Vorblatt
Problem
Vertragliche
Zessionsverbote, die nach geltendem Recht absolut (also auch gegenüber Dritten)
wirken, entziehen einen beträchtlichen Teil der Geldforderungen dem
Wirtschaftsverkehr. Vielen Unternehmen und vor allem kleinen und mittleren
Betrieben wird dadurch die Möglichkeit der Kreditbesicherung durch die
Abtretung von Forderungen genommen. Darüber hinaus wird der Geschäftsverkehr
allgemein mit der Unsicherheit belastet, dass selbst einem Gläubiger, der eine
Forderung gutgläubig erwirbt, ein vertragliches Zessionsverbot (von dem er gar
keine Kenntnis hatte) entgegengehalten werden kann.
Überdies erscheint
die Privilegierung der Pfandleiher beim Rechtserwerb von Nichtberechtigten nach
§ 4 Abs. 4 des Gesetzes vom 23. März 1885 (RGBl Nr. 48/1885) nicht mehr
zeitgemäß.
Inhalt und
Ziel
Vertragliche
Zessionsverbote sollen – soweit sie Geldforderungen zwischen Unternehmern
betreffen – nur mehr dann wirksam sein, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt
worden sind und den Gläubiger nicht gröblich benachteiligen. Dadurch soll
vermieden werden, dass marktmächtige Unternehmen ihren wirtschaftlich
schwächeren Vertragspartnern einseitig Zessionsverbote aufoktroyieren. Aus
Gründen des Verkehrsschutzes sollen aber selbst solche Zessionsverbote nur mehr
relativ, also zwischen den Vertragspartnern, wirken. Den Erwerb einer Forderung
durch den neuen Gläubiger soll ein solches Zessionsverbot nicht mehr
verhindern.
Aus diesem Anlass
soll auch das erwähnte Privileg der Pfandleiher beseitigt werden.
Alternativen
Abgesehen von der
Beibehaltung des unbefriedigenden geltenden Rechts bestehen zur vorgeschlagenen
Gesetzesänderung keine Alternativen.
Kompetenz
Die Zuständigkeit
des Bundes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG, da es sich um eine
Angelegenheit des Zivilrechts handelt.
Kosten
Mit der
vorgeschlagenen Regelung ist keine Mehrbelastung der öffentlichen Haushalte
verbunden.
Auswirkungen
auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort
Es ist zu erwarten,
dass sich die Verbesserung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen und der
Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen positiv auf die Beschäftigung und
den Wirtschaftsstandort auswirken.
Besonderheiten
des Normerzeugungsverfahrens
Keine.
Aspekte der
Deregulierung
Da das angestrebte
Ziel nur durch eine Gesetzesänderung erreicht werden kann und die
vorgeschlagene Novelle auch nicht über den dafür erforderlichen Regelungsumfang
hinausgeht, stehen dem Vorhaben keine Aspekte der Deregulierung entgegen.
Verhältnis
zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union
Es bestehen keine
Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die die Wirksamkeitsvoraussetzungen
und die Wirkung von vertraglichen Zessionsverboten regeln. Die vorgeschlagene
Gesetzesänderung ist daher weder gemeinschaftsrechtlich geboten noch verstößt
sie gegen Gemeinschaftsrecht.
Erläuterungen
Allgemeiner
Teil
1.
Ausgangslage in Österreich
Zession
(Forderungsabtretung) ist die Übertragung einer Forderung vom bisherigen
Gläubiger (Überträger, Zedent) auf einen neuen Gläubiger (Übernehmer,
Zessionar) unter Aufrechterhaltung ihres Inhalts
(§ 1392 ABGB; Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12
II (2001) 114). Sie erfolgt zumeist entgeltlich und dient häufig dazu, dem
bisherigen Gläubiger frühzeitig liquide Mittel zu verschaffen, wenn die
Forderung noch nicht fällig oder der Schuldner mit der Bezahlung säumig ist.
Der Schuldner wird dadurch im Allgemeinen nicht beschwert, zumal ihm die bis
zur Zession entstandenen Einwendungen weiterhin zustehen. Manche Schuldner sind
bisweilen dennoch daran interessiert, nicht einen anderen
Forderungsberechtigten zu erhalten, weil sich dadurch für sie – vor allem im
Fall einer Mehrfachabtretung oder der Abtretung einer Teilforderung – die
Buchführung und der Leistungsvollzug verkomplizieren können (vgl. eingehend Lukas, Zession und Synallagma [2000] 43 ff und 113 ff).
Daher streben sie die Vereinbarung von Zessionsverboten
an, also die Abrede mit dem Gläubiger, dass dieser die Forderung nicht abtreten
darf. Gerade große, marktmächtige Unternehmen sind meist in der Lage, eine
solche Vereinbarung bei den Vertragsverhandlungen mit ihren (wirtschaftlich
schwächeren) Geschäftspartnern zu erreichen. Häufig verwenden sie auch
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die ein Abtretungsverbot enthalten.
Insgesamt dürfte ein beträchtlicher Teil des gesamten Forderungsvolumens mit
vertraglichen Abtretungsverboten „belastet“ sein.
Das bisherige
österreichische Recht regelt nicht ausdrücklich, unter welchen Voraussetzungen
eine solche Vereinbarung zulässig und wirksam ist sowie ob und wie sie Dritten
gegenüber wirkt (insbesondere gegenüber einem Zessionar, dem die Forderung –
vereinbarungswidrig – abgetreten wurde).
§ 364c ABGB sieht zwar vor, dass ein vertragliches Veräußerungs- oder
Belastungsverbot grundsätzlich nur den ersten Eigentümer bindet und im
Allgemeinen – mit den im Gesetz angeführten Ausnahmen – nicht gegen Dritte
wirkt, doch gilt diese Bestimmung nur für körperliche Sachen und dingliche
Rechte, nicht aber für die Abtretung von Forderungen.
