876 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 445/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Bauträgervertragsgesetzes

und

über den Antrag 426/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend unzureichende Sicherung der KonsumentInnen beim Kauf neuer Immobilien im Bauträgervertragsgesetz

 

Die Abgeordneten Mag. Johann Maier, DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 445/A(E) am 9. Juli 2004 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das Bauträgervertragsgesetz von 1997 (BTVG 1997) weist zahlreiche Schutzlücken bzw. Defizite auf. Geschädigte bei einem Bauträgerkonkurs sind die gutgläubigen WohnungskäuferInnen und die unbesicherten Professionisten, die das Restrisiko trifft. Dabei handelt es sich nicht um Einzelfälle – sie sind vielmehr durch das System des BTVG vorprogrammiert. Das Problem: Konkurse von Bauträgern haben österreichweit zugenommen.

In Tirol haben die Lücken des Bauträgervertragsgesetzes mit dem Konkurs zwei der größten Bauträger Tirols besondere Brisanz erlangt (Domizil-Baufirmen). Zahlreiche WohnungskäuferInnen und Professionisten wurden geschädigt. Ähnlich derzeit die Situation in Salzburg nach dem „Gassner-Konkurs“.

Die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol hat daher Herrn ao.Univ.-Prof. Dr. Helmut Böhm von der Universität Salzburg mit der Erstellung einer Studie beauftragt („Lücken im Erwerberschutz beim Wohnungskauf?“). Diese Studie belegt eindrucksvoll, dass beim Erwerb erst zu errichtender Wohnungen keine ausreichende Sicherung von WohnungskäuferInnen besteht. In der mehr als 150 Seiten umfassenden Studie werden zumindest 20 Schutzlücken belegt. Darüber hinaus wurden auch konkrete Vorschläge zur notwendigen Gesetzesänderung erarbeitet. Die insoweit vom Studienautor georteten Schutzlücken decken sich weit gehend mit den negativen Erfahrungen der AK Konsumentenberatung in Österreich.

Eine der gravierendsten Schwächen des Gesetzes liegt beim grundbücherlichen Sicherungsmodell. Die alleinige Sicherung durch grundbücherliche Maßnahmen ist völlig unzureichend:

·       Nach dem Gesetzeswortlaut muss zwischen dem Pfandgläubiger des Bauträgers (der vorausfinanzierenden Bank) und dem Bauträger zu Gunsten des Erwerbers vereinbart sein, dass die Liegenschaft oder der Anteil des Erwerbers „mit Ausnahme jenen Teils des Entgelts freigestellt wird, den der Erwerber noch nicht entrichtet hat“. Gestützt auf diesen Wortlaut weigern sich Banken der Bauträger im Konkursfall vielfach, die Liegenschaft pfandlastenfrei zu stellen, wenn der Erwerber nicht den gesamten Kaufpreis bezahlt hat, aber das Objekt nur zum Teil errichtet ist. Das heißt, der Erwerber müsste zunächst die Bank des Bauträgers befriedigen und dann den Bau – nochmals – auf eigene Kosten fertig stellen. Damit wird das grundbücherliche Sicherungsmodell ad absurdum geführt.

·       Soweit der Erwerber den gesamten Kaufpreis bei Übergabe der Wohnung jedoch vor Fertigstellung der Gesamtanlage bezahlt, handelt es sich um eine völlig ungesicherte Vorausleistung des Erwerbers, die das Gesetz entsprechend dem Ratenplanschema für zulässig erklärt. Gerade diese Bestimmung führt immer wieder zu Härtefällen: Die Erwerber müssen, obwohl sie bereits den gesamten Kaufpreis bezahlt haben, die Fertigstellung der Gesamtanlage nochmals bezahlen.

·       Problematisch ist weiters das unklare Verhältnis zwischen Bauträgervertragsgesetz und Gewährleistungsrecht. Der Begriff des „gravierenden“ Mangels, der nicht im Gesetz steht, sondern bestenfalls den Materialen zu entnehmen ist, muss unbedingt definiert werden. Bei Vorliegen eines „gravierenden“ Mangels gilt der betreffende Bauabschnitt nicht als fertiggestellt, wodurch die entsprechende Teilzahlung nicht fällig wird. In der Studie wird erstmals der Versuch einer Konkretisierung unternommen. Dem einzelnen Erwerber ist freilich nicht geholfen, wenn er bis zum OGH gehen muss, um zu klären, ob ein „geringfügiger“ oder aber „gravierender“ Mangel vorliegt.

