919 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über die Regierungsvorlage (851 der Beilagen): Vertrag über eine Verfassung für Europa samt Protokolle, Anhänge und Schlussakte

Einleitung

 

Am 18. Juli 2003 wurde dem Präsidenten des Europäischen Rates in Rom der vom Europäischen Konvent zur Zukunft Europas, nach über 17-monatiger Arbeit im Konsensverfahren angenommene Entwurf eines „Vertrages über eine Verfassung für Europa" (in der Folge „Verfassungsvertrag“), überreicht. Dieser Entwurf stellte entsprechend dem Auftrag des Europäischen Rates von Laeken (Dezember 2001) eine Empfehlung für die anschließenden Beratungen im Rahmen einer Regierungskonferenz dar.

 

Während der Konvent zur Zukunft Europas über weite Teile des Verfassungsvertrages tatsächlich einen Konsens herstellen konnte, blieben einige Aspekte der institutionellen Reform der Union (v.a. die Definition der qualifizierten Mehrheit, die Zusammensetzung der Europäischen Kommission, das System der Präsidentschaft im Europäischen Rat und im Ministerrat) sowie einzelne Bestimmungen zu den konkreten Politiken der Union in Teil III (v.a. das Ausmaß des Übergangs zu qualifizierten Mehrheitsentscheidungen) bis zuletzt umstritten. Diese Teile des Konvententwurfs für einen Verfassungsvertrag wurden von einer beträchtlichen Zahl von Konventmitgliedern, zuletzt unter der Prämisse akzeptiert, dass die vorgeschlagenen Lösungen von der Regierungskonferenz einer nochmaligen Diskussion unterzogen werden.

 

In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Thessaloniki vom 20. Juni 2003 wurde der Konvententwurf als eine gute Ausgangsbasis für die bevorstehende Regierungskonferenz bezeichnet.

 

Im Juli 2003 wurde das formelle Verfahren zur Einberufung der Regierungskonferenz gemäß Art. 48 EU-Vertrag (in der Folge EUV) in die Wege geleitet. Nachdem die Europäische Kommission (am 17. September 2003), die EZB (am 19. September 2003), das Europäische Parlament (am 24. September 2003) und der Rat (am 29. September 2003) die erforderlichen Stellungnahmen abgegeben hatten, wurde die Regierungskonferenz am 4. Oktober 2003 in Rom durch die Staats- und Regierungschefs im Beisein der Außenminister eröffnet.

 

Die zehn neuen Mitgliedstaaten, deren Beitritt am 1.Mai 2004 erfolgte, nahmen bereits von Beginn an völlig gleichberechtigt an der Regierungskonferenz teil. Die Kommission war bei allen Tagungen vertreten. Das Europäische Parlament war bei allen Sitzungen auf Ministerebene durch zwei Beobachter repräsentiert. Auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs nahm EP-Präsident Cox eine Beobachterrolle ein. Die Sekretariatsaufgaben für die Konferenz wurden vom Generalsekretariat des Rates übernommen.

 

Im Gegensatz zu früheren Regierungskonferenzen wurden die Verhandlungen im Wesentlichen auf die politische Ebene beschränkt und von den Staats- und Regierungschefs mit Unterstützung der Außenminister, jedoch ohne vorgelagerte, kontinuierlich zusammentretende Beamtengruppe geführt.

 

Nach der Eröffnung fanden unter italienischer Ratspräsidentschaft im Jahr 2003 fünf Sitzungen der Außenminister (13. Oktober, 27. Oktober, 18. November, 28./29. November und 9. Dezember) sowie zwei Tagungen auf Ebene der Staats- und Regierungschefs statt (16./17. Oktober und 12./13. Oktober). Lediglich zwei Mal (23. Oktober und 20./21. November) wurden zur Vorbereitung bzw. Vertiefung der Verhandlungen auf politischer Ebene auch Sitzungen der von den Mitgliedstaaten als „Focal Points“ nominierten Beamten einberufen. Parallel zu den politischen Verhandlungen tagte eine Arbeitsgruppe von Rechtsexperten, die den gesamten Konvententwurf aus juristischer Perspektive überprüfte, wobei vom Konventtext nur dann abgewichen wurde, wenn keine Delegation einen Einwand erhob. Diese Rechtsexpertengruppe legte eine juristisch bereinigte Fassung des Konvententwurfs sowie technisch adaptierte Fassungen der sonstigen, dem Verfassungsvertrag anzuschließenden Akte des Primärrechts (Protokolle zum EG- Vertrag und zum EU-Vertrag, Beitrittsverträge und deren Protokolle sowie Erklärungen) vor.