Nach der Judikatur
des Obersten Gerichtshofes ist die Vereinbarung eines Zessionsverbots im
Allgemeinen nicht sittenwidrig, also zulässig und
wirksam (ZVR 1985/133). Darüber hinaus wirkt ein
Zessionsverbot nach der Entscheidung eines verstärkten Senats des OGH „absolut“, also auch gegen Dritte (SZ 57/8). Eine entgegen
einem vertraglichen Zessionsverbot vorgenommene Abtretung ist demnach
unwirksam, sodass der Übernehmer die Forderung nicht erwirbt.
2. Probleme
des geltenden Rechts
Wenngleich das
österreichische Recht damit durchaus anzuerkennende rechtliche Interessen des
Schuldners umfassend schützt, bereitet die Vielzahl der Zessionsverbote
Probleme. Vor allem wird dadurch ein beträchtliches Volumen an Forderungen dem
Wirtschaftsverkehr entzogen.
Viele kleinere und
mittelgroße österreichische Unternehmen sind als Zulieferbetriebe von
marktmächtigen Abnehmern wirtschaftlich abhängig.
Häufig werden ihnen von den – zu Geldleistungen verpflichteten – Abnehmern
Vertragsbedingungen aufoktroyiert, die lange Zahlungsziele mit der Vereinbarung
eines Zessionsverbots kombinieren. Dadurch können sie in
Zahlungsschwierigkeiten geraten, weil ihnen das Entgelt erst längere Zeit nach
Erbringung ihrer Leistung zugeht und sie die Forderungen in der Zwischenzeit
nicht zur Besicherung von Krediten abtreten oder durch Verkauf (etwa im Wege
des Factorings oder der Asset Backed Securitisation) verwerten können.
Ferner sind
derzeit allgemein sicherungsweise abgetretene Forderungen für Kreditgeber mit
der Unsicherheit behaftet, dass sie vielleicht einem
Zessionsverbot unterliegen könnten, von dem der Kreditgeber keine Kenntnis hat.
Diesfalls wäre die Abtretung unwirksam, die (vermeintliche) Sicherheit also
wertlos. Dieser Unsicherheitsfaktor verteuert „Zessionskredite“ (also Kredite,
die durch die Abtretung von Forderungen besichert werden), weil der
Sicherungseffekt von Forderungen ganz generell niedriger veranschlagt werden
muss. In gleicher Weise wirkt sich das geltende Recht negativ auf die
Konditionen beim echten Factoring und ähnlichen Geschäften aus.
Letztlich ist auch
noch zu beachten, dass in die geplante Kapitaladäquanzrichtlinie der EU, die
voraussichtlich im Jahr 2005 erlassen werden wird, die aktuellen Empfehlungen
des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht („Basel II“)
einfließen werden. Diese sehen strengere und detailliertere Anforderungen an
die Eigenkapitalausstattung von Banken vor. Bei der Berechnung des dann
erforderlichen Mindesteigenkapitals wird auch das Risiko der Uneinbringlichkeit
der von der Bank vergebenen Kredite eine wesentliche Rolle spielen. Dieses
Risiko ist um so geringer, je besser der Sicherungseffekt zu bewerten ist. Das
geltende Zessionsrecht könnte sich damit zusätzlich negativ auf die
Kreditkonditionen auswirken; soweit die Anforderungen von „Basel II“ in der
Praxis des internationalen Wirtschaftsverkehr schon jetzt Beachtung finden, ist
eine solche negative Auswirkung auch bereits gegeben.
Im
„Dreiecksverhältnis“ Schuldner, Überträger und Übernehmer haben sowohl der
Überträger als auch der Übernehmer ein beträchtliches rechtliches Interesse
daran, dass die Forderung nicht durch ein absolut wirkendes Zessionsverbot dem
Verkehr entzogen wird. Das Interesse des Schuldners daran, ein Zessionsverbot
wirksam zu vereinbaren und dem Übernehmer gegenüber einzuwenden, ist zwar auch
anzuerkennen, es sollte aber im Vergleich zu den Interessen des Überträgers und
des Übernehmers im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr neu bewertet werden. Dabei
ist im Besonderen zu berücksichtigen, dass der Schuldner auch dem Übernehmer
gegenüber jene Einwendungen gegen die Forderung erheben kann, die ihm gegen den
Überträger zustanden (§ 1396 ABGB), und dass es ihm unbenommen bleibt, vom
Überträger Schadenersatz zu begehren, wenn er durch eine vereinbarungswidrige
Zession einen Schaden erleiden sollte.
Darüber hinaus
besteht aus volkswirtschaftlicher Sicht im Interesse der Beschäftigung
und des Wirtschaftswachstums ein Bedarf an kostengünstigen
Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen. Die Befriedigung dieses Bedarfs
wird dadurch beeinträchtigt, dass Forderungen erheblichen Umfangs wegen eines
(mit absoluter Wirkung ausgestatteten) Zessionsverbots nicht als Mittel zur
Besicherung von Krediten zur Verfügung stehen.
3.
Internationale Entwicklung
Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei vergleichbarer Rechts-
und Wirtschaftslage schon im Jahr 1994 dafür entschieden, durch die Einfügung
der Bestimmung des § 354a in das deutsche Handelsgesetzbuch für vertragliche
Verbote der Abtretung von Geldforderungen aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft
ausdrücklich eine nur relative Wirkung zu normieren, sodass eine
vereinbarungswidrig vorgenommene Abtretung nunmehr gleichwohl wirksam ist.
