Grundlage gleicher Kriterien für alle Mitgliedstaaten
erfolgen wird, auch wenn der Rat bis 2006 kein Europäisches Gesetz zur
Aufstellung eines neuen Finanzrahmens erlassen hat und der Beitrittsvertrag mit
den zehn am 1. Mai 2004 beigetretenen Mitgliedstaaten einen Zeitraum für die
schrittweise Einführung der Zuweisung von Mitteln an die neuen Mitgliedstaaten
vorsieht.
Abs. 5
verpflichtet die Organe Europäisches Parlament, Rat und Kommission alle
erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit das Verfahren zur Annahme des
Finanzrahmens erfolgreich abgeschlossen wird. Auf diese Weise werden die Organe
ermutigt, die Praxis informeller interinstitutioneller Verhandlungen im Rahmen
des Beschlussfassungsverfahrens beizubehalten.
Der Jahreshaushaltsplan der Union
Zu Artikel III-403:
Dieser Artikel entspricht Art. 272 Abs. 1 EGV.
Zu Artikel III-404:
Dieser Artikel
ersetzt Art. 272 Abs. 2 bis 10 und legt das Verfahren zur Annahme des
Europäischen Gesetzes über den jährlichen Haushaltsplan, auf das in Art. I-56
verwiesen wird, in neuer Weise fest. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem
EGV ist die Aufhebung der Verfahrensunterschiede zwischen den obligatorischen
Ausgaben mit Letztentscheidungsrecht des Rates und den nicht-obligatorischen
Ausgaben mit Letztentscheidungsrecht des Europäischen Parlaments. Für die
Annahme des gesamten Haushalts wird ein einheitliches, gestrafftes
Mitentscheidungsverfahren eigener Art vorgesehen, in dem das Europäische
Parlament und der Rat zu einer Einigung kommen müssen. Dabei wird dem
Europäischen Parlament nur für den Fall, dass ein im Vermittlungsausschuss mit
dem Rat bereits erzielter Komprommiss in der Folge vom Rat einseitig abgelehnt
wird, ein Letztentscheidungsrecht zugebilligt.
Wesentlich für das
neue Verfahren ist die Verstärkung des Grundsatzes der Haushaltsdisziplin durch
die Verankerung des mehrjährigen Finanzrahmens in den Art. I-55 und III-402 und
die Aufnahme des Grundsatzes, dass das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission
dafür Sorge zu tragen haben, dass die Union über die Finanzmittel verfügt, die
erforderlich sind, um ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten
nachzukommen, in Art. III-413.
Abs.1 entspricht
Art. 272 Abs. 2 EGV mit der terminologischen Änderung, dass die Kommission
einen „Entwurf“ anstatt eines „Vorentwurfs“ erstellt.
Gemäß Abs. 2 legt
die Kommission sowohl dem Europäischen Parlament als auch dem Rat spätestens
bis 1. September des dem entsprechenden Haushaltsjahr vorangehenden Jahres einen
Vorschlag mit dem Haushaltsentwurf vor. Dies bedeutet eine Straffung und
Vereinheitlichung des Vorlagetermins, der in Art. 272 Abs. 3 EGV zwar für den
Rat schon mit 1.September, für das Europäische Parlament aber erst mit 5.
Oktober festgesetzt wird. Obgleich klar gestellt wird, dass es sich bei dem
Entwurf des Haushaltsplanes um einen Vorschlag der Kommission handelt, den
diese bis zur Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Abs. 5 abändern
kann, gilt gemäß Art. III-395 Abs. 1 im Rahmen des gesamten jährlichen
Haushaltsverfahrens nicht die generelle Regel, dass der Rat Vorschläge der
Kommission nur einstimmig abändern kann.
Gemäß Abs. 3
leitet der Rat bis zum 1. Oktober des dem entsprechenden Haushaltsjahr
vorangehenden Jahres seinen mit Begründungen versehenen Standpunkt zum Entwurf
des Haushaltsplanes dem Europäischen Parlament zu.
Abs. 4 sieht für
das weitere Verfahren drei Möglichkeiten vor:
- Billigt das
Europäische Parlament den Standpunkt des Rates oder fasst es keinen Beschluss,
so gilt das Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes als erlassen.
- Nimmt das
Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an und
werden diese zur Gänze innerhalb von zehn Tagen vom Rat gebilligt, so gilt das
Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes als erlassen.
- Nimmt das
Europäische Parlament mit der Mehrheit seiner Mitglieder Abänderungen an und
werden diese nicht zur Gänze innerhalb von zehn Tagen vom Rat gebilligt, so
berufen der Präsident des Europäischen Parlaments und der Präsident des Rates
im Einvernehmen den Vermittlungsausschuss ein.
Abs. 5 führt den
Vermittlungsausschuss erstmals primärrechtlich in das Haushaltsverfahren ein.
Der
Vermittlungsausschuss im Haushaltsverfahren besteht genauso wie im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren (vgl. Art. III-396 Abs.10) aus den Vertretern aller
Mitglieder des Rates und einer gleichen Anzahl von Vertretern des Europäischen
Parlamentes. Gleichlautend übernommen wird auch die Bestimmung des Art. III-396
Abs. 11, wonach die Kommission an allen Arbeiten des Vermittlungsausschusses
teilnimmt und alle erforderlichen Initiativen ergreift, um eine Annäherung der
Standpunkte von Europäischem Parlament und Rat zu bewirken.
Im Unterschied zum
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren wird dem Vermittlungsausschuss jedoch nur
21 Tage – und nicht sechs Wochen – ab seiner Einberufung Zeit gegeben, um eine
Einigung über einen gemeinsamen Entwurf zu erzielen. Außerdem ist zu solch
einer Einigung seitens des Europäischen Parlaments die Mehrheit der dieses
vertretenden Mitglieder – und nicht nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen –
erforderlich. Seitens des Rates bedarf es – gleich wie im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren – der qualifizierten Mehrheit seiner Mitglieder.
Unabhängig von der
Einberufung des Vermittlungsausschusses im formalen Verfahren, wird auch die
Fortsetzung des informellen Trilogs in Haushaltsfragen in Art. III-414 (siehe
dortige Erläuterungen) primärrechtlich verankert.
Abs. 6 beschränkt
den Zeitraum, innerhalb dessen das Europäische Parlament und der Rat die im
Vermittlungsausschuss erzielte Einigung billigen müssen, auf 14 Tage.
Abs. 7 sieht für
den Fall, dass im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt wird, im
Wesentlichen folgende Möglichkeiten für den Fortgang des Verfahrens vor:
- Wird
das Ergebnis des Vermittlungsausschusses entweder von Europäischem Parlament
(mit der Mehrheit seiner Mitglieder) und Rat (mit qualifizierter Mehrheit) oder
nur vom Europäischen Parlament (mit der Mehrheit seiner Mitglieder) abgelehnt,
so muss die Kommission einen neuen Haushaltsvorschlag unterbreiten.
- Wenn
jedoch der Rat ablehnt, das Europäische Parlament aber zustimmt, kann das
Europäische Parlament binnen 14 Tagen seine gemäß Abs. 4 angenommenen
Abänderungsvorschläge mit der Mehrheit seiner Mitglieder und 60% der
abgegebenen Stimmen zur Gänze oder teilweise bestätigen. Bestätigt das
Europäische Parlament einzelne seiner früheren Abänderungsvorschläge nicht mit
diesem erhöhten Quorum, so wird für die entsprechenden Haushaltsposten der im
Vermittlungsausschuss vereinbarte Standpunkt übernommen. Sodann gilt das
Europäische Gesetz zur Festlegung des Haushaltsplanes auf dieser Grundlage für
erlassen.
Abs. 8 regelt den Fall, dass es im Vermittlungsausschuss zu keiner
Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat kommt: Die Kommission muss
dann einen neuen Vorschlag für den strittigen Jahreshaushalt vorlegen.
Gemäß Abs. 9 obliegt es dem Präsidenten des Europäischen Parlaments nach
Abschluss des Haushaltsverfahrens festzustellen, dass das entsprechende
Europäische Gesetz endgültig erlassen ist.
Abs. 10 entspricht Art. 272 Abs. 10 EGV mit redaktionellen Anpassungen:
„Jedes Organ übt die ihm aufgrund dieses Artikels zufallenden Befugnisse unter
Wahrung der Verfassung und der Rechtsakte aus, die auf der Grundlage der
Verfassung insbesondere im Bereich der Eigenmittel der Union und des
Gleichgewichts zwischen Einnahmen und Ausgaben erlassen wurden.“
Zu Artikel III-405 :
Dieser Artikel
ersetzt Art. 273 EGV und regelt die Vorgangsweise für den Fall das zu Beginn
eines Jahres noch kein Europäisches Gesetz zur Festlegung des Jahreshaushalts
erlassen wurde.
Abs. 1 übernimmt
das „System der vorläufigen
Zwölftel“ aus dem EGV, wobei die Verfahrensunterschiede, die sich aus der
Unterscheidung von obligatorischen und nicht-obligatorischen Ausgaben ergeben,
wegfallen.
Abs. 2 sieht ein
einheitliches Verfahren für Europäische Beschlüsse vor, mit denen über ein
Zwölftel des Betrages im entsprechenden Haushaltskapitels des vorangegangen
Jahres hinausgehende Ausgaben genehmigt werden können. Die Überschreitung kann
vom Rat auf Vorschlag der Kommission genehmigt werden, wobei das Europäische
Parlament binnen 30 Tagen die vom Rat vorgeschlagenen Ausgaben kürzen kann. Bei
den erforderlichen einnahmenseitigen Maßnahmen, die vom Rat im Rahmen des
Europäischen Beschlusses erlassen werden, kommt dem Europäischen Parlament
hingegen kein Änderungsrecht zu.
Zu Artikel III-406:
Dieser Artikel
entspricht Art. 271 Abs. 2 bis 4.
Neu ist die
Erwähnung des Europäischen Rates, dessen Ausgaben allerdings zusammen mit dem
Rat in einem Kapitel aufscheinen, da der Europäische Rat gemäß Art. III-341
Abs. 4 vom Generalsekretariat des Rates unterstützt wird und somit über keine
eigenen Verwaltungsstrukturen verfügt.
Ausführung des Haushaltsplans und Entlastung
Zu Artikel III-407:
Die Bestimmung entspricht im Wesentlichen Art. 274 EGV
mit redaktionellen Anpassungen.
Zu Artikel III-408:
Diese Bestimmung
übernimmt Art. 275 EGV und fügt diesem einen zweiten Absatz hinzu, der die
Kommission verpflichtet, den Haushaltsbehörden Europäisches Parlament und Rat
einen Evaluierungsbericht zu den Finanzen der Union vorzulegen.
Zu Artikel III-409:
Der Artikel entspricht Art. 276 EGV mit redaktionellen
Anpassungen.
Abschnitt 4
Zu Artikel III-410:
Der Artikel
entspricht Art 277 EGV, wobei der
Euro als Währung für den mehrjährigen Finanzrahmen und den Jahreshaushaltsplan
festgelegt wird, was bislang nur in der Haushaltsordnung geregelt ist.
Zu Artikel III-411:
Der Artikel entspricht Art. 278 EGV.
Zu Artikel III-412:
Abs. 1 entspricht
materiell Art. 279 Abs. 1 EGV,
wobei formal als Rechtsaktform für die Haushaltsordnung und
Kontrollvorschriften Europäische Gesetze vorgesehen werden, die gemäß Abs. 3 ab
1.Jänner 2007 im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Der
Rechnungshof ist anzuhören. Bis zu diesem Zeitpunkt beschließt der Rat noch
einstimmig. Der Zeitpunkt für den Übergang zur Beschlussfassung mit
qualifizierter Mehrheit wird unverändert aus dem EGV übernommen. Neu ist, dass
das Europäische Parlament – bereits ab Inkrafttreten des Verfassungsvertrags –
das Mitentscheidungs- anstelle des bloßen Anhörungsrechtes erhält.
Abs. 2 entspricht
materiell Art. 279 Abs. 2, wobei als Rechtsaktform für die Festlegung der
„Einzelheiten und des Verfahrens“ vom Rat auf Vorschlag der Kommission, nach
Anhörung des Europäische Parlament und des Rechnungshofs, zu erlassende
Europäische Verordnungen vorgesehen werden. Ab 1. Jänner 2007 beschließt der
Rat auch diese Verordnungen gemäß Abs. 3 mit qualifizierter Mehrheit.
Zu Artikel III-413:
Durch diesen neuen
Artikel wird die Verpflichtung der am Haushaltsverfahren beteiligten Organe
festgestellt, der Union die Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, die sie
benötigt, um ihren rechtlichen Verpflichtungen gegenüber Dritten nachzukommen.
Damit wird der Abschaffung der Unterscheidung zwischen obligatorischen und
nicht-obligatorischen Ausgaben Rechnung getragen. Der Ausdruck „Dritte“
bezeichnet nicht nur Drittstaaten, sondern auch natürliche und juristische Personen,
gegenüber denen die Union rechtliche Verpflichtungen eingegangen ist.
Zu Artikel III-414:
Mit dieser
Bestimmung werden die in der
Praxis bestehenden informellen Verhandlungs- und Konzertierungsverfahren im
Rahmen der Haushaltsverfahren primärrechtlich verankert. Schon bislang ist zur
informellen Konzertierung der Standpunkte im Haushaltsverfahren in Anhang III
der „Interinstitutionellen Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament,
dem Rat und der Kommission über die Haushaltsdisziplin und die Verbesserung des
Haushaltsverfahrens“ vom 6. Mai 1999 ein Trilog zwischen den drei Organen
vorgesehen.
Der Trilog, zu dem
die Präsidenten der drei Organe (Europäisches Parlament, Rat und Kommission)
zusammenkommen wird in Art. III-414 in flexibler Form verankert. Der Kommission
kommt die Aufgabe zu, den Trilog einzuberufen, wenn dies angemessen erscheint,
um Fortschritte bei den Haushaltsverfahren (Jahreshaushalt gem. Art III-404 und
mehrjähriger Finanzrahmen gem. Art III-402) zu erzielen.
Betrugsbekämpfung
Zu Artikel III-415:
Der Artikel
entspricht Art. 280 EGV mit folgenden Änderungen:
In Abs. 1 wird
ergänzt, dass die Maßnahmen nicht nur in den Mitgliedstaaten, sondern auch „in
den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“ auf effektiven
Schutz abzielen.
Abs. 4 sieht als
Gesetzgebungsakte für Schutzmaßnahmen Europäische Gesetze oder Rahmengesetze
vor. Die Unberührtheitsklausel in Art. 280 Abs. 4 EGV hinsichtlich der
Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und ihrer Strafrechtspflege
entfällt, d.h. dass auch solche Aspekte im Rahmen der Ermächtigungen dieses
Artikels von der Union geregelt werden können.
In diesem Kapitel
finden sich die Detailbestimmungen zu Art. I-44 über die verstärkte
Zusammenarbeit (vZ).
Hinsichtlich der
vZ betreffend den Schengen–Besitzstand ist das Protokoll Nr. 17 zu beachten.
Zu Artikel III-416:
Der Artikel
ergänzt die in Art. I-44 genannten Bedingungen für eine vZ, wobei im
Wesentlichen Bestimmungen aus Art.43 lit. b, e und f EUV zusammengefasst
übernommen werden.
Eine vZ
- muss die
Verfassung und das Recht der Union wahren;
- darf weder
den Binnenmarkt noch den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Zusammenhalt der Union beeinträchtigen;
- darf für
den Handel zwischen den Mitgliedstaaten kein Hindernis und keine
Diskriminierung darstellen und
- darf nicht
zu Verzerrungen des Wettbewerbs zwischen den Mitgliedstaaten führen.
Die neue
Hinzufügung des Attributs „territorialen“ vor Zusammenhalt erfolgt in
Übereinstimmung mit der Ergänzung dieses Attributs in den Art. III-220 ff
(siehe dortige Erläuterungen).
Zu Artikel III-417:
Dieser Artikel
betreffend das Verhältnis zwischen den an einer vZ beteiligten und den daran
nicht beteiligten Mitgliedstaaten fasst Art. 43 lit. h EUV und den letzten Satz
von Art. 44 Abs. 2 EUV in einer Bestimmung zusammen:
- Eine vZ
muss die Zuständigkeiten, Rechte und Pflichten der an ihr nicht beteiligten
Mitgliedstaaten achten.
- Die an der
v Z nicht beteiligten Mitgliedstaaten dürfen der Durchführung der vZ durch die
an ihr beteiligten Mitgliedstaaten nicht im Wege stehen.
Zu Artikel III-418:
In diesem Artikel
wird die in Art. I-44 Abs. 1 UAbs. 2 postulierte Offenheit und Inklusivität der
vZ spezifiziert, indem die diesbezüglichen Bestimmungen von Art. 43b EUV
präzisiert und ausgebaut werden.
Gemäß Abs. 1
können alle Mitgliedstaaten an einer neu begründeten vZ teilnehmen, wenn sie
die objektiven Teilnahmevoraussetzungen, die im Ermächtigungsbeschluss
(entsprechend Art. III-419) festgelegt werden können, erfüllen.
Mitgliedstaaten, die sich einer v Z zu einem späteren Zeitpunkt anschließen
wollen, müssen sowohl die im Ermächtigungsbeschluss allenfalls festgelegten
Voraussetzungen erfüllen als auch die im Rahmen der entsprechenden vZ bereits
erlassenen Rechtsakte beachten.
Außerdem müssen
sich sowohl die Kommission als auch die an einer vZ teilnehmenden
Mitgliedstaaten um die Förderung der Teilnahme möglichst vieler Mitgliedstaaten
bemühen.
Die in Abs. 2
festgelegte Verpflichtung der Kommission bzw. des Außenministers der Union, das
Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Entwicklung einer vZ zu
informieren, wird neu eingeführt.
Zu Artikel III-419:
Dieser Artikel
enthält die Detailbestimmungen zu Art. I-44 Abs. 2 betreffend das Verfahren zur
Ermächtigung für die Begründung einer vZ. An die Stelle von bislang drei
unterschiedlichen Verfahrensbestimmungen für die Erste Säule in Art. 11 EGV,
für die Zweite Säule (GASP) in Art. 27c EUV und für die Dritte Säule in Art.
40a EUV tritt ein einheitliches Ermächtigungsverfahren, wobei allerdings für
den Bereich der GASP (einschließlich der GSVP) weiterhin Sonderbestimmungen
vorgesehen werden.
Abs. 1 legt das
allgemeine Ermächtigungsverfahren fest, von dem nur die GASP ausgenommen wird.
Erwähnt wird auch nochmals, dass dieses Verfahren nicht in Bereichen einer
ausschließlichen Zuständigkeit der Union zur Anwendung kommen kann, in denen
die Begründung einer vZ gemäß Art. I-44 Abs. 1 UAbs. 1 gar nicht zulässig ist.
Das bislang für die Erste Säule gültige Verfahren für die Ermächtigung
zur Begründung einer vZ (Art. 11
EGV) wird somit auf den Bereich justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und
Polizeikooperation (Dritte Säule) ausgedehnt, wobei das Vorschlagsrecht – auf
Ersuchen der die vZ begründen wollenden Mitgliedstaaten – generell nur noch bei
der Kommission liegt (in der derzeitigen Dritten Säule können gemäß Art. 40a
EUV auch mindestens acht Mitgliedstaaten die Initiative ergreifen), die Annahme
des Ermächtigungsbeschlusses – wie bisher – durch den Rat mit qualifizierter
Mehrheit erfolgt und das Europäische Parlament ein generelles Zustimmungsrecht
(das bislang nur für Bereiche gilt, in denen das Mitentscheidungsverfahren zur
Anwendung kommt) erhält. Legt die Kommission keinen Vorschlag vor, so muss sie
dies – wie schon bislang – gegenüber den betroffenen Mitgliedstaaten begründen.
Abs. 2 legt die Sonderbestimmungen für das Ermächtigungsverfahren im
Bereich der GASP fest. Diese Verfahrensbestimmungen folgen den bislang in Art.
27c EUV für die GASP vorgesehenen Regelungen, wobei der neu geschaffene
Außenminister der Union in das Verfahren einbezogen wird. Der Antrag der
Mitgliedstaaten, die eine vZ begründen wollen, ist an den Rat zu richten. Zu
diesem Antrag haben der Außenminister der Union hinsichtlich der Kohärenz der
vZ mit der GASP und die Kommission hinsichtlich der Kohärenz der v Z mit der
Unionspolitik in anderen Bereichen Stellung zu nehmen. Das Europäische
Parlament wird vom Antrag unterrichtet. Der Ermächtigungsbeschluss wird vom Rat
einstimmig gefasst.
Zu Artikel III-420:
In diesem Artikel
wird das Verfahren geregelt, gemäß dem sich Mitgliedstaaten einer vZ zu einem
späteren Zeitpunkt anschließen können. Auch dieses „Anschließungsverfahren“
wird in Anlehnung an Art. 11a EGV für die Bereiche der derzeitigen Ersten und
Dritten Säule vereinheitlicht, während für die GASP Sonderbestimmungen in
Anlehnung an Art. 27e EUV bestehen bleiben.
In Abs.1 wird das
„Anschließungsverfahren“ für alle Bereiche, ausgenommen die GASP, geregelt. Ein
anschließungswilliger Mitgliedstaat hat seine Absicht Rat und Kommission
mitzuteilen. Dies entspricht Art. 11a EGV, das weitere Verfahren wird jedoch
modifiziert, indem zusätzliche Sicherungen zugunsten anschließungswilliger
Staaten eingebaut werden. Wie in Art. 11a EGV obliegt es der Kommission, binnen vier Monaten die
Erfüllung aller notwendigen Aufnahmevoraussetzungen zu bestätigen und
notwendige Übergangsmaßnahmen zu erlassen oder eine gegenteilige Auffassung
kundzutun. Der Grundsatz der Offenheit der vZ gegenüber allen Mitgliedstaaten
wird aber noch dadurch betont, dass die Kommission bei einer ablehnenden Stellungnahme zu einer
neuerlichen Prüfung innerhalb einer von ihr gesetzten Frist verpflichtet wird
und beitrittswillige Staaten bei einer zweiten ablehnenden Stellungnahme der Kommission dennoch eine
Ratsentscheidung beantragen können. In diesem Fall ist für einen Ratsbeschluss
die qualifizierte Mehrheit der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten
erforderlich.
Abs. 2 regelt das „Anschließungsverfahren“ für die GASP. Dabei ergeben
sich im Vergleich zu dem in Art. 27e für die GASP festgelegten Verfahren unbeschadet
des Grundsatzes der Offenheit Erschwernisse für die anschließungswilligen
Mitgliedstaaten. Die Anschließungsabsicht ist neben dem Rat und der Kommission
auch dem Außenminister der Union mitzuteilen. An Stelle der Kommission - wie
bislang - ist der Außenminister anzuhören, bevor der Rat feststellt, ob die
Teilnahmevoraussetzungen erfüllt sind. Diese Feststellung des Rates der an der
vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten ist an keine (viermonatige) Frist mehr
gebunden und erfolgt einstimmig. Sieht der Rat die Teilnahmevoraussetzungen als
nicht erfüllt an, so muss er allerdings nicht nur eine Frist für die erneute
Prüfung des Antrags auf Teilnahme festlegen, sondern auch angeben, welche
Schritte zur Erfüllung der Teilnahmevoraussetzungen notwendig sind – während im
EUV nur die Begründung einer negativen Feststellung erforderlich ist.
Zu Artikel III-421:
Diese Bestimmung entspricht Art. 44 a EUV: Die sich aus der Durchführung
einer vZ ergebenden Ausgaben, mit Ausnahme der Verwaltungskosten der Organe,
sind von den beteiligten Mitgliedstaaten zu tragen. Davon Abweichendes kann nur
von sämtlichen Ratsmitgliedern einstimmig nach Anhörung des Europäisches
Parlament beschlossen werden.
