926 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXII. GP
Regierungsvorlage
Bundesgesetz gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz 2005 – KartG 2005)
Der
Nationalrat hat beschlossen:
Inhaltsverzeichnis
I. Hauptstück
Wettbewerbsbeschränkungen
1. Abschnitt
Kartelle
§ 1. Kartellverbot
§ 2. Ausnahmen
§ 3. Freistellungsverordnungen
2. Abschnitt
Marktbeherrschung
§ 4. Begriffsbestimmung
§ 5. Missbrauchsverbot
§ 6. Verbot
von Vergeltungsmaßnahmen
3. Abschnitt
Zusammenschlüsse
§ 7. Begriffsbestimmung
§ 8. Medienzusammenschlüsse
§ 9. Anmeldebedürftige
Zusammenschlüsse
§ 10. Anmeldung
§ 11. Prüfungsantrag
§ 12. Prüfung
§ 13. Prüfung von
Medienzusammenschlüssen
§ 14. Entscheidungsfristen
§ 15. Bekanntmachung
von Entscheidungen
§ 16. Nachträgliche
Maßnahmen
§ 17. Durchführungsverbot
§ 18. Verordnungsermächtigung
§ 19. Ausnahmen
4. Abschnitt
Gemeinsame
Bestimmungen
§ 20. Wirtschaftliche
Betrachtungsweise
§ 21. Berechnung
von Marktanteilen
§ 22. Berechnung
des Umsatzerlöses
§ 23. Bestimmte
Ware oder Leistung
§ 24. Anwendungsbereich
§ 25. Verhältnis
zu anderen Rechtsvorschriften
II.
Hauptstück
Rechtsdurchsetzung
1. Abschnitt
Abstellung
von Zuwiderhandlungen und Feststellungen
§ 26. Abstellung
§ 27. Verpflichtungszusagen
§ 28. Feststellungen
2. Abschnitt
Geldbußen
§ 29. Geldbußentatbestände
§ 30. Bemessung
§ 31. Unternehmervereinigungen
§ 32. Einbringung
§ 33. Verjährung
3. Abschnitt
Exekution
§ 34. Exekution
auf Grund kartellgerichtlicher Beschlüsse und Vergleiche
§ 35. Zwangsgelder
4. Abschnitt
Gemeinsame
Bestimmungen
§ 36. Antragsprinzip
§ 37. Entscheidungsveröffentlichung
III.
Hauptstück
Verfahren vor
dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht
§ 38. Verfahrensart
§ 39. Schutz von
Geschäftsgeheimnissen
§ 40. Amtsparteien
§ 41. Kostenersatz
§ 42. Schriftsätze
§ 43. Verbesserung
von Zusammenschlussanmeldungen
§ 44. Fristen
§ 45. Stellungnahmen
der Kammern
§ 46. Stellungnahmen
der Regulatoren
§ 47. Verhandlungen
§ 48. Einstweilige
Verfügungen
§ 49. Rechtsmittelverfahren
IV.
Hauptstück
Gebühren
§ 50. Gerichtsgebühren
§ 51. Ausschluss
von Gebühren
§ 52. Zahlungspflichtige
Personen
§ 53. Haftung
mehrerer Personen
§ 54. Festsetzung
der Rahmengebühren
§ 55. Gerichtliche
Kosten
§ 56. Gebührenfreiheit
von Vergleichen
§ 57. Einbringung
V. Hauptstück
Institutionen
1. Abschnitt
Kartellgericht
und Kartellobergericht
§ 58. Gerichtsorganisation
§ 59. Zusammensetzung
der Senate
§ 60. Geschäftsverteilung
§ 61. Berichterstatter
§ 62. Entscheidung
durch den Vorsitzenden des Kartellgerichts und durch den Dreiersenat des
Kartellobergerichts
§ 63. Abstimmung
§ 64. Stellung
der fachkundigen Laienrichter
§ 65. Ernennung
§ 66. Eignung
§ 67. Unvereinbarkeit
§ 68. Nominierung
§ 69. Amtsdauer
§ 70. Amtsenthebung
§ 71. Meldepflichten
§ 72. Ablehnung
von fachkundigen Laienrichtern
§ 73. Sachverständige
in Kartellangelegenheiten
§ 74. Tätigkeitsbericht
des Kartellobergerichts
2. Abschnitt
Bundeskartellanwalt
§ 75. Aufgaben
§ 76. Bestellung
§ 77. Bestellungsvoraussetzungen
§ 78. Funktionsdauer
und Enthebung
§ 79. Dienst- und
Besoldungsrecht
§ 80. Kanzleigeschäfte
und Ausgaben
§ 81. Zusammenwirken
mit der Bundeswettbewerbsbehörde
§ 82. Verzicht auf
Prüfungsanträge
VI.
Hauptstück
Anwendung des
Gemeinschaftsrechts
§ 83. Zuständigkeit
§ 84. Zusammenarbeit
§ 85. Übermittlung
von Urteilen
VII.
Hauptstück
Schlussbestimmungen
§ 86. Inkrafttreten
§ 87. Außerkrafttreten
§ 88. Kartellregister
§ 89. Genehmigte
Kartelle
§ 90. Fortsetzung
anhängiger Verfahren
§ 91. Gebühren
für nicht fortgesetzte Verfahren
§ 92. Weitergeltung von Ernennungen und Eintragungen
§ 93. Sprachliche
Gleichbehandlung
§ 94. Verweisungen
§ 95. Vollziehung
I. Hauptstück
Wettbewerbsbeschränkungen
1. Abschnitt
Kartelle
Kartellverbot
§ 1. (1) Verboten sind alle Vereinbarungen
zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander
abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder
Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle).
(2) Nach Abs. 1
sind insbesondere verboten
1. die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung
der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
2. die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung,
des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
3. die Aufteilung der Märkte oder
Versorgungsquellen;
4. die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei
gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb
benachteiligt werden;
5. die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte
Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder
sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
(3) Die nach
Abs. 1 verbotenen Vereinbarungen und Beschlüsse sind nichtig.
(4) Einem Kartell im
Sinn des Abs. 1 stehen Empfehlungen zur Einhaltung bestimmter Preise,
Preisgrenzen, Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte gleich,
durch die eine Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt oder bewirkt wird
(Empfehlungskartelle). Ausgenommen sind Empfehlungen, in denen ausdrücklich auf
ihre Unverbindlichkeit hingewiesen wird und zu deren Durchsetzung
wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Druck weder ausgeübt werden soll noch
ausgeübt wird.
Ausnahmen
§ 2. (1) Vom Verbot nach § 1 sind Kartelle
ausgenommen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem
entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder
zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen,
ohne dass den beteiligten Unternehmern
a) Beschränkungen
auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich
sind, oder
b) Möglichkeiten
eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den
Wettbewerb auszuschalten.
(2) Jedenfalls vom
Verbot nach § 1 ausgenommen sind die folgenden Kartelle:
1. Kartelle, an denen Unternehmer beteiligt sind,
die gemeinsam am gesamten inländischen Markt einen Anteil von nicht mehr als
5 % und an einem allfälligen inländischen räumlichen Teilmarkt von nicht
mehr als 25 % haben (Bagatellkartelle);
2. Vereinbarungen über die Bindung des
Letztverkäufers im Handel mit Büchern, Kunstdrucken, Musikalien, Zeitschriften
und Zeitungen an den vom Verleger festgesetzten Verkaufspreis;
3. Wettbewerbsbeschränkungen zwischen
Genossenschaftsmitgliedern sowie zwischen diesen und der Genossenschaft, soweit
diese Wettbewerbsbeschränkungen durch die Erfüllung des Förderungsauftrags von
Genossenschaften (§ 1 des Gesetzes über Erwerbs- und
Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873) berechtigt sind;
4. Wettbewerbsbeschränkungen zwischen den
Mitgliedern einer Kreditinstitutsgruppe im Sinne des § 30 Abs. 2a Bankwesengesetz – BWG,
BGBl. Nr. 532/1993 Art. I;
5. Vereinbarungen, Beschlüsse und Verhaltensweisen
von landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben, Vereinigungen von
landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieben oder Vereinigungen von solchen
Erzeugervereinigungen über
a) die Erzeugung oder den Absatz landwirtschaftlicher
Erzeugnisse oder
b) die Benutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen für die Lagerung, Be- oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse, sofern sie keine Preisbindung enthalten und den Wettbewerb nicht ausschließen. Als landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe gelten auch Pflanzen- und Tierzuchtbetriebe und die auf der Stufe dieser Betriebe tätigen Unternehmen. Landwirtschaftliche Erzeugnisse sind die in Anhang II des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft angeführten Erzeugnisse sowie die durch Be- oder Verarbeitung dieser Erzeugnisse gewonnenen Waren, deren Be- oder Verarbeitung durch landwirtschaftliche Erzeugerbetriebe oder ihre Vereinigungen üblicherweise durchgeführt werden.
Freistellungsverordnungen
§ 3. (1) Der Bundesminister für Justiz kann im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung feststellen,
dass bestimmte Gruppen von Kartellen nach § 2 Abs. 1 vom
Kartellverbot ausgenommen sind. In solchen Verordnungen kann auf die jeweils
geltende Fassung einer Verordnung nach Art. 81 Abs. 3 EGV verwiesen
werden.
(2) Soweit eine
Verordnung nach Abs. 1 besondere Bestimmungen für Kreditinstitute,
Unternehmen der Vertragsversicherung oder Pensionskassen enthält, ist sie auch
im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen zu erlassen.
2. Abschnitt
Marktbeherrschung
Begriffsbestimmung
§ 4. (1) Marktbeherrschend im Sinn dieses Bundesgesetzes
ist ein Unternehmer, der als Anbieter oder Nachfrager
1. keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb
ausgesetzt ist oder
2. eine im Verhältnis zu den anderen Wettbewerbern
überragende Marktstellung hat; dabei sind insbesondere die Finanzkraft, die
Beziehungen zu anderen Unternehmern, die Zugangsmöglichkeiten zu den
Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie die Umstände zu berücksichtigen, die den
Marktzutritt für andere Unternehmer beschränken.