Die
Generalversammlung der Vereinten Nationen hat am 12.12.2001 mit der Resolution
56/81 die von der UNCITRAL erarbeitete „Convention
on the Assignment of Recievables in International Trade“ (im Folgenden: Zessionskonvention) angenommen, der Österreich bis dato
nicht beigetreten ist. Das Übereinkommen sieht in Art. 9 Abs. 1 vor, dass die
Abtretung einer Forderung auch dann wirksam sein soll, wenn eine Vereinbarung
besteht, die das Recht des Zedenten, die Forderung abzutreten, beschränkt (oder
ausschließt). Auch der Zessionskonvention liegt dabei der Gedanke der
Gewährleistung von mehr Rechtssicherheit für den Wirtschaftsverkehr und eines
besseren Zugangs zu kostengünstigen Finanzierungsmöglichkeiten zugrunde (vgl.
die Präambel der Zessionskonvention).
Aus eben diesen
Gründen bevorzugen internationale Investoren Wirtschaftsstandorte, die eine möglichst
hohe Verkehrsfähigkeit von Forderungen gewährleisten.
4.
Entstehung des Entwurfs
Das
Bundesministerium für Justiz veranstaltete bereits im Jahr 1997 ein Orientierungsgespräch
über eine mögliche Änderung des Zessionsrechts. Damals konnte in der Debatte
aber kein Konsens über die Notwendigkeit einer Änderung der dargestellten
geltenden Rechtslage erzielt werden. Im Jahr 2002 hat der Regierungsbeauftragte
für den Kapitalmarkt eine Initiative zur Schaffung geeigneter rechtlicher
Rahmenbedingungen für die Finanzierungstechnik der „Securitisation“
(Verbriefung von Forderungen, auch „Asset Backed Securitisation“ oder
abgekürzt ABS) lanciert. Bei dieser Finanzierungstechnik werden Forderungen an
eine „Verbriefungsgesellschaft“ übertragen. Diese gibt Schuldverschreibungen
aus, für welche die Forderungen die Haftungsgrundlage bilden. Auf diese Weise
kann sich der ursprüngliche Gläubiger über die Verbriefungsgesellschaft am
Kapitalmarkt refinanzieren (vgl. dazu etwa Trettnak,
Forderungsverbriefungen nach US-amerikanischem und österreichischem Recht, ÖBA
2003, 397). Eine Arbeitsgruppe im Bundesministerium für Finanzen hat daraufhin
eine „Punktation“ über mögliche und wünschenswerte Maßnahmen zur Schaffung
geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen für die „Securitisation“ in Österreich
vorbereitet. In dieser Punktation wird auch vorgeschlagen, Regelungen zur
Aufhebung der absoluten Wirkung von Zessionsverboten in Erwägung zu ziehen.
Aufgrund einer
Initiative der Wirtschaftskammer Österreich hat das Bundesministerium für
Justiz in der Folge die Frage in mehreren Gesprächen mit Vertretern der
Sozialpartner, der Rechtsberufe und der Lehre diskutiert. In diesen Sitzungen
hat sich eine breite Unterstützung für eine Gesetzesänderung
herauskristallisiert. Auf der Grundlage von Vorschlägen der Wirtschaftskammer
und von Univ.-Prof. Dr. Lukas hat das Bundesministerium für Justiz in
der Folge einen Begutachtungsentwurf ausgearbeitet. Dieser Entwurf ist nach der
Auswertung der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens noch einmal diskutiert
und überarbeitet worden.
5. Ziele und
wesentliche Inhalte des Entwurfs
Aufgrund der
erwähnten Diskussionen im Bundesministerium für Justiz und der Stellungnahme
von
Univ.-Prof. Dr. Lukas geht der Entwurf davon aus,
dass eine – etwa dem deutschen Vorbild folgende – Aufhebung
der absoluten Wirkung von Zessionsverboten gegenüber Dritten für sich allein zu kurz greift und das Ziel verbesserter
Finanzierungsmöglichkeiten nur unzureichend verwirklichen kann. Solange ein
zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger vereinbartes Zessionsverbot in deren
Beziehung zueinander (also inter partes) wirksam ist, kann der Gläubiger zwar
aufgrund einer solchen Bestimmung die Forderung wirksam an einen Dritten
abtreten; im Verhältnis zum Schuldner darf er das aber nicht. Mit einer
vereinbarungswidrigen Abtretung würde er sich daher möglicherweise
Schadenersatzansprüchen des Schuldners, dem Verfall einer Vertragsstrafe oder
einer Auflösung des Schuldverhältnisses durch den Schuldner aus wichtigem Grund
aussetzen. Damit könnte es für den Gläubiger erst recht wieder faktisch
unmöglich sein, seine Forderungen zu Finanzierungszwecken zu verwenden.
Daher wird
vorgeschlagen, die Wirksamkeit von Zessionsverboten inter partes von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen
abhängig zu machen. Nach § 1396a ABGB sollen Zessionsverbote nur dann
verbindlich sein, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt
wurden und den Gläubiger nicht gröblich benachteiligen. Zessionsverbote, die in
vorgefertigten Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern
enthalten sind und über die nicht verhandelt worden ist, sollen damit künftig
überhaupt unwirksam sein. Außerdem soll die Vereinbarung eines
Abtretungsverbots einer Inhaltskontrolle
unterliegen: Benachteiligt die Vereinbarung den Gläubiger nach den Umständen
des Falles gröblich, etwa weil dieser vom Schuldner wirtschaftlich abhängig
ist, sich der Schuldner gleichzeitig ungewöhnlich lange Zahlungsfristen
ausbedungen hat und der Gläubiger durch das Zessionsverbot nahezu jeglicher
Finanzierungsmöglichkeiten beraubt wird, so soll selbst ein im Einzelnen
ausgehandeltes Zessionsverbot nichtig sein.