·       Im Konkursfall des Bauträgers Gassner in Salzburg ergaben sich jüngst ähnliche bzw. weitere Probleme, die ebenfalls grundsätzlich zu sehen sind. Viele Erwerber haben zwar derzeit noch keine Mängel bzw. sind sich nicht sicher, ob sich bestehende Schwundrisse im Laufe der Benützung zu gravierenden Mängel ausdehnen. Die Frage ist daher, ob sie und wie sie später zu ihren Gewährleistungsansprüchen kommen. Nun ist zwar zum einen im § 16 BTVG festgelegt, dass die Durchsetzung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen aufgrund mangelhafter Leistung gegen den Bauträger bei Eröffnung des Konkurses insofern ermöglicht wird, als der Erwerber die Abtretung der Ansprüche des Bauträgers gegen Dritte verlangen kann. Der Erwerber kann also vom Bauträger bzw. dem Masseverwalter verlangen, dass er ihm die dem Bauträger gegenüber dem Professionisten zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche abtritt. Es bleibt jedoch das Problem, dass sich die Erwerber mit den Professionisten direkt auseinandersetzen müssen und die Professionisten einwenden, dass sie ihr Geld vom Bauträger nicht bzw. nur teilweise erhalten haben, und die Mängelbehebung verweigern.

·       Durch die Zahlung nach Ratenplan nach dem BTVB soll sicher gestellt werden, dass im Fall des Bauträgerkonkurses während der Bauphase vom Erwerber nicht mehr bezahlt wurde, als dieser als bauliche Gegenleistung schon erhalten hat. Es würde aber die Rechtsposition der Erwerber wesentlich verbessern, wenn Sie eben die letzten drei Prozent des Kaufpreises nicht nach Fertigstellung bzw. Übergabe der gesamten Anlage, sondern nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zu zahlen hätten. Dadurch hätten sie die Möglichkeit, diesen Teil des Kaufpreises für eine Mängelbehebung, die von Professionisten verweigert wird, zu verwenden. Im Streitfall wiederum müsste der Professionist seine Forderung gerichtlich geltend machen, die Erwerber wären nicht gezwungen auf eigenes Risiko den Rechtsweg zu beschreiten.

·       Nach den Angaben der Erwerber hat der Bauträger Gassner bei der Finanzierung für das Kaufobjekt oft eine Direktfinanzierung gewährt, so dass die Erwerber Teile des Kaufpreises selbst finanziert haben und einen Teil (z.B. für die Garage) in der Form von monatlichen Raten an den Bauträger direkt bezahlen. Bei einigen dieser Objekten sind gleichzeitig Mängel aufgetreten. Daher stellt sich die Frage, in wie weit die Erwerber berechtigt sind, ihre Ratenzahlungen für die Garage auszusetzen und diese für die Kosten der Mängelbehebung (z.B. am Parkettboden im Inneren des Objektes) aufzurechnen. Eine klare rechtliche Grundlage für eine derartige Aufrechnung der Forderungen von Erwerbern gegenüber einem insolventen Bauträger ist nicht vorhanden.

Nachdem es sich bei den negativen Erfahrungen in Tirol und Salzburg nicht um krasse Einzelfälle handelt, sondern diese durch das System des Gesetzes vorprogrammiert sind, besteht absoluter Handlungsbedarf des Gesetzgebers.“

 

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 426/A(E) am 28. Juni 2004 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

 

„Die Lücken im Bauträgervertragsgesetz erlangen bei Konkurs von Bauträgern immer wider besondere Brisanz. Eine Studie von Univ.-Prof. Dr. Helmut Böhm, die im Auftrag der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol erstellt worden ist, belegt, dass beim Erwerb erst zu errichtender Wohnungen keine ausreichende Sicherung besteht.

Eine der gravierendsten Schwächen des Gesetzes liegt beim grundbücherlichen Sicherungsmodell. Die alleinige Sicherung durch grundbücherliche Maßnahmen hat sich in der Praxis als völlig unzureichend erwiesen. Nach dem Gesetzeswortlaut muss zwischen dem Pfandgläubiger des Bauträgers – der vorfinanzierenden Bank – und dem Bauträger zu Gunsten des Erwerbers vereinbart werden, dass die Liegenschaft bzw. ein Anteil daran „mit Ausnahme jenen Anteils des Entgelts freigestellt wird, den der Erwerber noch nicht entrichtet hat“. Auf Grund dieser Bestimmung weigern sich die Banken der Bauträger oft, die Liegenschaft pfandlastenfrei zu stellen, solange nicht der gesamte Kaufpreis bezahlt ist, auch wenn das Objekt erst zum Teil errichtet ist. Das heißt der Erwerber müsste zunächst die Bank des Bauträgers befriedigen und dann die Fertigstellung des Baues – nochmals – auf eigene Kosten finanzieren.