Zu Artikel III-422:
Durch diese neue Bestimmung wird auch für die vZ – in Anlehnung an das
für die gesamte Union konzipierte vereinfachte Änderungsverfahren in Art.
IV-444 – eine „Passerelle“ eingeführt, die es erlaubt, dass durch einen
einstimmigen Ratsbeschluss der an der vZ teilnehmenden Mitgliedstaaten in
Bereichen, in denen der Verfassungsvertrag Einstimmigkeit vorsieht, zu
qualifizierten Mehrheitsentscheidungen übergegangen werden kann.
Abs. 1 regelt die
„Passerelle“ in oben angeführter Weise für nicht gesetzgebende Rechtsakte.
Abs. 2 regelt die „Passerelle“ in oben angeführter Weise für
Gesetzgebungsakte. In diesem Fall erfolgt die einstimmige Beschlussfassung des
Rates nach Anhörung des Europäisches Parlament.
Gemäß Abs. 3 gilt die in Abs.1 und Abs.2 festgelegte „Passerelle“ nicht
für Beschlüsse mit militärischen und verteidigungspolitischen Bezügen.
Zu Artikel III-423:
Durch diese Bestimmung - in die bislang in Art. 43 lit. b) und c)
enthaltene Bedingungen einer vZ in geänderter Formulierung einfließen - werden
der Rat und die Kommission verpflichtet, sicher zu stellen, dass die im Rahmen
einer vZ durchgeführten Maßnahmen untereinander und mit der Politik der Union
im Einklang stehen. Zu diesem Zweck arbeiten die beiden Organe entsprechend
zusammen.
Zu Artikel III- 424:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 299 Abs. 2, UAbs. 2 und 3 EGV. Die namentliche Aufzählung der
französischen überseeischen Departements ist eine rein formale Änderung. Die
auch in Art. 299 Abs. 2, UAbs. 2, EGV vorgesehenen Maßnahmen können in Form von
Europäischen Gesetzen, Rahmengesetzen, Verordnungen und Beschlüssen erfolgen.
(Vgl. Art. IV-440 Abs. 2.)
Zu Artikel III-425:
Diese Bestimmung entspricht Art. 295 EGV.
Zu Artikel III-426:
Dieser Artikel
entspricht Art. 282 EGV. In Ergänzung zu Art. 282 EGV wird festgehalten, dass
die Union in Fragen, die das Funktionieren der einzelnen Organe betreffen,
aufgrund von deren Verwaltungsautonomie von dem betreffenden Organ vertreten
wird.
Zu Artikel III- 427:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 283 EGV. Im Unterschied zum EGV wird das Beamtenstatut nicht
vom Rat allein, sondern gemeinsam mit dem Europäischen Parlament im
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (mit Europäischem Gesetz) erlassen.
Zu Artikel III- 428:
Diese Bestimmung
entspricht im Wesentlichen Art. 284 EGV. Im Gegensatz zu Art. 284 EGV wird
jedoch präzisiert, dass der Rahmen, innerhalb dessen die Kommission Auskünfte
einholen und Nachprüfungen vornehmen darf, vom Rat mit einfacher Mehrheit in
einer Europäischen Verordnung festgelegt wird.
Zu Artikel III - 429:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 285 EGV. Maßnahmen für die Erstellung von Statistiken werden
durch Europäische Gesetze oder Rahmengesetzen festgelegt.
Zu Artikel III - 430:
Diese Bestimmung entspricht Art. 287 EGV.
Zu Artikel III - 431:
Diese Bestimmung
entspricht im Wesentlichen Art. 288 EGV. Eine Änderung erfuhr lediglich UAbs.
3. Darin ist nunmehr aus Gründen der Rechtssicherheit und angesichts des
Umstandes, dass die EZB nicht in der Liste der Organe (Art. I-19) aufscheint,
geregelt, dass die EZB den durch sie oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer
Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die
den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, ersetzt.
Zu Artikel III - 432:
Diese Bestimmung entspricht Art. 289 EGV.
Zu Artikel III - 433:
Diese Bestimmung
entspricht grundsätzlich Art 290 EGV, wird jedoch dahingehend präzisiert, dass
die Regelung der Sprachenfrage in Form einer Europäischen Verordnung erfolgt.
Zu Artikel III- 434:
Diese Bestimmung
entspricht Art. 291 EGV. Das Europäische Währungsinstitut wurde mittlerweile
aufgelöst und findet deshalb keine Erwähnung mehr in diesem Artikel.
Zu Artikel III - 435:
Diese Bestimmung entspricht Art. 307 EGV.
Zu Artikel III - 436:
Diese Bestimmung entspricht Art. 296 EGV.
ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN
Zu Art. IV-437 (Aufhebung der früheren Verträge):
Mit Art. I-1 wird
die Union neu gegründet. Das bestehende Primärrecht muss konsequenterweise
formell aufgehoben werden. Die Bestimmungen der aufgehobenen Primärrechtsakte
sind großteils – vereinfacht, neu geordnet und fallweise abgeändert – direkt in
den Verfassungsvertrag eingearbeitet.
Aufgehoben werden
gemäß Abs. 1 der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und
der Vertrag über die Europäische Union sowie weitere Primärrechtsakte zu ihrer
Ergänzung oder Änderung, die im „Protokoll über die Rechtsakte und
Verträge zur Ergänzung oder Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft und des Vertrags über die Europäische Union“ genau bezeichnet sind
(vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr. 33). Abs. 1 gilt jedoch „vorbehaltlich des
Absatzes 2“.
Abs. 2 ist eine
Sonderregelung für die Beitrittsverträge. Diese werden zwar ebenfalls
aufgehoben, sie enthalten jedoch weiterhin maßgebliche Bestimmungen, die
anwendbar bleiben und die deshalb übernommen werden müssen. Zwei Protokolle –
eines für die älteren Beitrittsverträge aus 1972, 1979, 1985 und 1994, eines
für den Beitrittsvertrag 2003 – übernehmen diejenigen Bestimmungen, welche
weiterhin in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkungen nach Maßgabe dieser
Protokolle behalten (vgl. Erläuterungen zu den Protokollen Nr. 8 und 9).
Nicht von der
Aufhebung betroffen ist der Euratom-Vertrag, der als selbständiger Vertrag mit
eigener Rechtspersönlichkeit erhalten bleibt (vgl. Erläuterungen zum Protokoll
Nr. 36).
Zu Art. IV-438 (Rechtsnachfolge und rechtliche
Kontinuität):
Um die Kontinuität
zwischen der EU bzw. der EG und der neu gegründeten Union zu wahren, enthält
Art. IV-438 Bestimmungen zur Rechtsnachfolge und zur rechtlichen Kontinuität.
Damit wird der Weiterbestand der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen,
die Weitergeltung des gesamten „acquis communautaire“ sowie die Kontinuität der
administrativen und gerichtlichen Verfahren (Vertragsverletzungsverfahren,
Beihilfeverfahren, Klagsverfahren usw.) sichergestellt. Ebenfalls gewährleistet
ist, dass die Rechtsprechung des EuGH und des Europäischen Gerichts erster
Instanz mutatis mutandis auch weiterhin maßgeblich für die verbindliche
Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer Bestimmungen des
Verfassungsvertrags bleibt.
Abs. 1 bestimmt,
dass die durch den Verfassungsvertrag geschaffene Europäische Union die
Rechtsnachfolge der durch den Vertrag über die Europäische Union gegründeten
Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft antritt; nicht von der
Rechtsnachfolge betroffen ist die Europäische Atomgemeinschaft, deren
eigenständige Rechtspersönlichkeit auf der Grundlage des weitergeltenden
Euratom-Vertrags erhalten bleibt (vgl. Erläuterungen zum Protokoll Nr. 36).
Abs. 2 regelt die
Kontinuität der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen (einschließlich der
EU-Agenturen) der Union. Er bestimmt, dass die Organe, Einrichtungen und
sonstigen Stellen, welche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verfassung
bestehen, ihre Befugnisse so lange wahrnehmen, bis in Anwendung des Verfassungsvertrags
neue Bestimmungen erlassen werden oder bis ihr Mandat endet. Ihre
Zusammensetzung bleibt grundsätzlich unverändert, allerdings legt das
„Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der
Union“ Sonderregeln für einige Organe fest (vgl. Erläuterungen zu Protokoll Nr.
34). Die Organe, Einrichtungen und Stellen nehmen ihre Aufgaben nach Maßgabe
des Verfassungsvertrags wahr, und nicht mehr gemäß dem aufgehobenen
Primärrecht.
Abs. 3 bestimmt,
dass die Sekundärrechtsakte, welche auf der Grundlage des aufgehobenen
Primärrechts erlassen wurden, weiter gelten. Sie behalten so lange
Rechtswirkung, bis sie in Anwendung dieses Vertrags aufgehoben, für nichtig
erklärt oder geändert werden. Dies gilt auch für Übereinkommen, die auf der
Grundlage der durch Artikel IV‑437 aufgehobenen Verträge und Rechtsakte
zwischen Mitgliedstaaten geschlossen wurden.
Ebenso soll nach
Abs. 2, UAbs. 2, die Kontinuität der gesamten weiteren Teile des Besitzstands
(des „acquis communautaire“, einschließlich des gesamten „soft law“), der zum
Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrags gilt, gewahrt bleiben .
Die einzelnen Teile des Besitzstands haben so lange weiter Bestand, bis sie
aufgehoben oder geändert werden. Zum Besitzstand zählen auch die Erklärungen,
die im Rahmen von Regierungskonferenzen abgegeben worden sind, u.a. die
Erklärungen zu den Schlussakten der Verträge von Maastricht, Amsterdam und
Nizza.
Abs. 4 bestimmt,
dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und
des Gerichts erster Instanz sinngemäß weiterhin maßgeblich bleibt für die
verbindliche Auslegung des Unionsrechts und insbesondere vergleichbarer
Bestimmungen der Verfassung. Damit bleibt die Rechtsprechung des EuGH als
wertvolle Quelle für die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts erhalten.
Gemäß Abs. 5 ist
die Kontinuität der Gerichts- und Verwaltungsverfahren, die vor dem
Inkrafttreten des Verfassungsvertrags eingeleiteten wurden, gewährleistet.
Dabei müssen jedoch die Bestimmungen des Verfassungsvertrags beachtet werden.
Die für diese Verfahren verantwortlichen Organe, Einrichtungen oder sonstigen
Stellen haben alle hiefür erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
Gesetzgebungsverfahren sind von dieser Bestimmung nicht erfasst, sie beginnen
mit Inkrafttreten auf der Grundlage der Bestimmungen der Verfassung neu zu
laufen.
Zu Art. IV-439 (Übergangsbestimmungen für bestimmte
Organe):
Dieser Artikel
verweist auf das „Protokoll über die Übergangsbestimmungen für die Organe und
Einrichtungen der Union“. In diesem Protokoll wurden die Übergangsbestimmungen
betreffend die Zusammensetzung des Europäischen Parlaments, die Definition der
qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im Rat und die Zusammensetzung
der Kommission, einschließlich des Außenministers der Union, die in den jeweils
betroffenen Teilen des Konventsentwurfs enthalten waren, und andere Regeln, die
in der Zeit zwischen dem Inkrafttreten der Verfassung und dem Wirksamwerden
aller Bestimmungen der Verfassung und der für ihre Anwendung erforderlichen
Rechtsakte gelten, zusammengefasst.
Die
Übergangsbestimmungen stellen Sonderregelungen im Verhältnis zu Art. IV-438
Abs. 2 dar (vgl. Erläuterungen zum Protokoll Nr. 34 bzw. zu den
institutionellen Bestimmungen des Teils I).
Zu Art. IV-440 (Räumlicher Geltungsbereich):
Art. IV-440
bestimmt den räumlichen Geltungsbereich des Verfassungsvertrags, er entspricht
Art. 299 EGV und enthält im Vergleich zu diesem eine wesentliche Veränderung:
Gemäß dem Abs. 7
kann der Europäische Rat auf Initiative des betroffenen Mitgliedstaats einen
Europäischen Beschluss zur Änderung des Status von Gebieten in äußerster
Randlage oder von
überseeischen Ländern und Hoheitsgebieten erlassen; der Europäische Rat
beschließt einstimmig nach Anhörung der Kommission.
In Hinblick auf
diesen Absatz kommen die Vertragsparteien in der Erklärung Nr. 28 zur
Schlussakte überein, dass der Europäische Rat einen Europäischen
Beschluss zur Änderung des Status von Mayotte gegenüber der Union erlassen
wird, um dieses Gebiet zu einem Gebiet in äußerster Randlage im Sinne des
Artikels IV-440 Abs. 2 und des Artikels III-424 zu machen, wenn die
französischen Behörden dem Europäischen Rat und der Kommission mitteilen, dass
die jüngste Entwicklung des internen Status der Insel dies gestattet.
Das Königreich der Niederlande erklärt in einer einseitigen Erklärung
(Nr. 43), dass eine Initiative für einen Europäischen Beschluss nach Artikel
IV-440 Absatz 7, die auf eine Änderung des Status der Niederländischen Antillen
und/oder Arubas gegenüber der Union abzielt, nur auf der Grundlage eines
Beschlusses vorgelegt wird, der im Einklang mit den Vorschriften des
Königreichs der Niederlande gefasst worden ist.
Abs. 2 und 6 lit. b zählen die bisher im EGV als „französische
überseeische Departements” (Art. 299 Abs. 2 EGV) bzw. „Hoheitszonen des
Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland auf Zypern“ (Art. 299
Abs. 6 lit. b EGV) bezeichneten Gebiete im Einzelnen auf, ohne dabei inhaltlich
eine Veränderung zu bewirken.
Schließlich ist die Möglichkeit, Maßnahmen in Hinblick auf die
Besonderheit der Gebiete in äußerster Randlage zu erlassen, im Gegensatz zu
Art. 299 EGV nicht in dieser Bestimmung vorgesehen, sondern in Art. III-424.
Zu Art. IV-441 (Regionale Zusammenschlüsse):
Diese Bestimmung
entspricht Art. 306 EGV und stellt klar, dass der Verfassungsvertrag dem
Bestehen und der Durchführung der regionalen Zusammenschlüsse zwischen Belgien
und Luxemburg sowie zwischen Belgien, Luxemburg und den Niederlanden nicht
entgegensteht, sofern die Ziele dieser Zusammenschlüsse durch die Anwendung des
Verfassungsvertrags nicht erreicht werden.
Zu Art. IV-442 (Protokolle und Anhänge):
Dieser Artikel
bestimmt, dass die dem Verfassungsvertrag beigefügten Protokolle und Anhänge
des Verfassungsvertrags Bestandteile dieses Vertrags sind. Er übernimmt in
sprachlich vereinfachter Form Art. 311 EGV.
Zu Art. IV-443 (Ordentliches Änderungsverfahren):
Diese Bestimmung
ersetzt Art. 48 EUV. Das im EUV vorgesehene Vertragsänderungsverfahren wird
abgeändert, darüber hinaus sind zwei „vereinfachte Änderungsverfahren“
vorgesehen (vgl. Art. IV-444 und IV-445).
Abs. 1 ermöglicht
neben den bisherigen Berechtigten (den Regierungen der Mitgliedstaaten bzw. der
Europäischen Kommission) auch dem Europäischen Parlament, Vorschläge zur
Änderung des Verfassungsvertrages zu unterbreiten. Solche Vorschläge werden dem
Europäischen Rat übermittelt und den nationalen Parlamenten zur Kenntnis
gebracht.
Abs. 2 stellt eine
wesentliche Neuerung dar, da mit ihr die Konventmethode als Regelfall des
Vertragsänderungsverfahrens etabliert wird. Der Präsident des Europäischen
Rates beruft einen Konvent ein, wenn der Europäische Rat (mit einfacher
Mehrheit und nach Anhörung des Parlaments und der Kommission) die Prüfung der
vorgeschlagenen Änderungen beschließt. Der Konvent besteht – wie schon der
Verfassungskonvent - aus Vertretern der nationalen Parlamente, der Staats- und
Regierungschefs der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der
Kommission. Er prüft die Änderungsentwürfe und nimmt eine Empfehlung an, die an
eine Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten gerichtet ist.
Entsprechend der Übung im Verfassungs-
bzw. im Grundrechtskonvent nimmt der Konvent seine Empfehlungen im
Konsensverfahren an.
Die Einberufung
eines Konvents ist allerdings nicht in jedem Fall verpflichtend: Der
Europäische Rat kann (wiederum mit einfacher Mehrheit, nach Zustimmung des
Europäischen Parlaments) beschließen, keinen Konvent einzuberufen, wenn
aufgrund des Umfangs der geplanten Änderungen seine Einberufung nicht
gerechtfertigt ist. In diesem Fall legt der Europäische Rat das Mandat für eine
Konferenz der Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten fest.
Mit dieser
Bestimmung wird eine Vertragsänderung allein mittels Regierungskonferenz, im
Gegensatz zur derzeit geltenden Rechtslage, zur Ausnahme.
Unabhängig davon,
ob die Änderungsvorschläge von einem Konvent vorbereitet wurden oder nicht,
beschließt eine Konferenz der Regierungsvertreter über die vorzunehmenden Vertragsänderungen;
die Regierungskonferenz wird gemäß Abs. 3 vom Präsidenten des Rates einberufen.
Die Änderungen
treten – wie schon aufgrund der Rechtslage nach Artikel 48 EUV – in Kraft,
nachdem sie von allen Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen
Vorschriften ratifiziert worden sind. Ein einzelner Mitgliedstaat kann daher
verhindern, dass Änderungen des Verfassungsvertrags in Kraft treten. Auch darin
kommt zum Ausdruck, dass die Mitgliedstaaten weiterhin „Herren des Vertrags“
bleiben.
Abs. 4 enthält
ebenfalls eine Neuerung, denn er trifft Vorkehrungen für den Fall, dass in
einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation – etwa
infolge des negativen Ausgangs eines Referendums – auftreten. Schon die
Nichtratifikation durch einen einzigen Mitgliedstaat verhindert das
Inkrafttreten der Vertragsänderungen. Daher befasst sich der Europäische Rat
mit der Frage, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung des
Vertrags zur Änderung des Verfassungsvertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten
bereits ratifiziert haben, und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten
Schwierigkeiten bei der Ratifikation auftreten. Dieser Absatz entspricht der
Erklärung Nr. 30 zur Schlussakte, welche die gleiche Vorgehensweise für Schwierigkeiten
bei der Ratifikation des Verfassungsvertrags vorsieht.
Zu Art. IV-444 (Vereinfachtes Änderungsverfahren):
Art. IV-444
enthält zwei allgemeine „Passerelle“-Bestimmungen, die ein vereinfachtes
Vertragsänderungsverfahren für zwei Typen von Bestimmungen in Teil III des
Verfassungsvertrages vorsehen: die eine für den Übergang von der Einstimmigkeit
zur qualifizierten Mehrheit im Rat, die andere für den Übergang von einem
besonderen Gesetzgebungsverfahren zum ordentlichen Gesetzgebungsverfahren
(Mitentscheidung des Europäischen Parlaments).
Gemäß Abs. 1 kann
der Europäische Rat in Fällen, in denen der Rat nach Maßgabe von Teil III in
einem Bereich oder in einem bestimmten Fall einstimmig beschließt, einen
Europäischen Beschluss erlassen, wonach der Rat in diesem Bereich oder in
diesem Fall mit qualifizierter Mehrheit beschließen kann. Diese Möglichkeit
kann nicht für Beschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen
Bezügen zur Anwendung kommen.
Gemäß Abs. 2 kann
der Europäische Rat in Fällen, in denen nach Maßgabe von Teil III Europäische
Gesetze oder Rahmengesetze vom Rat nach einem besonderen Gesetzgebungsverfahren
erlassen werden müssen, einen Europäischen Beschluss erlassen, wonach diese
Europäischen Gesetze oder Rahmengesetze nach dem ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren erlassen werden können.
In beiden Fällen
kann die Änderung herbeigeführt werden, ohne dass ein Konvent und eine
Regierungskonferenz einberufen werden muss. Die Änderung erfordert in beiden
Fällen auf Unionsebene nur einen Europäischen Beschluss, der vom Europäischen
Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments einstimmig zu erlassen ist. Der
Zustimmungsbeschluss des Europäischen Parlaments erfordert die Mehrheit seiner
Mitglieder.
Im Vergleich zum
Konvententwurf hat die Regierungskonferenz die Einbindung der nationalen
Parlamente eingeführt, gegen deren Willen die Passerelle-Bestimmung keine
Anwendung finden kann. Initiativen zur Anwendung des vereinfachten
Änderungsverfahrens werden gemäß Abs. 3 den nationalen Parlamenten übermittelt,
die innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung die Möglichkeit haben,
die Initiative abzulehnen. Der Europäische Rat kann den Beschluss nur erlassen,
wenn kein Parlament die Initiative ablehnt.
Der
Verfassungsvertrag enthält neben dieser allgemeinen Passerelle-Bestimmung
mehrere spezielle Passerelle-Klauseln in einzelnen Artikeln des Teils III (vgl.
Art. III-210 Abs. 3 im Bereich der Sozialpolitik , III-234 Abs. 2 im
Umweltbereich , und III-269 Abs. 3 im Bereich des Familienrechts sowie Art. I-40 Abs. 7 bzw.
Art. III-300 Abs. 3 und 4 für
die GASP und Art I-55 Abs. 2 und 4 für die Erlassung des Europäischen Gesetzes,
mit dem der mehrjährige Finanzrahmen festgelegt wird). Auch einige Protokolle
können vereinfacht abgeändert werden (mit einem „ordentlichen“ Europäischen
Gesetz oder einem Europäischen Gesetz des Rates).
Zu Art.
IV-445 (Vereinfachtes Änderungsverfahren betreffend die internen
Politikbereiche der Union):
Ein vereinfachtes
Änderungsverfahren betreffend die internen Politikbereiche des Teils III Titel
III ist ebenfalls ohne Befassung eines Konvents oder einer Regierungskonferenz
möglich. Im Unterschied zu den Passerelle-Bestimmungen bedürfen so zustande
gekommene Änderungen allerdings nach Abs. 2 UAbs. 2 der Zustimmung der Mitgliedstaaten
im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften.
Ein
Vorschlagsrecht haben gemäß Abs. 1, wie im ordentlichen Änderungsverfahren, die
Regierungen der Mitgliedstaaten, das Europäischen Parlament und die Europäische
Kommission. Angenommen werden Änderungen aller oder eines Teils der
Bestimmungen des Teils III Titel III mittels Europäischen Beschluss des
Europäischen Rates, der diesen einstimmig, nach Anhörung des Parlaments und der
Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen im Währungsbereich, der
Europäischen Zentralbank, annimmt.
Eine Ausdehnung
der Zuständigkeiten der Union, d.h. eine Änderung der in der Verfassung
festgelegten Zuständigkeitsverteilung, darf mit Beschlüssen nach diesem Artikel
nicht bewirkt werden (Abs. 3).
Zu Art. IV-446 (Geltungsdauer):
Dieser Artikel
entspricht den Artikeln 51 EUV bzw. 312 EGV; der Verfassungsvertrag wird, wie
schon der EGV bzw. der EUV, auf unbegrenzte Zeit abgeschlossen.
Zu Art. IV-447 (Ratifikation und Inkrafttreten):
Dieser Artikel entspricht den Artikeln 52 EUV bzw. 313
EGV.