Auf diese Weise
soll erreicht werden, dass künftig eine wesentlich geringere Anzahl von
Forderungen mit einem Zessionsverbot belastet und damit dem Verkehr (zumindest
faktisch) weitgehend entzogen wird. Mit anderen Worten: die Verkehrsfähigkeit der Forderungen soll erhöht werden, sie
sollen keine brachliegenden Vermögenswerte darstellen, sondern im
Wirtschaftsverkehr zirkulieren können. Gleichzeitig soll aber auch der
allgemeine Verkehrsschutz verbessert werden. Auch
ein demnach wirksames Zessionsverbot soll nur relative Wirkung haben. Damit
soll der Geschäftsverkehr ganz allgemein vom Unsicherheitsfaktor befreit
werden, den die absolute Wirkung von Zessionsverboten für den Erwerber einer
Forderung darstellt.
Zur Beseitigung
des Privilegs der Pfandleiher nach § 4 Abs. 4 des Gesetzes vom 23. März 1885
(RGBl Nr. 48/1885) sei auf den Besonderen Teil der Erläuterungen (zu Art. 3 Z
2) verwiesen.
6.
Eingrenzung des Vorhabens
In den Gesprächen
im Bundesministerium für Justiz haben die Sozialpartner die Auffassung
vertreten, dass sich die vorgesehenen Regelungen auf Vereinbarungen zwischen
Unternehmern beschränken sollen. Lohn- und Gehaltsforderungen, die Arbeitnehmern gegen ihre Arbeitgeber zustehen, sollen
aufgrund der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses vom Anwendungsbereich der
neuen Regelung ausgenommen sein. Damit soll nicht zuletzt verhindert werden,
dass Arbeitnehmer von unseriösen Vertragspartnern zur leichtfertigen Abtretung
ihrer Entgeltansprüche verleitet werden könnten und dass die Arbeitgeber das
Arbeitsverhältnis kündigen, wenn sie vom Übernehmer in Anspruch genommen
werden. Diesen Bedenken trägt der Entwurf Rechnung. In anderen
privatrechtlichen Bereichen scheint kein Bedarf für eine Regelung zur
Einschränkung von Zessionsverboten zu bestehen, weil dort derartige
Vereinbarungen nicht üblich sind.
Wie § 354a dHGB
und die Zessionskonvention (Art. 2 lit. a) soll die neue Bestimmung nur für Geldforderungen gelten. Andere Ansprüche werden kaum zu
Finanzierungszwecken verwendet und sind in der Praxis äußerst selten Gegenstand
eines vertraglichen Zessionsverbots. Insofern erscheint kein Regelungsbedarf
gegeben. Von einer Regelung, nach der auch Vereinbarungen über die Abtretung
von Forderungen auf Leistung anderer vertretbarer Sachen erfasst sein sollen,
sieht der Entwurf auf Grund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens ab.
Der vorgeschlagene
§ 1396a ABGB soll auch nur die Wirksamkeit von vertraglichen Zessionsverboten
inter partes und deren Wirkung gegenüber Dritten regeln. Davon unberührt bleibt
die Frage, ob es rechtlich überhaupt möglich ist, eine Forderung abzutreten
(vgl. § 1393 ABGB). Auch sollen gesetzliche Zessionsverbote
nicht angetastet werden.
Unberührt bleiben
soll schließlich auch das Kontokorrent nach den §§
355 ff. HGB. Die Kontokorrentvereinbarung bewirkt, dass die von ihr erfassten
einzelnen Forderungen nicht mehr selbstständig geltend gemacht und auch nicht
abgetreten werden können. Auch das soll sich nicht ändern.
7. Kompetenz
Die Zuständigkeit
des Bundes, die vorgeschlagenen Bestimmungen zu erlassen, ergibt sich aus Art.
10 Abs. 1 Z 6 B-VG, da es sich um eine Angelegenheit des Zivilrechts handelt.
8. Kosten
Das
Bundesministerium für Justiz geht davon aus, dass die vorgeschlagene legilative
Maßnahme zu keiner Mehrbelastung der öffentlichen Hand führt.
Streitigkeiten über die Wirksamkeit und Wirkung von vertraglichen
Zessionsverboten können schon jetzt entstehen. Daher ist nicht anzunehmen, dass
die vorgeschlagene Änderung der Rechtslage eine spürbare Erhöhung des Anfalls
bei den Gerichten zur Folge haben wird.
9.
Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort
Es ist zu
erwarten, dass sich die Verbesserung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen und
der Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen positiv auf die Beschäftigung
und den Wirtschaftsstandort auswirken.
10.
Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens
Es bestehen keine
besonderen Beschlusserfordernisse im Nationalrat und im Bundesrat.
Das Vorhaben
unterliegt nicht dem Konsultationsmechanismus, weil die
Gebietskörperschaften in ihrer Eigenschaft als Träger von Privatrechten nicht
anders als alle anderen Rechtsträger betroffen sind (Art. 6 Abs. 1 Z 2 der
Bund-Länder Vereinbarung über Konsultationsmechanismus und Stabilitätspakt).
Letztlich ist der
Entwurf auch nicht nach der Richtlinie 98/34/EG über ein
Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften
und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft der
Europäischen Kommission zu notifizieren.
11. Aspekte
der Deregulierung
Das angestrebte
Ziel einer Verbesserung der Verkehrsfähigkeit von Forderungen und der
Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen kann nur durch eine Gesetzesänderung
erreicht werden. Die vorgeschlagene Novelle geht auch nicht über den dafür
erforderlichen Regelungsumfang hinaus. Dem Vorhaben stehen daher Aspekte der
Deregulierung nicht entgegen.
