868 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales
über die Regierungsvorlage (671 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Verbrechensopfergesetz, das Impfschadengesetz, das Heeresversorgungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Opferfürsorgegesetz, das Bundesberufungskommissionsgesetz und das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert werden (Versorgungsrechts-Änderungsgesetz 2004 – VRÄG 2004)
Neben dem
Sozialversicherungsrecht und der Sozialhilfe ist das Sozialentschädigungsrecht
ein wichtiger Bestandteil des Sozialrechts.
Allerdings hat das
Sozialentschädigungsrecht – im Gegensatz zur Rechtslage in der Bundesrepublik
Deutschland – keine einheitliche gesetzliche Grundlage. Innerhalb des
Sozialentschädigungsrechts bestehen Unterschiede im System, im Leistungsrecht
und im Verfahren.
Durch diesen
Entwurf wird ein weiterer wesentlicher Schritt zur Vereinheitlichung des
Verfahrens und der Mindestsicherung gesetzt. Durch diese Maßnahmen wird auch
eine weitgehende Gleichbehandlung von Verbrechensopfern und Impfgeschädigten
gewährleistet.
Im einzelnen
enthält die gegenständliche Regierungsvorlage folgende Änderungen:
- Hoheitliche
Vollziehung des Verbrechensopfergesetzes mit Anwendung der
Verfahrensbestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes und
Normierung eines kostenlosen Rechtszuges an die für
Sozialentschädigungsangelegenheiten zuständige Bundesberufungskommission.
- Gewährung
einer einkommensabhängigen Zusatzleistung zur Mindestsicherung für Opfer von
Verbrechen und deren Hinterbliebene.
- Ausdehnung
des bestehenden Anspruches auf Psychotherapie nach dem Verbrechensopfergesetzes
sowohl bei den Opfern als auch bei den Hinterbliebenen.
- Verbesserungen
im Bereich der Heilfürsorge und der Rehabilitation nach dem
Verbrechensopfergesetz durch Übernahme von kausalen Kostenbeteiligungen und
Rezeptgebühren des Opfers.
- Umsetzung der
Richtlinie des
Rates der Europäischen Union zur Entschädigung der Opfer von Straftaten.
- Normierung
einer pauschalierten Bemessungsgrundlage der Beschädigtenrente im
Impfschadengesetz für alle schwer geschädigten Kinder, bei denen keine
Ausbildung festgestellt werden kann.
- Entfall der
Verjährungsbestimmungen im Impfschadengesetz.
- Aufrundung
der Beträge der Kriegsgefangenenentschädigung.
- Klarstellungen
in den Sozialentschädigungsgesetzen.
Der Ausschuss für
Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung
am 19. April 2005 in Verhandlung genommen. Berichterstatter im Ausschuss
war der Abgeordnete Mag. Herbert Haupt. An der Debatte beteiligten sich die
Abgeordneten Dr. Richard Leutner, Mag. Walter Tancsits,
Karl Öllinger, Maximilian Walch, Mag.
Elisabeth Grossmann, Dr. Franz-Joseph Huainigg, Gabriele Heinisch-Hosek,
Mag. Herbert Haupt sowie die Bundesministerin für soziale
Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner und die Ausschussobfrau Heidrun Silhavy.
Im Zuge der
Debatte haben die Abgeordneten Mag. Walter Tancsits,
Heidrun Silhavy, Mag. Herbert Haupt und
Karl Öllinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der
wie folgt begründet war:
„Da bei
Einbringung der Regierungsvorlage mit einer parlamentarischen Beschlussfassung
noch im Jahr 2004 gerechnet wurde, sollen der Titel und die Zeitpunkte des
In-Kraft-Tretens entsprechend angepasst werden.