 

Allgemein akzeptierter Ausgangspunkt der Regierungskonferenz war, dass die Grundstruktur des Konventvorschlags nicht in Frage gestellt und die Verhandlungen der Regierungskonferenz auf eine begrenzte Zahl von Themen konzentriert werden sollten. Dessen ungeachtet konnten alle von einzelnen Delegationen als nicht zufrieden stellend gelöst erachteten Bestimmungen des Konvententwurfes bei der Regierungskonferenz zur Diskussion gestellt werden.

 

Die italienische Ratspräsidentschaft legte im Laufe des Herbstes 2003 mehrmals überarbeite Textentwürfe zu den Themen Ministerratsformationen, Vorsitz in den Ministerratsformationen, Außenminister der Union, strukturierte und engere Zusammenarbeit im Bereich der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sowie zu einer Reihe von Einzelbestimmungen des Teils III des Verfassungsvertrags über die Politiken der Union vor. Dem Außenministertreffen am 28./29. November 2003 in Neapel unterbreitete die italienische Präsidentschaft ein Kompromisspaket („Neapel- Paket“), auf dessen Basis man bereits in vielen dieser Punkte einem Konsens nahe kam. In nochmals überarbeiteter Fassung („Neapel II-Paket“) dienten diese Vorschläge als Grundlage für die – ursprünglich als abschließend vorgesehenen - Beratungen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel am 12./13. Dezember. Zu den höchst kontroversiellen Fragen der Zusammensetzung der Europäischen Kommission und der Definition der qualifizierten Mehrheit unterließ es die italienische Präsidentschaft allerdings bis zuletzt, konkrete Kompromissvorschläge zu unterbreiten.

 

Beim Europäischen Rat in Brüssel am 12./13. Dezember gelang es schließlich nicht, die geplante endgültige Einigung über den Verfassungsvertrag zu erzielen. Vor allem in der Frage der Definition der qualifizierten Mehrheit (Beibehaltung der Stimmgewichtung entsprechend dem Vertrag von Nizza oder Einführung eines Systems der doppelten Mehrheit entsprechend dem Konventvorschlag) konnte kein Kompromiss gefunden werden. Während insbesondere Deutschland und Frankreich auf der doppelten Mehrheit beharrten, waren Polen und Spanien nicht bereit, von der in Nizza vereinbarten Stimmgewichtung abzugehen.

 

Beim Europäischen Rat von Brüssel wurde daher eine Unterbrechung der Regierungskonferenz beschlossen und die irische Ratspräsidentschaft des ersten Halbjahrs 2004 aufgefordert, in informellen Konsultationen die Möglichkeiten für einen erfolgreichen Abschluss der Regierungskonferenz zu sondieren. Erst nach den spanischen Parlamentswahlen am 14. März 2004 ergaben sich erneut realistische Aussichten, die Pattsituation in den Verhandlungen zu überwinden. Von allen Teilnehmern der Regierungskonferenz wurde akzeptiert, dass von der Nizza- Stimmgewichtung abgegangen und die qualifizierte Mehrheit als eine doppelte Mehrheit von noch näher zu bestimmenden Prozentsätzen von Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten definiert wird.

 

Dies ermöglichte es, dass die irische Ratspräsidentschaft beim Europäischen Rat am 26. März 2004 aufgefordert werden konnte, die formellen Verhandlungen der Regierungskonferenz so bald wie möglich wieder aufzunehmen mit dem Ziel, spätestens im Rahmen der Tagung des Europäischen Rates im Juni 2004 eine Einigung über den Verfassungsvertrag zu erreichen. Ausgangsbasis für die Fortsetzung der Verhandlungen waren der Konvententwurf in der von den Rechtsexperten bearbeiteten Fassung und das „Neapel II-Paket“ vom Dezember 2003.