12.
Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union
Es bestehen keine
Rechtsvorschriften der Europäischen Union, die die
Wirksamkeitsvoraussetzungen und die Wirkung von vertraglichen Zessionsverboten
regeln. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung ist daher weder
gemeinschaftsrechtlich geboten, noch verstößt sie gegen Gemeinschaftsrecht.
Allerdings ist zu erwarten, dass durch sie zumindest die praktische Umsetzung
der künftigen Kapitaladäquanzrichtlinie erleichtert wird. Sie entspricht auch
der internationalen Entwicklung.
Besonderer
Teil
Zu Artikel 1
(§ 1396a ABGB):
Aus den im
allgemeinen Teil unter 6. dargelegten Gründen beschränkt sich der
vorgeschlagene § 1396a ABGB auf die Regelung der Wirksamkeitsvoraussetzungen
und der Wirkungen von Zessionsverboten, mit denen die Abtretung von Geldforderungen zwischen Unternehmern aus
unternehmerischen Geschäften ausgeschlossen werden soll. Der Ausdruck
Unternehmer ist – so wie in den §§ 1333 Abs. 2 und 1335 ABGB – wie in § 1 KSchG
zu verstehen. In anderen Fällen sollen Zessionsverbote wie bisher im Rahmen der
allgemeinen Regeln des Schuldrechts zulässig sein und – sofern nicht die
Auslegung des Zessionsverbots etwas anderes ergibt (vgl. dazu F. Bydlinski, Zessionsverbot und Vertragsauslegung, in FS für E. A. Kramer (2004), 121 (135 ff) sowie Lukas, Zession und Synallagma, 50 f) – absolut wirken.
Soweit die Abtretung des Förderungsanspruchs schon durch Gesetz oder Verordnung
ausgeschlossen wird, wie dies etwa in den Wohnbauförderungsgesetzen der Länder
der Fall ist (vgl. § 17 Abs. 2 Bgld Wohnbauförderungsgesetz; § 42 Abs. 2 Ktn Wohnbauförderungsgesetz;
§ 19 Abs. 2 NÖ Wohnungsförderungsgesetz; § 28 Abs. 1 OÖ
Wohnbauförderungsgesetz; § 53 Abs. 2 Sbg Wohnbauförderungsgesetz; § 47 Abs. 6
Stmk Wohnbauförderungsgesetz; § 20 Abs. 8 Tir Wohnbauförderungsgesetz; § 19
Abs. 1 Vbg Wohnbauförderungsgesetz; § 29 Abs. 6 Wr Wohnbauförderungs- und
Wohnhaussanierungsgesetz), kommt die vorgeschlagene Neuregelung ohnehin nicht
zur Anwendung, weil sie nur vertragliche Zessionsverbote betrifft.
Als vertragliches
Zessionsverbot ist jede Vereinbarung anzusehen, durch die die Abtretbarkeit
einer Forderung verhindert werden soll. Dabei soll es keinen Unterschied
machen, ob etwa vereinbart wird, dass die Forderung nicht abgetreten werden
kann oder darf, dass sie „unabtretbar“ ist oder dass ihre Verkehrsfähigkeit
sonst ausgeschlossen wird. Von der Neuregelung sind außerdem – ohne dass dies
im Gesetzestext eigens gesagt werden müsste – auch Verpfändungsverbote
(als Minus eines Abtretungsverbots) umfasst.
§ 1396a Abs. 1 erster Satz ABGB betrifft die Wirksamkeit
eines Zessionsverbotes inter partes, also im
Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem (ursprünglichen) Gläubiger der
Forderung. Unter Übernahme eines im Verbraucherschutzrecht bewährten Konzepts
(vgl. § 6 Abs. 2 KSchG) soll die Wirksamkeit eines Zessionsverbots zunächst
davon abhängig sein, dass es im Einzelnen ausgehandelt
worden ist. „Im Einzelnen ausgehandelt“ sind Vertragsbestimmungen, auf die sich
die Parteien im Zuge freier Verhandlungen einigen. Werden keine vorformulierten
AGB oder Vertragsformblätter verwendet, sondern kommt die Vereinbarung erst
durch die Vertragsverhandlungen zustande, so wird das Zessionsverbot in der
Regel im Einzelnen ausgehandelt sein. Wird jedoch ein vorformulierter Text
verwendet, so genügt es nicht, wenn dem Vertragspartner dessen Inhalt bewusst
gemacht und erklärt wird. Entscheidend ist vielmehr ein beiderseitiges
erkennbares Erwägen, den Vertrag auch mit anderem Inhalt zu schließen. Der
Verwender des vorformulierten Textes muss erkennbar bereit gewesen sein, die
Vertragsbestimmung zu ändern oder entfallen zu lassen, und der andere
Vertragspartner muss sich dieser Bereitschaft bewusst gewesen sein (vgl. Krejci in Rummel3,
§ 6 KSchG Rz 147 ff). Aus der Formulierung „ist nur verbindlich, wenn ...“
ergibt sich zudem, dass den Schuldner, der sich auf ein Zessionsverbot beruft,
die Beweislast dafür trifft, dass dieses im
Einzelnen ausgehandelt wurde.
Zusätzlich soll
klargestellt werden, dass selbst im Einzelnen ausgehandelte Zessionsverbote nur
dann verbindlich sind, wenn sie den Gläubiger unter Berücksichtigung aller
Umstände des Falles nicht gröblich benachteiligen.