Der persönliche
Geltungsbereich des Verbrechensopfergesetzes soll von österreichischen
Staatsbürgern, Unionsbürgern und Staatsbürgern von Vertragsparteien des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf Drittstaatsangehörige
ausgedehnt werden. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Antragsaufkommens und
des Ausländeranteiles an der Gesamtbevölkerung ist davon auszugehen, dass diese
Ausdehnung jährlich etwa 20 Drittstaatsangehörigen zu Gute kommen wird. Bei
einem derzeitigen durchschnittlichen Fallaufwand von etwa 3 000 €
würde dies Kosten in der Höhe von 60 000 € bedeuten. Diese Ausdehnung
des Verbrechensopfergesetzes auf Drittstaatsangehörige wird zudem eine
Angleichung des Verbrechensopfergesetzes an die Entschädigungssysteme anderer
EU-Staaten (Entschädigung nach dem Territorialitätsprinzip) bewirken und
Österreich in weiterer Folge auch eine Unterzeichnung des Europäischen
Übereinkommens über die Entschädigung von Opfern von Gewaltverbrechen aus dem
Jahr 1983 ermöglichen.
Nach dem
Verbrechensopfergesetz gebührt Hilfe bei Vorliegen einer Körperverletzung oder
Gesundheitsschädigung. Nunmehr soll bei künftigen Schädigungen auch Hilfe bzw.
Ersatz für Beschädigungen von am Körper getragenen Hilfsmitteln, Sehbehelfen
und Zahnersatz geleistet werden. Ausgehend von Fallkosten von 400 € bei
etwa 100 anzunehmenden Tatbeständen im Jahr ergeben sich somit jährliche Kosten
von etwa 40 000 €.
Bei der
Vollziehung der Psychotherapieregelung im Verbrechensopfergesetz besteht eine
Antragsfrist von zwei Jahren ab der Tatbegehung. Ist diese Frist verstrichen,
kann eine Übernahme der Psychotherapiekosten erst ab dem Antragsfolgemonat
erfolgen. Diese Regelung ist somit für jene Fälle nachteilig, in denen erst
mehrere Jahre nach der Schädigung ein Antrag eingebracht wird, aber schon davor
kausale Therapiekosten entstanden sind. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass
sich oft erst im Zuge einer Psychotherapie Hinweise auf ein Jahre zuvor
begangenes Verbrechen (sexueller Missbrauch in der Kindheit) ergeben, sodass
eine frühere Antragstellung nach dem Verbrechensopfergesetz nicht möglich war.
Durch die nunmehrige Regelung wird diese Härte beseitigt und unabhängig vom
Zeitpunkt der Antragstellung eine rückwirkende Kostenübernahme bis zur
Einführung der Psychotherapieregelung mit 1. Jänner 1999 (bzw. bei der
Wahlarzthilfe ab dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes) ermöglicht. Die dadurch
entstehenden geringen Mehrkosten werden in den vorhandenen Budgetmitteln
Deckung finden.
Im Zuge des
Finanzausgleiches für die Jahre 2005 bis 2008 wurden mit den
Artikeln 9 und 10 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 156/2004 das
Heeresversorgungsgesetz und das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957
novelliert. Dadurch ergibt sich ein weiterer geringfügiger redaktioneller
Anpassungsbedarf bei den Bestimmungen über das In-Kraft-Treten.
Die Novelle des
Kriegsgefangenenentschädigungsgesetzes soll gesondert parlamentarisch behandelt
werden.“
Bei der Abstimmung
wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf in der Fassung des
oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Mag. Herbert Haupt und
Karl Öllinger einstimmig angenommen.
Ein von den
Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy,
Mag. Herbert Haupt und Karl Öllinger eingebrachter
Entschließungsantrag betreffend ein Ersuchen an die Bundesministerin für
soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz sowie die
Bundesministerin für Justiz wurde einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war
folgende Begründung beigegeben:
„Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und das Bundesministerium für Justiz werden mit dem vorliegenden Entschließungsantrag ersucht, Grundlagen für die Gewährung eines Schmerzengeldes an Verbrechensopfer in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der beiden Ressorts zu entwickeln.
In einer nicht unerheblichen Anzahl von
Fällen sorgen Straftäter und deren Familie dafür, dass kein Vermögen vorhanden
ist und dadurch das Opfer keine Ansprüche auf Schmerzengeld durchsetzen kann.
Eine Schmerzengeldvorschussleistung des Bundes mit einem Regressrecht könnte ein
entsprechendes Entgegenkommen an die Opfer darstellen.“
Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle
1. dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige
Zustimmung erteilen;
2. die angeschlossene Entschließung annehmen.
Wien, 2005 04 19
Mag. Herbert Haupt Heidrun Silhavy
Berichterstatter Obfrau