VORBLATT

Problem:

Die Europäische Verteidigungsagentur (EDA) wurde durch die Gemeinsame Aktion 2004/551/GASP des Rates vom 12. Juli 2004 als zwischenstaatliche Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung eingerichtet. Da das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften  auf die EDA nicht anwendbar ist, müssen die erforderlichen Privilegien und Immunitäten  durch einen eigenen Rechtsakt geregelt werden.

Ziel:

Der EDA und ihren Bediensteten sollen die im EU Rahmen üblichen Vorrechte und Befreiungen, die für ihre Funktionsfähigkeit erforderlich sind, eingeräumt werden.

Inhalt:

Der EDA wird insbesondere die Immunität von der Gerichtsbarkeit und staatlichen Zwangsmaßnahmen in bezug auf ihre Vermögenswerte, die Unverletzlichkeit der Archive, die Befreiung von Steuern unter den im Beschluss festgelegten Bedingungen und Erleichterungen für den Nachrichtenverkehr gewährt. Die Bediensteten der Agentur genießen funktionelle Immunität und Steuerbefreiung für ihre Gehälter und anderen Bezüge unter den im Beschluss festgelegten Bedingungen.

Alternativen:

Keine

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

finanzielle Auswirkungen:

Im Hinblick darauf, dass sich der Sitz der EDA in Brüssel befindet, ist nur mit geringen finanziellen Auswirkungen des Beschlusses auf Österreich zu rechnen.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Beschluss entspricht den einschlägigen Vorgaben des EU - Rechts (insb. Art.  15 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gemäss Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG;

Sonderkundmachung gemäss Art. 49 Abs. 2 B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Verteidigungsagentur und ihrer Bediensteten hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Er enthält keine verfassungsändernden und verfassungsergänzenden Bestimmungen und hat nicht politischen Charakter. Er ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch diesen Beschluss Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs der Länder geregelt werden, bedarf er überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 1 zweiter Satz B-VG.

Die Bundesregierung hat am 27. September 2004 den Beschluss der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Verteidigungsagentur und ihrer Bediensteten in seinem vorläufigen deutschen Wortlaut genehmigt (vgl. Pkt. 4.2 des Beschl.Prot. Nr. 65).

Nach entsprechender Ermächtigung durch den Herrn Bundespräsidenten hat der Ständige Vertreter Österreichs bei der Europäischen Union, Botschafter Woschnagg, den Beschluss am 10. November 2004 in Brüssel unterzeichnet.

Gemäß seinem Art. 17 tritt der Beschluss „am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Zeitpunkt, zu dem zehn Mitgliedstaaten sowie der Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Agentur ihren Sitz hat (Brüssel), dem Generalsekretariat des Rates den Abschluss der für die Umsetzung dieses Beschlusses in ihre einzelstaatlichen Rechtsordnungen erforderlichen Verfahren notifiziert haben, für diejenigen Mitgliedstaaten in Kraft, die eine entsprechende Notifizierung vorgenommen haben.“  Für jeden anderen Mitgliedstaat tritt der Beschluss „am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Zeitpunkt in Kraft, zu dem dieser dem Generalsekretariat des Rates der Abschluss der Verfahren notifiziert wurde, die für die Umsetzung dieses Beschlusses in seine einzelstaatliche Rechtsordnung erforderlich sind.“

Der Europäischen Verteidigungsagentur werden im vorliegenden Beschluss die für das reibungslose Funktionieren erforderlichen Privilegien und Immunitäten, insbesondere die Immunität von der Gerichtsbarkeit und staatlichen Zwangsmaßnahmen in bezug auf ihre Vermögenswerte, die Unverletzlichkeit der Archive, die Befreiung von Steuern unter den im Beschluss festgelegten Bedingungen und Erleichterungen für den Nachrichtenverkehr  gewährt, die Bediensteten der Agentur genießen funktionelle Immunität und Steuerbefreiung für ihre Gehälter und anderen Bezüge unter den im Beschluss festgelegten Bedingungen.

Der Beschluss ist in allen Amtssprachen der EU mit Ausnahme des Maltesischen authentisch, da die Sprachfassung in Maltesisch (für das gemäß der Verordnung (EG) Nr. 930/2004 des Rates vom 1. Mai 2004 über eine befristete Ausnahmeregelung für die Abfassung von Rechtsakten der Organe der Europäischen Union in maltesischer Sprache, ABl. Nr. C 169 vom 1.05.2004 S. 1, bis einschließlich 2007 keine Verpflichtung zur Veröffentlichung besteht) nicht erstellt wurde. Hinsichtlich aller anderen Sprachfassungen des Beschlusses als der deutschen ist eine Sonderkundmachung gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG vorgesehen.

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Präambel verweist auf die Gemeinsame Aktion 2004/551/GASP des Rates vom 12. Juli 2004, ABl. Nr.  L 245/17 vom 17.7.2004, mit welcher die EDA als zwischenstaatliche Agentur für die Bereiche Entwicklung der Verteidigungsfähigkeiten, Forschung, Beschaffung und Rüstung eingerichtet wurde und  erinnert daran, dass die Einräumung von bestimmten Vorrechten, Immunitäten und Erleichterungen erforderlich ist, um die Funktionsfähigkeit der EDA zu gewährleisten.