 

Am 4. Mai 2004 fand ein letztes Treffen auf „Focal Point-Ebene“ statt, bei dem abgeklärt wurde, inwieweit das „Neapel II-Paket“ einer nochmaligen Überarbeitung bedurfte. In der Folge tagte die Regierungskonferenz noch drei Mal auf Außenministerebene (17./18. Mai 2004, 24. Mai 2004 und 14./15. Juni 2004). Im Zuge dieser Tagungen legte die irische Ratspräsidentschaft überarbeitete Fassungen des „Neapel II-Pakets“ sowie erste Kompromissvorschläge zu den offen gebliebenen institutionellen Fragen vor. Auf diese Weise konnte für die Tagung der Staats- und Regierungschefs am 17./18. Juni 2004 ein Kompromisspaket mit einer umfangreichen „geschlossenen Liste“ von bereits außer Streit gestellten Vorschlägen und einer relativ kurzen „offenen Liste“ von Vorschlägen, die der abschließenden Klärung auf höchster Ebene bedurften, vorgelegt werden.

 

Zu den letzten offenen Fragen zählten insbesondere die Einzelheiten der Definition der qualifizierten Mehrheit als einer doppelten Mehrheit von Unionsbevölkerung und Mitgliedstaaten, die Zusammensetzung der Kommission, die Parameter für die Zusammensetzung des Europäische Parlament, die Ausdehnung qualifizierter Mehrheitsentscheidungen auf einzelne sensible Politikbereiche und Finanzbestimmungen der Union sowie gewisse Verfahrensregelungen im Rahmen der Wirtschafts- und Währungspolitik. Auf Grund der Vorarbeiten der irischen Ratspräsidentschaft gelang es den Staats- und Regierungschefs, sich am 18. Juni 2004 auf eine alle Delegationen zufrieden stellende Paketlösung zu einigen.

 

Grundlage für die österreichische Verhandlungsposition in der Regierungskonferenz war die „Österreichische Grundsatzposition für die Regierungskonferenz“, die nach einem breiten Begutachtungsverfahren am 23. September 2003 vom Ministerrat beschlossen und vom Hauptausschuss des Nationalrates am 30. September 2003 begrüßt wurde. Auf dieser Basis erteilte der Bundespräsident dem Bundeskanzler und der Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten das Verhandlungsmandat für die Regierungskonferenz.

 

Österreich begrüßte den größten Teil der Konventvorschläge, war aber der Auffassung, dass die Vorschläge zur institutionellen Reform noch einer Überarbeitung bedürften, damit das institutionelle Gleichgewicht und die Balance zwischen den Prinzipien der Gleichheit der Mitgliedstaaten und der Gleichheit der Bürgerinnen und Bürger zufrieden stellend gewahrt bleiben. Zudem sollten Bemühungen um die Verbesserung von einzelnen konkreten Bestimmungen zu den Politikbereichen in Teil III des Verfassungsvertrages unternommen und eine Perspektive für die Reform des Euratom-Vertrages eröffnet werden.

 

Aus österreichischer Sicht konnte in der Regierungskonferenz ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis erzielt werden, das sowohl die wesentlichen Errungenschaften des Konvententwurfs unangetastet lässt als auch eine Reihe von Verbesserungen enthält, die der österreichischen Verhandlungsposition entsprechen. Die folgenden Ausführungen dieser Erläuterungen zielen darauf ab, dies im Einzelnen darzulegen.

 

Die Genese des neuen Verfassungsvertrages der Europäischen Union zeigt, dass – entgegen vielfach laut gewordener Kritik - die Verknüpfung von Konventmethode und Regierungskonferenz erlaubt, innovative Schritte im europäischen Integrationsprozess zu setzen. Diese innovativen Schritte basieren auf dem Grundkonsens, dass die EU weder ein Bundesstaat noch ein Staatenbund ist, sondern sich als ein Gebilde „sui generis“ weiterentwickeln soll. Die Europäische Union bleibt sowohl eine Union der Staaten als auch der Bürgerinnen und Bürger. Beide Legitimationsstränge kommen in der Entstehungsgeschichte und im Text des Verfassungsvertrags zum Ausdruck.

 

Die neue Architektur der Europäischen Union

 

Der Europäische Konvent und die nachfolgende Regierungskonferenz haben mit dem nun vorliegenden Verfassungsvertrag die bisherige Architektur der Europäischen Union in rechtlicher und institutioneller Hinsicht neu geordnet.

 

Die wichtigsten Charakteristika des Verfassungsvertrags sind:

 

-       Die durch den Verfassungsvertrag neu konstituierte Europäische Union erhält eine eigene, alle Politiken umspannende einheitliche Rechtspersönlichkeit und tritt die Rechtsnachfolge der Europäischen Gemeinschaft und der bisherigen Europäischen Union an.