Der Begriff der „gröblichen Benachteiligung“ ist aus § 879 Abs. 3 ABGB
übernommen. Diese Bestimmung gilt nämlich – wenngleich auch ihre analoge
Anwendung in Erwägung gezogen wird (vgl. Krejci in
Rummel3, § 879 ABGB Rz 235) – zumindest
ihrem Wortlaut nach nur für Vertragsbestimmungen, die in AGB oder
Vertragsformblättern enthalten sind. Sie würde demnach bei strenger
Wortlautinterpretation bei im Einzelnen ausgehandelten Zessionsverboten in der
Regel nicht eingreifen. Eine Inhaltskontrolle von Zessionsverboten anhand der
konkreten Umstände des Einzelfalls soll aber auch in diesen Fällen möglich
sein. Wenn etwa zwischen den Vertragspartnern ein wirtschaftliches Machtgefälle
zu Ungunsten des Gläubigers besteht, sich der Schuldner zugleich ungewöhnlich
lange Zahlungsfristen ausbedungen hat und dem Gläubiger durch das
Zessionsverbot nahezu jegliche Finanzierungsmöglichkeiten genommen werden, soll
selbst ein im Einzelnen ausgehandeltes Zessionsverbot nichtig sein.
Auch im Einzelnen
ausgehandelte und nicht gröblich benachteiligende, also inter partes
verbindliche Zessionsverbote sollen künftig aus Gründen des Verkehrsschutzes
nur mehr relativ wirken, die Wirksamkeit einer
Abtretung der Forderung an einen Dritten also nicht berühren. Der Schuldner
kann daher, sobald er von der Abtretung verständigt worden ist, nur mehr mit
schuldbefreiender Wirkung an den Übernehmer leisten. Das ergibt sich schon aus
§ 1395 letzter Satz und § 1396 erster Satz ABGB. Auch der Masseverwalter kann
sich im Konkurs über das Vermögen des Gläubigers nicht gegenüber dem Zessionar
auf die Unwirksamkeit der Abtretung berufen. Für den Sonderfall einer entgegen
einem inter partes verbindlichen Zessionsverbot vorgenommenen Abtretung soll
jedoch nach dem letzten Halbsatz des Abs. 1 eine nach erfolgter Verständigung
vorgenommene (irrtümliche) Zahlung des Schuldners an den Zedenten doch schuldbefreiend wirken, wenn dem Schuldner dabei nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt. Damit wird dem
Umstand Rechnung getragen, dass ein Schuldner, der ein Zessionsverbot (unter
Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen) wirksam vereinbart hat, mit einer
von seinem Vertragspartner vereinbarungswidrig vorgenommenen Abtretung nicht
rechnen muss.
Grundsätzlich kann
der Schuldner nach Maßgabe des § 1396 ABGB seine Einwendungen,
die ihm bis zur Verständigung gegen den Zedenten zustanden, auch dem Zessionar
entgegenhalten. Eine vom Zedenten entgegen einem wirksam vereinbarten Zessionsverbot
vorgenommene Abtretung bildet eine Vertragsverletzung, aus der dem Schuldner
Rechte gegen den Zedenten erwachsen können (etwa Schadenersatzansprüche oder
Kündigungsrechte). Dies wird im ersten Satz des § 1396a Abs. 2 ausdrücklich anerkannt. Um die Effektivität des
durch die Anordnung einer nur relativen Wirkung von Zessionsverboten
verbesserten Verkehrsschutzes abzusichern, sollen aber solche Rechte des
Schuldners wegen der Verletzung des Zessionsverbots nicht gegen die Forderung
eingewendet werden können. Sie können also weder dem Zessionar noch einem
anderen Forderungsberechtigten (dem die Forderung weiterzediert worden ist)
entgegengehalten werden. Außerdem soll der Übernehmer dem Schuldner auch dann
nicht – etwa wegen des Eingriffs in fremde Forderungsrechte – haften, wenn er
das Zessionsverbot gekannt hat. Dies wird im zweiten Satz des Abs. 2
vorgesehen. Damit befindet sich die vorgeschlagene Neuregelung im Einklang mit
den Bestimmungen der Zessionskonvention (Art. 9 Abs. 2 zweiter Satz und Art. 18
Abs. 3).
Im Allgemeinen
soll es zulässig sein, dass sich der Schuldner vom Gläubiger für den Fall der
Verletzung eines wirksam vereinbarten Zessionsverbots die Zahlung einer Konventionalstrafe versprechen lässt. Eine solche
Vertragsstrafe soll aber nicht übermäßig hoch sein, zumal der Schaden, den der
Schuldner – wenn überhaupt – durch die Verletzung des Zessionsverbots erleidet,
meist gering sein wird. Die Zulässigkeit allzu hoher Vertragsstrafen würde das
Ziel, die Umlauffähigkeit von Forderungen zu verbessern, beeinträchtigen. Daher
sieht § 1396a Abs. 3 ABGB vor,
dass eine für den Fall der Verletzung eines (nach § 1396a Abs. 1 wirksam
vereinbarten) Zessionsverbots versprochene Konventionalstrafe vom Richter
jedenfalls nach § 1336 Abs. 2 ABGB gemäßigt werden kann, und zwar entgegen §
348 HGB auch dann, wenn sie von einem Kaufmann im Betrieb seines
Handelsgewerbes versprochen wurde.