Zu Art. 1:

Dieser Artikel entspricht inhaltlich weitgehend Art. 1 des in Österreich bereits geltenden Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1967 Nr. 152/13 idgF, („PVBEG“) sowie Art. 1 des Beschlusses der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffend die Vorrechte und Immunitäten des Instituts für Sicherheitsstudien und des Satellitenzentrums sowie ihrer Organe und ihres Personals vom 15. Oktober 2001 („BVI-ISS/SATCEN“).

Zu Art.2:

Entspricht  Art. 2 PVBEG und Art. 2 BVI-ISS/SATCEN.

Zu Art. 3:

Abs. 1 entspricht weitgehend Art. 3 Abs. 1 PVBEG und Art. 3 Abs. 1 BVI-ISS/SATCEN.

Abs. 2 entwickelt Art. 3 Abs. 2 PVBEG weiter und bezieht sich wie Art. 3 Abs. 2 BVI-ISS/SATCEN auch auf Dienstleistungen.

Das in Abs. 3 enthaltene Veräußerungsverbot findet sich auch in Art. 3 Abs. 3 BVI-ISS/SATCEN.

Wie auch in vergleichbaren Regelungen vorgesehen (Art. 3 Abs. 3 PVBEG und Art. 3 Abs. 4 BVI-ISS/SATCEN), wird keine Befreiung für Steuern und Abgaben gewährt, die für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung zu entrichten sind (Abs. 4).

Zu Art. 4:

Zur  Erfüllung der Funktionen und Aufgaben der EDA gemäss Art. 5 der Gemeinsamen Aktion 2004/551/GASP des Rates vom 12. Juli 2004 (zur Fundstelle vgl. die Erl. zur Präambel), kann ein Transfer von Rüstungsgütern von einem Mitgliedstaat in einen anderen für den amtlichen Gebrauch der Agentur erforderlich sein. Für diesen Fall ist eine allgemeine Zahlungs- und Abgabenbefreiung der Agentur (Ausnahme Verwaltungsgebühren) vorgesehen. Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, einen solchen Transfer von Rüstungsgütern zu erleichtern, erfolgt im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften, insbes. dem  Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial, BGBl. Nr. 540/1977 idgF und dem Bundesgesetz über die Durchführung des Warenverkehrs der Ein- und Ausfuhr, BGBl. Nr. 172/1995 idgF sowie den nach diesen Gesetzen erlassenen Verordnungen.

Zu Art. 5:

Ähnliche Bestimmungen über die Freiheit des Nachrichtenverkehrs finden sich in Art. III/ 10 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Vereinten Nationen (PIVN), BGBl. Nr. 126/1957, in Art. III/12 des Übereinkommens über die Privilegien und Immunitäten der Spezialorganisationen (PISO), BGBl. Nr. 248/1950, und in Art. 4 BVI-ISS/SATCEN.

Zu Art. 6:

Dieser Artikel normiert die in internationalen Privilegienregelungen üblichen Reise- und Aufenthaltserleichterungen für den dort genannten Personenkreis, vgl. auch Art. 5 BVI-ISS/SATCEN.

Zu Art. 7:

Abs. 1 lit. a gewährt den von der Agentur vertraglich eingestellten Bediensteten der EDA

funktionelle Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer Äußerungen und Handlungen (vgl. Art. 12a PVBEG, Art. 6 Abs. 1 lit. a BVI-ISS/SATCEN, Art. V/18a PIVN und Art. VI/19a PISO). Lit. b normiert die Unverletzlichkeit aller amtlichen Materialien, vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. b BVI-ISS/SATCEN. Die in lit. c vorgesehenen Befreiungen finden sich auch in  Art. 12 b PVBEG.

Abs. 2 normiert die Befreiung von der Einkommensteuer für die Gehälter und Zulagen der Bediensteten, die gemäss Art. 9 versteuert werden, vgl. Art. 6 Abs. 2  BVI-ISS/SATCEN.

Zu Art. 8:

Die in Art. 8 normierte Ausnahme von der Immunität bei Verkehrsunfällen hat bereits in einige jüngere Regelungen auf dem Gebiet des Privilegien- und Immunitätsrechts Eingang gefunden, vgl. etwa Art. 7 BVI-ISS/SATCEN. Art. 8 geht noch insofern über vergleichbare Regelungen hinaus, als er auch einen Ausschluss von der Immunität im Fall eines von einem Dritten angestrengten Zivilverfahrens im Zusammenhang mit einem von einem Bediensteten verursachten Todesfall oder einer Körperverletzung vorsieht, gleichgültig, ob der Todesfall oder die Körperverletzung Folge eines Verkehrsunfalls ist oder nicht.