(2) Wenn ein
Unternehmer als Anbieter oder Nachfrager am gesamten inländischen Markt oder
einem anderen örtlich relevanten Markt
1. einen Anteil von mindestens 30% hat oder
2. einen Anteil von mehr als 5% hat und dem
Wettbewerb von höchstens zwei Unternehmern ausgesetzt ist oder
3. einen Anteil von mehr als 5% hat und zu den
vier größten Unternehmern auf diesem Markt gehört, die zusammen einen Anteil
von mindestens 80% haben, dann trifft ihn die Beweislast, dass die
Voraussetzungen nach Abs. 1 nicht vorliegen.
(3) Als
marktbeherrschend gilt auch ein Unternehmer, der eine im Verhältnis zu seinen
Abnehmern oder Lieferanten überragende Marktstellung hat; eine solche liegt
insbesondere vor, wenn diese zur Vermeidung schwerwiegender
betriebswirtschaftlicher Nachteile auf die Aufrechterhaltung der
Geschäftsbeziehung angewiesen sind.
Missbrauchsverbot
§ 5. (1) Der Missbrauch einer
marktbeherrschenden Stellung ist verboten. Dieser Missbrauch kann insbesondere
in Folgendem bestehen:
1. der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung
unangemessener Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstiger
Geschäftsbedingungen, wie insbesondere unangemessener Zahlungsfristen und
Verzugszinsen,
2. der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes
oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher,
3. der Benachteiligung von Vertragspartnern im
Wettbewerb durch Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen
Leistungen,
4. der an die Vertragsschließung geknüpften
Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder
sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen,
5. dem sachlich nicht gerechtfertigten Verkauf von
Waren unter dem Einstandspreis.
(2) Im Fall des
Abs. 1 Z 5 trifft den marktbeherrschenden Unternehmer die Beweislast
für die Widerlegung des Anscheins eines Verkaufs unter dem Einstandspreis sowie
für die sachliche Rechtfertigung eines solchen Verkaufs.
Verbot von Vergeltungsmaßnahmen
§ 6. Ein Verfahren zur Abstellung des
Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 26) oder eine darauf
gerichtete Beschwerde an eine Amtspartei (§ 40) darf vom
marktbeherrschenden Unternehmer nicht zum Anlass genommen werden, den durch den
Missbrauch unmittelbar betroffenen Unternehmer von einer weiteren Belieferung
oder Abnahme zu angemessenen Bedingungen auszuschließen.
3. Abschnitt
Zusammenschlüsse
Begriffsbestimmung
§ 7. (1) Als Zusammenschluss im Sinn dieses
Bundesgesetzes gelten
1. der Erwerb eines Unternehmens, ganz oder zu
einem wesentlichen Teil, durch einen Unternehmer, insbesondere durch
Verschmelzung oder Umwandlung,
2. der Erwerb eines Rechts durch einen Unternehmer
an der Betriebsstätte eines anderen Unternehmers durch Betriebsüberlassungs-
oder Betriebsführungsverträge,
3. der unmittelbare oder mittelbare Erwerb von
Anteilen an einer Gesellschaft, die Unternehmer ist, durch einen anderen
Unternehmer sowohl dann, wenn dadurch ein Beteiligungsgrad von 25%, als auch
dann, wenn dadurch ein solcher von 50% erreicht oder überschritten wird,
4. das Herbeiführen der Personengleichheit von
mindestens der Hälfte der Mitglieder der zur Geschäftsführung berufenen Organe
oder der Aufsichtsräte von zwei oder mehreren Gesellschaften, die Unternehmer
sind,
5. jede sonstige Verbindung von Unternehmen, auf
Grund deren ein Unternehmer unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden
Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann.
(2) Als
Zusammenschluss gilt auch die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das auf
Dauer alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllt.
(3) Als
Zusammenschluss gilt auch der Abschluss vertraglicher Verpflichtungen durch
Kreditinstitute im Sinne des § 30 Abs. 2a BWG.
(4) Gehören alle
beteiligten Unternehmen einem Konzern (§ 15 Aktiengesetz 1965, BGBl.
Nr. 98, § 115 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter
Haftung, RGBl. Nr. 58/1906) an, so liegt kein Zusammenschluss vor.
Medienzusammenschlüsse
§ 8. (1) Ein Zusammenschluss ist ein Medienzusammenschluss,
wenn mindestens zwei der beteiligten Unternehmer beziehungsweise Unternehmen zu
einer der folgenden Gruppen gehören:
1. Medienunternehmen oder Mediendienste (§ 1
Abs. 1 Z 6 und 7 Mediengesetz, BGBl. Nr. 314/1981),
2. Medienhilfsunternehmen (Abs. 2) oder
3. Unternehmen, die an einem Medienunternehmen,
Mediendienst oder Medienhilfsunternehmen einzeln oder gemeinsam mittelbar oder
unmittelbar zu mindestens 25% beteiligt sind.
(2) Als
Medienhilfsunternehmen im Sinn dieses Bundesgesetzes gelten
1. Verlage, sofern sie nicht Medienunternehmen
sind,
2. Druckereien und Unternehmen der Druckvorstufe
(Repro- und Satzanstalten),
3. Unternehmen, die Werbeaufträge beschaffen oder
vermitteln,
4. Unternehmen, die den Vertrieb von Medienstücken
im großen besorgen,
5. Filmverleihunternehmen.
(3) Ein
Zusammenschluss ist ein Medienzusammenschluss auch dann, wenn nur eines der
beteiligten Unternehmen zu den im Abs. 1 Z 1 bis 3 aufgezählten
Unternehmen gehört und an mindestens einem weiteren am Zusammenschluss
beteiligten Unternehmen ein oder mehrere Medienunternehmen, Mediendienste oder
Medienhilfsunternehmen mittelbar oder unmittelbar insgesamt zu mindestens 25%
beteiligt sind.
Anmeldebedürftige
Zusammenschlüsse
§ 9. (1) Zusammenschlüsse bedürfen der Anmeldung bei der
Bundeswettbewerbsbehörde, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten
Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die folgenden Umsatzerlöse erzielten:
1. weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro,
2. im Inland insgesamt mehr als 30
Millionen Euro und
3. mindestens zwei Unternehmen weltweit jeweils
mehr als fünf Millionen Euro.
(2) Ausgenommen von
Abs. 1 sind Zusammenschlüsse, wenn die beteiligten Unternehmen im letzten
Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss die folgenden Umsatzerlöse erzielten:
1. nur eines der beteiligten Unternehmen im Inland
mehr als fünf Millionen Euro und
2. die übrigen beteiligten Unternehmen weltweit
insgesamt nicht mehr als 30 Millionen Euro.
(3) Bei der Anwendung
der Abs. 1 Z 1 und 2 und des Abs. 2 Z 2 auf
Medienzusammenschlüsse (§ 8) sind die Umsatzerlöse von Medienunternehmen
und Mediendiensten mit 200, die Umsatzerlöse von Medienhilfsunternehmen mit 20
zu multiplizieren.
Anmeldung
§ 10. (1) Zur Anmeldung ist jeder am Zusammenschluss
beteiligte Unternehmer berechtigt. Die Anmeldung ist mit den Beilagen in vier
Gleichschriften einzubringen; sie hat zu enthalten:
1. genaue und erschöpfende Angaben zu den
Umständen, durch die eine marktbeherrschende Stellung entstehen oder verstärkt
werden kann, vor allem
a) zur Unternehmensstruktur, und zwar insbesondere
für jedes beteiligte Unternehmen die Angabe
- der Eigentumsverhältnisse einschließlich von Unternehmensverbindungen im Sinn des § 7,
- der im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss erzielten Umsätze (Menge und Erlöse) getrennt nach bestimmten Waren und Dienstleistungen im Sinn des § 23,
b) für jedes beteiligte Unternehmen die Angabe der
Marktanteile bei den in lit. a angeführten Waren und Dienstleistungen,
c) zur allgemeinen Marktstruktur;
2. wenn es sich um einen Medienzusammenschluss
handelt, auch genaue und erschöpfende Angaben zu den Umständen, durch die die
Medienvielfalt überdies beeinträchtigt werden kann.
(2) Der Bundesminister
für Justiz kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und
Arbeit durch Verordnung nähere Bestimmungen über Form und Inhalt von
Anmeldungen erlassen.
(3) Unverzüglich nach
dem Einlangen der Anmeldung hat die Bundeswettbewerbsbehörde
1. die Anmeldung und ihre Beilagen in zwei
Gleichschriften an den Bundeskartellanwalt weiterzuleiten;
2. die Anmeldung öffentlich bekanntzumachen. Die
Bekanntmachung hat den Namen der Beteiligten und in kurzer Form die Art des
Zusammenschlusses, die betroffenen Geschäftszweige sowie alle sonstigen für die
rechtmäßige Durchführung des Zusammenschlusses maßgeblichen Umstände anzugeben.
Ebenso ist jede Änderung der Anmeldung, die bekannt zu machende Tatsachen
betrifft, bekannt zu machen.
(4) Jeder Unternehmer,
dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss
berührt werden, kann binnen 14 Tagen ab der Bekanntmachung nach Abs. 3
gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartellanwalt eine
schriftliche Äußerung abgeben; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
Der Einschreiter hat kein Recht auf eine bestimmte Behandlung der Äußerung. Die
Amtspartei (§ 40), bei der eine solche Äußerung einlangt, hat die andere
Amtspartei hievon unverzüglich zu verständigen.
Prüfungsantrag
§ 11. (1) Binnen vier Wochen nach dem Einlangen der dem
§ 10a WettbG entsprechenden Anmeldung bei der Bundeswettbewerbsbehörde
können die Amtsparteien (§ 40) beim Kartellgericht die Prüfung des
Zusammenschlusses beantragen.