Abs. 1
Gemäß dem Abs. 1
ratifizieren die Vertragsparteien den Verfassungsvertrag im Einklang mit ihren
jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften und hinterlegen die
Ratifikationsurkunden bei der italienischen Regierung, in deren Archiv die in
Rom unterzeichneten
Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften EWG und Euratom
hinterlegt sind und bei der traditionell Ratifikationsurkunden zu Vertragsänderungen
hinterlegt wurden.
Abs. 2
Gemäß Abs. 2 tritt
der Verfassungsvertrag am 1. November 2006 in Kraft, sofern bis zu diesem
Zeitpunkt alle Ratifikationsurkunden hinterlegt worden sind. Ansonsten tritt
der Verfassungsvertrag am ersten Tag des zweiten auf die Hinterlegung der
letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats in Kraft.
Schon die
Ablehnung der Ratifikation durch einen einzigen Mitgliedstaat kann das
Inkrafttreten des Verfassungsvertrags verhindern. Daher sieht die Erklärung Nr.
30 zur Schlussakte in Hinblick auf die Ratifikation des Vertrags über eine
Verfassung für Europa vor, dass sich der Europäische Rat mit der Frage befasst,
wenn in einem oder mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der
Ratifikation – etwa infolge des negativen Ausgangs eines Referendums –
auftreten. Der Europäische Rat
muss sich mit der Frage befassen, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der
Unterzeichnung des Verfassungsvertrags vier Fünftel der Mitgliedstaaten diesen
bereits ratifiziert haben, und in einem oder mehreren Mitgliedstaaten
Schwierigkeiten bei der Ratifikation auftreten. Eine entsprechende Bestimmung
enthält auch Art. IV-443 Abs. 4 über das ordentliche
Vertragsänderungsverfahren.
Zu Art. IV-448 (Verbindliche Fassungen und
Übersetzungen):
Beim Abs. 1 des
Art. IV-448 handelt es sich um die Nachfolgebestimmung für Art. 53 EUV bzw.
Art. 314 EGV, er definiert die authentischen Vertragssprachen. Die Bestimmung
kodifiziert die im Lauf der Jahrzehnte erfolgten Änderungen an diesen Artikeln,
welche die Amtssprache eines der Europäischen Gemeinschaft (bzw. der
Europäischen Union) beitretenden Landes zur authentischen Vertragssprache
erklärten. Somit sind alle im Absatz genannten Sprachen gleichermaßen
verbindlich und können zur Interpretation der einzelnen Bestimmungen der
Verfassung gleichwertig herangezogen werden.
Abs. 2, der im
Vergleich zum EUV bzw. EGV neu ist, eröffnet die Möglichkeit für Staaten mit
mehreren Amtssprachen, die nicht alle Vertrags- oder Amtssprache der
Europäischen Union sind, beglaubigte Übersetzungen des Verfassungsvertrags zu
erstellen, die in den Archiven des Rates hinterlegt werden und den Bürgern zur
Verfügung stehen. Diese Sprachen werden dadurch jedoch weder zur Vertrags- noch
zur Amtssprache der Europäischen Union.
Gemäß der Erklärung
Nr. 29 zur Schlussakte trägt die Möglichkeit, Übersetzungen gemäß Art.
IV-448 Abs. 2 zu erstellen, zur Verwirklichung des Ziels bei, den Reichtum der
kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Union zu wahren. Die
Regierungskonferenz der Mitgliedstaaten bekräftigt diesbezüglich, dass die
Union großen Wert auf die kulturelle Vielfalt Europas legt und diesen und
anderen Sprachen weiterhin besondere Bedeutung beimessen wird. Die Regierungskonferenz empfiehlt in diesem
Zusammenhang, dass die Mitgliedstaaten, die von der in Artikel IV‑448
Abs. 2 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch machen möchten, dem Rat
innerhalb von sechs Monaten nach der Unterzeichnung des Vertrags die
Sprache bzw. Sprachen mitteilen, in die der Vertrag übersetzt wird.
A. PROTOKOLLE ZUM VERTRAG ÜBER EINE VERFASSUNG FÜR
EUROPA
Parlamente
in der Europäischen
Dieses Protokoll
ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt. Es tritt an die
Stelle des Protokolls Nr. 9 zum EUV und EGV „über die Rolle der
einzelstaatlichen Parlamente in der Europäischen Union“ (in der Folge
„Amsterdamer Protokoll Nr. 9“), das durch den Vertrag von Amsterdam eingeführt
wurde. Im Vergleich zu jenem enthält es wesentliche materielle und formale
Änderungen.
Die Erwägungsgründe
werden inhaltlich unverändert aus dem Amsterdamer Protokoll Nr. 9 übernommen.
In diesen wird festgehalten, dass es den einzelnen Mitgliedstaaten obliegt, die
Kontrolle der Regierungen durch die nationalen Parlamente hinsichtlich der
Tätigkeiten in der Union zu regeln, gleichzeitig aber der Wunsch besteht, eine
stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente an den Tätigkeiten der EU zu
fördern und ihnen dazu bessere Möglichkeiten zu geben.
ZU TITEL I
In diesem Titel
wird festgeschrieben, auf welchem Weg die nationalen Parlamente über bestimmte
Vorhaben der EU unterrichtet werden. Gegenüber dem Protokoll Nr. 9 wird dabei
einerseits der inhaltliche Umfang der Unterrichtung erweitert und andererseits
für die jeweils betroffenen Organe der Union eine Verpflichtung zur direkten
Information der nationalen Parlamente neu eingeführt.
Zu Artikel 1:
Die Kommission hat
ihre Konsultationsdokumente (Grün- und Weißbücher sowie Mitteilungen) bei ihrer
Veröffentlichung den nationalen Parlamenten direkt zu übermitteln.
Das jährliche
Rechtsetzungsprogramm sowie alle weiteren Dokumente für die Ausarbeitung der
Rechtsetzungsprogramme oder politischen Strategien sind von der Kommission
gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und nationale Parlamente
weiterzuleiten.
Dieser Artikel
baut auf der Bestimmung der Zi. 1 des Amsterdamer Protokolls Nr. 9 auf,
erweitert aber den Umfang der Informationspflicht der Kommission auf das
jährliche Rechtsetzungsprogramm sowie weitere im zweiten Satz genannte
Dokumente und sieht an Stelle der „unverzüglichen“ explizit eine „direkte“
Zuleitung an die nationalen Parlamente vor.
Zu Artikel 2:
Alle an
Europäisches Parlament und Rat gerichteten Entwürfe von Europäischen
Gesetzgebungsakten werden den nationalen Parlamenten direkt übermittelt. Als
solche gelten Vorschläge der Kommission sowie Initiativen einer Gruppe von
Mitgliedstaaten, Initiativen des Europäisches Parlament, Anträge des EuGH und
der EIB sowie Empfehlungen der EZB, die auf den Erlass eines Gesetzgebungsaktes
abzielen. Die Kommission und das Europäisches Parlament sind für die
Übermittlung der von ihnen vorgelegten Entwürfe zuständig. Die Zuleitung von
Kommissionsvorschlägen hat gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und
nationale Parlamente zu erfolgen. In allen anderen Fällen liegt die
Zuständigkeit für die Übermittlung beim Rat.
Diese Bestimmung
enthält zentrale Neuerungen, denn gemäß Zi. 2 des Amsterdamer Protokolls Nr.9
erfolgt die Übermittlung an die nationalen Parlamente im Wege der nationalen
Regierungen und umfasst nur Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte.
Zu Artikel 3:
In diesem Artikel
wird das Übermittlungsverfahren für begründete Stellungnahmen der nationalen
Parlamente im Rahmen des im „Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ (Art. 6 bis 8) neu eingeführten
Frühwarnmechanismus geregelt.
Diese
Stellungnahmen können an die Präsidenten des Europäisches Parlament, des Rates
und der Kommission gerichtet werden. Handelt es sich um eine Gesetzgebungsinitiative
einer Gruppe von Mitgliedstaaten bzw. um Entwürfe des Gerichtshofs, der EZB
oder der EIB, so werden sie vom Präsidenten des Rates an die Regierungen der
betreffenden Mitgliedstaaten bzw. an die betreffende Institution der Union
weitergeleitet.
Zu Artikel 4:
Außer in
dringenden Fällen, die vom Rat zu begründen sind, haben zwischen dem Zeitpunkt
der Übermittlung des Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes und dem Zeitpunkt, zu
dem dieser auf die vorläufige Tagesordnung des Rates zwecks Erlass oder Festlegung
eines Standpunktes gesetzt wird, sechs Wochen zu liegen, wobei vor Ablauf
dieser Frist keine Einigung festgestellt werden darf. Ferner haben – wiederum
außer in begründeten dringenden Fällen – zwischen einer solchen Aufnahme in die
vorläufige Tagesordnung und der Festlegung eines Standpunktes weitere zehn Tage
zu verstreichen.
Dieser Artikel
präzisiert die bereits in Zi. 3 des Amsterdamer Protokolls Nr.9 enthaltenen
Bestimmungen zur sechswöchigen Frist und führt die weitere zehntägige Frist neu
ein.
Zu Artikel 5:
Gemäß diesem
Artikel – der keine Entsprechung im Amsterdamer Protokoll Nr. 9 findet – werden
den nationalen Parlamenten auch die Tagesordnungen für die Tagungen des Rates
und die Ergebnisse dieser Tagungen, einschließlich der Protokolle der Tagungen,
auf denen der Rat über Entwürfe von Europäischen Gesetzgebungsakten berät,
gleichzeitig mit der Übermittlung an die nationalen Regierungen direkt
zugeleitet.
Zu Artikel 6:
Dieser Artikel
präzisiert die in Art. IV-444 Abs. 3 des Verfassungsvertrages verankerte
Verpflichtung, die nationalen Parlamente von einer Initiative des Europäischen
Rates zur Inanspruchnahme der „Passerelle“ gemäß Art. IV-444 Abs. 2 oder 3
(einstimmiger Beschluss des Europäischen Rates betreffend den Übergang zum
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren in bestimmten in Teil III des
Verfassungsvertrages geregelten Fällen, in denen ein besonderes
Gesetzgebungsverfahren vorgesehen ist) so zu informieren, dass diese innerhalb
von sechs Monaten Einspruch erheben können. Die nationalen Parlamente sind
folglich mindestens sechs Monate vor Erlass eines solchen Europäischen
Beschlusses von der Initiative des Europäischen Rates zu unterrichten.
Zu Artikel 7:
Gemäß dieser
Bestimmung – die keine Entsprechung im Protokoll Nr.9 findet - hat auch der
Rechnungshof seinen Jahresbericht dem Europäische Parlament, dem Rat und den
nationalen Parlamenten gleichzeitig zu übermitteln.
Zu Artikel 8:
In diesem Artikel
– der keine Entsprechung im Amsterdamer Protokoll Nr. 9 findet - wird
festgehalten, dass die in den Art. 1 bis 7 verankerten Unterrichtungs- bzw.
Übermittlungsverpflichtungen in denjenigen Mitgliedstaaten, deren nationale
Parlamente über mehr als eine Kammer verfügen, für jede Kammer des Parlaments
gelten.
Belgien hat
aufgrund seiner diesbezüglich einzigartigen verfassungsrechtlichen Situation
eine einseitige Erklärung (Erklärung Nr. 49) abgegeben, „dass aufgrund seines
Verfassungsrechts sowohl das Abgeordnetenhaus und der Senat des
Bundesparlaments als auch die Parlamente der Gemeinschaften und Regionen - je
nach den von der Union ausgeübten Befugnissen - als Bestandteil des Systems des
nationalen Parlaments oder als Kammern des nationalen Parlaments handeln.“
ZU TITEL II
Dieser Titel ist
der Zusammenarbeit zwischen den nationalen Parlamenten untereinander und mit
dem Europäischen Parlament gewidmet. Die Bestimmungen dieses Titels sind
genereller und gestraffter abgefasst als der ausschließlich die Konferenz der
Europa-Ausschüsse (COSAC) betreffende Teil II des Amsterdamer Protokolls Nr. 9.
Zu Artikel 9:
Die Art und Weise
der Gestaltung und Förderung einer effizienten und regelmäßigen Zusammenarbeit
zwischen den Parlamenten ist vom Europäisches Parlament und den nationalen
Parlamenten gemeinsam festzulegen.
Zu Artikel 10:
Dieser Artikel
nennt Aufgaben und Rechte „einer Konferenz der Europa-Ausschüsse der
Parlamente“ und stellt somit nicht – wie das alte Amsterdam Protokoll Nr. 9 –
zwingend nur auf die Organisationsform der am 16./17.November 1989 in Paris
gegründeten Konferenz der Europa-Ausschüsse (COSAC) ab.
Eine solche
Konferenz kann dem Europäisches Parlament, dem Rat und der Kommission jeden ihr
zweckmäßig erscheinenden Beitrag zur Kenntnis bringen, fördert den Austausch
von Informationen und bewährten Praktiken zwischen nationalen Parlamenten und
Europäisches Parlament (einschließlich ihrer Fachausschüsse) und kann
interparlamentarische Konferenzen zu Einzelthemen organisieren, insbesondere zu
Fragen der GASP, einschließlich der GSVP. Die Beiträge einer solchen Konferenz
sind für die nationalen Parlamente allerdings nicht bindend und greifen ihrem
Standpunkt nicht vor.
Dieses Protokoll
tritt an die Stelle des Protokolls Nr. 30 zum EGV „über die Anwendung der
Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“ (in der Folge
„Amsterdamer Protokoll Nr. 30“), das durch den Vertrag von Amsterdam eingeführt
wurde. Im Vergleich zu jenem enthält es wesentliche materielle und formale
Änderungen.
Entsprechend den
Erwägungsgründen zielt das Protokoll darauf ab sicherzustellen, dass die
Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden. In
diesem Sinne legt das Protokoll entsprechend Art. I-11 des Verfassungsvertrages
die Bedingungen für die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und
Verhältnismäßigkeit fest und schafft ein neues System zur Kontrolle der
Anwendung dieser Grundsätze.
Zu Artikel 1:
Für die Einhaltung
der Grundsätze der Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit hat jede Institution
der Union stets Sorge zu tragen.
Zu Artikel 2:
Vor Unterbreitung
eines Gesetzgebungsvorschlages ist die Kommission verpflichtet umfangreiche
Anhörungen durchzuführen, bei denen gegebenenfalls der regionalen und lokalen
Bedeutung der in Betracht gezogenen Maßnahme Rechnung zu tragen ist. Von diesen
Konsultationen darf die Kommission nur mit Begründung in außergewöhnlich
dringenden Fällen absehen.
Dieser Artikel
baut auf der Formulierung von Zi. 9, erster Anstrich, des Amsterdamer
Protokolls Nr. 30 auf, wobei die Begründungspflicht beim Absehen von
Konsultationen in außergewöhnlich dringenden Fällen und die Erwähnung der
„regionalen und lokalen Bedeutung“ von Maßnahmen ergänzt werden.
Zu Artikel 3:
Wird in diesem
Protokoll vom „Entwurf eines Europäischen Gesetzgebungsaktes“ gesprochen, so
umfasst dieser Begriff – in Übereinstimmung mit Art. 2 Abs. 2 des Protokolls
„über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU“ - Folgendes: die
Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten,
die Initiativen des Europäischen Parlaments, die Anträge des EuGH, die
Empfehlungen der EZB und die Anträge der EIB, die den Erlass eines Europäischen
Gesetzgebungsaktes zum Ziel haben.
Zu Artikel 4:
Die Abs. 1 bis 3
dieses Artikels entsprechen weitgehend Art. 2, Abs. 3 bis 5 des Protokolls
„über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU“. Die Kommission und das
Europäisches Parlament sind für die Übermittlung der von ihnen vorgelegten
Entwürfe an die nationalen Parlamente zuständig, wobei die Zuleitung von
Kommissionsvorschlägen gleichzeitig an Europäisches Parlament, Rat und
nationale Parlamente zu erfolgen hat. In allen anderen Fällen liegt die
Zuständigkeit für die Übermittlung beim Rat. Ergänzt wird in diesem Artikel,
dass in allen genannten Fällen nicht nur die ursprünglichen Entwürfe, sondern
auch die geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zuzuleiten sind.
Gemäß Abs. 4
übermittelt das Europäische Parlament auch seine legislativen Entschließungen
und der Rat seine Standpunkte an die nationalen Parlamente.
Zu Artikel 5:
Alle Entwürfe von
Europäischen Gesetzgebungsakten sind im Hinblick auf die Grundsätze der
Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit zu begründen und sollten einen Vermerk
mit detaillierten diesbezüglichen Angaben enthalten. Der Vermerk sollte Angaben
zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen enthalten und – bei
Rahmengesetzen – zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten
(gegebenenfalls auch auf regionaler Ebene) zu erlassenden Rechtsvorschriften.
Die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht
werden kann, hat dabei auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen
Kriterien zu beruhen. Alle Entwürfe haben auf eine so gering wie mögliche
finanzielle Belastung und einen so gering wie möglichen Verwaltungsaufwand auf
der Ebene der Union, der nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen
Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer sowie der Bürgerinnen und Bürger
abzuzielen. Finanzielle Belastung und Verwaltungsaufwand müssen in einem
angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen.
Der Artikel
komprimiert, präzisiert und ergänzt Elemente von Bestimmungen die an
verschiedener Stelle bereits im Amsterdamer Protokoll Nr. 30 zu finden sind.
Die detaillierte Begründungspflicht wird Zi. 9, zweiter Anstrich, entnommen und
dabei inhaltlich genauer spezifiziert, zusätzlich zur Subsidiaritäts- auf die
Verhältnismäßigkeitsbegründung erweitert und von Vorschlägen der Kommission auf
alle Entwürfe von Gesetzgebungsakten ausgedehnt. Die Bindung des Kriteriums der
besseren Erreichbarkeit auf Unionsebene bei der Subsidiaritätsprüfung an
qualitative und quantitative Kriterien entstammt Zi. 4. Der letzte Satz des
Artikels entspricht im Wesentlichen Zi. 9, dritter Anstrich, wird aber wiederum
nicht nur – wie bislang – auf die Vorschläge der Kommission, sondern auf alle
Entwürfe von Gesetzgebungsakten bezogen.
Zu Artikel 6:
Dieser Artikel
regelt die erste Phase eines neuen „Frühwarnmechanismus“:
Die nationalen
Parlamente oder die Kammern eines dieser Parlamente können binnen sechs Wochen
nach dem Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Europäischen
Gesetzgebungsakts in einer begründeten Stellungnahme an die Präsidenten des
Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission darlegen, weshalb der
Entwurf ihres Erachtens nach nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist.
Dabei obliegt es dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer
eines nationalen Parlaments, gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit
Gesetzgebungsbefugnissen zu konsultieren.
Stammt der Entwurf
des Gesetzgebungsaktes nicht von der Kommission oder dem Europäisches
Parlament, so fällt es dem Präsidenten des Rates zu, die Stellungnahmen der
nationalen Parlamente an die Regierungen der Gruppe von Mitgliedstaaten, die
den Entwurf vorgelegt haben, bzw. gegebenenfalls an den EuGH, die EZB oder die
EIB zu übermitteln.
Zu Artikel 7:
Dieser Artikel
regelt die zweite Phase des „Frühwarnmechanismus“:
Gemäß Abs. 1 sind
die begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer ihrer
Kammern vom Urheber des jeweiligen Entwurfs eines Gesetzgebungsaktes generell
zu berücksichtigen.
Gemäß Abs. 2 hat
jedes nationale parlamentarische System im „Frühwarnmechanismus“ zwei Stimmen,
die nach dem jeweiligen System des nationalen Parlaments aufgeteilt sind. In
einem Zweikammersystem hat daher jede der beiden Kammern eine Stimme.
Abs. 3 legt fest,
dass der Entwurf eines Gesetzgebungsaktes überprüft werden muss, wenn die
Anzahl der begründeten Stellungnahmen, die einen Widerspruch des Entwurfs mit
dem Subsidiaritätsprinzip reklamieren, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl
der den nationalen Parlamenten nach Maßgabe des Abs. 2 zugewiesenen Stimmen
beträgt. Handelt es sich um einen Entwurf, der auf Rechtsgrundlagen des Teils
III des Verfassungsvertrages zu den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in
Strafsachen oder polizeiliche Zusammenarbeit basiert, so beträgt die
Auslöseschwelle für die Überprüfung nur ein Viertel dieser Stimmen.
Gemäß Abs. 4 kann
nach Abschluss der Überprüfung der jeweilige Urheber des Entwurfs eines
Gesetzgebungsaktes an dem Entwurf festhalten, ihn ändern oder ihn zurückziehen,
wobei der entsprechende Beschluss zu begründen ist.
Zu Artikel 8:
Dieser Artikel
begründet neue Klagsrechte wegen Verstoßes eines Europäischen Gesetzgebungsakts
gegen das Subsidiaritätsprinzip.
Gemäß Abs. 1
können solche Klagen nach Inkrafttreten eines Gesetzgebungsaktes von einem
Mitgliedstaat nach Maßgabe von Art. III-365 (betreffend Nichtigkeitsklagen)
beim EuGH erhoben werden. Sofern die innerstaatliche Rechtsordnung eines
Mitgliedstaates dies vorsieht, kann dieser solche Klagen auch im Namen seines
nationalen Parlamentes oder einer Kammer dieses Parlamentes übermitteln. Es ist
daher Sache der Mitgliedstaaten, ihren nationalen Parlamenten oder den
einzelnen Kammern ihres Parlaments ein mittelbares Klagsrecht wegen Verstoßes
eines Europäischen Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip
einzuräumen.
Gemäß Abs. 1
können solche Klagen nach Inkrafttreten eines Gesetzgebungsaktes auch vom
Ausschuss der Regionen erhoben werden, sofern für dessen Erlass nach der
Verfassung die Anhörung des Ausschusses der Regionen vorgeschrieben ist.
Zu Artikel 9:
Die Kommission
legt dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den nationalen
Parlamenten jährlich einen Bericht über die Anwendung der in Art. I-11 des
Verfassungsvertrags festgelegten Grundprinzipien der Zuständigkeiten der Union
vor und leitet diesen auch dem Ausschuss der Regionen und dem Wirtschafts- und
Sozialausschuss zu.
Diese Bestimmung
übernimmt Ziffer 9, 4. Anstrich, des Amsterdamer Protokolls Nr. 30, erweitert
aber dabei den Adressatenkreis des Jahresberichts um die nationalen Parlamente.
zur Festlegung der Satzung des
Gerichtshofes der Europäischen Union
Dieses Protokoll ersetzt das gleichnamige Protokoll
Nr. 6 zum EUV und EGV.
Die überwiegende
Zahl der an der EuGH-Satzung vorgenommenen Änderungen stellen technische
Anpassungen dar, die aus den rechtlichen und institutionellen Änderungen im
Verfassungsvertrag resultieren. Großteils handelt es sich dabei um Bezugnahmen
auf die neuen Rechtsinstrumente, um Anpassungen an die neue Terminologie und um
Korrekturen der Artikelverweise. Auf diese wird in den nachfolgenden
Erläuterungen nicht in jedem einzelnen Fall eingegangen oder hingewiesen.
Zu Artikel 1:
Die Satzung des
Gerichtshofs der Europäischen Union ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch
dem EAGV beigefügt.
Zu Artikel 13:
Die Ernennung von
Hilfsberichterstattern ist in Hinkunft durch Europäische Gesetze vorgesehen.
Anstelle eines einstimmigen Beschlusses des Rates ist die konkrete Ernennung
durch einfachen Mehrheitsbeschluss des Rates vorgesehen.
Zu Artikel 46:
Der Artikel wird
durch seinen neuen letzten Satz auch für Ansprüche, die aus außervertraglicher
Haftung der EZB hergeleitet werden, anwendbar (siehe auch Erläuterungen zu Art.
III-431).