Zu Art. 9:

Die von der Agentur vertraglich eingestellten Bediensteten sind gemäss Art. 7 Abs. 2 von der nationalen Einkommensteuer befreit und unterliegen stattdessen einer eigenen Steuer zugunsten der EDA (Abs. 1).

Um den Kreis der nach diesem Artikel berechtigten Personen genau zu definieren, sollen deren Namen und Adressen nach Abs. 2 den Mitgliedstaaten regelmäßig mitgeteilt werden.

Abgangsgelder oder sonstige Entschädigungen und Zulagen unterliegen nach Abs. 3 nicht der Steuer zugunsten der EDA und sind dementsprechend nicht von der nationalen Einkommensteuer befreit (vgl. auch Art. 7 Abs. 2).

Dieser Art. ist Art. 8 BVI-ISS/SATCEN nachgebildet.

Art. 10:

Diese Bestimmung normiert eine besondere Schutzverpflichtung der Mitgliedstaaten gegenüber den im Beschluss genannten Personen, wenn deren Sicherheit gefährdet ist und dies vom Hauptgeschäftsführer der EDA beantragt wird (ähnlich Art. 9 BVI-ISS/SATCEN).

Art. 11:

Abs. 1 legt fest, dass die Vorrechte und Immunitäten ausschließlich im Interesse der EDA und der Europäischen Union gewährt werden (vgl. Art. 10 Abs. 1 BVI-ISS/SATCEN,  Art. 18 PVBEG, Art. IV/14, Art. V/20 und Art. VI/23 PIVN sowie Art. V/16 und Art. VI/22 PISO).

Abs. 2 normiert das Recht und die Pflicht zum Immunitätsverzicht sowie das dafür zuständige Organ (vgl. Art. 10 Abs. 2 BVI-ISS/SATCEN, Art. IV/14, Art V/20 und Art. VI/23 PIVN sowie Art. V/16 und Art. VI/22 PISO).

Abs. 3 regelt die von den Behörden einzuhaltende Vorgangsweise im Fall des Immunitätsverzichts (vgl. auch Art. 10 Abs. 3 BVI-ISS/SATCEN).

Abs. 4 verpflichtet die EDA ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit den Behörden der Mitgliedstaaten und zur Verhinderung des Missbrauchs der gewährten Vorrechte und Immunitäten (vgl. auch Art. 10 Abs. 4 BVI-ISS/SATCEN).

Abs. 5 sieht für den Fall des vermuteten Missbrauchs von Vorrechten oder Immunitäten Konsultationen zwischen der EDA und den zuständigen Behörden des Mitgliedstaates vor. Führen diese Konsultationen zu keinem Ergebnis, wird die Frage durch ein Verfahren nach Art. 12 entschieden (vgl. auch Art. 10 Abs. 5 BVI-ISS/SATCEN).

Zu Art. 12:

Streitigkeiten über die Frage der Aufhebung der Immunität oder des Immunitätsmissbrauchs werden vom Rat mit dem Ziel der Beilegung geprüft (vgl. Art. 11 BVI-ISS/SATCEN).

Zu Art. 13:

Gemäss Art. 11 Abs. 3 der Gemeinsamen Aktion 2004/551/GASP des Rates vom 12. Juli 2004 setzt sich das Personal der EDA aus unmittelbar von der Agentur eingestellten Bediensteten (vgl. Art. 7), nationalen Experten und bei Bedarf abgestellten Beamten der Gemeinschaft zusammen. Um den zur Agentur abgeordneten nationalen Experten die Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu ermöglichen, werden ihnen die in diesem Art. genannten Vorrechte und Immunitäten eingeräumt.

Zu Art. 14:

Diese Bestimmung normiert eine allgemeine Verpflichtung der EDA, bei der Umsetzung des Beschlusses mit den Behörden des Empfangsstaates zusammenzuarbeiten.

Zu Art. 15 bis 18:

Diese Artikel enthalten die üblichen Schlussklauseln (Art. 15 die Verpflichtung zur Evaluierung des Beschlusses, Art. 16 räumlicher Geltungsbereich, Art. 17 die Inkrafttretensbestimmung und Art. 18 die Veröffentlichungsklausel).


 

Die Bundesregierung hat beschlossen, dem Nationalrat vorzuschlagen, anlässlich der Genehmigung des Staatsvertrages gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass die dänischen, englischen, estnischen, finnischen, französischen, griechischen, italienischen, lettischen, litauischen, niederländischen, polnischen, portugiesischen, schwedischen, slowakischen, slowenischen, spanischen, tschechischen und ungarischen Sprachfassungen dadurch kundgemacht werden, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Daran anknüpfend wurde mit Rücksicht auf eine sparsame und zweckmäßige Verwaltung gemäß § 23 Abs. 2 GOG-NR von der Vervielfältigung und Verteilung dieser Sprachfassungen Abstand genommen.

 

Die gesamte Regierungsvorlage liegt in der Parlamentsdirektion zur Einsicht auf. Überdies ist dieser Vertrag auf der Homepage des Parlaments unter http://www.parlament.gv.at abrufbar.