(2) Wenn ein
Prüfungsantrag gestellt worden ist, hat die Bundeswettbewerbsbehörde dies
unverzüglich öffentlich bekannt zu machen.
(3) Jeder Unternehmer,
dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss
berührt werden, kann im Prüfungsverfahren gegenüber dem Kartellgericht
schriftliche Äußerungen abgeben; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.
Der Einschreiter erlangt hiedurch keine Parteistellung.
(4) Vor Ablauf der
Frist können die Amtsparteien gegenüber dem Anmelder auf die Stellung eines
Prüfungsantrags verzichten. Haben sie auf die Stellung eines Prüfungsantrags
zwar nicht verzichtet, innerhalb der Antragsfrist aber keinen Prüfungsantrag
gestellt, dann haben sie dies dem Anmelder unverzüglich mitzuteilen.
Prüfung
§ 12. (1) Wenn die Prüfung des Zusammenschlusses
beantragt worden ist, hat das Kartellgericht
1. den Antrag zurückzuweisen, wenn kein
anmeldebedürftiger Zusammenschluss vorliegt;
2. den Zusammenschluss zu untersagen, wenn zu
erwarten ist, dass durch den Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung
(§ 4) entsteht oder verstärkt wird; oder, wenn dies nicht der Fall ist,
3. auszusprechen, dass der Zusammenschluss nicht
untersagt wird.
(2) Trotz Vorliegens
der Untersagungsvoraussetzungen nach Abs. 1 hat das Kartellgericht
auszusprechen, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, wenn
1. zu erwarten ist, dass durch den Zusammenschluss
auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten, die die Nachteile der
Marktbeherrschung überwiegen, oder
2. der Zusammenschluss zur Erhaltung oder
Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten
Unternehmen notwendig und volkswirtschaftlich gerechtfertigt ist.
(3) Wenn die
Voraussetzungen sonst nicht gegeben sind, kann das Kartellgericht den
Ausspruch, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird, mit entsprechenden
Beschränkungen oder Auflagen verbinden. Wenn sich nach diesem Ausspruch die
maßgeblichen Umstände ändern, kann das Kartellgericht auf Antrag eines am
Zusammenschluss beteiligten Unternehmers erteilte Beschränkungen oder Auflagen
ändern oder aufheben.
Prüfung von
Medienzusammenschlüssen
§ 13. (1) Ein Medienzusammenschluss ist nach § 12 auch
dann zu untersagen, wenn zu erwarten ist, dass durch den Zusammenschluss die
Medienvielfalt beeinträchtigt wird. § 12 Abs. 2 Z 2 gilt auch
für diesen Fall.
(2) Unter
Medienvielfalt ist eine Vielfalt von selbständigen Medienunternehmen zu
verstehen, die nicht im Sinne des § 7 miteinander verbunden sind und durch
die eine Berichterstattung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Meinungen
gewährleistet wird.
Entscheidungsfristen
§ 14. (1) Das Kartellgericht darf den Zusammenschluss nur
binnen fünf Monaten nach dem Einlangen des Prüfungsantrags bzw. des ersten von
zwei Prüfungsanträgen untersagen. Nach Ablauf dieser Frist und nach
Zurückziehung des oder der Prüfungsanträge hat das Kartellgericht das
Prüfungsverfahren einzustellen.
(2) Über Rekurse gegen
die Entscheidung des Kartellgerichts hat das Kartellobergericht binnen zwei
Monaten nach dem Einlangen der Akten zu entscheiden.
Bekanntmachung
von Entscheidungen
§ 15. Die Bundeswettbewerbsbehörde hat den Spruch von
Entscheidungen, mit denen ein Zusammenschluss mit Beschränkungen oder Auflagen
im Sinn des § 12 Abs. 3 nicht untersagt wird, nach deren Rechtskraft
öffentlich bekanntzumachen.
Nachträgliche
Maßnahmen
§ 16. Nach der zulässigen Durchführung eines
anmeldebedürftigen Zusammenschlusses kann das Kartellgericht den am
Zusammenschluss beteiligten Unternehmern unter Beachtung des Grundsatzes der
Verhältnismäßigkeit nachträglich Maßnahmen auftragen, durch die die Wirkungen
des Zusammenschlusses abgeschwächt oder beseitigt werden, wenn
1. die Nichtuntersagung des Zusammenschlusses bzw.
der Verzicht auf einen Prüfungsantrag, die Unterlassung eines Prüfungsantrags
oder die Zurückziehung eines Prüfungsantrags auf unrichtigen oder
unvollständigen Angaben beruht, die von einem der beteiligten Unternehmen zu
vertreten sind, oder
2. einer mit der Nichtuntersagung verbundenen
Auflage zuwidergehandelt wird.
Durchführungsverbot
§ 17. (1) Ein anmeldebedürftiger Zusammenschluss darf erst
durchgeführt werden, wenn die Amtsparteien auf die Stellung eines
Prüfungsantrags verzichtet oder innerhalb der Antragsfrist keinen
Prüfungsantrag gestellt haben. Wenn ein Prüfungsantrag gestellt worden ist,
dürfen sie erst nach Einstellung des Prüfungsverfahrens oder nach Rechtskraft
der Entscheidung durchgeführt werden, womit das Kartellgericht den Antrag
zurückgewiesen oder den Zusammenschluss nicht untersagt hat.
(2) Wenn ein
Zusammenschluss mit Beschränkungen oder Auflagen im Sinn des § 12
Abs. 3 nicht untersagt worden ist, ist die Durchführung des
Zusammenschlusses anders als mit diesen Beschränkungen oder Auflagen verboten.
Gleiches gilt, wenn sich die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmer
gegenüber einer Amtspartei (§ 40) zur Einhaltung von Beschränkungen oder
Auflagen verpflichtet haben, um die Unterlassung oder Zurückziehung eines
Prüfungsantrags zu erreichen.
(3) Verträge sind
unwirksam, soweit sie dem Durchführungsverbot widersprechen.
Verordnungsermächtigung
§ 18. (1) Der Bundesminister für Justiz kann im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit durch Verordnung anordnen,
dass bei der Anwendung des § 9 Abs. 1 und 2 die Umsatzerlöse, die auf
einem bestimmten Markt (§ 23) erzielt werden, mit einem bestimmten Faktor
zu multiplizieren sind.
(2) Eine Verordnung
nach Abs. 1 kann erlassen werden, wenn wegen der Besonderheiten des
betroffenen Marktes auch Zusammenschlüsse umsatzschwächerer Unternehmen zu
schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Wettbewerbs auf diesem Markt führen
können und diese Beeinträchtigungen nicht durch andere wettbewerbs- oder
handelspolitische Maßnahmen verhindert werden können. Hiebei sind insbesondere
die folgenden Umstände zu berücksichtigen:
1. der Umfang der auf dem betroffenen Markt
insgesamt erzielten Umsatzerlöse,
2. Umstände, die den Marktzutritt für andere
Unternehmer beschränken,
3. die Verflechtung des betroffenen Marktes mit
den ausländischen Märkten.
Ausnahmen
§ 19. (1) Die §§ 7 bis 18 gelten nicht für den Erwerb
von Anteilen an einer Gesellschaft, die Unternehmer ist,
1. wenn ein Kreditinstitut die Anteile zum Zweck
der Veräußerung erwirbt;
2. wenn ein Kreditinstitut die Anteile zum Zweck
der Sanierung einer notleidenden Gesellschaft oder der Sicherung von
Forderungen gegen die Gesellschaft erwirbt;
3. wenn die Anteile in Ausübung des
Beteiligungsfonds- oder des Kapitalfinanzierungsgeschäftes (§ 1
Abs. 1 Z 14 und 15 BWG) oder sonst durch eine Gesellschaft erworben
werden, deren einziger Zweck darin besteht, Beteiligungen an anderen
Unternehmen zu erwerben sowie die Verwaltung und Verwertung dieser
Beteiligungen wahrzunehmen.
(2) Wenn der
Anteilserwerb ohne die Ausnahme nach Abs. 1 ein anmeldebedürftiger
Zusammenschluss wäre, gelten für den Erwerber der Anteile die folgenden
Beschränkungen:
1. Der Erwerber darf die mit den Anteilen
verbundenen Stimmrechte nicht ausüben, um das Wettbewerbsverhalten des
Unternehmens zu bestimmen; die Stimmrechte dürfen jedoch ausgeübt werden, um
den vollen Wert der Investition zu erhalten sowie um eine Veräußerung der
Gesamtheit oder von Teilen des Unternehmens oder seiner Vermögenswerte oder die
Veräußerung der Anteile vorzubereiten;
2. er muss die Anteile im Fall des Abs. 1
Z 1 binnen einem Jahr, im Fall des Abs. 1 Z 2 nach Beendigung
des Sanierungs- beziehungsweise Sicherungszweckes wiederveräußern.
(3) Das Kartellgericht
hat dem Erwerber der Anteile aufzutragen, ein gegen Abs. 2 verstoßendes
Verhalten abzustellen. Das Kartellgericht hat hiebei die Einjahresfrist nach
Abs. 2 Z 2 zu verlängern, wenn die Veräußerung innerhalb der Frist
unzumutbar ist.
4. Abschnitt
Gemeinsame
Bestimmungen
Wirtschaftliche
Betrachtungsweise
§ 20. Für die Beurteilung eines Sachverhalts
nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre
wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts
maßgebend.
Berechnung
von Marktanteilen
§ 21. Bei der Anwendung dieses Bundesgesetzes sind
Marktanteile nach den folgenden Grundsätzen zu berechnen:
1. es ist auf eine bestimmte Ware oder Leistung
(§ 23) abzustellen;
2. Unternehmen, die in der im § 7
beschriebenen Form miteinander verbunden sind, gelten als ein einziges
Unternehmen;
3. bei der Berechnung von Anteilen auf dem
inländischen Markt sind auch die inländischen Marktanteile ausländischer
Unternehmer zu berücksichtigen.