Zu Artikel 64:
Die Gestaltung des
Sprachenregimes am EuGH erfolgt in Art. III-381 iVm Art. 64 Abs. 1 EuGH-Satzung
in Anlehnung an die allgemeine Regelung für die übrigen Unionsorgane (Art.
III-433). Die Sprachenfrage für den Gerichtshof der Europäischen Union wird
demnach auch durch eine vom Rat einstimmig zu erlassende Europäische Verordnung
geregelt werden. Eine Änderung des in Art. 64 der Satzung festgelegten
Verfahrens zur Regelung des Sprachenregimes am EuGH bedarf einer formellen
Verfassungsänderung. Bis zum Erlass der endgültigen Sprachenregelung mittels
Europäischer Verordnung finden gemäß Abs. 2 die Bestimmungen der
Verfahrensordnung des EuGH und der Verfahrensordnung des EuGI, die die Regelung
der Sprachenfrage betreffen, Anwendung. Abs. 2 bestimmt weiter, dass Änderungen
der genannten Bestimmungen in den Verfahrensordnungen oder deren Aufhebung -
abweichend von den Artikeln III-355 Abs. 4 und III-356 Abs. 5 - der
einstimmigen Genehmigung durch den Rat bedürfen (und nicht bloß der sonst
erforderlichen qualifizerten Mehrheit).
Zu Artikel 65:
Zur Berücksichtigung
von Änderungen der EuGH-Satzung, die zwischen der Unterzeichnung und dem
Inkrafttreten des Verfassungsvertrages eintreten, sieht Abs. 2 des neu
eingefügten Art. 65 der Satzung ein Europäisches Gesetz des Rates vor, mit dem
diese Änderungen in konsolidierter Form in die Satzung eingearbeitet werden
sollen.
zur Festlegung der Satzung des Europäischen Systems
und der Europäischen Zentralbank
Dieses Protokoll
tritt an Stelle des Maastrichter Protokolls Nr. 18 zum EGV. Neben technischen
Anpassungen (entsprechend den Bezeichnungen der Rechtsakte, Anpassung der
Artikelverweise an die Nummerierungen im Verfassungsvertrag; Ersatz von „ECU“
durch Euro) werden gegenüber dem Maastrichter Protokoll folgende Anpassungen
vorgenommen:
Art. 1 übernimmt -
analog zu Art. I-30 - den Begriff des Eurosystems. Obsolet gewordene
Bestimmungen über die Errichtung der EZB und des ESZB (Art. 1.1, Art. 14.1)
sowie über den Übergang zur dritten Stufe der Währungsunion (Art. 32.3, Art.
37, Art. 50, Art. 51) entfallen. In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken,
dass das Protokoll über die Satzung des Europäischen Währungsinstituts, das mit
der Errichtung der EZB vertragsgemäß liquidiert wurde, nicht mehr übernommen
wird.
Art. 10 Abs. 2
betreffend die Stimmrechte im Rat der EZB wird entsprechend dem Beschluss des
Rates in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs vom 21. März 2003
über eine Änderung des Artikels 10.2 der Satzung geändert. In Hinblick auf
zukünftige Erweiterungen der Eurozone werden die Abstimmungsmodalitäten im
EZB-Rat abgeändert: Wenn die Anzahl der nationalen Notenbankgouverneure 15
übersteigt, werden die Stimmrechte der Mitglieder des EZB-Rats mit 21 limitiert
- d.h. sechs permanente Stimmrechte für die Mitglieder des EZB-Direktoriums und
15 rotierende Stimmrechte für die Gouverneure der nationalen Zentralbanken. Die
vorübergehend nicht stimmberechtigten Gouverneure nehmen an allen Sitzungen des
EZB-Rates teil und können sich an den Diskussionen beteiligen.
Art. 40 Abs. 1
betreffend vereinfachte Verfahren zur Änderung der EZB-Satzung wird im Einklang
mit Art. III-187 Abs. 3 geändert. (Siehe dortige Erläuterungen). Art. 40 Abs. 2
und 3 entspricht dem Art. 10.6 des Maastrichter Protokolls in der Fassung des
Vertrages von Nizza.
der Europäischen Investitionsbank
Dieses Protokoll
entspricht dem „Protokoll Nr. 11 zum EGV über die Satzung der Europäischen
Investitionsbank (EIB)“, wobei obsolete Satzungsbestimmungen gestrichen und
eine Reihe von Bestimmungen redaktionell adaptiert und teilweise auch
substantiell modernisiert wurden. Damit soll der Bank die weitere Entwicklung
ihrer Tätigkeit in einem durch stärkeren Wettbewerb und größere
Herausforderungen geprägten Umfeld ermöglicht werden.
Hervorzuheben ist,
dass der Verfassungsvertrag ein vereinfachtes Verfahren zur Änderung der
primärrechtlich festgelegten Satzung der EIB vorsieht. Gemäß Art. III-393
(siehe die dortigen Erläuterungen) können Änderungen der Satzung nunmehr
generell durch vom Rat einstimmig zu erlassende Europäische Gesetze erfolgen.
Das Erfordernis der Ratifikation, das auf der Basis von Art. 266 EGV für alle
nicht die Art. 4, 11 und 12 sowie Art. 18 Abs. 5 betreffenden
Änderungen der Satzung vorgesehen war, entfällt. Hinsichtlich der Antrags- und
Anhörungsrechte betreffend Europäische Gesetze, durch die die Satzung geändert
wird, gibt es keine Änderungen.
Die im Protokoll
Nr. 5 verankerten redaktionellen Änderungen der Satzung betreffen:
- Rein
technische Anpassungen („Säuberung“);
- Präzisierungen
in einigen Artikeln, um die veralteten Formulierungen zu verbessern;
- Die Anzahl
der Artikel wurde von 30 auf 28 verringert. Art. 6 (überholte Bestimmung) und 7
(durch die Einführung des Euro hinfällig) werden gestrichen.
Die im Protokoll
Nr. 5 verankerten substantiellen Änderungen der Satzung betreffen:
- Eine
Änderung in Art. 12 betrifft die Struktur des Prüfungsausschusses durch eine
Erhöhung der Zahl seiner Mitglieder und die bessere Definition seiner Rolle im
Rahmen der ihm zukommenden dualen Funktion (Prüfung der Abschlüsse und
Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Operationen der Bank). Damit soll
Übereinstimmung mit den anerkannten Praktiken des Bankensektors gewährleistet
werden.
- Art. 16
über die Operationen der Bank wird weitgehend neu formuliert. Zum einen wird
der durch die Operationen der Bank bewirkte zusätzliche Nutzen als ein
Schlüsselziel angesehen. Zum Anderen kann die Bank die Finanzstärke ihrer
potentiellen Darlehensnehmer als Parameter im Rahmen einer modernen
Risikobeurteilung berücksichtigen. Außerdem können die Entscheidungsorgane der
Bank in diesem Zusammenhang spezifische Risikoprofil-Aktivitäten genehmigen.
Die Bestimmung hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem gezeichneten Kapital
der Bank und den ausstehenden Finanzierungen wird an die Entwicklung der
Tätigkeit der Bank angepasst, wobei von einem Eigenkapitalbegriff im weiteren
Sinn ausgegangen wird.
- Um die
Entwicklung der EIB-Gruppe zu ermöglichen wird Art. 28 erweitert. Die Bank wird ermächtigt,
Tochtergesellschaften zu gründen und andere Einrichtungen zu schaffen.
Dieses Protokoll,
das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist, übernimmt ohne
inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 8 zum EUV und EGV. Die
Reihenfolge der Aufzählung wurde geändert, um dem Organstatus der Europäischen
Zentralbank Rechnung zu tragen. Darüber hinaus wurden lediglich die im Lichte
des Verfassungsvertrags erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen.
In Bezug auf den
Sitz des Europäischen Rates, der im Verfassungsvertrag zu einem Organ der Union
erhoben wird (Art. I-19), ist gemäß Art. IV-438 Abs. 3 weiterhin die Erklärung
Nr. 22 zum Vertrag von Nizza (Erklärung zum Tagungsort des Europäischen Rates)
bestimmend, die festlegt, dass alle Tagungen des Europäischen Rates in Brüssel
stattfinden, sobald die Union achtzehn Mitglieder umfasst.
über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen
Union
Dieses Protokoll,
das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist, übernimmt
das bisherige Protokoll Nr. 36 über die Vorrechte und Befreiungen zum EGV und
EAGV.
In den das Statut
der Beamten der Union betreffenden Rechtsgrundlagen im Protokoll (Art. 12, 14
und 15) ist nunmehr analog zu Art. III-427 das ordentliche
Gesetzgebungsverfahren vorgesehen. Demnach werden die einschlägigen
Europäischen Gesetze, u. a. betreffend das System der Sozialleistungen für die
Beamten und sonstigen Bediensteten der Union, künftig vom Rat gemeinsam mit dem
Europäischen Parlament erlassen, wobei der Rat mit qualifizierter Mehrheit
entscheidet.
In Art. 20 UAbs. 2
wurde eine auf Art. 247 Abs. 9 EGV zurückgehende Bestimmung eingefügt, wonach
die für die Richter des EuGH geltenden Bestimmungen des Protokolls auch auf die
Mitglieder des Europäischen Rechnungshofs Anwendung finden.
Darüber hinaus
wurden lediglich die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um
dem Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen, sowie jene Bestimmungen gestrichen,
die aufgrund des Auslaufens des EGKS-Vertrags mit 23. Juli 2002 obsolet
geworden sind.
Mit Inkrafttreten
des Verfassungsvertrags werden nicht nur die Gründungsverträge und die darauf
basierenden Akte und Verträge, sondern auch alle Verträge über den Beitritt zu den
Gemeinschaften und zur Union aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art. IV-437). In
dem vorliegenden Protokoll werden gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 1. Anstrich,
diejenigen Bestimmungen der Beitrittsverträge und -akte von Dänemark, Irland
und Großbritannien (1973), von Griechenland (1981), von Spanien und Portugal
(1986) sowie von Österreich, Finnland und Schweden (1995) übernommen oder
angeführt, die auch nach Inkrafttreten des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben
und ihre Rechtswirkung behalten.
Die Aufhebung der
Beitrittsverträge betrifft auch die darin enthaltenen Bestimmungen zur Änderung
des Euratom-Vertrags, der seinerseits nicht von Art. IV-437 erfasst wird. Durch
die Beifügung des vorliegenden Protokolls zum Vertrag zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft und durch Art. 1 des Protokolls Nr. 36 zur
Änderung des EAGV ist allerdings sichergestellt, dass die durch den
Beitrittsvertrag von 2003 vorgenommenen Änderungen in Bezug auf den EAGV in
ihrer rechtlichen Wirkung nicht berührt werden (vgl. Erläuterungen zu Protokoll
Nr. 36).
Das vorliegende
Protokoll besteht aus fünf Titeln. Der Titel I enthält die gemeinsamen
Bestimmungen. Diese wurden zum Teil neu formuliert und finden keine
Entsprechung in den jeweiligen Beitrittsakten. Die anschließenden vier Titel
(Titel II bis V) entsprechen den von diesem Protokoll erfassten ersten vier
Beitrittsverträgen bzw. -akten. Sie beinhalten die Bestimmungen dauerhaften
Charakters dieser Verträge, die weiterhin relevant sind.
Die überwiegende
Mehrheit der Bestimmungen der vier Beitrittsverträge und -akte mussten nicht
übernommen werden, da sie entweder inzwischen überholt sind oder von den
Bestimmungen des Verfassungsvertrags bereits abgedeckt werden. Ebenfalls nicht
durch das vorliegende Protokoll übernommen wurden die drei Artikel der
eigentlichen Beitrittsverträge, da diese rechtlich gegenstandslos geworden
sind. Mit Inkrafttreten des Verfassungsvertrags sind die Mitgliedstaaten, die
den Gemeinschaften und der Union beigetreten sind, Mitglieder der Europäischen Union,
und zwar nicht kraft der Beitrittsverträge, sondern aufgrund der Tatsache, dass
sie zusammen mit den sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten die Hohen
Vertragsparteien sind, die den Verfassungsvertrag, der das neue rechtliche
Fundament der Union bildet, geschlossen haben.
Die im
vorliegenden Protokoll enthaltenen Bestimmungen aus den vier Beitrittsverträgen
wurden ohne Änderungen ihrer Substanz übernommen. Es wurden nur die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um sie an die Vorgaben
des Verfassungsvertrags anzupassen. In den Bestimmungen, die Rechtsgrundlagen
enthalten, wurde auf die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsaktformen
zurückgegriffen (Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische
Verordnung, Europäischer Beschluss).
Was die den vier
Beitrittsakten beigefügten Protokolle anbelangt, so wurden ihre weiterhin
relevanten normativen Teile direkt in die Titel II bis IV des vorliegenden
Protokolls übernommen. Da die Präambeln dieser Protokolle nicht von Art. IV-438
über die rechtliche Kontinuität des Besitzstands erfasst sind, werden ihre
Erwägungsgründe, wo dies erforderlich war, als eigene Erklärungen der
Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügt. Konkret betrifft dies die
Präambeln zu den der Beitrittsakte von 1994 beigefügten Protokolle Nr. 2 über
die Ålandinseln und Nr. 3 über die Samen, die als Erklärungen Nr. 31 und Nr. 32
in die Schlussakte des Verfassungsvertrags übernommen wurden.
Um zu
gewährleisten, dass die in diesen Erklärungen enthaltenen vormaligen
Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des normativen
Teils der genannten Protokolle bilden, wurden am Ende der Abschnitte des
vorliegenden Protokolls, in denen diese Protokolle übernommen wurden, jeweils ein
neuer Artikel angefügt, in dem der Stellenwert dieser Erklärungen verdeutlicht
wird (Art. 59 und 62).
Die Erklärungen,
die den Schlussakten der Konferenzen, die die Beitrittsverträge ausgearbeitet
haben, beigefügt sind, wurden nicht eigens übernommen. Sie haben – ebenso wie
die Erklärungen zu den Gründungsverträgen und den nachfolgenden
Revisionsverträgen – gemäß Art.
IV-438 Abs. 3 weiter Bestand.
ZU TITEL I
Artikel 1:
Dieser Artikel
wiederholt die Daten des Inkrafttretens der vier Beitrittsverträge und
bestätigt, dass die mit dem Beitritt verbundenen Rechte und Pflichten erst ab
diesem Zeitpunkt für die betreffenden Mitgliedstaaten gelten. Dieser Artikel
tritt an die Stelle der Bestimmungen der eigentlichen Beitrittsverträge, die
den Beitritt zu den Gemeinschaften und zur Union sowie das Datum des
Inkrafttretens des Beitrittsvertrags zum Inhalt hatten (vgl. Art. 1 und 2 des
Beitrittsvertrags von 1994).
Artikel 2:
Dieser Artikel
übernimmt die in den jeweiligen Beitrittsakten enthaltene Verpflichtung für die
beitretenden Staaten den Übereinkünften, die vor dem jeweiligen Beitritt
zwischen den Mitgliedstaaten oder von diesen gemeinsam mit den Gemeinschaften
mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen geschlossen wurden,
beizutreten (vgl. Art. 3 bis 5 der Beitrittsakte aus 1994). Diese Bestimmung
musste eingefügt werden, da keine Gewissheit besteht, ob die betreffenden
Mitgliedstaaten tatsächlich bereits all ihren Verpflichtungen insbesondere in
Bezug auf den Beitritt zu Übereinkünften zwischen den Mitgliedstaaten
nachgekommen sind.
Artikel 3:
Abs. 1 legt fest,
dass die Bestimmungen der Beitrittsakte, die eine nicht nur vorübergehende
Aufhebung oder Änderung der Rechtsakte der Gemeinschaft zum Inhalt haben,
weiterhin in Kraft bleiben. Erfasst werden damit die Anhänge I und II der vier
Beitrittsakte, die die im Zuge der Beitritte erforderlichen technischen
Anpassungen des Sekundärrechts zum Inhalt haben. Diese Bestimmung stellt eine
Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 3 dar, wonach der gesamte zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Verfassungsvertrags bestehende Besitzstand in Kraft bleibt.
Darüber hinaus wird in Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 4 festgehalten, dass die
Rechtssprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des
Gerichts erster Instanz zu diesen Bestimmungen weiterhin maßgeblich bleibt.
Gemäß Abs. 2 behalten die von Abs. 1 erfassten Bestimmungen den ihnen bereits
in den jeweiligen Beitrittsakten zugewiesen Charakter (vgl. Art. 9 der
Beitrittsakte von 1994): Obwohl sie an sich primärrechtlichen Rang haben,
unterliegen sie in Bezug auf die Änderungsverfahren denselben Regeln wie die
durch sie aufgehobenen oder geänderten Bestimmungen.
Artikel 4:
Dieser Artikel
bestimmt, dass die Rechtsakte der Gemeinschaften und der EU, die vor den Beitritten
erlassen wurden, ab dem Zeitpunkt des jeweiligen Beitritts in englischer,
dänischer, griechischer, spanischer, portugiesischer, finnischer und
schwedischer Sprachfassung gleichermaßen verbindlich sind. Er fasst damit die
bereits in den einzelnen Beitrittsakten enthaltenen einschlägigen Bestimmungen
zusammen (vgl. Art. 170 der Beitrittsakte von 1994).
Artikel 5:
Mit diesem
Artikel, der zur Gänze neu formuliert wurde, wird ein Mechanismus zur Aufhebung
der Übergangsbestimmungen, die im Laufe der Zeit hinfällig werden, geschaffen.
Demnach kann der Rat einstimmig und nach Anhörung der Europäischen Parlaments
Übergangsbestimmungen durch Europäisches Gesetz aufheben, wenn sie nicht mehr
anwendbar sind. Dieser Mechanismus, der in keinem Beitrittsvertrag vorgesehen
ist, erlaubt es überflüssig gewordene Bestimmungen auszusondern, ohne auf das
Verfahren zur Vertragsrevision zurückgreifen zu müssen.
ZU TITEL II
Dieser Titel
enthält Bestimmungen aus der Akte betreffend die Bedingungen des Beitritts des
Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland (Art. 6 bis Art. 20).
ZU TITEL III
Dieser Titel
enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts der
Hellenischen Republik (Art. 21 bis Art. 26).
ZU TITEL IV
Dieser Titel
enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts des
Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (Art. 27 bis Art. 45).
ZU TITEL V
Dieser Titel
enthält Bestimmungen aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts der
Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden (Art.
46 bis Art. 74).
Artikel 46 bis 49:
Diese Artikel, die
den Art. 108 und 141 bis 143 der Beitrittsakte von 1994 entsprechen, betreffen
nur Finnland und Schweden.
Artikel 50:
Dieser Artikel
entspricht Art. 144 der Beitrittsakte von 1994. Er bezieht sich auf die
Beihilfen, die vor dem Beitritt gewährt wurden, und sieht vor, dass nur
diejenigen als bestehende Beihilfen gelten, die der Kommission bis zum 30.
April 1995 mitgeteilt wurden. Bestehende Beihilfen und Vorhaben zur Einführung
oder Umgestaltung von Beihilfen, die der Kommission vor dem 1. Jänner 1995
mitgeteilt wurden, gelten ab diesem Tag als notifiziert.
Artikel 51:
Dieser Artikel
entspricht Art. 148 der Beitrittsakte von 1994. Er normiert die
Beschlussfassungsmodalitäten für den Rat für die Durchführung der Bestimmungen
über die Landwirtschaft (Art. 47 bis 52 des Protokolls).
Artikel 52:
Dieser Artikel
entspricht Art. 149 der Beitrittsakte von 1994. Auf Grundlage dieses Artikels
kann der Rat den - am 31. Dezember 1997 endenden - Zeitraum für
Übergangsmaßnahmen für die Überleitung zur Anwendung der gemeinsamen
Marktorganisationen verlängern.
Artikel 53:
Mit diesem
Artikel, der Art. 88 Abs. 2 und Art. 155 Abs. 2 der Beitrittsakte von 1994
entspricht, werden die Art. 51 und 52 auf Fischereierzeugnisse für anwendbar
erklärt.
Artikel 54:
Dieser Artikel
entspricht Art. 151 Abs. 1 der Beitrittsakte von 1994. In dieser Bestimmung
wird auf diejenigen in Anhang XV der Beitrittsakte festgelegten
Übergangsmaßnahmen Bezug genommen, die entweder Fristen enthalten, die noch
nicht abgelaufen sind, oder keine Fristen vorsehen. Angeführt werden
Übergangsmaßnahmen betreffend Landwirtschaft (Punkte VII.B.I, VII.D.1,
VII.D.2.c), betreffend Steuern (Punkte IX.2.b, c, f, g, h, i, j, l, m, n, x, y,
z und aa), und betreffend Verschiedenes (Punkte X. a, b, und c). Durch diesen
Verweis wird sichergestellt, dass die genannten Bestimmungen gemäß Art. IV-437
Abs. 2, 2. Anstrich, des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben und ihre
Rechtswirkungen behalten.
Artikel 55:
Mit diesem Artikel
werden die Absätze 4, 5 und 7 des Art. 172 der Beitrittsakte von 1994
übernommen, die die Gültigkeit von Beschlüssen der EFTA-Überwachungsbehörde
nach dem 1. Jänner 1995 regeln.
Artikel 56 bis 59:
Mit diesen
Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte von
1994 über die Ålandinseln übernommen. Neu hinzugekommen ist Art. 59, der auf
die Erklärung Nr. 31 zur Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist. Diese
Erklärung übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 2 von 1994, in der auf den
völkerrechtlichen Sonderstatus dieser Inseln Bezug genommen wird. Mit diesem
neuen Artikel wird gewährleistet, dass die in dieser Erklärung enthaltenen
vormaligen Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des hier
inhaltlich übernommenen verfügenden Teils des genannten Protokolls bilden.
Artikel 60 bis 62:
Mit diesen
Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 3 zur Beitrittsakte von
1994 über die Samen übernommen. Neu hinzugekommen ist Art. 62, der auf die
Erklärung Nr. 32 zur Schlussakte des Verfassungsvertrags verweist. Diese
Erklärung übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 3 von 1994, in der auf die
Verpflichtung Schwedens und Finnlands zu Erhaltung der traditionellen Kultur
der Samen Bezug genommen wird. Mit diesem neuen Artikel wird gewährleistet,
dass die in dieser Erklärung enthaltenen vormaligen Erwägungsgründe weiterhin
die Richtschnur für die Auslegung des hier inhaltlich übernommenen verfügenden
Teils des genannten Protokolls bilden.
Artikel 63:
Dieser Artikel
übernimmt Art. 2 des Protokolls Nr. 6 zur Beitrittsakte von 1994 über Sonderbestimmungen
im Rahmen der Strukturfonds in Finnland und Schweden.
Artikel 64 bis 73:
Mit diesen
Artikeln werden die Bestimmungen des Protokolls Nr. 9 zur Beitrittsakte von
1994 über den Straßen- und Schienenverkehr sowie den kombinierten Verkehr in
Österreich (Transitprotokoll) übernommen. Zur Gänze übernommen wurden dabei die
Art. 2 bis 9 des ursprünglichen Protokolls betreffend den Schienenverkehr und
den kombinierten Verkehr (jetzt Art. 65 bis 71). Ebenso übernommen wurden Teile
des Art. 1 zu den Begriffsbestimmungen und des Art. 16 zum Komitologieverfahren
(jetzt Art. 64 und 73).
Einen Sonderfall
stellt Art. 72 dar, der die Regelung zum so genannten Ökopunktesystem enthält.