-       Die mit dem EU-Vertrag 1993 eingeführte Säulenstruktur wird abgeschafft. Die verschiedenen bisherigen Gemeinschaftspolitiken, die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik sowie die polizeiliche Kooperation und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen werden in einem einheitlichen rechtlichen und institutionellen Gefüge zusammengeführt. In einzelnen Punkten bleiben jedoch gewisse Unterschiede hinsichtlich der Handlungsformen und der Verfahren zur Erlassung von Maßnahmen in den verschiedenen Politikbereichen aufrecht. Sämtliche Übereinkünfte der Europäischen Union mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen werden nach einem einheitlichen Verfahren ausgehandelt und abgeschlossen.

 

Als logische Folge der Abschaffung der Säulen werden die bisherigen Gründungsverträge vereinfacht und neu geordnet. Der EG-Vertrag und der EU-Vertrag werden formell aufgehoben und ihre Bestimmungen werden in einem einzigen Vertragstext zusammengefasst. Um die allgemeinen und institutionellen Grundsatzbestimmungen sowie die Charta der Grundrechte gegenüber den Detailbestimmungen zu den Organen und Politiken sowie den Schlussbestimmungen sichtbar hervorzuheben, wird der Vertrag über eine Verfassung für Europa in vier Teile gegliedert.

 

-       Bedingung und Voraussetzung für diese Neuordnung der Verträge sind die in den diversen Schluss- und Übergangsbestimmungen gefundenen Lösungen für die Neugründung der Europäischen Union, die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität.

-       Der Euratom-Vertrag bleibt als selbständiger Vertrag mit eigener Rechtspersönlichkeit erhalten. In einem Protokoll zum Verfassungsvertrag werden lediglich die im Hinblick auf den mit der Union gemeinsamen Haushalt und die gemeinsamen Organe unumgänglichen technischen Anpassungen vorgenommen.

 

Aus Gründen der Vereinfachung, Transparenz und Effizienz hat Österreich diese Neuordnung des Vertragswerkes inhaltlich voll mitgetragen. Aus österreichischer Sicht bleibt dabei aber ein wesentliches Manko, dass sich eine substantielle Reform des Euratom-Vertrages trotz nachdrücklicher Bemühungen vorerst nicht als konsensfähig erwies. Dennoch gelang es Österreich, die Perspektive einer umfassenden Reform des Euratom-Vertrages offen zu halten. In einer gemeinsamen Erklärung von Österreich, Deutschland, Irland, Schweden und Ungarn zur Schlussakte des Verfassungsvertrags wird am Ziel einer ehestmöglichen Einberufung einer Euratom-Revisionskonferenz festgehalten.

 

Den vier Teilen des Verfassungsvertrages ist eine Präambel vorangestellt.

 

Teil I enthält u.a. Bestimmungen über die Gründung, Ziele, Werte und Symbole der Union, Grundrechte und Unionsbürgerschaft, die Rechtspersönlichkeit, den Vorrang des Unionsrechts, die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen der Union und den Mitgliedstaaten, die Organe und Einrichtungen, die Rechtsakte und Rechtssetzungsverfahren für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union, das demokratische Leben der Union, die Finanzen und die Zugehörigkeit zur Union einschließlich der Kriterien und Verfahren für den Beitritt zur Union sowie eine Bestimmung über den freiwilligen Austritt aus der Union.

Teil II enthält die – mit einigen Ergänzungen insbesondere in den „horizontalen“ Schlussbestimmungen versehene – Charta der Grundrechte der Union.

Teil III ist der umfangreichste Teil des Verfassungsvertrags. Er enthält die Bestimmungen über die Politikbereiche und die Arbeitsweise der Union. In weiten Teilen werden hier die Rechtsgrundlagen der geltenden Verträge übernommen. Die umfassendsten Neuerungen werden bei den Bestimmungen vorgenommen, die bislang (im EUV) die zweite und dritte Säule der EU regelten.

Teil IV enthält u. a. Bestimmungen über die Aufhebung der früheren Verträge, die Rechtsnachfolge und die rechtliche Kontinuität im Verhältnis zur Europäischen Gemeinschaft und zur Europäischen Union, Übergangsbestimmungen für bestimmte Organe, die Bestimmungen über das In-Kraft-Treten, die Geltungsdauer sowie über das Verfahren bei künftigen Änderungen des Verfassungsvertrags.