Berechnung
des Umsatzerlöses
§ 22. Bei der Anwendung dieses Bundesgesetzes sind
Umsatzerlöse nach den folgenden Grundsätzen zu berechnen:
1. Unternehmen, die in der im § 7 beschriebenen
Form miteinander verbunden sind, gelten als ein einziges Unternehmen; Umsätze
aus Lieferungen und Leistungen zwischen diesen Unternehmen (Innenumsätze) sind
in die Berechnung nicht einzubeziehen;
2. bei Kreditinstituten tritt an die Stelle
der Umsatzerlöse die Summe der folgenden Ertragsposten:
a) Zinserträge
und ähnliche Erträge,
b) Erträge
aus Aktien, anderen Anteilsrechten und nicht festverzinslichen Wertpapieren,
Erträge aus Beteiligungen und Erträge aus Anteilen an verbundenen Unternehmen,
c) Provisionserträge,
d) Nettoerträge
aus Finanzgeschäften und
e) sonstige
betriebliche Erträge;
3. bei Versicherungsunternehmungen treten an die
Stelle der Umsatzerlöse die Prämieneinnahmen.
Bestimmte
Ware oder Leistung
§ 23. Als bestimmte Ware (Leistung) im Sinn dieses
Bundesgesetzes gelten alle Waren (Leistungen), die unter den gegebenen
Marktverhältnissen der Deckung desselben Bedarfes dienen.
Anwendungsbereich
§ 24. (1) (Verfassungsbestimmung) Dieses
Bundesgesetz ist auch in Angelegenheiten anzuwenden, die in Gesetzgebung oder
Vollziehung Landessache sind.
(2) Dieses
Bundesgesetz ist nur anzuwenden, soweit sich ein Sachverhalt auf den
inländischen Markt auswirkt, unabhängig davon, ob er im Inland oder im Ausland
verwirklicht worden ist.
(3) Dieses
Bundesgesetz ist nicht anzuwenden
1. auf einen Sachverhalt der auf Grund
gesetzlicher Bestimmungen der Aufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörde über
Kreditinstitute, Bausparkassen oder private Versicherungsunternehmungen oder
des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über
Verkehrsunternehmen unterliegt; dies gilt jedoch nicht für Prämienbeträge des
Unternehmenstarifs in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung,
2. auf staatliche Monopolunternehmen, soweit sie
in Ausübung der ihnen gesetzlich übertragenen Monopolbefugnisse tätig werden.
Verhältnis
zu anderen Rechtsvorschriften
§ 25. Rechtsvorschriften, die Preise, Preisgrenzen oder
Kalkulationsrichtlinien festsetzen oder zu ihrer Festsetzung ermächtigen,
werden durch dieses Bundesgesetz nicht berührt.
II. Hauptstück
Rechtsdurchsetzung
1. Abschnitt
Abstellung
von Zuwiderhandlungen und Feststellungen
Abstellung
§ 26. Das Kartellgericht hat Zuwiderhandlungen
gegen die im ersten Hauptstück enthaltenen Verbote wirksam abzustellen und den
beteiligten Unternehmern und Unternehmervereinigungen die hiezu erforderlichen
Aufträge zu erteilen; diese Aufträge dürfen mit Beziehung auf die
Zuwiderhandlung nicht unverhältnismäßig sein. Eine Änderung der
Unternehmensstruktur darf das Kartellgericht nur dann auftragen, wenn keine
anderen gleich wirksamen Maßnahmen zur Verfügung stehen oder diese mit einer
größeren Belastung für die beteiligten Unternehmer verbunden wären.
Verpflichtungszusagen
§ 27. (1) Statt der in § 26 vorgesehenen Abstellung
kann das Kartellgericht Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmer und
Unternehmervereinigungen für bindend erklären, wenn zu erwarten ist, dass diese
Zusagen künftige Zuwiderhandlungen ausschließen. Durch diese Entscheidung wird
das Verfahren beendet.
(2) Das Kartellgericht
hat das Verfahren wieder aufzunehmen,
1. wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse in
einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt geändert haben,
2. wenn die beteiligten Unternehmer oder
Unternehmervereinigungen ihre Verpflichtungen nicht einhalten oder
3. wenn die Entscheidung auf unvollständigen,
unrichtigen oder irreführenden Angaben der beteiligten Unternehmer oder
Unternehmervereinigungen beruht.
Feststellungen
§ 28. (1) Wenn die Zuwiderhandlung gegen ein im
ersten Hauptstück enthaltenes Verbot bereits beendet ist, hat das
Kartellgericht die Zuwiderhandlung festzustellen, soweit daran ein berechtigtes
Interesse besteht.
(2) Im Übrigen hat das
Kartellgericht festzustellen, ob und inwieweit ein Sachverhalt diesem
Bundesgesetz unterliegt.
2. Abschnitt
Geldbußen
Geldbußentatbestände
§ 29. Das Kartellgericht hat Geldbußen zu
verhängen, und zwar
1. bis zu einem Höchstbetrag von 10 % des im
vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes gegen einen Unternehmer
oder eine Unternehmervereinigung, der oder die vorsätzlich oder fahrlässig
a) dem Kartellverbot (§ 1), dem
Missbrauchsverbot (§ 5), dem Verbot von Vergeltungsmaßnahmen (§ 6)
oder dem Durchführungsverbot (§ 17) zuwiderhandelt,
b) einem Auftrag nach § 16 nicht nachkommt,
c) nach § 27 für verbindlich erklärte
Verpflichtungszusagen nicht einhält oder
d) gegen Art. 81 oder Art. 82 EGV
verstößt;
2. bis zu einem Höchstbetrag von 1 % des im
vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes gegen einen Unternehmer
oder eine Unternehmervereinigung, der oder die vorsätzlich oder fahrlässig
a) einer Entscheidung des Kartellgerichts nach
§ 19 Abs. 3 nicht nachkommt;
b) in der Anmeldung eines Zusammenschlusses nach
§ 9 unrichtige oder irreführende Angaben macht.
Bemessung
§ 30. Bei der Bemessung der Geldbuße ist insbesondere auf
die Schwere und die Dauer der Rechtsverletzung, auf die durch die
Rechtsverletzung erzielte Bereicherung, auf den Grad des Verschuldens und die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Bedacht zu nehmen. Im Fall der
Zuwiderhandlung gegen das Kartellverbot ist auch auf die Mitwirkung an der
Aufklärung der Rechtsverletzung Bedacht zu nehmen.
Unternehmervereinigungen
§ 31. Bei der Bemessung von Geldbußen nach § 29
Z 1 gegen eine Unternehmervereinigung, deren Zuwiderhandlung mit der
Tätigkeit ihrer Mitglieder im Zusammenhang steht, ist die Summe der
Gesamtumsätze derjenigen Mitglieder maßgeblich, die auf dem Markt tätig waren,
auf dem sich die Zuwiderhandlung der Vereinigung auswirkte. Dies gilt jedoch
nicht für Unternehmervereinigungen mit gesetzlicher Mitgliedschaft.
Einbringung
§ 32. Die Geldbuße fließt dem Bund zu und ist
nach den Bestimmungen über die Eintreibung von gerichtlichen Geldstrafen
einzubringen.
Verjährung
§ 33. Eine Geldbuße darf nur verhängt werden, wenn der
Antrag binnen fünf Jahren ab Beendigung der Rechtsverletzung gestellt wurde.
3. Abschnitt
Exekution
Exekution
auf Grund kartellgerichtlicher Beschlüsse und Vergleiche
§ 34. (1) Einstweilige Verfügungen des Kartellgerichts und
rechtskräftige Beschlüsse des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts sowie
die vor ihnen geschlossenen Vergleiche sind Exekutionstitel.
(2) Zum Antrag auf
Bewilligung der Exekution auf Grund von Beschlüssen, mit denen die
Zuwiderhandlung gegen ein Verbot nach den §§ 5 oder 6 abgestellt wird, ist
neben dem Antragsteller im kartellgerichtlichen Verfahren auch der durch den
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung unmittelbar betroffene Unternehmer
berechtigt.
(3) Die Bewilligung
und der Vollzug der Exekution ist auf Grund von kartellgerichtlichen
Exekutionstiteln bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel der Verpflichtete
seinen allgemeinen Gerichtsstand in Streitsachen hat (§§ 66, 75 JN), oder
bei dem in den §§ 18 und 19 EO bezeichneten Exekutionsgericht zu
beantragen.
Zwangsgelder
§ 35. (1) Das Kartellgericht hat gegen einen
Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung Zwangsgelder bis zu einem
Höchstbetrag von 5 % des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten
durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Tag des Verzugs von dem in seiner
Entscheidung bestimmten Zeitpunkt an festzusetzen, um ihn beziehungsweise sie
zu zwingen,
a) eine Abstellungsentscheidung nach § 26,
einen Auftrag nach § 16 oder eine einstweilige Verfügung nach § 48 zu
befolgen;
b) eine durch Entscheidung nach § 27 für
bindend erklärte Verpflichtungszusage einzuhalten.
(2) Ist der
Unternehmer oder die Unternehmervereinigung der Verpflichtung nachgekommen, zu
deren Durchsetzung das Zwangsgeld festgesetzt worden war, so kann das
Kartellgericht die endgültige Höhe des Zwangsgelds auf einen Betrag festsetzen,
der unter dem Betrag liegt, der sich aus der ursprünglichen Entscheidung
ergeben würde.
4. Abschnitt
Gemeinsame
Bestimmungen
Antragsprinzip
§ 36. (1) Das Kartellgericht entscheidet
grundsätzlich nur auf Antrag.
(2) Zum Antrag auf
Prüfung von Zusammenschlüssen sowie auf Verhängung von Geldbußen und
Zwangsgeldern sind nur die Bundeswettbewerbsbehörde und der Bundeskartellanwalt
berechtigt. Das Kartellgericht darf keine höhere Geldbuße und kein höheres
Zwangsgeld verhängen als beantragt.