Dieser Artikel übernimmt den Text der Art. 10 und 11 des ursprünglichen Protokolls,
ohne allerdings eine technisch-redaktionelle Anpassung an den
Verfassungsvertrag vorzunehmen. Diese Kompromisslösung war erforderlich, da
aufgrund der Befristung des Ökopunktesystems mit 31. Dezember 2003 die Relevanz
dieser Bestimmung im Sinne des Art. IV-437 Abs. 2 des Verfassungsvertrags über
das genannte Datum hinaus von einigen Mitgliedstaaten in Frage gestellt wurde.
Artikel 74:
Mit diesen
Artikeln werden die Bestimmung des Protokolls Nr. 10 zur Beitrittsakte von 1994
über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache
im Rahmen der Europäischen Union übernommen. Durch den in Art. 74 enthaltenen
Verweis auf die dem Protokoll Nr. 10 angehängte Liste wird Art. IV-437 Abs. 2
entsprechend sichergestellt, dass diese Liste weiterhin ihre Gültigkeit behält.
Protokoll
betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen
Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der
Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen,
der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik
Mit Inkrafttreten
des Verfassungsvertrags werden nicht nur die Gründungsverträge und die darauf
folgenden Akte und Verträge, sondern auch alle Verträge über den Beitritt zu
den Gemeinschaften und zur Union mit aufgehoben (vgl. Erläuterungen zu Art.
IV-437). In dem vorliegenden Protokoll werden gemäß Art. IV-437 Abs. 2, 2.
Anstrich, des Verfassungsvertrags diejenigen Bestimmungen des Beitrittsvertrags
und der Beitrittsakte von 2003 übernommen oder angeführt, die auch nach
Inkrafttreten des Verfassungsvertrags in Kraft bleiben und ihre Rechtswirkung
behalten.
Die Aufhebung der
Beitrittsverträge betrifft auch die darin enthaltenen Bestimmungen zur Änderung
des Euratom-Vertrags, der seinerseits nicht von Art. IV-437 erfasst wird. Durch
die Beifügung des vorliegenden Protokolls zum Vertrag zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft und durch Art. 1 des Protokolls Nr. 36 zur
Änderung des EAGV ist allerdings sichergestellt, dass die durch den
Beitrittsvertrag von 2003 vorgenommenen Änderungen in Bezug auf den
Euratom-Vertrag in ihrer rechtlichen Wirkung nicht berührt werden (vgl.
Erläuterungen zu Protokoll Nr. 36).
Da der
Beitrittsvertrag für die zehn neuen Mitgliedstaaten erst am 1. Mai 2004 in
Kraft getreten ist, sind fast alle seine Bestandteile noch relevant. Im
Gegensatz zu den ersten vier Beitrittsverträgen (vgl. Erläuterungen zu
Protokoll Nr. 8) mussten daher die meisten Bestimmungen der Beitrittsakte durch
das vorliegende Protokoll übernommen werden.
Die übernommenen
Bestimmungen wurden in ihrer Substanz unverändert gelassen. Es wurden nur die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um sie an die Vorgaben
des Verfassungsvertrags anzupassen. In den Bestimmungen, die Rechtsgrundlagen
enthalten, wurde auf die im Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsaktformen zurückgegriffen
(Europäisches Gesetz, Europäisches Rahmengesetz, Europäische Verordnung,
Europäischer Beschluss).
Nicht durch das
vorliegende Protokoll übernommen wurden die drei Artikel des eigentlichen
Beitrittsvertrags, die rechtlich gegenstandslos geworden sind. Mit
Inkrafttreten des Verfassungsvertrags sind die Mitgliedstaaten, die den
Gemeinschaften und der Union am 1. Mai 2004 beigetreten sind, Mitglieder der
Europäischen Union, und zwar nicht kraft ihres Beitrittsvertrags, sondern
aufgrund der Tatsache, dass sie zusammen mit den anderen Mitgliedstaaten die
Hohen Vertragsparteien sind, die den Verfassungsvertrag, der das neue
rechtliche Fundament der Union bildet, geschlossen haben. Ebenfalls nicht
übernommen wurden die Bestimmungen der Beitrittsakte, die von den Bestimmungen
des Verfassungsvertrags abgedeckt werden (dies betrifft z. B. die meisten
institutionellen Bestimmungen) oder die bereits zum Zeitpunkt des Beitritts
ihren Zweck erfüllt haben.
Was die der
Beitrittsakte aus 2003 beigefügten zehn Protokollen anbelangt, so wurden ihre
weiterhin relevanten verfügenden Teile in das vorliegende Protokoll übertragen.
Entsprechend dem
Konzept, das auch im Protokoll Nr. 8 zu den ersten vier Beitrittsverträgen
verfolgt wurde, wurden die Präambeln dieser Protokolle als eigene Erklärungen
der Schlussakte des Verfassungsvertrags beigefügt. Konkret betrifft dies die
folgenden Erklärungen:
- Erklärung
Nr. 33 zu den Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien und
Nordirland auf Zypern übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 3 zur
Beitrittsakte von 2003. Mit der Erklärung Nr. 34 wird die diesem Protokoll
unmittelbar angehängte Erklärung der Kommission übernommen.
- Erklärung
Nr. 35 zum Kernkraftwerk Ignalina in Litauen übernimmt die Präambel des
Protokolls Nr. 4 zur Beitrittsakte von 2003.
- Erklärung
Nr. 36 zum Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem Kaliningrader
Gebiet und den übrigen Teilen der Russischen Föderation übernimmt die Präambel
des Protokolls Nr. 5 zur Beitrittsakte von 2003.
- Erklärung
Nr. 37 zu den Blöcken 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der
Slowakei übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 9 zur Beitrittsakte von
2003.
- Erklärung
Nr. 38 zu Zypern übernimmt die Präambel des Protokolls Nr. 10 zur Beitrittsakte
von 2003.
Um zu
gewährleisten, dass die in diesen Erklärungen enthaltenen vormaligen
Erwägungsgründe weiterhin die Richtschnur für die Auslegung des verfügenden
Teils der genannten Protokolle bilden, wurden am Ende der Titel des
vorliegenden Protokolls, in denen die verfügenden Teile dieser Protokolle
übernommen wurden, jeweils ein neuer Artikel angefügt, in dem der Stellenwert
dieser Erklärungen verdeutlicht wird (Art. 51, 56, 60, 67 und 72).
Die Erklärungen,
die der Schlussakte der Konferenz, die den Beitrittsvertrag ausgearbeitet hat,
beigefügt sind, wurden nicht eigens übernommen. Sie haben – ebenso wie die
Erklärungen zu den Gründungsverträgen und den nachfolgenden Revisionsverträgen
– gemäß Art. IV-438 Abs. 3 des
Verfassungsvertrags weiter Bestand.
Neben den fünf
genannten Artikeln sind nur wenige Bestimmungen des vorliegenden Protokolls neu
und finden nicht ihre Entsprechung in der Beitrittsakte. In der Folge werden
daher nur die Struktur des Protokolls sowie die neu dazugekommenen Bestimmungen
dargestellt. In Bezug auf die Bestimmungen dieses Protokolls, die vom
Beitrittsvertrag übernommen wurden, wird auf die Erläuterungen zum Vertrag über
den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik
Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der
Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen
Republik zur Europäischen Union verwiesen (Seite 230 der Beilagen XXII. GP -
Staatsvertrag – Materialien).
Das Protokoll besteht
aus drei Teilen, wobei der Struktur des Beitrittsvertrags gefolgt wird. Der
erste Teil enthält die weiterhin relevanten Bestimmungen der Beitrittsakte im
vollen Wortlaut sowie einige neu gefasste horizontale Bestimmungen. Im zweiten
Teil werden die weiterhin relevanten Bestimmungen der Protokolle, die der
Beitrittsakte 2003 beigefügt sind, übernommen. Der dritte Teil betrifft die
Anhänge zur Beitrittsakte und die dazugehörigen Anlagen:
Erster Teil - Bestimmungen über die Beitrittsakte vom
16. April 2003
Titel I
Grundsätze (Art. 1 bis 11)
Dieser Titel
übernimmt die Art. 1 bis 10 und 58 der Beitrittsakte aus 2003.
Art. 2 entspricht
Art. 2 der Beitrittsakte aus 2003. Im Unterschied zu Art. 2 der Beitrittsakte
stellt er nicht auf den Tag des Beitritts ab, sondern bestimmt, dass die mit
dem Beitritt verbundenen Rechte und Pflichten mit Wirkung ab dem 1. Mai 2004
gelten. Diese Präzisierung ist aufgrund der Aufhebung des Beitrittsvertrags
durch Art. IV-437 erforderlich.
Teilweise neu
formuliert wurde Art. 8 Abs. 1. Dieser legt fest, dass die Bestimmungen der
Beitrittsakte, die eine nicht nur vorübergehende Aufhebung oder Änderung der
Rechtsakte der Gemeinschaft zum Inhalt haben, weiterhin in Kraft bleiben.
Erfasst wird damit der Anhang II der Beitrittsakte, der die meisten der im Zuge
des Beitritts erforderlichen technischen Anpassungen des Sekundärrechts enthält
(vgl. auch Erläuterungen zu Art. 74). Dieser Artikel stellt eine Ergänzung zu
Art. IV-438 Abs. 3 dar, wonach der gesamte zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Verfassungsvertrags bestehende Besitzstand in Kraft bleibt. Darüber hinaus wird
in Ergänzung zu Art. IV-438 Abs. 4 festgehalten, dass die Rechtssprechung des
EuGH und des EuGI zu diesen Bestimmungen weiterhin maßgeblich bleibt. Abs. 2
übernimmt Art. 9 der Beitrittsakte und bestimmt, dass die von Abs. 1 erfassten
Bestimmungen denselben Rechtscharakter aufweisen und denselben
Änderungsverfahren unterliegen wie die durch sie aufgehobenen oder geänderten
Bestimmungen.
Neu hinzugekommen
ist Art. 10, mit dem ein Mechanismus zur Aufhebung der Übergangsbestimmungen,
die im Laufe der Zeit hinfällig werden, geschaffen wird. Demnach kann der Rat
einstimmig und nach Anhörung der Europäischen Parlaments Übergangsbestimmungen
durch Europäisches Gesetz aufheben, wenn sie nicht mehr anwendbar sind. Dieser
Mechanismus, der in keinem Beitrittsvertrag vorgesehen ist, erlaubt es
überflüssig gewordene Bestimmungen auszusondern, ohne auf das Verfahren zur
Vertragsrevision zurückgreifen zu müssen.
Titel II - Ständige Bestimmungen (Art. 12 bis 14)
Dieser Titel übernimmt die Art. 21 bis 23 der
Beitrittsakte von 2003.
Titel III - Bestimmungen mit begrenzter Geltungsdauer
(Art. 15 bis 32)
Dieser Titel übernimmt die Art. 24, 27 bis 42 und 52
der Beitrittsakte von 2003.
Titel IV - Anwendbarkeit der Rechtsakte der Organe
(Art. 33 bis 37)
Dieser Titel übernimmt die Art. 53, 54, 56, 57 und 59
der Beitrittsakte von 2003.
Zweiter Teil - Bestimmungen über die Protokolle
Titel I -
Übergangsbestimmungen für die Europäische Investitionsbank (Art. 38 bis 41)
Dieser Titel
übernimmt die Art. 2 bis 5 des Protokolls Nr. 2 zur Beitrittsakte von 2003.
Titel II - Bestimmungen über die Umstrukturierung der
tschechischen Stahlindustrie (Art. 42)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 2 zur Beitrittsakte von 2003.
Titel III -
Bestimmungen über die Hoheitszonen des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland auf Zypern (Art. 43 bis 51)
Dieser Titel
übernimmt die Art. 2 bis 9 des Protokolls Nr. 3 zur Beitrittsakte von 2003.
Neu hinzugekommen
ist Art. 51, der auf die Erklärung Nr. 33 in der Schlussakte des
Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).
Titel IV - Bestimmungen über das Kernkraftwerk
Ignalina in Litauen
(Art. 52 bis
56)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 4 zur Beitrittsakte von 2003.
Neu hinzugekommen
ist Art. 56, der auf die Erklärung Nr. 35 in der Schlussakte des
Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).
Titel V -
Bestimmungen über den Transit von Personen auf dem Landweg zwischen dem
Kaliningrader Gebiet und den übrigen Teilen der russischen Föderation (Art. 57
bis 60)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 5 zur Beitrittsakte von 2003.
Neu hinzugekommen
ist Art. 60, der auf die Erklärung Nr. 36 in der Schlussakte des
Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).
Titel VI -
Bestimmungen über den Erwerb von Zweitwohnsitzen in Malta
(Art. 61)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 6 zur Beitrittsakte von 2003.
Titel VII - Bestimmungen über den
Schwangerschaftsabbruch in Malta (Art. 62)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 7 zur Beitrittsakte von 2003.
Titel VIII - Bestimmungen über die Umstrukturierung
der polnischen Stahlindustrie (Art. 63)
Dieser Titel übernimmt
das Protokoll Nr. 8 zur Beitrittsakte von 2003.
Titel IX -
Bestimmungen über die Reaktoren 1 und 2 des Kernkraftwerks Bohunice V1 in der
Slowakei (Art. 64 bis 67)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 9 zur Beitrittsakte von 2003.
Neu hinzugekommen
ist Art. 67, der auf die Erklärung Nr. 37 in der Schlussakte des
Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).
Titel X - Bestimmungen über Zypern (Art. 68 bis Art.
72)
Dieser Titel
übernimmt das Protokoll Nr. 10 zur Beitrittsakte von 2003.
Neu hinzugekommen
ist Art. 72, der auf die Erklärung Nr. 38 in der Schlussakte des
Verfassungsvertrags verweist (vgl. einleitende Erläuterung zum Protokoll).
Dritter Teil - Bestimmungen über die Anhänge der
Beitrittsakte vom 16. April 2003
Art. 73 entspricht
Art. 60 der Beitrittsakte von 2003. In dieser Bestimmung wird auf die Anhänge I
und III bis XVII der Beitrittsakte von 2003, auf die dazugehörigen Anlagen
sowie auf die Anhänge der Protokolle Nr. 2, 3 und 8 der Beitrittsakte von 2003 verwiesen.
Durch diesen Verweis bleiben die genannten Anhänge und Anlagen gemäß Art.
IV-437 Abs. 2, 2. Anstrich, des Verfassungsvertrags in Kraft und behalten ihre
Rechtswirkungen. Ausgenommen von dieser Übernahme durch Verweis sind nur die
Anhänge II und XVIII. Die in Anhang II enthaltenen Änderungen der Rechtsakte
der Organe werden durch Art. 8 des vorliegenden Protokolls erfasst (vgl.
Erläuterungen zu Art. 8). Anhang XVIII, der diejenigen Ausschüsse aufzählt, die
mit 1. Mai 2004 vollständig neu zu besetzen waren, ist nicht mehr
rechtswirksam.
Da durch Art. 73
weite Teile der Beitrittsakte ohne weitere Anpassungen übernommen werden, wird
in Art. 74 zum Teil unter Zuhilfenahme von Übereinstimmungstabellen
bestimmt, wie die verschiedenen Bezugnahmen und Verweise in diesen Anhängen und
Anlagen zu lesen sind.
über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit
Das
Maastrichter „Protokoll Nr. 20
über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit“ wird inhaltlich unverändert
in den Verfassungsvertrag übernommen.
Das Protokoll
enthält ergänzende Bestimmungen zur Durchführung des in Art. III-184
festgelegten Verfahrens bei übermäßigen Defiziten.
Hervorzuheben ist,
dass die in dem Protokoll verankerten primärrechtlichen Bestimmungen gemäß Art.
III-184 Abs. 13 UAbs. 2 – unverändert im Vergleich zu Art. 104 Abs. 14 UAbs. 2
EGV - einem vereinfachten Änderungsverfahren durch ein Europäisches Gesetz des
Rates unterliegen, das eine einstimmige Beschlussfassung des Rates – nach
Anhörung des Europäischen Parlaments und der Europäischen Zentralbank -, jedoch
keine Ratifikation durch die Mitgliedstaaten vorsieht.
Außerdem werden
gemäß Art. III-184 Abs. 13 UAbs. 3 – der Art. 104 Abs. 14, UAbs. 3, EGV
entspricht - Einzelheiten und Begriffsbestimmungen zur Durchführung des
Protokolls in vom Rat auf Vorschlag der Kommission nach Anhörung des
Europäischen Parlaments mit qualifizierter Mehrheit zu erlassenden Europäischen
Verordnungen oder Beschlüssen festgelegt.
Das Protokoll
übernimmt inhaltlich unverändert das Maastrichter Protokoll Nr. 21 zum EGV. In
dem Protokoll werden die Konvergenzkriterien näher festgelegt, die die Union
bei Beschlüssen zur Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Euro-Zone gem. Art.
III-198 leiten sollen.
Dieses Protokoll
ist neu und enthält ergänzende Bestimmungen zu dem in Teil III Titel III des
Verfassungsvertrages in Kapitel II „Wirtschafts- und Währungspolitik“ neu
eingeführten Abschnitt 4 „Besondere Bestimmungen für die Mitgliedstaaten, deren
Währung der Euro ist“(Art. III-194 bis III-196). Art. III-195 verweist
hinsichtlich der Einzelheiten für die Tagungen der Minister der
Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, auf das Protokoll Nr. 12.
Gemäß dem ersten
Erwägungsgrund des Protokolls wird die Förderung einer immer engeren
Koordinierung der Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet mit dem Wunsch
verfolgt, die Voraussetzungen für ein stärkeres Wirtschaftswachstum in der
gesamten EU zu verbessern.
Der zweite
Erwägungsgrund unterstreicht das Ziel, dass der Euro zur Währung aller
Mitgliedstaaten werden soll. Besondere Bestimmungen für einen verstärkten
Dialog innerhalb der Euro-Gruppe werden für solange als notwendig erachtet, als
dieses Ziel noch nicht erreicht ist. In diesem Zusammenhang ist darauf
hinzuweisen, dass nur für zwei Mitgliedstaaten eine primärrechtliche Ausnahme
von der Verpflichtung, den Euro – im Einklang mit den im Verfassungsvertrag
festgelegten Voraussetzungen und Verfahren – einzuführen, besteht. Gemäß
Protokoll Nr.13 (siehe dortige Erläuterungen) ist das Vereinigte Königreich
nicht zur Einführung des Euro verpflichtet und gemäß Protokoll Nr. 14 (siehe
dortige Erläuterungen) ist Dänemark von der Einführung des Euro freigestellt.
Art. 1 schafft
eine primärrechtliche Grundlage für die bereits etablierte Praxis, dass die Minister
der Euro-Gruppe zu informellen Sitzungen zusammentreten, um Fragen, die im
Zusammenhang mit der einheitlichen Währung stehen, gemeinsam zu erörtern. Die
Kommission nimmt an den Sitzungen teil. Die Europäische Zentralbank wird zu den
Sitzungen eingeladen.
Die Vorbereitung
der Sitzungen erfolgt durch die Vertreter der für Finanzen zuständigen Minister
der Euro-Gruppe und der Kommission.
Gemäß Art. 2 wählen die Minister der der Euro-Gruppe
angehörenden Mitgliedstaaten mit einfacher Mehrheit einen Präsidenten der Euro-Gruppe für die Dauer von
zweieinhalb Jahren.
Das Protokoll Nr.
13 entspricht Protokoll Nr. 25 „über einige Bestimmungen betreffend das
Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland“ aus 1992 zum Vertrag
über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurde hinsichtlich seines
Inhaltes an die Rechtslage des Verfassungsvertrages angepasst. Das Protokoll
Nr. 25 aus dem Jahr 1992 sieht im Art. 1 vor, dass das Vereinigte Königreich
dem Rat notifiziert, ob es den Übergang zur dritten Stufe beabsichtigt. Die
Regierung des Vereinigten Königreichs hat dem Rat am 16. Oktober 1996 und am
30. Oktober 1997 notifiziert, dass sie nicht beabsichtigt, an der dritten Stufe
der Wirtschafts- und Währungsunion teilzunehmen. Das Protokoll Nr. 13 trägt
dieser Notifikation im zweiten Erwägungspunkt Rechnung.
über einige Bestimmungen betreffend Dänemark
hinsichtlich der Wirtschafts- und Währungsunion
Das Protokoll Nr.
14 entspricht Protokoll Nr. 26 „über einige Bestimmungen betreffend Dänemark“
aus 1992 zum Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
Hinsichtlich seines Inhaltes wurde es an den Verfassungsvertrag angepasst.
über bestimmte Aufgaben der Nationalbank Dänemarks
Das Protokoll
entspricht Protokoll Nr. 22 betreffend Dänemark aus 1992 zum Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
über die Regelung für den Franc der Pazifischen
Finanzgemeinschaft
Dieses Protokoll
entspricht Protokoll Nr. 27 betreffend Frankreich aus 1992 zum Vertrag zur
Gründung der Europäischen Gemeinschaft.
über den in den Rahmen der Europäischen Union
einbezogenen Schengenbesitzstand
Das Protokoll
Nr.17 ersetzt das „Amsterdamer Protokoll Nr. 2 zu EUV und EGV zur Einbeziehung
des Schengen-Besitzstandes in den Rahmen der EU“, wobei die vorgenommenen
Änderungen folgenden Umständen Rechnung tragen:
- Die Einbeziehung
des Schengen-Besitzstandes in den Rechtsrahmen der Europäischen Union wurde auf
der Basis des Amsterdamer Protokolls mittlerweile bereits vollzogen. Der den
Schengen-Besitzstand definierende Anhang des Amsterdamer Protokolls konnte
daher - ebenso wie dessen Art. 5 Abs. 2 und Art. 7 - ersatzlos gestrichen werden.
- Der Kreis
der Teilnehmer an der durch das Amsterdamer Protokoll eingerichteten
verstärkten Zusammenarbeit in den Bereichen, die den Schengen-Besitzstand
bilden, ist auf der Basis des Beitrittsvertrags mit den am 1. Mai 2004
beigetretenen zehn Mitgliedstaaten auf insgesamt 23 Mitgliedstaaten
angewachsen.
- Durch die
mit dem Verfassungsvertrag verbundene Aufhebung der Säulenstruktur und die
Ausweitung der Opt-Out-Regelungen für Dänemark im „Protokoll Nr. 20 über die
Position Dänemarks“ auf den gesamten Bereich des Raums der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts (siehe Erläuterungen zu diesem Protokoll) konnten die
den Schengen-Besitzstand betreffenden Regelungen für Dänemark, das Vereinigte
Königreich und Irland vereinfacht werden.
Art. 1 übernimmt
die in Art. 1 des Amsterdamer Protokolls enthaltene Ermächtigung zur
Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit, wobei als deren
Anwendungsbereich nunmehr die „vom Rat festgelegten Bestimmungen, die den
Schengen-Besitzstand“ bilden, bestimmt werden. Teilnehmer an dieser Verstärkten
Zusammenarbeit sind 23 Mitgliedstaaten, d.h. alle Mitgliedstaaten außer dem
Vereinigten Königreich und Irland. Die Verstärkte Zusammenarbeit hat innerhalb
des institutionellen und rechtlichen Rahmens der EU und unter Beachtung der
einschlägigen Bestimmungen der Verfassung zu erfolgen.
Art. 2 ist neu
abgefasst, da die Bestimmungen des Art. 2 des Amsterdamer Protokolls obsolet
geworden sind. Übernommen wird nur die Feststellung, dass der Rat an die Stelle
des durch die Schengener Übereinkommen eingesetzten Exekutivausschusses tritt.
Darüber hinaus heißt es nunmehr, dass der Schengen-Besitzstand für alle in Art.
1 genannten 23 Teilnehmer der verstärkten Zusammenarbeit anwendbar ist,
unbeschadet der Bestimmungen von Art. 3 des Protokolls Nr. 9 zur Geltung und
Anwendung des Schengen-Besitzstandes für die am 1. Mai 2004 der Europäischen
Union beigetretenen Staaten.