In § 1396a Abs. 4 ABGB wird eine Ausnahme für Förderungsverträge
vorgesehen: Die Abs. 1 bis 3 sollen nicht für Zessionsverbote gelten, die im
Rahmen eines Förderungsvertrags mit einem Förderungswerber vereinbart werden
(vgl. etwa § 21 Abs. 2 Z 12 der Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung
von Förderungen aus Bundesmitteln, BGBl. II Nr. 51/2004). Dazu zählen neben der
unmittelbaren Abwicklung der Förderung durch die juristische Person
öffentlichen Rechts auch die Abwicklung der Förderung durch eine sonstige
Einrichtung im Namen und auf Rechnung der juristischen Person des öffentlichen
Rechts sowie die Vergabe von Förderungen durch eine selbstständige Einrichtung
auf deren Namen und Rechnung, sofern sie von einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts gegründet wurde.
Zu
Artikel 2
Zu Z 1
(In-Kraft-Treten des § 1396a ABGB)
§ 1396a ABGB soll
mit 1. Juni 2005 in Kraft treten. Allerdings soll § 1396a Abs. 1 Satz 1 ABGB,
der die Wirksamkeit von Zessionsverboten inter partes regelt, nur für
Zessionsverbote gelten, die nach dem 31. Mai 2005 vereinbart werden. Vor dem
In-Kraft-Treten wirksam vereinbarte Zessionsverbote sollen aus Gründen des
Vertrauensschutzes inter partes verbindlich bleiben.
In der
Wirtschaftspraxis sind Abtretungsverbote häufig in „Rahmenverträgen“ enthalten,
die dauernde Geschäftsbeziehungen regeln und etwa für alle Geldforderungen
gelten, die einem Lieferanten durch seine Warenlieferungen im Laufe der Zeit
gegen seinen Abnehmer entstehen. Wurde ein solches Zessionsverbot vor dem 1.
Juni 2005 wirksam vereinbart, so bleiben davon möglicherweise noch über viele
Jahre hinweg alle im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung entstehenden Forderungen
umfasst. Dass der Gläubiger in diesen Fällen im Verhältnis zum Schuldner
verpflichtet bleibt, auch die „neuen“ Forderungen nicht abzutreten, ist aus
Gründen des Vertrauensschutzes gerechtfertigt. Es würde aber das mit der
Novelle verfolgte Ziel einer Verbesserung des Verkehrsschutzes übermäßig
beeinträchtigen, wenn solche „alten“ Zessionsverbote auch auf „neue“
Forderungen absolute Wirkung entfalten könnten. Diesfalls hätten nämlich
Übernehmer einer Forderung weiterhin keine Sicherheit, dass sie die ihnen
abgetretene Forderung wirklich erwerben, weil es ja sein könnte, dass diese,
selbst wenn sie nach dem 31. Mai 2005 entstanden sind, einem „alten“, weiterhin
absolut wirkenden Zessionsverbot unterliegen.
Daher sieht Art. 3
Z 1 im dritten und vierten Satz vor, dass „alte“ Zessionsverbote der
Wirksamkeit der Abtretung einer nach dem In-Kraft-Treten entstandenen Forderung
nicht entgegenstehen und auf die Abtretung von solchen „neuen“ Forderungen auch
§ 1396a Abs. 1 letzter Halbsatz, Abs. 2 und Abs. 3 ABGB anzuwenden ist.
Das „Entstehen“
einer Forderung im Sinne dieser Übergangsregelung ist von der „Begründung“ der
Forderung (vgl. § 25 Abs. 1 HGB) und ihrer „Fälligkeit“ zu unterscheiden. Wird
etwa vereinbart, dass ein Lieferant ein Jahr lang monatlich eine bestimmte
Menge einer Ware zu liefern und der Abnehmer dafür jeweils ein Monat nach der
Lieferung ein bestimmtes Entgelt zu leisten hat, so sind alle
Entgeltforderungen für die zwölf monatlichen Lieferungen bereits durch den Vertragsabschluss
„begründet“. Sie „entstehen“ aber erst mit der Vornahme der einzelnen
Lieferungen, von der die Zahlungspflicht des Abnehmers abhängt. Wenn eine
Lieferung erfolgt und die Pflicht zur Zahlung des dafür zu leistenden Entgelts
entstanden ist, dauert es noch einen Monat, bis die Forderung „fällig“
wird.
Zu Z 2
(Beendigung der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 4 RGBl. Nr. 48/1885)
§ 4 Abs. 4 des
Gesetzes vom 23.3.1885, RGBl. Nr. 48/1885, mit welchem einige Bestimmungen
hinsichtlich der Pfandleihergewerbe erlassen werden (in der Folge nur mehr:
Gesetz vom 23.3.1885), hat in der Fassung von Art. 16 Z 2 der 4. EVHGB, GBlÖ
Nr. 86/1939, folgenden Wortlaut:
"Früher
erworbene Rechte dritter Personen auf Wertpapiere und andere bewegliche Sachen,
welche von einem solchen Gewerbsinhaber aufgrund eines zu seinem
Gewerbsbetriebe gehörigen Geschäftes als ein Vermögen seiner Schuldner
übernommen worden sind, gehen den Ansprüchen des Gewerbsinhabers in diesem Fall
nur dann vor, wenn jene früheren Rechte dem Gewerbsinhaber schon bei der
Übergabe bekannt oder doch deutlich erkennbar waren, und der gute Glaube des
Gewerbsinhabers auch nicht nach den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des §
367 des HGB als ausgeschlossen gilt."