(3) Hat die
Bundeswettbewerbsbehörde den Bundeskartellanwalt benachrichtigt, dass sie gegen
einen Unternehmer oder eine Unternehmervereinigung im Sinn des § 11
Abs. 3 WettbG vorgeht, dann entfällt die Berechtigung des
Bundeskartellanwaltes wegen der gegenständlichen Zuwiderhandlung einen Antrag
auf Verhängung einer Geldbuße zu stellen.
(4) In allen anderen
Fällen sind zum Antrag berechtigt:
1. die Bundeswettbewerbsbehörde und der
Bundeskartellanwalt,
2. durch bundesgesetzliche Vorschriften zur
Regulierung bestimmter Wirtschaftszweige eingerichtete Behörden (Regulatoren),
3. die Wirtschaftskammer Österreich, die
Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammern Österreichs,
4. jeder Unternehmer und jede
Unternehmervereinigung, der oder die ein rechtliches oder wirtschaftliches
Interesse an der Entscheidung hat.
(5) Der Antrag kann bis
zur Entscheidung des Kartellgerichts zurückgenommen werden; das Verfahren ist
damit jedoch nur dann beendet, wenn keine der Amtsparteien (§ 40) binnen
14 Tagen nach Zustellung der Zurücknahmeerklärung die Fortsetzung des
Verfahrens beantragt. Wurde ein zulässiger Rekurs erhoben, so kann der Antrag,
soweit er Gegenstand des Rekursverfahrens ist, noch bis zur Entscheidung des
Kartellobergerichts, allerdings nur mit Zustimmung des Antragsgegners und der
Amtsparteien zurückgenommen werden.
Entscheidungsveröffentlichung
§ 37. (1) Das Kartellgericht hat der obsiegenden Partei,
wenn diese daran ein berechtigtes Interesse hat, auf Antrag die Befugnis
zuzusprechen, die Entscheidung über die Abstellung einer Zuwiderhandlung, die
Feststellung einer Zuwiderhandlung oder die Verhängung einer Geldbuße innerhalb
bestimmter Frist auf Kosten des Gegners zu veröffentlichen. Umfang und Art der
Veröffentlichung sind im Beschluss zu bestimmen.
(2) Nach der
Veröffentlichung hat der Vorsitzende des Kartellgerichts auf Antrag der
obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und deren
Ersatz dem Gegner aufzutragen.
III.
Hauptstück
Verfahren vor
dem Kartellgericht und dem Kartellobergericht
Verfahrensart
§ 38. Das Kartellgericht und das Kartellobergericht entscheiden
in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz im Verfahren außer Streitsachen.
Schutz von
Geschäftsgeheimnissen
§ 39. (1) Ein Verfahren, das auf Antrag einer Amtspartei
(§ 40) eingeleitet worden ist, kann nur mit Zustimmung der Parteien mit
einem anderen Verfahren verbunden werden, das auf Antrag einer Partei, die
nicht Amtspartei ist, eingeleitet worden ist oder eingeleitet wird.
(2) In die Akten des
Kartellgerichts können am Verfahren nicht als Partei beteiligte Personen nur
mit Zustimmung der Parteien Einsicht nehmen.
Amtsparteien
§ 40. Die Bundeswettbewerbsbehörde und der
Bundeskartellanwalt haben als Amtspartei Parteistellung auch dann, wenn sie
nicht Antragsteller sind.
Kostenersatz
§ 41. In Verfahren wegen der Abstellung von
Zuwiderhandlungen (§§ 26 und 27), wegen Feststellungen (§ 28) und
wegen der Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern sind die Bestimmungen der
Zivilprozessordnung über den Kostenersatz sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden,
dass die Kostenersatzpflicht der unterliegenden Partei nur soweit eintritt, als
die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig war. Auf die
Kostenentscheidung ist § 273 ZPO sinngemäß anzuwenden.
Schriftsätze
§ 42. Schriftsätze und Beilagen sind in so vielen
Gleichschriften einzubringen, dass jeder Partei, einschließlich der
Amtsparteien, eine Gleichschrift zugestellt werden kann.
Verbesserung
von Zusammenschlussanmeldungen
§ 43. (1) Soweit die Anmeldung eines
Zusammenschlusses, dessen Prüfung nach § 11 beantragt worden ist, dem
§ 10 Abs. 1 und 2 nicht entspricht, hat der Vorsitzende von Amts
wegen oder auf Antrag dem Anmelder bei sonstiger Zurückweisung der Anmeldung
deren Verbesserung binnen angemessener Frist aufzutragen; ein solcher Antrag
ist spätestens mit dem Prüfungsantrag zu stellen.
(2) Der
Verbesserungsauftrag darf nur binnen einem Monat nach Einlangen des
Prüfungsantrags erteilt werden. Wenn ein Verbesserungsauftrag erteilt worden
ist, ist die Entscheidungsfrist nach § 14 Abs. 1 vom Einlangen
der verbesserten Anmeldung zu berechnen.
Fristen
§ 44. Soweit Fristen nicht durch das Gesetz
bestimmt werden, hat der Vorsitzende sie angemessen zu bestimmen; er hat sie
auf Antrag einer Partei aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu verlängern.
Stellungnahmen
der Kammern
§ 45. Die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundeskammer für
Arbeiter und Angestellte und die Präsidentenkonferenz der
Landwirtschaftskammern Österreichs sind berechtigt, in allen
kartellgerichtlichen Verfahren Stellungnahmen abzugeben.
Stellungnahmen
der Regulatoren
§ 46. Das Kartellgericht kann durch
bundesgesetzliche Vorschriften zur Regulierung bestimmter Wirtschaftszweige
eingerichtete Behörden (Regulatoren) auffordern, Stellungnahmen zu den den
jeweiligen Wirtschaftszweig betreffenden Fragen auch in den Verfahren
abzugeben, in denen sie nicht Antragsteller sind; die Regulatoren sind
berechtigt, solche Stellungnahmen auch ohne Aufforderung durch das
Kartellgericht abzugeben.
Verhandlungen
§ 47. (1) Auf Antrag einer Partei hat eine Verhandlung
stattzufinden. Die Verhandlung ist öffentlich, auf Antrag einer Partei ist die
Öffentlichkeit jedoch auszuschließen, soweit dies zur Wahrung von Geschäfts-
oder Betriebsgeheimnissen notwendig ist.
(2) Den Parteien ist
je eine Abschrift des Verhandlungsprotokolls zuzustellen.
Einstweilige
Verfügungen
§ 48. (1) Soweit die Voraussetzungen für die Abstellung
einer Zuwiderhandlung bescheinigt sind, hat das Kartellgericht auf Antrag einer
Partei die erforderlichen Aufträge mit einstweiliger Verfügung zu erteilen.
(2) Der Antragsgegner
ist vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu hören. Der Rekurs gegen
eine solche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Kartellgericht
hat auf Antrag des Rekurswerbers dem Rekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen,
wenn dies unter Abwägung aller beteiligten Interessen gerechtfertigt ist.
Rechtsmittelverfahren
§ 49. (1) Die Amtsparteien (§ 40) müssen sich auch im Verfahren vor dem
Kartellobergericht nicht durch Rechtsanwälte vertreten lassen.
(2) Die Rekursfrist
beträgt vier Wochen. Die anderen Parteien können binnen vier Wochen nach der
Zustellung des Rekurses eine Rekursbeantwortung einbringen.
IV. Hauptstück
Gebühren
Gerichtsgebühren
§ 50. In Verfahren vor dem Kartellgericht und
dem Kartellobergericht sind folgende Gerichtsgebühren zu entrichten:
1. für ein Verfahren über die Prüfung eines
Zusammenschlusses (§ 11) eine Rahmengebühr bis 30.000 Euro;
2. für ein Verfahren über die Abstellung einer
Zuwiderhandlung (§§ 26, 27 und 28 Abs. 1) eine Rahmengebühr bis
30.000 Euro;
3. für ein Verfahren über Feststellungen
(§ 28 Abs. 2) eine Rahmengebühr bis 15.000 Euro;
4. für ein Verfahren über die Verhängung einer
Geldbuße (§ 29), das nicht mit einem Verfahren nach Z 2 verbunden
ist, eine Rahmengebühr bis 30.000 Euro;
5. für ein Verfahren über die Verhängung von
Zwangsgeldern (§ 35) eine Rahmengebühr bis 7.500,-- Euro.
Ausschluss
weiterer Gebühren
§ 51. Neben den Rahmengebühren nach § 50 sind keine
weiteren Gerichtsgebühren zu entrichten; dies gilt auch dann, wenn ein
Rechtsmittel erhoben wird.
Zahlungspflichtige
Personen
§ 52. (1) Zahlungspflichtig für die Gebühr nach
§ 50 Z 1 ist der Anmelder.
(2) Die Zahlungspflicht für die Gebühr nach
§ 50 Z 2 bis 5 ist nach
Maßgabe des Verfahrenserfolgs dem Antragsteller, dem Antragsgegner oder beiden
verhältnismäßig aufzuerlegen; die Amtsparteien sind jedoch von der Zahlung der
sie treffenden Gebühren befreit.
Haftung
mehrerer Personen
§ 53. Mehrere Personen, die zur Entrichtung desselben
Gebührenbetrags verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand.
Festsetzung
der Rahmengebühren
§ 54. Die Höhe der Rahmengebühr ist vom Vorsitzenden nach
Abschluss des Verfahrens nach freiem Ermessen mit Beschluss festzusetzen;
hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens,
der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse
des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der
Zahlungspflichtige Anlass für die Amtshandlung gegeben hat.
Gerichtliche
Kosten
§ 55. Für sonstige Kosten, insbesondere
Sachverständigengebühren und nach der Anzahl der Sitzungen oder Verhandlungen
bemessene Vergütungen für die fachkundigen Laienrichter des Kartellgerichts und
des Kartellobergerichts, sind die Personen zahlungspflichtig, die die
Gerichtsgebühr zu entrichten haben.