Art. 3 ist neu
abgefasst, indem hinsichtlich der Sonderbestimmungen unterliegenden Beteiligung
Dänemarks an der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes nunmehr auf die
einschlägigen Bestimmungen (insbesondere Art. 4) des Protokolls Nr. 20 über die
Position Dänemarks verwiesen wird (siehe Erläuterungen zum Protokoll Nr. 20).
Art. 4 entspricht
Art. 4 des Amsterdamer Protokolls.
Art. 5 entspricht
Art. 5 Abs. 1 des Amsterdamer Protokolls mit redaktionellen Anpassungen.
Art. 6 entspricht
Art. 6 des Amsterdamer Protokolls.
Art. 7 entspricht
Art. 8 des Amsterdamer Protokolls.
Das Protokoll
entspricht Protokoll Nr. 3 aus 1997 „über die Anwendung bestimmter Aspekte des
Art. 14 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft auf das
Vereinigte Königreich und auf Irland“.
Dieses Protokoll
übernimmt die Bestimmungen des Amsterdamer Protokolls Nr. 4 zu EUV und EGV
„über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands“ und dehnt den
Anwendungsbereich der darin festgelegten Opt Out / Opt In-Regelungen betreffend
Grenzkontrollen, Asyl, Immigration und Justizielle Zusammenarbeit in
Zivilsachen (die Titel IV des EGV entsprechenden Art. III-265 bis Art. III-269)
auf jene Aspekte der gemäß Art. III-263 erlassenen Rechtsakte zur Festlegung
von Einzelheiten für die Bewertung der gesamten Unionspolitik im Bereich des
Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes aus,
- die die
vorgenannten Politikbereiche (Art. III-265 bis Art. III-269) betreffen;
- die
Verwaltungszusammenarbeit gemäß Art. III-263 im gesamten Bereich des Raumes der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes betreffen;
- die den
Informationsaustausch in der Polizeikooperation gemäß Art. III-275 Abs. 2 lit.
a betreffen.
In Art. 1 und Art.
3 des Protokolls werden die in Art. I-25 und in Art. III-343 festgelegten
Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen das Vereinigte
Königreich und Irland Opt Out-/ Opt In-Regelungen genießen, in folgender Weise
angepasst:
- Für
einstimmig zu erlassende Rechtsakte des Rates ist die Zustimmung der Mitglieder
des Rates mit Ausnahme der Vertreter der Regierungen Großbritanniens und
Irlands erforderlich.
- Für
Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter
Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 55% der
nach Abzug des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden Mitgliedstaaten,
die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs
und Irlands verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Für
eine Sperrminorität ist dann mindestens die Mindestzahl der Mitglieder des
Rates, die nach Abzug der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und Irlands
mehr als 35% der verbleibenden Unionsbevölkerung vertreten zuzüglich eines
weiteren Mitglieds erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit
als erreicht.
- Für nicht
auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union zu erlassende
Rechtsakte, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1.
November 2009) eine Mehrheit von 72% der nach Abzug des Vereinigten Königreichs
und Irlands verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach Abzug
der Bevölkerung des Vereinigten Königreichs und Irlands verbleibenden
Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Dazu ist anzumerken, dass in
den von den Bestimmungen des Protokolls Nr.19 erfassten Bereichen das
Initiativmonopol der Kommission für Rechtsakte besteht. Hinsichtlich von
Übereinkünften mit Drittländern gemäß Art. III-267 Abs.3 erfolgt die Aufnahme
von Verhandlungen jedoch entsprechend Art. III-325 nicht auf Vorschlag der
Kommission.
- Bis 31.
Oktober 2009 ist für die Definition der qualifizierten Mehrheit Art. 2 Abs. 4
zweiter Unterabsatz des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für
die Organe und Einrichtungen der Union“ maßgeblich.
Dieses Protokoll
übernimmt die Bestimmungen des Amsterdamer Protokolls Nr. 5 zu EUV und EGV
„über die Position Dänemarks“ mit folgenden wesentlichen Änderungen:
- Das Opt-Out
Dänemarks im Bereich des Titels IV EGV (Visa, Asyl, Migration und justizielle
Zusammenarbeit in Zivilsachen) wird auf die strafjustizielle Zusammenarbeit und
die Polizeikooperation ausgedehnt und umfasst somit den gesamten Raum der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
- Auf Wunsch
Dänemarks können die Opt-Out-Regelungen betreffend den Raum der Freiheit, der
Sicherheit und des Rechts jederzeit in Opt-In-Regelungen übergeführt werden,
die im Wesentlichen jenen des Protokolls Nr. 19 für das Vereinigte Königreich
und Irland entsprechen.
TEIL I
Dieser Teil regelt
die Position Dänemarks zu den Bestimmungen des Verfassungsvertrags betreffend
den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.
In Art. 1 wird das
im Amsterdamer Protokoll auf die Bereiche des Titels IV EGV (Visa abgesehen von
Maßnahmen gemäß Art. 62 Abs. 2 lit. b i) erster Halbsatz und lit. b iii), Asyl,
Migration und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen) beschränkte Opt-Out auf
den gesamten Bereich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts
ausgedehnt: d.h. Dänemark beteiligt sich nicht am Erlass von Maßnahmen durch
den Rat, die nach Teil III Titel III Kapitel IV (Art. III-257 bis Art. III-277)
des Verfassungsvertrags vorgeschlagen werden. Ausgenommen von diesem Opt-Out
sind gemäß Art.7 des Protokolls weiterhin Maßnahmen zur Bestimmung derjenigen
Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der
Mitgliedstaaten ein Visum benötigen sowie Maßnahmen zur einheitlichen
Visumgestaltung.
In Art. 1 werden
ferner die in Art. I-25 und in Art. III-343 festgelegten
Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen die oben
genannte Sonderposition Dänemarks besteht, in folgender Weise angepasst:
- Für
einstimmig zu erlassende Rechtsakte des Rates ist die Zustimmung der Mitglieder
des Rates mit Ausnahme des Vertreters Dänemarks erforderlich.
- Für
Rechtsakte auf Vorschlag der Kommission, die vom Rat mit qualifizierter
Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1. November 2009) eine Mehrheit von 55% der
nach Abzug Dänemarks verbleibenden Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der nach
Abzug der Bevölkerung Dänemarks verbleibenden Unionsbevölkerung repräsentieren,
erforderlich. Für eine Sperrminorität ist dann mindestens die Mindestzahl der
Mitglieder des Rates, die nach Abzug der Bevölkerung Dänemarks mehr als 35% der
verbleibenden Unionsbevölkerung vertreten zuzüglich eines weiteren Mitglieds
erforderlich; andernfalls gilt die qualifizierte Mehrheit als erreicht.
- Für nicht
auf Vorschlag der Kommission oder des Außenministers der Union zu erlassende
Rechtsakte, die vom Rat mit qualifizierter Mehrheit anzunehmen sind, ist (ab 1.
November 2009) eine Mehrheit von 72% der nach Abzug Dänemarks verbleibenden Mitgliedstaaten,
die mindestens 65% der nach Abzug der Bevölkerung Dänemarks verbleibenden
Unionsbevölkerung repräsentieren, erforderlich. Diese Regelung ist vor allem
für die Bereiche der strafjustiziellen Zusammenarbeit und der
Polizeikooperation relevant, in denen gemäß Art. III-264 neben der Kommission
auch einem Viertel der Mitgliedstaaten ein Initiativrecht zukommt.
- Bis 31.
Oktober 2009 ist für die Definition der qualifizierten Mehrheit Art. 2 Abs. 4
zweiter Unterabsatz des „Protokolls Nr. 34 über die Übergangsbestimmungen für
die Organe und Einrichtungen der Union“ maßgeblich.
Artikel 2 entspricht inhaltlich Art. 2 des Amsterdamer
Protokolls.
Artikel 3 entspricht inhaltlich Art. 3 des Amsterdamer
Protokolls.
Artikel 4 passt
Art. 5 des Amsterdamer Protokolls an den Verfassungsvertrag an. In Abs. 2 wird
klar gestellt, das Dänemark in Bezug auf den Schengen-Besitzstand die vor dem
Inkrafttreten des Verfassungsvertrags bestehenden Rechte und Pflichten behält.
In Abs. 1 der
gemeinsamen Erklärung Nr. 39 zum Protokoll Nr. 20 wird folgende Klarstellung
Dänemarks zur Kenntnis genommen: Dänemark wird in Bezug auf Rechtsakte, die vom
Rat allein oder gemeinsam mit dem Europäischen Parlament zu erlassen sind und
die für Dänemark sowohl anwendbare als auch gemäß Teil I des Protokolls Nr. 20
nicht anwendbare Bestimmungen enthalten, nicht von seinem Stimmrecht Gebrauch
machen, um den Erlass von Bestimmungen zu verhindern, die nicht auf Dänemark
anwendbar sind.
TEIL II
Dieser Teil regelt
die Position Dänemarks zu den Bestimmungen des Verfassungsvertrags über die
Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik entsprechend Teil II, Art. 6
des Amsterdamer Protokolls.
Gemäß Art. 5
beteiligt sich Dänemark nicht an der Ausarbeitung und Durchführung von
Beschlüssen und Maßnahmen der Union, die verteidigungspolitische Bezüge haben.
Dies gilt hinsichtlich der vom Rat nach Art. I-41, Art III-295 Abs. 1 und Art
III-309 bis Art III-313 erlassenen Maßnahmen. Vom Opt-Out erfasst sind damit
auch die vom Europäischen Rat gemäß Art. III-295 Abs.1 bestimmten allgemeinen
Leitlinien der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, sofern diese
verteidigungspolitische Bezüge beinhalten.
Die
Beschlussfassungsmodalitäten im Rat für die Bereiche, in denen die oben
genannte Sonderposition Dänemarks besteht, werden in gleicher Weise wie in
Artikel 1 des Protokolls geregelt (siehe dortige Erläuterungen).
In Abs. 2 der
gemeinsamen Erklärung Nr. 39 zum Protokoll Nr. 20 wird die Klarstellung
Dänemarks zur Kenntnis genommen, dass seine Beteiligung an Maßnahmen oder
Rechtsakten in Zusammenhang mit der Solidaritätsklausel (Art I-43 und Art
III-329) in Einklang mit Teil I und Teil II des Protokolls Nr. 20 erfolgen
wird.
TEIL III
Art. 6 ist neu und
stellt klar, dass die Opt Out-Regelungen des Protokolls Nr.20 auch für alle
Maßnahmen gelten, die auf der Basis der Opt Outs des Amsterdamer Protokolls
getroffen wurden und die entsprechend Art. IV-438 auch nach Inkrafttreten des
Verfassungsvertrages in Kraft bleiben.
Art. 7 entspricht
Art. 4 des Amsterdamer Protokolls, der bestimmt dass Maßnahmen zur Bestimmungen
visapflichtiger Drittstaaten sowie zur einheitlichen Visumgestaltung nicht von
den Opt Out-Regelungen des Teils I des Protokolls Nr.20 erfasst sind.
TEIL IV
Art. 8 betreffend
das Recht Dänemarks, jederzeit von diesem Protokoll insgesamt oder zum Teil
keinen Gebrauch mehr zu machen, entspricht Art. 7 des Amsterdamer Protokolls.
Art. 9 ist neu und
schafft die Möglichkeit, dass die Opt Out-Regelungen von Teil I des Protokolls
betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf Wunsch
Dänemarks in Opt-In-Regelungen übergeführt werden.
Gemäß Abs.1
erfolgt eine solche Überführung durch eine Mitteilung Dänemarks an die anderen
Mitgliedstaaten, die am ersten Tag des auf die Mitteilung folgenden Monats in
Kraft tritt. In diesem Fall werden die Art. 1 bis 4 (Teil I) des Protokolls Nr.
20 durch die Art. 1 bis 7 ersetzt, die im Anhang zum Protokoll Nr. 20
festgelegt sind.
Gemäß Abs. 2 sind
sechs Monate nach dem Wirksamwerden der neuen Anhangbestimmungen zu Teil I des
Protokolls der gesamte Schengen-Besitzstand und alle zur Ergänzung dieses
Besitzstandes erlassenen Maßnahmen, die für Dänemark bis dahin als
Verpflichtungen im Rahmen des Völkerrechts bindend waren, für Dänemark als
Unionsrecht bindend.
ANHANG
Der Anhang enthält
sieben Artikel, die im Falle einer Mitteilung Dänemarks gemäß Art. 9 Abs. 1 des
Protokolls die Art. 1 bis 4 dieses Protokolls ersetzen werden. Die Bestimmungen
des Anhangs sehen eine dem Protokoll Nr.19 zur Position des Vereinigten
Königreiches und Irlands entsprechende „Opt-In-Regelung“ vor.
Art. 1 des Anhangs
entspricht dem derzeitigen Art. 1 des Protokolls, wobei die Opt-Outs nur dann
zum Tragen kommen, wenn Dänemark nicht Art. 3 des Anhangs in Anspruch nimmt.
Art. 2 des Anhangs entspricht dem derzeitigen Art. 2
des Protokolls.
Art. 3 des Anhangs
ist Art. 3 des Protokolls Nr.19 zur Position des Vereinigten Königreiches und
Irlands nachgebildet. Danach kann Dänemark dem Präsidenten des Rates die
Teilnahme an Erlass und Anwendung einer bestimmten Maßnahme innerhalb von drei
Monaten nach Vorlage des konkreten Vorschlags mitteilen, was Dänemark daraufhin
gestattet ist. Verhindert Dänemark in der Folge die Annahme der betreffenden
Maßnahme, hat der Rat, nach Verstreichen eines “angemessenen Zeitraums“ die
Möglichkeit, die Maßnahme auch ohne Dänemark zu beschließen.
Art. 4 des Anhangs ist Art. 4 des Protokolls
Nr.19 zur Position des Vereinigten Königreiches und Irlands nachgebildet. Will sich
Dänemark an einer bereits beschlossenen Maßnahme im Rahmen des Raums der
Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beteiligen, findet das Verfahren des
Art. III-420 Abs. 1 über die Verstärkte Zusammenarbeit sinngemäß Anwendung.
(Entscheidung der Kommission innerhalb von vier Monaten nach Mitteilung des
Beteiligungswunsches).
Art. 5 des Anhangs
enthält Sonderregelungen für den Fall, dass das von Dänemark gemäß Art. 3 oder
4 des Anhangs in Anspruch genommene Opt-In den Schengen-Besitzstand betrifft.
Art. 6 des Anhangs
stellt klar, das Dänemark bei Inanspruchnahme des Opt-Ins hinsichtlich der
betreffenden Maßnahmen an die einschlägigen Bestimmungen der Verfassung
gebunden ist.
Art. 7 des Anhangs
schränkt den materiellen Gehalt des derzeitigen Art. 3 des Protokolls auf jene
Maßnahmen ein, bei denen Dänemark nicht von der Möglichkeit des Opt-Ins
Gebrauch macht.
über die Außenbeziehungen der Mitgliedstaaten
hinsichtlich des Überschreitens der Außengrenzen
Dieses Protokoll entspricht dem gleichnamigen
Amsterdamer „Protokoll Nr. 31 zum EGV“.
über die Gewährung von Asyl für Staatsangehörige der
Mitgliedstaaten
Dieses Protokoll entspricht dem gleichnamigen
Amsterdamer „Protokoll Nr. 29 zum EGV“.
über die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit
gemäß Artikel I-41 Absatz 6 und Artikel III-312 der
Verfassung
Dieses neue
Protokoll regelt die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedsstaaten.
Zur Präambel:
Die Präambel
verweist auf die Bestimmungen der Art I-41 Abs. 6 und III-312 des
Verfassungsvertrages zur Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit und führt
folgende Parameter für die Ständige Strukturierte Zusammenarbeit an:
- Die
Gemeinsame Außen-. und Sicherheitspolitik zielt auf eine stärkere Konvergenz
des Handelns der Mitgliedsstaaten ab;
- Die GSVP
ist Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und zielt auf die
Stärkung der internationalen Krisenmanagementfähigkeiten der Union ab, wobei
diese Aufgaben nur dank der von den Mitgliedsstaaten nach dem Grundsatz der
„nur einmal einsetzbaren Streitkräfte“ bereitgestellten militärischen
Fähigkeiten erfüllt werden;
- Die GSVP
lässt den besonderen Charakter der Sicherheits- und Verteidigungspolitik
bestimmter Mitgliedsstaaten unberührt;
- Die GSVP
achtet die Verpflichtungen bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer
Mitgliedschaft in der NATO ergeben;
- Die
maßgebliche Rolle der Union im Bereich von Sicherheit und Verteidigung trägt im
Einklang mit den so genannten Berlin-plus-Vereinbarungen (Modalitäten für die
Zusammenarbeit zwischen EU und NATO im Bereich des Krisenmanagements) zur
Vitalität eines erneuerten Atlantischen Bündnisse bei;
- Die Union
muss ihre ihr im Rahmen der Staatengemeinschaft obliegende Verantwortung
wahrnehmen können;
- Die
Vereinten Nationen können die Union um Unterstützung bei der Durchführung von
Missionen nach den Kap. VI und VII der Satzung der Vereinten Nationen ersuchen;
- Die
Stärkung der GSVP erfordert Anstrengungen der Mitgliedsstaaten im Bereich der
Fähigkeiten;
- Der
Eintritt in eine neue Phase der GSVP erfordert entschieden Anstrengungen der
dazu bereiten Mitgliedsstaaten;
- Bedeutung
der umfassenden Beteiligung des Außenministers an der Ständigen Strukturierten
Zusammenarbeit;.
Zu Artikel 1:
Der Art. hält
fest, dass die Teilnahme an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit jedem
Mitgliedstaat offen steht, der nach dem Inkrafttretens des Verfassungsvertrages
folgende Verpflichtungen eingeht:
- Entwicklung
seiner Verteidigungsfähigkeit durch Ausbau seiner nationalen Beiträge und
gegebenenfalls durch Beteiligung an multinationalen Streitkräften, Teilnahme an
den wichtigsten europäischen Ausrüstungsprogrammen und an den Tätigkeiten der
Europäischen Verteidigungsagentur; bis 2007 Stellung eines nationalen
Kontingents oder Beteiligung an einem multinationalen Truppenverband mit
bewaffneten Einheiten, die auf die in Aussicht genommenen Missionen
ausgerichtet sind, taktisch als Gefechtsverband konzipiert sind, über
Unterstützung u.a. für Transport und Logistik verfügen und fähig sind innerhalb
von 5 bis 30 Tagen Missionen nach Art. III-309 aufzunehmen, um insbesondere
Ersuchen der Vereinten Nationen nachzukommen, und diese Missionen für eine
Dauer von zunächst 30 Tagen, die bis auf 120 Tage ausgedehnt werden kann, aufrechtzuerhalten.
Zu Artikel 2:
Der Artikel
stipuliert eine Verpflichtung der an der Ständigen Strukturierten
Zusammenarbeit teilnehmenden Staaten die in Art. 1 genannten Ziele durch
folgende Maßnahmen zu erreichen:
- Zusammenarbeit
zur Verwirklichung zu vereinbarender Ziele für die Höhe der
Investitionsausgaben für Verteidigungsgüter sowie die regelmäßige Überprüfung
dieser Ziele;
- Angleichung
ihres Verteidigungsinstrumentariums, insbesondere durch Harmonisierung des
militärischen Bedarfs, gemeinsame Nutzung bzw. gegebenenfalls Spezialisierung
ihrer Verteidigungsmittel und -fähigkeiten, Zusammenarbeit auf den Gebieten
Ausbildung und Logistik;
- Stärkung
der Verfügbarkeit, Interoperabilität, Flexibilität und Verlegungsfähigkeit
ihrer Truppen, insbes. durch Festlegung diesbezüglicher gemeinsamer Ziele und
gegebenenfalls Überprüfung der nationalen Beschlussfassungsverfahren;
- Schließung
von Fähigkeitslücken, die im Rahmen des „Mechanismus zur Entwicklung der
Fähigkeiten“ festgestellt werden, durch multinationale Konzepte unbeschadet
ihrer Verpflichtungen aus dem Nordatlantikvertrag;
- Allenfalls
Mitwirkung an der Entwicklung gemeinsamer oder europäischer Programme für
wichtige Güter im Rahmen der Europäischen Verteidigungsagentur.
Zu Artikel 3:
Der Artikel sieht
vor, dass die Europäische Verteidigungsagentur zumindest einmal jährlich
Bericht über ihre Beurteilung der Beiträge der teilnehmenden Mitgliedsstaaten
zu den Fähigkeiten erstattet. Diese Beurteilung kann Grundlage für die
Empfehlungen sowie die Europäischen Beschlüsse des Rates nach Art. III-312
(u.a. Aufnahme bzw. Ausscheiden eines Mitgliedstaates) sein.
Zu Artikel I-41 Absatz 2 der Verfassung
Dieses Protokoll
entspricht dem durch den Vertrag von Amsterdam eingeführten Protokoll Nr. 1 „zu
Artikel 17 des Vertrags über die Europäische Union“, das auf eine verbesserte
Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Westeuropäischen Union
ausgerichtet ist.
Zur Präambel:
Ziel ist die volle
Umsetzung von Art. I-41 (GSVP), wobei der besondere Charakter der Sicherheits-
und Verteidigungspolitik bestimmter Mitgliedstaaten und die Verpflichtungen
bestimmter Mitgliedsstaaten, die sich aus ihrer Mitgliedschaft in der NATO
ergeben, nicht berührt werden.
Zum Einzigen Artikel:
Vorgesehen ist
eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der
Westeuropäischen Union.
Dieses Protokoll
übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 14 zum Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.
betreffend den Erwerb von Immobilien in Dänemark
Dieses Protokoll
übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 16 zum Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.
über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den
Mitgliedstaaten
Dieses Protokoll
übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 32 zum Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die erforderlichen
redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem Verfassungsvertrag Rechnung zu
tragen.
zu Artikel III-214 der Verfassung
Dieses Protokoll
betreffend bestimmte Leistungen aus einem betrieblichen System der sozialen
Sicherheit übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 17
zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Protokoll zu Art. 141
des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft). Es wurden lediglich
die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.
über den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen
Zusammenhalt
Dieses
Protokoll übernimmt das bisherige Protokoll Nr. 28 über den wirtschaftlichen
und sozialen Zusammenhalt, das dem Vertrag zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft beigefügt war.
In Übereinstimmung
mit Art. I-3 und Teil III Titel III Kapitel III Abschnitt 3 des
Verfassungsvertrags stellt der Titel und der nachfolgende Text des Protokolls
auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt ab. Neben der
Streichung der durch Zeitablauf obsolet gewordenen Bestimmungen wurden die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.
über die Sonderregelung für Grönland
Dieses Protokoll
übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 15 zum Vertrag
zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Es wurden lediglich die
erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen, und eine in der Zwischenzeit obsolet
gewordene Bestimmung gestrichen.
über Artikel 40.3.3 der Verfassung Irlands
Dieses Protokoll
betreffend das Recht ungeborenen menschlichen Lebens in der irischen
Verfassung, das sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigefügt ist,
übernimmt ohne inhaltliche Änderung das bisherige Protokoll Nr. 7 zu EUV und
EGV.
Zu Artikel 1:
Dieser Artikel
soll sicherstellen, dass der Beitritt der Union zur EMRK unter Bedingungen
erfolgt, die den besonderen Merkmalen der Union und des Unionsrechts Rechnung
tragen. Beispielhaft werden zwei Bereiche angeführt, für die im Zuge des
Beitritts besondere Regelungen für die Union gefunden werden müssen. Es sind
dies der Bereich einer allfällige Beteiligung der Union an den Kontrollgremien
der Europäischen Konvention und die Schaffung der nötigen Mechanismen, um
sicherzustellen, dass Beschwerden von Nichtmitgliedstaaten und
Individualbeschwerden den Mitgliedstaaten und /oder gegebenenfalls der Union
ordnungsgemäß übermittelt werden.