Dem Verfassungsvertrag sind ferner 36 Protokolle und 50 Erklärungen, die gemäß Art. IV-442 Bestandteil des Vertrags sind, und Erklärungen beigefügt. Diese sind teilweise neu, zumeist aber an den Verfassungsvertrag angepasste Protokolle und Erklärungen zum EGV und zum EUV und deren Änderungsakten.

 

Der Vertrag über eine Verfassung für Europa gilt auf unbegrenzte Zeit und bedarf zum In-Kraft-Treten der Ratifikation durch alle Vertragsparteien gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

 

Die Genehmigung des Verfassungsvertrages erfolgt auf Grundlage des Bundesverfassungsgesetzes über den Abschluss des Vertrages über eine Verfassung für Europa (789 der Beilagen, XXII. GP).

Danach haben sowohl der Nationalrat als auch der Bundesrat ihre Beschlüsse jeweils mit erhöhten Zustimmung- und Anwesenheitsquoren zu fassen. Die Bezeichnung einzelner Vertragsbestandsteile oder des ganzen Vertrags als „verfassungsändernd“ kann – abweichend von Art. 50 Abs. 3 letzter Satz B-VG - unterbleiben. Das zitierte BVG sieht jedoch vor, dass auf den Verfassungsvertrag die Bestimmungen des B-VG über Staatsverträge anzuwenden sind, soweit es nicht besondere Bestimmung enthält.

 

Der EU-Verfassungsvertrag ist in deutscher Sprache sowie in Dänisch, Englisch, Estnisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch, Italienisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Niederländisch, Polnisch, Portugiesisch, Schwedisch, Slovakisch, Slowenisch, Spanisch, Tschechisch und Ungarisch gleichermaßen authentisch.

Hinsichtlich der Kundmachung des Staatsvertrages, hat die Bundesregierung dem Nationalrat vorgeschlagen, gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG zu beschließen, dass alle Sprachfassungen mit Ausnahme der deutschen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Staatsvertrag in seiner Sitzung am 28. April 2005 in Verhandlung genommen und seinen Beratungen im Sinne des § 40 Abs. 1 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates die nachstehenden Experten - in alphabetischer Reihenfolge – beigezogen:

Univ.-Prof. Dr. Bernd Christian Funk, Universität Wien, Institut für Staats- und Verwaltungsrecht

Univ.-Prof. Dr. Stefan Griller, Wirtschaftsuniversität Wien, Europainstitut

Univ.-Prof. Dr. Michael Holoubek, Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht und

Univ.-Prof. DDDr. Waldemar Hummer, Universität Innsbruck, Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen

Nach der Berichterstattung durch den Abgeordneten Karl Donabauer gaben Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel und Vizekanzler Hubert Gorbach ein einleitendes Statement ab.

Die Experten nahmen zu folgenden Themen Stellung:

1. Europäische Verfassungsfragen und Einbindung der nationalen Parlamente

Institutionen und Verhältnis zueinander

Gesetzgebungsverfahren

Kommission

Subsidiaritätsverfahren

2. Inhaltliche Themen des Verfassungsvertrages

Grundrechte

Umwelt

Soziales Europa

Sicherheitspolitik

 

Schließlich gab die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik ein Statement ab.

 

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Dr. Josef Cap, Herbert Scheibner, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Werner Fasslabend, Dr. Elisabeth Hlavac, Stefan Prähauser, Dr. Eva Glawischnig, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Johann Maier und Fritz Neugebauer.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Hohen Haus die Genehmigung des Abschlusses dieses Staatsvertrages zu empfehlen.

 

Ebenso wurde einstimmig beschlossen, dass alle Sprachfassungen mit Ausnahme der deutschen dadurch kundzumachen sind, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle beschließen:

1. Der Abschluss des Staatsvertrages: Vertrag über eine Verfassung für Europa samt Protokolle, Anhänge und Schlussakte (851 der Beilagen) wird genehmigt.

2. Gemäß Art. 49 Abs. 2 B-VG hat die Kundmachung dieses Staatsvertrages dadurch zu erfolgen, dass alle Sprachfassungen mit Ausnahme der deutschen zur Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegen.

Wien, 2005 04 28

Karl Donabauer Dr. Peter Wittmann

       Berichterstatter                  Obmann