Gebührenfreiheit
von Vergleichen
§ 56. Der Abschluss eines Vergleiches unterliegt
keiner Gebühr.
Einbringung
§ 57. Die Einbringung der Gebühren und Kosten
richtet sich nach den für bürgerliche Rechtssachen geltenden Vorschriften; doch
sind die beim Kartellobergericht entstehenden Gebühren und Kosten vom
Kostenbeamten des Kartellgerichts einzubringen.
V. Hauptstück
Institutionen
1. Abschnitt
Kartellgericht
und Kartellobergericht
Gerichtsorganisation
§ 58. (1) Das Oberlandesgericht Wien ist als Kartellgericht
für das ganze Bundesgebiet zuständig.
(2) Der Rechtszug
gegen Beschlüsse des Kartellgerichts geht in zweiter und letzter Instanz an den
Obersten Gerichtshof als Kartellobergericht.
Zusammensetzung
der Senate
§ 59. (1) In Ausübung der Kartellgerichtsbarkeit
bestehen
1. die Senate des Oberlandesgerichtes Wien aus
einem Richter als Vorsitzendem, einem weiteren Richter und zwei fachkundigen
Laienrichtern,
2. die einfachen Senate des Obersten Gerichtshofs
aus einem Richter als Vorsitzenden, zwei weiteren Richtern und zwei
fachkundigen Laienrichtern,
3. die verstärkten Senate des Obersten
Gerichtshofs aus sieben Richtern und zwei fachkundigen Laienrichtern.
(2) Die fachkundigen
Laienrichter in einem Senat müssen je zur Hälfte dem Kreis der von der
Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte und von der Wirtschaftskammer
Österreich entsandten Personen angehören.
(3) Hat ein Kartell
ausschließlich Waren zum Gegenstand, die in der Anlage zu diesem
Bundesgesetz angeführt sind, so muss dem Senat des Kartellgerichts anstelle des
von der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte entsandten fachkundigen
Laienrichters ein von der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern
Österreichs entsandter fachkundiger Laienrichter angehören. Hat ein Kartell
sowohl Waren, die in der Anlage zu diesem Bundesgesetz angeführt sind, als auch
andere Waren zum Gegenstand, so sind für diese beiden Warengruppen gesonderte
Verfahren durchzuführen.
Geschäftsverteilung
§ 60. (1) Die §§ 45 und 46 des
Gerichtsorganisationsgesetzes, RGBl. Nr. 217/1896, sind mit der Maßgabe
anzuwenden, dass Sachen der Kartellgerichtsbarkeit beim Oberlandesgericht Wien
auf zumindest zwei, höchstens jedoch auf fünf Senatsabteilungen zu verteilen
sind.
(2) § 13 des
Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof, BGBl. Nr. 328/1968, ist mit
der Maßgabe anzuwenden, dass Sachen der Kartellgerichtsbarkeit beim Obersten
Gerichtshof nur einer einzigen Senatsabteilung zuzuweisen sind.
(3) Durch die
Geschäftsverteilung müssen auch die fachkundigen Laienrichter, die den
einzelnen Senaten angehören, bestimmt werden.
Berichterstatter
§ 61. Der Senatsvorsitzende beim
Oberlandesgericht Wien kann, sofern er nicht selbst Bericht erstattet, einen
fachkundigen Laienrichter als Berichterstatter bestimmen.
Entscheidung
durch den Vorsitzenden und durch den Dreiersenat des Kartellobergerichts
§ 62. (1) Zwischenerledigungen des
Kartellgerichts trifft der Vorsitzende allein; Endentscheidungen trifft er
außer in den in diesem Bundesgesetz sonst vorgesehenen Fällen nur dann allein,
wenn eine Partei dies beantragt und die anderen Parteien zustimmen.
(2) Der Oberste
Gerichtshof als Kartellobergericht hat durch einen Dreiersenat (§ 7 des
Bundesgesetzes über den Obersten Gerichtshof) zu entscheiden über Rechtsmittel
gegen Entscheidungen, die der Vorsitzende allein getroffen hat, sowie gegen
Entscheidungen über Gebühren und über den Kostenpunkt.
Abstimmung
§ 63. Für die Abstimmung gilt § 10
Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm mit der Maßgabe, dass die an Lebensjahren
älteren fachkundigen Laienrichter vor den jüngeren abstimmen. Bei
Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Stellung der
fachkundigen Laienrichter
§ 64. (1) Die fachkundigen Laienrichter haben das Recht zur
Führung des Titels ,,Kommerzialrat''. Sofern ein fachkundiger Laienrichter dem
Kartellgericht oder dem Kartellobergericht mindestens fünf Jahre angehört hat,
besteht dieses Recht auch nach Beendigung des Amtes weiter.
(2) Die fachkundigen
Laienrichter sind in Ausübung ihres Amtes unabhängig; sie haben hiebei die mit
dem Richteramt verbundenen Befugnisse in vollem Umfang.
(3) Für jede Sitzung
oder Verhandlung haben die fachkundigen Laienrichter beim Kartellgericht
Anspruch auf eine Vergütung von 4,68%, die fachkundigen Laienrichter beim
Kartellobergericht auf eine Vergütung von 6,68% des Gehaltes eines Beamten der
Allgemeinen Verwaltung in der Dienstklasse V, Gehaltsstufe 2, zuzüglich
allfälliger Teuerungszulagen. Wird ein fachkundiger Laienrichter als
Berichterstatter tätig, so hat er Anspruch auf die doppelte Vergütung.
(4) Finden an einem
Tag mehrere Sitzungen oder Verhandlungen in verschiedenen Rechtssachen statt,
so gebührt für jede Sitzung oder Verhandlung die volle Vergütung.
(5) Die fachkundigen
Laienrichter haben Anspruch auf Ersatz der Reise- und Aufenthaltskosten sowie
auf Entschädigung für Zeitversäumnis entsprechend den für Zeugen geltenden
Bestimmungen des GebAG 1975, BGBl. Nr. 136, mit der Maßgabe, dass für
die Dauer der Sitzungen und Verhandlungen keine Entschädigung für
Zeitversäumnis zusteht und sich der in § 18 Abs. 1 Z 1 des
genannten Bundesgesetzes jeweils genannte Betrag um die Hälfte erhöht.
Ernennung
§ 65. Die fachkundigen Laienrichter des
Kartellgerichts und des Kartellobergerichts werden vom Bundespräsidenten auf
Vorschlag des Bundesministers für Justiz im Einvernehmen mit dem Bundesminister
für Wirtschaft und Arbeit ernannt.
Eignung
§ 66. Als fachkundige Laienrichter dürfen nur Personen
ernannt werden, die
1. zur Übernahme des Amtes bereit sind;
2. zum Amt eines Geschwornen oder Schöffen fähig
sind;
3. ein inländisches rechts-, handels- oder
wirtschaftswissenschaftliches Hochschulstudium vollendet haben;
4. längere Berufserfahrungen auf rechtlichem oder
wirtschaftlichem Gebiet haben.
Unvereinbarkeit
§ 67. Ein fachkundiger Laienrichter darf nicht
1. gleichzeitig auf Vorschlag mehrerer
vorschlagsberechtigter Stellen oder gleichzeitig zum Kartellgericht und zum
Kartellobergericht ernannt sein;
2. Mitglied der Bundesregierung oder einer
Landesregierung, des Nationalrats oder des Bundesrats sein.
Nominierung
§ 68. (1) Je fünf fachkundige Laienrichter des
Kartellgerichts sind vom Bundesminister für Justiz auf Grund von Vorschlägen
der Wirtschaftskammer Österreich, der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte
und der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs
vorzuschlagen. Je zehn fachkundige Laienrichter des Kartellobergerichts sind
vom Bundesminister für Justiz auf Grund von Vorschlägen der Wirtschaftskammer
Österreich und der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte vorzuschlagen.
(2) Die
vorschlagsberechtigten Stellen sollen in ihren Vorschlag für jeden fachkundigen
Laienrichter wenigstens zwei Personen aufnehmen und diese Personen reihen. Die
Voraussetzungen für die Ernennung und die Zustimmung der vorgeschlagenen
Personen sind nachzuweisen.
(3) Der Bundesminister
für Justiz darf jeweils nur eine der ihm vorgeschlagenen Personen vorschlagen;
wird jedoch das Vorschlagsrecht nicht binnen einer angemessenen, vom
Bundesminister für Justiz zu bestimmenden Frist ausgeübt, so ist er bei
Erstattung seines Vorschlags an Vorschläge der genannten Stellen nicht
gebunden.
Amtsdauer
§ 69. Das Amt eines fachkundigen Laienrichters endet mit
Ablauf des Jahres, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Amtsenthebung
§ 70. (1) Ein fachkundiger Laienrichter ist
seines Amtes zu entheben, wenn
1. die Ernennungsvoraussetzungen nicht gegeben
waren oder nachträglich weggefallen sind;
2. Umstände vorgelegen oder nachträglich
eingetreten sind, mit denen das Amt eines fachkundigen Laienrichters
unvereinbar ist;
3. er ohne genügende Entschuldigung die Pflichten
seines Amtes wiederholt vernachlässigt;
4. er sich eines Verhaltens schuldig macht, das
mit dem Ansehen seines Amtes unvereinbar ist.
(2) Der Oberste
Gerichtshof hat über die Enthebung nach Abs. 1 Z 1 bis 3 in dem nach
§ 93 Abs. 1 RDG vorgesehenen Verfahren, über die Enthebung nach
Abs. 1 Z 4 in dem nach den §§ 112 bis 120, 122 bis 138, 142 bis
144, 146 Abs. 1, §§ 147 bis 149, 151, 152 lit. a, 153, 154, 155
Abs. 1, §§ 157, 161 bis 163 und 165 RDG vorgesehenen Verfahren mit
der Maßgabe zu entscheiden, dass außer der Enthebung keine Strafe verhängt
werden darf.