Zu Artikel 2:
Dieser Artikel
sieht vor, dass in der Übereinkunft über den Beitritt der Union zur EMRK
sichergestellt wird, dass die Zuständigkeiten der Union und die Befugnisse der
Organe durch den Beitritt unberührt bleiben. Weiters soll sichergestellt
werden, dass die jeweilige Situation der einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf
die EMRK unberührt bleibt. Der Beitritt der Union zur EMRK lässt daher
insbesondere einen allenfalls unterschiedlichen Ratifikationsstand der
einzelnen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Protokolle zur EMRK, Maßnahmen der
Mitgliedstaaten gemäß Art. 15 EMRK (Außerkraftsetzen im Notstandsfall)
sowie die mitgliedstaatlichen Vorbehalte zur EMRK unberührt.
Zu Artikel 3:
Mit diesem Artikel
wird die ausschließliche Zuständigkeit des EuGH für Streitigkeiten zwischen den
Mitgliedstaaten über die Auslegung oder Anwendung der Verfassung gemäß Art.
III-375 Abs. 2 gewahrt.
Dieses Protokoll
ist sowohl dem Verfassungsvertrag, als auch dem EAGV beigegeben. Es ergänzt
Artikel IV-437 Abs. 1 und enthält die Liste der Rechtsakte und Verträge zur
Änderung des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des
Vertrags über die Europäische Union, die gemeinsam mit diesen aufgehoben werden.
Art. 9 Abs. 7 des Vertrags von Amsterdam sowie der Akt vom 20. September
1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten des
Europäischen Parlaments werden in dieses Protokoll übernommen und damit gem.
Art. IV-442 Bestandteil des Verfassungsvertrags.
Zu Artikel 1:
Mit dieser
Bestimmung werden die genannten Rechtsakte und Verträge aufgehoben. Diese
werden infolge der Übernahme ihres Inhalts in einzelne Bestimmungen oder in
Protokolle des Verfassungsvertrags obsolet.
Zu Artikel 2:
Abs. 1 übernimmt
inhaltlich Art. 9 Abs. 7 des Vertrags von Amsterdam, der vorschreibt, dass
unbeschadet der Anwendung des Artikels III-432 der Verfassung und des
Artikels 189 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen
die Vorschriften erlassen, die zur Regelung einiger besonderer Probleme des
Großherzogtums Luxemburg erforderlich sind, welche sich aus der Einsetzung
eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen
Gemeinschaften ergeben.
Abs. 2 bestimmt,
dass der Akt zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten
des Europäischen Parlaments in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Vertrags über eine Verfassung für Europa geltenden Fassung in Kraft bleibt.
Darüber hinaus werden in den lit. a bis o die notwendigen technischen
Anpassungen an den Verfassungsvertrag vorgenommen.
Über die Übergangsbestimmungen für die
Organe und Einrichtungen der Union
Dieses Protokoll
ist sowohl dem Verfassungsvertrag als auch dem EAGV beigegebene. Da die
Bestimmungen über die Organe der Europäischen Union nicht alle zeitgleich mit
Inkrafttreten des Verfassungsvertrages rechtswirksam werden sollen, werden in
diesem Protokoll entsprechende Übergangsbestimmungen vorgesehen.
TITEL I
Bestimmungen
über das Europäische Parlament
Zu Artikel 1:
Gemäß Abs.1 ist der Europäische Beschluss über die Zusammensetzung des
Europäischen Parlamentes ab der Wahlperiode 2009-2014 gemäß Art. I-20 Abs. 2
UAbs. 2 rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2009 zu
erlassen.
Gemäß Abs.2 entsprechen während der Wahlperiode 2004-2009 die
Zusammensetzung und die Anzahl der in den einzelnen Mitgliedstaaten gewählten
Abgeordneten des Europäisches Parlament der durch den Beitrittsvertrag 2004 im
EGV für die EU-25 festgelegten Zusammensetzung und Anzahl. Die Anzahl der
Abgeordneten pro Mitgliedstaat wird in einer Tabelle konkret angeführt.
Gemäß Ziffer 1 der Erklärung Nr. 40 zu dem Protokoll über die
Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union werden
die Mitgliedstaaten bei den Konferenzen über den Beitritt von Rumänien und/oder
Bulgarien hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament den
gemeinsamen Standpunkt einnehmen, wonach bis zum Inkrafttreten des neuen
Beschlusses über die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes gemäß Art.
I-20 Abs. 2 für die verbleibende Zeit der Wahlperiode 2004-2009 Rumänien 35 und
Bulgarien 18 EP-Sitze in der Tabelle von Art. 1 Abs. 2 des Protokolls erhalten.
Dadurch kann die Gesamtanzahl der EP-Sitze vorübergehend auf 785 ansteigen.
Danach gilt die Höchstgrenze von 750 Mandataren.
TITEL II
Bestimmungen
über den Europäischen Rat
und den Rat
Zu Artikel 2:
Abs. 1 bestimmt,
dass Artikel I-25 Abs. 1 bis 3 über die Definition der qualifizierten Mehrheit
im Europäischen Rat und im Rat am 1. November 2009 nach der Durchführung von
Wahlen zum Europäischen Parlament in Kraft treten. Bis zum 31. Oktober 2009
gilt bei der Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit im Europäischen Rat
und im Rat gemäß Abs. 2 des Art. 2 des vorliegenden Protokolls die Bestimmung
des seit 1. November 2004 in Geltung befindlichen Art. 205 EGV über die
Gewichtung der Stimmen im Rat weiter.
Gemäß Abs. 3 wird
bei jedem weiteren Beitritt, der zwischen dem Inkrafttreten des
Verfassungsvertrages (frühestens am 1. November 2006; siehe dazu Artikel IV-447
Abs. 2) und dem 1. November 2009 erfolgt, die Schwelle nach Abs. 2 (das ist 72,27% der gewogenen Stimmen,
in ganzen Zahlen: 232 von 321 Stimmen) so berechnet, dass die in Stimmen
ausgedrückte Schwelle für die qualifizierte Mehrheit die Zahl nicht
überschreitet, die sich aus der Tabelle in der Erklärung zur Erweiterung der
Europäischen Union in der Schlussakte der Konferenz, die den Vertrag von Nizza
angenommen hat, ergibt.
Die Erklärung Nr.
20 zum Vertrag von Nizza legte die Stimmenanzahl Rumäniens mit 14 und die
Bulgariens mit 10 fest. Dies ergäbe im Fall des Beitritts dieser beiden Länder
eine Gesamtstimmenanzahl im Europäischen Rat und im Rat von 345 (321 + 24). Für
diese Konstellation sieht der Vertrag von Nizza ein Zustandekommen der
Beschlüsse mit einer Mindestanzahl von 258 Stimmen (bei einer
Gesamtstimmenanzahl von 345 entspricht dies einer Schwelle von 74,78%), welche
die Mehrheit der Mitglieder umfassen (wenn die Beschlüsse über Vorschlag der
Kommission gefasst werden; andernfalls mit der Zustimmung von zwei Dritteln der
Mitglieder des Rates), vor.
Im Ergebnis
bedeutet dies, dass anlässlich eines Beitritts von Rumänien und Bulgarien zur
Union vor dem 1. November 2009 die Schwelle von 258 von 345 Stimmen (74,78%)
bei einer Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit nicht überschritten
werden darf.
Abs. 4 listet in
der Folge Bereiche des Verfassungsvertrages auf, für die ab 1. November 2009
Sonderbestimmungen zur qualifizierten Mehrheit im Verfassungsvertrag vorgesehen
sind, da in den betreffenden Fällen nicht alle Mitgliedstaaten stimmberechtigt
sind. Es sind dies Bestimmungen:
- zur verstärkten
Zusammenarbeit;
- zur Aussetzung
bestimmter mit der Zugehörigkeit zur Union verbundener Rechte;
- zum freiwilligen
Austritt;
- zur
Wirtschaftspolitik;
- zur Vermeidung
übermäßiger Defizite;
- zu den besonderen
Bestimmungen für Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist;
- zu
Übergangsbestimmungen der Wirtschafts- und Währungsunion;
- zur Gemeinsamen
Sicherheits- und Verteidigungspolitik;
- zum Protokoll
über die Position des Vereinigten Königreiches und Irlands hinsichtlich der
Politik betreffend Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung sowie der
justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und der polizeilichen
Zusammenarbeit;
- zum Protokoll
über die Position Dänemarks.
Abs. 4 UAbs. 2 sieht für die Zeit bis 31.
Oktober 2009 folgende Regel hinsichtlich der Ausübung qualifizierter
Mehrheitsentscheidungen in den obgenannten Fällen vor:
Bei den in
Unterabsatz 1 aufgelisteten Bestimmungen handelt es sich um Fälle, in denen
nicht alle Mitglieder des Rates an den Abstimmungen teilnehmen. Bis zum
Inkrafttreten des neuen Modus für qualifizierte Mehrheitsentscheidungen gilt
als qualifizierte Mehrheit derselbe Anteil gewogener Stimmen und derselbe
Anteil der Anzahl der Mitglieder des Rates sowie allenfalls derselbe
Prozentsatz der Bevölkerung der Mitgliedstaaten, wie in Absatz 2 festgelegt,
also entsprechend der Bestimmung des Artikels 12 Absatz 1 lit. a
Beitrittsvertrag 2004.
Zu Artikel 3:
Diese Vorschrift
trifft Vorkehrungen für den Fall, dass der Europäische Rat nicht zeitgerecht
einen Beschluss über die „anderen Zusammensetzungen des Rates“ gemäß Artikel
I-24 Absatz 4 trifft. Bis zum Inkrafttreten dieses Beschlusses kann der Rat in
den in der Verfassung unmittelbar genannten Zusammensetzungen sowie in
denjenigen Zusammensetzungen zusammentreten, die in einer vom Rat „Allgemeine
Angelegenheiten“ beschlossenen Liste, die mit einfacher Mehrheit angenommen
wird, angeführt werden.
TITEL III
Bestimmungen
über die Kommission
einschließlich des Außenministers der Union
Zu Artikel 4:
Dieser Artikel
legt fest, dass die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags über eine
Verfassung für Europa amtierenden Mitglieder der Kommission bis zum Ende ihrer
Amtszeit im Amt bleiben. Jedoch endet am Tag der Ernennung des Außenministers
der Union die Amtszeit des Kommissionsmitglieds, das die gleiche
Staatsangehörigkeit wie dieser besitzt.
TITEL IV
Bestimmungen
betreffend den Generalsekretär des Rates, den Hohen
Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und den
stellvertretenden Generalsekretär des Rates
Zu Artikel 5:
Die Bestimmung
legt fest, dass die derzeit laufende Amtszeit des Generalsekretärs des Rates
und Hohen Vertreters für die GASP sowie des stellvertretenden Generalsekretärs
des Rates mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verfassungsvertrages endet.
Der Rat ernennt in der Folge seinen Generalsekretär gem. Art. III-344 Abs. 2
der Verfassung.
TITEL V
Bestimmungen
über die beratenden Einrichtungen
Zu Artikel 6 und Artikel 7:
Siehe die Erläuterungen zu den Artikeln III-386 bis
III-392.
Zur Erklärung Nr. 40:
Zu diesem
Protokoll haben die Mitgliedstaaten eine Erklärung (Nr. 40) zu den Schlussakten
der Regierungskonferenz abgegeben.
Gemäß dieser
Erklärung werden bei den Konferenzen über den Beitritt Rumäniens und/oder
Bulgariens zur Union hinsichtlich der Sitzverteilung im Europäischen Parlament
und der Stimmgewichtung im Europäischen Rat folgende gemeinsame Standpunkte seitens
der Mitgliedstaaten eingenommen:
- Sofern der
Beitritt Rumäniens und/oder Bulgariens zur Union vor dem Inkrafttreten des
Beschlusses zur Neuverteilung der Sitze im Europäischen Parlament für die
Wahlperioden ab 2009 gemäß Art. I-20 Abs. 2 erfolgt, gilt hinsichtlich der
Sitzverteilung im europäischen Parlament für die verbleibende Legislaturperiode
2004 bis 2009 die Tabelle gemäß Artikel 11 Beitrittsvertrag 2004. Bulgarien
erhält – gleich wie Österreich – 18 Sitze, Rumänien 35 Sitze im Europäischen Parlament.
Die Gesamtanzahl der Sitze im Europäischen Parlament steigt damit vorübergehend
von derzeit 732 auf 785. Die Erklärung sieht daher weiters vor, dass im Vertrag
über den Beitritt dieser Länder, abweichend von Art. 20 Abs. 2
Verfassungsvertrag, der die Sitzanzahl im Europäischen Parlament mit 750
Mitgliedern begrenzt, die Höchstanzahl für den Zeitraum 2004 bis 2009
vorübergehend überschritten werden darf.
- Hinsichtlich
der Stimmgewichtung im Rat legt die Erklärung unter Ziffer 2 fest, dass im
Europäischen Rat und im Rat Rumänien 14 und Bulgarien 10 Stimmen zugewiesen
werden. Dies entspricht der Festlegung gemäß der Erklärung Nr. 20 zu den
Schlussakten des Vertrages von Nizza. Bei jedem Beitritt findet – gemäß Ziffer
3 – die im Protokoll Nr. 34 in Art. 2 Abs. 3 vorgesehene Übergangsbestimmung
zur Festlegung der Schwelle Anwendung.
Dieses Protokoll,
das die Eigentumsrechte an den EGKS-Mitteln nach dem Auslaufen des Vertrags
über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl am 23. Juli 2002 regelt,
entspricht dem bisherigen Protokoll Nr. 34 zum Vertrag zur Gründung der
Europäischen Gemeinschaft.
Eine Änderung
wurde in Art. 2, der die
Beschlussfassungsmodalitäten bestimmt, vorgenommen. Abs. 1 sieht nun ein
Europäisches Gesetz des Rates für die Festlegung der erforderlichen
Durchführungsbestimmungen einschließlich der wesentlichen Grundsätze vor,
wobei der Rat nach Zustimmung des Europäischen Parlaments beschließt. Die
Festlegung der mehrjährigen Finanzleitlinien für die Verwaltung des
Forschungsfonds sowie der technischen Leitlinien für das Forschungsprogramm
des Fonds erfolgt künftig gemäß Abs. 2 durch Europäische Verordnungen oder Beschlüsse,
die vom Rat nach Anhörung des Europäischen Parlaments erlassen werden.
Darüber hinaus
wurden die erforderlichen redaktionellen Anpassungen vorgenommen, um dem
Verfassungsvertrag Rechnung zu tragen.
zur Änderung des Vertrages zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft
Der EAGV ist einer
der drei Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaft. Er wird nicht mit dem
Primärrecht der Europäischen Union aufgehoben, sondern bleibt als selbständiger
völkerrechtlicher Vertrag mit eigener Rechtspersönlichkeit bestehen. Die
Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) teilt sich jedoch weiterhin insbesondere
u.a. die Organe und den Haushalt mit der Union. Die in Hinblick auf diese
Verflechtungen notwendigen Anpassungen nimmt das Protokoll zur Änderung des
EAGV vor.
In der Erklärung
Nr. 44 zur Schlussakte stellen Deutschland, Irland, Ungarn, Österreich und
Schweden fest, dass die zentralen Bestimmungen des EAGV seit dessen
Inkrafttreten nicht geändert worden sind und aktualisiert werden müssen. Daher
unterstützen diese Mitgliedstaaten den Gedanken einer möglichst raschen Einberufung
einer Regierungskonferenz zur Änderung des EAGV.
Präambel
In der Präambel wird zu Beginn von den Hohen Vertragsparteien festgehalten,
dass der EAGV weiterhin volle rechtliche Wirkung entfalten muss.
Weiters wird von
den Hohen Vertragsparteien der Wunsch ausgedrückt, den EAGV an die Bestimmungen
– insbesondere solche über Institutionen und Finanzen – des
Verfassungsvertrages anzupassen. Dies soll durch den Verweis auf Bestimmungen
des Verfassungsvertrages erfolgen.
Zu Artikel 1:
Der 1. Abs. legt
die Fassung des EAGV fest, die durch das Protokoll geändert wird. Hierbei wird
auf die Fassung abgestellt, die der EAGV zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des
Verfassungsvertrages hat.
Der 2. Abs. der
geltenden Fassung des EAGV wurde - als einer der Gründungsverträge der
Europäischen Gemeinschaften - durch alle späteren Änderungsverträge (alle
Beitrittsverträge, Einheitliche Europäische Akte, Vertrag von Maastricht,
Vertrag von Amsterdam, Vertrag von Nizza) bestimmt. Die durch Art. IV-437
verfügte Aufhebung der früheren Verträge (mit Ausnahme des
Euratom-Gründungsvertrags) schafft insofern ein Problem, als dadurch auch alle
durch spätere Änderungsverträge bewirkten Änderungen des EAGV aufgehoben
werden. Zur Lösung dieses Problems verfügt Art. 1 Abs. 2 Euratom-Protokoll
eine „virtuelle“ Konsolidierung des EAGV und die rechtliche Kontinuität des
Euratom-Sekundärrechtsacquis.
Zu Artikel 2:
Art. 2 legt fest,
dass die Überschrift des Titels III des EAGV von „Vorschriften über die Organe“
auf „Vorschriften über die Organe und Finanzvorschriften“ geändert wird.
Zu Artikel 3:
Mit dieser
Bestimmung wird ein zusätzliches Kapitel
mit einem Artikel („Kapitel 1; Anwendung von Bestimmungen des Vertrags
über eine Verfassung für Europa; Artikel 106a“) in den Titel III „Vorschriften
über die Organe und Finanzvorschriften“ eingefügt.
Artikel 106a
Absatz 1:
Dieser Absatz
listet bestimmte Artikel des Verfassungsvertrags auf, und legt fest, dass diese
Art. auch für den EAGV gelten.
a) Verweis auf Art. I-19
bis I-29 des Verfassungsvertrags
(„Institutioneller
Rahmen“) und auf die Art. III-330 bis III-381 sowie auf Art. IV-439 des
Verfassungsvertrags mit Ausnahme der Art. III-373, III-376 und III-377.
Die Art. I-19 bis
Art. I-29 und die Art. III-330 bis Art. III-381 beschreiben den institutionellen
Rahmen (Europäisches Parlament, Europäischer Rat, Ministerrat, Europäische
Kommission, Gerichtshof der Europäischen Union) u.a. hinsichtlich
Zuständigkeit, Zusammensetzung, Abstimmungsquorum und Funktionsweise der in
diesen Artikeln genannten Organe.
Art. IV-439
(„Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe“) legt ergänzend fest, dass
Übergangsbestimmungen zu einzelnen Bereichen (Zusammensetzung des Europäischen
Parlaments, Definition der qualifizierten Mehrheit im Europäischen Rat und im
Rat, Zusammensetzung der Kommission) im Protokoll über die
Übergangsbestimmungen für die Organe und Einrichtungen der Union enthalten
sind.
Auf Art. III-373 des Verfassungsvertrags wurde nicht verwiesen, weil diese
Bestimmung ausschließlich die Zuständigkeiten des EuGH in Bezug auf die EIB und
die Satzung des ESZB und der EZB festlegt. Art. III-376 Verfassungsvertrags
bezieht sich auf Bestimmungen im Zusammenhang mit der Gemeinsamen Außen – und
Sicherheitspolitik bzw. Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (Art.
I-40 und I-41; Titel V Kapitel II, auch in Zusammenhang mit Art. III-365 Abs.
4; Art. III-293; Art. III-308). Alle diese Bestimmungen werden nicht durch den
neu eingefügten Art. 106a des EAGV auf diesen für anwendbar erklärt. Daher
wurde auch nicht auf Art. III-376 des Verfassungsvertrages verwiesen. Ebenso
verhält es sich mit Art. III-377 (Raum der Freiheit, der Sicherheit und des
Rechts).
b) Verweis auf Art. I-31
und die Art. III-384 und III-385 („Der Rechnungshof“) sowie auf Art. I-32 („Die
beratenden Einrichtungen der Union“) und die Art. III-389 bis III-392 („Der
Wirtschafts- und Sozialausschuss“).
Mit diesen
Artikeln werden die Bestimmungen des Verfassungsvertrags betreffend den
Rechnungshof und den Wirtschafts- und Sozialausschuss auf den EAGV anwendbar.
Nicht verwiesen wird auf Art. I-30 und die Art. III-382 und Art. III-383
Verfassungsvertrags betreffend die EZB, auf die Art. III-386 bis Art. III-388
betreffend den Ausschuss der Regionen sowie auf die Art. III-393 bis Art.
III-394 betreffend die EIB.
c) Verweis auf die Art. I-33 bis
I-39 („Ausübung der Zuständigkeiten der Union – Gemeinsame Bestimmungen“).
Die durch den
Verfassungsvertrag vorgesehenen Rechtsakte der Union (vgl. Erläuterungen zu den
Art. I-33 bis Art. I-37) werden
auch auf den EAGV anwendbar. Ebenso gilt Art. I-38 zur Bestimmung der Art des
zu erlassenden Rechtsaktes in den Fällen, in denen die Art des zu erlassenden
Rechtsaktes von der Verfassung nicht vorgegeben wird, und Art. I-39
(„Veröffentlichung und Inkrafttreten“) im Rahmen des EAGV.
d) Verweis auf die Artikel
I-49 („Der Europäische Bürgerbeauftragte“) und I-50 („Transparenz der Arbeit
der Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union“) des
Verfassungsvertrags.
Aus Teil I Titel
VI („Das demokratische Leben der Union“) werden Art. I-49 und Art. I-50
übernommen. Art. I-51 („Schutz personenbezogener Daten“) ist im Rahmen des EAGV
nicht anwendbar.
e) Verweis auf Art. I-53
bis Art. I-56 des Verfassungsvertrags („Die Finanzen der Union“).
Der gesamte Titel VII des Teil I („Die Finanzen der
Union“) ist auf den EAGV anwendbar.
f) Verweis auf Art.
I-58 bis I-60 des Verfassungsvertrags („Zugehörigkeit zur Union“).
Der gesamte Titel IX des Teil I („Zugehörigkeit zur
Union“) ist auf den Verfassungsvertrag anwendbar.
g) Verweis auf Art.
III-395 bis Art. III-414 des EAGV (mit Ausnahme des Art. III- 411).
Verweis auf die
Art. III-395 bis Art. III-401 (Teil III, Titel VI, Kapitel I, Abschnitt 4
„Gemeinsame Bestimmungen für die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen
der Union“).
Die oben genannten
Bestimmungen (u.a. ordentliches Gesetzgebungsverfahren, interinstitutionelle
Zusammenarbeit, Transparenz und Zwangsvollstreckung) sind auf den EAGV
anwendbar.
Verweis auf den
Art. III-402 („Der Mehrjährige Finanzrahmen“), auf die Art. III-403 bis III-406
(„Der Jahreshaushaltsplan der Union“), auf die Art. III-407 bis III-409
(„Ausführung des Haushaltsplanes und Entlastung“) und auf die Art. III-410 bis
Art. III-414 (mit Ausnahme des Art. III-411) („Gemeinsame Bestimmungen“).
Die Bestimmungen
des Teil III Titel VI Kapitel II („Finanzvorschriften“) sind bis auf Art.
III-411 in ihrer Gesamtheit auf den EAGV anwendbar.
Art. III-182 des
EAGV enthält eine Sonderregel für den Devisenverkehr im Hinblick auf die
gemeinsamen Unternehmen und die Versorgungsagentur (siehe auch Art. 5 des
Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft).