Diese Bestimmung
stellt eine die Pfandleiher begünstigende Spezialnorm zu § 366 HGB dar. Nach §
366 Abs. 4 HGB kann an Sachen, die dem Eigentümer gestohlen worden, verloren
gegangen oder sonst abhanden gekommen sind, das Eigentum oder ein Pfandrecht
nicht erworben werden. Nach dem Abs. 5 bleiben jedoch „für den gutgläubigen
Erwerber günstigere Vorschriften des österreichischen Rechts“ unberührt. Eine
solche „günstigere Vorschrift“ ist § 4 Abs. 4 des Gesetzes vom 23.3.1885. Die
Bestimmung führt dazu, dass ein bestohlener Eigentümer mit einer Eigentumsklage
gegen einen Pfandleiher, der die Sache mittelbar oder unmittelbar vom Dieb
erhalten hat, nicht durchdringt, sofern diesem nicht schon bei der Übergabe der
Sache die früheren Rechte bekannt oder zumindest deutlich erkennbar waren. Dies
stellt insofern ein Privileg zugunsten der Pfandleiher dar, als es für die
Wirksamkeit der Entstehung des Pfandrechts nur auf den guten Glauben zum
Zeitpunkt der Pfandannahme ankommt, nicht aber auf die weiteren Voraussetzungen
des § 456 in Verbindung mit § 367 ABGB, insbesondere nicht auf die streng zu
prüfende Redlichkeit, die schon bei Vorliegen leichter Fahrlässigkeit verneint
wird (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 I (2002), 296
und 345; Hinteregger in Schwimann, ABGB II2 § 456 Rz 7; Ehrenzweig,
System I/2, 447; Klang, Kommentar II2, 457; Hofmann in Rummel3, § 456 Rz 4).
Mit diesem
Privileg sollte seinerzeit offensichtlich die Verpfändung beweglicher Sachen
erleichtert werden, weil es den Pfandleihanstalten ermöglichte, ohne intensive
Nachforschungen Kredite zu vergeben. Diese Art der Kreditbesicherung hatte
damals große Bedeutung, waren doch vor allem ärmere Bevölkerungsschichten auf
die Verpfändung von Wertsachen angewiesen. Missbräuchen sollte durch eine
entsprechende staatliche Aufsicht begegnet werden; die bedeutendste
Pfandleihanstalt, das „Dorotheum“ wurde als „Wohlfahrtseinrichtung“ angesehen
(vgl. SZ 10/56).
Dieser
Gesetzeszweck scheint allerdings mittlerweile aufgrund der seither
eingetretenen Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse ins Leere zu gehen.
Kredit erlangen die Verbraucher in aller Regel auf andere Art und Weise, vor
allem durch die Möglichkeit der Überziehung von Girokonten, aber auch durch
andere Kreditformen, vom klassischen Ratengeschäft bis hin zu
Leasingfinanzierungen. Der „Wohlfahrtszweck“, also die Möglichkeit für breite
Bevölkerungsschichten, durch die Verpfändung von Wertsachen rasch und einfach
zu Geld zu kommen und Kredit zu erlangen, hat sich weitgehend überlebt. Auch
ist das Dorotheum keine Einrichtung der öffentlichen Wohlfahrt mehr, sondern
nach Umwandlung in eine GesmbH, Aufnahme in den Anwendungsbereich der GewO und
Verstärkung der unternehmerischen Tätigkeit (vgl. das Bundesgesetz über die
Übertragung des Dorotheums in das Eigentum der ÖIAG, BGBl. I Nr. 65/1998, und
ÖIAG-Gesetz 2000, BGBl. I Nr. 24/2000) ein nach kaufmännischen Gesichtspunkten
geführter Wirtschaftsbetrieb. Die – historisch erklärbare – Privilegierung der
Pfandleihanstalten (und damit verbunden die weitgehende Einschränkung der
Rechte bestohlener Eigentümer) ist daher heute sachlich nicht mehr
gerechtfertigt.
Zwar wurde mit dem
Ersten Bundesrechtsbereinigungsgesetz (1. BRBG, BGBl I Nr. 191/1999) das
Außer-Kraft-Treten aller vor dem 1.1.1946 kundgemachten Rechtsvorschriften, die
nicht im Anhang dieses Gesetzes angeführt sind, angeordnet. Das Gesetz vom
23.3.1885 ist in diesem Anhang nicht angeführt und daher mit Ablauf des
31.12.1999 außer Kraft getreten (§ 1 des 1. BRBG). Nach § 5 Abs. 2 des 1. BRBG
steht dieses Außer-Kraft-Treten jedoch der weiteren Anwendung der Norm auf
Fälle, die sich nach dem 31.12.1999 ereignen, insoweit nicht entgegen, als die
Anwendung durch eine im Ereignungszeitpunkt geltende Rechtsvorschrift
angeordnet ist. Dies ist bei § 4 Abs. 4 des Gesetzes vom 23.3.1885 der Fall.
Die Bestimmung fand nämlich – gleichzeitig mit dem In-Kraft-Treten des
Dorotheumsgesetzes mit 1.1.1979 –
in die Gewerbeordnung Eingang (vgl. § 8 Z 6 des Dorotheumsgesetzes, wodurch der
bis zu diesem Zeitpunkt geltende Ausschluss der öffentlichen Pfandleih-,
Verwahr- und Versteigerungsanstalten vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung
aufgehoben wurde). Seither ist dieser
Verweis in allen Novellen der Gewerbeordnung, wenn auch in
unterschiedlichen Praragrafen, immer wieder übernommen worden. Nunmehr ist er
in § 155 Abs. 4 GewO enthalten.
Das bedeutet im
Ergebnis, dass die zitierte Bestimmung – obwohl sie im Anhang zum 1. BRBG nicht
erwähnt wird – wohl weiterhin anwendbares Recht ist, da sie durch die
ausdrückliche Erwähnung in der Gewerbeordnung in den geltenden Rechtsbestand
übernommen wurde.
Da diese
Privilegierung – wie dargelegt – sachlich nicht mehr gerechtfertigt und
zeitgemäß ist, soll ihre weitere Anwendung mit der vorgeschlagenen Bestimmung
ausgeschlossen werden.