(3) Überdies ist ein
fachkundiger Laienrichter auf sein Ersuchen durch den Bundesminister für Justiz
seines Amtes zu entheben.
Meldepflichten
§ 71. Die fachkundigen Laienrichter haben dem Präsidenten
des Gerichtshofs (dem Vorsitzenden des Senats) umgehend die folgenden Umstände
zu melden:
1. jeden Umstand, der sie daran hindert, einer
Ladung als fachkundiger Laienrichter nachzukommen,
2. jeden Wohnungswechsel,
3. das Eintreten einer länger dauernden
Verhinderung an ihrer Amtsausübung,
4. den Eintritt einer Unvereinbarkeit und
5. den Verlust der Voraussetzungen für das
Wahlrecht zum Nationalrat.
Ablehnung
von fachkundigen Laienrichtern
§ 72. Fachkundige Laienrichter können auch
deshalb abgelehnt werden, weil ihnen die Voraussetzungen für die Ernennung
fehlen oder Umstände vorliegen, mit denen das Amt eines fachkundigen
Laienrichters unvereinbar ist.
Sachverständige
in Kartellangelegenheiten
§ 73. (1) Der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien hat
zwölf allgemein beeidete gerichtliche Sachverständige in Kartellangelegenheiten
in eine besondere Sachverständigenliste einzutragen. Die §§ 5 und 8 des
Bundesgesetzes über den allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen und
Dolmetscher, BGBl. Nr. 137/1975, sind anzuwenden.
(2) Die
Sachverständigen sind nach jeweils fünf Jahren neu einzutragen. Scheidet ein
Sachverständiger vor Ablauf dieses Zeitraums aus, so ist für die verbleibende
Zeit ein Ersatzmann einzutragen.
(3) Richter des
Dienststandes und fachkundige Laienrichter nach diesem Bundesgesetz dürfen
nicht als Sachverständige eingetragen werden.
(4) Das Kartellgericht
ist bei der Bestellung von Sachverständigen nicht auf die in der besonderen
Sachverständigenliste nach Abs. 1 eingetragenen Sachverständigen
beschränkt.
Tätigkeitsbericht
des Kartellobergerichts
§ 74. Das Kartellobergericht hat nach Schluss
jedes Jahres nach Anhörung des Kartellgerichts einen Bericht über die Tätigkeit
des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts und die hierbei gesammelten
Erfahrungen unter Bedachtnahme auf die Wahrung der Geschäfts- und
Betriebsgeheimnisse der betroffenen Unternehmer zu verfassen und dem
Bundesminister für Justiz zu übermitteln. In den Bericht können auch Anregungen
für die Vorbereitung von Maßnahmen der Gesetzgebung oder die Erlassung von
Verordnungen aufgenommen werden. Der Bundesminister für Justiz hat diesen
Bericht im Amtsblatt der österreichischen Justizverwaltung kundzumachen.
2. Abschnitt
Bundeskartellanwalt
Aufgaben
§ 75. (1) Der Bundeskartellanwalt ist zur
Vertretung der öffentlichen Interessen in Angelegenheiten des Wettbewerbsrechts
beim Oberlandesgericht Wien als Kartellgericht berufen. Er ist bei der
Erfüllung seiner Aufgaben vom Kartellgericht unabhängig.
(2) Der
Bundeskartellanwalt ist dem Bundesminister für Justiz unmittelbar unterstellt.
(3) Für den
Bundeskartellanwalt ist ein Stellvertreter zu bestellen
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreter).
Bestellung
§ 76. (1) Der Bundeskartellanwalt und der
Bundeskartellanwalt-Stellvertreter werden vom Bundespräsidenten jeweils für die
Dauer von fünf Jahren bestellt. Die Wiederbestellung ist zulässig.
(2) Die Bestellung des
Bundeskartellanwalts erfolgt auf Vorschlag der Bundesregierung, die Bestellung
des Bundeskartellanwalt-Stellvertreters auf Vorschlag des Bundesministers für
Justiz.
(3) Dem Vorschlag der
Bundesregierung und dem Vorschlag des Bundesministers für Justiz hat jeweils
eine Ausschreibung zur allgemeinen Bewerbung durch den Bundesminister für
Justiz voranzugehen. Die öffentliche Ausschreibung ist im Amtsblatt zur Wiener
Zeitung kundzumachen.
Bestellungsvoraussetzungen
§ 77. (1) Zum Bundeskartellanwalt oder
Bundeskartellanwalt-Stellvertreter kann nur bestellt werden, wer
1. persönlich und fachlich zur Ausübung des Amtes
geeignet ist,
2. das rechtswissenschaftliche oder
wirtschaftswissenschaftliche Studium abgeschlossen hat und
3. eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in
Verwaltung, Rechtsprechung oder Wissenschaft jeweils auf dem Gebiet des
Wettbewerbsrechts aufweist.
(2) Personen mit
Anspruch auf Bezüge nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes und der
Länder dürfen nicht zum Bundeskartellanwalt oder
Bundeskartellanwalt-Stellvertreter bestellt werden. Überdies darf nicht
bestellt werden, wer in den letzten vier Jahren Mitglied der Bundesregierung
oder einer Landesregierung oder Staatssekretär gewesen ist.
Funktionsdauer
und Enthebung
§ 78. (1) Die Funktion des Bundeskartellanwalts
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreters) endet
1. mit Ablauf der Funktionsperiode, wenn keine
Wiederbestellung erfolgt,
2. mit Auflösung des Dienstverhältnisses,
3. mit der Enthebung vom Amt,
4. mit Ablauf des Jahres, in dem er das 65.
Lebensjahr vollendet.
(2) Der
Bundeskartellanwalt ist vom Bundespräsidenten auf Antrag der Bundesregierung,
der Bundeskartellanwalt-Stellvertreter vom Bundespräsidenten auf Antrag des
Bundesministers für Justiz seiner Funktion zu entheben, wenn er
1. schriftlich darum ersucht,
2. sich Verfehlungen von solcher Art und Schwere
zu Schulden kommen lässt, dass die weitere Ausübung seiner Funktion den
Interessen der Funktion abträglich wäre,
3. infolge seiner körperlichen oder geistigen
Verfassung seine Aufgaben als Bundeskartellanwalt
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreter) nicht erfüllen kann und die
Wiedererlangung der Funktionsfähigkeit voraussichtlich ausgeschlossen ist,
4. infolge von Krankheit, Unfall oder Gebrechen
länger als sechs Monate seine Funktion nicht ausüben kann.
Dienst- und
Besoldungsrecht
§ 79. (1) Durch die Bestellung zum Bundeskartellanwalt
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreter) wird die dienstrechtliche Stellung eines
öffentlich-rechtlich oder vertraglich beschäftigten Bundesbediensteten nicht
verändert. Er ist für die Dauer der Funktion unter Entfall der Bezüge von
seiner bisherigen Dienstleistung entbunden. Dienstbehörde ist der
Bundesminister für Justiz.
(2) Es gebührt eine
fixe Bezahlung
1. für die Dauer der Verwendung als
Bundeskartellanwalt in der Höhe des Gehalts eines Richters der Gehaltsgruppe
R2, Gehaltsstufe 8;
2. für die Dauer der Verwendung als
Bundeskartellanwalt-Stellvertreter in der Höhe des Gehalts eines Richters der
Gehaltsgruppe R2, Gehaltsstufe 7.
(3) Die Zeit der
Ausübung der Funktion eines Bundeskartellanwalts
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreters) bleibt bei einem Bundesbediensteten für
Rechte, die sich nach der Dauer der Dienstzeit richten, wirksam.
(4) Durch die
Bestellung einer nicht in einem öffentlich-rechtlichen oder vertraglichen
Bundesdienstverhältnis stehenden Person zum Bundeskartellanwalt
(Bundeskartellanwalt-Stellvertreter) wird ein auf die Dauer der Funktion
(§ 76 Abs. 1) befristetes vertragliches Dienstverhältnis nach dem
Vertragsbedienstetengesetz 1948, BGBl. Nr. 86, begründet, wobei eine
Bezahlung nach Maßgabe des Abs. 2 gebührt. Bei der Wiederbestellung ist
§ 4 Abs. 4 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 nicht
anzuwenden; durch eine Wiederbestellung wird neuerlich ein befristetes
Dienstverhältnis begründet.
(5) Die Funktionen des
Bundeskartellanwalts und des Bundeskartellanwalt-Stellvertreters sind
hauptberuflich auszuüben. Der Bundeskartellanwalt und der Bundeskartellanwalt-Stellvertreter
dürfen für die Dauer ihrer Funktion keine weitere Tätigkeit ausüben, die sie an
der Erfüllung ihrer Aufgaben behindert oder geeignet ist, ihre volle
Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen, oder sonstige wesentliche Interessen ihrer
Funktion gefährdet; dies gilt insbesondere für die in § 4
Unvereinbarkeitsgesetz 1983 umschriebenen Tätigkeiten.
Kanzleigeschäfte
und Ausgaben
§ 80. (1) Die Kanzleigeschäfte des Bundeskartellanwalts sind
von der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Wien wahrzunehmen.
(2) Zustellungen an
den Bundeskartellanwalt und an den Bundeskartellanwalt-Stellvertreter sind im
Wege der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts Wien vorzunehmen.
(3) Die Personal- und
Sachausgaben des Bundeskartellanwalts werden aus den Kreditmitteln des
Oberlandesgerichts Wien getragen.
Zusammenwirken
mit der Bundeswettbewerbsbehörde
§ 81. (1) Eingaben an den Bundeskartellanwalt, in denen
angeregt wird, den Antrag auf Einleitung eines Verfahrens vor dem
Kartellgericht zu stellen oder eine Untersuchung in diese Richtung
durchzuführen, kann der Bundeskartellanwalt zur weiteren Veranlassung an die
Bundeswettbewerbsbehörde weiterleiten. Eingaben, die sich auf die beabsichtigte
Anmeldung eines Zusammenschlusses beim Kartellgericht beziehen, muss der Bundeskartellanwalt
an die Bundeswettbewerbsbehörde weiterleiten.