Auf den diese Frage regelnden Art. III-411 des Vertrages über die Verfassung
für Europa wird daher nicht verwiesen.
Verweis auf Art. III-415 („Betrugsbekämpfung“).
Art. III-415 ist auf den Vertrag zur EAGV anwendbar.
h) Verweis auf Art. III-427
den Verfassungsvertrag („Beamtenstatut“) und auf Artikel III-433 des Vertrages
über die Verfassung für Europa („Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage“).
Der Verweis auf
diese Artikel stellt sicher, dass das Europäische Beamtenstatut und die Verordnung
zur Regelung der Sprachenfrage in den jeweils geltenden Fassungen auf den
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft anwendbar sind. Diese
Regelung ist in Hinblick auf die gemeinsamen Organe notwendig.
i) Verweis auf Art.
IV-443 des Verfassungsvertrags („Ordentliches Änderungsverfahren“).
Durch den Verweis
auf Art. IV-443 wird das ordentliche Änderungsverfahren des Verfassungsvertrags
auf den EAGV anwendbar. Damit gilt die neue „Konventmethode“ (vgl. Erläuterung
zu Art. IV-443) auch für Änderungen des EAGV.
Artikel 106a
Absatz 2
Dieser Absatz stellt sicher, dass die Bezugnahmen auf
die Union und auf den Verfassungsvertrag in den in Abs. 1 genannten
Bestimmungen sowie in den Bestimmungen der Protokolle, die dem
Verfassungsvertrag und dem EAGV beigefügt sind, als
Bezugnahmen auf die Europäische Atomgemeinschaft und auf den EAGV zu betrachten
sind. Art. 106a Abs. 2 legt also die mutatis-mutandis-Anwendung der in Art.
106a Abs. 1 genannten Artikel des Verfassungsvertrags auf den EAGV fest.
Artikel 106a Absatz 3
Dieser Absatz legt
fest, dass der EAGV als lex specialis gegenüber dem Vertrag über eine
Verfassung für Europa einzustufen ist und daher widersprechenden Bestimmungen
des Verfassungsvertrags vorgeht.
Zu Artikel 4:
Art. 4 stellt
sicher, dass die vor dem Inkrafttreten dieses Protokolls bestehende
Nummerierung der Kapitel in Titel III des EAGV an den Umstand angepasst wird,
dass durch Art. 3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft ein neues Kapitel 1 mit Art. 106a in den Titel
III des EAGV eingefügt wird, und dadurch die bestehende Kapitelnummerierung
jeweils um eine Stelle nach hinten verschoben wird.
Zu Artikel 5:
1. Absatz 1
Durch diese
Bestimmung werden eine Reihe von Artikeln des EAGV aufgehoben.
a) Aufhebung des Art. 3 des EAGV:
Im Abs. 1 der
aufgehobenen Bestimmung wurden die Organe aufgezählt, die die Aufgaben der
Atomgemeinschaft wahrgenommen haben. Dieser Zweck wird nach Inkrafttreten des
gegenständlichen Protokolls dadurch erreicht, dass in Art. 106a Abs. 1 des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft auf Art. I-19 des
Vertrages über eine Verfassung für Europa verwiesen wird, der die maßgebenden
Organe (institutioneller Rahmen) aufzählt.
Im Abs. 2 der
aufgehobenen Bestimmung wurde festgelegt, dass der Rat und die Kommission von
einem Wirtschafts- und Sozialausschuss mit beratender Aufgabe unterstützt
werden. Im Art. 106a Abs. 1 des EAGV wird in Hinkunft auf Art. I-32 des
Verfassungsvertrags verwiesen. Demzufolge wird nun neben dem Rat und der
Kommission auch das Europäische Parlament von einem Wirtschafts- und
Sozialausschuss beratend unterstützt.
b) Aufhebung
der Art. 107 bis 132, der Art. 136 bis 143, der Art. 146 bis 156 und der Art.
158 bis 160c des EAGV.
In den genannten
Artikeln wurden bisher die institutionellen Bestimmungen der Organe
(Europäisches Parlament, Rat, Kommission, Gerichtshof und Rechnungshof)
festgelegt. Die maßgebenden Bestimmungen für das Europäische Parlament (bisher
die Art. 107 bis 114 des EAGV) finden sich nun in Art. I-20 und in den Art.
III-330 bis Art. III-340 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen
für den Ministerrat (bisher die Art. 115 bis Art. 123 des EAGV finden sich nun
in den Art. I-23 bis Art. I-25 und in Art. III-342 bis Art. III-346 des
Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für die Europäische
Kommission (bisher die Art. 124 bis Art. 132 des EAGV) finden sich nun in den
Art. I-26 bis Art. I-28 und in Art. III-347 bis Art. III-352 des
Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen für den EuGH (bisher die
Art. 136 bis Art. 160 des EAGV) finden sich nun in Art. I-29 und in den Art.
III-353 bis Art. III-381 des Verfassungsvertrages. Die maßgebenden Bestimmungen
für den Rechnungshof (bisher die Artikel 160a bis Art. 160c des EAGV) finden
sich nun in Art. I-31 und in den Art. III-384 und Art. III-385 des
Verfassungsvertrages.
Weiterhin
bestehen bleiben folgende Artikel:
Art. 134 des EAGV,
der den speziell für die Atomgemeinschaft konzipierten Ausschuss für
Wissenschaft und Technik vorsieht.
Art. 144 des EAGV
legt die Zuständigkeit des EuGH für spezifische Klagen (Klagen im Zusammenhang
mit den Art. 12 und 83 des EAGV) fest, die sich aus dem EAGV ergeben.
Art. 145 EAGV legt
die Zuständigkeit des EuGH für Klagen fest, die nicht in den Anwendungsbereich
des Art. 83 des EAGV fallen, aber Verletzungen des EAGV darstellen.
Art. 157 des
Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft entspricht Art.
III-379 Abs. 1 des Verfassungsvertrages, mit der Ausnahme der Klausel „Soweit
dieser Vertrag nichts anderes bestimmt.“ Der EAGV sieht nämlich in spezifischen
Fällen, z. B. in Art. 18 und in Art. 83, eine aufschiebende Wirkung vor,
während im Vertrag über eine Verfassung für Europa kein solcher Sonderfall
besteht.
c) Aufhebung
der Art. 161, 162 und 163 und der Art. 165 bis 170 des EAGV.
In den genannten
Artikeln wurden gemeinsame Vorschriften für mehrere Organe, und Vorschriften
betreffend den Wirtschafts- und Sozialausschuss festgelegt.
Die maßgebenden
gemeinsamen Vorschriften für mehrere Organe (bisher die Artikel 161 bis 163 des
Vertrages zum EAGV) werden durch Art. I-33 bis I-39 des Verfassungsvertrages
ersetzt. Die maßgebenden Vorschriften für den Wirtschafts- und Sozialausschuss
(bisher die Art. 165 bis 170 des EAGV) werden durch Art. I-32 und III-389 bis
III-392 des Verfassungsvertrages ersetzt.
Weiterhin bestehen
bleibt Art. 164 des EAGV, weil dieser im Vergleich zu Art. III-401 des
Verfassungsvertrages (der durch Art. 3 des Protokolls zur
Änderung des EAGV auch auf die Europäische Atomgemeinschaft anwendbar wird)
auch auf den im Art. 18 des EAGV eingesetzten Schiedsausschuss Bezug nimmt. Zu
Art. 164 muss der erste Satz von Art. III-401 des Verfassungsvertrages
ergänzend hinzu gelesen werden, wonach die Handlungen des Rates, der Kommission
oder der EZB, die eine Zahlung auferlegen, vollstreckbare Titel sind, und dies
nicht gegenüber den Mitgliedstaaten gilt.
d) Titel
IV (Finanzvorschriften, Artikel 171 bis 183a des EAGV.
Im Titel IV des
EAGV werden allgemeine Bestimmungen über Finanzvorschriften aufgehoben und
bestimmte auf die Europäische Atomgemeinschaft bezogene Artikel
aufrechterhalten.
Aufgehoben werden
folgende Artikel:
Der Inhalt des
Art. 173 Abs. 1 des EAGV wird durch Art. I-54 Abs. 2, Art. 173 Abs. 2 des EAGV
wird durch Art. I-54 Abs. 3 und 4 abgedeckt. Art. 173a des EAGV wird durch die
Art. I-53 Abs. 5 behandelt. Die Art. I-53 und I-54 werden durch Art. 3 des
Protokolls zur Änderung des EAGV für den EAGV anwendbar.
Bis auf Art. 175 Abs. 1 des EAGV wird der
Inhalt dieses Artikels (Ausweis und der Mittel, Übertragung von nicht
verbrauchten Mitteln auf das nächste Haushaltsjahr) durch Art. III-406 des
Verfassungsvertrages (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV)
behandelt. Die Bewilligung der in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben (Art.
175 Abs. 1 des EAGV) wird im Art. I-53 Abs. 3 (siehe Art. 3 des Protokolls zur
Änderung des EAGV) behandelt.
Das im Art. 177
des EAGV festgelegte Verfahren für die Festlegung des Haushaltplanes wird in
den Art. III-403 und III-404 (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des
EAGV) geregelt.
Art. 178 des EAGV
legt das Verfahren für den Fall fest, dass zu Beginn eines Haushaltsjahres noch
kein Haushaltsplan verabschiedet wurde. Für einen solchen Fall wird das in Art.
III-405 des Verfassungsvertrages (siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des
EAGV) festgelegte Verfahren anwendbar.
Art. 179, Art.
179a und Art. 180b des EAGV behandeln die Ausführung des Haushaltplanes und die
Entlastung, Art. 181 des EAGV regelt die Rechnungseinheit, in der die
Haushaltspläne festgelegt werden. Der Inhalt der genannten Artikel wird in den
Art. III-407 bis III-409 (Ausführung des Haushaltsplans und Entlastung) sowie
in Art. III-410 (Rechnungseinheit) des EAGV geregelt.
Der Inhalt von
Art. 183 des EAGV, der das Verfahren zur Festlegung der Haushaltsordnung, die
Vorschriften über die Verantwortung bestimmter Personen (z.B.
Finanzkontrolleure), das Verfahren zur Zurverfügungstellung von
Haushaltseinnahmen und das Verfahren zur Bereitstellung von Kassenmitteln
festlegt, wird durch Art. III-412 des Vertrages über eine Verfassung für Europa
(siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der
Europäischen Atomgemeinschaft) behandelt.
Statt Art. 183a
(Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaft) gilt Art. III-415 (siehe Art.
3 des Protokolls zur Änderung des Vertrages zur Gründung der Europäischen
Atomgemeinschaft).
Weiterhin bestehen
bleiben folgende Artikel:
Art. 171 des EAGV
enthält Finanzvorschriften für die besonderen im Verfassungsvertrag enthaltenen
Einrichtungen („Gemeinsames Unternehmen“ – Art. 45 ff. - und Versorgungsagentur
– Art. 52 ff.). Siehe auch Art. 7 Abs. 2 des Protokolls zur Änderung des EAGV.
Art. 172 Abs. 4
des EAGV enthält die Sonderbestimmung betreffend die Zulässigkeit zur Aufnahme
von Anleihen durch die Europäische Atomgemeinschaft. Siehe auch Art. 7 Abs. 4
des Protokolls zur Änderung des EAGV.
Art. 174 legt
unter anderem Ausgabenkategorien für gemeinsame Unternehmen und die
Versorgungsagentur fest.
Art. 176 des EAGV
enthält Sonderbestimmungen für Verpflichtungs- und Zahlungsermächtigungen, den
Fälligkeitsplan, sowie die Gliederung der bereitgestellten Mittel im Bereich
der Forschungs- und Investitionsausgaben. Siehe auch Art. 7 Abs. 2 des
Protokolls zur Änderung des EAGV.
Art. 182 des EAGV
enthält im Gegensatz zum nicht übernommenen Art. III-411 des EAGV (siehe Art. 3
des Protokolls zur Änderung des EAGV) in den Abs. 3, 4 und 5 Sonderbestimmungen
für Ausgaben, welche die Gemeinschaft in den Währungen dritter Länder vorzunehmen
hat, bzw. über Währungsbeträge dritter Länder, sowie in Abs. 6 eine
Anwendbarkeitsklausel der Sonderregel für den Devisenverkehr auf gemeinsame
Unternehmen und die Versorgungsagentur.
Siehe zur
Bezeichnung des Kapitels über die Finanzvorschriften auch unten Art. 6 des
Protokolls zur Änderung des EAGV.
e) Titel
V (Allgemeine Bestimmungen) – Aufhebung der Art. 190 und 204.
Die in Art. 190
des EAGV geregelte Sprachenfrage wird durch Art. III-433 des EAGV (siehe Art. 3
des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt.
Die in Art. 204
des EAGV enthaltene Regelung betreffend der Aussetzung der Stimmrechte und
bestimmter Rechte, die sich aus der Anwendung des EAGV auf den betroffenen
Mitgliedstaat herleiten, wird durch Artikel I-59 des Verfassungsvertrages
(siehe Art. 3 des Protokolls zur Änderung des EAGV) behandelt.
2. Abs. 2:
Die Protokolle Nr.
1, 3, 6 bis 9, 31, 33 sowie 34 zum Verfassungsvertrag sind auch dem EAGV
beigefügt und gelten auch für diesen.
Durch Art. 5 Abs.
2 werden daher die alten Fassungen der Protokolle, die bisher dem EAGV
beigefügt waren, aufgehoben.
Zu Artikel 6:
Diese Bestimmung
legt fest, dass die Überschrift des Titels IV des EAGV von „Finanzvorschriften“
auf „Besondere Finanzvorschriften“ umbenannt wird.
Zu Artikel 7:
Abs. 1 bis 3:
Die Abs. 1 bis 3
des Art. 7 des EAGV stellen sicher, dass Bezugnahmen in bestehenden Artikeln
des EAGV auf solche Artikel, die durch das Protokoll zur Änderung des EAGV
aufgehoben wurden, angepasst werden. In den Abs. 1 bis 3 des Art. 7 des EAGV
werden die Artikel des Verfassungsvertrages angeführt, auf die in den Art. 38
Abs. 3, 82 Abs. 3, Art. 171 Abs. 2, 176 Abs. 3 und Art. 172 Abs. 4 des EAGV
Bezug genommen wird.
Abs. 4:
Wegen der
Anpassung der Rechtsinstrumente des EAGV an die Rechtsakte der Union (Art.
I-33) wird in den Art. 38, 82, 96 und 98 das Wort „Richtlinie“, die es im
Verfassungsvertrag nicht mehr gibt, durch „Europäische Verordnung“ ersetzt. Die
neue „Europäische Verordnung“ besitzt einen Doppelcharakter und ist das
Nachfolgeinstrument sowohl der „Verordnung“ als auch der „Richtlinie“, sofern
es sich um Rechtsakte ohne Gesetzescharakter handelt (vgl. Erläuterungen zu
Art. I-33
bis I-37). Bei den Art. 96 und
98 ist der Handlungsspielraum des Rates durch diese Änderung geringfügig weiter
als bislang, da eine Europäische Verordnung definitionsgemäß auch direkte
Wirkung entfalten kann.
Abs. 5:
Die in der
Bestimmung genannten Ausnahmen der Art. 18, 20 und 23 des EAGV betreffen
Entscheidungen des in diesen Artikeln behandelten Schiedsausschusses, der
keinen Europäischen Beschluss im Sinne des Art. I-33 Abs. 1 des
Verfassungsvertrages treffen kann.
Die in der
Bestimmung genannte Ausnahme des Art. 53 Abs. 1 des EAGV bezieht sich auf
Entscheidungen der Versorgungsagentur. Solche Entscheidungen stellen keine
Europäischen Beschlüsse im Sinne des Art. I-33 Abs. 1 des Verfassungsvertrages
dar.
Der letzte Fall
des Abs. 5 stellt sicher, dass Beschlüsse bzw. Entscheidungen des EuGH
weiterhin die Bezeichnung Beschlüsse bzw. Entscheidungen tragen können.
Abs. 6:
Durch diese
Bestimmung wird die im Euratom-Vertrag verwendete Bezeichnung „Gerichtshof“ an
die in Art. I-19, I-29 und III-353 ff. des Verfassungsvertrages gewählte
Bezeichnung „Gerichtshof der Europäischen Union“ angepasst.
Zu Artikel 8:
Aufgrund der durch
Art. 5 Abs. 2 bedingten Aufhebung der Protokolle, die bisher dem EAGV beigefügt
waren, wird eine Neuformulierung des Art. 191 notwendig. Diese Bestimmung
verweist nun auf das „Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der
Europäischen Union“ (Protokoll Nr. 7), das dem Verfassungsvertrag und dem EAGV
beigefügt ist.
Zu Artikel 9:
Art. 198 des EAGV
wird neu gefasst, und diese Neufassung des räumlichen Geltungsbereichs wird im
Protokoll wiedergegeben.
In Titel V
Abschnitt 5 (Art. 56 bis 59) des Protokolls Nr. 8 des Verfassungsvertrages
(Protokoll betreffend die Verträge und die Akten über den Beitritt des
Königreiches Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs Großbritannien
und Nordirland, der Hellenischen Republik, des Königreichs Spanien und der
Portugiesischen Republik, der Republik Österreich, der Republik Finnland und
des Königreiches Schweden) werden die Bestimmungen betreffend die Ålandinseln
im Beitrittsvertrag 1995 (BGBl 1995/45 idgF), und in Titel II Abschnitt 3 (Art.
8 bis 13) des oben genannten Protokolls die Bestimmungen des Vertrages über den
Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands sowie des Vereinigten Königreichs
Großbritannien und Nordirland betreffend die Kanalinseln und die Insel Man
übernommen.
Die Neufassung des
Art. 198 des EAGV entspricht daher der alten Fassung mit der Änderung, dass
nunmehr auf das oben genannte Protokoll Nr. 8 des Verfassungsvertrages Bezug
genommen wird, in dem die geltenden Ausnahmebestimmungen betreffend die
Ålandinseln sowie die Kanalinseln und die Insel Man enthalten sind.
Zu Artikel 10:
Art. 206 des EAGV
wird neu gefasst, und diese Neufassung wird im Protokoll wiedergegeben. Im
Gegensatz zur früheren Formulierung („... Abkommen schließen, die eine
Assoziierung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und
besonderen Verfahren herstellen“) heißt es in der neuen Formulierung:
„...Abkommen schließen, durch die eine Assoziation mit gegenseitigen Rechten
und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren gegründet wird.“
Dies ist eine Anpassung an die Formulierung in Art. III-324.
Der Verweis auf
Art. 48 EUV wird durch den Verweis auf Art. IV-443 des Vertrages über eine
Verfassung für Europa ersetzt.
Zu Artikel 11:
Art. 225 Abs. 2
des EAGV wird neu gefasst, und diese Neufassung wird in diesem Artikel
wiedergegeben. Durch die Ausweitung der Verbindlichkeit des Vertrages in
weiteren 17 Sprachen werden die seit der Gründung von Euratom erfolgten
Beitritte zum EAGV berücksichtigt.
Zu Artikel 12:
Die Bestimmung
legt fest, dass die Einnahmen und Ausgaben der Versorgungsagentur und der
gemeinsamen Unternehmen der Europäischen Atomgemeinschaft getrennt vom
Haushaltsplan der Union ausgewiesen werden.
zum Vertrag über eine Verfassung für Europa
Dem Vertrag über
eine Verfassung für Europa sind zwei Anhänge beigegeben:
- eine Liste
zu Art. III-226 der Verfassung und
- eine
Auflistung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, auf welche Teil III,
Titel IV, der Verfassung Anwendung findet.
Die Liste zu Art.
III-226 in Anhang I ist mit der Liste zu Art. 32 EGV identisch und enthält die
landwirtschaftlichen Erzeugnisse, die unter die Bestimmungen der
landwirtschaftlichen Gemeinschaftspolitik fallen.
Anhang II listet
diejenigen Staaten und Hoheitsgebiete auf, auf die die Bestimmungen über „die
Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (Art. III-286 bis
III-291) Anwendung finden.
ERKLÄRUNGEN
die die
Konferenz
angenommen und den
Schlussakten
beigefügt hat
A. Erklärungen zu den Bestimmungen der
Verfassung:
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
2. Erklärung zu Artikel I-9 Absatz 2
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
3. Erklärung zu den Artikeln I-22, I-27 und I-28
Siehe die
Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
9. Erklärung zu den Artikeln I-43 und III-329
Siehe die
Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
12. Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta
der Grundrechte
Siehe die
Erläuterungen zu Teil II des Verfassungsvertrages.
13. Erklärung zu Artikel III-116
Siehe die
Erläuterungen zu dieser Bestimmung.
14. Erklärung zu den Artikeln III-136 und III-267
Siehe die
Erläuterungen zu diesen Bestimmungen.
15. Erklärung zu den Artikeln III-160 und
III-322
Siehe die
Erläuterungen zu diesen Artikeln.
16. Erklärung zu Artikel III-167 Absatz 2 Buchstabe
c
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
17. Erklärung zu Artikel III-184
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
18. Erklärung zu Artikel III-213
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
19. Erklärung zu Artikel III-220
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
20. Erklärung zu Artikel III-243
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
21. Erklärung zu Artikel III-248
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
22. Erklärung zu Artikel III-256
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
23. Erklärung zu Artikel III-273 Absatz 1 Unterabsatz
2
Siehe die Erläuterungen
zu diesem Artikel.
24.
Erklärung zu Artikel III-296
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
26. Erklärung zu Artikel III-402 Absatz 4
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
27. Erklärung zu Artikel III-419
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
28. Erklärung zu Artikel IV-440 Absatz 7
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
29. Erklärung zu Artikel IV-448 Absatz 2
Siehe die Erläuterungen
zu diesem Artikel.
30. Erklärung zur Ratifikation des
Vertrages über die Verfassung für Europa
Siehe die
Erläuterungen zu Art. IV-447 Abs. 2.
B. Erklärungen zu den der Verfassung
beigefügten Protokollen:
31. Erklärung zu den Ålandinseln
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 8.
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 8.
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
35. Erklärung zum Kernkraftwerk Ignalina in
Litauen
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
37. Erklärung zu den Blöcken 1 und 2 des
Kernkraftwerkes Bohunice V1 in der Slowakei
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
Siehe die
Erläuterungen zum Protokoll Nr. 9.
39. Erklärung zu dem Protokoll über die
Position Dänemarks
Nicht erläutert.
Siehe die
Erläuterungen zum Prot. Nr. 34.
41. Erklärung betreffend Italien
Nicht erläutert.
42. Erklärung des Königreichs der Niederlande zu
Artikel I-55
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
43. Erklärung des Königreichs der
Niederlande zu Artikel IV-440
Siehe die
Erläuterungen zu diesem Artikel.
Siehe die
Erläuterungen zum Euratom-Protokoll (Nr. 36).
45. Erklärung des Königreichs Spanien und
des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland
Nicht erläutert.
Nicht erläutert.
47. Erklärung des Königreichs Spanien zur
Definition des Begriffs „Staatsbürger“
Nicht erläutert.
Siehe die
Erläuterungen zu Art. I-20.
49. Erklärung des Königreichs Belgien zu
den nationalen Parlamenten
Siehe die
Erläuterungen zu Art. 8 des Protokolls Nr. 1.
50. Erklärung der Republik Lettland und der Republik
Ungarn zur Schreibweise des Namens der einheitlichen Währung in dem Vertrag
über eine Verfassung für Europa
Nicht erläutert.
Mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung wurde gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung der Vorlage Abstand genommen.
Die Regierungsvorlage kann auf der Homepage des Parlaments unter
http://www.parlament.gv.at
aufgerufen
werden.
Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der
Parlamentsdirektion zur Einsicht auf.