Damit wird das grundbücherliche Sicherungsmodell ad absurdum geführt. Eine Klarstellung des Gesetzeswortlautes ist daher dringend notwendig. Ein weiterer Punkt betrifft die vorzeitige Übergabe der Wohnung. Soweit der Erwerber den gesamten Kaufpreis bei Übergabe der Wohnung jedoch vor Fertigstellung der Gesamtanlage bezahlt, handelt es sich um eine völlig ungesicherte Vorausleistung der Erwerber, die das Gesetz entsprechend dem Ratenplanschema für zulässig erklärt. Das führt immer wieder zu Härtefällen: Die ErwerberInnen müssen die Fertigstellung der Anlage nochmals bezahlen, obwohl sie den gesamten Kaufpreis bereits bezahlt haben.

Schließlich ergeben sich durch das unklare Verhältnis zwischen Bauträgervertragsgesetz und Gewährleistungsrecht Probleme. Der Begriff des „gravierenden“ Mangels muss gesetzlich definiert werden. Bei Vorliegen eines „gravierenden“ Mangels gilt der betreffende Bauabschnitt nicht als fertiggestellt. Die entsprechende Teilzahlung wird nicht fällig. Es wäre sinnvoll eine gesetzliche Klarstellung vorzunehmen, um den betroffenen ErwerberInnen den risikoreichen Weg zum Obersten Gerichtshof zu ersparen.

Die angeführten Punkte führen nicht nur in Einzelfällen zu schwerwiegenden Problemen, da diese durch das System des Gesetzes vorprogrammiert sind. Es besteht daher dringender Handlungsbedarf.“

 

Der Justizausschuss hat den Entschließungsantrag 445/A(E) erstmals in seiner Sitzung am 15. Februar 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Mag. Johann Maier der Abgeordnete Mag. Walter Tancsits, dessen Vertagungsantrag mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

In seiner Sitzung am 19. April 2005 hat der Justizausschuss die Verhandlungen über den vertagten Antrag wieder aufgenommen sowie nach der Berichterstattung über den Entschließungsantrag 426/A(E) durch die Abgeordnete Dr. Gabriela Moser diesen erstmals in Verhandlung genommen.

An der Debatte über die beiden Entschließungsanträge, beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Dr. Gabriela Moser, Mag. Heribert Donnerbauer sowie die Ausschussobfrau Mag. Dr. Maria Theresia Fekter.

Die Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Mag. Johann Maier, Dr. Dieter Böhmdorfer und Dr. Gabriela Moser brachten zum Entschließungsantrag 445/A(E) einen gesamtändernden Abänderungsantrag mit folgender Begründung ein:

„Das Bauträgervertragsgesetz ist mit 1. Jänner 1997 in Kraft getreten. Es soll Erwerber von Wohnungen, Reihenhäusern und anderen Immobilien vor dem Verlust von Zahlungen schützen, die sie vertragsgemäß vor der Fertigstellung des Objekts an den Bauträger leisten müssen. Der Bauträger muss die Erwerber vor den Verlust ihrer Vorauszahlungen schützen. Das Gesetz hat sich zwar in den ersten Jahren nach dem In-Kraft-Treten insoweit bewährt, als Erwerber von Wohnungen und anderen Immobilien nicht zu Schaden gekommen sind. Auch haben sich die Kosten der Sicherungsmaßnahmen nicht in einer nennenswerten Erhöhung der Preise in der Immobilienwirtschaft niedergeschlagen. In letzter Zeit ist es aber bei der Insolvenz von Bauträgern zu verschiedenen Problemen gekommen, die u.a. in einer – von der Arbeiterkammer Tirol in Auftrag gegebenen – Studie des Univ.Prof. Dr. Böhm von der Universität Salzburg aufgezeigt worden sind. Dieser hat in seiner Untersuchung zahlreiche „Schutzlücken“ im Bauträgervertragsgesetz geortet und deren Schließung angeregt. Dabei geht es insbesondere um den Umfang der zu sichernden Zahlungen der Erwerber, um die Rücktrittsmodalitäten, um gewisse Schwächen des Ratenplanmodells und anderer Sicherheiten, um Unklarheiten im Verhältnis zwischen dem Erwerber und hypothekarisch gesicherten Gläubigern des Bauträgers, um die Dauer der Sicherungspflicht des Bauträgers und um einen verbesserten Schutz der Erwerber vor Gewährleistungsrisiken. Zu bedenken ist auch, dass der Konkurs eines Bauträgers auch schwerwiegende Auswirkungen auf die Lieferfirmen, insbesondere KMUs, bedeutet.“

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 445/A(E) in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Der Entschließungsantrag 226/A(E) gilt somit als miterledigt.

 


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2005 04 19

Mag. Heribert Donnerbauer Mag. Dr. Maria Theresia Fekter

       Berichterstatter                     Obfrau