(2) Vor Stellung eines
Prüfungsantrags nach § 11 hat der Bundeskartellanwalt der
Bundeswettbewerbsbehörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(3) Soweit dies zur
Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, kann der Bundeskartellanwalt
1. die Bundeswettbewerbsbehörde um Auskünfte
ersuchen,
2. in die Akten der Bundeswettbewerbsbehörde
Einsicht nehmen und
3. die Bundeswettbewerbsbehörde um die
Durchführung von Ermittlungen ersuchen.
Verzicht auf
Prüfungsanträge
§ 82. (1) Der Bundeskartellanwalt kann mit Beziehung auf die
Anmeldung eines Zusammenschlusses auch gegenüber der Bundeswettbewerbsbehörde
rechtswirksam auf die Stellung eines Prüfungsantrags verzichten. Die
Bundeswettbewerbsbehörde kann den Bundeskartellanwalt mit Beziehung auf die
Anmeldung eines Zusammenschlusses um die schriftliche Erklärung ersuchen, ob er
auf die Stellung eines Prüfungsantrags verzichtet. Gibt der Bundeskartellanwalt
binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Ersuchens keine Erklärung ab, dann gilt
dies als Verzicht auf die Stellung eines Prüfungsantrags.
(2) Abs. 1 gilt
auch für beabsichtigte Anmeldungen von Zusammenschlüssen; in einem solchen Fall
bindet die Verzichtserklärung den Bundeskartellanwalt nur dann, wenn die beabsichtigte
Anmeldung mit der tatsächlich vorgenommenen übereinstimmt und die
Verzichtserklärung nicht auf unrichtigen oder unvollständigen Angaben beruht,
die von einem der beteiligten Unternehmen zu vertreten sind.
VI.
Hauptstück
Anwendung des
Gemeinschaftsrechts
Zuständigkeit
§ 83. (1) Mit Beziehung auf die Anwendung der
Art. 81 und 82 EGV im Einzelfall ist zuständige Wettbewerbsbehörde im Sinn
der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates zur Durchführung der in den
Art. 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. L 1 vom
4.1.2003, S 1 (Verordnung 1/2003)
1. das Kartellgericht für die Erlassung von
Entscheidungen;
2. unbeschadet des § 3 Abs. 1 WettbG der
Bundeskartellanwalt für die Antragstellung beim Kartellgericht.
(2) Das Kartellgericht
und der Bundeskartellanwalt haben bei der Anwendung der Art. 81 und 82 EGV
die Verfahrensvorschriften dieses Gesetzes anzuwenden.
Zusammenarbeit
§ 84. Der Bundeskartellanwalt kann gegenüber der
Kommission und den Wettbewerbsbehörden der anderen Mitgliedstaaten Erklärungen
abgeben, die der Durchführung der Bestimmungen der Verordnung 1/2003 über die
Zusammenarbeit der Kommission und der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten
dienen; dies gilt insbesondere mit Beziehung auf die Einhaltung von Regeln über
den Schutz von Antragstellern, die den Rechtsvorteil eines Kronzeugenprogramms
beansprucht haben.
Übermittlung
von Urteilen
§ 85. Soweit die Mitgliedstaaten nach
Art. 15 Abs. 2 der Verordnung 1/2003 zur Übermittlung einer Kopie
schriftlicher Urteile verpflichtet sind, hat das entscheidende Gericht
gleichzeitig mit der Zustellung an die Parteien eine Urteilsausfertigung der
Bundeswettbewerbsbehörde zwecks Weiterleitung an die Kommission zuzustellen.
VII.
Hauptstück
Schlussbestimmungen
Inkrafttreten
§ 86. (1) (Verfassungsbestimmung)
Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2006 in Kraft.
(2) Verordnungen auf
Grund dieses Bundesgesetzes können bereits von dem seiner Kundmachung folgenden
Tag an erlassen werden; sie werden jedoch frühestens mit dem Inkrafttreten
dieses Bundesgesetzes wirksam.
Außerkrafttreten
§ 87. (1) (Verfassungsbestimmung)
Mit 31. Dezember 2005 tritt das Kartellgesetz 1988, BGBl.
Nr. 600/1988, außer Kraft; die Anlage zum Kartellgesetz 1988 gilt
jedoch als Anlage zu diesem Bundesgesetz weiter.
(2) Die §§ 142
bis 143c KartG 1988 sind auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten
dieses Bundesgesetzes verwirklicht worden sind, weiterhin anzuwenden; die
§§ 29 bis 33 sind auf diese Sachverhalte nicht anzuwenden.
(3) Für Sachverhalte,
die vor dem Inkrafttreten der Kartellgesetznovelle 2002, BGBl. I
Nr. 62/2002, verwirklicht worden sind, gilt weiterhin deren Art. V
Abs. 6 und 7.
Kartellregister
§ 88. (1) Das Kartellregister nach dem KartG 1988 ist
mit dem Tag vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes abzuschließen. Es ist
samt Urkundensammlung und Hilfsverzeichnissen von diesem Zeitpunkt an 5 Jahre
aufzubewahren; § 78 Abs. 2 und § 80 Z 11 KartG 1988
sind während dieser Zeit weiterhin anzuwenden.
(2) Die Pflicht zur
Aufbewahrung der in § 148 Abs. 3 KartG 1988 angeführten Register
und Verzeichnisse endet mit dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes.
Genehmigte
Kartelle
§ 89.
Vom Kartellgericht
genehmigte Kartelle dürfen, auch wenn sie sonst nach diesem Bundesgesetz
verboten wären, bis zum 31. Dezember 2006 durchgeführt werden, längstens jedoch
bis zum Ablauf der Genehmigungsdauer.
Fortsetzung
anhängiger Verfahren
§ 90. Für Verfahren, die im Zeitpunkt des
Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes vor dem Kartellgericht oder dem
Kartellobergericht anhängig sind, gilt Folgendes:
1. Nicht fortzusetzen sind Verfahren
a) über Feststellungsanträge und Anzeigen nach
§ 19 KartG 1988,
b) über Anträge auf Genehmigung von Kartellen
(§§ 23, 26 KartG 1988),
c) über Anträge auf Verlängerung der Genehmigungsdauer eines Kartells und auf die Genehmigung der Verlängerung der Geltungsdauer eines Kartells (§ 24 KartG 1988),
d) über Anträge auf Widerruf der Genehmigung eines
Kartells nach § 27 Abs. 1 Z 1 KartG 1988,
e) über Anzeigen vertikaler Vertriebsbindungen
(§ 30b KartG 1988),
f) über Anzeigen unverbindlicher
Verbandsempfehlungen (§ 32 KartG 1988),
g) über den Widerruf einer unverbindlichen
Verbandsempfehlung (§ 33 KartG 1988) und
h) über Anzeigen nach § 60 Z 5
KartG 1988.
2. Nach den Bestimmungen des
Kartellgesetzes 1988 fortzusetzen sind Verfahren
a) über richterliche Vertragshilfe (§ 30
KartG 1988),
b) über Feststellungsanträge nach § 42a
Abs. 5 KartG 1988,
c) über die Anmeldung und Prüfung von Zusammenschlüssen
(§§ 42a und 42b KartG 1988) und
d) über Anträge auf Verhängung von Geldbußen nach
§ 142 KartG 1988.
3. Nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes
fortzusetzen sind alle anderen Verfahren, wobei
a) Feststellungsanträge
nach § 8a KartG 1988 als Anträge nach § 28 Abs. 2 und
b) Anträge
auf Untersagung der Durchführung von Kartellen (§ 25 KartG 1988) und
von vertikalen Vertriebsbindungen (§ 30c KartG 1988), auf Widerruf
der Genehmigung eines Kartells nach § 27 Abs. 1 Z 2 und auf
Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (§ 35
KartG 1988) und von Vergeltungsmaßnahmen (§ 36 KartG 1988) als
Anträge nach § 26 zu behandeln sind.
Gebühren für
nicht fortgesetzte Verfahren
§ 91. (1) Für Verfahren, die nach § 90
Z 1 nicht fortzusetzen sind, sind Gerichtsgebühren nach den Bestimmungen
des Kartellgesetzes 1988 zu entrichten.
(2) Die
Zahlungspflicht für die Gebühr nach § 80 Z 8 KartG 1988
entfällt, wenn das Verfahren auf Antrag einer Amtspartei eingeleitet wurde;
anderenfalls trifft die Zahlungspflicht den Antragsteller.
Weitergeltung
von Ernennungen und Eintragungen
§ 92. (1) Die Ernennung der fachkundigen
Laienrichter des Kartellgerichts und des Kartellobergerichts nach § 95
KartG 1988 gilt als Ernennung nach § 65 dieses Bundesgesetzes weiter.
(2) Die Eintragung der
Sachverständigen in Kartellangelegenheiten nach § 103 KartG 1988 gilt
als Eintragung nach § 73 dieses Bundesgesetzes weiter.
Sprachliche
Gleichbehandlung
§ 93. Soweit in diesem Bundesgesetz
personenbezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen
sie sich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Bei der Anwendung auf
bestimmte Personen ist die jeweils geschlechtsspezifische Form zu verwenden.
Verweisungen
§ 94. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere
Bundesgesetze verwiesen wird und nichts Abweichendes bestimmt ist, beziehen
sich diese Verweisungen auf die jeweils geltende Fassung.
Vollziehung
§ 95. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes
ist der Bundesminister für Justiz betraut, und zwar
1. hinsichtlich des § 3 Abs. 1, des
§ 10 Abs.2, des § 18 Abs. 1 und des § 65 im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit,
2. hinsichtlich des § 3 Abs. 2 im
Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und dem
Bundesminister für Finanzen und
3. hinsichtlich des IV. Hauptstücks im
Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen.