914 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über den Antrag 141/A der Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen, betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Straßenverkehrsordnung (StVO 1960) geändert wird.

Die Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen, haben den gegenständlichen Initiativantrag am 4. Juni 2003 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Auf Grund der in der letzten Zeit drastisch wachsenden Zahl von verunfallten Fußgängern und der notwendigen Modernisierung und Adaptierung der Straßenverkehrseinrichtungen für behinderte Personen sind eine Reihe substanzieller Verbesserungen im Rahmen der StVO vorzunehmen. So sind Vorbeifahr- verbote bei öffentlichen Verkehrsmitteln, Maßnahmen zur verbesserten Wahrnehmung von Straßenverkehrszeichen, auf Fußgängerflächen, eine behindertengerechte verbesserte Straßenverkehrsinfrastruktur, Maßnahmen zu Verringerung der Gefährdung von Fußgängern durch Radfahrer auf Fußgängerflächen und eine verbesserte Wahrnehmbarkeit von Ampelsignalen erforderlich.

Zu Z 1:

Für Fußgänger und Radfahrer ist es derzeit schwer zu verstehen, gegenüber welchen Fahrzeugen sie bei einem nicht geregelten Schutzweg bzw. bei einer Radfahrerüberfahrt Vorrang haben. Schienenfahrzeuge haben zwar jetzt Vorrang gegenüber Fußgänger und Radfahrer, wenn allerdings ein Kraftfahrzeug vor dem Schutzweg oder der Radfahrerüberfahrt anhält, gilt auch derzeit schon gemäß § 17 Abs. 3 ein Vorbeifahrverbot, sodass der Vorrang der Schienenfahrzeuge wieder aufgehoben ist. Im Sinne einer klar verständlichen Regelung sollten Fußgänger und Radfahrer bei Schutzwegen und Radfahrerüberfahrten Vorrang gegenüber allen Fahrzeugen haben.

Zu Z. 2:

Durch das vorgeschlagene Vorbeifahrverbot wird die Sicherheit der ein- und aussteigenden Personen (insbesondere von Kindern, Senioren, mobilitätsbehinderte Menschen usw.) wesentlich erhöht. Die bisherige Einzelentscheidung ‚...wenn es die Sicherheit erfordert, ist anzuhalten’ wird generalisiert, sodass mögliche Fehlentscheidungen von Fahrzeuglenkern minimiert werden können.

Zu Z. 3:

In einem KFZ als Beifahrer mitfahrende hochgradig sehbehinderte oder blinde Menschen waren bisher von den in § 29b der STVO geltenden Erleichterungen ausgeschlossen, was für diese Personengruppe eine Benachteiligung bedeutet. In zahlreichen anderen gesetzlichen Regelungen sind gehbehinderte und hochgradig sehbehinderte oder blinde Menschen gleichgestellt:

Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBL. 303/96 idgF (wenn Blindheit im Behindertenpass eingetragen ist).

Zu Z. 4:

Straßenverkehrszeichen und Signalgeber für den Fahrzeugverkehr werden immer am Gehsteig angebracht. Durch die graue Lackierung der Standsäulen und Maste kommt es für sehbehinderte Verkehrsteilnehmer sehr oft zu schmerzhaften Zusammenstößen. Durch eine kontrastierende Farbgestaltung der Standsäulen, Mast, Kettenständer, Absperrgeländer und Poller können diese Zusammenstöße wesentlich minimiert werden, da auf die Hindernisse im Gehbereich optisch hingewiesen wird. Früher waren alle Standsäulen in Österreich rot-weiß markiert; sie werden ohne Rücksicht auf sehbehinderte Menschen nunmehr nur in grau ausgeführt. In Holland und Belgien werden demgegenüber Signalmaste schwarz-weiß bzw. rot-weiß bebändert.

Zu Z. 5:

Straßenverkehrszeichen und Signalgeber für den Fahrzeugverkehr werden immer am Gehsteig angebracht. Durch die erlaubte Montage der Verkehrszeichen ab einer Höhe von 0,60 m kommt es zu wesentlichen Behinderungen des lichten Raumes für Fußgänger. Blinde Menschen können zwar die Verkehrszeichenständer mit dem Langstock ertasten, nicht jedoch in Kopf- und Brustbereich montierte Verkehrszeichen. Es kommt immer wieder zu schmerzhaften Zusammenstößen mit scharfkantigen Verkehrszeichen. Um diese Kollisionsgefahr zu vermeiden, dürfen Verkehrszeichen nur ab einer Höhe von 2,20 m über dem Gehsteigsniveau montiert werden. Es ist weiters darauf hinzuweisen, dass Verkehrszeichen, die höher montiert werden, auch von Fahrzeuglenkern, die in einer Kolonne fahren, besser und frühzeitiger erkannt werden, wodurch eine wesentliche Steigerung der Verkehrssicherheit erzielt werden kann.

Zu Z. 6:

Taktile Bodeninformationen auf Gehsteigen und bei Fahrbahnquerungen in Schutzwegbereichen tragen wesentlich zur Verkehrssicherheit sehbehinderter und blinder Menschen bei und müssen daher in der StVO berücksichtigt werden.

Zu Z. 7:

In letzter Zeit werden Radwege verstärkt in Gehbereiche von Fußgängern verlegt. Hier bewegen sich die Radfahrer bei ca. 20 km/h mit der fünffachen Geschwindigkeit (4km/h) von Fußgängern. Um die Gefährdung von Fußgängern durch Radfahrer zu minimieren, muss für Radfahreinrichtungen auf Gehwegen oder bei kombinierten Geh- und Radwegen eine Geschwindigkeit von maximal 10 km/h vorgeschrieben werden. Geübten, schneller fahrenden Radfahrern soll es freigestellt werden, ob sie Radfahranlagen mitbenutzen, oder schneller auf der Fahrbahn fahren wollen.

Zu Z: 8:

Hier wird die Bedeutung der Lichtzeichen für den Fahrzeugverkehr detailliert beschrieben. Für Fußgänger muss es auch eine entsprechende, verständliche Regelung geben, insbesondere die Doppelbedeutung des Fußgängerrots ist für alle Verkehrsteilnehmer derzeit unverständlich. Es soll daher - so wie in den USA - die Möglichkeit der erkennbaren Signalisierung der Räumzeit eingeführt werden.

Akustische und tastbare Zusatzsignale sind für blinde, sehbehinderte aber auch taube und ertaubte Verkehrsteilnehmer eine wichtige Voraussetzung zur Erhöhung der Sicherheit und zur Erleichterung ihrer Orientierung; sie sind ein wesentlicher Beitrag zum selbstbestimmten Leben. In Art. 7 der österreichischen Bundesverfassung ist die Gleichbehandlung behindertet Menschen fixiert.“

 

Der Verkehrsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seinen Sitzungen am 30. Juni 2004 und am 28. April 2005 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Mag. Christine Lapp die Abgeordneten Klaus Wittauer, Hermann Gahr, Petra Bayr, Dr. Evelin Lichtenberger, Werner Miedl, Josef Broukal, Dr. Gabriela Moser, Gabriele Binder, Mag. Karin Hakl, Heidemarie Rest-Hinterseer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie Mag. Eduard Mainoni.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Klaus Wittauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2005 04 28

Klaus Wittauer              Kurt Eder

       Berichterstatter                  Obmann